Airline zahlt Passagier 50.000€ Schadensersatz wegen Pestiziden an Bord

Lebensbedrohliche Asthmaattacke im Flugzeug ausgelöst durch Permethrin

Ein irischer Geschäftsmann erlitt während einem Air France Flug eine schwere allergische Reaktion, weil die Airline das Pestizid Permethrin an Bord versprühte. James Lapham verklagte die Air France und erhielt, wie in der irischen Zeitung Independent zu lesen war, erstmalig weltweit 50.000 Euro Schadensersatz. Der Asthmatiker habe den Zwischenfall knapp überlebt und sei jetzt nach acht Monaten noch immer in medizinischer Behandlung.

Pestizide gehören häufig zum Alltag an Bord

Das Versprühen von Pestiziden in Flugzeugen ist nichts Ungewöhnliches. Aus Hygienegründen und weil befürchtet wird, dass Schädlinge eingeschleppt werden, verlangen viele Länder das Versprühen von Pestiziden. Gewarnt wird der Passagier in der Regel nicht. Die Dunkelziffer von Passagieren, die während eines Fluges gesundheitliche Beschwerden aufgrund der Pestizide an Bord erlitten, dürfte hoch sein. Airlines weltweit haben wegen des Gerichtsurteils nun die Befürchtung, dass dieser Fall ein Präzedenzfall darstellen könne, auf den sich Passagiere, die Beschwerden erlitten, berufen könnten.

Ein deutscher Rechtsanwalt hatte im Jahr 2008 einen Prozess gegen Air France geführt. Auch er hatte gesundheitliche Beeinträchtigungen durch das Versprühen von Pestiziden an Bord erlitten. Die Airline versagte ihm die Auskunft, welches Pestizid zum Einsatz gekommen war. Das Frankfurter Landgericht fällte im Dezember 2008 ein Urteil, das dem Anwalt zumindest zur Hälfte Recht gab.

Noch größere Sorge, als solche Einzelfälle unter den Passagieren, bereitet den Airlines Klagen von Flugpersonal, das durch Pestizide an Bord erkrankte und sich den aktuellen Fall zu Nutze machen könnte.

Asthmaattacke durch Pestizide

Der Independent schreibt, dass James Lapham sich auf einem Rückflug von Rabat nach Dublin befand, als sich der Zwischenfall ereignete. Er sei erst zehn Minuten an Bord gewesen, als sich Atembeschwerden einstellten. Die Flugbegleiterinnen hatten Permethrin, ein neurotoxisches Pestizid, in der Flugkabine versprüht, berichtet der Irische Independent. Permethrin gehört zu den Pyrethroiden, und ist ein Pestizid, das dafür bekannt ist, u.a. allergisches und nicht allergisches Asthma auszulösen. Auf Flügen in die USA ist Permethrin verboten, weil das Pestizid von der EPA seit 1997 als krebserregend eingestuft ist.

Notlandung wegen Reaktion eines Asthmatikers auf Pestizid

Der irische Geschäftsmann reagierte so heftig auf das Permethrin, dass die Flugbegleiter ihm Sauerstoff verabreichen mussten. Die Invention reichte nicht aus, der Zustand des Asthmatikers verschlechterte sich weiter und das Flugzeug musste eine Notlandung in Marokko einlegen. Der Geschäftsmann wurde mit dem Rettungswagen in ein Hospital gebracht, wo er mit Cortison stabilisiert wurde. Im Independent stand zu lesen, dass der Mann zwar wieder arbeiten könne, aber immer noch auf medizinische Behandlung angewiesen sei.

Krank durch Pestizide im Flugzeug – Kein Einzelfall

Der irische Geschäftsmann James Lapham ist kein Einzelfall. Insbesondere Flugpersonal, das auf Langstreckenflüge in heiße Regionen eingesetzt wird, klagt bereits seit Jahren über die Anwendung von Pestiziden und die gesundheitlichen Folgen durch die toxischen Chemikalien. In verschiedenen Ländern sind Prozesse anhängig und Flugpersonal hat sich seit Jahren international organisiert.

James Lapham berief sich am Irischen High Court auf die Montreal Konvention. Passagiere können unter dieser Konvention maximal 100.000€ Schadensersatz erhalten, der Ire erhielt die Hälfte, 50.000€. Ob weitere Fälle anerkannt werden, lässt sich nicht voraussagen, denn noch berufen sich Airlines darauf, dass Permethrin eine Empfehlung der WHO besitzt, obwohl sich die wissenschaftlichen Studien über die Gesundheitsschädlichkeit des neurotoxischen Pestizids mehren.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 21. August 2011

Literatur:

Independent, Airline pays out €50,000 in pest-killer spray case, August 09, 2011

Weiterführende Informationen

Kontaktstelle für Betroffene: Aerotoxic Association

4 Kommentare zu “Airline zahlt Passagier 50.000€ Schadensersatz wegen Pestiziden an Bord”

  1. Mirijam 24. August 2011 um 14:05

    Vorbildlich und bewundernswert- dieser irische Geschäftsmann!

