Schweiz – Apartments für Multiple Chemical Sensitivity & Allergien

MCS Wohnprojekt Schweiz

Selbsthilfegruppe bietet Wohnraum & Urlaubsdomizil 

Die Schweizer Selbsthilfeorganisation MCS-SOS hat ein außergewöhnliches Wohnprojekt ins Leben gerufen. In Biel, dem Standort der Schweizer Uhrenindustrie, entstanden Apartments und eine Notfall-Wohnung für Menschen, die unter MCS – Multiple Chemical Sensitivity leiden. Wohnraum und Urlaubsdomizile für Personen, die auf geringste Konzentrationen von Chemikalien und Duftstoffen reagieren, gibt es nur sehr begrenzt. Während es in der Schweiz bereits das zweite Projekt ist, haben Chemikaliensensible in Deutschland noch immer keine entsprechenden Unterkünfte. Umso größer war die Freude, als die Organisation die Möglichkeit anbot, die Apartments zu testen. 

Eine Reise steht an

Schweiz Seeland

Nachdem wir die Meldungen über die Schweizer MCS Apartments stets verfolgt hatten, war die Spannung groß, das Domizil kennenzulernen. Mitte Juni war es soweit, die Planung für den Reisetermin stand fest. Mein Vater erklärte sich bereit, mitzufahren und die Möglichkeit zu nutzen, mir meine Geburtsstadt und die Orte an denen wir früher oft waren, zu zeigen. In aller Frühe fuhren wir los und hatten eine stressarme Reise mit wenig Verkehr. 

Praktische, ästhetische Ausstattung

Als wir zusammen mit Heidi Streminger von MCS-SOS in den Bieler Apartments ankamen, waren wir angenehm überrascht, wie clean die Luft in den Wohnungen war. Das große Apartment mit Dachterrasse, Luftreiniger und Klimaanlage nutzten wir sogleich, um mit Heidi über das Projekt und die nächsten Tage zu sprechen. Wir bekamen alle Besonderheiten der MCS Unterkunft erklärt und wie die weitere Entwicklung des Projektes angedacht ist. 

Frühstück in der Küche

Ich bezog die MCS Notfall-Wohnung für die Dauer des Aufenthaltes, während mein Vater das große Apartment bewohnte. Das Frühstück nahmen wir in der komplett ausgestatteten Gemeinschaftsküche des Vereins ein. Ein großer lichtdurchfluteter Raum, der über einen großen Besprechungs- und Esstisch, sowie über eine Relaxecke verfügt. Die Küchenzeile bietet alle Möglichkeiten und ist aus lackiertem Edelstahl. Eine gute Wahl, denn die Schränke sind neutral, auch für empfindliche MCS Nasen. Mit Kühlschrank, Froster, Spülmaschine und Herd ausgestattet, hat man alle Möglichkeiten sich etwas zu Essen zuzubereiten. Die bis ins Detail durchdachte Ausstattung mit Glaskeramik Töpfen, Glas Wasserkocher und Glasgeschirr wird sicher auch zukünftig viele MCS Betroffene und Allergiker erfreuen. Wir fühlten uns sehr wohl mit dem allergikerfreundlichen Inventar. Wir genossen jeden Morgen ein langes Frühstück, bei dem wir herrliche Ausflüge in die nahen Berge oder ins umliegende Seeland besprachen. 

Apartment für MCS Erkrankte in Not

Das Projekt Claude, wie die aus einem Vermächtnis heraus entstandenen Wohnungen, bezeichnet werden, verfügt auch über ein Apartment für MCS Notfälle. Diese hübsche Einzimmerwohnung war mein Domizil und Rückzugsort während des Aufenthaltes. Ebenfalls komplett ausgestattet, kann eine Person sich in diesem Apartment sehr gut erholen. Alle Materialien sind geruchsneutral und ich nahm entsprechend keinerlei Symptome wahr. Die Auswahl der Farben und des Bodenbelages aus Stein wurden sehr gut getroffen. Zusätzlich sorgt ein professioneller Luftreiniger für permanent saubere Luft. 

Anti Electrosmog Baldachin

Ein praktisches Stapelbett aus unbehandeltem Buchenholz kann von einer oder zwei Personen genutzt werden. Sehr erholsam ist der EMF Baldachin, der dafür sorgt, dass man wirklich Ruhe vor elektromagnetischer Strahlung hat. Sehr sinnvoll, wenn eine Person zur Multiple Chemical Sensitivity auch unter Elektrosensibilität leidet. Während des ganzen Aufenthaltes schlief ich gut und fühlte mich am nächsten Morgen rundum wohl. 

Ein bequemer Sessel mit natürlicher Baumwollauflage lädt zum Ausruhen ein. Zusätzlich gibt es eine Essecke, die auch zum Schreiben oder Reden mit anderen genutzt werden kann. 

Das große Bad mit Steinboden, ist neben einer ebenerdigen Glasdusche mit einer Waschmaschine ausgestattet, die gleichzeitig über einen Trockner verfügt. Es wurde wirklich an alles gedacht von den MCS-SOS Verantwortlichen. Neben der praktischen Komponente, wurde in allen Bereichen auch auf Ästhetik geachtet. Ein Aspekt, der sehr zum Wohlbefinden beiträgt und sicherlich künftig weiteren MCS Betroffenen Inspiration bietet und Mut machen wird. 

Gereinigt werden alle MCS SOS Apartments mit ökologischen Reinigungsmitteln. Spülmittel, Waschmittel und Spezialreiniger ohne Duftstoffe und frei von Chemikalien stehen in jedem Apartment bereit. Eine gute Idee, die den Standard erhält und Allergikern mit ihren Familien Inspiration bietet, auch Zuhause allergiker- und umweltfreundliche Alternativen zu verwenden. 

Natur in der Stadt 

Direkt gegenüber der MCS Apartments liegt die Schüssinsel, ein neu angelegtes, natürliches Refugium das zu einer Naturoase gestaltet wurde. Das kleine Flüsschen Schüss, das letztendlich in den Bieler See fließt, wurde renaturiert. Der Park hat einiges zu bieten. Man findet verschieden gestaltete Bereiche, in denen es sich angenehm entspannen lässt. In den heißen Sommertagen, an denen wir dort waren, nutzte so manche Familie den Naturpark um sich am Fluss zu erfrischen. Auch kommende Gäste in den MCS Apartments werden sich sicher dort wohlfühlen. 

Ein Ort zum Entspannen, Sport treiben oder Kontakte knüpfen

Wer möchte, kann auf der Schüssinsel joggen oder sich auf einer der großen geschwungenen Relaxliegen aus Holz entspannen. Das sich anschließende neue Omega – Swatch Gebäude in organischer Form, das vom bekannten japanischen Architekten Shigeru Ban gestaltet wurde, bringt ästhetischen Input in den Stadtteil, der sich in positivem Wandel befindet. Insgesamt ist man erstaunt, wie grün Biel ist. Fast alle Strassen sind gesäumt von hohen Bäumen, die im Sommer angenehmen Schatten und Sauerstoff spenden. 

Infrastruktur für Allergiker und MCS Betroffene

Natur Brücke über kleinen Fluss

Von den MCS Apartments aus ist die Schüssinsel durch Überqueren der Strasse erreichbar und schon ist man dort. Eine alternative Brücke bestehend aus großen Steinen, bringt einen zu einer Migrosfiliale, die viele Bio Produkte hat. Die Versorgung mit frischem Obst und Gemüse, Bio Brot und allem was man braucht, ist um die Ecke sichergestellt. Wer Spezielles benötigt, erhält von Heidi Streminger eine Liste mit Tipps bis hin zu Spezialgeschäften mit Produkten für Elektrosensible. 

