Archiv der Kategorie ‘Lifestyle‘

Schweiz – Apartments für Multiple Chemical Sensitivity & Allergien

MCS Wohnprojekt Schweiz

Selbsthilfegruppe bietet Wohnraum & Urlaubsdomizil 

Die Schweizer Selbsthilfeorganisation MCS-SOS hat ein außergewöhnliches Wohnprojekt ins Leben gerufen. In Biel, dem Standort der Schweizer Uhrenindustrie, entstanden Apartments und eine Notfall-Wohnung für Menschen, die unter MCS – Multiple Chemical Sensitivity leiden. Wohnraum und Urlaubsdomizile für Personen, die auf geringste Konzentrationen von Chemikalien und Duftstoffen reagieren, gibt es nur sehr begrenzt. Während es in der Schweiz bereits das zweite Projekt ist, haben Chemikaliensensible in Deutschland noch immer keine entsprechenden Unterkünfte. Umso größer war die Freude, als die Organisation die Möglichkeit anbot, die Apartments zu testen. 

Eine Reise steht an

Schweiz Seeland

Nachdem wir die Meldungen über die Schweizer MCS Apartments stets verfolgt hatten, war die Spannung groß, das Domizil kennenzulernen. Mitte Juni war es soweit, die Planung für den Reisetermin stand fest. Mein Vater erklärte sich bereit, mitzufahren und die Möglichkeit zu nutzen, mir meine Geburtsstadt und die Orte an denen wir früher oft waren, zu zeigen. In aller Frühe fuhren wir los und hatten eine stressarme Reise mit wenig Verkehr. 

Praktische, ästhetische Ausstattung

Als wir zusammen mit Heidi Streminger von MCS-SOS in den Bieler Apartments ankamen, waren wir angenehm überrascht, wie clean die Luft in den Wohnungen war. Das große Apartment mit Dachterrasse, Luftreiniger und Klimaanlage nutzten wir sogleich, um mit Heidi über das Projekt und die nächsten Tage zu sprechen. Wir bekamen alle Besonderheiten der MCS Unterkunft erklärt und wie die weitere Entwicklung des Projektes angedacht ist. 

Frühstück in der Küche

Ich bezog die MCS Notfall-Wohnung für die Dauer des Aufenthaltes, während mein Vater das große Apartment bewohnte. Das Frühstück nahmen wir in der komplett ausgestatteten Gemeinschaftsküche des Vereins ein. Ein großer lichtdurchfluteter Raum, der über einen großen Besprechungs- und Esstisch, sowie über eine Relaxecke verfügt. Die Küchenzeile bietet alle Möglichkeiten und ist aus lackiertem Edelstahl. Eine gute Wahl, denn die Schränke sind neutral, auch für empfindliche MCS Nasen. Mit Kühlschrank, Froster, Spülmaschine und Herd ausgestattet, hat man alle Möglichkeiten sich etwas zu Essen zuzubereiten. Die bis ins Detail durchdachte Ausstattung mit Glaskeramik Töpfen, Glas Wasserkocher und Glasgeschirr wird sicher auch zukünftig viele MCS Betroffene und Allergiker erfreuen. Wir fühlten uns sehr wohl mit dem allergikerfreundlichen Inventar. Wir genossen jeden Morgen ein langes Frühstück, bei dem wir herrliche Ausflüge in die nahen Berge oder ins umliegende Seeland besprachen. 

Apartment für MCS Erkrankte in Not

Das Projekt Claude, wie die aus einem Vermächtnis heraus entstandenen Wohnungen, bezeichnet werden, verfügt auch über ein Apartment für MCS Notfälle. Diese hübsche Einzimmerwohnung war mein Domizil und Rückzugsort während des Aufenthaltes. Ebenfalls komplett ausgestattet, kann eine Person sich in diesem Apartment sehr gut erholen. Alle Materialien sind geruchsneutral und ich nahm entsprechend keinerlei Symptome wahr. Die Auswahl der Farben und des Bodenbelages aus Stein wurden sehr gut getroffen. Zusätzlich sorgt ein professioneller Luftreiniger für permanent saubere Luft. 

Anti Electrosmog Baldachin

Ein praktisches Stapelbett aus unbehandeltem Buchenholz kann von einer oder zwei Personen genutzt werden. Sehr erholsam ist der EMF Baldachin, der dafür sorgt, dass man wirklich Ruhe vor elektromagnetischer Strahlung hat. Sehr sinnvoll, wenn eine Person zur Multiple Chemical Sensitivity auch unter Elektrosensibilität leidet. Während des ganzen Aufenthaltes schlief ich gut und fühlte mich am nächsten Morgen rundum wohl. 

Ein bequemer Sessel mit natürlicher Baumwollauflage lädt zum Ausruhen ein. Zusätzlich gibt es eine Essecke, die auch zum Schreiben oder Reden mit anderen genutzt werden kann. 

Das große Bad mit Steinboden, ist neben einer ebenerdigen Glasdusche mit einer Waschmaschine ausgestattet, die gleichzeitig über einen Trockner verfügt. Es wurde wirklich an alles gedacht von den MCS-SOS Verantwortlichen. Neben der praktischen Komponente, wurde in allen Bereichen auch auf Ästhetik geachtet. Ein Aspekt, der sehr zum Wohlbefinden beiträgt und sicherlich künftig weiteren MCS Betroffenen Inspiration bietet und Mut machen wird. 

Gereinigt werden alle MCS SOS Apartments mit ökologischen Reinigungsmitteln. Spülmittel, Waschmittel und Spezialreiniger ohne Duftstoffe und frei von Chemikalien stehen in jedem Apartment bereit. Eine gute Idee, die den Standard erhält und Allergikern mit ihren Familien Inspiration bietet, auch Zuhause allergiker- und umweltfreundliche Alternativen zu verwenden. 

Natur in der Stadt 

Direkt gegenüber der MCS Apartments liegt die Schüssinsel, ein neu angelegtes, natürliches Refugium das zu einer Naturoase gestaltet wurde. Das kleine Flüsschen Schüss, das letztendlich in den Bieler See fließt, wurde renaturiert. Der Park hat einiges zu bieten. Man findet verschieden gestaltete Bereiche, in denen es sich angenehm entspannen lässt. In den heißen Sommertagen, an denen wir dort waren, nutzte so manche Familie den Naturpark um sich am Fluss zu erfrischen. Auch kommende Gäste in den MCS Apartments werden sich sicher dort wohlfühlen. 

Ein Ort zum Entspannen, Sport treiben oder Kontakte knüpfen

Wer möchte, kann auf der Schüssinsel joggen oder sich auf einer der großen geschwungenen Relaxliegen aus Holz entspannen. Das sich anschließende neue Omega – Swatch Gebäude in organischer Form, das vom bekannten japanischen Architekten Shigeru Ban gestaltet wurde, bringt ästhetischen Input in den Stadtteil, der sich in positivem Wandel befindet. Insgesamt ist man erstaunt, wie grün Biel ist. Fast alle Strassen sind gesäumt von hohen Bäumen, die im Sommer angenehmen Schatten und Sauerstoff spenden. 

