Politiker unterstützen Umweltkranke, die auf Chemikalien reagieren

Aufklärungskampagnen für Chemikaliensensible

Die Gouverneurin des US Bundesstaates Washington ist in diesem Jahr die erste Unterzeichnerin einer Proklamation, die Menschen unterstützen soll, die unter MCS – Multiple Chemical Sensitivity leiden. Alljährlich steht der Monat Mai für Aufklärung über diese Umwelterkrankung, die Erkrankte auf winzige Spuren von Alltagschemikalien reagieren lässt und dadurch ihr Leben völlig eingrenzt.

Zum 13. Mal finden in den USA in verschiedenen Bundesstaaten Veranstaltungen statt und werden Kampagnen durchgeführt, um den Bürgern nähere Informationen über MCS zu vermitteln. Die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Umwelterkrankung konnte durch diese Maßnahmen erheblich verbessert werden. In den letzten Jahren klinkten sich MCS Organisationen aus verschiedenen Teilen der Welt mit ein, und so wurde aus der amerikanischen Aktion zur Verbesserung der Situation Chemikaliensensibler eine internationale Angelegenheit.

Verkündung von Gouverneurin Christine O. Gregoire, Washington State:


WEIL: Menschen aller Altersgruppen als Resultat einer massiven Chemikalienexposition oder wiederholten Expositionen gegenüber Chemikalien im Niedrigdosisbereich und gegenüber anderen Reizstoffen in ihrer Umwelt in Washington eine Erkrankung entwickelten, die als Multiple Chemical Sensitivity (MCS) bekannt ist; und

WEIL, MCS von zahlreichen Organisationen dahingehend anerkannt ist, so dass diese die Gesundheit und das Wohlergehen von Chemikaliengeschädigten unterstützen, einschließlich der WHO – Weltgesundheitsorganisation, dem Americans with Disabilities Act, der Social Security Administration, dem US Department of Housing and Urban Development und der Umweltschutzbehörde EPA; und

WEIL, MCS eine chronische Erkrankung ist, für die keine Heilung bekannt ist; zu den Symptomen chronische Erschöpfung, Muskel- und Gelenkschmerzen, Hautausschläge, Asthma, Kopfschmerzen und andere Atemwegs- und neurologische Probleme gehören; und

WEIL, MCS zu erheblichen Konsequenzen führen kann im finanziellen Bereich, bei der Arbeit, beim Wohnen, für die Gesundheit und soziale Folgen für die Menschen haben kann, die unter dieser Behinderung leiden; und

WEIL, angemessene Unterkünfte und das Wecken von Aufmerksamkeit für MCS, Chancen für Menschen mit dieser Behinderung schaffen kann, damit diese Zugang zu Arbeit, Schulen, öffentlichen und anderen Einrichtungen erhalten, wo sie weiterhin dazu beitragen können, ihre beruflichen Fähigkeiten, Ideen, Kreativität, Fähigkeiten einzubringen; und

WEIL, Menschen mit MCS Unterstützung brauchen und Kooperation durch Familie, Freunde, Mitarbeiter und der Gesellschaft, um ihre Krankheit zu bewältigen und sich an neue Lebensweisen anzupassen;

DESWEGEN und JETZT, verkünde ich, O. Gregoire, Gouverneurin des Bundesstaates Washington, hiermit den Mai 2011 als

Multiple Chemical Sensitivity Aufklärungsmonat

im Staat Washington, und fordere alle Bürger auf, diesen speziellen Monat mit mir einzuhalten.

Unterzeichnet am 24. Januar, 2011

Gouverneur Christine Gregoire O.

Autor: Silvia K. Müller, Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. Feb. 2011

Literatur: Gouverneur Christine Gregoire O., Proclamation 2011 MCS Awareness Month

Photo: Canary Report

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Weihnachtsgeschenk Quiz

Vielen Dank an alle, die bei unserem Weihnachtsgeschenk-Quiz mitgemacht haben. Es hat Spaß gemacht, und wir haben uns darüber gefreut, wieviel Fachwissen Ihr habt.

Update 5

Die richtigen Antworten auf Frage 7 waren:

Prof. William Rea und University of Surrey/UK

Das Geschenk auspacken darf „Baum“.  Er erhält vier Dosen GOX-Sauerstoff und eine schaltbare Steckdosenleiste zum Energiesparen.

Update 4

Runde VII

Wer war der/die erste Professor/in für Umweltmedizin weltweit und welche Universität verlieh die Professur?

  • Prof. Martin Pall
  • Prof. Doris Rapp
  • Prof. Theron Randolph
  • Prof. William Rea
  • Harvard University
  • University of Surrey/UK
  • Johns Hopkins University
  • Yale University
  • University of Washington

Das Geschenk für die richtigen beiden Antworten auf Frage 7:  Vier Dosen GOX- Sauerstoff und eine schaltbare Steckdose zum Energiesparen.

Antwort bitte als Kommentar eintragen. Die erste richtige Antwort erhält das Geschenk.

Geschenke auspacken für die richtige Antwort in der Runde VI

Clarissa gab als Erste die richtige Antwort:

Es gibt KEINE Umweltklinik mit MCS-Standard in Deutschland.

Weil Clarissa schon eine Runde gewonnen hat, bekommt Schnaufi die MCS-Maske.

Und wenn Ihr alle ein verstanden seid, würden wir gerne unserem jüngsten Teilnehmer der sehr schwere MCS hat und
der nur Steine in den Weg gelegt bekommt von den Behörden, auch eine MCS-Maske als Geschenk geben.
„All of Nothing“ darf sich die Farbe aussuchen die er gerne hätte. Ist das ok für alle?

@ All of Nothing
Wie wäre es mit einer Sonderanfertigung in Schwarz? Könnte mir vorstellen, dass das Deine Farbe ist.

Update 3

Runde VI

Weiter gehts bei unserem Weihnachtsgeschenk-Quiz

VI: Wieviele Kliniken gibt es in Deutschland, die über Umweltbedingungen verfügen, die es ermöglichen, auch Umweltkranke mit schwerer MCS aufzunehmen. Kliniken, die also über MCS-Standard verfügen?

MCS-Standard bedeutet:

Cleanroom- Zimmer für MCS-Patienten, konsequentes Duftstoffverbot und Rauch- verbot auch auf dem Gelände, geputzt wird mit duftfreien und chemiearmen Reinigungsmitteln, Ärzte kennen sich mit MCS aus und können auch bei Schockreaktionen helfen,…

  • Es gibt in jedem deutschen Bundesland eine Umweltklinik mit MCS-Standard
  • Es gibt vier Umweltkliniken mit MCS-Standard
  • Es gibt eine Umweltklinik mit MCS-Standard
  • Es gibt keine Umweltklinik mit MCS-Standard in Deutschland
  • MCS-Kranke können in jede Klinik in Deutschland

Das Geschenk für die richtige Antwort auf diese Frage ist eine weiße MCS-Maske.

