Monatsarchiv für Oktober 2012

Pestizide – Reduktion des Einsatzes unabdingbar

Bioland: Aktionsplan der Bundesregierung unzureichend

Bioland kritisiert den jetzt von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf des „Nationalen Aktionsplans zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln“ (NAP). „Der Pestizid-Aktionsplan der Bundesregierung kann in der vorliegenden Form keinen Beitrag dazu leisten, die negativen Auswirkungen des Pestizideinsatzes auf Menschen, Pflanzen, Tiere, Böden und Gewässer nachhaltig zu vermindern. Es bedarf erheblicher Nachbesserungen“, sagt Jan Plagge, Präsident von Bioland.

EU-Vorgaben verpflichten Deutschland zu diesem Aktionsplan, mit dem die Risiken der Verwendung von Pestiziden auf Mensch und Umwelt reduziert und die Abhängigkeit vom chemischen Pflanzenschutz verringert werden soll. Anfang 2013 soll der Aktionsplan in Kraft treten. Um diese Vorgaben umzusetzen, fordert Bioland von der Bundesregierung eine grundsätzlich andere Pestizid-Politik. Nur durch ehrgeizige Reduktionsziele zum Pestizideinsatz und eine Stärkung des ökologischen Landbaus kann der Aktionsplan seine Wirkung entfalten. Weitere Instrumente sieht Bioland in der Einführung einer Pestizidabgabe und dem Verbot besonders gefährlicher Pestizide für Bienen und Insekten, insbesondere der Wirkstoffgruppe der Neonikotinoide.

In einer heute veröffentlichten Stellungnahme zeigt Bioland die großen Defizite des Aktionsplans auf. Es fehlen wirksame Ziele und Maßnahmen, die tatsächliche Veränderungen im Pflanzenschutz bewirken. Gravierende Probleme wie der Rückgang der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen, werden nicht ernsthaft angegangen. So gibt es in Deutschland nur noch halb so viele Vögel in der Agrarlandschaft wie vor 30 Jahren. Bioland macht die intensive Landwirtschaft mit Monokulturen und hochgiftigen Pestiziden, die viele Wildkräuter und Insekten vernichten, dafür verantwortlich.

Der Biolandbau wirkt sich dagegen positiv auf die Artenvielfalt und die Umwelt aus: „Ein Ziel des Biolandbaus ist der Erhalt und die Förderung einer hohen Biodiversität in der Agrarlandschaft. Unsere Bauern setzen keine chemisch-synthetischen Pestizide ein, pflanzen Hecken und säen Wildblumenstreifen, die zahlreichen Tierarten als Lebensraum dienen“, so Plagge. Das hohe Potential des ökologischen Landbaus zur Minderung der Pestizid-Risiken wird jedoch im NAP nur unzureichend genutzt. „Die Förderung des Biolandbaus muss zentraler Bestandteil des Pestizid-Aktionsplans werden“, fordert Plagge. So könnte er einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das Ziel der Bundesregierung in der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, 20 Prozent der Agrarfläche auf Biolandbau umzustellen, in den nächsten Jahren zu erreichen (Ist-Wert sind 6 Prozent).

Autor: Bioland, Mainz, 25. Oktober 2012.

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Wegen giftiger Putzmittel ins Krankenhaus

Giftige Dämpfe lösten Großeinsatz der Feuerwehr im Flughafen aus

Atembeschwerden und Augenreizungen beklagten Fluggäste, die am Berliner Flughafen Tegel auf ihren Flug warten. Die genaue Ursache wird noch ermittelt, bislang stehen Putzmittel in näherem Verdacht. Wie es aussieht, hatte falscher Einsatz von Reinigungsmitteln am Wochenende für einen Großeinsatz der Feuerwehr gesorgt. 53 Menschen erlitten Verletzungen und bei 38 Personen waren sie so stark, dass sie in umliegendende Krankenhäuser eingeliefert werden mussten. Alle Verletzten konnten nach kurzer Zeit entlassen werden. Im Flughafen Tegel selbst wurde nach dem Vorfall stark gelüftet, um die giftigen Dämpfe zu eliminieren. Danach wurden keine gesundheitsschädlichen Substanzen mehr gemessen.

