Jugendlicher unternahm Suizidversuch, nachdem Therapie fehlschlug

Wenn sich die versprochene „Heilung“ nicht einstellt, ist der Patient selbst schuld

Seit einigen Monaten werden Umweltkranken mit MCS und CFS durch verschiedene Therapien „Heilung“ versprochen. Es sind Außenseitertherapien, die intensiv beworben werden, vor allem über das Internet. Es handelt sich um DVD Programme, Videos, Kurse und Seminare mit Therapieelementen, die weitgehend aus dem psychosomatischen und psychotherapeutischen Bereich stammen. Durch Selbsthilfegruppen, die in diese Therapien involviert sind, und „Geheilte“ wird oft eine Art Erfolgszwang aufgebaut. Negativstimmen zu diesen Therapien werden unterdrückt. Wer über Symptome berichtet, ist selbst schuld und wird ausgegrenzt. In Norwegen versuchte sich ein 13-jähriger Junge mit CFS das Leben zu nehmen, nachdem sich bei ihm bei einer sogenannten „Lightning Process“ Therapie keine Heilung einstellte.

Patient schuld, wenn Heilung nicht eintritt

Der Artikel, der in der norwegischen Zeitung NKW erschien, rüttelt auf. Es wird über den Suzidversuch eines 13-jährigen berichtet, der sich auf Anraten seines Arztes in eine „Lightning Process Therapie“ begeben hatte. Die Familie des Jungen hatte gehofft, dass seine CFS dadurch geheilt würde. Als der Junge zusammenbrach, unternahm er den Versuch, sich selbst zu töten. „Lightning Process“ setzt u.a. NLP (Neuro-Linguistische Programmierung) Techniken ein. Der Erfinder des Behandlungsprogramms, Phil Parker, lässt in einer Zeitung einer Selbsthilfegruppe kaum Zweifel offen, dass es am Patienten liegt und dieser nicht „richtig“ mitgewirkt hat, wenn sich kein Erfolg einstellt.

Aus Verzweiflung Griff nach Außenseitertherapien

Der Junge war 2008 mit ME diagnostiziert worden. Die Eltern bekamen im Krankenhaus aufgrund langer Wartezeiten für eine Therapie den Hinweis, es mit „Lightning Therapie“ zu versuchen. Weil sie die Empfehlung durch das Krankenhaus erhalten hätten, fassten sie Vertrauen, sagten die Eltern zu NKW. Sie investierten rund 2000 Euro für einen dreitägigen Kurs. Eines der ersten Dinge, die der Junge mit chronischer Erschöpfunng bei diesem Kurs gelernt habe, war, dass es seine Schuld sei, wenn er nicht richtig frisch sei. Bei Ende des Kurses wurde der Junge vom Kursleiter gefragt, ob er gesund sei. Er antwortete „nein, aber er fühle sich besser“. Zwei Wochen später brach der 13-Jährige körperlich zusammen. Eines Morgens kam die Mutter in sein Zimmer und konnte ihn gerade noch davon abhalten, Selbstmord zu begehen. Der Junge beharrte darauf, dass es seine Schuld sei, dass es ihm nicht besser ginge und bat darum, seinem Leben ein Ende setzen zu dürfen.

Ein Vater kämpft für Kinder mit ME

NRK berichtet weiter, dass der Vater des Jungen ein paar Tage nach dem Suizidversuch zum Kursleiter hingegangen sei und ihn mit dem, was mit seinem Sohn geschehen war, konfrontierte. Er bat darum, dass man aufhöre, solche Kurse mit Kindern durchzuführen. Der Kursleiter war uneinsichtig, er bot statt einer Entschuldigung und Einsicht, einen neuen kostenlosen „Lightning Kurs“ für den Jungen an. Jetzt, Jahre nach dem furchtbaren Geschehen, wartet der Vater immer noch vergeblich auf eine Entschuldigung. Sein Sohn ist kein Einzelfall, auch andere Jugendliche hätten Verschlechterung oder Zusammenbrüche bekommen, war durch NKW von einer Selbsthilfeorganisation zu erfahren.

Auffälligkeiten bei verschiedenen heilungsversprechenden Therapien

Bei anderen plötzlich auftauchenden Therapien verhält es sich ähnlich. Weitere Artikel werden dies aufzeigen. Es fällt auf, dass eine Art Euphorie-Stimmung künstlich hochgehalten wird und dass die Teilnehmer angehalten werden, sich von jeglichen „ negativen Einflüssen“ fernzuhalten. Das hatte bereits zur Folge, dass Internetplattformen für MCS-Kranke plötzlich keine kritischen oder MCS bezogenen Artikel mehr online stellen und die Betreiber sich nach außen hin abschotten. Ihre Webseiten rutschen im Ranking in den Keller. Wertvolles Potential für die Umweltkranken geht verloren.

Auch in anderen Fällen war es so, dass MCS Patienten die Verschlechterung erfuhren, wenn sie an einer der besagten Therapien teilnahmen, suggeriert bekamen, sie seien nicht offen genug für die Therapie, würden nicht intensiv genug an dessen Wirkung glauben oder sich dagegen sperren, oder wäre noch nicht richtig bereit, würden ihre Krankheit nicht loslassen wollen, etc.

Der Markt mit Wundertherapien boomt

Es ist nachvollziehbar, dass Umweltkranke, die seit Jahren schwer krank sind und deren Alltag aus Schmerzen, körperlichen Beschwerden, Einschränkungen und sozialen Ausgrenzungen besteht, für jedes Hilfsangebot offen sind. Werden die Therapieangebote von Selbsthilfegruppen oder durch Umweltkranke mit gewissem Bekanntheitsgrad intensiv beworben, werden viele Kranke unkritisch und lassen sich darauf ein.

Jedem sei Heilung von MCS und CFS gegönnt. Eine echte, anhaltende Heilung. Ob neue Wundertherapien zu tatsächlicher Heilung führen, wird sich zeigen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er sich auf eine Wundertherapie einlässt. Die Hintergrundinformationen aus diesem Artikel sollen beitragen, dass Umweltkranke solchen Angeboten gegenüber angemessene Skepsis entwickeln und kritisch, konkrete Fragen an die Anbieter stellen, bevor sie sich für eine solche Therapie entscheiden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 22.01.2012

Literatur: NKW, 13-åring forsøkte selvmord etter ME-kurs, 26.11.2012

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Blei, ein giftiges Schwermetall, das in vielen Bereichen präsent ist

Die unterschätze Gefahr

Seit Blei in den 70er Jahren aus den Kraftstoffen genommen wurde, sind bleibedingte Erkrankungen erheblich zurückgegangen. Ganz verschwunden sind Bleivergiftungen dennoch nicht, weil es immer noch zahlreiche Ursachenquellen gibt, an die kaum jemand denkt. Blei kann über die Nahrung, über den Inhalationsweg und über die Haut aufgenommen werden und schädigt in erster Linie das Nervensystem. Wenn die Ursache aufgedeckt und beseitigt ist, kann eine professionelle Entgiftung in den meisten Fällen gravierende Gesundheitsverbesserung bringen.

Bleihaltige Farben und Lacke

In einigen Pariser Vierteln wurden die wunderschönen alten Wohnungen saniert. Hohe Stuckdecken und geweißte Wände wurden erneuert. Kurz darauf ging es etlichen der Bewohner schlecht und ihr Gesundheitszustand wurde mit der Zeit nicht besser, sondern immer schlechter. Was war passiert? Die alten Anstriche hatten Blei enthalten und als die Farben in den Wohnungen heruntergenommen wurden, legte sich der Staub überall nieder. Bleihaltige Farben und Lacke finden sich auch in Deutschland noch in recht vielen Altbauten und die heutigen Bewohner rechnen nicht mit dieser Schwermetallbelastung aus den Wänden, Decken, Fensterrahmen, Türen und Türzargen. Historische Gebäude können bspw. noch richtige bleiverglaste Fenster besitzen oder Blei anstatt Fensterkitt. Bleibleche für das Dach, an Dachfenstern oder Kaminverblechungen aus Blei, als auch bleihaltiges Lötzinn sind hingegen auch heute noch in der Anwendung.

Bleirohre: Kontaminiertes Wasser

Mancher Bewohner eines älteren Hauses ist sich nicht bewusst, dass Bleiwasserrohre oder mit Blei verlötete Rohrstücke im Haus verlegt sind. Oft bringt ein erst Umbau das Vorhandensein von Bleirohren zutage. Bleiwasserrohre müssen ersetzt werden. Die verbreitete Praxis, das Wasser „ablaufen“ zu lassen um die Kontaminierung des Wassers mit dem Schwermetall zu reduzieren, reicht bei weitem nicht aus. Insbesondere Schwangere, Kinder und Kleinkinder sollten absolut kein Wasser aus bleihaltigen Leitungen konsumieren.

Sonstige Bleiquellen

Industriegelände mit Bleialtlasten (Ständige Staubbelastung), Metallschmelzen, Lackierereien (Abschleifen alter Lacke), alte bleiverlötete Konservendosen (daran starben u.a. Expeditionsteilnehmer), Keramik-Glasuren, Tongeschirr, Bleiglas, Bleizinnbecher und – Teller, alte Emaille-Töpfe, Tiffanylampen, vereinzelt in Kosmetika aus Afrika und Asien, Piercings, Zahnamalgam, Haschisch (das mit Bleiglaspulver versetzt wurde, um das Verkaufsgewicht zu erhöhen), Billig-Spielwaren aus China, billiger Modeschmuck, Munitionsschmauch (Schießen in geschlossenen Räumen), Freisetzung von Bleistaub durch Sandstrahlung von Metallbrücken, Strommasten etc.,. die mit Bleimenninge gestrichen waren, Abfallverbrennungsanlagen, häufiges Essen von Wildpilzen, Innereien und Muscheln.

Bleiintoxikation: Symptomatik und Diagnostik

Blei bindet sich an die Erythrozyten und Plasmaproteine und wandert in Weichteilgewebe wie Gehirn, Lunge und Leber ab. Dort verbleibt es rund drei Wochen und wird teilweise ausgeschieden. Schwere Hirnschädigungen und Gehirntumore durch Blei werden in der Medizin beschrieben. Der verbleibende Anteil lagert sich vornehmlich in den Knochen und Zähnen anstatt Calcium ein, wo das Gift dann eine Halbwertzeit von ca. 5-20 Jahren hat. Es kann phasenweise zu einer Mobilisation kommen, wodurch Blei in den Blutkreislauf eindringt und akute Symptomatik verursacht.

Symptomatik bei Bleivergiftung:

  • Buchstäbliche bleierne Müdigkeit
  • Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Desorientierung
  • Magen-Darmbeschwerden, Darmkoliken (Bleikoliken), häufiges Erbrechen
  • Gliederschmerzen, Schmerzen am ganzen Körper
  • Schädigung des peripheren und zentralen Nervensystems, Polyneuropathie
  • Lernstörungen, Gedächtnisverlust, Verhaltensauffälligkeiten (anormale Aggression, Hyperaktivität)
  • Toxische Enzephalopathie, Krämpfe, IQ-Verlust
  • Verfärbung des Zahnfleischs (Bleisaum)
  • Beeinträchtigt die Blutbildung (blei hemmt drei an der Blutbildung beteiligte Enzyme), schädigt das Knochenmark
  • Nierenschäden
  • Fortpflanzungsstörungen, niedriges Geburtsgewicht
  • Haarausfall, blasse, gelblich-graue Hautfarbe
  • Kreislaufversagen, Koma, Tod (bei schwerer Intoxikation)

Neben einer gründlichen Anamnesestellung und dem Feststellen der Blei-typischen Symptomatik liefern Blut- und Urintests schlussendlich eine Bestätigung, ob eine Belastung tatsächlich vorliegt. Bleidepots in den Knochen lassen sich durch eine EDTA Provokation ermitteln.

Therapie und Ursachenbeseitigung

Die Therapie bei einer eindeutigen Bleiintoxikation wird meist mit EDTA oder D-Penicillanmin (Chelatbildner) durchgeführt. Wichtig ist, dass ausgeschiedene Spurenelemente hinterher ergänzt werden und während der Therapie eine ständige Kontrolle der Nierenfunktion erfolgt.

Gleichlaufend müssen alle Ursachen der Bleivergiftung aus dem Umfeld systematisch eliminiert werden (s.o.). Ein qualifizierter Baubiologe und/oder Bausachverständiger kann bei Verdacht auf eine Bleibelastung mittels Analysen und Hausbegehung Aufschluss geben. In schwerwiegenden Fällen ist ein Umzug unumgänglich, bspw. wenn bleihaltige Farben im Haus verstrichen wurden, Betriebe oder Altlastengelände sich im Umfeld befinden, die Blei emittieren oder bleihaltigen Staub verbreiten.

Sind die Wasserleitungen im Haus noch aus Blei, sollten professionelle Wasser- und Duschfilter installiert werden. Deren Effizienz kann durch Wasseranalysen überprüft werden. Für die Übergangsphase, bis adäquate Filter installiert sind, empfiehlt es sich Wasser aus Glasflaschen zum Kochen und Trinken zu verwenden und auf Vollbäder zu verzichten. Nach einer Weile ist eine Verlaufskontrolle der Blut- und Urinwerte auf deren Bleigehalt ratsam, um sicherzustellen, dass kein Schadstoff-Neueintrag stattgefunden hat und die Belastungsquellen tatsächlich eliminiert wurden.

Autoren:

Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Gerhard Holzmann, Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung , 23. August 2011

Die Serie “Schadstoffe in unserem Haus” wird kontinuierlich fortgesetzt.

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Studie belegt, Yoga ist die bessere Therapie bei Fibromyalgie

Laut einer aktuellen Studie, die an der Oregon Health & Science University durchgeführt wurde, sind Yoga-Übungen im Stande Fibromyalgie zu bekämpfen – eine Erkrank- ung, die durch ausgedehnte, chronische Schmerzen charakterisiert wird. Die wissen- schaftlichen Erkenntnisse werden in der November Ausgabe  der Zeitschrift Pain veröffentlicht.

Suche nach ganzheitlichen Therapiemöglichkeiten

„Frühere Forschungen sprachen sich dafür aus, dass die erfolgreichste Therapie für Fibromyalgie aus einer Kombination von Medikamenten, körperlicher Bewegung und der Entwicklung von Strategien zur Bewält- igung der Krankheit besteht“, sagte James Carson, Ph.D., ein Psychologe und Professor für Anästhesiologie und präoperative Medizin an der OHSU School of Medicine. „Unsere aktuelle Studie haben wir speziell auf Yoga ausgerichtet, um herauszufinden, ob Yoga als verschreibbare Behandlung berück- sichtig werden sollte und in welchem Umfang sie erfolgreich sein kann.“

Yoga statt Medikamente

Die Wissenschaftler bezogen 53 weibliche Probanden in ihrer aktuellen Studie ein, bei denen zuvor eine Fibromyalgie diagnostiziert wurde. Die Frauen wurden zwei kontrollierte Studiengruppen zugeordnet. Die erste Gruppe nahm an einem achtwöchigen Yoga-Programm teil, das sanfte Posen, Meditation, Atemübungen und Gruppendiskussionen enthielt. Die zweite Gruppe von Frauen, die Kontrollgruppe, erhielt medikamentöse Standardtherapien für ihre Fibromyalgie.

Erfolgskontrolle

Nach Abschluss des Yoga-Programms beurteilten die Wissenschaftler jede einzelne Testperson mit Hilfe von Fragebögen und körperlichen Tests. Die Ergebnisse wurden dann mit den jeweiligen Untersuchungsergebnissen vor dem Yoga-Kurs verglichen. Die Mitglieder der Kontrollgruppe wurden den gleichen Bewertungen unterzogen. Darüber hinaus wurde jeder Teilnehmer der Yoga-Gruppe aufgefordert, täglich Tagebuch zu führen, um ihren Zustand während des gesamten Programms persönlich zu beurteilen.

Yoga brachte  klinisch signifikante Besserung

Ein Vergleich der Daten beider Gruppen zeigte, dass Yoga sich bei der Bekämpfung einer Reihe schwerer Fibromyalgie-Symptome, wie Schmerzen, Müdigkeit, Steifigkeit, schlechter Schlaf, Depression, Gedächtnisschwäche, Angst und schlechte Balance unterstützend auszuwirken scheint. All diese Verbesserungen waren nicht nur statistisch, sondern auch klinisch signifikant, d.h. die Veränderungen waren groß genug, um praktische Auswirkungen auf das tägliche Funktionieren zu haben. So wurden zum Beispiel Schmerzen in der Yoga-Gruppe um durchschnittlich 24 Prozent, Müdigkeit um 30 Prozent und Depressionen um 42 Prozent reduziert.

Patienten waren begeistert

„Ein wahrscheinlicher Grund für den vorliegenden Erfolg der Therapie in dieser Studie war das starke Engagement, das die Probanden zeigten. Die Teilnahme an den Kursen war gut, genauso die Bereitschaft der meisten Teilnehmer, Yoga auch zu Hause durchzuführen“, fügte Carson an. „Basierend auf den Ergebnissen unserer Forschung sind wir stark davon überzeugt, dass weitere Studien zu dieser potenziellen Therapie gerechtfertigt sind.“

Yoga soll zukünftig in die Fibromyalgie-Therapie integriert werden

Als eine Folge dieser Studie und von Carson’s vorherigen Forschungen, die belegten dass Yoga bei Krebs-Schmerzen hilfreich sein kann, wird die OHSU Klinik für Anästhesiologie und präoperativer Medizin im Juni nächsten Jahres einen Ausbildungskurs für US-und kanadische Yogalehrer sponsern, die den Wunsch haben, ihre Fähigkeiten zu erweitern und mit Menschen zu arbeiten, die chronische Schmerzen haben.

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Literatur:

Oregon Health & Science University, OHSU research suggests yoga can counteract fibromyalgia,  14-Oktober-2010.

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Allergien können Depressionen auslösen

Die Allergiesaison erreicht für Pollenallergiker gerade ihren Höhepunkt. Husten, nießen, tränende und juckende Augen zählen zu den häufigsten Symptomen. Was selten im Zusammenhang mit Pollenallergie und Heuschnupfen genannt wird, aber bei fast jedem zweiten Betroffenen auftritt, sind Depressionen. Das haben Wissenschaftler der University of Maryland herausgefunden und bei ihrem Jahreskongress der Psychiater als neue Erkenntnis dargelegt. (1)

Umweltmediziner verblüfft diese Erkenntnis hingegen nicht, für sie ist es nichts Neues, denn Pioniere ihrer Fachrichtung beobachteten dies bereits vor sechs Jahrzehnten. Allergien auf Pollen, Nahrungsmittel, Schimmelpilze oder Sensitivitäten auf Chemikalien können durchaus auch psychische Reaktionen, einschließlich Depressionen auslösen.

Seit 6 Jahrzehnten bekannt – Allergien können Depressionen auslösen

Den ersten Artikel über Depressionen, die durch Allergien hervorgerufen wurden, konnte man 1950 in einer der größten medizinischen Zeitschriften lesen. (2) Im Jahr 1951 stellte der Allergologe Theron Randolph – beim 7. Jahreskongress des American College of Allergists in Chicago – seinen Kollegen ein Fallbeispiel vor, bei dem ein Provokationstest mit Nahrungsmitteln bei einem Patienten eine akute psychotische Episode hervorgerufen hatte. (3) Das erste Fachbuch, das über solche Zusammenhänge anschaulich berichtet, stammt ebenfalls von Randolph und wurde in der Erstauflage 1962 publiziert.(4)

Allergien legen den Körper lahm und schlagen auf das Gemüt

Beim Jahrestreffen 2010 der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie referierte Dr. Partam Manalai darüber, dass Allergien, wie auch Depressionen weitverbreitete Krankheiten darstellen. Es sei nicht verwunderlich, dass Allergien auf das Gemüt schlagen und die Wahrnehmungsfähigkeit, als auch die Lebensqualität der Betroffenen einschränken.

Führt Pollenallergie zu Suizid? Offensichtlich ja.

Der Wissenschaftler berichtete über ein auffälliges Phänomen auf das er gestoßen sei. Wenn im Frühjahr viele Pollen in der Luft sind, steigt gleichzeitig die Suizidrate an. Das Gleiche, jedoch in geringerer Ausprägung, ist im Herbst zu beobachten, wenn einige Pflanzen und Bäume nochmals blühen.

Um den Dingen auf den Grund zu gehen, untersuchten der Wissenschaftler und sein Team einhundert Personen aus der gleichen Region, die unter starken Depressionen litten. Etwa die Hälfte diese Menschen hatte Allergien auf Bäume und Unkräuter. Im Frühjahr wie auch im Herbst zeigte sich bei ihnen ein erhöhtes IgE (der Marker für klassische Allergien).

Höhepunkt der Pollensaison – Höhepunkt von Depressivität

Manalai legte auf dem Kongress dar, dass Patienten, die allergisch auf luftgetragene Allergene reagierten, während der Pollensaison eine Verschlechterung des Gemüts erfuhren. Patienten, die unter beiden Erkrankungen litten, seien während der Hauptpollensaison noch empfänglicher für Depressionen. Deshalb sei es seiner Auffassung nach sehr wichtig, diese Erkrankungen zu behandeln, um zu vermeiden, dass Patienten in der Hauptpollensaison in eine Depression abgleiten.

Schwere Allergien, eine schwere Bürde

Dass Depressionen eintreten, wenn jemand allergisch reagiert, ist für den Wissenschaftler aus Maryland nicht verwunderlich. Er veranschaulichte dies für die Zuhörer indem er sie aufforderte einfach einmal darüber nachdenken, wie es ist, wenn Allergien so schwerwiegend sind, dass man nicht atmen kann, nachts nicht richtig schläft, man sich so richtig fertig und scheußlich fühlt, weil es sich anfühlt, als hätte man einen Zentner Kartoffeln auf der Brust, dann sei es wohl recht normal, dass man anfängt depressiv zu werden. Bei Allergien sei es eben nicht wie bei einer Erkältung, zwei Tage und alles ist vorbei, erklärte der Mediziner. Man hänge für Monate fest und diejenigen, die das ganze Jahr über Allergien haben, die würden das ganze Jahr über festhängen.

Depressionen als Reaktion auf Allergene und Chemikalien

Solche „Ganzjahresallergien“ auf klassische Allergene und auch Sensitivitäten auf Chemikalien haben die ersten Pioniere der Umweltmedizin schon vor rund sechs Jahrzehnten als mögliche Auslöser für Depressionen bei ihren Patienten erkannt. (5,6) Für sie war schon damals aufgrund ihrer Beobachtungen und Diagnostik schlüssig, dass nicht Depressionen Allergien oder Sensitivitäten auf Chemikalien auslösen, sondern umgekehrt, denn war der Auslöser weg, traten schlicht und einfach auch keine Depressionen bei diesen Patienten auf. Setze man hingegen den Patienten bei Provokationstests dem Allergen aus, war die Depression da und zwar so, als hätte man einen Lichtschalter umgelegt. Diese Pioniere belegten damals schon mit ihren Tests, dass es keinen chronischen Krankheitsverlauf oder Leiden braucht, damit jemand depressiv reagiert, sondern, dass ein Allergen, bei einer Person die darauf reagiert, diesen Zustand durchaus auch in Sekunden hervorrufen kann.

Winzige Spuren eines Auslösers und schon ist die Depression da

Der amerikanische Allergologe Theron Randolph, der als Begründer der Umweltmedizin gilt, beschrieb in seinem Buch von 1962, zur Veranschaulichung die Frau eines Arztes, die auf Kosmetika, Medikamente und Parfüms mit Depressionen reagierte. War sie damit nicht in Kontakt, ging es ihr gut – kam sie damit in Kontakt, ging es los. Winzige Spuren von Parfüm reichten aus. Auch auf konventionelle Nahrungsmittel, die Pestizidrückstände aufwiesen und Nahrung aus Konservendosen die innen beschichtet waren, traten bei dieser Patientin Depressionen, Atembeschwerden und starke Kopfschmerzen auf. Randolph gründete in dieser Zeit die erste schadstoffkontrollierte Umweltklinik weltweit und Fälle dieser Art sollte er noch zuhauf diagnostizieren und behandeln. Nicht anders erging es Prof. William J. Rea und Prof. Doris Rapp, zwei weitere Pioniere der Umweltmedizin, die Zehntausende von Patienten in ihren umweltkontrollierten Kliniken diagnostizierten und mit großem Erfolg behandelten.

Wie findet man heraus ob Pollen die Ursache für eine Depression sind?

Welche einfachen Möglichkeiten man hat um herauszufinden, ob Pollen die Ursache für Depressionen oder andere psychische Symptome sind, schildert Prof. Dr. Doris Rapp. Die heute über 80-jährige amerikanische Medizinerin gilt als absolute Pionierin im Bereich Kinder-Umweltmedizin. Sie besitzt drei Videoarchive mit Dokumentationen, die Kinder bei Allergietests zeigen. Videos über spontane Depressionen auf Pollen, Schimmelpilze, Nahrungsmittel oder Chemikalien kann die Medizinerin hundertfach vorzeigen. Einige davon wurden immer wieder auf Medizinkongressen oder in TV-Berichten gezeigt und man kann sie auch im Internet anschauen.

In einem ihrer Bücher (7) gibt Prof. Dr. Rapp folgende einfache Anleitung, die gleichermaßen auf Erwachsene anwendbar ist:

  • Werden Sie zum Beobachter. Finden Sie durch genaues Beobachten heraus, ob die Depressionen oder Verhaltensauffälligkeiten dann auftreten, wenn starker Pollenflug herrscht. Schauen Sie hierzu in die Zeitung (Anm.: heute kann man im Internet oder auf dem Handy Pollenwarndienste anklicken und den genauen Pollenflug am Wohnort ermitteln) und führen Sie eine Weile Buch. Es wird schnell erkennbar, ob Pollen mit der Depression in Zusammenhang stehen.
  • Lassen Sie zur Absicherung Allergietests durchführen, ob und welche Pollenallergien vorliegen. (Achtung IgE reicht nicht aus (8)
  • Wer allergisch reagiert, hat während der Reaktion meistens eine völlig veränderte Handschrift. Das Schreiben des Namens bietet sich an. Überprüfen Sie dies bei ihrem Kind oder sich selbst an einem pollenfreien Tag, während des Pollenfluges und wenn er abklingt. Lassen Sie auch ein kleines Bild malen. Ein Strichmännchen reicht. Sie werden staunen was dabei herauskommt wenn jemand allergisch reagiert, ziehen Sie Vergleiche wenn die Person allergiefrei ist.

Antidepressiva Behandlung der Wahl für Allergiker? Mitnichten

Allergiker, die auf bestimmte Allergene oder chemische Auslöser Depressionen oder psychische Symptome entwickeln, sind demnach was die Pioniere der Umweltmedizin herausfanden, keine zwangsläufigen Kandidaten für Antidepressiva oder Psychotherapie.

Bei der Erörterung, welche Therapie sinnvoll ist, lohnt es sich zum Wohle der Erkrankten nochmals in der Zeitgeschichte der Medizin auf Randolph zurückzuschauen. Der Allergologe Randolph erkannte durch reines Beobachten und dokumentieren, dass es oft genug völlig ausreicht, wenn sich der Patient von den Auslösern fernhält, bzw. ein bestimmtes Nahrungsmittel auf das er reagiert, nicht mehr zu sich nimmt, damit die Depressionen oder andere Symptome fast wie von „Geisterhand“ verschwinden.

Karenz, Desensibilisierung der Allergien, Luftfilter, Atemmasken, Umstellung der Ernährung und ggf. Anpassungen im Wohn-und Arbeitsumfeld, Ausgleich von Nährstoffdefiziten, etc. wurden von Randolph schon in den Sechzigern als Grundpfeiler einer erfolgreichen Therapie beschrieben. Heute gibt es weltweit Mediziner, die diesen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und durch Behandlungserfolge bei ihren Patienten in deren Richtigkeit bestätigt werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 15. Juni 2010

Literatur:

  1. Amanda Gardener, Allergies might trigger Depressions, Health Day Reporter, 15. June 2010
  2. Theron Randolph, Allergic Factors in the Etiology of Certain Mental Symptoms, Journal of Laboratory & Clinical Medicine 36 (1950):977.
  3. Theron Randolph, An experimentally induced acute psychotic episode following the Intubation of an allergic food, 7th Annual Congress, American College of Allergists, Chicago, 3. February 1951.
  4. Theron Randolph, Human Ecology and Susceptibility to the Chemical Environment, Charles Thomas Publisher, 1962.
  5. Theron Randolph, Depression caused by Home Exposures to Gas and Combustion Products of Gas, oil and Coal, Journal of Laboratory & Clinical Medicine 46(1955):942.
  6. Theron Randolph, Ecologic Mental Illness – Psychiatry Exteriorized, Journal of Laboratory & Clinical Medicine, 54(1959):936.
  7. Doris Rapp, Is this your Child’s World? Bantam Books, 1996.
  8. William J. Rea, Chemical Sensitivity Vol. II/S.1039, Lewis Publisher, 1992.

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CFS Therapie: Aktuelle Forschungsergebnisse bestätigen die Hypothese von Martin Pall

Pilotstudie mit Supplementen zur Reduzierung freier Radikale zeigt eine Besserung des therapieresistenten CFS

Viele Forscher haben nach wirksamen Therapien für das chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) und für die multiple Chemikaliensensitivität (MCS) gesucht. Martin Pall, Ph.D., Professor Emeritus für Biochemie und Medizin-wissenschaft an der Washington State University und Autor von „Explaining, Unexplained Illnesses“ ist der Erste, der eine überzeigende Ursache und Behandlungsmethode vorschlägt. Pall, der im Jahr 1997 selbst schwer von CFS betroffen war und sich innerhalb von 18 Monaten vollständig davon erholen konnte, widmet seine Arbeit dem Verständnis und der Behandlung dieser Krankheiten.

Pall entdeckte, dass abnorme Konzentrationen von Stickoxid (NO) sowie hohe Konzentrationen an Peroxynitrit (ONOO) und Superoxid diese Multisystem-Erkrankungen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Symptome aktivieren. Sein grundlegender Ansatz: die Verringerung der mit NO in Zusammenhang stehenden Aktivität freier Radikale.

Nach der Theorie von Pall initiiert ein bekannter Stressor die hohe NO- und ONOO-Werte, häufig sind das Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien, ein physisches Trauma, die Exposition gegenüber Pestiziden (einschließlich Organophoshaten und Carbamaten), Lösungsmitteln oder starker psychischer Stress. Weitere Stressoren können die Belastung mit Bioziden und Organochlorpestiziden, parasitäre Infektionen wie Toxoplasmose, Vergiftungen durch Ciguatoxin, Kohlenmonoxid oder Thiomersal sein. Nach dem aktuellen Stressereignis ist der Körper nicht mehr in der Lage, sich zu erholen und verbleibt in einem Zustand, der durch die chronisch erhöhte Aktivität freier Radikale gekennzeichnet ist.

In der vorliegenden Studie wurden neun Patienten mit therapieresistentem CSF über einen Zeitraum von acht Wochen untersucht. Hierzu wurde „The Medical Outcomes Survey Short Form-36“ verwendet. Dies ist ein gut validiertes psychometrisches und in der Bewertung von chronischem Erschöpfungssyndrom/ Myalgische Enzephalomyelitis (CFS/ME) empfohlenes Instrument, da es die körperliche und soziale Aktivität, Vitalität, körperliche Schmerzen, körperliche und mentale Verfassung und Wahrnehmung der allgemeinen Gesundheit protokolliert. Die Multi-Item Skalen wurden gewichtet, aufsummiert, standardisiert und transformiert, um Score-Indices zu ermöglichen, nämlich den Physical Component Score (PCS; körperliche Komponente) und den Mental Component Score (MCS; geistige Komponente).

Vier Nahrungsergänzungsmittel mit einer Reihe von Vitalstoffen, von denen jeder einzelne nachweislich die NO/ONOO- und Superoxid-Aktivität beeinflussen kann, wurden einer Gruppe von neuen Patienten mit CFS/MCS für einen Zeitraum von acht Wochen verabreicht. Die Daten wurden mit der SF-36 am Anfang, nach einem Monat und am Ende des Ergänzungszeitraumes erhoben.

Nachdem Martin Pall die unaufbereiteten Daten hinsichtlich körperlicher und geistiger Erschöpfung gezeigt worden waren, führte dieser eine inferentielle statistische Analyse zur Signifikanz mit einem gepaarten T-Test durch, bei dem die Ergebnisse jedes Patienten zum Zeitpunkt Null, sowie nach vier und acht Wochen analysiert wurden. Je kleiner die Studie ist, desto wichtiger ist die statistische Signifikanz. Hier waren die Ergebnisse für die körperlichen Symptome hoch signifikant: Der p-Wert für den Zeitraum von 0-4 Wochen betrug 0,006, fast zehnmal höher als p=0,5, der Mindestanforderung für eine statistische Signifikanz. Für den Zeitraum von 0-8 Wochen war der p-Wert 0,0149 und 0,482 für 4-8 Wochen. Obwohl auch diese Werte signifikant waren, zeigte sich die stärkste Verbesserung in den ersten vier Wochen der Studie. Zwar war die Verbesserung auch danach statistisch signifikant, aber sie war nicht mehr so dramatisch. Bei den mentalen Tests gab es keine signifikanten Ergebnisse; vielleicht deshalb, weil die Tests, die für die psychischen Symptome benutzt wurden, nicht besonders aufschlussreich waren.

Die deutlichen Ergebnisse aus dieser kleinen Studie sind ein überzeugender Hinweis dafür, dass Dr. Palls Hypothese und die empfohlenen Nährstoffkombinationen zur Reduzierung der NO/ONOO- und Superoxid-Aktivität bei CFS/ME sehr nützlich sind.

Literatur:

Allergy Research Group, Aktuelle Forschungsergebnisse bestätigen die Hypothese von Martin Pall, Oktober 2009. Deutscher Sonderdruck.

Danke – CSN dankt der Allergy Research Group für die freundliche Erlaubnis den Artikel publizieren zu dürfen.

Weitere Artikel zur Arbeit von Prof.Dr. Martin Pall:

PMS – Prämenstruelles Syndrom – Natürliche Hilfe für die Tage vor den Tagen

PMS SchmerzenDie Tage vor den Tagen –  Ein Thema, dass viele Frauen besonders „lieben“. Etwa die Hälfte aller Frauen zeigt Anzeichen von PMS (Prämenstruelles Syndrom). Nervige und belastende Symptome wie Kopfschmerzen, Migräne, schmerzende Brüste, Bauchweh, Unwohlsein, depressive Verstimmung oder Gereiztheit treten jeden Monat bei Millionen von Frauen auf. Und „Ich krieg bald meine Tage“ kann man auch schlecht als Entschuldigung sagen, wenn es einem schlecht geht. Schließlich ist PMS vielen Frauen immer noch peinlich.

Das Wichtigste wäre den Betroffenen wohl eine wirksame und schonende Behandlung. Medikamente sind nur Notfallhilfen, weil sie Nebenwirkungen haben und nicht über längere Zeit jeden Monat eingenommen werden sollten. Und langfristig wird man die Beschwerden damit auch nicht los.

Schonende und natürliche Behandlungsmethoden, die in den Alltag passen, sind also gefragt. Die gute Nachricht: In vielen Fällen ist das möglich. Eine Behandlung aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), die u.a. mit Akupressur arbeitet, kann Linderung bringen. Langfristig gibt es keine Nebenwirkungen, allerdings können sich die Beschwerden mit der Zeit sogar dauerhaft bessern.

Hier finden Sie erst mal eine kleine Reihenfolge von Akupressurpunkten. Damit können Sie die Symptome lindern. Setzen Sie diese Punkte nach Bedarf ein, um Ihre Symptome zu lindern, z.B. morgens und/oder abends in der angegebenen Reihenfolge. Sie können auch einzelne Punkte zwischendurch drücken. Akupressieren Sie jeden der Punkte (auf beiden Körperseiten) für 1-2 Minuten.

Akupressur Fuss1. Am inneren Fußrand. Dort ist ein Knochen zu tasten, in Richtung Knöchel eine Erhebung. Direkt vor dieser Erhebung liegt der Punkt. Mit Daumen oder Zeigefinger mittelfest drücken.

Akupressur Fuss, Akupressurpunkt 22. Vier Finger breit oberhalb der Spitze des Innenknöchels, hinterm Schienbein. Mit den Daumen mittelfest drücken.

Akupressur Hand, Akupressurpunkt3. Dieser Punkt liegt zwei Finger breit entfernt von Ansatz des Handgelenks. Sie finden ihn mittig zwischen den zwei dort tastbaren Sehnen.

Akupressur, Akupressurpunkt Bauch4. Eine Handbreit unterm Nabel. Leicht bis mittelfest mit dem Mittelfinger drücken.

Akupressur, Akupressurpunkt über Nabel5. Vier Finger breit überm Nabel. Mit dem Mittelfinger mittelfest drücken, dabei in den Oberbauch atmen.

6. Man denkt sich eine Gerade vom tiefsten Punkt des Ohrläppchens zur Ohrmuschelspitze und diese bis zum Scheitelpunkt verlängert. Der Punkt liegt auf dieser Geraden und auf der Mittellinie des Kopfes (gerader Mittelscheitel).

Frauen, die unter starken Beschwerden leiden, können von einer Therapie nach der TCM viel profitieren. Regelmäßige Akupunktur oder Akupressur können die Beschwerden deutlich verbessern. Sie können z.B. den als zweites genannten Punkt den ganzen Monat hindurch jeden Abend akupressieren. Wenn Sie die Möglichkeit dazu haben, könnte Ihnen auch eine Akupunkturbehandlung oder das Erlernen von Qi Gong helfen, die Beschwerden in den Griff zu bekommen.

Autor: Amalie, CSN – Chemical Sensitivity Network, 8. Januar 2010

Weitere Artikel von Amalie zum Thema Akupressur:

Umweltmedizinische Leistungen durch die Krankenkasse erstattet

Arzt und Patient oft hilflos weil Krankenkassen nicht zahlen

Patienten, die an einer Umweltkrankheit leiden, benötigen oft spezifische Diagnostik und ganz spezielle Therapien. Erstattung umweltmedizinischer Diagnostik, fallspezifischer Behandlungen und Hilfsmittel können den Gesundheitszustand des Erkrankten oft stabilisieren und Chronifizierung verhindern.

Thommy’s Blogfrage der Woche

  • Hat Eure Krankenkasse umweltmedizinische Diagnostik übernommen?
  • Wie steht es mit umweltmedizinischen Behandlungen beim Umweltarzt oder einer Therapie in einer Umweltklinik, half Euch die Krankenkasse?
  • Oder bekamt Ihr nur Steine in den Weg gelegt?
  • Musstet Ihr kämpfen um eine Therapie? Vielleicht sogar vor Gericht gehen?
  • Mit welcher Begründung wurden Eure Anträge abgelehnt?
  • Wurden Euch Hilfsmittel wie z.B. Sauerstoffgerät, Luftfilter, Aktivkohlemaske, Spezialbett genehmigt?
  • Wurden Euch in den letzten 12 Monaten Hilfsmittel, umweltmedizinische Diagnostik oder Therapien zugebilligt?

Berichtet uns über Eure Erfahrungen mit der Erstattung umweltmedizinischer Leistungen durch die Krankenkasse.

Die letzten Monate im Leben der chemikaliensensiblen Angelika S.

Trauer um einen lieben Menschen

 

Vor 6 Monaten ging es Angelika S. noch relativ gut. Sie lebte mit ihrer Familie in einer Stadt in einem Vorort. Sie liebte Tiere sehr und hatte eine kleine Tierpension. Auch kümmerte sie sich viel um andere Menschen. 

Ich lernte sie kennen durch meine Cousine, die sie öfters besuchte und mir dann vor etwa 4 Monaten erzählte, dass Angelika nun auch so merkwürdige Symptome hätte wie ich. Sie vertrug auf einmal den Weichspüler nicht mehr…die Duschgels ihrer Familie und das Deo und vieles mehr. Meine Cousine erzählte ihr von mir, und so kamen wir erst einmal per Brief in Kontakt. Sie wollte gerne Info-Material über MCS und ich schickte es ihr. Fast gleichzeitig hörte ich, dass sie die Möbel und die Fußböden in ihrem Haus nicht mehr tolerierte und nun in der Küche auf dem Fußboden auf einer Decke schlief. Alles ging rasend schnell. Fast jeden Tag rief meine Cousine an und meldete mir neue Unverträglichkeiten. 

Da es nun auch im August sehr heiß war, konnte sie nur noch im Hof schlafen auf einer Matte von verträglichem Material. Dann ging auch das nicht mehr… 

Beim Anruf bei einem Umweltarzt musste sie mehrere Wochen auf einen Termin warten (Urlaub etc.). Dann hatte ich auch telefonischen Kontakt mit ihr, jeweils nur 5-7 Minuten, weil sie nun auch gleichzeitig elektrosensibel wurde. 

Ich riet ihr dann, soviel wie möglich in ein naheliegendes Naturgebiet zu fahren, was sie dann jeden Morgen um 7-8 Uhr mit ihrem Ehemann machte. Dort ging es ihr etwas besser. Aber es raste weiter…Atemnot…Herzrasen…Schwäche in Armen und Beinen…Lungenprobleme… alles wurde immer mehr…  

Da sie nicht mehr telefonieren konnte, sprach ich nun öfters mit dem Ehemann. Er brachte sie dann im September auf einen verlassenen Zeltplatz seines Vereins und sie schliefen im Auto…in kleinen Autos…sie in ihrem und er in seinem, weil er von der Arbeit ja auch belastet war. Tagsüber musste er 25 km auf die Arbeit fahren und sie dort alleine lassen, abends kochte er ihr Essen und brachte es ihr…wieder 25 km… Die Nächte im Auto…schlimm für die Gelenke… 

Dann rief er wieder bei dem Umweltarzt an und es wurde ihm gesagt, ihr ein „cleanes“ Zimmer im Haus zu machen und sie nicht mehr rauszulassen…

Daraufhin riss er den Fußboden heraus und flieste ein Zimmer und strich die Wände mit Rügener Kreidefarbe. Angelika war immer noch auf dem Zeltplatz, tagsüber alleine und es wurde kalt… 2 Luftfilter von PN wurden besorgt, dazu Sauerstoff-Flaschen für die Heimfahrt und dann der Versuch sie wieder in das Zimmer zu bringen. 

Während der ganzen Zeit musste sich der Ehemann immer wieder freinehmen von der Arbeit, was auch immer schwieriger wurde. Die Sorge nun auch noch die Arbeit zu verlieren nahm zu… 

Meine Cousine konnte nun auch nicht mehr zu Besuch kommen, als sie wieder zurück war, ebenso keiner mehr aus der Familie. Als der Sohn kam, musste sie flüchten…keinen Kontakt mit dem geliebten Enkel. 

Ich selbst habe MCS nun schon über 10 Jahre und konnte da langsam hineinwachsen und weiß was Isolation bedeutet. Die Seele leidet…die Tränen kommen…manchmal Depressionen…..und wenn man kaum Hoffnung hat und gar nicht weiß, was eigentlich richtig mit einem geschieht…ist es alles noch viel schlimmer. 

Aber Angelika lernte schnell und versuchte nun alles zu meiden, ernährte sich biologisch, hatte alles umgestellt…aber es dauert ja auch, bis die Gerüche aus einem normalen Haushalt verschwunden sind… 

Ich unterstützte sie, wo ich konnte mit Beruhigung und Informationen… Dann kam der Termin bei dem Professor… Er sagte, sie habe das ganze Programm von MCS auf einmal und riet ihr an Therapie lediglich B12 Spritzen für 6 Wochen täglich und B1 und B6. Sie begann diese Therapie, aber alles wurde noch schlimmer…

Angelika hatte in 6 Monaten die „Endphase“ von MCS erreicht. 

Als es noch nicht ganz so schlimm war, hatte ich ihr im September angeboten, hierher zu mir zu kommen und es hier zu versuchen…. aber sie wollte es erst in diesem gefliesten Raum zuhause probieren. 

Letzten Samstag rief mich der Ehemann an und sagte mir, dass sie jetzt fast jede Nacht von 2-4 Uhr wegfahren müssten, entweder dort in den Wald oder zum Friedhof, damit sie überhaupt noch Luft bekommt… Durch die Heizperiode war die Luft für Angelika in dieser Stadt unerträglich geworden. Jede Nacht Herzrasen, Atemnot und vieles andere… Ich sagte, versucht zu kommen und sie kamen am letzten Sonntag, den 25.10.hier morgens um 9 Uhr an. 

Die letzten 5 Tage im Leben von Angelika S.:

Sie kam mit Maske und nach viel Sauerstoff auf der Fahrt hier völlig fertig an. Wir setzten sie auf die Terrasse. 

Ihre Kleidung war von der Umgebung für mich kontaminiert. Ich musste Abstand nehmen und dann wollte sie sich umziehen…etwas von mir…was sie aber auch nicht vertrug…durch mein Klar-Waschpulver, das ich noch gut toleriere… 

AngelikaDamit sie bei mir hinein konnte, duschten wir sie dann am Abend und fanden noch eine Jogginghose meines Mannes und einen Pullover aus Baumwolle, die lange nicht gewaschen waren und Socken…. 

Doch worauf sollte sie schlafen? Sie vertrug kein Holz mehr, auch kein Naturholzmöbel, auch wenn es alt war oder den noch älteren Schrank, in dem für sie zurechtgemachten Zimmer. 

Sie wollte auf dem Boden liegen auf einem Bettbezug, der auch lange nicht gewaschen war und eine Decke, die lange Zeit auf dem Dachboden hing…

Fenster offen die ganze Nacht und den ganzen Tag zum Wald hin… 

Wir leben hier in einem 22 km Waldgebiet im Vogelsberg und so tat ihr die Luft zwar gut, aber ab Montag wurde es feucht und neblig und Tiefdruck… 

Ihre Hoffnung, dass es hier besser werden würde, schwand, aber sie wollte es versuchen, wollte nicht zurück…. 

Angelika

Entweder lag sie und saß auf der Terrasse…ich kochte für sie, gab ihr viel Wasser zu trinken…versuchte alles, sie seelisch und geistig aufzubauen…erzählte von CSN und anderen, die sich auch wieder stabilisiert hatten durch Meiden der Stoffe und Isolation. Jeden Tag gingen wir hinaus, um Luft zu haben. Da konnte sie auch noch einen Spaziergang von einer Stunde machen, am Dienstag zwar langsam, aber es ging. bis ein Auto kam und damit die Abgase, die sie trotz Maske befielen… 

Dann sagte sie, sie könne nicht so leben wie ich, ohne Menschen und so lange in Isolation, und dann wurde es immer schlimmer…sie hatte keinerlei Hoffnung mehr hier bleiben zu können, weil sie die feuchte Luft, besonders Nachts, nicht mehr tolerierte…sie wollte nichts mehr essen und trinken…war verzweifelt und ihre Schleimhäute waren so wie zuhause auch, rot und geschwollen. 

Sie musste hier wieder weg, aber wohin?????? 

Wir überlegten viele Möglichkeiten, Schweiz, Nordsee…wieder auf den Zeltplatz, weil dort war nicht so viel dichter Wald wie hier ist…eine Alu-Blechhütte dort aufstellen…wie aber heizen…und so fort… 

Am Mittwoch um 15 Uhr kam der Sohn meiner Cousine mit einem größeren Wagen, gecleanter als ihrer und ihr Ehemann und wir verabschiedeten uns… 

Sie wussten nicht, wohin…sie wussten nicht…was tun, …also fuhren sie erstmal wieder in das geflieste Zimmer und in das Naturgebiet dort in der Nähe. 

Sie überstand noch die Fahrt mit 5 Grad Raumtemperatur im Auto und dann hörte ich nichts mehr von ihr…. 

Donnerstagmittag, als ihr Ehemann zu seiner Arbeit musste und noch etwas einkaufen…machte sie ihrem Leben ein Ende! Ich erfuhr es erst am Freitagabend, weil es der Ehemann so wünschte. 

Wir sind in tiefer Trauer um einen lieben Menschen…einen Menschen…der noch hätte weiterleben können, gäbe es in diesem Land Unterkünfte für solche Fälle. Gäbe es eine, nur eine Klinik, wo man hingehen kann mit „CleanRooms“ wie im Environmental Health-Center in Dallas / USA. Gäbe es Ärzte, die MCS rechtzeitig erkennen…, gäbe es Unterstützung für die Angehörigen, die nicht wissen, warum das alles so passiert… 

Würde die Ignoranz und Intoleranz gegenüber einer Umwelterkrankung endlich aufhören. Krankheiten, die von Professoren, wie Prof. Dr .Pall und anderen als das erkannt wurden, was sie wirklich sind. 

  • 2 Selbstmorde, die ich miterlebt habe seit Juli…
  • 2 wertvolle Menschen, die in ihrer grenzenlosen Verzweiflung nicht mehr weiter wussten…
  • 2 Menschen, die sich als L A S T empfanden für ihre Familie…
  • 2 Menschen, die jahrelang treu ihrer Arbeit nachgingen… 

Wir trauern um Angelika S., und wir sind bestürzt über mangelnde Hilfen für MCS-Schwerkranke. 

Möge der Gott des Trostes auch die Angehörigen in ihrem Leid trösten und mögen sie Hoffnung finden, dass es nicht für immer ist….

dass es nicht für immer so bleibt…

dass all das Leid eines Tages aufhört…

dass es eine Wiederherstellung aller Dinge geben wird…

Autoren: Wolfgang und Mona B. für CSN – Chemical Sensitivity Network, 31. Oktober 2009

Weiterer Artikel zum Fall Angelika S.: Angelika musste sterben

Wer kann MCS verstehen?

Verzweifelter Ehemann einer jungen Frau

Gestern telefonierte ich mit einem Freund, dessen Frau auch MCS hat. Er hatte mir vorgestern eine Mail geschickt, auf meine Mail hin und ausgedrückt, dass es kein Mensch verstehen könne, der es nicht erlebt hat, wie es sich anfühlt, seine Frau anzuschauen, während sie langsam vor den Augen verschwindet. Seine Frau wiegt nur noch 40 Kilo!

Dieses traurige Wortbild habe ich in meinem Gedicht aufgegriffen und einfach „fließen“ lassen, ohne es am Ende durch eine positive Aussage zu relativieren. Dass hat nichts mit Pessimismus oder Aufgabe zu tun, sondern einfach nur mit den schmerzenden Gedanken, die jemand empfindet, der das täglich erlebt und der noch nicht weiß, ob eine Therapie anschlagen wird. Ich habe ihn natürlich noch einige Tipps und Überlegungen mit auf den Weg gegeben. Seine Frau fliegt im November noch einmal nach Dallas, weil der erste Besuch einfach viel zu kurz war.

Nun zum Gedicht:

wer kann verstehen

wer kann verstehen,

der es nie erlebt,

wie es sich anfühlt,

den eignen partner zuzuschauen,

wie er langsam

vor den augen verschwindet?

wer kann dabei zuschauen

wie die waage täglich

die bittre wahrheit spricht?

essen ohne nutzen,

weil es nicht ankommt

wo es zu fleisch werde

wer will es verstehen,

wenn das verstehen

die hoffnung nimmt?

wir gehen den weg,

eine trennung nur auf zeit,

bis wir mit namen gerufen,

von dem,

der alle namen kennt.

—–

Autor: Gerhard, CSN – Chemical Sensitivity Network, 10. Oktober 2009

Weiterer Artikel von Gerhard:

Weitere Gedichte von Gerhard:

Effektstärken von Psychotherapie und Expositionsvermeidung bei MCS

Psychologin und Patient

Wie man im letzten Beitrag dieser Reihe sehen konnte (Interpretation 3a), profitiert etwa ein Drittel der Teilnehmer von einer Psychotherapie. Zwei Drittel erholen sich ohne eine derartige Maßnahme genau so gut. Sie profitieren hierbei von der Unterstützung, die sie aus ihren sozialen Netzwerken sowie von sonstigen mutmaßlich kompetenten Helfern und Heilern erfahren, wie in einem weiteren Beitrag ausgeführt werden wird.

Da MCS-Kranke durch ihre Erkrankung oft in besonderem Maße ihres angestammten sozialen Netzwerks beraubt werden, sollte eine Psychotherapie hier theoretisch überdurchschnittlich häufig nützlich sein, wenn man in eine psychische Krise gerät, ob nun krankheitsbedingt oder nicht. Das setzt allerdings die Verfügbarkeit eines mit MCS vertrauten Psychotherapeuten und verträgliche Räumlichkeiten voraus. Pamela Reed Gibson gibt in ihrem Buch [1] einige Ratschläge dazu, wovon ebenfalls später noch berichtet werden soll.

Zunächst soll jedoch versucht werden, vorhandene Daten über Behandlungserfolge bei MCS zu den geschilderten Ergebnissen für Psychotherapie in Relation zu setzen.

Expositionsvermeidung

Wir erinnern uns noch einmal an die Ergebnisse von Pamela Reed Gibson für die Expositionsvermeidung sowie für Psychotherapie.

Sie fand [2], dass 94,5% der Befragten die Vermeidung von Auslösern ihrer Symptome sehr oder etwas hilfreich fanden. Psychotherapie als Mittel, um MCS zu „heilen“, fanden dagegen nur 20,2% sehr oder etwas hilfreich. Psychotherapie als Hilfe, um mit der Erkrankung besser zurecht zu kommen, fanden 65% sehr oder etwas hilfreich.

Es soll nun versucht werden, hieraus Effektstärken abzuschätzen.

Es gibt hier jedoch ein prinzipielles Problem bei der Abschätzung von Korrelation und Effektstärke anhand einer Kontingenztabelle, und zwar das Fehlen einer „unbehandelten“ Kontrollgruppe in der Studie von Pamela Reed-Gibson. Es wird sich jedoch zeigen, dass eine plausible Abschätzung auch so möglich ist.

Expositionsvermeidung

Für den Fall der Expositionsvermeidung fehlt wie gesagt eine Vergleichsgruppe. Geht man versuchsweise auf das BESD-Schema (vgl. Teil 7 der Reihe) zurück, so müsste die Kontingenztabelle lauten:

Tabelle 8.1

Die eingetragenen Werte für die Kontrollgruppe ergeben sich aus den Festlegungen für das Schema.

Es ist jedoch bekannt, dass es bei MCS praktisch keine Spontanremission gibt. Die sich aus dem Schema ergebenden Werte für die Vergleichsgruppe von 5,5% Erfolg und 94,5% Misserfolg sind also durchaus plausibel.

Man erhält so einen Behandlungseffekt von 89% und eine (korrekte) Effektstärke von 3,2. (mit den gängigen tabellierten Werten erhält man 3,9 (vgl. Teil 7)). Die nächste Graphik zeigt die Verhältnisse. Die gelbe Fläche repräsentiert jeweils erfolgreiche, die blaue nicht erfolgreiche Populationsanteile.

Bild 8.1

Wegen der besseren Anschaulichkeit wurde wieder auf die Verhältnisse bei der NIMH-Studie [5] als Analogon zurückgegriffen. In einem absoluten Sinne haben die angegebenen Werte keine Bedeutung, vermitteln aber vielleicht näherungsweise ein Gefühl für die Bedeutung der Ergebnisse für die Betroffenen.

Für die Kurve zur Expositionsvermeidung (in der Graphik violett) diente wegen der fehlenden Spontanremission der Ausgangszustand vor jeglicher Behandlung als Bezugspunkt (hier schwarz, m=18,9). Durch die fiktive Behandlung mit Expositionsvermeidung verschiebt sich das Zentrum der Kurve nach links zu m= -0,7.

Psychotherapie

Um eine Effektstärke für den Vergleich zwischen

Psychotherapie als Hilfe um mit der Erkrankung besser zurecht zu kommen

und

Psychotherapie als Mittel um MCS zu „heilen“

abzuschätzen, ist es erforderlich, zusätzliche Annahmen über das jeweils angelegte Erfolgskriterium und über ein statistisches Modell zu machen.

Es wird angenommen, dass das Kriterium für beide Gruppen das Gleiche ist und auf einem Messinstrument beruht, dass normalverteilte Ergebnisse mit gleicher Standardabweichung liefert.

Dann erhält man, z.B. aus den einschlägigen Tabellen für „z“ , bezogen auf die Lage des Kriteriums für

Psychotherapie als Hilfe um mit der Erkrankung besser zurecht zu kommen einen z-Wert (entspricht hier praktisch „d“ relativ zum Kriterium) von z1 = 0,385

und für

Psychotherapie als Mittel um MCS zu „heilen“ ist z2 = -0,835.

Daraus folgt dann eine Effektstärke „d“ von d = z1 – z2 = 1,22.

In der NIMH-Studienanalogie ergibt das bei Heranziehung der synthetischen unbehandelten Gruppe als Vergleichsgruppe für Psychotherapie als Hilfe, um mit der Erkrankung besser zurecht zu kommen einen Punktewert von 9,4 und für Psychotherapie als Mittel, um MCS zu „heilen“ einen Punktewert von 16,4. Das Erfolgskriterium stimmt dabei mit dem Mittelwert für die unbehandelte Gruppe von 11,6 Punkten überein. Die nachfolgenden Graphiken zeigen die Verhältnisse. Die gelben Flächen repräsentieren jeweils den Anteil der nach dem Kriterium als „erfolgreich“ klassifizierten Populationsanteile. Die blauen Flächen die „nicht erfolgreichen“.

Bild 8.2 Bild 8.3

Psychotherapie zwecks Hilfe zur Krankheitsbewältigung (orange) verschiebt die „unbehandelt“-Kurve (oben grün) zu einem Mittelwert von m=9,4. Das ist etwa so gut wie die Placebogruppe der NIMH-Studie (m=8,8). Die Interpersonale Therapie erreichte nach der Behandlung einen HRSD-Punktewert von 6,9.

Dass hier nicht die Bestwerte von etwa 7 Punkten erreicht werden (soweit man die Analogie ernst nehmen möchte) ist leicht verständlich, wenn die MCS als Grunderkrankung und Ursache eines Teils des seelischen Leids bestehen bleibt, während die Psychotherapie nur auf hierzu sekundäre und sonstige Komponenten des seelischen Leids Auswirkungen hat.

In der BESD-Interpretation

Die (korrekte) BESD-Interpretation ([3], vgl. Teile 6 u. 7) führt zu folgender Kontingenztabelle:

Tabelle 8.2

Die graphische Darstellung dieser Interpretation sieht folgendermaßen aus:

Bild 8.4

Der (korrekte) relative Behandlungseffekt für

Psychotherapie als Hilfe um mit der Erkrankung besser zurecht zu kommen

im Vergleich zu

Psychotherapie als Mittel um MCS zu „heilen“

liegt bei dieser Interpretation damit bei 72,9%-27,1%= 45,8%. Nach den üblichen Tabellen (vgl. Teil 7) erhält man einen Behandlungseffekt von 52%.

Zum Vergleich: die Werte für Psychotherapie gegenüber unbehandelt waren 31,8% bzw. 38% (s. Teil 7).

Fazit

Um via Quantifizierung zu einer Vergleichbarkeit zu kommen, bedient sich die psychologische Forschung zahlreicher „Messinstrumente“ wie z.B. Intelligenz- oder Persönlichkeitstests. Jede quantitativ arbeitende Studie greift auf derartige Instrumente oder ad hoc formulierter Kriterien, die sich statistisch quantitativ auswerten lassen, zurück, um die Haltbarkeit der jeweils untersuchten Hypothesen zu beurteilen.

In den Verhaltenswissenschaften bleibt die Validität derartiger Ergebnisse in Abhängigkeit von der Validität der Messinstrumente immer mehr oder weniger in der Schwebe. Denn die numerischen Werte korrespondieren zu keinerlei bekannten fundamentalen* oder abgeleiteten numerischen Zuordnungen ([4], S. 21). Man kann daher fragen „was wird durch die Verwendung solch eines Instruments erreicht? Allgemein gesprochen scheint die Antwort zu sein, dass das Instrument in der Lage sein könnte, zukünftige Ereignisse von praktischer Bedeutung vorherzusagen. „Die Rechtfertigung der Verwendung solcher Instrumente würde dann einzig in dem Ausmaß liegen, in dem sie in der Lage sind, bedeutsame Ereignisse vorherzusagen…“ ([4], S.21).

Wie in den zurückliegenden Beiträgen gezeigt wurde, führten die konsistenten Ergebnisse von 50 Jahren Psychotherapieforschung nach diesem Maßstab bislang zu keinem Rest an Effekten, der sich auf Bestandteile der den Therapien zugrunde liegenden Theorien zurückführen ließe. Mithin gibt es keinen wirklichen Hinweis auf den wissenschaftlichen Nutzen dieser Theorien. Abgesehen vielleicht vom subjektiven Gefühl der Befriedigung angesichts einer mit der sonstigen eigenen Weltanschauung einigermaßen verträglichen Analyse. Doch dieser Nutzen bleibt rein subjektiv und ganz beim Analysierenden und erreicht nicht den Analysierten. Vom Realitätscharakter der Konstrukte ganz zu schweigen, denn der hätte ja meßbare Unterschiede zumindest zur Voraussetzung. (Alternativ könnte man die Validität der verwandten Messinstrumente verneinen, was jedoch wissenschaftlich zu keiner erstrebenswerteren Situation führt. Denn beide sind meist nicht voneinander zu trennen, da die theoretischen Konstrukte nur durch reproduzierbar objektiv identifizierbare Muster in den Phänomenen begründet werden können. Und gerade dazu sollen eben die in Frage stehenden Messinstrumente dienen. Es bliebe nur, der Psychologie als Wissenschaft einen Platz in der Metaphysik zuzuweisen.)

Etwas strikt anderes ist der praktische Nutzen in Form eines Mythos, auf den im Lauf der Therapie zurückgegriffen werden und aus dem das Ritual der Psychotherapie Kraft und Glaubwürdigkeit schöpfen kann (vgl. auch den nächsten Beitrag). Derartige Mythen als zu rechtfertigende Mittel wissenschaftlicher Analyse anzusehen wäre aber ein krasses Missverständnis.

Die oben beschriebenen Ergebnisse für Psychotherapie bei MCS geben keinen Hinweis auf eine Relevanz von Theorien, die psychische Ursachen unterstellen, was immer darunter zu verstehen sein mag (abgesehen davon, dass sie auf Theorien Bezug nehmen, die sich empirisch nicht validieren lassen). Ganz im Gegenteil. Derartige Grundannahmen führen zu drastisch schlechteren Ergebnissen in der Psychotherapie.

Mit diesen Verhältnissen sind die ungleich größeren positiven Effekte für Expositionsvermeidung zu vergleichen. Dies deutet im Verhältnis zu den verschiedenen psychologischen Theorien auf einen deutlich höheren Nutzen und Realitätswert für Theorien über MCS hin, die von der Annahme ursächlicher Umweltnoxen ausgehen.

Deren Probleme liegen gegenwärtig in der Vereinbarkeit mit anderen verbreitet als wahr geglaubten Lehrmeinungen über die Menschliche Physiologie. Und wie immer, wenn die Phänomene nicht weichen wollen, werden schließlich Teile unseres mutmaßlichen Wissens einer Revision unterzogen werden müssen.

* Ein fundamentale Messung kann informell etwa als Abbildung eines empirischen relationalen Systems auf ein numerisches relationales System definiert werden ([4], S. 16). In der Psychologie fehlen jedoch die empirischen relationalen Systeme. Sie werden umgekehrt gerade mit Hilfe von letztlich auf Abzählen basierenden statistischen Messinstrumenten zu konstruieren versucht. Die damit beschäftigten Theoretiker weisen auch regelmäßig darauf hin, dass den zahlreichen verwendeten Konstrukten (z.B. die Big Five) kein eigener Realitätscharakter zuzusprechen ist (d.h. abgesehen von der Realitätshaftigkeit, die man Abstrakta generell ggf. zuzubilligen bereit ist). In der Praxis wird dies jedoch zumindest in der Sprechweise nicht beachtet und auch von den Fachleuten häufig nicht verstanden und damit bei Laien und wissenschaftstheoretisch unbeschlageneren Fachleuten gegenteiliges suggeriert. In den nicht quantitativ begründeten psychologischen Theorien (z.B. psychodynamische) ist leider nicht einmal dieses rudimentäre Bewusstsein hinsichtlich dessen, was man da tut, vorhanden. So werden neue Mythen geboren.

Autor: Karlheinz, CSN – Chemical Sensitivity Network, 24. August 2009

Tabellen: Karlheinz

Teil I – VII

Literatur

[1] Pamela Reed Gibson (2006), Multiple Chemical Sensitivity: A Survival Guide, Earthrive Books.

[2] Gibson, P. R., Elms, A. N. M., & Ruding, L. A. (2003). Perceived treatment efficacy for conventional and alternative therapies reported by persons with multiple chemical sensitivity. Environmental Health Perspectives, 111, 1498-1504.

[3] Randolph & Edmondson (2005). Using the Binomial Effect Size Display (BESD) to Present the Magnitude of Effect Sizes to the Evaluation Audience. Practical Assessment Research & Evaluation, Vol 10, No 14.

[4] Patrick Suppes, Joseph L. Zinnes (1963). Basic Measurement Theory in: Luce, Bush, Galanter, Handbook of Mathematical Psychology, Volume I, John Wiley & Sons.

[5] Elkin et. al. (1989). NIMH Treatment of Depression Collaborative Research Program: General Effectiveness of Treatment, Archives of General Psychiatry 46:971-82.