Antwort bitte als Kommentar eintragen. Die erste richtige Antwort erhält das Geschenk.

Die richtige Antwort auf Quizfrage V war: Mark R. Cullen

„Bär“ hat diese Antwort gegeben, ABER vorher schon Pall als Antwort geschrieben.

Demnach wäre „PappaJo“ der Erste, der die richtige Antwort „Mark R. Cullen“ genannt hat.

Und Domiseda hat die beste Erklärung geliefert.

Vorschlag:
PappaJo bekommt den Glaswasserkessel.
Bär und Domiseda erhalten ein mystisches Buch und ein Salzlicht (kann auch mit LED-Teelicht betrieben werden)

Update 2

Runde V

Welcher Wissenschaftler hat den Begriff MCS – Multiple Chemical Sensitivity eingeführt?

  • William J. Rea
  • Theron Randolph
  • Martin Pall
  • Mark R. Cullen
  • William J. Meggs

Das Geschenk für die richtige Antwort auf Frage V ist ein Glaswasserkessel. Völlig metall und nickelfrei.

Antwort bitte als Kommentar eintragen. Die erste richtige Antwort erhält das Geschenk.

Die richtige Antwort auf Quizfrage IV war: „Das Schlafzimmer ist der wichtigste Raum“

Das Geschenk auspacken darf Clarissa (siehe u.)

UPDATE 1

Runde IV

Was ist der wichtigste Raum im Haus für eine chemikaliensensible Person?

  • Küche mit vollem Kühlschrank
  • Badezimmer, um schnell duschen zu können nach Schadstoffkontakt
  • Schlafzimmer, das völlig safe ist und als Cleanroom fungiert
  • Luftschutzkeller

Das Geschenk für die Beantwortung dieser Frage ist ein dicker Strang rote Öko-Wolle und ein Gedichtband mit MCS-Gedichten von Marlene.


Die richtige Antwort für Quizfrage III war: UMWELTKRANKE

Ein Geschenk auspacken darf Kira (siehe u.).

Runde III

Es geht in die nächste Runde bei unserem CSN Weihnachtsgeschenk-Quiz.

Wer die richtige Antwort auf die nachfolgende Frage als Erstes als Kommentar einträgt, bekommt als Geschenk ein Teeservice. Diese Quizfrage ist nicht nur an Chemikaliensensible und Umweltkranke gerichtet, jeder darf mitmachen. Deshalb haben wir ein Geschenk gewählt, das jeder gut gebrauchen kann. Einzige Ausnahme, diejenigen, die schon ein Geschenk bei unserem Weihnachtsgeschenk-Quiz gewonnen haben. (Rechtsweg ist ausgeschlossen)

Vorherige Quizfragen im Kommentarbereich der CSN-Christmas-Party

Quizfrage Nr. 3

Sind Menschen mit MCS:

  • Ökochonder
  • Umweltkranke
  • Psychisch Kranke
  • Rentenjäger
  • Allergiker

Geschenke auspacken dürfen:

Marina – Geschenk Nr. 1 – Ein Entsafter

Tohwanga – Geschenk Nr. 2 – Eine brombeerfarbene MCS-Maske von PureNature

Kira – Geschenk Nr. 3 – Ein Teeservice

Clarissa – Geschenk Nr. 4 – Rote Öko-Wolle und ein MCS Gedichtband

PappaJo, Bär und Domiseda – Geschenk Nr. 5 – Wasserkessel aus Glas

Schnaufti, All of Nothing – Geschenk Nr. 6 – MCS-Aktivkohlemaske von PureNature

Baum – Geschenk Nr. 7 – Vier Dosen GOX-Sauerstoff und eine schaltbare Steckdose

All of Nothing – Geschenk Nr. 7 – Schwarze MCS-Maske von PureNature

Die SPONSOREN für das Weihnachtsgeschenk-Quiz:

CSN, Clarissa und PureNature Products

Stadt schafft Barrierefreiheit

San Francisco bittet um Verständnis für Allergiker, Chemikaliensensible und Umweltkranke

San Francisco zählt zu der weltoffensten Städten und der US Bundesstaat Kalifornien ist dafür bekannt, sich mehr als jeder andere Bundesstaat in den USA für die Umwelt einzusetzen. Auch Menschen mit Allergien und Umwelterkrankungen können in der Stadt an der amerikanischen Westküste, selbst im öffentlichen Bereich, mehr Hilfe und Verständnis als anderswo erwarten. Die Vorgehensweise ist relativ einfach und wäre auch überall sonst leicht durchführbar. Durch entsprechende Anweisungen wird eine Atmosphäre in Innenräumen geschaffen, die es auch diesen Personen ermöglicht, sich am öffentlichen Leben zu beteiligen und im behördlichen Bereich mit dazu beizutragen, Entscheidungen zu treffen.

Barrierefreiheit für Allergiker und Umweltkranke

Eine Mitte Dezember 2010 herausgegebene Leitlinie der Stadt San Francisco und der dazugehörigen Gemeinden legt fest, welche Reglements bei Sitzungen von Behörden, Komitees und öffentlichen Institutionen eingehalten werden müssen. Um Behinderten und Menschen mit Einschränkungen die Teilnahme an Veranstaltungen und Sitzungen zu ermöglichen, wurden ganz spezielle Anordnungen getroffen. Da Menschen mit Allergien und solche mit Umweltkrankheiten mit den Gegebenheiten in vielen Gebäuden gesundheitlich zu kämpfen haben, wurde auf diese beiden Personengruppen ganz besonders eingegangen. Entsprechende entgegenkom- mende Anweisungen für das Jahr 2011 stehen bereits auf der ersten Seite einer Agenda zu lesen.

Board of Supervisors, City and County of San Francisco:

„Um die Bemühungen der Stadt für Personen mit schweren Allergien, Umweltkrankheiten, Multiple Chemical Sensitivity oder verwandten Behinderungen zu unterstützen, sind die Teilnehmer in öffentlichen Versammlungen daran zu erinnern, dass andere Teilnehmer empfindlich auf Duftstoffe und verschiedene andere auf chemischer Basis duftenden Produkte reagieren können. Bitte helfen Sie der Stadt, es für diese Personen passend zu machen.“

Integration statt Isolation

Integration von Behinderten ist eine wichtige Aufgabe, der sich viele Länder gemäß einer vor fast zwei Jahren unterzeichneten UN-Behindertenkonvention verpflichtet haben. In einigen Bereichen gab es seitdem in vielen Unterzeichnerländern bereits sehr hilfreiche Verbesserungen. Solche relativ einfach zu realisierenden Maßnahmen wie in San Francisco, um auch Allergiker und Umweltkranke zu integrieren, werden jedoch in Deutschland, das ebenfalls ein Unterzeichnerland der UN-Behinderten- konvention ist, noch völlig vermisst.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 17. Dezember 2010

Literatur:

Board of Supervisors, City and County of San Francisco, Agenda, 14. Dezember 2010.