Infrastruktur für Allergiker und MCS Betroffene

Natur Brücke über kleinen Fluss

Von den MCS Apartments aus ist die Schüssinsel durch Überqueren der Strasse erreichbar und schon ist man dort. Eine alternative Brücke bestehend aus großen Steinen, bringt einen zu einer Migrosfiliale, die viele Bio Produkte hat. Die Versorgung mit frischem Obst und Gemüse, Bio Brot und allem was man braucht, ist um die Ecke sichergestellt. Wer Spezielles benötigt, erhält von Heidi Streminger eine Liste mit Tipps bis hin zu Spezialgeschäften mit Produkten für Elektrosensible. 

Projekt Claude, ein Lichtblick

Es war ein sehr entspannter, schöner Aufenthalt, den wir in den MCS Apartments in Biel hatten. Als wir am Tag der Abreise mit Heidi Streminger am großen Tisch zusammensassen, reflektierten wir unsere positiven Eindrücke. Die Zeit in den umweltkontrollierten Wohnungen hatte uns sehr gut getan. Als chemikaliensensible Person weiß man solche Refugien zu schätzen. Ich bin sicher, es werden noch viele weitere Chemikaliensensible und Allergiker erfreut sein über die Wohnräume, die MCS-SOS geschaffen hat. 

Schlafzimmer für MCS Betroffene

Als Urlaubsdomizil für Chemikaliensensible und Angehörige, sind die bisherigen Apartments ein Lichtblick für ganze Familien. Für jemanden, der eine Übergangslösung auf der Suche nach einer MCS geeigneten Wohnung sucht, ist hier die Lösung. Wer dauerhaft in einer der Apartments wohnen kann, hat einen Wohnraum in dem er sich wohlfühlen wird. 

Es bleibt zu hoffen, dass das Projekt Claude weiter ausgebaut werden kann. Potenzial, in Form von weiteren Wohnungen auf der gleichen Etage, ist da. Der Besitzer des Hauses, Heinz Rüfenacht, ist dem Projekt sehr zugetan und ein äußerst netter Herr mit stets offenem Ohr für die Belange der Umwelterkrankten. Es war nett, ihn bereits am ersten Tag kennengelernt zu haben. 

Abschließend ein großes Dankeschön an MCS-SOS und an Heidi Streminger, die sich sehr um uns kümmerte. Die MCS Apartments in Biel sind gelungen und wir haben Hochachtung vor allen Beteiligten, die dieses Projekt möglich machten. Weiterhin viel Erfolg!

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitive Network, 12. Juni 2019 

Weihnachtsgeschichte: Der Weihnachtsengel hat ein großes Herz

Sternenstaub überall

Die Katze des Nachbarn saß seit Stunden auf der Mauer des Hauses gegenüber. Fast regungslos schaute sie in ein und dieselbe Richtung, ganz als ob sie auf etwas warten würde. Aber auf was bloß? Na ja, vielleicht freute sie sich auch einfach über die warmen Sonnenstrahlen, die uns den ganzen Nachmittag schon verwöhnten. Ich machte mir einen Tee und schaute dem hübschen Tier als Entspannung zu.

Über Nacht war es frostig geworden und als ich an jenem Morgen aufwachte, lag draußen Schnee. Fast jeden Tag war es um 20°C gewesen und jetzt war es über Nacht Winter geworden. Plötzlich drehte die Katze den Kopf nach hinten und schaute wie gebannt auf etwas, was wohl herannahte. Das nächste, was ich erblickte, war silbrig glitzerndes Licht und ein Funkeln. „Ooh, wie schön, wie wunderschön“, murmelte ich vor mich hin und kaum zu Ende gesagt, stand eine helle Gestalt vor meinem Fenster. Ich kann nicht sagen, wer von uns beiden mehr lächelte. Es war mein Freund der Weihnachtsengel, der da draußen stand. Hastig öffnete ich das Fenster und schon umschlossen mich zwei zarte Flügel und Sternenstaub füllte das ganze Büro.

„Endlich wieder hier“, sagte der Weihnachtsengel mit leuchtenden Augen. „Was für eine Freude“, erwiderte ich und umarmte ihn nochmals. Wir ließen uns zusammen auf das Sofa plumpsen, was zur Folge hatte, dass wir mitten in einer Sternenstaubwolke saßen und gleichzeitig husten und kichern mussten. Magst Du einen heißen Adventstee, lieber Weihnachtsengel“, fragte ich ihn. Er konnte nur nicken, so war er noch am Lachen. Als ich aus der Küche kam und den dampfenden Tee vor ihm hinstellte, gab er mir etwas in die Hand. Es war ein gerollter Zettel. „Mach ihn erst auf, wenn ich weg bin, es soll eine Überraschung sein“, sagte der Weihnachtsengel, den Tee dabei schlürfend. „Erzähl, erzähl, erzähl,…wie war es bei Euch das ganze Jahr über, was machen die Leute mit Allergien und die mit Chemikaliensensitivität? Wie geht es ihnen, bekommen sie jetzt mehr Hilfe und Unterstützung?“, fragte er.

„Vielen geht es nicht so gut, besonders schwer haben es die Chemikaliensensiblen “, antwortete ich ehrlich. Der Weihnachtsengel stellte hastig die große Teetasse ab und schaut mich besorgt an. „Bekommen sie Hilfe?“; fragte er mit erschrockener Stimme. „Nein, zumindest nicht in dem Umfang, wie es nötig und angemessen wäre“, erwiderte ich ihm. Der Engel hauchte: „Ich hab es mir fast gedacht.“ Dann berichtete ich ihm von den vielen Bemühungen der umweltkranken Menschen seit seinem letzten Besuch. „Wir haben gemerkt, dass Ihr Euch bemüht bis ans Ende eurer Kräfte, und so kann es tatsächlich nicht weitergehen. Sag mal, wie ist es sonst wo, ich meine in anderen Ländern. Ist es da besser?“

„Ja, in einer ganzen Reihe von Ländern ist es besser. Australien zum Beispiel. Dort haben drei große Provinzen Leitlinien geschaffen, die Krankenhäuser in die Lage versetzen, chemikaliensensible Patienten aufzunehmen und medizinisch zu versorgen. Von etwas über 20 Millionen Australiern sind rund 8 Millionen durch diese MCS Leitlinien abgedeckt, “ berichtete ich.

„Na, das ist eine hervorragende Nachricht. Siehst Du, ein Wandel ist im Begriff sich zu entfalten, “ sagte der Weihnachtsengel. „So einfach ist das nicht, wir bekommen erwidert, das sei in anderen Ländern und damit habe es für Deutschland keine Gültigkeit, “ erläuterte ich. Wusch… machte es und der Engel schlug mit seiner Flügelspitze auf den Tisch. „Papperlapapp, was für ein Blödsinn ist das denn? Die Behörden sollten sich da lieber eine Scheibe vom anderen abschneiden und ihr Wissen bündeln, um den Umweltkranken zu helfen“, sagte der Weihnachtsengel mit scharfer Stimme.