Projekt Claude, ein Lichtblick

Es war ein sehr entspannter, schöner Aufenthalt, den wir in den MCS Apartments in Biel hatten. Als wir am Tag der Abreise mit Heidi Streminger am großen Tisch zusammensassen, reflektierten wir unsere positiven Eindrücke. Die Zeit in den umweltkontrollierten Wohnungen hatte uns sehr gut getan. Als chemikaliensensible Person weiß man solche Refugien zu schätzen. Ich bin sicher, es werden noch viele weitere Chemikaliensensible und Allergiker erfreut sein über die Wohnräume, die MCS-SOS geschaffen hat. 

Schlafzimmer für MCS Betroffene

Als Urlaubsdomizil für Chemikaliensensible und Angehörige, sind die bisherigen Apartments ein Lichtblick für ganze Familien. Für jemanden, der eine Übergangslösung auf der Suche nach einer MCS geeigneten Wohnung sucht, ist hier die Lösung. Wer dauerhaft in einer der Apartments wohnen kann, hat einen Wohnraum in dem er sich wohlfühlen wird. 

Es bleibt zu hoffen, dass das Projekt Claude weiter ausgebaut werden kann. Potenzial, in Form von weiteren Wohnungen auf der gleichen Etage, ist da. Der Besitzer des Hauses, Heinz Rüfenacht, ist dem Projekt sehr zugetan und ein äußerst netter Herr mit stets offenem Ohr für die Belange der Umwelterkrankten. Es war nett, ihn bereits am ersten Tag kennengelernt zu haben. 

Abschließend ein großes Dankeschön an MCS-SOS und an Heidi Streminger, die sich sehr um uns kümmerte. Die MCS Apartments in Biel sind gelungen und wir haben Hochachtung vor allen Beteiligten, die dieses Projekt möglich machten. Weiterhin viel Erfolg!

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitive Network, 12. Juni 2019 

Gupta, Hopper, MCS und die Angst

Wird eine Therapie gegen Angststörungen als MCS-Therapie verkauft?

Seit rund einem Jahr machen zwei Therapien von Annie Hopper und Ashok Gupta von sich reden. Es steht die Behauptung im Raum, sie könnten Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS) heilen. Das Schweizer Ministerium für Gesundheit hat im Frühjahr 2012 ein Seminar mit Annie Hopper gesponsert und äußerte sich folgendermaßen dazu:

Roger Waeber, Eidgenössisches Departement des Innern EDI, Bundesamt für Gesundheit BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz, Fachstelle Wohngifte:

„..Generell sind wir der Ansicht, dass Ansätze, die auf Theorien erlernter Reaktionsmuster basieren, interessant und vielversprechend sein könnten für MCS-Patienten. Bis anhin wurden Dritte, welche Vorschläge in dieser Richtung vorgebracht hatten, von Seiten der Betroffenen scharf kritisiert, zuweilen wurde Ihnen sogar vorgeworfen, sie wollten MCS-Patienten „psychiatrisieren“. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass eine entsprechende Initiative nun von Seite der Betroffenen bzw. einer ihrer Organisationen kommt und möchten dies daher mit einem kleinen Beitrag an die organisatorischen Kosten unterstützen. Wir erhoffen uns, dass es dazu beitragen kann, die Lebensqualität zumindest einiger Betroffenen zu verbessern. Vor allem aber haben wir die Hoffnun dass solche Initiativen helfen können, die zuweilen extrem verhärteten Fronten im Streit um „physische“ und „psychische“ Ursachen/Einflüsse beim MCS Phänomen aufzubrechen, um letztlich den Betroffenen auch neue Lösungswege erschließen zu können…“ (1)

Die australische MCS Aktivistin Catherine McIver möchte nicht ungeprüft im Raum stehen lassen, dass es sich bei der Gupta und Hopper Therapie tatsächlich um MCS-Therapien handelt, denn bei näherer Betrachtung könnte es sich auch ganz einfach um Therapien zur Behandlung von Angststörungen und Traumata handeln.

Catherine Mclver’s Gedanken dazu:

Gupta, Hopper, MCS und die Angst

Psychogene Theorien über Multiple Chemical Sensitivity (MCS) wurden diskreditiert (siehe Martin Pall Abschnitt über „Psychogene Ansprüche“). Menschen mit MCS haben hart daran gearbeite ihre Mitmenschen, angefangen von Familienmitgliedern bis zu Regierungsbeamten, davon zu überzeugen, dass MCS kein Angstproblem ist. Deshalb ist es seltsam und befremdlich, dass es man Begeisterung für die „Erklärungen“ zweier Menschen zu MCS antrifft und über deren Behandlungsprogramme, befremdlich deshalb, weil diese beiden (Gupta, Hopper) glauben, dass MCS ein Angstproblem sei.

Ashok Gupta (Gupta Amygdala Retraining™) sagt:

„Zusammenfassend gesagt ist MCS eine konditionierte Reaktion des Gehirns auf eine Chemikalie, von der es denkt, sie ist gefährlich…

Warum entwickeln manche Leute MCS, und andere, die der gleichen Chemikalie ausgesetzt sind, nicht?

Das ist so, weil das „Gehirn programmiert ist“, weil sein „Software-Programm“ wenn Sie so wollen, während eines traumatischen Ereignisses verändert wird. Nach diesem initialen, sensibilisierenden Ereignis beginnt das Gehirn dieser Person auf andere Weise zu reagieren.

Darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass jemand mit einer hyper-erregten Amygdala (z.B. mit einer Krankengeschichte in der Angst, Panikstörung, etc. vorzufinden sind) anfälliger ist, und desto anfälliger sind diese Menschen auch für die Entwicklung einer MCS, weil die Amygdala empfindlicher gegenüber neuen Bedrohungen ist.“ (Gupta Programm (2))

C. McIver: Eine alternative Antwort auf Gupta’s Frage, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhend, ist, dass genetische Unterschiede in Bezug darauf, wie Chemikalien metabolisiert werden, manche Menschen anfälliger für MCS werden lassen. Für sechs Gene wurden bisher damit in Zusammenhang gebracht. Siehe The Tenth Paradigm für weitere Informationen über diese Forschung. Außerdem muss man sich daran erinnern, dass Menschen MCS auch ohne „traumatisches Erlebnis“ entwickeln können.

Annie Hopper (Dynamic Neural Retraining-System TM) sagte in einem Interview:

„Mit einer MCS entwickeln wir eine konditionierte abnorme Angstreaktion vor Chemikalien durch eine gestörte Funktion des limbischen Systems durch die wiederkehrenden traumatischen Muster  im Gehirn. Angst stimuliert die Amygdala, löst „Kampf- oder Flucht-Reaktionen“ aus.“ (3 )

Auf ihrer Website sagt Annie Hopper:

„Das häufigste, primäre Merkmal bei Multipler Chemikalien Sensitivität ist eine abnorme und erhöhte Fähigkeit, Chemikalien in der Umwelt zu erkennen, vor allem durch den Geruchssinn und über den Geschmackssinn.

Das Erkennen wird von einer Vielzahl von körperlichen Reaktionen, einer unmittelbaren, ungesunden Stimulus-Antwort und von starker Abneigung gegen Chemikalien begleitet…“ (4)

C. McIver: Beachten sollte man, dass Menschen mit MCS auf Chemikalien reagieren, nicht auf den „Geruch“ von Chemikalien. Sie reagieren auf sie, ganz gleich ob sie diese wahrnehmen können oder nicht. Auch haben Menschen mit MCS nicht unbedingt eine „starke Abneigung gegen Chemikalien“, genauso wie Menschen, die allergisch gegen Katzen sind, nicht unbedingt eine schwere Abneigung gegen Katzen haben.

Mancher mag sich fragen, warum denken Gupta und Hopper, dass MCS mit Furcht und Angst in Zusammenhang steht. Die nachfolgenden Zitate könnten die Antwort liefern.

