Neun Gründe, warum die Hypothese, MCS sei psychisch bedingt, vom medizinischen Standpunkt her absurd ist

In mehr als einem Dutzend Veröffent-lichungen wurde die Hypothese aufge-stellt, dass MCS keine echte körperlich bedingte Erkrankung, sondern eine Art psychogene Erkrankung sei, die durch einige unzureichend beschriebene psychologische Mechanismen ausgelöst werde. Den Beweis für ihre Behauptungen bleiben die Autoren schuldig, sie behaupten dies einfach und versuchen, ihre unwissenschaftlichen Behauptungen durch ständig wiederholtes Vorbringen als allgemeine Meinung zu etablieren. Wissenschaftliche Studien, die den tatsächlichen wissenschaftlichen Stand schlüssig darlegen, werden ebenso vehement ignoriert, wie die Tatsache, dass MCS im ICD-10 als körperlich bedingte Krankheit in Kapitel 19, das für Verletzungen und Vergiftungen steht, einklassifiziert ist.

Im nachfolgenden eine von Prof. Martin L. Pall erstellte Liste, die darlegt, welchen Stellenwert die Psycho-Hypothese im Fall von MCS tatsächlich hat.

Zusammenfassung der Mängel für die psychogene Hypothese bezüglich MCS

Die Vertreter der psychogenen These für MCS und verwandte Erkrankungen haben

  1. zahlreiche gegenteilige Hinweise auf die toxikologischen Wirkungen der mit MCS in Verbindung gebrachten Chemikalien, auf die physiologischen Veränderungen bei Patienten, die an MCS und verwandten Erkrankungen leiden, auf genetische Hinweise zur Anfälligkeit für MCS, auf objektiv messbare Reaktionen nach Exposition gegenüber niedrig dosierten Chemikalien bei MCS-Patienten, auf Tiermodelle zu MCS und auf klinische Studien über mit MCS verwandte Erkrankungen ignoriert.
  2. pauschale Schlussfolgerungen auf der Grundlage von nur wenigen oder keinen Daten gezogen.
  3. ihre Hypothese mit dem Konzept der somatoformen Störungen und der Somatisierung begründet, Konzepte, die sowohl in der Theorie als auch in der Praxis erhebliche Mängel aufweisen und in der wissenschaftlichen Literatur zunehmend infrage gestellt werden.
  4. ihre Ansichten mit einem angenommenen Dualismus zwischen einerseits psychologischen/psychiatrischen/mentalen Aspekten und andererseits physischen/physiologischen/biologischen Aspekten begründet, wobei dieser Dualismus von der modernen Wissenschaft verworfen worden ist.
  5. wiederholt unlogische Argumente vorgebracht.
  6. die lange Geschichte irrtümlicher psychogener Zuordnung in der Medizin ignoriert, eine Geschichte, die die Frage aufwirft, ob dieser Personenkreis nicht die Fehler wiederholt, die in der Vergangenheit zu irrigen psychogenen Thesen geführt haben.
  7. zahlreiche ihrer Veröffentlichungen in hohem Maße durch emotionsgeladene Rhetorik geprägt, anstatt der bewährten wissenschaftlichen Praxis zu folgen, ihre Argumente von einer gut strukturierten Theorie, verfügbaren Erkenntnissen und schlüssiger Logik leiten zu lassen.
  8. umfangreiche Literatur mit gegenteiligen Argumenten nicht berücksichtigt, obwohl es dafür kaum oder gar keinen Grund für gibt.
  9. in der Regel keine nachprüfbaren Annahmen gemacht, die dazu verwendet werden können, die Hypothese nachzuprüfen und ggf. zu widerlegen. Es gibt zwar zwei einzelne Ausnahmen von diesem Verhaltensmuster, diese wurden jedoch widerlegt und führen somit zu einer Zurückweisung der Hypothese.

Jeder dieser Mängel ist schwerwiegend. Einige davon, insbesondere Nr. 1, 2, 5, 8 und 9, sind nach meiner Auffassung bereits für sich allein mehr als ausreichend, um die These von der Psychogenese für MCS abzulehnen. Die Kombination aller neun kann nur als vernichtender Schlag gegen die psychogene These betrachtet werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 2. März 2010

Literatur: Auszug aus Martin L. Pall, Multiple Chemikaliensensitivität: Toxikologie- und Sensitivitätsmechanismen, Broschüre 2009.

Anmerkung:

Die 44-seitige Broschüre „Multiple Chemikaliensensitivität: Toxikologie- und Sensitivitätsmechanismen“ kann bei CSN gegen einen mit 1.45€ frankierten Din4 Rückumschlag angefordert werden. Sie kann auch auf der deutschsprachigen Webseite von Prof. Pall online gelesen werden.

Weitere CSN Blogs über die Arbeit von Prof. Martin Pall:

3 Kommentare zu “Neun Gründe, warum die Hypothese, MCS sei psychisch bedingt, vom medizinischen Standpunkt her absurd ist”

  1. Mary-Lou 4. März 2010 um 09:31

    Die These Multiple Chemikalien Sensitivität sei psychisch bedingt, passt vielen unterschiedlichen Interessengruppen gut ins Konzept. Darum findet die Verbreitung dieser medizinisch unhaltbaren und absurden Fehlinformation, reges Interesse und hält sich bestens in der Öffentlichkeit.