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ES GIBT KEINEN ORT – Eine Sekundengeschichte

Das Paar freut sich über die neue Wohnung im Dachgeschoß des mehrstöckigen Hause. Sie wirkt hell, die Lage verspricht immer einen angenehmen Luftzug, so dass die Luft sauber bleiben dürfte. Ein Fahrstuhl erspart das Treppensteigen, das mit vollen Einkaufsbeuteln sicher beschwerlich sein würde. Der alte textile Fußboden- belag riecht nicht mehr nach Chemie und die Wände wirken trotz des alten Farbanstriches sauber. Vor allem aber ist die Wohnung trocken. Die jetzige Wohnung des Paares hat hingegen stets über 55 Prozent Luftfeuchtigkeit, oft nahe achtzig. Selbst nach fast einem Jahr riecht deshalb das Parkett noch dem Versieglungslack, weshalb die chemikaliensensible Frau nur das geflieste Bad für längere Aufenthalte nutzen kann. In der Küche – ebenfalls gefliest – kann sie sich nur kurz zum Kochen aufhalten, weil Spanplattenmöbel, der Lack der Küchentür und die Gummidichtungen der Fenster und Türen ihr fast den Atem rauben und sie am Rande der Ohnmacht bringen.

Nun diese neue Wohnung, die endlich Ruhe verspricht…

… aber ihr Versprechen nicht hält. Nach kurzer Zeit des Einzuges stinkt es wiederum nach Chemikalien, Zigarettenrauch, Teppichkleber, Duftstoffen aus den Wanddurch- brüchen für Rohrleitungen und aus den Entlüftungsschächten. Die extreme Hypersensibilität der MCS-Kranken lässt sie jedes Duftmolekül eines Schadstoffes wie einen Nadelstich spüren.

Auch dieser Umzug war wiederum umsonst und das Paar kommt sich wie Flüchtlinge vor, die niemand aufnehmen will… Für diese Kranken gibt es keinen Ort.

Die Leprakranken wurden früher zwangskolonisiert, damit sie niemanden anstecken konnten. Die MCS-Kranken würden sich am liebsten selbst kolonisieren, damit sie von Niemand durch Duftstoffe und Chemikalien noch kränker gemacht werden.

Es gibt Naturschutzgebiete, denkt die Frau, aber für uns Umweltkranke keine Menschenschutzgebiete…

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, Nov. 2010

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Umweltkrankheiten: Ein Leben auf der Flucht

MDR berichtet über MCS und Elektrosensibilität

Jede Woche treten chemikaliensensible Menschen mit CSN in Kontakt und hoffen auf Hilfe bei der Suche nach verträglichem Wohnraum. Den meisten dieser verzweifelten Personen ist es ganz gleich, wo sie hinziehen müssten, Hauptsache ein, zwei Zimmer ohne Schadstoffbelastung. Wohnraum für Menschen mit MCS (Multipler Chemikalien Sensitivität) wird von staatlicher Seite bislang nicht gefördert, obwohl Deutschland die UN Behindertenkonvention unterzeichnet hat und damit auch für die Behinderten Hilfe zusagen müsste. Der MDR berichtet in einem Beitrag über zwei Personen, die auf Chemikalien und Mobilfunkstrahlung reagieren. Es ist ein Leben auf der Flucht, denn die Areale, in denen keine Strahlung eintrifft, werden täglich weniger.

Wo sollen Chemikalien- und Elektrosensible hin?

Noch problematischer als für Chemikaliensensible ist die Wohnraumsuche für Menschen, die zusätzlich elektrosensibel, bzw. solche, die auf Mikrowellenstrahlung reagieren. Rocco ist einer von ihnen. Er stammt aus Italien und ist seit Jahren auf der Suche nach einem Ort, an dem er leben kann. Mit einem speziell umgebauten Wohnmobil fuhr er vor einigen Jahren bei CSN vor, seitdem besteht regelmäßiger Kontakt.

Aufgeben? NIE

Rocco leitet eine Organisation, die für die Rechte Chemikaliensensibler eintritt und eine Webseite betreibt. Nicht einfach, denn WLAN verträgt er nicht. 30m Internetkabel hat er immer dabei, um sein Laptop irgendwo an einen Internetzugang hängen zu können. Auf diese Weise hält er Kontakt zu seinen Leuten und anderen Aktivisten. Dafür kommt er heraus aus einem Funkloch und nimmt Schmerzen in Kauf. Bei letzten Mal, als er uns bei CSN aufsuchte, traf er klitschnass und ausgehungert ein. Er hatte sein Wohnmobil an einem sicheren Ort geparkt und war im strömenden Regen mit dem Mountainbike durch den Wald gefahren. Die Krankheit hat ihre Spuren bei Rocco hinterlassen, er ist im Vergleich zu vor ein paar Jahren extrem dünn geworden. Sein Gesundheitszustand ist als bedenklich anzusehen. Seine Aufrufe im CSN Forum und im Internet nach Hilfe wurden zwar oft gelesen, aber konkrete Hilfe kam eher selten zustande, weil Mitbetroffene kaum Energie übrig haben, um einen anderen Kranken zu pflegen. Einige Kontakte gibt es zwar, aber Rocco läuft stetig in Gefahr, dass sie nicht ausreichen, um ihn über Wasser zu halten.

„Andenken“ an den Arbeitsplatz in der Chemieindustrie

Seit letzten Februar lebt er in seinem Camper in Bozen auf einem Parkplatz, ohne jegliche Hilfe, ohne Sozialhilfe, ohne Wasser und Strom, ohne ärztliche Versorgung. Die finanziellen Reserven sind kurz davor, aufgebraucht zu sein. Es gibt Zeiten, da hat Rocco zuwenig Kraft, um sich Nahrung zu besorgen, dann hungert er zwangsläufig über Tage. Wenn ein winziger Funken Kraft zurückkommt, schleppt er sich in den Ort. Danach ist er wieder für Tage erschöpft und erträgt schwere Schmerzen, für die er keine Medikamente nehmen kann – doch wenigstens hat er dann wieder etwas Nahrung.

Ausgestoßen, verhöhnt, belächelt – Ist das fair?

