Archiv der Kategorie ‘Krank durch den Beruf‘

Sick-Aeroplane-Syndrome

PRESSEMITTEILUNG des dbu – Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner

Auf Grund des zunehmenden Interesses der Medien an den möglichen Gesundheitsgefahren, die sowohl für das fliegende Personal der Fluggesellschaften wie auch für Passagiere durch das Reisen per Flugzeug entstehen können, sieht sich der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner dbu dazu veranlasst, die Öffentlichkeit mit dieser Pressemitteilung objektiv über die wahrscheinlichen Zusammenhänge aufzuklären.

„Sick-Aeroplane-Syndrome“

Sowohl Vielflieger wie auch das fliegende Personal von Airlines werden in zunehmendem Maße durch flugtechnisch bedingte physikalische, biologische und chemische Belastungen in ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden gefährdet. Daraus kann eine Multisystemerkrankung mit umwelt- und arbeitsmedizinischer Relevanz resultieren, für die wir den Begriff „Sick-Aeroplane-Syndrome“ (SAS) vorschlagen.

Gesundheitliche Belastungen

Physikalisch ist dabei der Einfluss der kosmischen Höhenstrahlung von Bedeutung, deren Menge nicht nur von der Flugdauer sondern v.a. von der Flugroute bestimmt wird. Transatlantikflüge und Fernostreisen setzen die Flugzeuginsassen dabei oft der 5-10fachen Ionenmenge aus als vergleichbare Nord-Süd-Routen. Die gesundheitlichen Auswirkungen gehen bei akuter Belastung meist nicht über Befindlichkeitsstörungen hinaus. Bei chronischer Exposition hingegen sind die Folgen oft erst nach Jahren als Krebserkrankung erkennbar. Bezüglich des Krebsrisikos rangiert die Berufsgruppe des fliegenden Personals (Piloten und Flugbegleiter) mittlerweile an dritter Stelle unter allen Berufen.

Im Laufe der Gesamtbetriebsdauer eines Flugzeuges wird das Fluggerät immer schwerer. Ursache ist die Ansammlung von Kondenswasser in den Innenabdeckungen der Rumpf-, Kabinen- und Cockpitwände. Dies bietet den idealen Nährboden für Schimmelpilze, die durch die Entstehung von Sporen und Mycotoxinen zur biologischen Belastung der Insassen führt. Allergische und toxische Reaktionen sind die Folge.

Chemische Belastungen sind entweder betriebsbedingt (Biozide) oder Folge von Betriebsstörungen (Berylliumstäube, Aluminiumstäube, Kerosin, Turbinenöldämpfe).

Während auch hier die durch Beryllium, Aluminium oder Kerosin bedingten Gesundheitsstörungen meist erst bei chronischer Exposition auftreten, zeigen sich die Folgen einer Kontamination der Atemluft mit Bioziden kurzfristig (innerhalb 1-2 h), die Belastung der Luft mit Flugöldämpfen meist unmittelbar (innerhalb von 10 Sekunden bis 2-3 Minuten).

Die Ausbringung von Bioziden erfolgt in regelmäßigen Abständen im Rahmen der Betriebserlaubnis des Fluggerätes und bei bestimmten Destinationen in der Vorbereitungsphase des Landeanflugs als Voraussetzung der Landeerlaubnis. Passagiere und Flugpersonal reagieren meist erst nach der Landung auf das versprühte Gemisch von Pyrethroiden und Organophosphaten, wenn sie nicht an einer MCS leiden.

Aerotoxisches Syndrom

Das Eindringen von Öldämpfen aus den Triebwerken in die Kabinen- und Cockpitluft hingegen ist Folge einer Betriebsstörung. Die in den Turbinenölen enthaltenen Organophosphate, allen voran das Tricresylphosphat (TCP), verdampfen aus defekten Dichtungen und gelangen in das Frischluftsystem (Bleed Air = Zapfluft) des Flugzeugs. Bei Inhalation verursacht es plötzliche Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Sehprobleme in Form des Tunnelblicks und allgemeine Koordinationsstörungen. Das Cockpitpersonal kann oft nur durch sofortige Reinsauerstoffversorgung über die Sauerstoffmasken seine Pilotentätigkeit ausführen und einen Crash verhindern.

Dieses auch als „Aerotoxisches Syndrom“ bezeichnete Krankheitsbild gefährdet somit nicht nur die individuelle Gesundheit der betroffenen Personen, sondern durch die unmittelbar auftretende Störung der Koordinationsfähigkeit der Flugzeugführung auch die Sicherheit des Flugzeugs und damit die internationale Flugsicherheit selbst. Es ist nicht auszuschließen, dass mancher ungeklärte Flugzeug-Crash auf ein akutes Aerotoxisches Syndrom bei den Piloten zurückzuführen ist.

Die hier aufgelisteten physikalischen, biologischen und chemischen Belastungen können jede für sich allein, viel häufiger jedoch durch ihre Kombinationswirkung, zu chronischen Multisystemerkrankungen mit erheblichen Einbußen in Lebensqualität, Berufsfähigkeit und Erwerbsfähigkeit führen.

Arbeits- und Umweltmedizinische Relevanz

Je nach Ursache haben diese Gesundheitsstörungen unterschiedliche Codierungen im ICD-10. Bei einigen existieren auch anerkannte Berufskrankheiten mit entsprechenden BK-Nummern. Für fliegendes Personal und Geschäftsleute, die aus beruflichen Gründen viel fliegen müssen, sind die Auswirkungen des „Sick-Aeroplane-Syndrome’s“ auch von berufsgenossenschaftlicher Relevanz. Im BG-Verfahren muss der Geschädigte im Regelfall die Kausalität der Erkrankung mit dem Fliegen beweisen. Beryllium, Aluminium, Kerosin und Trikresylphosphat tauchen im Regelbetrieb nicht im Innenraum des Flugzeuges auf. Der Nachweis der Substanzen, z.B. an den Auslassdüsen der Lüftung, stellen die Betriebsstörung des Fluggerätes unter Beweis und führen somit rechtlich zur Beweislastumkehr.

Vergiftungen und Verletzungen durch Chemikalien sind gemäß § 16e des deutschen Chemikaliengesetzes meldepflichtig. Da aber dieser § nicht strafbewehrt ist, haben Zuwiderhandlungen keine strafrechtlichen Konsequenzen. Allerdings könnten unterlassene oder verspätete Meldungen in zivilrechtlichen Schadenersatzverfahren Rechtsrelevanz erlangen.

Da das Aerotoxische Syndrom bzw. „Sick-Aeroplane-Syndrom“ sozial-, arbeits- und umweltmedizinische Relevanz erlangt hat, muss die Diagnose sorgfältig unter besonderer Berücksichtigung haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalitäten, erhoben werden. Die dabei erhobenen Daten dienen nicht nur der individualmedizinischen Betreuung betroffener Patienten, sondern können auf epidemiologischer Ebene auch die Risikowahrnehmung bei den Verantwortlichen fördern und somit zur Minderung des Gefahrenpotentials im Flugbetrieb beitragen.