Annie Hopper schrieb über ihre eigene MCS:

„Sorge war der Gedanke am Morgen, Nachmittag und Abend. Manchmal lehnte ich mich einfach zurück und beobachtete meine Gedanken, und sie erschienen mir buchstäblich wie ein endloser Strom von Sorgen. Dies wurde in hohem Maße beunruhigend für mich, weil ich dachte, ich hätte bereits die Werkzeuge in der Hand, um diesen Prozess zu stoppen. Doch Nichts, was ich versuchte, konnte es verhindern. „(5)

Ashok Gupta sagte in einem Interview:

„Ich konnte fühlen, dass mein Körper voller Adrenalin war, oder wie auch immer Sie es nennen wollen, – konnte fühlen, dass ich am Ende war. Ich saß zu Hause, konnte fühlen, dass einige Reaktionen in meinem Körper vor sich gingen – einige Stress-Reaktionen – und wenn ich mit jemandem sprach oder in eine leicht stressige Umgebung kam, spürte ich das Pumpen meines Herzens, aber es war keine Angst per se – das Gefühl war verschieden zu Angst. Ich hatte immer etwas Angst in meinem Leben, aber Nichts war vergleichbar mit dieser völligen Erschöpfung. Es war etwas Einzigartiges, was da passierte. Also fing ich an, mich über Stressreaktionen und Angststörungen umzuschauen.

Ich schaute in die neuesten Forschungsergebnisse, was es ist das schwere Angst verursacht – die Antwort war die Amygdala. Ich las Joseph Ledoux’s Arbeit und sagte zu mir selbst, weißt du dieses Zeug ist genau das, was ist los in meinem Körper und ich sah mir die ganze CFS-Literatur an und fügte all das zusammen so gut es ging und sagte mir, dass da wirklich ein offensichtlicher Mechanismus ist. “ (6)

Ist die Erfahrung von Angst, die Gupta und Hopper erlebten, nun typisch für Menschen mit MCS?

Weit davon entfernt. Caress und Steinemann führten eine Prävalenz Studie über MCS in Atlanta, Georgia durch und man fragte die Menschen mit MCS weitere Fragen, darunter auch einige über psychische Erkrankungen. Caress und Steinemann schrieben in ihrem Bericht: (7)

  • Nur 1,4% (n = 1) der Befragten berichteten über Depressionen, Angst oder andere emotionale Probleme, bevor ihre Symptome erstmalig auftraten.
  • Weitere 5,8% (n = 4) antworteten, dass ihnen nichts davon bekannt war, ob sie emotionale Symptome hatten oder nicht, bevor sich ihre Überempfindlichkeit auf Chemikalien entwickelte.
  • Nur 4,3% (n = 3) der Befragten hatte je irgendwelche Medikamente wegen emotionaler Probleme genommen, bevor die Reaktionen durch ihre Überempfindlichkeit einsetzten.
  • Im Gegensatz dazu gaben 37,7% (n = 26) der Befragten an, dass sie Depressionen, Angst oder andere emotionale Probleme erst erlebten, nachdem sie die Überempfindlichkeit auf Chemikalien entwickelt hatten.
  • 27,5% (n = 19) hatte einige Medikamente wegen emotionaler Probleme nach dem Beginn von ihres Gesundheitszustandes genommen.

Angst-und Panikattacken können eine ganze Reihe von Symptomen auslösen:

Muskelverspannungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, Herzklopfen, Atemnot, Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen, diese Symptome könnten mit MCS Symptome verwechselt werden. Natürlich ist es möglich, beides – MCS und Angst – zu haben. Genauso kann es aber auch Personen geben, die sich von MCS erholen (oder teilweise erholen), aber weiterhin Angst haben.

Autor: Catherine McIver, Gupta, Hopper, MCS and anxiety, 12. Januar, 2012

Vielen Dank an Catherine McIver / Multiple Chemical Sensitivity, dass wir den Artikel übersetzen und veröffentlichen duften.

Antext und Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Literatur:

  1. Schreiben des Schweizer Bundesamt für Gesundheit an CSN, 27.03.2012
  2. Gupta Programme, Explain MCS, Gupta Webseite
  3. Planet Thrive, Rewiring the chemically sensitive Brain, 10, 2009
  4. DNR system, MCS, Webseite Hopper
  5. Hopper, Emotional Rescue, Multiple Sensitivity Cure, Webseite Hopper
  6. EI Ressource, Phoenix rising, Ashok Gupta – Amygdala Retraining Techniques
  7. Caress SM, Steinemann AC 2003. A Review of a Two-Phase Population Study of Multiple Chemical Sensitivities. Environ Health Perspect 111:1490-1497

 

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Seit 14 Jahren gezielte Aufklärung über MCS durch Politiker

Multiple Chemical Sensitivity – Erkrankte sind auf  Hilfe durch Mitmenschen angewiesen

Schon im vergangenen Jahr war Christine O. Gregoire, die Gouverneurin des US-Bundesstaates Washington, die erste Unterzeichnerin einer Proklamation zur Verkündung des MCS – Multiple Chemical Sensitivity Aufklärungsmonats. Jedes Jahr im Mai finden in vielen US Bundesstaaten Aufklärungsveranstaltungen vielfältiger Art statt. Die Gouverneure der teilnehmenden Bundesstaaten setzen ihr Staatssiegel unter eine Urkunde, die dazu dient, die Bevölkerung auf die Krankheit MCS hinzuweisen und auf die Konsequenzen, mit denen an MCS erkrankte Menschen leben müssen.

Akzeptanz für MCS Kranke durch gezielte Aufklärung

Die amerikanischen Politiker haben durch die von ihnen ausgerufenen Aufklärungskampagnen viel Akzeptanz für die MCS Kranken in der Bevölkerung erzielt. Öffentliche Institutionen und zahlreiche Organisationen klinken sich im Monat Mai ein und helfen durch Aufklärungsveranstaltungen, Flyer, Video und Aktionen, dass die Situation der Chemikaliensensiblen weiter verbessert wird. Eines der Ziele ist, zu vermitteln, dass jeder an MCS erkranken kann, ganz gleich welche Hautfarbe er hat, welchen Bildungsgrad, ob er arm oder reich ist. Eine weitere Priorität bei der Aufklärung ist auf Prävention gerichtet. Mitmenschen erhalten Informationen, die ihnen verdeutlichen, durch welche Chemikalien und welche Umstände MCS ausgelöst werden kann und wie vielfältig die Reaktionen sind, die durch Chemikalien, selbst im Niedrigdosisbereich, ausgelöst werden können.

MCS Aufklärungsmonat Mai, eine weltweiter Aktionsmonat

Als vor vierzehn Jahren die erste Proklamation zur Ausrufung einer MCS Aufklärungswoche unterzeichnet wurde, hätte niemand gedacht, dass daraus eine weltweite Kampagne erwachsen würde. MCS Organisationen aus vielen Ländern weltweit nehmen mittlerweile am MCS Aufklärungsmonat teil. MCS Aktivisten lassen sich kreative Aktionen einfallen und Tausende von Menschen mit MCS unterstützen, jeder auf seine Weise, diesen Aktionsmonat.