  • Nach außen mag Rocco wie ein fancy Ökofreak wirken, doch welche Chance hat er?
  • Wer fühlt sich zuständig für Menschen wie Rocco, die wegen des Schweregrades ihrer Umwelterkrankung in keinem normalen Haus in einem Ort oder einer Stadt leben können?
  • Wo soll er hin? Wo gibt es überhaupt noch Funklöcher, wo er sich ohne Schmerzen aufhalten könnte?
  • Wer gibt Menschen wie Rocco wieder ein normales Leben zurück?
  • Ist es korrekt, dass eine Gesellschaft diejenigen verstößt und verhöhnt, die sie krank gemacht hat?

MCS und EMS im TV

Am Sonntag 7.11.2010 zeigt der MDR im Rahmen der Auslandssendung Windrose den Beitrag „Strahlenfreiheit“. Der Beitrag berichtet auch von Rocco, der zur Zeit in den Bergen Südtirols in einem Wohnwagen lebt, um Strahlung und Umweltgiften zu entkommen und von Marcello, der in den Hügeln der Emilia-Romagna einen kleinen Fleck gefunden hat, der noch strahlungsfrei ist.

Alles Weitere unter www.mdr.de/windrose und am 7.11 um 16.05 – 16.30 in der Windrose des MDR (LIVESTREAM und SATELLITE)

Wiederholung: Dienstag, 10:53 Uhr – Kurz darauf STREAMING unter www.mdr.de/windrose

Öffentlichkeitsarbeit trotz Kampf ums Überleben

Für Menschen wie Rocco ist ein Beitrag im Fernsehen sehr wichtig, denn wenn der Bericht gut recherchiert ist und sachlich dargestellt wird, was es bedeutet mit MCS und EMS leben zu müssen, trägt es zu weiterer Akzeptanz in der Allgemeinbevölkerung bei. Auf diese Akzeptanz sind Umweltkranke stark angewiesen, vor allem weil es keine staatliche Hilfe gibt und Umwelterkrankungen in der Regel verschwiegen werden.

Mit Rocco kann man via Facebook in Kontakt treten: Facebook – SOS Rocco

Autor:

Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 6. November 2010

Weitere CSN Artikel über Fernsehbeiträge zu MCS und Umweltkrankheiten:

Nachwort zum Freitod von Heide N.

Erneuter Suizidfall wegen fehlender Umweltklinik und fehlendem MCS-gerechtem Wohnraum

Heide N. hat unter großem Leiden fast ein Jahr in der Umweltabteilung des Fachkrankenhauses Nordfriesland gelebt. Sie litt unter einer schweren MCS. Sie hatte ihren Besitz und ihre Unterkunft als Folge der durch Vergiftungen entstandenen MCS aufgeben müssen. Ihre Tochter zahlte für die Unterkunft in der Umweltklinik in Riddorf bei Bredstedt, ca. 70€ pro Tag, so Heide. Eigentlich hätte sie nur Kost aus biologischem Anbau bekommen müssen. Für einen nicht MCS-Patienten wäre die Unterkunft wohl gut gewesen, aber Heide vertrug es nirgends mehr.

Heide kam aus Österreich, ein Land, in dem MCS wie in Deutschland mit einen ICD-10 Code (T78.4) als körperlich bedingte Krankheit gelistet ist. Es gibt dort keine Umweltklinik, so wie es in den anderen europäischen Ländern ebenfalls keine geeignete Klinik für schwer an MCS Erkrankte gibt. Schließlich musste Heide auch aus der Umweltabteilung weichen, da dort aus Kostengründen verkleinert wurde, so dass für hypersensible MCS-Kranke überhaupt kein Platz mehr verfügbar ist. Um die Klinik aufrecht zu erhalten, wurden dort Spielsüchtige untergebracht. Die Umweltklinik konnte nie richtig verwirklicht werden, da es für Umweltkranke keine Unterstützung wie bei anderen Krankheiten gibt. Erschwerend gibt es auch kaum genügend qualifizierte Ärzte auf diesem Gebiet und die Krankenkassen können wegen kassenrechtlicher Bestimmungen nur selten die richtige Behandlung übernehmen. Heide bekam schwere Medikamente, die eigentlich bei MCS nicht helfen können. Sie wusste nicht mehr weiter, es gab für sie keinen Ausweg, obwohl sie selbst klinische Psychologin war, sie war einfach zu krank.

Schließlich bekam sie eine Wohnung neben dem Haus von Dr. Eberhard Schwarz, dem ehemaligen Leiter der Umweltklinik, ein Psychiater und Umweltmediziner. Er schaute ab und an nach ihr und sah nach dem Rechten. Aber Heide vertrug die Gegend nicht, es wird dort viel Gülle ausgebracht. Mitpatienten wollten ihr helfen, eine neue Wohnung zu finden. Eigentlich konnte man Heide unmöglich in ihrem Zustand alleine in ihrer Wohnung lassen. Da ihr Zustand immer unerträglicher wurde und sie keine geeignete Hilfe bekommen konnte, wählte sie den Freitod. Am 3. August 2010 war in einer kleinen Kirche in Bredstedt die Beerdigung von Heide N.

Es ist traurig, dass es immer wieder so kommen muss, da seit Jahren in unserem hochentwickelten Land unzumutbare Zustände für Umweltkranke herrschen. Nichts wird unternommen, obwohl öffentlich bekannt ist, dass schon mehreren MCS-Kranken nur noch der Suizid als Ausweg blieb. Umweltkranke und Umweltärzte sprachen immer wieder bei Behörden und Politikern vor, um auf die Missstände aufmerksam zu machen. Nichts wurde unternommen, die Betroffenen werden zwangsläufig ausgegrenzt und haben nur geringe oder keine Lebensqualität mehr.

Ich habe Heide N. gekannt und bin selbst von schwerer MCS betroffen,

Eleonore Heilmann

Weitere CSN-Artikel über die quälende Situation Umweltkranker

Krank in Deutschland: Konsequenzen für eine Familie

Krankheitsursache Schadstoffe und Schimmel

Bis 2oo2 waren wir eine glückliche und zufriedene kleine Familie. Unser Sohn Patrick (geb. 1991) wurde plötzlich krank, es stellten sich immer mehr gesundheitliche Beschwerden ein. Diese wurden jedoch von den behandelten Ärzten einfach nicht ernst genommen und führten regelmäßig zu Diagnosen, die nicht nachvollziehbar waren. Zeitgleich begann der Kampf gegen die Schulaufsichtsbehörde und Schule, weil die Erkrankung unseres Sohnes auch dort nicht akzeptiert wurde.

