Kinder auf dem Land bekommen doppelte Ladung Pestizide ab

Kinder in ländlichen Regionen erhalten eine „doppelten Dosis“ des Pestizids Chlorpyrifos aus der Nahrung und durch die Drift von benachbarten Feldern

Während Schüler im ganzen Land beginnen, sich im neuen Schuljahr zurechtzufinden, fordern Mediziner und Angehörige aus Gesundheitsberufen von der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA das Verbot des neurotoxischen Pestizids Chlorpyrifos. Das Pestizid wird in den USA und auch in Deutschland flächendeckend im Agrarbereich eingesetzt. Im häuslichen Bereich ist das Pestizid in den USA seit rund zehn Jahren verboten. (Anm. d. Übersetzers: In Deutschland gibt es keine Reglementierung.)

Über zwei Dutzend Angehörige aus Gesundheitsberufen schickten am 6. Oktober 2011 der EPA einen Brief mit den neuesten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, in denen die gesundheitlichen Auswirkungen von Chlorpyrifos, darunter Verringerung des IQs und erhöhtes Risiko für ADHS und Lernstörungen bei Kindern, aufgeführt werden.

„Die EPA sollte die Wissenschaft zur Kenntnis nehmen und dieses Gehirngift vollständig vom Markt nehmen“, sagte Dr. David Carpenter, MD, Direktor des Instituts für Gesundheit & Umwelt, University Albany. „Chlorpyrifos ist eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit von Kindern und gehört nicht in unsere Häuser, auf unsere Bauernhöfe, oder auf unsere Cafeteria-Tabletts.“

Die jüngsten Studien zeigen, dass Exposition gegenüber Chlorpyrifos im Mutterleib und in der frühen Kindheit, sowie während der kritischen Entwicklungs- „Fenster“, sich dauerhaft auf das Gehirn auswirken kann. Die Forscher sagen aktuell, dass rund 25% aller US-Kinder einige IQs Punkte niedriger liegen als normal, wegen des Verzehrs von Lebensmitteln, das mit Chlorpyrifos und ähnlichen Pestiziden behandelt wurde.

„Obst und Gemüse sind wichtig für die Gesundheit von Kindern, aber es sollte nicht mit Chlorpyrifos angebaut werden“, sagte Ted Schettler, MD, MPH, wissenschaftlicher Direktor des Science and Environmental Health Network, einer der Unterzeichner des Briefes an die EPA. „Kinder in ländlichen Gemeinden bekommen eine doppelte Dosis des Gehirngiftes ab. Sie sind Chlorpyrifos durch benachbarte Feldern ausgesetzt, und wieder, wenn das Pestizid auf ihrem Essen ist. “

In den USA wurde der Einsatz von Chlorpyrifos in Häusern vor über zehn Jahren wegen seiner möglichen Schädlichkeit für Kinder verboten. Aber über zehn Millionen Pound Chlorpyrifos werden immer noch auf landwirtschaftlichen Feldern jedes Jahr benutzt. Air Monitoring, Human Biomonitoring und Vergiftungsdaten bestätigen die umfangreiche Exposition der Menschen gegenüber Chlorpyrifos aufgrund der weiteren Verwendung in der Landwirtschaft. Nach Angaben der Centers for Disease Control trägt die überwiegende Mehrheit von uns Abbauprodukte des chemischen Stoffs in unserem Körper – darunter auch Kinder.

Kinder, die in landwirtschaftlichen Regionen leben, sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt. Neben der Exposition aus der Nahrung, atmen sie auch Partikel ein, die durch Abdrift von nahe gelegenen Bauernhöfen in ihre Klassenzimmern und Häuser gelangen. Bauernkinder sind Chlorpyrifos in noch größerem Umfang ausgesetzt, weil ihre Eltern manchmal Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln am Ende des Tages nach Hause bringen, die an ihrer Kleidung und ihren Schuhen haften.

„Chlorpyrifos-Drift ist eine ernsthafte Bedrohungen für Gemeinden wie meine“, sagte Luis Medellin von der lokalen Organisation „El Quinto Sol de America“. Luis wuchs im kalifornischen San Joaquin Valley auf, in Häusern die direkt neben Bauernhöfen lagen, die Chlorpyrifos benutzten. „Die zugrundeliegende Realität zeigen, dass dieses Gehirngift nicht risikolos genutzt werden kann und deshalb auf den Feldern nicht verwendet werden sollte.“

Im Alter von 17 Jahren begann Luis mittels des „Drift-Catchers“ von PAN, dem Pestizid Aktions-Netzwerks, die chemische Drift aus den benachbarten Zitrus-Plantagen zu erfassen. Es wurde festgestellt, dass die Mehrzahl der Proben Chlorpyrifos enthielt. Anwohner sammelten ebenfalls ihren Urin, um ihn auf Chlorpyrifos zu testen und alle, außer einem, hatten Werte, die über dem lagen, was EPA für „akzeptabel“ hält.

In ihrem Brief an EPA fordern die Gesundheitsexperten, dass die EPA alle Verwendungen von Chlorpyrifos verbietet. In ihrem Schreiben steht:

„Wir fordern die EPA auf jetzt zu handeln aufgrund der Evidenz der wissenschaftlichen Beweise, dass Chlorpyrifos der Gesundheit von Kindern und Föten schadet. Es ist an der Zeit, dass die EPA Maßnahmen ergreift, um die öffentliche Gesundheit zu schützen und für ein gesundes Erbe für unsere Kinder und für zukünftige Generationen sorgt. Wir appellieren an die EPA, um alle Anwendungen des Pestizids Chlorpyrifos zu stoppen.

Andere Briefe mit einer ähnlichen Betreff wurden der EPA von Gesundheits- und Umweltorganisationen aus ganz Amerika übersandt, darunter eine Petition, die von mehr als 6.000 besorgten Bürgern aus dem ganzen Land unterzeichnet war.

Autor: PAN, Toxic Brain Chemical Must Be Banned: Health Professionals Demand EPA Take Action, October 5, 2011

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Weitere CSN Artikel zum Thema Gefährlichkeit von Chlorpyrifos:

2 Kommentare zu “Kinder auf dem Land bekommen doppelte Ladung Pestizide ab”

  1. Galaxie 4. November 2011 um 01:10

    Es ist doch einfach furchtbar,

    nirgends ist man mehr sicher. Hier dieser Beitrag erinnert mich daran. Ich habe den vor kurzem bei Menschen und Schlagzeilen gesehen http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/menschen_und_schlagzeilen/videos/menschenundschlagzeilen1133.html -.

    LG
    Galaxie

  2. maryy 14. November 2011 um 01:37

    Erschreckender Bericht.. wir wohnen auf dem Land… :-(

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