Bei Verdacht auf das Vorliegen eines „Sick-Aeroplane-Syndroms“ schlägt der dbu deshalb einen dezidierten Diagnosepfad vor, dessen genauer Wortlaut auf der dbu-Website, hier, sowie in der nächsten Ausgabe des Fachjournals „Umwelt-Medizin-Gesellschaft“ (UMG) nachzulesen ist.

PRESSEMITTEILUNG des dbu – Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner, 12. August 2010

Dr. med. Frank Bartram, 1. Vorsitzender des dbu

und

Dr. med. Hans-Peter Donate, 2. Vorsitzender des dbu

Korrespondenzautor/ v.i.S.d.P.

Facharzt für Allgemeinmedizin-Umweltmedizin,

Dr.-Adam-Voll-Str. 1, 93437 Furth im Wald,

Tel.:+49-9973-5005420; Fax+49-9937-5005450

Weiterführende Informationen

Kontaktstelle für Betroffene: Aerotoxic Association

Envio PCB-Skandal: Die Opfer stehen im Regen

Dortmund, ein Entsorgungsbetrieb gerät Anfang 2010 in die Schlagzeilen. Envio, eine Recycling GmbH, steht in dringendem Verdacht, sorglos bei der Handhabung von PCB-verseuchten Transformatoren umgegangen zu sein. Im Blut von Angestellten und Nachbarn des Recycling-Betriebs findet sich die hochtoxische und krebserregende Chemikalie PCB. Auch die umliegenden Gärten sind hochgradig verseucht. Envio weist zu jenem Zeitpunkt jede Schuld von sich. Jetzt, im zweiten Halbjahr 2010, wird erkennbar, dass die Angestellten und Anwohner sich auf einen langen Kampf einstellen müssen. Hilfe erhielten sie bislang nicht etwa von den Verantwortlichen und zuständigen Behörden, sondern in erster Linie von den Medien. Ohne die Zeitung DER WESTEN wären kaum Fakten an die Öffentlichkeit gedrungen. Fast 160 Artikel veröffentlichte die Zeitung seit Januar 2010 und half damit den Opfern beträchtlich. Ohne diese Berichterstattung wäre mit ziemlicher Sicherheit längst „Gras“ über den Skandal gewachsen. Die PCB-Opfer wollen kämpfen, DER WESTEN steht ihnen durch unterstützende Berichterstattung bei. Die Journalisten der Zeitung sind längst selbst zu PCB-Experten geworden und scheuen keine Mühe.

Behörden und Berufsgenossenschaften mauern

In der aktuellen Ausgabe von DER WESTEN ist ein Bericht mit dem Titel “Droht Envio-Opfern ein Gutachter-Krieg?” zu lesen, der den Betroffenen eine Richtung für weiteres Vorgehen aufweist und Hintergrundinfos für ihren Weg zur Sicherstellung von Recht und Entschädigung liefert. Im Artikel wird Abekra, ein in Hessen ansässiger Verein, der sich um arbeits- und berufsbedingt Erkrankte kümmert, zitiert. Die Leiterin, Frau Dr. Vogel, kann auf eine fast 20-jährige Erfahrung zurückblicken. Sie kennt, wie kaum ein anderer, die Verfahrens- und Verschleppungstaktiken von Behörden und insbe-sondere die Maschen der Berufsgenossenschaften. Dem pflichtet der auf Erfahrung mit ähnlichen Fällen zurückblickende Stuttgarter Anwalt Hans-Peter Herrmann zu. Im Interview mit DER WESTEN rät der Fachanwalt für Medizinrecht den Geschädigten mit Nachdruck zu umgehender medizinischer Beweissicherung durch neutrale Ärzte.

Ebenfalls zitiert wurde das CSN – Chemical Sensitivity Network. Zwei ausführliche Interviews waren Basis dafür. Silvia K. Müller, Präsidentin des CSN, ist sich wie Frau Dr. Vogel bewusst, dass die Betroffenen in Dortmund fachmännische Hilfe benötigen, denn auch sie erlebte in den vergangenen beiden Jahrzehnten, dass man die Opfer in der Regel im Stich lässt. Umso erfreuter ist die CSN-Präsidentin, dass sich DER WESTEN dem Envio-Skandal angenommen hat und keine Ermüdung in der Berichterstattung aufkommen lässt. Darin sieht sie eine enorme Chance für die Opfer.

Skandalöse Aussagen zum Nachteil der Betroffenen

Silvia K. Müller verfolgte den PCB-Skandal von Anfang an. Sie war vor allem über die Aussage der Dortmunder Gesundheitsamtsleiterin empört, die geäußert hatte, dass man das Blut der unter 14-jährigen Kinder von Envio-Arbeitern und Anwohnern des Werksgeländes nicht untersuchen müsse. Das Zitat hierzu:

DER WESTEN: Kinder unter 14 Jahren sollen laut Dr. Annette Düsterhaus, Leiterin des Dortmunder Gesundheitsamtes, zunächst nicht untersucht werden, „um ihnen die Belastung der Blutentnahme zu ersparen“. Dr. Annette Düsterhaus: „Außerdem gibt es keine Therapiemöglichkeiten bei einer PCB-Anreicherung im menschlichen Körper.“ Die Expertenrunde um Prof. Michael Wilhelm (Ruhr Uni), die die Blutuntersuchungen der Mitarbeiter bewertete: „Wegen der langen Verweildauer von PCB im menschlichen Körper lassen sich spätere gesundheitliche Auswirkungen nicht ausschließen.“

Für die CSN-Präsidentin war klar, wenn die Eltern auf Blut- und Fettgewebsanalysen verzichten, dann können auch später folglich keine Ansprüche geltend gemacht werden. Auch Kinder, nicht nur Erwachsene, haben einen Rechtsanspruch und einen Anspruch auf Gesundheit. Ohne die versagten Blutanalysen hätte niemand etwas Beweiskräftiges in der Hand. Das kommt Verursachern und Verantwortlichen natürlich gelegen und zählt zu deren üblichen Procedere.

Die Aussage “Entgiftung von PCBs nicht möglich” ist wissenschaftlich unkorrekt

Auch die zweite Aussage der Dortmunder Gesundheitsamtsleiterin gegenüber DER WESTEN – es gäbe keine Therapiemöglichkeiten bei einer PCB-Anreicherung im Körper – ist eine Fehlinformation, die Betroffene in die Irre führt. PCBs kann man sehr wohl entgiften, wenn auch mit einem gewissen Aufwand.

Um dies zu belegen führt die CSN-Präsidentin Prof. Dr. William J. Rea an, einer der Mitbegründer der Umweltmedizin und erster Professor für Umweltmedizin weltweit. Der Experte für Chemikalienschädigungen und Chemikaliensensitivität legte in seinem vierbändigen Buch „Chemical Sensitivity“ dar, dass man PCB’s sehr wohl entgiften kann. Prof. Rea bezieht sich unter anderem auch auf die Angaben eines deutschen Umweltmediziners (Dr. Thomas Meyn). In einer Tabelle, in dem als Standardwerk geltenden Fachbuch, werden die PCB-Werte von 60 Patienten vor und nach einer Entgiftungsbehandlung angegeben. Eine Kombination von spezieller Saunaentgiftung und begleitendem Körpertraining führte zur Mobilisierung von PCBs im Körperfett, wodurch sich die PCB Werte der Patienten im Schnitt um fast die Hälfte reduzierten. Rea berichtet in seinem Buch weiter, dass 100 seiner Klinikpatienten, die mit PCB und PBB belastet waren, nach einer Entgiftung in einer Temperaturkammer 64-75% Reduzierung der PCB-Belastung und ihrer Beschwerden aufweisen konnten. Bei einer dokumentierten Gruppe von 1000 Patienten reduzierte sich deren Belastung im Schnitt um 71%.