    Ich wünsche ihm gute Besserung und weiterhin Erfolg.

    Mirijam

  2. Siegfried Fischer 6. September 2011 um 00:18

    Siegfried Fischer

    Gewaltloses Eintreten gegen Diskriminierung überlebt stets auf Dauer, weil dies nicht gegen die Naturgesetze verstößt, wie es z.B. bei Rachsucht,Revanche-Handlungen etc.der Fall ist, weil keine kosmischen Gegenreaktionen ausgelöst werden. Auf solche Lösungsversuche folgen immer Gegenreaktionen,die Mahatma Gandhi z.B. in seinem Kampf gegen das Britische Empire ja erfolgreich vermieden hat, wenngleich dies ein langer und ungeheuer beschwerlicher Weg war. Der kosmische Ausgleich läuft aber fehlerfrei ab,wie etwa das Schwerkraftgesetz.Der Wandel des Unrechts gegen kranke,verarmte und zu Tode geschundene Arbeiter kommt alsbald (siehe auch unter“replies@alternet. org“).Der hohe Prozentsatz der derzeitigen Gegen-
    wehr der Giftopfer deutet außerdem an, daß das
    Unrechts-System alsbald kippen muß und auch wird,zumal die 11% Grenze bereits überschritten
    ist.
    Siegfried Fischer

  3. Brune 19. Dezember 2019 um 17:59

    Liebe Autorin,

    mich würde angesichts des Falls vielmehr interessieren, wieso die anderen Passagiere diese Anzeichen von Erkrankung nicht gezeigt haben.
    Gibt es dazu Erkenntnisse?

    Sie sagen am Ende:
    „Ob weitere Fälle anerkannt werden, lässt sich nicht voraussagen, denn noch berufen sich Airlines darauf, dass Permethrin eine Empfehlung der WHO besitzt, obwohl sich die wissenschaftlichen Studien über die Gesundheitsschädlichkeit des neurotoxischen Pestizids mehren…“

    Könnten Sie bitte Links zu den Studien hier veröffentlichen bzw. mir per Email zu kommen lassen? Ich recherchiere zu dem Thema.

    BG

    Loui Brune

  4. I.A. 28. Dezember 2019 um 01:44

    im jahre 1992 wurde auf einem air india flug permethrin gesprayt. ich habe allergisch reagiert und mir durch den husten eine rippe gezerrt und als die symptome nicht besser wurden, ich bin in indien von einem krankenhaus zum nächsten, mein blut konnte nicht mehr genügend sauerstoff aufnehmen, musste ich die reise abbrechen, nachdem ich an der sauerstoffflasche hing und voller kortison war, und zurück nach deutschland. ich habe versucht, mich zu wehren, vergeblich. es hat lange gedauert, bis ich wieder normal luft bekommen habe. und keiner war zuständig/ ansprechbar/ niemand wusste etwas und jeder hat verantwortung abgeschoben. ich habe versucht zu klagen, alles vergeblich. hatte ärger mit der versicherung, musste die kosten selber tragen.
    jetzt lese ich, dass immer noch in kabinen das selbe zeug gesprüht wird und man beruft sich immer noch auf vorgaben der WHO? und weiss, dass permethrin u. a. sich als nervengift anreichert, die anwendung nicht wirklich klug durchdacht ist und der nutzen fraglich.
    ich habe noch unterlagen von damals im keller stehen…
    erschreckend auch, dass mir beim buchen der reise keiner geglaubt hat, als ich nachfragte, ob heute, im jahre 2019 noch gesprayt wird. es ist nicht im bewusstsein in der öffentlichkeit und auch nicht bei den reiseveranstaltern.
    ich habe es damals direkt in die lungen eingeatmet, als der stewart ohne vorwarnung an uns vorbei lief mit 2 spraydosen. danach fing ich sofort an zu husten. ich schaffte es damals, seine flaschen in die hand zu bekommen, um mir hersteller und inhaltstoffe abzuschreiben. der hersteller verwies darauf, mit air india schon lange nicht mehr zusammenzuarbeiten, da sie falsch anwendeten und air india schickte mir freundlicherweise ein aerosol zu!!! das habe ich womöglich auch noch.

    wie kann ich mich auf einem flug im jahre 2020 schützen???? obwohl ich es beim ticketkauf angesprochen habe im reisebüro, wurde ich nicht darauf hingewiesen – sonst hätte ich mir kein flugticket gekauft!!
    ich hätte interesse an weiteren informationen, bzw wäre an kontaktaufnahme zu recherche und austausch mit betroffenen interessiert. und an weitreichenden veränderungen, denn permethrin taucht in deutschland immer noch auf, sei es im kopflausmittel oder in sogenannter schutzkleidung gegen zecken….
    MfG,
    I.A.

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