    Auch die Deutsche Rentenversicherung ist durch systematische Fehlbeurteilung von MCS Patienten, ins dieses Geschehen involviert.

    Bewusste Fehlbeurteilung und Falschinforation von Umweltkranken muss unterbunden werden, ggf. mit rechtlichen Schritten.

  2. Mary-Lou 4. März 2010 um 09:33

    Fortsetzung:

    Siehe hierzu die

    Leitlinien für die sozialmedizinische
    Beurteilung von Menschen
    mit psychischen Störungen

    Seite 48

    http://tinyurl.com/yevt7ml

    Herausgeber:
    Deutsche
    Rentenversicherung
    Bund

    …3.6.7 Spezielle Syndrome: “Chronic Fatigue-Syndrom” (CFS) bzw.
    “Multiple Chemical Sensitivity-Syndrom” (MCS)/
    “Idiopathic Environmental Intolerances” (IEI)
    Die unter den Begriffen „Chronic Fatigue-Syndrom“ (CFS) bzw. ”Multiple Chemical Sensitivity”
    (MCS) zusammengefassten Beschwerdebilder haben wegen der problematischen Vermengung
    von symptomatischer Ebene, Syndrom-Ebene und nosologischer Zuordnung bislang
    keinen Eingang in die international gängigen Diagnoseklassifikationssysteme gefunden.
    Der Begriff “Multiple Chemical Sensitivity” ist mittlerweile durch den Begriff der “Idiopathic
    Environmental Intolerances” (IEI) ersetzt worden. Bei Betroffenen mit einem unspezifischen
    umweltbezogenen Überempfindlichkeitssyndrom (= IEI) kommt es häufig zur Chronifizierung,
    die sich nicht mit einem ausschließlich toxikologisch-allergologischen Ansatz erklären lässt.
    Auch die 10. Revision der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen
    ”Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme”
    (ICD-10) geht bei CFS bzw. MCS/IEI wegen der fehlenden wissenschaftlichen
    Evidenz nicht von eigenständigen Krankheitsentitäten aus, zumal toxikologisch und immunologisch
    keine die Symptomatik erklärenden Befunde ermittelt werden können.
    In der anerkannten Fachliteratur herrscht hingegen Einigkeit darüber, dass MCS-/IEIBetroffene
    gleichzeitig über deutlich erhöhte psychische Beeinträchtigungen wie Ängstlichkeit,
    Depressivität oder diffuse, unterschiedlich ausgeprägte Körpersensationen berichten.
    Die Frage, ob die Häufung aktueller psychischer Störungen für eine ”biogene” oder ”psychogene”
    Ätiologie der MCS/IEI spricht, ist aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht geklärt…

  3. Fischer Siegfried 4. März 2010 um 15:40

    Verleumdung und Lügen von Seiten des Staates sind nichts Neues, weshalb es sich nicht lohnt, seinen letzten Atem und die noch verbliebene u. lebensnotwendige intellektuelle Energie weiterhin zu verschwenden. Lesen Sie bitte selbst, was ich am 19.02.2010 aus dem Internet ausgedruckt und übersetzt habe unter dem Rubrum: „Our Stolen Future“ (Vorwort von Al Gore) (deutsch: „Unsere Verlorene Zukunft“): „Scientific Input welcome“. Send suggestions to: „jpm@ourstolenfuture.org“ .
    Theo Colborn, Dianne Dumanoski und John Peterson Myers sind gewissermaßen die „Nachfahren“ von Rachel Carson:

    „Eine Notiz zu unserer redaktionellen Politik: Wir versuchen nicht eine volle Auflistung von Resultaten zu produzieren, die nur in Labors der Industrie mit Geldern der Industrie produziert wurden, es sei denn, sie wurden durch unabhängige akademische Laboratorien und unabhängige Finanzierungsquellen bestätigt. Es gibt eine zu lange Vergangenheit über die Verdrehung der Wissenschaft durch maßgebliche Kreise, speziell in Fällen, in denen die Industrie von sich behauptet,schädliche Wirkungen ihrer eigenen Produkte nicht reproduzieren zu können. Senden Sie bitte Hinweise an: jpm@ourstolenfuture.org

    Danke“

    P.S. An dieser Notiz mögen Sie erkennen, daß die Chemische Industrie und die Regierenden des Landes niemals einen Zusammenhang zwischen Toleranzverlust gegenüber Chemikalien bei den Bürgern des Landes und einer Nervengiftexposition bestätigen werden, wie dies am 20. März 1995 nach dem U-Bahn-Anschlag in Tokyo (Sarin/Organophosphate) absolut offensichtlich wurde.Immerhin wurden an diesem Tage 5.400 Menschen hospitalisiert, und sicher waren die Betroffenen mit „MCS“ keine Histrioniker. Sie wollten einfach nur gesund werden, was man ihnen wohl auch bis heute geglaubt hat.

    Siegfried Fischer

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