PCB-Opfer sollten sich organisieren und müssen durchhalten

Die Betroffenen im Envio-Skandal müssen nicht ganz hoffnungslos in die Zukunft schauen, sie haben die Medien hinter sich, ein wichtiger Aspekt, damit der Fall nicht zum Ruhen kommt. Jetzt müssen sie sich nur noch gut organisieren, Beweise und Informationen zusammentragen, damit steigen ihre Erfolgsaussichten. Das Internet kommt den PCB-Geschädigten entgegen, denn jeder, der Informationen braucht, wird mit etwas Mühe fündig. So kann man auch Falschinformationen schnell enttarnen und für eine Veröffentlichung der Tatsachen sorgen. Das Beispiel einer 81-Jährigen, die ebenfalls durch ihren damaligen Beruf erkrankte, bestätigt dies. Die aktive Seniorin hat eine informative Webseite zum Thema GIFTE AM ARBEITSPLATZ erstellt, über die im CSN Blog berichtet wurde. Für die PCB-Opfer in Dortmund könnte dies ein kleiner Impuls sein, der ihnen Mut macht, gemeinschaftlich die Kräfte zu bündeln, um dem entgegenzuwirken, dass man sie weiter eiskalt im Regen stehen lässt.

Autoren: Silvia K. Müller und Thommy, CSN – Chemical Sensitivity Network, 3. August 2010

Photo: Jahreed für CSN

Literatur:

  1. DER WESTEN, Droht den Envio-Opfern ein Gutachter-Krieg?, 03.08.2010
  2. DER WESTEN, Envio PCB Skandal weitet sich aus, 29.06.2010
  3. William J. Rea, Chemical Sensitivity, Lewis Publisher, 1997

Weiterführende Informationen:

81-jährige stellt eigene Webseite zum Thema GIFTE AM ARBEITSPLATZ ins Internet

Hilfe und Informationen für Berufskranke

Mit 81 Jahren haben sich die meisten Menschen zurückgezogen und genießen ihr Alter, oder sie fristen ihren Lebensabend in einem Altersheim. Nicht so Inge Kroth. Die 81-jährige stellte kürzlich eine Webseite für Menschen ins Netz, die durch Gifte am Arbeitsplatz krank wurden. Das Thema besitzt höchste Brisanz, denn in der Regel wird es totgeschwiegen. Nachfolgend berichtet die aktive Seniorin über ihre Beweggründe eine Aktivistin zu werden und was sie auf die Beine gestellt hat.

Wieso stellt eine 81-jährige noch eine eigene Webseite ins Internet?

Inge KrothDie Antwort ist: Weil ich etwas zu sagen habe und das Unrecht nicht hinnehmen will, das tausenden von Menschen jährlich angetan wird. Meine Webseite heißt: www.gifte-am-arbeitsplatz.de

Gifte am Arbeitsplatz sind im Chemiestaat Deutschland allgegenwärtig, unzählige Menschen erkranken jedes Jahr bei der Arbeit durch die toxisch wirkenden Chemikalien, denen sie ausgesetzt sind. Industrie und Arbeitgeber sind nicht an „sauberen“ Arbeitsplätzen interessiert, denn das würde den Profit schmälern. Profit aber ist oberstes Gebot. Lieber nimmt man in Kauf, dass Menschen erkranken.

Berufskranke haben in Deutschland schlechte Karten

Nur ein verschwindend kleiner Teil wird durch die jeweils zuständige Berufsgenossenschaft anerkannt. Der weitaus größere Teil, etwa 95% der Erkrankten, wird diffamiert und als Simulant, Rentenjäger oder psychisch Kranker abgestempelt. Es sind geschätzte hunderttausend Erkrankte jedes Jahr, die zuerst am Arbeitsplatz krank gemacht werden und die dann jahrelang durch die Mühlen von Berufsgenossenschaft und deren Gutachtern gedreht werden, und die man schließlich abschmettert.

Recht haben und Recht bekommen, ist ein großer Unterschied

Auch die Sozialgerichte sind nicht daran interessiert, Berufskranke anzuerkennen: Die Industrie müsste die krankmachenden Chemikalien vom Markt nehmen und hätte große Einbußen. Deshalb droht die Industrie mit Verlust von Arbeitsplätzen oder dem Ausweichen in Billiglohnländer. Das wiederum würde die Steuereinnahmen des Staates erheblich mindern; die Anerkennung von Berufskranken ist also hochpolitisch und wird mit allen Mitteln verhindert. Der beruflich Erkrankte weiß dies in aller Regel nicht und kämpft um seine Anerkennung.

Knapp überlebt

Diesen langjährigen Kampf mussten auch mein Mann Theo und ich auf uns nehmen. Wir eröffneten 1963 in Koblenz eine Chemische Reinigung, die“ Ingeborg Reinigung“. Zu Beginn waren wir völlig gesund und voller Elan und Arbeitsfreude. Als wir 1989 unsere Reinigung an unseren Nachfolger verkauften, hatten wir beide eine Schwerbehinderung von 100%. Nur dem Können eines privaten Arztes, Dr. Kuntzmüller in Stromberg, haben wir es zu verdanken, dass wir überlebten. Einige Kollegen, die gleichzeitig mit uns eine Reinigung eröffnet hatten, haben nicht einmal das Rentenalter erlebt.

Die Wissenschaft lieferte den Beweis

Ende 1989, ein halbes Jahr nach unserer Berufsaufgabe, stellte man durch wissenschaftliche Untersuchungen folgendes fest: Das Lösungsmittel Perchlorethylen (das von uns verwendete Reinigungsmittel) dringt durch Wände und Decken, sogar durch Beton, und vergiftet in angrenzenden Wohnungen und Läden fetthaltige Lebensmittel. Per Gesetz wurde verfügt, dass 1990 alle Reinigungsmaschinen in Deutschland durch neue und verbesserte Maschinen ersetzt werden mussten. Tausende von Reinigungen schlossen damals, weil sie die gesetzlichen Bestimmungen nicht erfüllen konnten.

Schweigen? NEIN!

Wenn aber Lebensmittel vergiftet werden, nachdem (!) das Lösungsmittel Perchlorethylen durch Wände und Decken gedrungen ist, wievielmehr muss es die Menschen geschädigt haben, die unmittelbar an den ausgasenden Maschinen gearbeitet haben? Ich habe auf meiner ersten Webseite (2005) www.inge-kroth.gmxhome.de am Beispiel meines Mannes und mir aufgezeigt, wie die Berufsgenossenschaft und die Sozialgerichte mit uns umgegangen sind. Mein Mann wurde schließlich von der BG als berufskrank anerkannt. Ich selbst habe im selben Raum wie mein Mann gearbeitet, und obwohl ich dieselben Erkrankungen wie mein Mann entwickelt habe, verlor ich 2009 mein drittes Verfahren.