„Das sollten sie“, entgegnete ich traurig, „denn das Elend ist schon zu groß und es macht auch keinen Sinn, die Chemikaliensensiblen zu ignorieren. Es werden dadurch nicht weniger.“ Der Engel blickte mir in die Augen und sagte mit fester, überzeugender Stimme: „Ihr werdet die Gewinner sein, glaub mir. Ihr müsst nur durchhalten und macht weiter mit Eurer Aufklärungsarbeit. Jeder Einzelne von Euch, ganz wie er kann und Kraft hat. Unterstützt Euch gegenseitig beim Verbreiten der Informationen und glaub mir, es gibt viele Menschen da draußen, die großes Verständnis für Euch haben. Eine ganze Menge von ihnen hat selbst auch Probleme mit Allergien oder reagiert auf Chemikalien im Alltag. Erzählt diesen Menschen ruhig, dass es in anderen Ländern Unterstützung gibt für Menschen wie Euch und dass man dort Regelungen, Leitlinien und Gesetze geschaffen hat. Und, vergesst den Unsinn, dass es nichts wert ist, was in anderen Ländern Gutes umgesetzt wird, damit Allergiker und Umweltkranke Teil der Gesellschaft sein können. Sagt denen einfach: „Ja, und die Erde ist eine Scheibe“, mehr nicht, belasst es dabei. Man wird zur Kenntnis nehmen, dass man Euch nicht ignorieren kann. Die Änderungen werden nicht in wenigen Wochen zu schaffen sein, aber in Monaten schon.“ Als der Weihnachtsengel seine Worte beendet hatte, stand er auf und zeigte dabei auf den gerollten Zettel, den er mir anfangs gegeben hatte. „Da steht alles drin, macht es so“, sagte der Engel mit zwinkernden Augen. „Zupf mal“, meinte er dann. „Wie zupf mal? “, fragte ich ihn. „Na, eine Feder aus meinem Flügel. Zupf eine raus.“ „Aber warum das denn?“, fragte ich ihn mit großen Augen. „Noch nie gehört dass die Federn eines Weihnachtsengels Stärke verleihen und alles gelingen lassen?“, entgegnete er und reichte mir eine große Feder aus seinem Flügel.

Noch einmal zeigte der Engel auf den gerollten Zettel, öffnete dabei das Fenster und sagte zum Abschied: „Ihr habt viel mehr Einfluss und Kraft als Ihr glaubt, jeder einzelne von Euch. Hab Selbstvertrauen, seid mutig, und Ihr seid viele. Verzagt nicht.“ Ein frostiger Windstoß kam durch das Fenster herein und löste Sternenstaub aus den Flügeln des Weihnachtsengels. Das ganze Zimmer glitzerte wie Tausende von Diamanten. Ich schaute zuerst auf die lange silberne Feder in meiner Hand und dann auf den gerollten Zettel auf dem Tisch und dachte dabei: „Was immer darin steht, es wird uns eine große Hilfe sein und wir werden es schaffen.”

Autor: Silvia K. Müller, Weihnachten 2012

Krankenhäuser, Kliniken, Alten- und Pflegeheime auf MCS nicht vorbereitet

MCS, die große Unbekannte in der Medizin?

Eine einzige Klinik gibt es in Deutschland, die Krankenzimmer für Patienten mit MCS, multipler Chemikaliensensitivität, bereitstellt. Unter den Alten- und Pflegeheimen in unserem Land ist kein Heim bekannt, dass MCS-gerechte Unterbringung anbieten könnte.

Studien gehen davon aus, dass ca. 15% der Bevölkerung unter MCS leidet. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein, denn Ärzten ist die Hypersensitivität auf Chemikalien zumeist unbekannt.

MCS kann zwar als Behinderung anerkannt werden, die Behörden mauern jedoch in den meisten Fällen und obwohl für MCS ein ICD-10 existiert, wird der Code selten angewendet. Patienten, die schwere Chemikaliensensitivität haben, stehen somit vor einem kaum lösbaren Problem, wenn sie in eine Klinik müssen oder ins Alten- und Pflegeheim.

Gründe, weshalb MCS ignoriert wird:

  • MCS und Umweltkrankheiten sind bei den Krankenkassen kaum abrechenbar
  • MCS passt nicht in unsere Gesellschaft, die auf raschen Konsum ausgerichtet ist
  • MCS prangert die Existenz von Umweltverschmutzung und schadstoffbelasteten Innenräumen, Arbeitsplätzen und Produkten an
  • MCS ist keine Krankheit, an der man viel verdienen könnte
  • MCS ist Verursachern ein Dorn im Auge

Thommy’s Blogfrage der Woche

  • Haben an MCS Erkrankte kein Recht auf medizinische Versorgung?
  • Wie kann erreicht werden, dass Krankenhäuser, Kliniken, Alten- und Pflegeheime sich mit MCS beschäftigen und adäquate Räumlichkeiten, sowie angemessene Betreuung anbieten?
  • Kann MCS bei einem Aufenthalt in einer Klinik oder im Alten- und Pflegeheim ignoriert werden?
  • Welche Möglichkeiten gibt es, um eine Übergangslösung in Krankenhäusern, Kliniken, Alten- und Pflegeheimen zu schaffen?

Ein Versuch, durch eine Studie den Bio-Trend zu stoppen

Neue pseudowissenschaftliche Ergebnisse stellen den Wert ökologisch erzeugter Lebensmittel für eine gesunde Ernährung in Frage

Wer denkt, Stanford wäre über solchen Forschungspfusch erhaben, der irrt.

Forscher an der Stanford University haben eine Meta-Analyse (Auswahl und Zusammenfassung) von 17 Humanstudien und 230 Feldstudien zu Nähr- und Kontaminationswerten in unverarbeiteten Lebensmitteln (z.B. Früchte, Gemüse, Getreide, Eier, Geflügel, Rind- und Schweinefleisch) durchgeführt.

Die am 03.09.2012 in The Annals of Internal Medicine veröffentlichte Studie kam zu dem Schluss, dass „es in der veröffentlichten Literatur keinen eindeutigen Beleg dafür gäbe, dass ökologisch angebaute Lebensmittel für die Ernährung besser wären als konventionelle Lebensmittel. Der Verzehr ökologischer Lebensmittel kann unter Umständen die Belastung mit Pestizidrückständen und Antibiotika resistenten Bakterien reduzieren.“

Die Medien haben sich natürlich auf den ersten Teil des Ergebnisses gestürzt und berichteten darüber mit ihrer üblichen Vehemenz, wobei sie in vielen Fällen den zweiten Teil vollständig ignorierten. Aufgrund ihrer Überschriften müsste man tatsächlich glauben, dass ökologische Lebensmittel überhaupt keinen Vorteil brächten: „Stanford Wissenschaftler hegen Zweifel an den Vorteilen von Bio-Fleisch und Erzeugnissen“ (New York Times); „Bio-Lebensmittel sind nicht gesünder als konventionelle Produkte“ (Huffington Post); „Eine Studie fragt, wie viel besser Bio-Produkte sind“ (Houston Chronicle); „Eine Studie stellt fest, Bio- und konventionelle Lebensmittel sind was Nährwerte und Sicherheit angeht vergleichbar“ (Washington Post). Selbst in der eigenen Pressemeldung der Stanford University heißt es: „Stanford Studie ergibt wenig Belege für den gesundheitlichen Vorteil von Bio-Lebensmitteln“. [Anzumerken ist, dass auch mehrere deutsche Profi-Leistungsmedien mit entsprechenden Meldungen aufwarteten.]