Im März 2008 fanden wir dann einen Neurologen (nach einer Ärzte-Odyssee), der unseren Sohn sehr ernst nahm und eine schwere Chemikalien-, Schimmelpilz- und Chlorvergiftung feststellte.

Gearbeitet bis kurz vor umfallen

Dann, im Mai 2008, ging es auch meinem Mann gesundheitlich rapide schlechter (seit 30 Jahren war er Chemielaborant), er konsultierte den gleichen Neurologen wie mein Sohn. Dr. Binz stellte nach eingehender Untersuchung eine schwere immuntoxische Erkrankung fest, bedingt durch den jahrelangen Umgang und Einwirkung mit zum Teil hochgiftigen Chemikalien. Auch bei ihm wurden die ersten gesundheitlichen Beschwerden nicht für bare Münze genommen bzw. fehldiagnostiziert. Hinzu kam bei ihm ebenfalls eine Schimmelpilzvergiftung.

Hochwasser, Schimmel – Pech gehabt

Wir hatten in der Zeit von 1993 – 2001 siebenmal Hochwasser. Das Elternhaus meines Mannes und somit auch unsere Wohnung standen dann jedes Mal im Wasser. So gut es ging haben wir saniert und Vorsorge getroffen (ohne fremde Hilfe), jedoch auf Kosten unserer Gesundheit.

Einzige wirksame Maßnahme, die Erkrankung durch die schweren toxischen Schäden aufzuhalten, sind Expositionsvermeidung und den Stoffwechsel unterstützende ambulante Therapien (orthomolekulare Medizin). Mit großem finanziellem Aufwand haben wir unsere Wohnung und den Keller weitgehend schadstofffrei umgestaltet und der Erkrankung angepasst.

Schulpflicht auch für Kranke

Schulisch haben wir mit Hilfe eines Rechtsanwalts die Bildung unseres Sohnes regeln können, indem wir persönlich ein Fernstudium für unseren Sohn selbst finanzieren. Aufgrund seiner chronischen Schmerzsymptomatik seit 7 Jahren und damit verbundenen Konzentrationsschwäche kommt unser Sohn nur schrittweise voran. Er ist überdurchschnittlich begabt, sehr musikalisch, künstlerisch und technisch versiert – aber seine Krankheit gibt ihm keine Chance. Er ist jetzt 18 Jahre alt und ohne Schulabschluss – bevor die Erkrankung begann, war er Gymnasiast und Lateinschüler. An eine Berufsausbildung ist bislang kaum zu denken. Hinsichtlich Schule und Ausbildung fällt er durch unser Bildungssystem, jeder Schulverweigerer bekommt seine Chance – er nicht, er wird einfach aussortiert.

Wichtige Untersuchungen, Hilfsmittel sind selbst zu zahlen

Sehr belastend für unsere Familie ist es, dass weiterführende medizinische Untersuchungen, die notwendig wären, von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Genauso geht es uns mit Medikamenten, da die orthomolekulare Medizin von der Krankenkasse nicht ernst genommen wird. Diese Kosten müssen wir selber tragen.

Derzeit stehen für meinen Sohn und für meinen Mann noch die Hirn-PET Untersuchungen in Stuttgart aus, mit deren Hilfe die Schäden des Energie-stoffwechsels im Gehirn bildlich feststellt werden können. Diese Untersuchung kostet pro Kopf 500 Euro. Außerdem sind da noch verschiedene LTT-Bluttests, die wir auch selber finanzieren müssen.

Wichtig wäre auch eine genetische Blutuntersuchung wegen Medikamenten-unverträglichkeit, welche nochmals an die 500 Euro pro Kopf kostet.

Der Hauptverdiener fiel aus

Nach 8 Monaten Krankheitsphase hat mein Mann Ende Januar 2009 seinen Dienst wieder erfolgreich aufgenommen. Eine absolute Expositionsvermeidung ist dennoch nicht möglich, somit auch keine langfristige Prognose zum weiteren Krankheitsverlauf.

Am 29.06.2009 wurde er jedoch von einem Arbeitskollegen auf dem Arbeitsplatz tätlich angegriffen, was einen erneuten schweren Krankheitsschub auslöste. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist er immer noch arbeitsunfähig.

Nur Ablehnungen, keine Hilfe, keine Unterstützung

Beide, mein Mann so wie mein Sohn, können die Wohnung („clean“) nicht mehr ohne medizinische Hilfsmittel (Rollstuhl, MCS-Schutzmaske, Sauerstoff-Gerät) verlassen. Mein Sohn bekam ein medikamentöses Notfallset und Sauerstoffversorgung vom Arzt wegen der Gefahr eines anaphylaktischen Schocks verordnet. Der Rollstuhl wurde von der Krankenkasse bewilligt. Was die Sauerstoffversorgung meines Sohnes angeht, sowie die MCS-Schutzmasken für beide, stellt sich die Krankenkasse quer – obwohl medizinisch verordnet (es läge keine Indikation vor bzw. ist im Hilfsmittelkatalog nicht enthalten). Habe hier Widerspruch eingelegt. Anderweitige, ersatzweise Hilfe hat man uns nicht angeboten.

Umweltkranke werden ausrangiert

Schwerkranke Umweltpatienten müssen von heute auf morgen mit schwerwiegenden, einschneidenden Einschränkungen bei der Bewältigung des Alltags, den Anforderungen am Arbeitsplatz, der sozialen Kontakte und letztendlich dem Verlust der gesamten Lebensqualität klarkommen. Schwierigkeiten und Widerstände seitens der Gesellschaft, des Gesundheitswesens und der politischen Öffentlichkeit sind zu erwarten und zu erdulden.

Statt Hilfsangebote endlose Verfahren

Derzeit haben wir einige Verfahren anhängig, davon drei über den Rechtsanwalt: Berufskrankheit, Arbeitsunfall, Sozialgericht (Sohn – Behindertenantrag), Kindergeldstelle, Krankenkasse (vier Widersprüche), Rentenamt, Agentur für Arbeit (zwei Widersprüche), Amt für soziale Angelegenheiten (Behindertenantrag – Ehemann).

Stütze der Familie und selbst gesundheitlich fertig

Ich selbst bin seit 09/2006 voll erwerbsunfähig und besitze einen Schwerbehindertenausweis 60 % (beidseitige Innenschallempfindungsschwer-hörigkeit und Rückenprobleme). Nach drei nicht selbst verschuldeten Autounfällen mit HWS-Schleudertrauma immer wieder HWS, BWS, LWS-Beschwerden. Hinzu kommen Gelenkentzündungen an Händen, Füßen und Hüfte. Auch leide ich schon unter Osteoporose. Im Juni stellte Dr. Binz auch bei mir eine Chlorvergiftung, Schimmelpilzvergiftung und Metallbelastung fest.