Webseite zum Thema GIFTE AM ARBEITSPLATZ

Mittlerweile wurde die neue und sehr erweiterte Webseite ins Internet gestellt,

www.gifte-am-arbeitsplatz.de

in der ich in verständlicher Form die menschenverachtenden Methoden schildere, mit denen in der Regel die Berufsgenossenschaften, ihre willfährigen Gutachter und Sozialrichter die berechtigten Ansprüche der am Arbeitsplatz erkrankten Menschen abweisen.

Verstummten Kranken eine Stimme geben

Ich will nicht stumm das Unrecht dulden, das unzähligen Menschen jedes Jahr auf neue angetan wird. Tausende jährlich, die ihre Gesundheit im Chemiestaat Deutschland an schlechten Arbeitsplätzen durch Gifte verlieren und dann allein gelassen werden. Ich will diesen Menschen eine Stimme geben! Und der Erfolg gibt mir recht: Ein Zählwerk zeigt, dass die neue Webseite in der ersten Woche bereits mehr als zweitausendmal aufgesucht wurde.

Widerstand ist eine ethisch, moralische Verpflichtung

Ich fühle mich trotz meines Alters verpflichtet, die fiesen Methoden der Berufsgenossenschaft, ihrer Gutachter und der Sozialgerichte öffentlich zu machen; ich will jedem Einzelnen zeigen, dass man auch unzähligen anderen Geschädigten so übel mitspielt. Mein Motto ist: Wenn Unrecht zu Recht wird, ist Widerstand Pflicht

Autor: Inge Kroth, Betreiberin der Webseite Gifte am Arbeitsplatz, 1. August 2010

Antext: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Weitere CSN Artikel zum Thema Krank durch die Arbeit:

Folgen einer Deo-Pflicht für Angestellte

Vorsitzende eines Unternehmerverbandes will Deo-Pflicht einführen

In einem Interview mit der Zeitschrift FOCUS ließ die Vorsitzende des Verbandes für mittelständische Unternehmer verlauten, dass sie sich für eine Deo-Pflicht in Betrieben einsetzen will. Ursula Frerichs findet es unangenehm, wenn jemand nach Schweiß riecht. (1) Als der Journalist im Interview fragte, wie man sich eine Umsetzung vorstellen könne, ließ Frau Frerichs keinen Zweifel daran, wie ernst sie ihr Vorhaben empfindet. Angestellte in Betrieben sollen sich möglichst mehrfach pro Tag mit Deo einsprühen und wenn es nach ihr ginge, soll dies sogar durch betriebsfremde „Schnüffler“ überprüft werden. Wer trotz Deo-Pflicht stinkt, dem sollen Abmahnungen ins Haus stehen.

Chemikaliensensible Mitmenschen sind erschüttert vom Ansinnen der Verbandsvorsitzenden, sie fürchten, dass damit der verbliebene kleine Rest ihrer Lebensqualität gänzlich verloren geht und sie, wenn sich dieser Vorschlag durchsetzt, unausweichlich körperliche Reaktionen in vielen Situationen anstehen. Eine chemikaliensensible Frau hat deswegen bereits Anzeige gegen die Verbandsvorsitzende erstattet, sie hält das Vorhaben u.a. für eine vorsätzliche Aufforderung zur Körperverletzung.

Systematisch ausgrenzt durch Duftstoffwahn

Was für die Zeitungen eine willkommene Sommerschlagzeile war, lässt Asthmatikern, Allergikern, Migräne-Patienten und Menschen mit Chemikalien-Sensitivität aufhorchen, denn durch eine solche Maßnahme würde ihnen die Möglichkeit genommen, ihre Arbeit in einem Betrieb mit forcierter „Deo-Pflicht“, ohne gesundheitliche Einschränkungen leisten zu können. Nicht wenige müssten sogar kündigen, weil Reaktionen bis hin zu Lebensgefahr zu erwarten wären und die eingeschränkte Gesundheit einfach nichts anderes zulässt.

Deos sind zum Großteil üble Chemikaliengemische

Um zu wissen, was die Inhaltsstoffe für die Gesundheit bedeuten, die auf Deo-Spraydosen und Deo-Rollern angegeben sind, muss man fast ein Chemiker oder Toxikologe sein. Sollte der Käufer sich die Mühe machen, die Inhaltsstoffe zu identifizieren, muss er sich außerdem darüber im Klaren sein, dass nicht alles deklariert ist, was im Produkt enthalten ist – „Produktgeheimnis“ nennen dies die Hersteller. (2)

Gesundheitsprobleme durch Duftstoffe

Für einen erheblichen Anteil der Menschen mit Krankheiten, die durch Duftstoffexposition verschlimmert werden, insbesondere Chemikaliensensible, würde eine „Deo-Pflicht“ und der damit verbundene zwangsläufige extensive Einsatz von Deos sogar bedeuten, dass sie normale Geschäfte oder Handwerksbetriebe nicht mehr betreten können. Atembeschwerden, schwere Asthmaattacken, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Konzentrationsverlust, bis zu Bewusstlosigkeit reichen die Reaktionen, die berichtet werden. Sogar mit anaphylaktischen Schocks muss bei hypersensibilisierten Personen gerechnet werden.

Deo für alle – giftige Chemikalien für alle

Oft wird von Laien vermutet, dass nur allergische oder „empfindliche“ Personen auf Duftstoffe oder beduftete Produkte reagieren. Ein Blick auf die Inhaltsstoffliste vieler Deo-Sprays lehrt einen ein Besseres, zu den Inhaltsstoffen gehören z.B. Butanol, Propanol, Dipropylen Glycol, BHT, CETEARETH-12, Kampfer, Cumarin, Triclosan, Lilial, Limonene, Linalool, Geraniol, denaturierter Alkohol, Aluminium, usw. (3)

Aber es sind nicht nur die Deo-Sprays, auch Deo-Roller oder Deo-Sticks enthalten genauso toxische Substanzen, die sich krebserregend, immunschädigend, sensibilisierend, Organ- und fortpflanzungsschädigend, neurotoxisch, irritativ auf die Haut, Augen und Atemwege auswirken. (3)

Deo-Pflicht – Statt Umsatzplus, eher Umsatzverlust zu erwarten

Der Bevölkerungsgruppe, die bereits Probleme mit Duftstoffen hat, würde mit einer „Deo-Pflicht“ in mittelständischen Betrieben in schwerwiegenderen Fällen die Möglichkeit genommen, sich einen Handwerker in die eigenen vier Wände zu rufen. Ob sich das Handwerk oder andere Betriebe mit Publikumsverkehr das leisten können? Eine Studie von 2009 stellte fest, dass sich 30,5% der Bevölkerung durch Duftstoffe belästigt fühlt. Schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen beklagten in der Studie 19% der Teilnehmer, die aus der Allgemeinbevölkerung stammten. (4)

  • Fast jeder zweite in Deutschland leidet unter Allergien
  • Duftstoffallergie gilt als die zweithäufigste Allergie nach Nickel
  • Asthma hat laut Fachverband der Lungenfachärzte rund 30% der Bevölkerung
  • Bei MCS geht man davon aus, dass ca. 15% der Bevölkerung leicht bis mittelschwer betroffen sind
  • Migräne betrifft etwa 10% der Bevölkerung
  • Schwangere fühlen sich in der Regel durch Düfte „belästigt“

Hinzu kommen Menschen mit Vernunft und Gesundheitsbewusstsein, die chemische Düfte einfach ablehnen, weil sie überflüssig, gesundheitsschädlich und umwelt-verschmutzend sind.