Verkündung von Gouverneurin Christine O. Gregoire, Washington State:

4. Januar 2012

WEIL, Menschen aller Altersgruppen im Bundesstaat Washington eine Erkrankung entwickelten, die als Multiple Chemical Sensitivity (MCS) bekannt ist, als Resultat einer massiven Chemikalienexposition oder wiederholten Expositionen gegenüber Chemikalien im Niedrigdosisbereich und gegenüber anderen Reizstoffen in ihrer Umwelt; und

WEIL, MCS von zahlreichen Organisationen dahingehend anerkannt ist, so dass diese die Gesundheit und das Wohlergehen von Chemikaliengeschädigten unterstützen, einschließlich der WHO – Weltgesundheitsorganisation, dem Americans with Disabilities Act, der Social Security Administration, dem US Department of Housing and Urban Development und der Umweltschutzbehörde EPA; und

WEIL, MCS eine chronische Erkrankung ist, für die keine Heilung bekannt ist; zu den Symptomen chronische Erschöpfung, Muskel- und Gelenkschmerzen, Hautausschläge, Asthma, Kopfschmerzen und andere Atemwegs- und neurologische Probleme gehören; und

WEIL, MCS zu erheblichen Konsequenzen führen kann im finanziellen Bereich, bei der Arbeit, beim Wohnen, für die Gesundheit und soziale Folgen für die Menschen haben kann, die unter dieser Behinderung leiden; und

WEIL, angemessene Unterkünfte und das Wecken von Aufmerksamkeit für MCS, Chancen für Menschen mit dieser Behinderung schaffen kann, damit diese Zugang zu Arbeit, Schulen, öffentlichen und anderen Einrichtungen erhalten, wo sie weiterhin dazu beitragen können, ihre beruflichen Fähigkeiten, Ideen, Kreativität, Fähigkeiten einzubringen; und

WEIL, Menschen mit MCS Unterstützung brauchen und Kooperation durch Familie, Freunde, Mitarbeiter und der Gesellschaft, um ihre Krankheit zu bewältigen und sich an neue Lebensweisen anzupassen;

DESWEGEN und JETZT, verkünde ich, O. Gregoire, Gouverneurin des Bundesstaates Washington, hiermit den Mai 2012 als

Multiple Chemical Sensitivity Aufklärungsmonat (pdf)

im Staat Washington, und fordere alle Bürger auf, diesen speziellen Monat mit mir einzuhalten.

Unterzeichnet am 4. Januar, 2012

Gouverneur Christine Gregoire O.

 

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 04. Feb. 2012

Literatur:

Gouverneur Christine Gregoire O., Proclamation 2012 MCS Awareness Month, 4. Januar 2012

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Trier sehen…und sterben

 

Oder: Behörden, Patrick und der ganz große Coup

Die Lebensuhr des 20-jährigen Patrick läuft unaufhörlich weiter ab (auch die seines ebenfalls schwer toxisch erkrankten Vaters) – eine tickende Zeitbombe.

Ich schweige nicht mehr, ich habe keine Angst mehr

Fortsetzung von: Verflucht, ich akzeptiere nicht dass mein Leben gelaufen ist!

Alles hat die Krankheit „MCS“ meinem Sohn genommen, die Macht über seinen Körper, seine Selbständigkeit, seine Gesundheit, sein gesamtes bisheriges Leben ……..

Jeder Tag ist eine Expedition ins Ungewisse, jeder Tag ein Kampf zurück ins Leben, jeder Tag die Hoffnung irgendwie geht es weiter, jeder Tag „Ich schaffe das schon!“

Es ist eine Grenzerfahrung, mit der Patrick (und auch wir Eltern) umgehen müssen. Aber ich weiß definitiv, Patrick ist daran nur gewachsen, er lässt sich nicht zerstören.

Wie früher wird es nie wieder sein, jetzt geht es darum, das noch zu erhalten, was noch übrig ist: seine Würde, sein Stolz und seine Restgesundheit.

Unser Kampf um unseren schwer toxisch erkrankten Sohn und dessen Rechte dauert nun schon mehrere Jahre, genau 11 Jahre Odyssee durch die deutsche Schulmedizin, das deutsche Gesundheitswesen und die deutsche Sozialpolitik.

Von zu Hause aus kämpfe ich über das Internet für seine/unsere Rechte, versuche MCS sichtbar zu machen und Informationen untereinander auszutauschen, da unsere Regierung uns nicht hilft. Ich spreche bewusst in der Mehrzahl, weil in unserem Falle inzwischen die ganze Familie ernsthaft erkrankt ist.

Unglücklicherweise ist es sehr einfach, uns schwer toxisch Erkrankten zu ignorieren, da die meisten von uns unter Hausarrest leben und wir nicht die Kraft haben, uns selber zu organisieren.

Die ewige Hängepartie geht weiter, wie lange noch?

Das hiesige Sozialgericht hat im August 2011 Patricks Klage wegen mangelnder Mitwirkungspflicht zurückgewiesen. Zwischenzeitlich haben wir Berufung beim Landessozialgericht eingelegt, hier soll jetzt per Aktenlage ein Gutachten erfolgen…

Wie aus einem Vergiftungsopfer ein Täter wird

In diesem laufenden Verfahren vor dem Landessozialgericht habe ich nun Strafanzeige gegen die Ärztin der Gegenseite/Beklagte wegen ihres versorgungsärztlichen Gutachtens gestellt:

  • Missachtung und Verstoß gegen die Menschenwürde
  • Prozessbetrug
  • Psychiatrisierung ist schwere vorsätzliche Körperverletzung (und jegliche Behandlung gegen den Willen ist Körperverletzung. Es spielt dabei keine Rolle, ob ein Schaden entstanden ist, oder nicht. Es genügt, dass der Patient nicht gefragt wurde. Das Einverständnis des Patienten ist Voraussetzung. Liegt es nicht vor, ist es Körperverletzung.)
  • Fehldiagnosen und bewusste Fehlinterpretationen medizinischer Diagnosen
  • Unterstellung einer Straftat (hier Missbrauch eines Betäubungsmittels und Medikamentenabhängigkeit), Vortäuschen einer Straftat nach § 145 STGB
  • institutioneller Amts- und Machtmissbrauch
  • unterlassene Hilfeleistung und psychische Verletzung (eine solche Art Medizin zu betreiben, schädigt den Patienten, der Hippokratische Eid verbietet das)

um nur einiges zu nennen!

Es bleibt abzuwarten, ob öffentliches Interesse besteht oder nicht.

Unerwartete Unterstützung: „Thank you very, very much Dr. Doris Rapp“

In der USA nennt man Doris J. Rapp, M.D., „die Mutter der Umweltmedizin“. Im September 2011 weilte die aktive Wissenschaftlerin zwei Wochen in Deutschland, u.a. war sie auch zu Besuch bei Dr. Peter Binz in Trier.

Dank des Einsatzes von Dr. Peter Binz und unserer CSN-Präsidentin Silvia Müller erklärte sich Doris J. Rapp, M.D. sofort bereit, unserem Sohn Patrick zu helfen. Sie untersuchte ihn kostenlos und bestätigte die gesamte Diagnostik von Dr. Binz. Durch ihre selbstlose und menschliche Hilfe haben wir wieder Kraft und Hoffnung schöpfen können – wir bleiben mit Doris Rapp, M.D. weiterhin über Email zwecks Betreuung ihrer vorgeschlagenen Therapiekonzepte bzgl. strikte Expositionsvermeidung in Kontakt.

Diagnosen:

  • MCS
  • Schwere chemische Überempfindlichkeiten
  • Schlafstörungen
  • Schwere toxische Schädigung

Der große Wehmutstropfen

Fakt ist, dass wir hier nach wie vor komplett auf uns alleine angewiesen sind, nicht zu vergessen, dass auch mein Mann schwer toxisch erkrankt ist. Bisher haben wir keinerlei Unterstützung / Umsetzung seitens des Gesundheits- und Sozialsystems, keine finanzielle und materiellen Hilfen durch die Öffentlichkeit erhalten, da die Probleme (noch) nicht anerkannt sind bzw. schlichtweg ignoriert werden.

Die Behandlung beruht auf einem wesentlichen Grundsatz: Expositionsstopp bzw. Expositionsvermeidung. Dies ist jedoch mit hohem finanziellem Aufwand verbunden, für den wir keine Unterstützung bekommen und der allerwichtigste Punkt (in einem geeigneten Schadstoff- und schimmelfreien Haus zu leben), ist nicht zu verwirklichen.

“Wer nichts tut macht mit” (Werbung für Zivilcourage der Kriminalpolizei)

Noch nicht einmal Hilfe/Unterstützung in Form eines Spendenaufrufs/Spendenkontos ist uns gewährt (zweckgebunden für Anwaltskosten, medizinische und alternative Hilfsmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Luftfilter, Wasserfilter u.dgl., evtl. für ein neues Zuhause). Sei es die Kirche, Wohlfahrtsverbände, soziale Einrichtungen, Vereine, Notare, Parteien, VIP’s, Privatleute, Medien etc., keiner will sich die Finger hier schmutzig machen.