Warum gibt es keine Behandlung für Umweltkranke?

Die sogenannten „Umweltkliniken“ in Deutschland verfolgen nachhaltig einen psychiatrischen Ansatz und verfügen nicht über geeignete Untersuchungs-möglichkeiten, um eine objektive Diagnostik zu leisten. Es gibt hier keine Einrichtung, die eine Unterbringung in schadstoff- und duftstofffreien Räumlichkeiten sicherstellt. Weitere Gesundheitsschäden wären also bei schweren Fällen wie bei meinem Sohn und meinem Mann nicht auszuschließen.

Nach unseren Erkenntnissen ist die Erkrankung meiner beiden Männer irreversibel und kann auch nicht durch Reha-Maßnahmen therapiert werden. Vorrangige Hilfe ist die Expositionsvermeidung.

In Dallas gibt es eine Umweltklinik (Dr. Rea), die die beiden ev. entgiften könnte (Kostenfaktor 20.000,- Euro pro Kopf), für uns aus Kostengründen nicht machbar.

Es fehlt an allen Ecken und Kanten

Wir müssten eigentlich von heute auf morgen in ein schadstoffarmes und schimmelfreies – d.h. nicht belastetes, ebenerdiges, behindertengerechtes Haus, ohne direkten Nachbarkontakt (wegen der Duftstoffe, Waschmittel, Putzmittel etc.) auf einer Anhöhe und nahe einem Wald umziehen. Finanziell ist dies für uns z.Zt. nicht machbar.

Wir benötigten ein neues „gebrauchtes „ (wegen der Ausdünstungen) Auto mit Automatikschaltung, Klimaanlage und Aktivkohlefilter – Omega, Caravan, Van oder ähnliches (wenn möglich behindertengerecht). Unser jetziges Auto hat schon 18 Jahre auf dem Buckel und es fallen immer mehr Reparaturkosten an. Wir wissen nicht, ob wir es nochmals über den TÜV bekommen. Auch hierzu fehlt uns das nötige Geld.

Von Integration Behinderter keine Spur

Ich weiß nicht, wie lange wir das gemeinsam schaffen sollen, isoliert von der Umwelt, alleingelassen mit der Erkrankung und der tägliche Kampf ums Überleben – es ist keine gute Basis, sich überall und für alles rechtfertigen zu müssen, keine Aussicht auf einen Ausweg.

Diese Erkrankung macht zwangsläufig arm, nicht nur finanziell, sondern in allen Lebensbereichen – sie nimmt einfach alles.

Unser Sohn wurde seiner Kindheit und Jugend schon beraubt (schulmedizinisch, bildungspolitisch und gesellschaftlich, immer wieder geoutet und nie ernst genommen). Er hat sein Leben noch vor sich, aber für welchen Preis?! Wie soll er für sich selbst sorgen, wenn er so schwerkrank ist? Er bekommt ja keine Chance, bei der bewussten Ignoranz unserer Gesellschaft gegenüber dieser Krankheit.

Diese Diskriminierung frisst die Seele auf, was bleibt ist Leere, Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung!

Autor: Kira, CSN – Chemical Sensitivity Network, 24. Juli 2010

Weitere CSN-Berichte von Umweltkranken:

Politiker treten seit zwei Jahrzehnten für Umweltkranke ein

In den letzten beiden Jahrzehnten gab es immer wieder Politiker, die hervortraten und für Menschen mit MCS und Umweltkrankheiten eintreten wollten. Die Versprechungen aus den Reihen der Politik waren oft groß. Die Erfahrungen aus dieser Zeit lehrten uns jedoch, dass unsere Themen, sobald es konkret wurde, schneller fallen gelassen wurden als eine heiße Kartoffel. Kaum war der Wahlkampf vorbei, waren alle Versprechungen Schnee von vorgestern.

Thommy’s Blogfrage der Woche:

  • Gibt es in Deutschland Politiker, die MCS-Kranke NICHT gemäß dem Willen der Lobby abspeisen?
  • Kennt Ihr Politiker, die auf Ihre Versprechungen tatsächlich Taten folgen ließen?
  • Was setzen Politiker für MCS- und Umweltkranke, bzw. für die  Umweltmedizin durch?
  • Welche konkrete Hilfe hinsichtlich Verbesserungen bei der Durchsetzung ihrer Rechte als Behinderte erreichten Politiker für die Menschen mit MCS, CFS, FMS und EMS?
  • Können Umweltkranke mit Blick auf die wirtschaftliche Situation und die Unterwanderung der Politik durch die Lobby realistisch betrachtet überhaupt Hilfe durch die Politik erwarten?
  • Was habt Ihr persönlich mit Politikern erlebt die Ihr um Hilfe gebeten habt? Welche Antworten und welche Hilfe habt Ihr erhalten?

Organisation will Wohnraum für Menschen mit Umweltkrankheiten schaffen

Pioniere der Umweltmedizin packen mit an bei Wohnprojekten für Umweltkranke

Snowflake, Arizona , USA – 7. Juni ist 2010 – Re|Shelter ist eine neue gemeinnützige Organisation, die gegründet wurde, um dringend erforderlichen Lösungen für die Wohnraumnot von Menschen mit umweltbedingten Intoleranzen Beachtung zu schenken. Diese Menschen erleiden leichte bis lebensbedrohliche körperliche Reaktionen, wenn sie extrem niedrigen Konzentrationen von Chemikalien, Schimmel, elektrischen Feldern und anderen Umweltfaktoren ausgesetzt sind und sie haben dadurch große Schwierigkeiten, in konventionell gebauten Häusern zu leben.

Die derzeit Gemeinnützigkeit beantragende Organisation hat sich der Bewältigung der globalen Immobilienkrise in Hinblick auf die hohe Rate von Obdachlosigkeit und die auftretenden Selbstmorde innerhalb der verletzlichen Bevölkerungsgruppen, derjenigen, die durch Umwelt-Sensitivitäten behindert sind, verpflichtet. Die Tätigkeiten der Organisation umfassen Fundraising, Vergabe von Beihilfen für den Hausbau, Unterstützung bei der Gestaltung und dem Bau von gesunden Häusern und Gemeinden, und Nutzen der Kunst, um Bewusstsein dafür zu fördern.

Die Mitbegründerinnen Julie Genser und Julie Laffin schufen die gemeinnützige Organisation, weil „der Bedarf so groß ist, und niemand sonst es tut“, sagte Genser.