Was sagt die Wissenschaft zu Beduftung ohne Ausweichmöglichkeit?

In der Süddeutschen Zeitung brachte der Duftforscher Hanns Hatt am Beispiel Duftmarketing auf den Punkt, wo das eigentliche Problem steckt, wenn man zu einer Zwangsbeduftung übergeht:

„Heimtückisch am Duftmarketing sei, erklärt Hanns Hatt, dass wir den Düften nicht entkommen können: „Ich kann die Augen zumachen oder die Ohren zuhalten, aber ich kann natürlich nicht verhindern, dass ich einen Duft in die Nase kriege. Wir müssen schließlich atmen und mit der Atemluft werden immer Düfte aufgenommen.“ (5)

Nur, im Fall von Duftmarketing wird man mit einer einzigen Duftkomposition konfrontiert. Unproblematisch ist dies zwar auch meist nicht, wie Berichte offenbaren, ungleich problematischer wird es jedoch, wenn die von der Vorstandsvorsitzenden der mittelständischen Betriebe geforderte Deo-Pflicht z.B. in einem Großraumbüro zum Tragen kommt. Duftnoten für Deos werden individuell ausgesucht und somit kann an einem Arbeitsplatz mit 50 Angestellten mit mindestens 20-40 verschiedenen Duftnoten (Chemikaliencocktails) gerechnet werden. Wie Angestellte vorgehen sollen, um nicht verschwitzt zu riechen, teilte Ursula Frerichs im Interview dem Journalisten des Focus am eigenen Beispiel mit. Weil der Journalist in einem Großraumbüro arbeitet, habe er sich am Morgen dreimal links und dreimal rechts mit Deo eingesprüht und fragte, ob das in Ordnung sei. Er bekam den Rat, weil er in einem Großraumbüro arbeitet: „Dann sollten Sie das auch gerne öfter machen.“

Integration von Behinderten und Allergiker durch Duftstoffverbot in Betrieben

In USA und Kanada ist man sich über die Auswirkungen der Chemikalien in Parfüms, Deos und Duftstoffen bewusster, und es gibt immer mehr Betriebe, Behörden, Krankenhäusern, Schulen und Universitäten, die ein Duftstoffverbot verhängen. Damit soll den Menschen, die auf Duftstoffe und Chemikalien reagieren, die Möglichkeit gegeben werden, dennoch einer Arbeit nachgehen zu können oder eine Schule, Universität zu besuchen. Diese Vorgehensweise wurde in einigen Fällen freiwillig eingeführt, in anderen Fällen vor Gericht erzielt, weil durch Chemikalien-Sensitivität (MCS) behinderte Personen gesundheitlich zu Schaden kamen.

Organisiertes Vorgehen, der Gesundheit zuliebe

Weil die zunehmende Verwendung von Duftstoffen auf Arbeitsplätzen zu krankheitsbedingten Fehlzeiten führt, haben sich in den USA 2008 mehrere Vereinigungen aus Gesundheitsberufen, u.a. Krankenschwesternverbände, zusammengetan, um ein Duftverbot an Arbeitsplätzen durchzusetzen und Leitlinien zu entwickeln. Es gab eine Videokonferenz der Vereinigung, bei der Evie Bain, eine der Moderatorinnen, sagte: “Asthma und Migränekopfschmerzen können in Zusammenhang mit Exposition gegenüber Duftstoffen stehen, und beides sind Hauptursachen für Arbeitsfehlzeiten”.

“Asthma ist eine schwerwiegende Krankheit und kann durch die Exposition gegenüber synthetischen Duftstoffen verursacht werden”, erläuterte Bain damals und fügte an, “Das Institut für Medizin platzierte Duftstoffe in die gleiche Kategorie der Asthmaauslöser für Erwachsene und Schulkinder, wie Passiv -Zigarettenrauch.“ (6)

Behörden warnen vor Duftstoffen in Innenräumen

Das deutsche Umweltbundesamt gab in den vergangenen Jahren mehrere Mitteilungen heraus, in denen man vor dem Einsatz von Duftstoffen warnte. In einer Meldung aus dem Jahr 2000 geht deutlich hervor, wie das UBA zu Duftstoffen in Innenräumen steht (7-9):

„Da davon auszugehen ist, dass öffentliche Gebäude, zum Beispiel Kaufhäuser, Kinos, und so weiter, auch von empfindlichen oder bereits sensibilisierten Personen betreten werden, wird dringend empfohlen, im Sinne des Verbraucherschutzes dort Riech- und Aromastoffe nicht zu verwenden. (7)

Die bei Überschriften einer Pressemitteilung des Umweltbundesamtes vom 15.07.2004 lautete:

Duftstoffe nicht wahllos einsetzen

UBA, Industrie und Verbände bei Kriterien einig: gesundheitliche Unbedenklichkeit, Umweltverträglichkeit und Rücksicht auf empfindliche Personen.

Die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA, setzte Juni 2010 ebenfalls ein unübersehbares Zeichen. Eine Konferenz mit mehr als 300 Experten zum Thema Asthma, wurde duftfrei ausgerichtet. Die EPA teilte in der Einladung mit: (10)

Asthma-freundliche Umgebungen sind unsere Aufgabe – Bitte helfen Sie uns, eine duftstofffreie Veranstaltung zu ermöglichen, indem Sie duftfreie Körperpflegemittel verwenden und auf Parfüms und andere Reizstoffe verzichten.

Anzeige wegen Aufforderung zu vorsätzlicher Körperverletzung

Um dem vorzugreifen, dass in Deutschland tatsächlich eine solche „Deo-Pflicht“ in mittelständische Betrieben eingeführt wird und Chemikaliensensible, wie auch andere sensibilisierte Menschen, unnötigerweise gesundheitlichen Schaden davontragen, hat eine chemikaliensensible Frau aus Berlin gleich nach Bekanntwerden Anzeige erstattet. Für sie ist dieses angestrebte Unterfangen u.a. eine Aufforderung zu vorsätzlicher Körperverletzung, Diskriminierung von Behinderten und Nötigung. Andere MCS-Erkrankte signalisierten, dass sie nachziehen wollen, wenn die „Deo-Pflicht“ tatsächlich näher in Betracht gezogen werden sollte. Wie Schadenfälle ausgehen, konnte in den USA mehrfach beobachtet werden. In Detroit gewann eine Arbeitnehmerin einen Prozess, in dem sie nicht nur 100 000$ Schadensersatz erhielt, sondern der auch dazu führte, dass nun alle Behörden in der Stadt ein Duftstoffverbot eingeführt haben. (11)

