US-Wissenschaftlerin: Endokrine Disruptoren haben viele ‚Expositionswege‘
EurActiv, 9. Mai 2012 – Shanna H. Swan, eine angesehene Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der reproduktiven Medizin, hat von den gesundheitlichen Folgen von Chemikalien, die den Hormonhaushalt stören [endocrine disrupting chemicals] (EDCs) gewarnt, z.B. Phthalate, die über Pestizide oder Kunststoffe in Lebensmittel gelangen können. In einem Interview mit EurActiv appelliert sie an Gesetzgeber, die Verbraucher besser gegen solche „versteckten Chemikalien“ zu schützen.
Sie sind eine bekannte Forscherin auf dem Gebiet endokrin disruptiver Chemikalien (EDCs), die Sie seit vielen Jahren erforschen. Was sind Ihre wichtigsten Ergebnisse?
Meine wichtigsten Ergebnisse – und ich habe mich insbesondere mit Pestiziden, Phthalaten und Bisphenol A befaßt – haben vor allem etwas mit der menschlichen Entwicklung zu tun, um so mehr, wenn es sich um eine fötale Exposition handelt. Die Belastung von Erwachsen spielt oft aber auch eine Rolle.
Hat die Belastung mit der Zeit zugenommen?
Es gibt ein paar Untersuchungen von alten, aufgehobenen Proben. Das ist die einzige Möglichkeit, wie wir die Belastung einer Person erfassen können. Also zum besseren Verständnis, anders als bei Studien zu Rauchen oder Medikamenten, bei denen wir die Person fragen können, um welche Exposition es sich handelte, kann man über die EDC-Belastung einer Person nichts – oder nur sehr wenig – erfahren, wenn man sie über ihr Verhalten befragt.
Diese Chemikalien sind versteckt – ich nenne sie Tarnkappen-Chemikalien – und aus diesen Grund besteht die einzige Möglichkeit zu wissen, welche Belastung vorlag, darin, sie in biologischen Proben zu messen, entweder im Urin oder im Blut. Urinproben sind normalerweise einfacher und aus zahlreichen technischen Gründen für diese unbeständigen Chemikalien vorzuziehen.
Wenn es ältere Proben gab und sie untersucht wurden, zeigten diese, dass die Werte in der Vergangenheit niedriger waren. Leider kann ich das nicht genauer ausführen, aber ich kann Sie auf ein paar Quellen verweisen.
Und diese gehen bis in die 1960er Jahre zurück?
Es gab 1958 eine Studie namens kollaboratives Perinatal Projekt, bei welcher Urinproben eingelagert wurden. In den frühen 60er Jahren gab es eine Studie von Kaiser Kalifornien, die Urinproben einlagerte. Es handelt sich also um sehr wenige Studien, sie sind die einzigen.
In den letzten vergangenen Jahren sind manche Phthalate zurück gegangen, z.B. nahm DEHP mit dem Ersatz durch andere Stoffe ab. Wir können also gewisse Trends anhand der staatenweiten Proben von Metaboliten im Urin erfassen.
Kennen wir die genauen Quellen der Exposition?
Dazu müssen wir uns jede Chemikalie einzeln ansehen. Wenn wir uns also auf Phthalate beschränken, müssen wir dies noch weiter eingrenzen, denn Phthalate werden unterschiedlich eingesetzt. Manche Phthalate werden Schläuchen zugesetzt, um sie weich zu machen, besonders DEHP.
Es ist in den Schläuchen der Krankenhäuser, in den Schläuchen von Melkanlagen, immer wenn man weiches, flexibles Plastik nimmt, wird man DEHP nehmen. Alles was da durchfließt, besonders wenn es warm ist, wird es aufnehmen. Auf diese Art werden wir durch Materialien belastet, die da durchgegangen sind.
Also auch durch Milch?
In Milch ist es messbar, ja. Was DEHP betrifft, ist die Nahrung unser häufigsten Expositionsweg und man findet es auch im Wasser. Doch man bekommt auch DEHP ab, wenn man sich in einer Krankenhaus-Abteilung befindet und an Schläuchen hängt.
Phthalate sind für manche Anwendungen wie z.B. Spielzeug etc. bereits verboten. Können wir deshalb das Problem als gelöst betrachten?
Lassen Sie mich kurz noch einmal zurück gehen. Bei Phthalaten handelt es sich um eine Klasse von Chemikalien und das ist deshalb wichtig, weil sie mich fragen, ob es viele Belastungsquellen gibt.