Genser und Laffin hoffen auf direkte Finanzierung aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor, um Obdachlosigkeit und weiteres Leid bei denjenigen, die auf Grund ihrer eigenen begrenzten Ressourcen nicht in der Lage sind, sich sicheren Wohnraum zu schaffen, zu verhindern. Beide, Genser und Laffin sind selbst Wohnraumnot durch ihre schwerwiegenden chemischen, elektrischen und andere Umwelt-Sensitivitäten. Durch diesen Umstand wurden die beiden innerhalb der letzten sechs Jahre völlig deaktiviert und haben von daher ein direktes Verständnis für den Kampf um geeigneten Wohnraum dieser Bevölkerungsgruppe. Die beiden trafen sich vor vier Jahren online in einer Gruppe von Künstlern mit Chemikalien-Sensitivität.

Genser und Laffin werden den Vorstand der Organisation bilden. Der Beirat hat 16 Mitglieder mit bemerkenswerter Erfahrung in den Bereichen, die in Zusammenhang mit dem Vorhaben stehen oder selbst von der Krankheit betroffen sind. Hierzu gehören: William J. Rea, MD, ein Pionier in der Umweltmedizin und auf dem Gebiet schadstofffreier Wohnungsbau, Pamela Reed-Gibson, Ph.D., eine Autorin und Wissenschaftlerin im Bereich Auswirkungen auf das Leben durch Umweltempfindlichkeiten, Magda Havas, Ph.D., eine Expertin für die biologischen Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung, Carl Grimes, Präsident der Indoor Air Quality Association, Bennie Howard, der ehemalige Direktor des Büros für Behinderungen bei der Behörde für Wohnraum und Städtebau – HUD, Susan Molloy, eine Aktivistin, die seit langer Zeit für die Rechte von Behinderten eintritt, und Paula Baker-Laporte, eine Architektin mit Erfahrung im Bereich Gebäude für Menschen mit Umwelt-Sensitivitäten.

Zu den von der Gruppe geplanten Projekten gehören die Vergabe von Renovierungszuschüssen für förderungswürdige Personen, Bau einer „Clean-Air Gemeinschaft“ sowie eine Notunterkunft, und ein Architektur -Schulungsprogramm, dass Studenten während der Zusammenarbeit an re|Shelter-Projekten schult.

Julie Genser studierte Design und Umweltanalytik / Innenarchitektur an der Cornell University und koordinierte Bauvorhaben, bevor sie krank wurde. Sie hatte gerade einen Abschluss in Permakultur und Ökodorf-Design erreicht und war für ein viermonatiges Intensiv- Architektursemester am ECOSA Institut aufgenommen wurde, als sie durch Umweltfaktoren erkrankte und stark schwerbehindert wurde und ihre Ausbildung beenden musste. Sie hat einen einzigartigen Einblick in re |Shelter‘s direkte Zielgruppe: denn in den letzten fünf Jahren zog sie siebenmal um auf der Suche nach einem geeigneten sicheren Gebäude, das ihre Gesundheit nicht stark beeinträchtigt.

Julie Laffin ist der Kampf der Suche nach einem sicheren Gebäude ebenfalls hinreichend bekannt; sie suchte jeden Sommer nach einem Ort, um den Pestizidsprühungen von Feldern aus der Luft rings um ihr Haus im Norden von Illinois zu entkommen. Angetrieben von Mitgefühl und persönlichem Einblick in das besondere Problem des Wohnungsbaus für Umweltkranke, sind die beiden sehr begeistert darüber, diesen wichtigen Schritt zu tun, da bislang keine andere existierende Organisation bekannt ist, die sich alleinig auf Wohnlösungen für Menschen mit Umwelt-Intoleranzen ausgerichtet hat.

Literatur: Re|Shelter, New Housing Non-Profit forming with Focus on Environmental Sensitivities, June 7, 2010

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Kontakt: support@reshelter.org

Webseite der Organisation: Re|shelter

Weitere CSN-Artikel zur Wohnraumproblemativ von Chemikaliensensiblen:

Fehlinformationen über MCS in TV-Doku

Patienten kommen und gehen  

Fehlinformationen über MCS in TV-Doku

Psychiatrie deckt „Marktnische“ 

Aufklärung ist immer wichtig, wenn es darum geht, Krankheiten möglichst früh zu erkennen oder besser noch zu vermeiden. Das gilt auch für MCS (Multiple Chemikalien Sensitivität). Da den meisten Menschen über diese schwere Krankheit wenig oder nichts bekannt ist, tut möglichst exakte Aufklärung Not. Zeitungsartikel, Radiosendungen und Filme können zu dieser Aufklärung beitragen. Es gab schon mehrfach solche Medienberichte, die helfen konnten, zu informieren, so z.B. die sehr gute Reportagen im ZDF 37 Grad – Ich kann Dich nicht riechen – Wenn Alltagsdüfte krank machen oder der informative SWR Beitrag über Gifte am Arbeitsplatz.   

MCS psychisch? Verbreitung unwahrer „Fakten“ gefährlich für Patienten

Schlimmer als gar keine Aufklärung ist aber die Verbreitung unwahrer „Fakten“.  MCS ist als organische Krankheit bei der WHO gelistet. Das deutsche DIMDI bezog sich auf MCS als organische Erkrankung. Verschiedene Studien u.a. aus den USA zeigten Forschungsansätze, die Ursachen für MCS in Chemikalien und anderen Umwelteinflüssen sehen. Mittlerweile lassen sich die Vorgänge im Körper bei MCS zunehmend besser erklären, so z.B. schwere Entzündungen oder neurologische Beschwerden. Um lebensgefährliche Folgen zu vermeiden, müssen die Erkrankten auch Alltagschemikalien, die die Beschwerden auslösen, meiden. 

Nimmt man für MCS allerdings eine psychische Ursache an, was wissenschaftlich nicht belegbar ist, hieße das auch, man könnte MCS mit Psychotherapie oder Medikamenten behandeln. Das hieße, man müsste den Patienten nicht die Chemikalien meiden lassen, sondern ihn an die normale Umgebung gewöhnen. Das mag bei einer psychischen Krankheit gehen. Setzt man einen MCS-Kranken aber den Chemikalien aus, riskiert man lebensgefährliche Reaktionen oder langfristige Schäden. Der Patient leidet immer darunter, wenn man ihn chemischen Stoffen aussetzt. 

Fehldarstellung in Medien – Es passiert immer wieder

Man erlebt immer wieder, dass in Fernsehsendungen oder Zeitungsartikeln MCS nicht als körperliche Krankheit dargestellt wird. Meistens geschieht das durch universitäre Umweltmediziner oder Arbeitsmediziner, die MCS als mehr oder weniger komplett psychisch  bedingte Krankheit einstufen. Der Grund dafür ist klar. Werden Menschen in Beruf krank, brauchen sie Rente, wenn man sie als arbeitsunfähig diagnostiziert. Wird ihre Krankheit als Berufskrankheit anerkannt, ist das noch deutlich teurer. Dann müssten Berufsgenossenschaften zahlen. Es gibt also ein starkes Interesse bestimmter Gruppen, dass MCS in der Öffentlichkeit als psychisch/psychosomatische Krankheit wahrgenommen wird. 