Jeder weiß, um was es hier geht, aber keiner tut was. Warum wohl ?

Es geht hier nicht um die Inklusion und Integration meines Sohnes Patrick, sondern um MCS als „politische“ Krankheit, deren Anerkennung von starken „Lobbygruppen“ verhindert wird.

Ich werde die Hoffnung und den Kampf für meine Familie trotzdem nicht aufgeben. Es kann und darf nicht sein, dass man hier einfach wegschaut, man wartet oder arbeitet daraufhin, dass sich das Problem sozialverträglich, sprich auf biologische Weise löst.

Die toxische Vergiftung verläuft progressiv, das weiß inzwischen jeder Laie. Der Betroffene ist ernsthaft behindert, teilweise oder ganz arbeitsunfähig und im Endstadium nicht mehr ohne fremde Hilfe lebensfähig. Die gesundheitliche Situation meines Sohnes, als auch meines Mannes, ist sehr, sehr ernst. Ich weiß nicht, wie lange das Immunsystem und die körperlichen Organe noch mitmachen.

Schwer krank zu sein ist kein Verbrechen

Fakt ist, dass die persönlichen Daten und Rechte jedes Straftäters besser geschützt sind, als die meines Sohnes.

Patricks schwere toxische Erkrankung ist eine unbequeme Wahrheit – vieles haben wir bereits verloren und die Zukunft wird verdammt schwierig. Die Augen zu verschließen nützt nichts, gar nichts! Ein Schicksal, das viele Betroffene mit ihm teilen!

MCS-Kranke zu psychiatrisieren widerspricht jeglicher Wahrnehmung und Objektivität.

Die Täter werden geschützt, die Opfer alleingelassen und das Vertrauen verspielt. Deshalb ist das, was jetzt passiert, ein Schlag ins Gesicht der Opfer.

Wenn es in der Medizin, Politik etc. für die Aufklärung möglich ist, dass Taten über Jahre verharmlost und verschwiegen werden, Opfer nicht ernst genommen – was ist dann noch möglich?

Wenn nur durch den Mut der Opfer diese Fehler aufzudecken sind – wie glaubwürdig ist dann die Medizin und Politik?

Hier ist Schweigen nicht mehr möglich, Viele Mediziner verspielen ihr Vertrauen und nehmen letztendlich selbst Schaden, wenn sie weiterhin Täter schützt.

„Es gehört meist mehr Mut dazu, einfach menschlich, statt heldenhaft heroisch zu sein.“ (Hermann Hesse)

“Zivilcourage setzt auf der individuellen Ebene viel voraus: einen kritischen Verstand, Charakterstärke, Mut, Offenheit, Konfliktbereitschaft und vor allem einen kultivierten Umgang mit der eigenen Angst” (Dieter Deisenroth, Richter am BVG)

Aus dem Nichtstun herausgehen, Kommunikation, Handeln auch aus der Distanz, überwinden der Gleichgültigkeit und helfen in Notsituationen erfordert Mut.

Zeigt Zivilcourage, zeigt Solidarität mit Patrick, helft ihm zu überleben, gebt ihm eine Chance!

Dokumentiert, unterschreibt, verbreitet diesen Blogbeitrag … werdet laut und schweigt nicht mehr.

Eventuell ernstgemeinte Hilfe, bitte Kontakt über CSN.

Autor: Kira, CSN- Chemical Sensitivity Network, 30. Januar 2012

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Ministerium für Gesundheit veröffentlicht Konsens über Multiple Chemical Sensitivity

Experten wollen die Zukunft von MCS Kranken in Spanien verbessern

In Spanien hat das Ministerium für Gesundheit ein Konsensdokument zu MCS herausgegeben. Der Konsens soll dazu beitragen, dass sich die bislang schwierige Situation der Chemikaliensensiblen verbessert. Medizinisches Personal und Angestellte in Gesundheitseinrichtungen sollen Kenntnis über die besonderen Bedürfnisse der MCS Kranken erhalten. Das 128-seitige Dokument (pdf), an dem mehrere Institutionen und medizinische Fachgesellschaften beteiligt waren, enthält unter anderem auch Empfehlungen, in welche Richtung zu dieser Umweltkrankheit zukünftig geforscht werden soll. Die spanische Bloggerin Eva Caballé, No Fun Blog, berichtet nachfolgend, was der Impuls für das Zustandekommen des MCS-Konsenses war. Ein ausführlicher Bericht über den Inhalt des MCS Konsensdokuments folgt in Kürze.

Eva Caballé:

Am 30. November hat das Ministerium für Gesundheit in Spanien endlich das erwartete Konsensdokument über Multiple Chemical Sensitivity (MCS) offiziell präsentiert.

Vor zwei Jahren wurden José Luís Aparicio, eine MCS Erkrankte, und ich vom spanischen Radioprogramm Carne Cruda interviewt. Sie waren so sehr schockiert über MCS und die Auswirkungen der Krankheit, dass sie sich entschlossen, das Ministerium für Gesundheit zu kontaktieren und jemanden vom Ministerium für ein Interview in ihre Show zu bitten, um der Behörde die schreckliche Situation der MCS-Kranken darzulegen. Nach einer ganzen Reihe erfolgloser Anrufe beim Ministerium für Gesundheit, riefen sie dort während einer live Radio-Show an, und das Ministerium musste schlussendlich akzeptieren.

Im Januar 2010 wurde der Generalsekretär des Ministeriums für Gesundheit auf „Carne Cruda“ befragt. Es war Sondersendung, die Multiple Chemical Sensitivity gewidmet war und an der Miguel Jara, Dr. Pablo Arnold, José Luís Aparicio und David Palma in meinem Namen teilnahmen.

Der Generalsekretär versprach öffentlich, sich mit Selbsthilfegruppen zu treffen, um MCS gerecht zu werden.

Im Februar 2010 fand das Treffen mit dem Ministerium für Gesundheit statt, um die Situation der Multiple Chemical Sensitivity Erkrankten in Spanien darzulegen. Das Ministerium verpflichtete sich, einen wissenschaftlichen Ausschuss zu schaffen, um jenes MCS Konsensdokument, das nun endlich freigegeben wurde, zu erarbeiten. Das Dokument umfasst 128 Seiten und wird durch das Ministerium für Gesundheit ins Englische übersetzt werden. Innerhalb von zwei Jahren wird es überprüft werden, um die jeweils neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse darin zu integrieren.

David und ich möchten an dieser Stelle allen danken, die Teil dieses langen Prozesses gewesen sind. Den Ärzten des Wissenschaftlichen Ausschusses, den 13 Vereinen, die das „Comité para el Reconocimiento de la Sensibilidad Química Multiple“ (Nationaler Ausschuss für die Anerkennung von MCS in Spanien) bildeten und dass sie für diesen Prozess einstimmig waren. Besonderer Dank auch an Jaume Cortés, Rechtsanwalt des Colectivo Ronda, weil seine uneigennützige Teilnahme so entscheidend war für diesen Erfolg. Und wir wollen uns ganz speziell bei Javier Gallego, dem Direktor des Carne Cruda, und seinem Team bedanken, denn ohne ihre mutige Haltung hätte dieser Tag niemals zustande kommen können.

David war während des Prozesses als Beobachter dabei, was wir dem Ausschuss hoch anrechnen. Nun verlässt er den Ausschuss, weil wir keinem MCS Verein angehören und weil wir glauben, dass unsere Arbeit abgeschlossen ist.

Der 30. November 2011 ist ein großer Tag für alle MCS-Kranken in Spanien gewesen. Das MCS Konsensdokument, wenn auch unvollkommen, legt den Grundstein für die zukünftige Anerkennung dieser Krankheit, und letztendlich erkennt es an, dass die MCS-Patienten existieren.