Wenn mir Kosmetik auf unsere Haut, auf unser Gesicht auftragen – Männer, Frauen, Kinder, Babys – nehmen wir sofort ein weiteres Phthalat in unseren Körper auf, nämlich DEP. Und darüber besteht kein Zweifel. Wenn wir Haarspray oder Nagellack verwenden, dann atmen wir ein Phthalat ein, das hauptsächlich DEP ist.
Darum ist dies eine komplizierte Geschichte, weil es viele Quellen und viele Wege der Exposition und auch unterschiedliche Toxizitäten gibt. Nun dazu, ob das Problem gelöst ist – überhaupt noch nicht. Wir haben erst damit angefangen, das Problem zu lösen.
Aber es hat doch für ein paar der schlimmsten Anwendungen von Phthalaten, wie z.B. Babyfläschchen-Verbote gegeben…
Nein, das war Bisphenol A, das ist eine andere chemische Klasse. Stellen Sie es sich so vor. Phthalate machen Plastik weich, BPA macht Plastik hart. Wenn Sie also eine dieser Sport-Wasserflaschen vor sich haben, ist diese mit BPA hergestellt. Harte Babyfläschchen, das ist BPA. Die Beschichtung von Konservendosen, das ist BPA. Doch die Phthalate stehen auf der anderen Seite des Vergleichs, obwohl es sich in beiden Fällen um Plastifizierer handelt. [Frage: Sind Phthalate nur Materialzusatz oder das Material selber, wie BPA? Polycarbonat ist polymerisiertes BPA]
OK, warum sage ich nun, das Problem ist nicht gelöst? Die hauptsächliche Verbannung von Phthalaten betraf Kinderspielzeug. Sicher ist dies wichtig, doch es schützt die empfindlichsten Organismen nicht, und das sind sich entwickelnde Föten.
Ein Spielzeug ist ja etwas, mit dem man nach der Geburt spielt, die schwangere Mutter ist einer Exposition ausgesetzt, die für den Fötus sehr viel gravierender ist als jene, die das Kind über ein Spielzeug abbekommen wird.
Wenn man diese Phthalate aus Kinderspielzeug verbannt – ich denke, dies ist wichtig, ausgezeichnet, ich unterstützte es unbedingt – würde ich dies aber nicht zu Lasten der Verbannung von Phthalaten aus Produkten tun, denen Schwangere ausgesetzt sind. Denn dies ist das empfindlichste Ziel von Phthalaten.
Seit vielen Jahren gibt es eine Kontroverse über die Gesundheitsgefahren durch eine niedrigdosige Belastung mit Chemikalien wie z.B. Phthalate. Gibt es dafür Belege, wenn man sich die Forschung ansieht?
Lassen Sie mich drei Dinge sagen.
Zu aller erst besteht absolut kein Zweifel daran, dass sehr, sehr kleine Hormondosen die Entwicklung des Fötus dauerhaft verändern können – wenn der Zeitpunkt gegeben ist. Man kann nicht nur auf die Dosis sehen, man muss die Dosis in einem bestimmten Zeitfenster berücksichtigen, ansonsten erfasst man die Toxizität nicht, denn diese ist tatsächlich das Resultat von zwei Dingen: Es ist nicht nur die Dosis, sondern auch der Zeitpunkt.
Im nächsten Punkt geht es eindeutig nicht nur um Chemikalien, sondern darum darauf hinzuweisen, was wir aus ein paar Humanstudien und vielen Tierstudien wissen, dass Nager in utero (im Bauch der Mutter), dass jeder von ihnen am Uterushorn hängt und sich wiederum zwischen zwei anderen Jungen befindet.
Wenn sie nun ein Männchen zwischen zwei Männchen und ein Männchen zwischen zwei Weibchen untersuchen, können sie den Testosteronspiegel in diesen beiden Männchen messen. Und der Unterschied ist signifikant und messbar und sehr, sehr klein. Es ist ungefähr ein Tropfen in ein olympisches Schwimmbecken. So klein ist es. Es ist eine extrem niedrige Dosis, ein Teil pro Billion [1/10^15].
Und welche Folgen hat eine Exposition damit?
Die Folge ist, dass jener Nager, der eines zwischen zwei Männchen ist, zu einem aggressiveren in seinem Verhalten und seiner allgemeinen Entwicklung mehr maskulinerem heran wächst. Er wird eine größere Spermienzahl erreichen; er wird fruchtbarer sein. Und dies wird nicht angezweifelt, dies wurde für viele Tierarten gezeigt. Und es gibt einige Humanstudien, die das bestätigen. Ich habe dies nur als Beweis des Prinzips erwähnt, dass eine sehr niedrige Menge hormonaler Substanz zum passenden Zeitpunkt die Entwicklung verändert.