Bedauern, endgültige Folgen für die Gesundheit noch ungewiss

Gegenüber der Öffentlichkeit bedauerte die Flughafenleitung Tegel den Vorfall und gab sich froh, dass der Flugverkehr nur minimal beeinträchtigt wurde. Ob für die Verletzten und anderen Flughafenbenutzer kein weiterer gesundheitlicher Schaden entstanden ist, lässt sich so unmittelbar nicht sagen. Selbst den Feuerwehrleuten, war laut Medienberichten, schlecht geworden. Die Polizei habe Ermittlungen aufgenommen, war zu vernehmen. Schwangere und Kleinkinder gehören zu den empfindlichsten Personengruppen, gefolgt von Allergikern, Asthmatikern und Personen, die unter Chemikaliensensitivität leiden. Für Schwangere reicht eine geringe Chemikalienexposition um den Fötus zu schädigen, wenn sie sich in einem bestimmten Zeitfenster der Schwangerschaft befinden. Ein chemisches Reinigungsmittel reicht aus.

Giftige Putzmittel trotz hohem Publikumsverkehr

Welche Reinigungsmittel im Flughafen am Wochenende zur Anwendung gekommen waren, ist bislang nicht bekannt. Lediglich die Vermutung, dass man ein Putzmittel-Konzentrat nicht sachgerecht verdünnt habe, was dann die giftigen Dämpfe verursachte. Der Vorfall sollte Konsequenzen nach sich ziehen, denn er ist nicht der Erste dieser Art. Im Januar 2010 musste eine deutsche Gesamtschule geräumt werden. Dutzenden von Schülern bekamen Atemwegbeschwerden, Übelkeit und Kreislaufbeschwerden. Die Ursache war ein Kanister mit Reinigungsmitteln, der mit offenem Deckel herumstand. 30 Schüler wurden damals wegen Gesundheitsbeschwerden durch die entwichenen giftigen Putzmitteldämpfe mit dem Notarzt in ein Krankenhaus gebracht. In den USA hatten normale Reinigungsarbeiten mit giftigen Putzmitteln sogar die Nervengiftsensoren im Capitol in Washington anschlagen lassen. Die Senatoren und Angestellten mussten damals evakuiert werden.

Autor:

Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 21. Oktober 2012

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Krankenhäuser, Kliniken, Alten- und Pflegeheime auf MCS nicht vorbereitet

MCS, die große Unbekannte in der Medizin?

Eine einzige Klinik gibt es in Deutschland, die Krankenzimmer für Patienten mit MCS, multipler Chemikaliensensitivität, bereitstellt. Unter den Alten- und Pflegeheimen in unserem Land ist kein Heim bekannt, dass MCS-gerechte Unterbringung anbieten könnte.

Studien gehen davon aus, dass ca. 15% der Bevölkerung unter MCS leidet. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein, denn Ärzten ist die Hypersensitivität auf Chemikalien zumeist unbekannt.

MCS kann zwar als Behinderung anerkannt werden, die Behörden mauern jedoch in den meisten Fällen und obwohl für MCS ein ICD-10 existiert, wird der Code selten angewendet. Patienten, die schwere Chemikaliensensitivität haben, stehen somit vor einem kaum lösbaren Problem, wenn sie in eine Klinik müssen oder ins Alten- und Pflegeheim.

Gründe, weshalb MCS ignoriert wird:

  • MCS und Umweltkrankheiten sind bei den Krankenkassen kaum abrechenbar
  • MCS passt nicht in unsere Gesellschaft, die auf raschen Konsum ausgerichtet ist
  • MCS prangert die Existenz von Umweltverschmutzung und schadstoffbelasteten Innenräumen, Arbeitsplätzen und Produkten an
  • MCS ist keine Krankheit, an der man viel verdienen könnte
  • MCS ist Verursachern ein Dorn im Auge

Thommy’s Blogfrage der Woche

  • Haben an MCS Erkrankte kein Recht auf medizinische Versorgung?
  • Wie kann erreicht werden, dass Krankenhäuser, Kliniken, Alten- und Pflegeheime sich mit MCS beschäftigen und adäquate Räumlichkeiten, sowie angemessene Betreuung anbieten?
  • Kann MCS bei einem Aufenthalt in einer Klinik oder im Alten- und Pflegeheim ignoriert werden?
  • Welche Möglichkeiten gibt es, um eine Übergangslösung in Krankenhäusern, Kliniken, Alten- und Pflegeheimen zu schaffen?