Autor: Eva Caballé, No Fun Blog, The Ministry of Health in Spain presents the Consensus Document on Multiple Chemical Sensitivity (MCS) – November 30, 2011

Übersetzung und Antext: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Informationen  zum Thema MCS zum Weitergeben:

Die Umweltkrankheit MCS lässt sich nicht ewig vertuschen

Chemikaliensensible existieren, Tendenz steigend

Sie sollen nicht existent sein, die Umwelterkrankten mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity. Menschen, die auf minimale Konzentrationen von Chemikalien im Alltag reagieren in einem Land, das Chemikalien in die ganze Welt exportiert und damit fette Gewinne erwirtschaftet, das passt nicht. Also wird dafür gesorgt, dass Chemikaliensensible nicht existieren. Zumindest nicht auf dem Papier.

Wer MCS hat und seine Erkrankung als Schwerbehinderung anerkannt bekommen möchte, erfährt schnell, dass MCS unerwünscht ist. Das Versorgungsamt dreht und windet sich wie ein Aal, nur damit MCS nicht als Behinderung akzeptiert wird. Denn, wenn MCS häufiger als Behinderung auftaucht, könnten die Erkrankten Forderungen durchsetzen und zwar auch solche, die ihre Krankheit in der Öffentlichkeit sichtbar macht. Ergo, dass MCS als Behinderung anerkannt wird, muss meist erst rechtlich erstritten werden.

In der Bevölkerung ist MCS – Multiple Chemical Sensitivity nicht mehr ganz unbekannt, aber die Konsequenzen, die diese Erkrankung für die Menschen hat, die darunter leiden, kennt kaum jemand. Es wird versucht, MCS als Bagatelle darzustellen oder als Marotte, als psychische Störung, usw. Eben alles Mögliche, außer einer ernstzunehmenden Erkrankung, die rund 15% der Bevölkerung betrifft und sie einschränkt in allen Lebenslagen.

Thommy’s Blogfrage der Woche:

  • Lässt sich MCS auf Ewig vertuschen?
  • Was können MCS Kranke unternehmen, damit die Allgemeinheit von ihnen erfährt?
  • Wie lässt sich Druck aufbauen, damit MCS als Behinderung im Einzelfall anerkannt wird und das ohne Rechtsstreit?
  • Wie kann dem Klischee „MCS – Multiple Chemical Sensitivity sei psychisch“ die Existenz entzogen werden?
  • Habt Ihr Ideen, wie MCS der Öffentlichkeit als das vermittelt werden kann, was es ist, nämlich eine einschränkende Behinderung?
  • Wie kann die Allgemeinheit effektiver und zeitnah über MCS informiert werden?

Tag beim Kieferchirurgen und der Mund-Kiefer-Gesichtsklinik der Charité

Patientin mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity berichtet:

Nach monatelangen Schriftwechseln und Telefonaten habe ich endlich einen Kieferchirurgen gefunden, der sich bereit erklärt hat, sich meine schmerzenden Zähne (müssen gezogen werden) anzusehen.

Morgens für 7 Uhr ein Taxi bestellt, Nichtraucher und ohne Duft, ich komme raus und sehe, wie der Taxifahrer sich im Auto eine Zigarette anzündet, er selber hatte jede Menge Duft an sich, aber ich musst ja zu dem Termin hin. Also Sauerstoffflasche aufgedreht und das Fenster aufgemacht, nach einer dreiviertel Stunde endlich am Ziel.

In der Praxis echt nette Menschen und viel Verständnis. Nach einer Röntgenaufnahme und Beratung mit Kollegen wurde entschieden, dass das Risiko selbst einer Lokalbetäubung zu hoch ist.

Ich wurde an die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie der Charité überwiesen.

Wieder ein Taxi bestellt, Glück gehabt, das roch nach nichts, außer nach einem Becher frischem Kaffee. Danke, lieber Taxifahrer, du warst mein erster Lichtblick an diesem Tag.

In der Charité in Haus 2 zur Anmeldung, Nummer ziehen und warten, Aufruf, Termin zu einer Vorbesprechung frühestens am 31.10. 2011 heute war ja schon der 13.10.2011. Sind ja nur 18 Tage.

Also wurde ich an die Rettungsstelle im Nachbarhaus verwiesen. Mit Sauerstoff, Handtasche, Jacke, Fußmarsch zur Rettungsstelle. Dort anmelden, 10€ zahlen und warten, endlich kommt ein Zahnarzt, der liest sich erst einmal den MCS-Ausweis durch und die MCS Arztinfo, danach werde ich herein gebeten, er will mehr über meine Probleme (Zähne) und MCS erfahren. Kein Problem, er versteht sehr schnell, wie problematisch alles ist, und obwohl es in erster Linie um die Zähne geht, darf man auf keinen Fall die MCS außen vor lassen. Alles dreht sich erst einmal um die Multiple Chemical Sensitivity und dann um die eigentliche Diagnose.

Er ruft noch einen Kollegen an, er hätte einen sehr interessanten Fall, der Kollege wollte zuerst nicht, aber er kam dann doch. Er hat Augen gemacht, eine Patientin mit MCS (WHO ICD-10 T78.4) hatte er noch nie, aber auch er verstand sehr schnell, dass MCS vorhanden ist und fast alles einschränkt.

Man macht gleich noch EKG und Blutabnahme, danach interne Überweisung in die MKG-Klinik, wieder zur Anmeldung, Nummer ziehen, Papiere abgeben. Nach viel Murren und Maulen, (oh nein, die Sprechstunde ist brechend voll und dann auch noch so etwas). Ich soll mich ab 13.00 Uhr vor Sprechzimmer 4 einfinden.

Wieder einmal eine Wartezone, ca. 40 Minuten und man ruft mich herein, der Zahnarzt spricht mit mir und verweist mich an die Anästhesisten weiter. Dicke Akte greifen und wieder in ein anderes Haus traben, Nummer ziehen, nach Aufruf in die Anmeldung, Fragebogen und Datenerfassung, mit der Bitte den Fragebogen auszufüllen wieder in die Wartezone entlassen. Ca. 20 Minuten später kommt der Anästhesist und holt mich zum Gespräch ab. Bestimmt eine halbe Stunde redet er mit mir, dann kommt er aufgrund meiner Allergien und der MCS zu dem Entschluss, dass er mich so nicht behandeln kann. Er will erst mit den Allergologen abklären, was geht, was evtl. noch geht und was gar nicht geht. Er verweist mich zurück an die MKG Klinik.

Wieder zur Anmeldung, Akte abgeben und darum bitten, dass ich noch einmal beim Zahnarzt vorgestellt werde.

Ich bin mittlerweile trotz MCS Maske und guten 500L Sauerstoff völlig am Ende, ich kann mir nichts mehr merken, bin völlig Matsch im Kopf.

Der Zahnarzt versteht nicht, dass ich als schwerkranker Mensch nicht permanent in ärztlicher Betreuung bin, er versteht es einfach nicht, dass jeder Arztbesuch ein gesundheitliches Risiko darstellt und man mir da auch nicht helfen kann.

Er ist auch der Meinung, dass es ja wohl Fachärzte dafür geben müsste. Als ich ihn bat, mir nur einen einzigen zu benennen, das übliche ratlose Gesicht.

Er erzählte mir, dass ich Allergietests machen soll. Ich kann mir nichts mehr merken und bitte ihn, mir alles aufzuschreiben und mir innerhalb der Charité etwas zu benennen.

Das war es für heute, nach ca. 6 Stunden in der Charité bin ich fix und fertig und stehe wieder ganz am Anfang. Jetzt noch ein Taxi (Nichtraucher und ohne Duft besorgen) es ist innerhalb von 2 Minuten da.

Toll, es ist ein alter Daimler, der ist schon so alt, da riecht nichts mehr, der Fahrer selber auch ohne, toll, der 2. Lichtblick an diesem Tag.