Weit hergeholt ist die Einschätzung der Frau, die selbst unter schwerer MCS leidet, nicht, ganz im Gegenteil, denn dass Menschen mit MCS durch Duftstoffe schon in geringen Konzentrationen schwerste Reaktionen erleiden, ist bekannt und durch Studien zweifelsfrei dargelegt. Selbst eine Einschränkung der Hirnfunktion nach kurzzeitiger Duftstoffexposition konnte bei MCS Patienten im Jahr 2009 von spanischen Wissenschaftlern nachwiesen werden. (12)

Es bleibt abzuwarten, ob und wie der Staatsanwalt im aktuellen Fall die Gefahr einschätzt, die durch Freisetzung von erheblichen Mengen von Deo-Spray entsteht. Dass nicht ausschließlich die Gesundheit von Menschen gefährdet wird, sondern auch die Außenluft, die jeder zwangsläufig atmen muss, dadurch kontaminiert wird, wurde durch ein Gerichtsurteil in Kalifornien offenkundig. In diesem umweltbewussten US-Bundesstaat musste im März 2010 ein Deo- Hersteller über eine Million Dollar Strafe wegen Luftverschmutzung zahlen und erhielt erhebliche Auflagen. (13)

Körperpflege statt Deo-Zwang

Duftstoffe lassen unangenehmen Körpergeruch nicht verschwinden, sie sind ausgelegt, ihn zu überdecken und addieren ganz einfach Chemikalien oder duftende Substanzen hinzu. Das kann schnell zu einem unangenehmen Geruchsmix führen, vor allem wenn Kleidung nicht gepflegt ist und die Körperhygiene vernachlässig wurde. Eine noch bedenklichere Variante sind 24h oder 48h Antiperspirants, sie unterdrücken das Schwitzen, was auf Dauer sehr ungesund ist und in wichtige Regulationsmechanismen des Körpers eingreift. Tägliche Körperpflege, sorgsame Reinigen der Kleidung und gute Lüftung in Innenräumen sind nahezu immer im Stande, unangenehme Körpergerüche im Rahmen des Erträglichen zu halten.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 13. Juli 2010

Literatur:

  1. Focus, Deopflicht, Wer stinkt fliegt raus, 6.7.2010
  2. Silvia K. Müller, Das Geheimnis von Parfüms, Studie findet Chemikalien, CSN, 12.05.2010
  3. Skin Deep, Safety guide to cosmetics and personal care products, Environmental Working Group, 2010
  4. Silvia K. Müller, Bevölkerung durch Duftstoffe und Parfums gesundheitlich beeinträchtigt, CSN, 02.04.2009
  5. Süddeutsche, Duftforschung – Gerüchen kann man nicht entkommen, 22.6.2010
  6. Silvia K. Müller, Synthetische Duftstoffe stellen für 20% der Angestellten ein Gesundheitsrisiko dar, CSN Blog, 16. 09.2008.
  7. Umweltbundesamt, Duft- und Aromastoffe nicht unüberlegt in Innenräumen einsetzen, 14.04.2000.
  8. Umweltbundesamt, Pressemeldung 34/2004, Ein unterschätztes Problem: Umweltbedingte Kontaktallergien, 22.04.2004
  9. Umweltbundesamt, Duftstoffe nicht wahllos einsetzen, 15.07.2004
  10. Silvia K. Müller, EPA Konferenz plädiert zur Rücksichtnahme auf Asthmatiker, 17.06.2010
  11. Silvia K. Müller, Vergleich bei Gericht: 100 000$ Entschädigung und Duftstoffverbot bei Behörden, CSN, 15.03. 2010
  12. Orriols R, Costa R, Cuberas G, Jacas C, Castell J, Sunyer J., Brain dysfunction in multiple chemical sensitivity, J Neurol Sci. 2009 Oct 2.
  13. Silvia K. Müller, Luftverschmutzung durch Deo. Hersteller muss 1,3 Millionen Dollar Strafe zahlen, 17.03.2010

Schadstoffe in der Schule: Kranke Lehrer, kranke Schüler

Ende einer Berufslaufbahn

Eine Lehrerin mit Leib und Seele, jeden Tag ging sie mit Freude zur Schule zu „ihren Kindern“. Sogar die Ferien waren ihr oft zu lang, weil sie den quirligen Schulalltag vermisste. Doch dann, nach dem Bezug einer neuen Schule, ging es gesundheitlich bergab. Zuerst hatte sie keine Ahnung, was mit ihr los war, dann war klar, dass Chemikalienaus-dünstungen im Schulneubau die Ursache waren. Letztendlich musste sie den Schuldienst aufgeben. Was sie durchlief, bis es soweit war, dass man ihr eine Frührente zubilligte, ließ die Lehrerin ihre ehemaligen Kollegen bei einem Vortrag im Rahmen einer Mitgliederehrung für ihre 25-jährige Mitgliedschaft in der GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) erfahren:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wenn ich hier mit Maske vor euch stehe, so ist das aufgrund meiner „umweltmedizinischen“ Diagnosen, die Folge einer Schadstoffexposition, der ich nach Bezug des Schulneubaus meiner ehemaligen Grundschule ausgesetzt war. Bis zu meiner Dienstunfähigkeit und Frühpensionierung habe ich dort fast 30 Jahre lang unterrichtet.

Das Krankheitsbild, das bei mir in vielen Situationen des täglichen Lebens das Tragen einer Maske erforderlich macht, heißt: MCS (Multiple Chemical Sensitivity). Diese Multiple Chemikalien-Sensitivität ist ein Krankheitsbild der „chronischen Multisystemerkrankungen“.

Laut WHO wird „MCS“ geführt unter dem Code: ICD- 10 T 78.4, gehört somit zu „organischen“ und nicht zu „psychischen“ Erkrankungen, wie dies von Gesundheitsämtern und den von ihnen favorisierten Vertretern der „klinischen“ Umweltmedizin der „universitären“ Ambulanzen immer wieder behauptet wird.

MCS ist eine „Hypersensibilität“ gegenüber geringsten Konzentrationen von Chemikalien im Alltag, wie z.B. Lösemitteln, Desinfektionsmitteln, Rasierwasser, Parfüms, Duftstoffen, duftstoffhaltigen Kosmetika und Haushaltsreinigern, Weichspülern, Pestiziden, frischer Farbe, Zigaretten-rauch, Autoabgasen und zahlreichen Produkten auf petrochemischer Basis.

Bestimmte Chemikalien können bei Betroffenen bereits bei geringster Konzentration leichte bis lebensbedrohliche Symptome auslösen.

Häufige Reaktionen nach dem Kontakt mit Chemikalien sind z.B.:

Kopfschmerzen, Migränen, Schwindel, starke Konzentrationsstörungen, Orientierungsprobleme, brennende Augen, Hautreaktionen, Atembe-schwerden, Magen-Darmschmerzen, Übelkeit, Muskel-Gelenkschmerzen, Herzrhythmusstörungen (Herzrasen), Schüttelfrost, Zittern, Krämpfe (auch der Gefäße), Fieberschübe, Gefäßentzündungen, ausgeprägte Erschöpfung oder sogar Bewusstseinsverlust (z.B. nach Kontakt mit Parfümduft)

In einem Filmbeitrag (2008) zum Krankheitsbild „MCS“ :

„ 37 Grad – Ich kann dich nicht riechen“ war auch ein Beitrag von einer ehemaligen Schülerin einer Grundschule, namens Lia:

In diesem Beitrag wurde u.a. erwähnt:

Fast die Hälfte des letzten Jahres musste die 14-jährige Lia im Bett verbringen. Ihre Grundschule hat sie krank gemacht, davon sind sie und ihre Eltern überzeugt. Bis die Klasse in ein neues Gebäude umzog, war Lia ein kerngesundes Kind.