Sehen wir uns nun die Situation des Menschen an. Wenn Leute sagen, ‚Was soll’s, die Dosen sind viel zu niedrig‘, sage ich zwei Dinge. Da eine ist, ‚Mag sein, aber wir sehen Wirkungen‘. Also egal welche Dosis, es scheint etwas zu bewirken. Es gibt wohl an die 30 Studien, die eine Verbindung zwischen Phthalaten und einer Vielzahl von Folgen für die menschliche Gesundheit feststellen.
Das Gegenargument könnte sein, dass diese Wirkungen von etwas ganz anderem kommen.
Genau. Nicht das Gegenargument, aber ein wichtiger, zusätzlicher Aspekt ist, dass wir niemals nur einer Chemikalie ausgesetzt sind. In der Tat stellte eine neuere Studie durchschnittlich 200 Chemikalien in Neugeborenen fest.
Das bedeutet, in utero zirkulierten bei den Babys durchschnittlich 200 Chemikalien in ihrem Körper und beeinflussten ihre Entwicklung. Der Höchstwert in diese Stichprobe von 10 [Kindern] war 287. Daher sind wir unbestreitbar Expositionen ausgesetzt und die Föten genauso.
Nun ja, es gibt viele Chemikalien und statistisch kann man fragen, welcher Zusammenhang nur zu DEHP oder nur zu DBP Metaboliten besteht. Doch das ist nicht die effektivste Art. wie man es tun kann. Besser ist zu fragen, was es mit der Belastung durch all diese Stoffe auf sich hat. Wie wirkt sich der Cocktail-Effekt aus?
Mit Stichproben von der Größe, wie sie uns zur Verfügung stehen, können wir zurzeit nicht ernsthaft all die 200 [Substanzen] zusammen untersuchen. Aber wir können und wir untersuchen mehrfache Belastungen. Trotz der Tatsache, dass sie für sich genommen sehr gering sein mögen wissen wir, dass sich diese Dosen addieren und wenn sie mehrere davon haben, erhalten sie natürlich eine sehr viel höhere Dosis.
Sind bestimmte Kombinationen bekannt, die besonders schädlich sind?
Ja, es gibt viele DEHP Metaboliten, von denen gerade vier oder fünf gleichzeitig untersucht und die Gesamtwirkung festgestellt werden. Das ist ein Beispiel, es gibt aber noch andere.
Das klingt erschreckend. Wie sollen sich Verbraucher verhalten oder reagieren? Was soll ich meiner Frau erzählen, wenn sie schwanger ist?
Diese Frage höre ich dauernd. Es ist eine frustrierende Frage, weil ich nur eine Teilantwort geben kann. Als einfache Antwort würde ich ihr sagen, dass sie ihre Belastung durch schädliche Körperpflegemittel begrenzen kann.
Und der Grund, weshalb wir diesen Rat geben können ist, dass sie sehr sorgfältig von ein paar NGOs untersucht worden sind, und ich verweise insbesondere auf die Webseite der Environmental Working Group die ‚Not Too Pretty‘ (PDF) [Nicht zu hübsch] heißt, wo sie Produkt für Produkt auflisten und über die Chemikalien darin informieren. Das ist ein nettes Tool für Verbraucher. [Vermutlich ist Skin Deep gemeint]
Sie können auch sagen, einfach als generellen Sicherheitsratschlag: Benutze keine Raumduftsprays, besprühe nichts zu Hause, benutze keine Sprays usw.
Was die Sache problematischer macht ist, dass selbst wenn wir den Leuten das alles erzählen, können wir nur in seltenen Situationen diese Chemikalien aus ihrem Körper entfernen. Und einer der Hauptgründe ist, dass sie derart versteckt sind, Sie können das Etikett auf der Lotion prüfen, aber sie können nicht das Etikett ihrer Spaghetti-Soße oder ihrer Milchflasche prüfen usw.
Deshalb müssen wir den Verbrauchern Werkzeuge geben, eine informierte Wahl zu treffen. Und zurzeit haben wir diese Werkzeuge nicht.
Meinen Sie Deklarierung?
Ja, Deklarierung und auch Verhaltensratschläge – zum Beispiel nicht in Plastik lagern, nicht in Plastik in die Mikrowelle stecken.