Es ist ca. 16.00 Uhr, ich bin endlich wieder zuhause. Ich habe Durst und Hunger. 2 Stunden später gegen 18.00 Uhr setzen Krämpfe ein, die Beine, die Brust, der Rücken, das Herz tut weh, EKG ist aber okay, der Kopf dröhnt, alles stinkt nach den ganzen Duftstoffen aus der Klinik.

Ich nehme 3 gr Magnesium, die Krämpfe werden immer stärker, jetzt kommt Chinin ran, es reicht immer noch nicht! Jetzt kommen 5 gr Magnesiumcitrat in einem Glas Wasser aufgelöst und in kleinen Schlucken über 2 Stunden getrunken, mittlerweile waren einige so heftige Kämpfe, das wieder einmal einige Muskelfasern gerissen sind, um 1.00 Uhr lassen endlich die Krämpfe nach und ich kann versuchen zu schlafen.

Um 3.30 Uhr werde ich wieder unsanft geweckt, ich laufe aus, die Schließmuskel spielen nicht mit, das recht Bein tut weh, die Bandscheiben der LWS haben keinen Halt mehr.

Jetzt gegen 13.00 Uhr am14.10.2011 tut zwar noch alles weh, aber das Gehirn funktioniert wieder halbwegs, die Krämpfe sind weg, nur noch Schmerzen in den Beinen und im gesamten Rücken.

Einen Termin bei meinen Hausarzt erst am 27.10. die Allergologen sind permanent besetzt, muss ich am Montag wieder probieren.

Wenn ich dann alle Untersuchungen zusammen habe, geht das ganze Theater wieder von vorne los.

So, das war ein Tag im Leben und Leiden einer MCS Kranken, der Zähne gezogen werden müssen.

Update: 15.10.2011. Es geht noch immer schlecht. Ich habe Krämpfe in den Beinen und kann kaum laufen.

Autor: Clarissa von Maus, Berlin, 14.10.2011

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Flughafen nimmt Rücksicht auf Allergiker

Parfümfreie Route durch den Flughafen für Asthmatiker, Allergiker und Chemikaliensensible

Für Allergiker war der Flughafen Kopenhagen bis vor kurzem die reinste Hölle. Wer auf Parfüm und andere Duftstoffe reagiert, befand sich in der Zwickmühle, weil die Sicherheitskontrolle direkt neben der Parfümerie positioniert war. Um Allergikern, Asthmatikern und Personen mit Multiple Chemical Sensitivity (MCS) entgegenzukommen und damit der UN Behindertenkonvention gerecht zu werden, hat die Flughafenleitung eine parfümfreie Alternativroute im Flughafenbereich für diese Behinderten geschaffen.

Reisen mit Risiken verbunden

Personen mit empfindlichen Atemwegen, Asthma, Duftstoffallergien oder Multiple Chemical Sensitivity (MCS) reagieren oft mit erheblichen Gesundheitsbeschwerden auf Parfüm und parfümierte Produkte. Verreisen ist für diese Personengruppe mit großen Schwierigkeiten und teils auch mit erheblichen Risiken verbunden. Parfüms gehören zu den Hauptauslösern für Asthmaanfälle. Chemikaliensensible führen Duftstoffe als eine der Barrieren auf, die ihnen den Zutritt in viele Gebäude verwehrt, ihnen die Teilhabe am öffentlichen Leben versagt und sie zwangsweise in Isolation vereinsamen lässt.

Sicherheitsbereich neben der Parfümerie

Wer im Flughafen Kopenhagen die Sicherheitsprüfung nicht bestanden hatte, befand sich unmittelbar mit einem großen Problem konfrontiert, wenn er auf Duftstoffe, Parfüms, Aftershaves mit Gesundheitsbeschwerden reagierte. Genau neben diesem Sicherheitsbereich befindet sich nämlich die Parfümerie des Flughafens. Der dänische Allergie- und Asthmaverband beschreibt diese Situation als „reine Hölle“ für Menschen mit empfindlichen Atemwegen oder Allergien. Wegen dieses „Duftbombardements“ hat der Patientenverband sich schriftlich bei der Flughafenleitung beschwert. Es sei sehr bedauerlich, dass Menschen, kurz bevor sie mit dem Flugzeug starten, krank würden wegen der Duftstoffen und Parfüms. Die Reaktionen von Menschen mit Multiple Chemical Sensitivity variieren, erläuterte der Allergie- und Asthmaverband gegenüber DR Forside. Einige bekämen beispielsweise Kopfschmerzen, andere würden schwindlig oder bekämen Atemprobleme.

Flughafenleitung kooperativ gegenüber Asthmatikern, Allergikern und MCS-Kranken

Die Kopenhagener Flughafenleitung nahm sich die Beschwerde des Allergie- und Asthmaverbandes zu Herzen und versuchte Lösungen zu finden, damit auch Menschen mit Asthma, Allergien und Multiple Chemical Sensitivity (MCS) ohne Gesundheitsprobleme in den Urlaub starten können. Man schuf eine „parfümfreie Route“ und einen separaten Eingang für die Passagiere, die Probleme mit Parfüms und Duftstoffen haben. Wer die „parfümfreie Route“ benutzen möchte, sagt dem Personal an der Sicherheitskontrolle Bescheid und bekommt dann einen alternativen Durchgangsweg gezeigt.

Es lässt sich durch die „parfümfreie Route“ zwar nicht gewährleisten, dass der Weg durch den Kopenhagener Flughafen völlig parfümfrei ist, aber es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Das Entgegenkommen der Kopenhagener Flughafenleitung beweist, dass man mit etwas Willen Möglichkeiten finden kann, um Menschen mit Behinderungen zu integrieren und auf die Bedürfnisse von Chemikaliensensiblen Rücksicht nehmen kann.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 5. Oktober 2011

Literatur: DR Forside, Parfumefri i lufthavnen, 12.07.2011

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Keine Angst vor der Angst

Angst ist ein sehr brauchbares, einschüchterndes Zwangsinstrument, um Menschen zum Schweigen zu bringen und sie zu kontrollieren. Eine stumme Drohung erinnert subtil daran, dass man alles verlieren kann, was man hat. Jammere nicht, mach keinen Krach, denn das könnte dein Leben noch schlimmer machen und es in einen Alptraum verwandeln. Sie erschrecken die Massen so, dass sie keinen Aufstand wagen. Sie zensieren und verfälschen die Realität.

Doch Angst ist ein zweischneidiges Schwert, wenn sie an Menschen angewendet wird, die wenig zu verlieren haben. Wenn dein Tag daraus besteht, ums Überleben kämpfen, wenn du in einer parallelen Realität lebst, die sich niemand in deiner Nähe auch nur vorstellen kann, verlierst du die Angst vor dieser abstrakten Angst, die sie in dir wecken wollen.

Die rauhe und zermürbende Realität ist stärker. In Anbetracht einer Gegenwart, die uns überwältigt und keinen Raum für irgendetwas anderes lässt, verschwindet, was möglich wäre oder kommen könnte. Das Hier und Jetzt ist alles, was zählt und die Angst vor der Angst ist einfach lächerlich gegen die wirklichen Probleme, die dich unermüdlich am Laufen halten, um weiterzumachen und nur zu überleben. Wenn jeden Tag ein wahrer Kampf ist, der deine physische und mentale Stärke testet, dann ist die Angst vor der Angst nichts anderes als eine Täuschung, eine lächerliche Drohung gegenüber den unbestreitbaren Hindernissen der Unterwelt, in die du verdammt wurdest zu leben.

Manchmal wagst du es, dich aus dem Fenster zu lehnen, in einem riskanten Spiel, um zu sehen, wie die vermeintlich glücklichen Menschen leben, und du bist beeindruckt zu sehen, dass eine unwirkliche Angst sie lähmt, welche sie lethargisch macht und gefühllos leben lässt. Es ist fast tragisch anzusehen, wie sie auf Zehenspitzen durch ihr Leben gehen, angstvoll, narkotisiert und kontrolliert, und sogar ohne sich dessen bewusst zu sein.