Was die Studie tatsächlich sagt ist, dass sie keine „signifikanten“ oder „robusten“ Unterschiede im Nährwertgehalt von ökologischen oder konventionell angebauten Lebensmitteln gefunden haben, dass sie aber feststellten, dass Bio-Lebensmittel 30% weniger Pestizidrückstände aufweisen. Obwohl sich die Pestizidwerte im Rahmen der Sicherheitsrichtlinien der amerikanischen Umweltbehörde (EPA) bewegten, sollte darauf hingewiesen werden, dass die gesundheitlichen Auswirkungen von Pestiziden kumulativ sind und dass das, was wir als sicher erachten, nicht mit der EPA übereinstimmen muss! Wie wir z.B. am 21.08.2012 berichtet haben, können Herbizidrückstände auf genveränderten Feldfrüchten Fortpflanzungsprobleme verursachen. Eine Belastung mit Organophosphaten kann nach mehreren Studien führender Universitäten zu Frühgeburten und zu ADHD als auch zu einer niedrigeren Intelligenz bei Kindern führen.

Die Stanford Studie betonte außerdem, dass das Risiko, Antibiotika resistente Bakterien aufzunehmen, bei konventionellen Geflügel und Schweinefleisch 33% höher ist als bei ökologischem. Erinnern Sie sich an unseren Artikel über „Superbugs“ (resistente Schädlinge)? Das amerikanische Landwirtschaftsministerium rechtfertigt aufgrund solcher Lebensmittel-Sicherheitsbedenken regelmäßig die Bestrahlung und Sterilisierung von Lebensmitteln, siehe unser Bericht vom 28.08.2012 – und diese Studie zeigt im Grunde, dass Bio-Produkte nicht sterilisiert werden müssen, weil sie viel sicherer sind.

Die Meta-Analyse stellt weiter fest, dass Bio-Produkte mehr Phosphor enthalten und dass Öko-Geflügel mehr Vaccensäure und mehr organische Phenole enthalten, die eine antioxidative und krebshemmende Wirkung haben. Ein paar Studien legten nahe, daß Bio-Milch signifikant mehr Omega 3 Fettsäuren enthalten könnte.

Was die Stanford Studie ausließ ist, dass ökologisch angebaute Lebensmittel per Definition keine genmanipulierten Organismen enthalten können, so dass sie sehr viel gesünder als konventionelle Lebensmittel sind. Obwohl die Gentechnik-Industrie immer wieder betont, dass „GMOs“ sicher wären und GMO-freien Produkten gleich kommen, gibt es reichlich Belege für das Gegenteil. Ökologischer Landbau ist auch für die Umwelt gesünder, da er nicht mit den Auswirkungen großindustrieller Landwirtschaft verbunden ist (abgesehen davon, dass man mit Tieren, die zur Fleischproduktion aufgezogen werden, humaner umgeht [das finde ich als Veganer neben dem ca. 10 mal höheren Ressourcenverbrauch verlogen, da kein Lebewesen gerne stirbt]).

Charles Benbrook, PhD, Professor an der Washington State University und ehemaliger Chef-Wissenschaftler am Organic Center, der die Stanford Studie und einen Großteil der verwendeten Literatur prüfte, fand die Studie irreführend. Er wies darauf hin, dass mehrere gut entworfene Studien gezeigt haben, dass Produkte aus ökologischem Landbau höhere Konzentrationen an Antioxidanten und Vitaminen als konventionelle landwirtschaftliche Produkte enthalten. Produkte wie Äpfel, Erdbeeren, Weintrauben, Tomaten, Milch, Karotten und Getreide aus dem Ökoanbau wiesen in den meisten Studien 10 bis 30 Prozent höhere Werte verschiedener Nährstoffe auf, dazu gehören Vitamin C, Antioxidanten und Phenolsäuren.

Wie die Environmental Working Group anmerkt, widerspricht die Stanford Studie auch den Ergebnissen einer vergleichenden Analyse der Nährwerte ökologischer und konventioneller Nahrung, die von vielen für die bahnbrechendste der wissenschaftlichen Literatur angesehen wird. In dieser Studie von 2011 analysierte ein von Dr. Kirsten Brandt geleitetes Team des Human Nutrition Research Centers der Newcastle University in Großbritannien zum größten Teil dieselben Forschungsarbeiten und kam zum Ergebnis, dass Produkte aus ökologischem Landbau ungefähr 12 bis 16 Prozent mehr Nährstoffe als konventionelle Produkte enthalten.

Kritiker der Studie haben auch sehr schnell auf methodologische Schwächen der Studie hingewiesen.

Erstens übergeht eine Meta-Analyse (d.h. eine große Anzahl von Studien auf Übereinstimmungen zu untersuchen), die Feinheiten und den Umfang der einzelnen Studien, z.B. unterschiedliche Testverfahren, geographische Gegebenheiten und Anbaumethoden. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher ökologischer Anbaumethoden und jede vorgefundene Lebensmittelprobe hängt von Boden ab, auf dem sie gewachsen ist. Chinesische Erde weist z.B. einen notorischen Mangel an Selen auf und der tritt auch in den Nahrungsmitteln zutage. Dies erschwert es, anhand einer Sichtung vieler verschiedener Studien verallgemeinernde Aussagen zu treffen.

Zweitens, wenn Forscher Studien für eine Meta-Analyse auswählen, steht es ihnen frei auszuwählen, was immer sie wollen – und alles auszulassen, dass ihre Schlussfolgerungen nicht stützt. Z.B. kam eine Studie im Jahre 2010 von Wissenschaftlern der Washington State University zum Ergebnis, dass Erdbeeren aus ökologischem Anbau mehr Vitamin C als konventionelle enthalten. Dr. Crystal Smith-Spangler aus dem Stanford Team sagte, dass diese Studie irrtümlich bei der Analyse übersehen wurde, doch sie bezweifelte, daß sie das Ergebnis verändert hätte, wenn sie zu den 31 anderen Studien, die den Vitamin C Gehalt untersuchten, dazu genommen worden wäre!

Dieser Kommentar unterschlägt völlig, dass jene Chemikalien die [in den USA bisher] zur Behandlung von konventionellen Erdbeeren verwendet werden, zu den gefährlichsten überhaupt gehören. So ignoriert die Diskussion über den exakten Vitamin C Gehalt in der Frucht das Allerwichtigste, dass konventionelle Erdbeeren wegen ihrer Belastung mit einem bekannten Gift gemieden werden sollten.