Dort gasten schädliche Stoffe aus, viele Kinder waren davon betroffen. Darunter auch Lia. Die Eltern nahmen sie schließlich per Gerichtsbeschluss von der Schule. Bis heute leidet das Mädchen an einer schweren Nervenentzündung und verträgt weder Parfum noch Reinigungsmittel.

LIA sagte: „Ich fühle mich wie ein normaler Mensch, nur dass ich nicht so leben kann.“

Wenn ich trotz meiner Umwelterkrankung redend vor euch stehe, so verdanke ich das der vielfältigen Hilfe, die ich durch die GEW erfahren habe.

Zum einen durch die anfängliche Unterstützung durch die GEW im Kreis.

Damals zeigte sich schon, dass diese Unterstützung den Verantwortlichen ein Dorn im Auge war. Infoblätter und Plakate bezüglich der Problematik der Schadstoffbelastungen im Schulgebäude wurden erst gar nicht aufgehängt oder weitergegeben oder sie wurden von der Schulleitung kurz nach dem Aufhängen wieder entfernt. Während dieser Zeit soll sogar der damalige Schulleiter aus Protest aus der GEW ausgetreten sein.

Besonders große Hilfe habe ich vor allem durch den Landesverband der GEW-NRW, insbesondere durch die Arbeitsgruppe Arbeits- und Gesundheitsschutz (AG AG) bekommen, die hoffentlich auf dem kommenden Gewerkschaftstag in ein Referat übergeleitet wird.

Denn die Kolleginnen und Kollegen der AG AG haben mir und anderen schadstoffgeschädigten Kolleginnen und Kollegen der Schule auf vielfache Weise geholfen, vor allem haben sie uns geholfen, unsere Angst abzulegen und uns zu wehren.

Erschreckend ist, dass seit Bezug des Schulneubaus ständig Lehrerinnen und Lehrer und vor allem auch Schülerinnen und Schüler erkranken.

Bisher haben wir Betroffenen Mobbing, Verleumdungen, Diffamierungen, Psychiatrisierungen, Falschgutachten und viele Niederlagen einstecken müssen.

Wir hoffen trotzdem, dass endlich das unserer Meinung und unserer tagtäglichen Erfahrung nach von einigen Verantwortlichen errichtete Lügengebäude zusammenbricht, das aus „schadstoffgeschädigten“ Menschen „psychisch“ Erkrankte macht.

Mit Hilfe der AG AG haben wir, d. h. die vielen schadstoffgeschädigten Lehrerinnen und Lehrer in NRW (und darüber hinaus), ein Netzwerk, eine Selbsthilfegruppe aufgebaut.

Wir unterstützen uns gegenseitig durch Rechtsauskunft, vor allem aber durch Hinweise auf kompetente Ärztinnen und Ärzte und auf therapeutische Maßnahmen.

Indem wir uns gegenseitig Mut zusprechen und informieren, haben wir die Angst verloren, die uns vorher gelähmt hat, die Angst, dass wir nichts machen können und dass wir von dem guten Willen der Obrigkeit abhängen.

Als Lehrerinnen und Lehrer ohne diese Angst bringen wir uns ständig gegenseitig bei, unser Leben – trotz aller gesundheitlichen Schädigungen – selbst in die Hand zu nehmen und auch unsere Therapien – mit Hilfe von Ärztinnen und Ärzten, die Kenntnis von unseren Krankheitsbildern haben und uns Verständnis entgegenbringen – selbständig zu gestalten.

Kurz: Im Laufe meiner 25jährigen Mitgliedschaft in der GEW habe ich viel Solidarität erfahren und konnte selbst vielfältig solidarisch sein.

Ich danke für eure Aufmerksamkeit.

Autoren: Silvia K. Müller zusammen mit einer ehemaligen Lehrerin, deren Namen ungenannt bleiben muss, CSN – Chemical Sensitivity Network, 5. Juli 2010

Weitere CSN Artikel über Schadstoffe in Schulen:

Umweltmedizinische Fachverbände erklären ihre Solidarität zu Dr. Peter Binz

Der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner- dbu und Europäische Akademie für Umweltmedizin-EUROPAEM stehen zu ihrem Kollegen

Den im CSN Blog erschienen Bericht von Waltraud Binz „Mein Mann hat nicht betrogen!“ ,in dem sie zu den Vorwürfen gegen ihren Mann Stellung nimmt, hat Dr. Donate im Namen der umweltmedizinischen Fachverbände mit der nachfolgenden Solidaritätserklärung kommentiert:

Dr. Binz befindet sich in der gleichen Situation wie vor 150 Jahren Ignaz Semmelweis. Hatte der sich damals noch gegen die vergleichsweise “kleinen Windmühlen” der bornierten Kollegenschaft zur Wehr zu setzen, sieht sich Kollege Binz einer ganzen Phalanx von Gegnern gegenüber: Lobbyisten der Industrie, die von ihr abhängigen Berufsgenossenschaften, gekaufte Wissenschaftler und Kollegen in KVen und Ärztekammern, die gegen die Vorschriften des § 29 der (Muster-) Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte verstoßen.

Nach dem § 16e des deutschen Chemikaliengesetz ist jeder Arzt verpflichtet, Vergiftungsfälle mit Chemikalien -auch bei Verdacht- dem Bundesinstitut für Risikobewertung zu melden.

Leider ist dieser Paragraph nicht strafbewehrt, so dass Zuwiderhandlungen strafrechtlich auch nicht justitiabel sind. Dr. Binz hat dieser Pflicht genügt und wurde somit unbequem. Er ging noch einen Schritt weiter und hat auch die Staatsanwaltschaft informiert, weil er in einer Vergiftung eine “chemische Verletzung” sieht, die den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt und somit u.U. eine strafbare Handlung darstellt. Einer solchen Anzeige nicht nachzukommen setzt die Staatsanwaltschaft dem Verdacht der Strafvereitelung im Amt aus.

Allen Anfeindungen zum Trotz ist Kollege Binz standhaft geblieben und hat weiter für die Rechte seiner Patienten gekämpft. Ihm gebührt dafür der Dank und der Respekt nicht nur seiner Patienten, sondern auch aller Umweltmediziner, die den Hippokratischen Eid höher stellen als das Wohl der Industrie.

Nach dem der Versuch, Dr. Binz berufsrechtlich unter ihre Knute zu zwingen, von Seiten der KV Trier und der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz kläglich gescheitert ist, versucht man es nun mit fadenscheinigen strafrechtlichen Mitteln.