Was ich den Leuten sage, wenn sie das best Mögliche tun wollen ist, kauft lokale Produkte, kauft sie unverarbeitet, kauft aus biodynamischem Anbau. Es gibt eine Bevölkerungsgruppe in New York, welche dies tut, und das sind die Mennoniten der alten Ordnung [eine den Amish ähnelnde religiöse Anti-Technologie Gruppe [Wiedertäufer]]. Sie sind sehr streng, sie pflanzen alles selbst an, fahren nicht Auto, benutzen keine Sprays… und sie haben sehr niedrige Umweltchemikalien-Werte im Körper.
Und das wurde wissenschaftlich gemessen?
Ja, wir haben gemessen, wie viel Phthalate und Phenole in ihrem Urin waren und sie hatten fast keine. Und es ist interessant, weil ein paar Frauen Spitzenwerte hatten. Eine war eine Frau die Haarspray benutzte. Und man konnte dies feststellen, weil wir fragten, was haben sie gemacht, bevor sie zur Urinabgabe her kamen. Und diese Frau sagte, „Nun, ich sollte es nicht, aber ich benutzte Haarspray weil ich ausging.“ Und daraufhin sehen wir den MBG-Peak in ihrem Urin.
Und eine andere Frau fuhr Auto, obwohl sie das normalerweise nicht tun und man sieht einen weiteren Peak. Das heißt, in einer extremen Situation – welche für die meisten Verbraucher sehr radikales Handeln bedeutet – kann man [Schadstoffe] eliminieren.
Eine andere Gruppe bekam normale Lebensmittel und danach haben sie gefastet. Ihr Urin wurde während der normalen Diät getestet und nach 48 Stunden Fasten, und sie hatten überhaupt kein DEHP im Urin.
Natürlich können wir nicht alle fasten! Deshalb denke ich, wir sollten es für die Verbrauchen viel einfacher machen, diese Produkte zu vermeiden.
Was das Vorhandensein von Chemikalien in Lebensmitteln angeht, wurden auf EU-Ebene Maßnahmen eingeführt, um den Einsatz von Pestiziden zu verringern. In Frankreich gab es beispielsweise das Ziel, den Gebrauch von Pestiziden bis 2018 zu halbieren, und es gab Verbote, mit dem Flugzeug zu sprühen und solche Sachen. Sind diese Schritte ausreichend, um das Risiko der Kontaminationen in Lebensmitteln zu reduzieren?
Nun, Pestizide abzuschaffen beseitigt sicherlich eine Expositionsquelle für EDCs – und zwar eine sehr wichtige und ich denke, das ist großartig.
Übrigens, mal Phthalate außer Acht gelassen, wir fanden in mittleren Westen einige Pestizide und Herbizide, die im Zusammenhang mit einer niedrigeren Spermienzahl standen. Die wirken also auch. Auch sollte ich darauf hinweisen, dass Phthalate tatsächlich in Pestiziden drin sind – sie werden hinein getan, um die Absorption zu steigern.
Deshalb sind diese Maßnahmen, Pestizide zu reduzieren sicherlich eine gute Sache die man machen kann, aber das reicht nicht aus. Solange wie Lebensmittel in Kontakt mit Phthalaten oder Bisphenol A verarbeitet, in Dosen verpackt, in Plastik geliefert, in Plastik gelagert oder in Teflon zubereitet werden, gibt es auf diesem Weg ziemlich viele Gelegenheiten, endokrin disruptive Chemikalien einzusammeln.
Und die Abschaffung von Pestiziden ist sicherlich ein sehr bedeutender erster Schritt, aber danach müssen wir uns Sorgen machen, was mit den Lebensmitteln, nachdem sie geerntet wurden, und auf dem langen Weg vom Acker zum Teller geschieht.
In Europa haben wird Grenzwerte für Pestizide in Lebensmitteln, unterhalb derer der Verzehr als mit keinem Risiko für die menschlich Gesundheit verbunden angesehen wird. Sind Sie der Ansicht, dass diese Werte weiter gesenkt werden sollten?
Ich kann zu vertretbaren Werten von Pestiziden nichts sagen. Aber ich kann etwas zur Frage von Grenzwerten sagen. In der Umweltwissenschaft haben wir viele Beispiele – das Beste ist glaube ich Blei – daß egal wie weit wir den Grenzwert absenken, wir selbst beim niedrigeren Wert immer noch unerwünschte Wirkungen sehen.