Drittens gab es keine Langzeitstudien zu den gesundheitlichen Auswirkungen, die den Verzehr von ökologischen und konventionellen Lebensmitteln vergleichen. Die Dauer der Humanstudien variierte von zwei Tagen bis zwei Jahren. Die meisten der gesundheitlichen Auswirkungen brauchen sehr viel länger, um sichtbar zu werden.

Wir sehen wieder einmal, wie sich die Medien das Spektakulärste herauspicken, als ob dies für die ganze Studie repräsentativ wäre, und wie sie die wichtigsten Ergebnisse auslassen – dass ökologische Lebensmittel, was den Gehalt an Pestiziden, Antibiotika resistenten Bakterien und GMOs angeht, sehr viel sicherer sind. Die Medien machten sich auch keine Mühe damit, die Methodik der Studie einer kritischen Analyse zu unterziehen und noch viel seltener boten sie eine faire Darstellung dessen an, was die Kritiker der Studie zu sagen hatten.

AHN-USA wird jeden Herausgeber in den Medien kontaktieren und um Veröffentlichung einer Korrektur bitten. Wir holen tief Luft. Wie unsere Leser wissen, sind große Lebensmittelkonzerne nicht anders als große Pharmakonzerne große Werbekunden und die herkömmlichen Medien scheinen ihre Berichte entsprechend zu stricken.

Autor: ANH-USA, 4. September 2012
Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Der Original-Artikel „New Junk Science Study Dismisses Nutritional Value of Organic Foods“ wurde von ANH-USA unter einer Creative Commons Attribution 3.0 License (Namensnennung) veröffentlicht. Für diese Übersetzung gilt CC: BY-NC-SA (Namensnennung, nicht kommerzielle Nutzung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen).

The Allicence for Natural Health USA auf Twitter

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Die besten Tipps für Allergiker für die heißeste Woche des Jahres

Gesundheit und Kühle

  • Ausreichend Wasser trinken. 3 – 4 Liter sollten es am heißesten Tag des Jahres sein. Etwas Zitronensaft ins Wasser erfrischt und das Saure wirkt wohltuend. Essen sollte man ganz leichte Speise, nichts, was zu fett ist oder zu mächtig.
  • Lüften sollte man an den heißesten Tagen des Jahres nur morgens früh und nachts. Tagsüber lassen geöffnete Fenster warme Luft einströmen, wodurch es in der Wohnung sofort unangenehm heiß wird.
  • Ein sehr gutes Hilfsmittel, um für Luftzirkulation zu sorgen, ist ein Ventilator. Ist die Wohnung extrem heiß, sollte man sich zwei oder drei Ventilatoren im Baumarkt besorgen und einen „Windkanal“ damit bilden. Große Standventilatoren gibt es bereits unter 15€.
  • Weil bei Hitze Schadstoffe vermehrt ausgasen, ist es wichtig, die Luft in der Wohnung dennoch erträglich zu halten, sofern der Wohnraum nicht clean ist. Falls Wohngifte die gesundheitliche Situation verschlimmern und sie durch Lüften nicht lösbar ist, sollte man einen Luftreiniger aufstellen.
  • Kühle Plätze sind bei über 30°C eine Seltenheit. Der beste Ort ist an einem (sauberen) Bachlauf mit Baumbestand oder im Wald. Manche Parks mit altem Baumbestand und Teich sind eine Oase, wenn man in der Stadt lebt.
  • Abstand nehmen sollte man von überfüllten Freibädern. Die Gefahr, einen Sonnenbrand zu bekommen, ist sehr groß und Schattenplätze bereits am frühen Morgen belegt. Menschen mit Allergien und MCS sollten zusätzlich bedenken, dass Schwimmbäder bei Hitze stärker gechlort werden und die anderen Schwimmbadbesucher mit Sonnencreme eingecremt sind, die Duftstoffe und Chemikalien enthält. Das kann schnell zu Problemen führen.
  • Bei heißem Wetter sollte jeder, in Rücksicht auf die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen, auf Duftstoffe und Parfüms verzichten.
  • In allerletzter Not, wenn man aus seinem Wohnraum nicht raus kann, bleibt zum Abkühlen noch eine kurze kalte Dusche oder die Unterarme unter kaltes Wasser halten. Wer ein Wassertretbecken kennt, das schattig gelegen ist, kann sich glücklich schätzen.

Habt Ihr noch Tipps? Lasst Sie uns wissen!

Edeka und Kaiser’s verwenden noch immer giftige Kassenbons

Bei vielen Discountern hat Profit Vorrang vor Gesundheit der Verbraucher und vor dem Umweltschutz

Während Umweltschutz und die Gesundheit der Konsumenten vielen Konzernen am Herzen liegt, scheinen sich die Discounter Edeka und Kaiser’s auf Greenwashing zu beschränken. Sie verwenden noch immer hochgiftiges, BPA-haltiges Thermopapier für ihre Kassenbons. Der französische Discounter Carrefour, REWE, ALDI Nord und Lidl sind sensibler, sie suchten nach Bekanntwerden der Problematik Hersteller für Kassenbons, die weniger giftige Ersatzstoffe verwenden.

Andererseits kommt die Reue spät, denn seit 120 Jahren ist man sich bewusst, dass die Chemikalie Bisphenol A, meist kurz BPA genannt, sich im Körper wie das Hormon Östrogen verhält. In den vergangenen drei Jahren handelten Regierungen und Konzerne und eliminierten die bedenkliche Chemikalie aus einigen Produkten. Babyfläschchen aus Polycarbonat, die BPA enthalten, wurden in vielen Ländern und in der EU verboten. An Unkenntnis hinsichtlich der Toxizität und Umweltbedenklichkeit von BPA kann es bei Edeka und Kaiser’s nicht liegen.

Greenpeace gab eine Pressemitteilung heraus, um auf das sorglose Verhalten der beiden Discounter hinzuweisen:

Andere Firmen haben nach Kritik auf Ersatzstoffe umgestellt

Hamburg (ots) – Vor einem Jahr hatte eine Untersuchung des Greenpeace Magazins ergeben, dass sieben von acht getesteten Unternehmen im Thermopapier für Kassenbons giftige Bisphenole verwendeten.

Jetzt zeigt der Folgetest:

Kassenbons von Edeka enthalten noch immer das höchst umstrittene Bisphenol A (BPA), Kaiser’s setzt das kaum weniger kritische Bisphenol S (BPS) ein. Aldi Nord, die Deutsche Bahn und Lidl sind auf den Ersatzstoff Pergafast 201 umgestiegen. Rewe verwendet nun die Chemikalie D-8, Galeria Kaufhof und die Deutsche Post höchstwahrscheinlich ebenfalls.

BPA, das auch in Kunststoffen enthalten ist, steht seit Jahren in der Kritik. Es wirkt ähnlich wie das weibliche Sexualhormon Östrogen. Studien deuten darauf hin, dass es unter anderem die Reifung des Gehirns von Kleinkindern schädigen und die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann. Problematisch ist auch der Ersatzstoff BPS: Studien zufolge wirkt er ähnlich stark hormonell wie BPA.