Marktnische Umweltkranke

In der Bundesrepublik gibt es Umweltambulanzen, die über Ausschlussdiagnostik meist zu einer psychischen Diagnose der MCS Erkrankung gelangen. Eine Versorgung mit Umweltkliniken, die in der Lage wären die MCS als körperliche Erkrankung zu behandeln gibt es nicht. 

Es gibt aber auch Ärzte, die eine alternative Marktnische entdeckt haben. Beispielsweise kann sich ein psychiatrisches Fachkrankenhaus auch mal nebenbei zusätzlich auf Umweltmedizin spezialisieren. Stolze sechs Betten stehen im Fachkrankenhaus Nordfriesland in Bredstedt (Riddorf) für Umweltkranke zur Verfügung. Viele Patienten berichteten, dass sie in der Fachklinik nicht bleiben konnten. So wäre zum Beispiel im Haus geraucht worden und man hätte es schwer gehabt, verträgliches Essen zu finden. Schlechte Innenraumluft, u.a. weil kein Duftstoffverbot besteht, soll auch ein Problem gewesen sein. Das kann die Autorin nicht belegen. Es waren nur persönliche Berichte von Patienten in CSN Forum.

 Psychiater Dr. Mai ist leitender Arzt in Bredstedt

Dr. med. Christoph Mai, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, leitender Arzt der Fachkliniken Nordfriesland trat mit zwei TV Dokus an die Öffentlichkeit. 

RTL regional sendete am 02.04.2008 einen Film über MCS. Dort betrieb der Psychiater erstaunliche MCS-Ursachenforschung:

Zitat: „Menschen, die in ihrem Leben extrem intensive Traumata erleiden mussten, wie man sie vielleicht in einer Kriegssituation erleiden muss, aber auch als Opfer einer Vergewaltigung oder eines sexuellen Missbrauchs in der Kindheit, haben ein vielfach erhöhtes Risiko an MCS zu erkranken…“ 

Dafür gibt es keine Studie, keinen wissenschaftlichen Beleg, der das einwandfrei festhält. Dennoch macht Dr. Mai diese Aussage vor laufender Kamera. Also doch psychische Ursachen, muss der Zuschauer denken? 

MCS ist eine relativ neue Krankheit. Weder 1918 noch 1945 wurden MCS-Epidemien festgestellt obwohl in dieser Zeit bestimmt viele traumatisierte Menschen Europa bevölkerten. Stattdessen stiegen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Zahlen der MCS-Kranken rasant an, sofern jemals Statistiken geführt wurden. Die meisten MCS Kranken werden allerdings nicht als solche diagnostiziert. MCS Kranke aus der Unterschicht mit dieser Diagnose haben Seltenheitswert. Menschen aus der Mittelschicht, die mehr Zugang zu Informationen und/oder gut ausgebildeten Ärzten haben, gibt es weitaus häufiger. 

Man geht in Deutschland von ca. 400.000 schwer an MCS Erkrankten aus. Die wenigsten jedoch erfahren jemals, was sie haben. Meist landen diese Kranken mit anderen Diagnosen in der Psychiatrie. Da kann man mehr dran verdienen als an Menschen, die Chemikalien meiden müssen. Diagnostizierte MCS Patienten kriegen keinen Cent von der Krankenkasse und keinen Mehrbedarf bewilligt. Sie verarmen, leiden und sterben früher, weil man ihnen kein Geld für nötige Hilfsmittel zahlt. 

Wie sieht die „Behandlung“ in Bredstedt aus?

Am 15.10.2009 kam der leitende Facharzt der Fachklinik Nordfriesland in einer zweiten TV Doku zu Wort: In dem Film „Wenn Düfte krank machen“, der am 15.10.2009 im SWR gesendet wurde berichtet Dr. Mai über die MCS-Therapie in den Fachkliniken. 

Originalzitat des Psychiaters: „Die beiden wesentlichen Eckpfeiler sind die Balance zwischen Rückzug und sich wieder etwas zutrauen. Wir vermitteln unseren Patienten, dass sie insbesondere in ihrer Wohnung, und da insbesondere im Schlafzimmer, eine ganz reizarme Umgebung schaffen. Wir vermitteln ihnen aber auch, dass sie sich wieder daran gewöhnen sollen, die übliche Umgebung mit Parfum und mit anderen Reizen auszuhalten.“ 

Also, die typische Verhaltenstherapie. Nur, dass das bei einer organischen Krankheit nicht hilft. Dazu gibt’s noch ein paar Vitamininfusionen und schon soll alles wieder gut sein. Dass viele Erkrankten hochdosierte Vitamine und andere Infusionen gar nicht vertragen, wird gnädig verschwiegen. 

„Die Umweltklinik hat mir mein Leben wiedergegeben“ erzählt ein kranker Mann in dem SWR-Film. Er müsse da immer wieder hingehen, um seine Gesundheit zu erhalten, wisse nicht, was er ohne die Klinik tun solle. 

„Wir vermitteln ihnen aber auch, dass sie sich wieder daran gewöhnen sollen, die übliche Umgebung mit Parfum und mit anderen Reizen auszuhalten.“ vermittelt der Psychiater dem TV Publikum. Gerade das ist aber bei MCS nicht möglich. Man kann MCS Reaktionen nicht abkonditionieren, wie man einem Mensch die Angst vor Spinnen oder Höhe abkonditioniert. 

Es gibt Menschen, die sich von einer schweren MCS Krankheitsphase wieder erholt haben. Menschen die zeitweise gar nicht mehr ihr Haus verlassen konnten und das heute wieder können. Die Voraussetzung für eine solche Krankheitsentwicklung ist aber ein absoluter Expositionsstopp. Eine verträgliche Wohnung, verträgliche Nahrung. Das ermöglicht dem Körper Regeneration. Wenn Menschen sich selber mit Stoffen exponieren, die bei ihnen Reaktionen auslösen, wird sich ihr Krankheitszustand verschlechtern. 

Schlimm ist es für chemikaliensensitive Menschen, wenn sie nach TV Dokus immer wieder neue Aufklärungsarbeit leisten müssen bei Angehörigen, Freunden, Kollegen. Die glauben nämlich einem Weißkittelträger immer gerne die psychischen Ursachen und die mögliche Psychotherapie. 

Autor: Amalie, CSN  – Chemical Sensitivity Network, 19. Oktober 2009 

Quellen: