Beipackzettel zur NORAH-Fluglärm Studie
Fluglärmstudie, Notizen zu den Machern
Am 20.05.2011 berichtete der Gießner-Anzeiger über „Bisher größte internationale Studie zu Fluglärm“
Prof. Thomas Eikman, Leiter des Institut für Hygiene und Umweltmedizin (IHUM) der Justus-Liebig-Universität (JLU) wird dafür bei 2000 repräsentativ ausgewählten Personen Blutdruckwerte erheben, die Herz-Kreislauf-Belastung und das Schlafverhalten untersuchen sowie die Teilmodule im Bereich Gesundheit koordinieren. Dafür stehen den Gießenern 1,6 Millionen Euro aus dem Gesamtkostenvolumen von 7,2 Millionen Euro zur Verfügung.
Nun, inzwischen ist die sogenannte NORAH-Studie in die Diskussion geraten.
Vielleicht haben viele Menschen zu wenig Informationen über solche Studien. Deshalb schreibe ich hier mal einen Beipackzettel zum Thema NORAH-Studie:
Wie kam Prof. Eikmann auf die Idee mit der größten Studie zu Fluglärm?
Hier ein Hinweis: 3/2010 • Hessisches Ärzteblatt
Zitat
„Vor diesem Hintergrund sollte angesichts der Besorgnis vieler Menschen in der Region statt einer weiteren Studie mit Sekundärdaten, die erneut nur Assoziationen erbringen, jedoch keine kausalen Zusammenhänge untersuchen kann, endlich der Forderung nach einem Gesundheitsmonitoring nachgekommen werden. Gerade die guten Daten aus der Region (Schreckenberg et al. 2009), welche insbesondere die möglichen Einflussfaktoren Lärmsensitivität und erlebte Wohnqualität, individueller Umgang mit Lärmbelastung detailliert erfragt und in die Bewertung mit einbezogen haben, sind als Ausgangsbasis für die weitere Untersuchung der aufgeworfenen Fragen besonders geeignet…“
Neue Studie zu Krebs durch Fluglärm – näher betrachtet
Autoren: Thomas Eikmann, Anja zur Nieden, Caroline Herr
Ja und was stellt denn ein Herr Schreckenberg zum Fluglärm fest?
Das UBA hat eine pdf online:
Zitat
„Die Annahme eines direkten Effekts der Flugverkehrsgeräusche auf die körperliche Gesundheit konnte allerdings nicht bestätigt werden. Aus der Stressforschung abgeleitete Annahme der vermittelnden Funktion psychischer Stressreaktionen wird bestätigt. Ein rekursiver Prozess ist hierbei wahrscheinlich, in Querschnittsstudien aber kaum nachweisbar. Zentrales Erfolgskriterium wirksamer Lärmschutzmaßnahmen ist die Reduktion psychischer und physischer Stressreaktionen….“
weiterlesen hier:
Betroffenheit durch Fluglärm am Beispiel des Frankfurter Flughafens
Mal schauen, was Prof. Guski so macht:
Umwelt-Wahrnehmung und Umwelt-Bewertung
Rainer Guski & Anke Blöbaum
Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Psychologie Kognitions- und Umweltpsychologie
Zitat:
„Ähnlich wie bei der Geruchsbelästigung wirken auch bei der Lärmbelästigung unterschiedliche (Geräusch-) Quellenarten unterschiedlich belästigend. So zeigt die zusammenfassende Analyse von Bevölkerungsuntersuchungen zu Straßen-, Schienen- und Fluglärm (Miedema & Vos, 1998), dass Fluglärm bei vergleichbarer objektiver Belastung wesentlich lästiger wirkt als Straßen- oder Schienenlärm, was u. a. auf die stärkere potenzielle Gefährdung der Bevölkerung durch Abstürze zurückgeführt wird…
So konnten Finke, Guski und Rohrmann (1980) zeigen, dass die Belästigung durch Verkehrslärm auch abweichend vom Mittelungspegel je nach Uhrzeiten deutlich schwankte. Ebenso können auch personale Faktoren die empfundene Belästigung verstärken oder abschwächen. Hier sind besonders die individuelle Lärmempfindlichkeit, die subjektive Bewertung der Schallquelle und die Beurteilung eigener Bewältigungsstrategien zu nennen…“
Schon 2004 beschäftigte Prof. Guski sich interdisziplinär mit Fluglärm (übrigens nicht der Einzige aus der Psychoecke in diesem Arbeitskreis)
- Prof. Dr. Rainer Guski, Bochum
- Dir. und Prof. i. R. Dr. Hartmut Ising, Falkensee
- Prof. Dr. Dr. Gerd Jansen, Heiligenhaus
- Prof. Dr. Peter Költzsch, Dresden
- Prof. Dr. Klaus Scheuch, Dresden
- Prof. Dr. August Schick, Oldenburg
- Prof. Dr. Wolfgang Schönpflug, Berlin
- Prof. Dr. Manfred Spreng, Erlangen…“
Und noch mehr interessante Zusammenhänge gefunden im Hessischen Ärzteblatt
Links zu den genannten Unis und GmbHs aus dem Ärztenblattartikel:
- Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Köln
- Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen
- Möhler und Partner Ingenieure AG aus München
- Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum
- Sozialwissenschaftliches Umfragezentrum GmbH in Duisburg
- Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Technischen Universität Dresden
- Abteilung Psychologie II der Technischen Universität Kaiserslautern
- Zentrum für angewandte Psychologie, Umwelt- und Sozialforschung in Hagen (ZEUS GmbH) (pdf)
D. Schreckenberg, T. Eikmann, C.E.W. Herr, U. Heudorf M., Meis, A. zur Nieden
Umweltmed Forsch Prax 14 (5) 2009
„Es zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Fluglärmpegeln und der erlebten Lärmbelästigung. Die Belastungs-Wirkungsbeziehungen ergaben einen höheren Prozentanteil an Fluglärmbelästigten als anhand von generalisierten Dosis-Wirkungskurven aus der Literatur prognostizierbar. Hinsichtlich des Gesundheitszustands zeigte sich, dass die befragten Bewohner der Rhein-Main-Region im Vergleich zum Bundesdurchschnitt seltener erkranken. Ein direkter Effekt der Flugverkehrsgeräuschbelastung auf den Gesundheitszustand und die Medikamenteneinnahme im Sinne einer Zunahme von gesundheitlicher Beeinträchtigung mit steigendem Fluglärmpegel konnte dabei nicht nachgewiesen werden. Allerdings wurde eine Zunahme der Häufigkeit einzelner Gesundheitsbeschwerden und diagnostizierter Erkrankungen mit steigender Intensität der erlebten Fluglärmbelästigung festgestellt. Deutlicher noch waren die Assoziationen zwischen der individuellen Lärmempfindlichkeit und den berichteten Gesundheitsproblemen…“
Damit man sich ein Bild machen kann hier noch Prof. Eikmann in einer Fernsehdiskussion.
„Doch sag ich nichts, was jemand kränkt!
Das könnte euch so passen!
Was man von Beipackzetteln denkt,
bleibt jedem überlassen.“
(Frei nach James Krüss)
Autor:
Juliane für CSN – Chemical Sensitivity Network, 13. August 2013
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