CSN Artikel über die Gefährlichkeit der Chemikalien Bisphenol A (BPA):

Die Substanzen befinden sich als Farbentwickler an der Oberfläche von Thermopapier und machen ein bis zwei Prozent von dessen Gewicht aus. Beim Anfassen können sie über die Haut ins Blut gelangen. Die schwedische Chemikalienbehörde KEMI hat kürzlich die Bisphenol-A-Exposition durch Thermopapiere berechnet und nennt die Gefahr einer Schädigung Ungeborener „nicht angemessen beherrschbar“. Die Behörde plädiert für ein vorsorgliches BPA-Verbot in Quittungen, da sich die hormonelle Wirkung schon „bei sehr geringen Dosen“ zeige. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat inzwischen eine neue Risikobewertung angekündigt. Auch das Umweltbundesamt will prüfen, „ob das Risiko für Mensch und Umwelt möglicherweise unterschätzt wird.“

Sechs der acht geprüften Unternehmen sind auf die Ersatzstoffe Pergafast 201 oder D-8 umgestiegen. Beide Chemikalien wurden jetzt neben 15 anderen möglichen BPA-Alternativen von der US-Umweltbehörde EPA untersucht. Sie sind demnach für den Menschen weniger bedenklich als BPA, aber auch nicht risikofrei. D-8 ist BPS strukturell ähnlich, laut kalifornischer Umweltbehörde hat es eine „eindeutig hormonell aktive Wirkung“. Für Pergafast 201 gilt das nach heutigem Forschungsstand nicht. Beide Substanzen gefährden aber laut EPA die Umwelt. Gelangen sie in Gewässer, kann vor allem Pergafast Fische und andere Wassertiere schädigen. Wie schon vor einem Jahr empfehlen Experten deshalb: Kassenbons nur kurz anfassen, nicht in Kinderhände geben und im Restmüll entsorgen, damit die Chemikalien nicht in den Recyclingkreislauf gelangen.

Autor:

Antext: Silvia K. Müller, Chemical Sensitivty Network, 16. August, 2012

Pressemitteilung: Greenpeace, Weiterhin Gift in Kassenbons, 14.08.2012

Arbeitsschutz für Allergiker

Behörden setzen Rücksichtnahme auf Duftstoffallergiker durch

Das Benutzen von Parfüms, Bodylotions, Deo’s und anderen Duftstoffen an Arbeitsplätzen hat Dimensionen angenommen, die Behörden tätig werden lässt. Etwas Duft kann eine angenehme Bereicherung sein, wenn zu viel des Guten verwendet wird, werden Duftstoffe zur quälenden Last. Insbesondere in Büros, wo man auf engem Raum zusammen sitzt, kann das Parfüm oder Aftershave des Kollegen sogar zum handfesten Gesundheitsproblem werden. Für Allergiker, Asthmatiker und Chemikaliensensible (MCS) reicht ein wenig Parfüm, um die Arbeitsfähigkeit einzuschränken oder aufs Spiel setzen. Selbst ein kurzer Aufenthalt einer Person, die ein Parfüm oder Pflegeprodukt benutzt hat, das allergieauslösende natürliche Duftstoffe oder Chemikalien enthält, kann die Luft in einem Innenraum für viele Stunden belasten.

Die kanadische Bezirksregierung von Kootenay Boundary hat einer Arbeitsanweisung zur Minimierung von Duftstoffen und Parfüms am Arbeitsplatz höchste Priorität eingeräumt. Am 11. Juli 2012 trat die Leitlinie in Kraft. Seit einiger Zeit kann man nahezu wöchentlich über die Einführung solcher Regulierungen oder über Verbote von Parfüm und Duftstoffen bei Behörden, in Konzernen, auf Veranstaltungen, als auch in Schulen und Universitäten lesen.

Gründe für ein Duftstoffverbot

Die kanadische Bezirksregierung von Kootenay Boundary beschreibt in ihrer Leitlinie mit dem Titel „Scent-Sensitive Environment“ die Gründe für die nun in Kraft tretende Arbeitsanweisung. Man möchte die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Mitarbeiter und Besucher durch Minimierung von parfümierten Produkten die Umwelt- und Chemikaliensensitivität auslösen können, sicherstellen. Das Ziel der Leitlinie ist die Reduzierung der Verwendung stark gedufteter Produkte. Die Behörde hat insbesondere folgende problematische Produkte im Visier und bittet darauf zu verzichten, wenn sie parfümiert sind, bzw. auf duftfreie Alternativen auszuweichen:

  • Shampoo, Conditioner
  • Haarsprays
  • Deos
  • Parfüms, Aftershaves
  • Bodylotions, Cremes
  • Potpourri
  • Handseifen
  • Kosmetika
  • Lufterfrischer, Raumsprays
  • Aromatherapie Produkte
  • Duftöle
  • Beduftete Kerzen

Die Behörde ist bestrebt, Reinigungs- und Desinfektionsmittel zu finden, die verträglich sind und verspricht die Verwendung zu beobachten und im Falle von Unverträglichkeiten durch Ersatzprodukte Abhilfe zu schaffen.

Duftfreie Arbeitsplätze werden zur Norm

In USA und Kanada sind Arbeitsplätze, an denen ein „Duftstoff- oder Parfümverbot“ herrscht, keine Seltenheit mehr. Arbeitsplätze, an denen Duftstoffe und Parfüms reglementiert sind, stellen in diesen Ländern laut Dokument der Bezirksregierung von Kootenay Boundary zwischenzeitlich eine gewisse Norm dar. Ähnliche der Gesundheit von Angestellten an Arbeitsplätzen zuträgliche Bestrebungen sind in europäischen Ländern erst selten anzutreffen. Die Leitlinie wurde von der kanadischen Bezirksregierung als Teil eines umfassenden Programms für Arbeitssicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eingeführt. Mitarbeiter, Leiter von Behörden wie auch Besucher sollen sich daran halten, um die Gesundheit ihrer Mitmenschen zu schützen.

Ist Verzicht auf Duftstoffe wirklich nötig?

Duftstoffe bestehen aus Chemikalien oder aus natürlichen Ölen, die allergene Wirkung haben können. Zusätzlich oxidieren solche ätherische Öle durch Licht-, Luft- und Ozoneinwirkung wodurch Schadstoffe freigesetzt werden. Es ist also keineswegs unbedenklich, wenn nur natürliche Duftöle / Aromaöle verwendet werden, oder bspw. Reinigungsmittel mit Zitrusöl. Beides, chemische und natürliche Duftstoffe belasten die Raumluft und können die Gesundheit einer Person erheblich beeinträchtigen. Folgende Gesundheitsbeschwerden durch beduftete Produkte, Parfüms, etc. werden häufig berichtet und auch in der Leitlinie für Arbeitssicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz angeführt:

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Benebeltes Gefühl im Kopf
  • Übelkeit
  • Erschöpfung
  • Schwäche
  • Müdigkeit
  • Konzentrationsstörungen
  • Depressionen
  • Angst
  • Taubheitsgefühle
  • Atemwegbeschwerden
  • Kurzatmigkeit
  • Hautirritationen
  • Tränende, gereizte Augen
  • Anaphylaxie

Kosten für die Umsetzung eines Duftstoffverbots am Arbeitsplatz

Duftfreie Seife für Seifenspender und Reinigungsmittel ohne Duft kosten nicht mehr als herkömmliche Produkte, wenn man etwas Preisvergleich betreibt. Die Kosten für die Umsetzung eines Duftstoffverbots sind abhängig von der Größe eines Unternehmens oder einer Behörde. Hinweisschilder, Schulungsmaterial und Aufklärungsbroschüren sind die Hauptposten. Wenn nicht viele Mitarbeiter über ein Duftstoffverbot informiert werden müssen, reicht oft eine einfache Dienstanweisung, die außer Mühe und Zeit, sie zu erstellen, keine oder kaum Kosten verursacht.

Rigoroses Verbot oder freiwilliges Verzichten auf Duftstoffe?

Ob an einem Arbeitsplatz ein rigoroses Duftstoffverbot eingeführt werden muss oder ob Aufklärung und die Bitte an Mitarbeiter und Besucher auf duftende Kosmetika zu verzichten, ausreicht, hängt von einigen Faktoren ab:

  • Kooperationswille der Mitarbeiter und Gebäudebesucher
  • Mitarbeiter, die schwere gesundheitliche Reaktionen durch Parfüms und Duftstoffe erleiden
  • Gesundheitsbewusstsein, Einsicht
  • Schrittweises Vorgehen aus Umsetzbarkeitsgründen
  • Zeitlicher Aufwand, Mitarbeiter über das Duftverbot zu informieren (Schulungen)
  • Duftstoffe vom Arbeitsplatz verbannen

Parfüms und Duftstoffe gehören zwar für viele Menschen zum Leben dazu, sie sind jedoch in keinster Weise notwendig. Jeder, der besorgt ist um das Wohlergehen und die Gesundheit seiner Mitmenschen, kann dazu beitragen, dass eine Firma, ein Betrieb oder eine Behörde barrierefreier und ein gesünderer Arbeitsplatz wird.

Unterstützen kann man die Einführung einer solchen Duftstoff-Reglementierung durch:

  • Hinweisschilder an Eingängen, auf Toiletten und in den verschiedenen Arbeitsbereichen
  • Eliminierung von Duftspendern auf Toiletten, statt dessen Einbau einer besseren Lüftung
  • Besonders eingeschränkten Mitarbeitern gestatten, einen Raumluftfilter in ihrem Arbeitsbereich einzusetzen, ihre Pausenzeiten frei wählen zu können, bei Erfordernis eine Aktivkohle-Schutzmaske verwenden zu dürfen
  • Telefon, Intranet, iMessage, Messenger, SMS und andere Möglichkeiten elektronischer Kommunikation nutzen, um Mitarbeiter mit schweren Gesundheitsproblemen vor massiver Duftstoffexposition zu warnen

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 30. Juli 2012

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„Funktionelle Leiden“ – Eine vorsätzlich gelegte falsche Spur?

Einspruch gegen das dänische liaisonpsychiatrische „TERM-Modell“

in einem neuen Buch von Bente-Ingrid Bruun

Die dänische Gesellschaft für Allgemeinmedizin [Dansk Selskab for Almen Medicin, DSAM] hat geplant, ein kleines, klinisches Handbuch zu funktionellen Leiden und Psychosomatik [Klinisk Vejledning om Funktionelle Lidelser og Psykosomatik] für Hausärzte herauszugeben, das im Oktober 2011 als Hearing-Entwurf verschickt wurde. Wie erwartet, kamen viele Hearing-Einsprüche von medizinischen Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen. Eine Anzahl dieser Einwände werden nun im Appendix des neuen Buchs von Bente-Ingrid Bruun veröffentlicht.

Mehr und mehr Kinder und Erwachsene klagen über Kopfschmerzen, Ruhelosigkeit, Unwohlsein, Gelenkschmerzen, Herzprobleme, Schlafstörungen, Müdigkeit, fehlende Konzentration und Missmut. Die Mehrheit hat aber keine funktionellen liaisonpsychiatrischen Leiden, wie es von Professor Per Fink behauptet wird. Fink ist für die Forschungseinheit für funktionelle Leiden und Psychosomatik, Aarhus, zuständig. Per Fink hat einen veralteten, neurologischen Brauch ausgebaut, mittels dessen Neurologen schon früh die Angewohnheit annahmen, in ihrem Gutachten subjektive Einschätzungen zu funktionellen Leiden abzugeben, wenn sie ausserstande waren, die Leiden ihrer Patienten zu diagnostizieren. Sie gaben psychosoziale Faktoren an, obwohl diese nicht nachgewiesen waren, und die Angewohnheit, funktionelle Einschätzungen zu verwenden, hat sich inzwischen bei Schwierigkeiten beim Diagnostizieren auch auf andere medizinische Fachgebiete ausgebreitet. Etliche Ärzte etwa haben Probleme damit, Schleudertraumen und Hypersensitivitäten wie MCS und EHS zu diagnostizieren, obwohl es schon nachgewiesen ist, dass die Umweltkrankheiten mit steigender Exposition zu chemischen Schadstoffen und drahtlosen Signalen wie WiFi und 3G zusammenhängen. Karenztherapie und Expositionsstop haben einen positiven Effekt auf die Erkrankten. MCS hat in Dänemark gerade eine selbständige Diagnose, DR688A1, im Klassifikationssystem des Gesundheitssystems bekommen.

Das angestrebte Ziel ist, subjektive Einschätzungen über funktionelle Leiden als liaisonpsychiatrische Diagnosen anzuerkennen. Menschen mit WHO klassizifizierten ICD-10 Diagnosen wie Fibromyalgie, werden damit ins dänische Patientenregister aufgenommen, als ob sie ein psychiatrisches Leiden hätten. Auf diese Weise vermehrt sich statistisch gesehen das Ausmass funktioneller Leiden, und die oben angeführte Behauptung lässt sich irrigerweise bestätigen.

Wie viele wissen, dass Menschen mit Umweltkrankheiten, chronischen medizinischen Krankheiten und Hypersensitivitäten wie MCS und EHS in der Zukunft bei ihren Hausärzten ihre Krankheiten in funktionelle Leiden konvertiert bekommen aufgrund eines veralteten ”TERM-Modells” ( The Extended Reattribution and Management Model), woraus belastende Umweltfaktoren aussortiert wurden? Symptombehandlung mit Medikamenten und kognitive Gruppentherapie werden die künftigen Haupttherapien darstellen, und die Beschwerden sollen nicht länger bei einem Facharzt untersucht und diagsnostiziert werden.

Es geht um eine kostensparende, individuelle, gesundheitspolitische Lösung eines steigenden Krankheitsproblems in der hochtechnologischen drahtlosen Gesellschaft, in der die Verantwortung für die Auswirkungen politisch-finanzieller Entscheidungen über u.a. drahtlose Gesellschaften auf die Schultern des einzelnen Kranken gelegt werden soll.

Haben Ärzte und Psychologen Überlegungen über Begrenzungen des liaisonpsychiatrischen Fachgebiets angestrebt?

Autor: Bente-Ingrid Bruun. Übersetzung: Dorte Pugliese für CSN – Chemical Sensitivity Network, 25. Juli 2012

Das Buch ”LIAISONPSYKIATRI og TERM-modellen – Fra forebyggelse til fejlbehandling?”

[Liaisonpsychiatrie und das ”TERM-Modell” – zur Vorbeugung zur Fehlbehandlung?] ist gerade beim dänischen BoD Verlag erschienen. Die Autorin ist Diplom-Psychologin Bente-Ingrid Bruun.

ISBN: 978-87-7114-734-6 – Preis: 125 DKK [? 17 EUR] im Buchhandel. Wird auch online verkauft.

Bente-Ingrid Bruun ist erreichbar per Email: bibruun@viljens-kraft.dk oder per Telefon: +45 2070-4432.

 

Weitere CSN Artikel über die Situation von Umwelterkrankten in Dänemark:

Fortsetzungsserie: „Dänisches MCS-Forschungscenter im internationalen Blickfeld“:

Chemikalien in Kosmetika können Diabetes-Risiko bei Frauen erhöhen

Weichmacher in Körperpflegemitteln, Medikamenten und Medizinprodukten gefährden die Gesundheit

Kosmetika enthalten häufig eine ganze Anzahl von unterschiedlichen Chemikalien. Zum Teil haben diese Substanzen, die in vielen Bodylotions, Nagellacken, Seifen, Haarsprays, Parfüms, Aftershaves, etc. nachzuweisen sind, weitreichende Auswirkungen auf unseren Hormonhaushalt. Wissenschaftler aus Dallas fanden jüngst einen Zusammenhang zwischen erhöhten Konzentrationen bestimmter Phthalate im Körper und einem erhöhten Risiko für Diabetes bei Frauen. Diese als Weichmacher für Kunststoffe eingesetzte Chemikaliengruppe ist in den Kosmetika oft anzutreffen. Phthalate werden auch in Klebstoffen, Elektronik, Spielzeug und einer Vielzahl von anderen Produkten verwendet.

Phthalate verstärken Risiko, an Diabetes zu erkranken

Wissenschaftler des renommierten Brigham and Women‘s Hospital (BWH) in Dallas untersuchten die gesundheitlichen Auswirkungen von Phthalaten. In der groß angelegten Studie analysierten Forscher unter der Leitung von James Tamarra-Todd, Ph.D. die Urin-Konzentrationen von Phthalaten bei 2.350 Frauen. Die Probanden der in der medizinischen Fachzeitschrift „Environmental Health Perspectives“ veröffentlichten Studie hatten zuvor an einer Befragung zur nationalen Gesundheit der US Bundesbehörde „National Institute of Environmental Health Sciences“ teilgenommen. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Frauen mit höherer Phthalat-Konzentration im Urin häufiger unter Diabetes leiden als solche mit geringerer Weichmacherbelastung.

Diabetes-Risiko bis zu 70% erhöht durch Weichmacher in Kosmetik

Die Wissenschaftler spezifizierten ihre Erkenntnisse, um deutlich zu machen, welche weitreichenden Auswirkungen die unterschiedlichen Phthalate in Kosmetika auf die Gesundheit haben können:

  • Bei den Frauen in der Studie, bei denen die höchsten Werte von Mono-Benzyl Phthalate und Mono-Isobutyl Phthalate nachgewiesen wurden, stellte man ein fast doppelt so hohes Risiko, an Diabetes zu erkranken, fest, als vergleichsweise bei den Frauen mit den niedrigsten Werten dieser Chemikalien im Urin.
  • Frauen mit einer etwas höher als dem Mittelwert liegenden Belastung von Mono-(3-Carboxypropyl) Phthalat im Urin hatten ein um etwa 60 Prozent erhöhtes Risiko für Diabetes.
  • Studienteilnehmerinnen mit mäßig hohen Belastungswerten der Chemikalienkombination Mono-n-Butyl-Phthalat-und Di-2-ethylhexylphthalat hatten etwa ein 70 Prozent erhöhtes Risiko für Diabetes.

Weitere Ursachenforschung notwendig

Einen Unsicherheitsfaktor gibt es jedoch in der Studie. Es steht zwar außer Frage, dass Phthalate mit Diabetes in Zusammenhang stehen und dass die Stichprobe einen repräsentativen Querschnitt für die Bewertung eines Risikofaktors für Diabetes in der weiblichen amerikanischen Bevölkerung darstellt. Doch obwohl die vorliegenden Forschungsergebnisse Rückschlüsse auf das Vorhandensein einer Phthalat-Belastung bei amerikanischen Frauen zulassen, bedarf es weiterer Absicherung der Kausalitätskette. Warum dies so ist, erläutert Studienleiter James Tamarra-Todd, Ph.D. von der Abteilung für Frauenheilkunde am BWH:

„Dies ist ein erster wichtiger Schritt in der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Phthalaten und Diabetes“, sagte Dr. James-Todd. „Wir wissen, dass zusätzlich zu den in Körperpflegemittel verwendeten Phthalate in bestimmten Arten von medizinischen Geräten und in Medikamenten zur Behandlung von Diabetes vorhanden sind, das könnte ebenfalls erklären, warum Phthalate bei Frauen mit Diabetes in so hohen Konzentrationen nachweisbar sind. Also insgesamt wird mehr Forschung benötigt.“

Verbraucherschutz

Welche Konsequenzen seitens der Entscheidungsträger in Behörden und bei den Herstellern aus der aktuellen Studie gezogen werden, bleibt abzuwarten und kann dauern. Verbraucher können sich nur bedingt schützen, bis die Weichmacher in Kosmetika, Medizinprodukten und Medikamenten verboten werden.

Zwei der gängig in Kosmetika verwendete Phthalate müssen auf der Verpackung von Kosmetika angegeben werden und können unter den Kürzel DMP und DEP identifiziert werden. Einige andere Phthalate sind in Deutschland durch die Kosmetikverordnung verboten. Welche Chemikalien in nachgemachten Parfüms und anderen Kosmetika aus unsicheren Quellen zu erwarten sind, kann niemand einschätzen, und man ist gut beraten, auf solche unsicheren Produkte zu verzichten.

Bei Medizinprodukten und Medikamenten ist die Situation noch schwieriger. In diesen Bereichen hat man gerade erst begonnen, mögliche Ersatzchemikalien für die gesundheitsschädlichen Phthalate zu finden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 15. Juli 2012

Literatur:

Brigham and Women’s Hospital, Chemicals in personal care products may increase risk of diabetes in women, Environmental Health Perspectives, 13. Juli 2012.

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