Und ich denke, was wir nicht vergessen sollten ist, dass für manche besonders empfindliche Bevölkerungsgruppen und zu besonders gefährdeten Zeitabschnitten, die Grenzwerte wahrscheinlich weiter reduziert werden müssten. Aber es wird einen praktikablen Grenzwert geben müssen – offensichtlich können wir nicht alles ganz los werden.
Wahrscheinlich ist Ihnen bekannt, dass wir in Europa diese REACH-Regulierung für Chemikalien haben, welche dieses Jahr einer Überprüfung unterzogen wird. Wollen Sie die Gesetzgeber dazu ermutigen, REACH noch weiter zu verschärfen?
Das bedeutendste an REACH ist, dass es die Beweislast umkehrt. Von den 80.000 weltweit gehandelten Chemikalien wurden in den Vereinigten Staaten 62.000 nur abgesegnet und für sicher erachtet.
Das ist in den Vereinigten Staaten tatsächlich immer noch die Grundannahme: Solange die Schädlichkeit einer Chemikalie nicht bewiesen ist, wird angenommen, dass sie sicher ist. Natürlich verlagert dies die Beweislast ob etwas schädlich ist auf den Verbraucher, wo sie nach meiner Ansicht nicht sein sollte. Die Beweislast generell zu verschieben ist wie ich denke extrem wichtig und sollte auch in den US-Vorschriften eingeführt werden.
Die USA müssen sich an REACH halten, wenn sie nach Europa exportieren. wie hat sich dies auf die US-Industrie ausgewirkt, so wie Sie es sehen?
Das kann ich ihnen nicht sagen. Ich weiß, dass dies nicht die Grundannahme der Vorschriften ist. Selbst wenn sie nun etwas anders machen, um Dinge nach Europa zu schicken, ich bin sicher, sie müssen und sie tun es, akzeptieren sie es trotzdem nicht als ihre Pflicht, die Sicherheit eines Produktes zu beweisen, bevor es vermarktet wird.
Was die Verschärfung der Vorschriften angeht, ist dies eine sehr umfassende Frage. Und was meine Meinung angeht bin ich der Ansicht, dass endokrine Disruptoren eine Kategorie sind, die eigene Vorschriften erfordert. Sie unterscheidet sich ausreichend von reproduktiver Toxizität und Kanzerogenität. Die Risikobewertung für endogene Disruption ist eine andere. Die wissenschaftlichen Fragestellungen sind ausreichend verschieden, so dass es die öffentliche Gesundheit weitgehender schützen würde, wenn wir diese Chemikalien als eine eigene Klasse behandeln könnten. Ich sehe also hier mögliche Nachjustierungen.
Ist für Sie als Wissenschaftlerin der Zusammenhang zwischen jenen endokrin disruptiven Chemikalien, die Sie untersucht haben, und der geringeren Fruchtbarkeit bewiesen worden, und ist er wissenschaftlich wasserdicht? Könnte man dagegen argumentieren?
Wasserdicht? Das ist natürlich nie etwas. Es gibt immer noch Leute bei uns, die argumentieren, Zigaretten würden keinen Lungenkrebs verursachen. Natürlich wird immer dagegen argumentiert werden.
Ich denke, wir haben nun eine Menge Daten, dass Umweltchemikalien die Anzahl der Spermien verringern, den Zeitpunkt der Empfängnis beeinflussen, fötale Verluste in der frühen Schwangerschaft erhöhen und das Resultat einer Schwangerschaft beeinträchtigen können. Brauchen wir mehr Studien? Natürlich brauchen wir die. Aber haben wir genug Informationen und aufgrund der vorhandenen Studien zu handeln? Ich behaupte wir haben sie.
Das Interview mit Prof. Shanna H. Swan führte EurActiv-Redakteur Frédéric Simon
Übersetzung: Bruno für CSN – Chemical Sensitivity Network
Artikelfoto: eeetthaannn, CC: BY-NC
PhD Shanna H. Swan ist Professorin und Vizevorsitzende der Forschungs- und Mentorabteilung für präventive Medizin an der Mount Sinai School of Medicine. Dr. Swan ist für ihre Arbeit über die Folgen der Umweltbelastung auf die männliche und weibliche reproduktive Gesundheit bekannt und gehörte dem Komitee für hormonähnliche Giftstoffe der National Academy of Science an.
Copyright: EurActiv.com
Quelle des Original-Artikels – Wir danken EurActiv, dieses Interview übersetzen zu dürfen.
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