Diejenigen unter uns, die jeden Tag extreme Situationen erleben, wie diejenigen unter uns, die von Multiple Chemical Sensitivity betroffen sind; diejenigen unter uns, die über Nacht zu Bürgern zweiter Klasse wurden, ohne Rechte, aber immer noch mit allen Verantwortungen; diejenigen von uns, die zu Nomaden wurden, weil eine vergiftete und sterbende Welt unsere Gesundheit, unser Leben, unsere Träume stiehlt…wir haben keine Angst vor der Angst, weil es keinen Platz mehr gibt für Feigheit, wenn mit einer Realität konfrontiert ist, die jede Angst übersteigt, von der sie wollen, die sie in uns züchten wollen, um uns einzuschüchtern, zu dominieren und einfach, um uns zu vernichten. Was wir befürchtet haben, ist wahr geworden. Wir haben nichts mehr, vor dem wir noch Angst haben müssten.

Autor: Eva Caballé, No Fun, erschienen in der Kunstzeitung  Delirio, 12. September 2011

Photo: David Palma

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Environmental Medicine Matters: No Fear of Fear

Weitere Artikel von Eva Caballé, die in der Kunst- und Kulturzeitung Deliro erschienen:

Frau starb beim Zahnarzt durch Mundspülung

Für Patientin mit Allergie kam jede Hilfe zu spät

In England erlitt eine junge Frau eine tödliche Reaktion auf dem Behandlungsstuhl beim Zahnarzt, nachdem sie ihren Mund ausgespült hatte. Von Rettungskräften eingeleitete Notfallmaßnahmen waren erfolglos. Ursache der lebensgefährlichen Reaktion war eine Mundspülung mit der Chemikalie „Chlorhexidinel“ (in Deutschland Chlorhexidin) gewesen, berichtete der Nachrichtenservice MSN. Zahnärzte und Zahnkliniken sind gesetzlich verpflichtet, das Wasser zum Ausspülen des Mundes und zum Betreiben der wassergekühlten Bohrer keimfrei zu halten. Liegen bei einem Zahnarztpatienten schwere Allergien, Chemikaliensensitivität oder eine MCS vor, sollte er im eigenen Interesse den Arzt und die Zahnarzthelferinnen vorab darüber informieren.

Schockreaktion durch Chemikalien verkannt

Als die junge englische Frau nach dem Ausspülen des Mundes aus dem Stuhl rutschte und zu Boden fiel, glaubte die Zahnärztin und ihr Personal zuerst an einen epileptischen Anfall. MSN teilte mit, dass die sofort angerufene Notfallzentrale Anweisungen gab, die Atmung stabil zu halten und dafür Sorge zu tragen, dass die Patientin nicht an Erbrochenem ersticke. Innerhalb weniger Minuten seien Rettungskräfte vor Ort gewesen, sie konnten die junge Frau jedoch nicht mehr wiederbeleben. Direkt nach dem Ausspülen sei die Frau blau angelaufen, der Puls setze aus und sie hörte auf zu atmen. Das Personal der Zahnarztpraxis erkannte laut MSN Meldung nicht, dass es sich um einen anaphylaktischen Schock handelte. Man hätte der jungen Frau Adrenalin und Sauerstoff verabreichen müssen und eine Druckmassage des Brustkorbs. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Verstorbene allergisch auf die Chemikalie „Chlorhexidinel“ reagierte. Bereits auf eine Mundspülung für den Hausgebrauch, die sie von einer Zahnklinik Anfang des Jahres wegen einer Entzündung im Mund empfohlen bekam, hatte sie mit Jucken und Hitzegefühl reagiert, wurde durch Nachforschung der Staatsanwaltschaft bekannt.

Hygiene, einer der wichtigsten Aspekte in einer Zahnarztpraxis

Zahnärzte sind gesetzlich dazu verpflichtet, das Wasser zum Ausspülen des Mundes, das nach und während einer Behandlung gereicht wird, bakteriologisch einwandfrei zu halten. In der Regel wird die Keimfreiheit der Behandlungseinheiten und des Mundspülwassers durch Chemikalienzusatz erzielt. Im gesetzlich festgeschriebenen Turnus wird das Wasser in Zahnarztpraxen und Zahnkliniken überprüft. Die Untersuchungen sind teuer und müssen von Zahnarztpraxen und Kliniken selbst bezahlt werden. Ist das Wasser bei einer Prüfung auffällig und überschreitet eine gewisse Keimzahl, bzw. weist gefährliche Keime auf, muss die Kontaminierung sofort restlos beseitigt werden. Würde die Hygiene in einer Zahnarztpraxis laxer gehandhabt, könnte dies schwere gesundheitliche Folgen für die Patienten nach sich ziehen, die auch tödlich enden können. Ausnahmeregelungen, was die Hygiene betrifft, gibt es deshalb nicht.

Trinkwasser ist nicht keimfrei

Keimbelastung im Trinkwasser kann nicht vermieden werden, denn die Wassersysteme in Häusern sind nahezu ausnahmslos durch Keime kontaminiert. Schon das Wasser, das von den Wasserwerken geliefert wird ist, bis es in den Häusern aus der Leitung kommt, mit Keimen kontaminiert. Ein Brutplatz für Keime ist bspw. der Wasserzähler. Wird ein Wasserzähler ausgetauscht, bekommt man meist keinen neuen Zähler, sondern einen, der technisch überholt wurde. Ein solcher Wasserzähleraustausch führt automatisch zu einer Kontamination des gesamten Haussystems. Auch wenn ein neuer Wasserzähler installiert wird, erfolgt ein Eintrag mit Keimen, weil die Installation nicht unter sterilen Bedingungen vorgenommen wird und die Hautkeime des jeweiligen Installateurs sofort zu einer bakteriologischen Besiedlung führen.

MCS Patienten und Allergiker beim Zahnarzt

Zahnarztpatienten mit schweren Allergien, Chemikaliensensitivität oder einer MCS (Multiple Chemical Sensitivity) müssen darauf eingestellt sein, dass sie in einer Zahnarztpraxis nicht nur den gesetzlich vorgeschriebenen Flächen – und Wischdesinfektionsmitteln ausgesetzt sind, sondern das auch das Mundspülwasser und das Wasser zum Kühlen des Bohrers mit einem Bakterizid versetzt ist. Das Mundspülwasser kann nach Rücksprache mit dem Zahnarzt sicherlich meist durch mitgebrachtes Mineralwasser in einer original verschlossenen Flasche ersetzt werden. Der Kontakt mit dem Kühlwasser, das beim Bohren in den Mundraum gelangt, bleibt jedoch.

Zahnarzt ist auf exakte Information angewiesen

Ein Zahnarzt ist, wie jeder andere Arzt, auf die Kooperation seiner Patienten angewiesen. Wenn ein Patient weiß, dass er auf bestimmte Chemikalien oder Allergene reagiert, sollte er dies dem Zahnarzt und den Zahnarzthelferinnen im Vorfeld mitteilen. Liegt ein Allergiepass vor, ist dieser vor Behandlungsbeginn zu übergeben. Es ist sinnvoll, eine Kopie des Allergiepasses für die Patientenakte mitzubringen und durch Mitteilung über Änderungen dafür Sorge zu tragen, dass Vermerke in der Akte immer aktuell sind. Liegen einem Zahnarzt entsprechende Informationen vor, können tödliche Schockreaktionen wie der beschriebene eher vermieden werden.

Ein chemikaliensensibler Patient muss sich darauf einstellen, dass ein Zahnarzt eine Behandlung möglicherweise ablehnen muss, weil das Risiko zu hoch ist, da man, um der gesetzlich vorgeschriebenen Hygieneverordnung nachzukommen, bestimmte Chemikalien in der Praxis verwenden muss. Für Patienten, bei denen Schockreaktionen bekannt sind oder andere schwere Reaktionen, ist es sicherer, sich in einer Zahnklinik behandeln zu lassen, da man dort im Ernstfall über entsprechende Notfallversorgungsmöglichkeiten verfügt.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. September 2011

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