Grobe Missstände bei Antibiotika-Einsatz in Massentierhaltungen von NRW aufgedeckt

Bundesregierung muss endlich handeln

Berlin/Düsseldorf: „Die Geflügelindustrie hat den Einsatz von Antibiotika überhaupt nicht im Griff und gefährdet damit die Gesundheit der Bevölkerung“, kommentierte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die heute veröffentlichten Studienergebnisse über Antibiotika im Tränkewasser nordrhein-westfälischer Geflügelmastanlagen. Dem unkontrollierten Antibiotikaeinsatz in der Massentierhaltung müsse endlich ein Riegel vorgeschoben werden, forderte Weiger.

Das Verbraucherschutzministerium in NRW habe in 62 Prozent der untersuchten Puten- und Masthühneranlagen grobe Missstände beim Einsatz von Antibiotika festgestellt. So wurden mehrere Antibiotika im Trinkwasser nachgewiesen, die teilweise schon seit Jahren nicht mehr zur Behandlungen eingesetzt wurden. Die Medikamente seien im Tränkesystem der Massentierhaltungen verschleppt worden. Darüber hinaus seien auch nicht speziell zugelassene Antibiotika zum Einsatz gekommen.

Weiger: „Hauptursache für den Antibiotikamissbrauch sind die miserablen Haltungsbedingungen in den Anlagen und die fehlende Kontrolle des Medikamenteneinsatzes. Doch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner versagt bislang bei der Aufgabe, hier gegenzusteuern. Beim geplanten neuen Tierschutzgesetz sucht man vergeblich nach besseren Tierschutzstandards. Und das Arzneimittelgesetzt lässt der Geflügelindustrie Hintertüren offen, so groß wie Scheunentore.“ Um die Verbraucher wirkungsvoll vor Antibiotikaresistenzen zu schützen, müsse Ministerin Aigner dringend nachbessern und sofort strengere Tierschutz- und Arzneimittelgesetze vorlegen. Geschehe dies nicht, müsse der Bundesrat alle Widerspruchsmöglichkeiten ausschöpfen.

Die Studienergebnisse zeigten, dass industrielle Mastanlagen mit ihren typischen Tränkesystemen beim verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika versagten, so der BUND-Vorsitzende. Antibiotikareste, die in den Tränkerohren von Riesenmastanlagen hängen blieben, würden offenbar von den Betreibern ignoriert. Dabei könnten schon Kleinstmengen an verschleppten Antibiotika Resistenzen bewirken.

„Die Untersuchung in NRW offenbart eine neue Dimension der Risiken der Agrarindustrie. Da der Einsatz der Antibiotika noch immer nicht zentral erfasst, geschweige denn flächig kontrolliert wird, haben Betreiber von Massentierhaltungen keinen Anlass, sorgfältig mit den Medikamenten umzugehen. Je schlampiger der Einsatz jedoch ist, desto eher bilden Keime Resistenzen gegen die Wirkstoffe“, sagte Weiger: Die Kontrollen müssten deshalb deutlich erhöht und im Missbrauchsfall wirksame Sanktionen erteilt werden können.

Der BUND forderte Ministerin Aigner auf, unverzüglich eine arzneigesetzliche Grundlage zu schaffen, nach der jeder Einsatz und jede Verschreibung vom Tierhalter und Tierarzt digital dokumentiert werden müssten. Ein Ampelsystem müsse Behörden automatisch und in Echtzeit ermöglichen, nachzuvollziehen, welche Betriebe zu hohe Mengen einsetzten und welche Tierärzte auffällige Mengen verschrieben. Untersuchungen wie in NRW müssten zudem auch in allen anderen Bundesländern vorgenommen werden, um die repräsentative Datenlage zu verbessern.

Autor: BUND, Reinhild Benning, BUND-Agrarexpertin, Presseerklärung vom 3. Juli 2012

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7 Kommentare zu “Grobe Missstände bei Antibiotika-Einsatz in Massentierhaltungen von NRW aufgedeckt”

  1. PappaJo 3. Juli 2012 um 17:16

    Das wird aber erst aufhören wenn man diese Art der „Massentierhaltung“ verbietet! Wie sonst sollte man sowas unter Kontrolle bringen! Sobald der Kontrolleur den Rücken zeigt stopft der Bauer alles an Chemie in die Viecher, hauptsache die Kasse stimmt.

    Kein Mensch muß jeden Tag Fleisch essen. 1-2 mal die Woche reichen und dann würde das Konzept „Bio“ wieder greifen und funktionieren.

  2. Twei 3. Juli 2012 um 23:39

    Heute habe ich im Fernsehen eine „Hühnererntemaschine“ gesehen. Da werden die Hühner mittels 3 Walzen mit langen Gummiborsten automatisch in die Walzen eingesammelt – Flucht unmöglich – .
    Es ist heute so vieles erlaubt, was tatsächlich gesetzlich verurteilt werden müßte.
    Selbst da wo es gesetzliche Regelungen gibt, wie bei der Antibiotikaverabreichung, da gehört der Mißbrauch bei vielen zum Tagesgeschehen.

    Ich hoffe, dass ich mit dem Einkauf von Bio-Ware ein bißchen Gegensteuern kann.

  3. PappaJo 4. Juli 2012 um 10:30

    Man sollte dabei bedenken, das so Maschinen entwickelt und getestet werden müssen. Nichts funktioniert auch Anhieb und wie auf dem Reißbrett. Hier stellt sich dann die Frage, wieviele Tiere bei lebendigem Leibe zerrissen, zerquetscht, oder sonst wie zu Tode gekommen sind.
    Während der Testphase und anschließend im laufenden Betrieb!

  4. Silvia 4. Juli 2012 um 10:42

    Das ist so grausam, dass diese ganze Industrie einer genaueren Kontrolle und Modifizierung bedarf.
    Zum 21 Jhr. passt das nicht.
    Man muss wirklich ernsthaft überlegen ob man nicht doch Vegetarier wird.

  5. PappaJo 5. Juli 2012 um 12:26

    Kommt das nicht auf die Gentik an? Welchen Stamm gehörten Deine Ahnen an? Die Germanen waren überwiegend Jäger. Das klingt wohl grausam aber der Mensch ist im Ursprung eher ein Fleischfresser. Anbau etc. ging doch damals nur wenn die Sippe gelagert hatte oder das Wetter stimmte.

    Bei den Vegetariern fällt mir immer auf, das die dunkle Augenringe haben. Vitamin B12 Gruppe + Folsäure reicht wohl aus Pflanzen nicht. Oder fehlen da Stoffe die bisher noch keiner entdeckt hat, die im Fleisch stecken oder nur mit tierischen Aminosäuren vom Körper synthetisiert werden können? Das Hicks-Teilchen wurde ja auch erst gestern gefunden!;-)

    Ich rede hier aber von ethischer Tierhaltung!

  6. Mari Jo 7. Juli 2012 um 09:32

    Wir müssen uns nicht mehr wundern. Wo eine Regierung imstande ist, die eigenen Kinder hungern zu lassen (ein Drittel aller deutschen Kinder hat keine warme Mahlzeit mehr am Tag!), ihre kränksten und schwächsten Mitglieder ohne nötige Versorgung am ausgestreckten Arm verrecken lässt und sich gleichzeitig an Drogenhandel, Waffenschiebereien und rücksichtslosem globalen Neuzeit-Imperialismus bereichert, da sind Gesetzestexte doch nur noch totes Papier.

    Gesetze (sowohl für Menschen- als auch Tierrechte) gelten in Deutschland nichts mehr – darum nützt es auch nichts, neue Gesetze zu machen. Es hält sich eh keiner (mehr) dran, wie allenthalben zu beobachten ist.

    Wir sollten uns das B12 also lieber spritzen lassen und ansonsten den totalen Fleischboykott leben (bloß nicht auf Gesetze verlassen!!!) – denn nur und ausschließlich unser Verbraucherverhalten kann etwas verändern.

  7. Clarissa 14. Juli 2012 um 18:27

    Vielleicht mal als eine kleine Anregung auch für alle Grillfans, auch das kann man mal wagen und ich kann euch versichern, es schmeckt sehr gut. Ich habe schon die Gemüsespieße, die Maissuppe und die Bohnen gemacht, dazu einfach ein Stück frisces Brot oder eine Folienkartoffel und die Welt ist rund.

    http://www.blackforestbbq.tv/category/bbq-rezepte/vegetarischgrillen/

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