Die Versuche, unbequeme Umweltmediziner mundtot zu machen, ist nicht neu. Neben Dr. Binz zählen zu diesem “Fähnlein der sieben Aufrechten” auch Frau Prof. Gerhard, Prof. Ottmar Wassermann, Prof. Wolfgang Huber, Prof. Müller-Mohnsen, Dr. Remmers, Karl-Reiner Fabig und viele andere.

Der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner dbu und die Europäische Akademie für Umweltmedizin EUROPAEM stehen zu Ihrem Kollegen Binz und bieten ihm alle Hilfe in dem anstehenden Verfahren an.

Dr.med. Hans-Peter Donate

Stellvertretender Vorsitzender DBU

Weitere Artikel zum Fall Binz:

Waltraud Binz: Mein Mann hat nicht betrogen!

Ich schreibe dies zur Rechtfertigung vor unseren Kindern, vor unseren Patienten und auch vor meinen ehemaligen Schülern, die vielleicht an mir zweifeln. Besonders unsere Patienten mussten schon viele Demütigungen ertragen. Mein Mann hat nicht betrogen!

1. Warum ist die KV Trier gegen ihn?

Hier Auszüge aus 3 Briefen eines umfangreichen Schriftverkehrs:

“Es hat in diesen Tagen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Trier ein Gespräch stattgefunden, an dem Vertreter der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie, der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft und der Holz-Berufsgenossenschaft teilnahmen. Der Krankenkassenverband für den Regierungsbezirk Trier war ebenfalls vertreten. Das Ergebnis der Besprechung kann so zusammengefasst werden, dass nach Auffassung aller Beteiligten es nicht Ihre Aufgabe ist, im Rahmen der ambulanten kassenärztlichen Versorgung bei bestimmten Verdachtsdiagnosen diese durch teilweise sehr teure diagnostische Maßnahmen beweismäßig abzusichern.”

“Die Kassenärztliche Vereinigung wie auch andere ärztliche Organisationen, vornehmlich die Bezirksärztekammer, führen mit Herrn Dr. Binz seit längerer Zeit eine sehr umfängliche Korrespondenz, die im wesentlichen ihre Ursache darin hat, dass Herr Dr. Binz sich im Rahömen seiner ärztlichen Tätigkeit dazu berufen fühlt, umfängliche Ursachenforschung für bestimmte Krankheitsbilder zu arbeitsmedizinischen Fragen, wobei in besonderer Weise bekannt geworden ist seine Untersuchungen hinsichtlich sogenannter Lösungsmittelschäden”.

“Wir bedauern zutiefst, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie selbst nicht erkennen können, dass Ihnen keinerlei Akzeptanz mehr entgegengebracht wird und Sie sich mit derartigem Gebaren selbst großen Schaden zufügen. Eigentlich müsste es doch ernüchternd für Sie sein, zur Kenntnis zu nehmen, dass Ihre Schreiben jegliche Wirkung verfehlen, vielmehr als ‘ideologisches Gequassel’ abgetan werden”.

Mein Mann hat keinen Grund zu “ideologischem Gequassel” er hat im Gymnasium eine Klasse übersprungen und das “Medizinische Staatsexamen” sowie die Doktorarbeit mit “sehr gut” abgeschlossen. Hier müssen keine Wissenslücken mit Phantasie ausgefüllt werden.

2. Staatsanwaltschaft

Das Justizministerium verlangt von den Kirchen, jeden “Verdacht” auf Missbrauch der Staatsanwaltschaft zu melden. Seit 1998 hat mein Mann wie verlangt – (5 dicke Leitzordner von Meldungen an die Staatsanwaltschaft) Arbeitsschäden und Todesfälle gemeldet, er bekam nicht einmal eine Empfangsbestätigung. Dabei ging es nicht darum die Industrie anzuzeigen sondern nur um die Verbesserung des Arbeitsschutzes. Wir brauchen eine erstklassige Industrie.

3. Wo bleibt der Aufschrei?

Patienten erleiden Demütigungen von vielen Organisationen.

Die Krankheiten, Leidenswege, Demenzen und Todesfälle (wir haben einige Listen, Arbeiter haben eine viel kürzere Lebenserwartung) nehmen zu, chemische Vergiftungen sind nicht rückgängig zu machen und auch die nächste Generation wird durch Veränderung der Ei- und Samenzellen geschädigt. Prof. Haley untersuchte die Gehirne von Golfkrieg-Veteranen nach 20 Jahren: “and the soldiers haven’t gotten better with time”.

Einige französische Zeitungen problematisierten dieses Wochenende den Einsatz von Chlor – nicht als Kampfmittel wie im 1. Weltkrieg – sondern im Schwimmbad und die Folgen besonders für die Kinder.

4. Warum gibt mein Mann nicht auf?

Wir beide haben eine sehr strenge Erziehung in katholischen Internaten erhalten. Bei uns gab es keine sexuellen Belästigungen, aber das Leben war geprägt von Religiosität und Armut, aber vielleicht haben wir hier ein Gespür für Ethik und Moral mitbekommen?

Waltraud Binz, Trier, 17. Juni 2010

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Weitere Artikel zum Fall Binz:

Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Dr. Peter Binz erhoben

Gestern konnten die Hörer in den Abendnachrichten des SWR erfahren, dass die Staatsanwaltschaft Trier Anklage gegen den Neurologen und Umweltmediziner Dr. Peter Binz erhoben hat. Der Vorwurf lautet Abrechnungsbetrug. Der SWR teilte mit, dass der Trierer Leitende Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer dies gegenüber dem Sender bestätigt habe.

Die Anzeige gegen den Neurologen hatte die Kassenärztliche Vereinigung Trier eingereicht. Fünf Jahre ermittelten die Staatsanwälte seither gegen den Arzt, hierbei wurden über 600 seiner Patienten vernommen.

In den SWR Nachrichten wurde mitgeteilt, dass Dr. Binz die Vorwürfe gegen ihn immer bestritten habe. Die Meldung des Radiosenders endete mit der Mitteilung: „Der Experte für Gesundheitsschäden durch Chemikalien ist bundesweit bekannt, weil er immer wieder schwere Vorwürfe gegen Firmen erhebt, die angeblich Arbeitsschutzrichtlinien missachten.“

Autor: CSN – Chemical Sensitivity Network, 15. Juni 2010

Weitere Informationen zum Fall Binz:

Film über Gifte in Containern erhielt Auszeichnung

Der Film „Das Gift kommt zurück“ glich eher einem Krimi als einer Dokumentation, nur dass er nicht auf einer Fiktion beruhte, sondern die Realität wiederspiegelt. Jeder fünfte Container, der im Hamburger Hafen geöffnet wird, ist laut Aussage von Experten, mit giftigen Substanzen belastet.

Die Regisseurin Inge Altemeier und ein Filmteam hatten den Weg von Containern, die Textilen, Spielzeug und andere Konsumgüter enthielten, bis nach China und Indien verfolgt. Der für den NDR produzierte Beitrag wurde wegen der hohen Zuschauerzahlen mehrfach im Fernsehen wiederholt.

Bei der Ökofilmtour, dem „längsten Filmfestival Deutschlands“, wurde die Dokumentation an 50 Festival-Orten gezeigt und fesselte überall die Zuschauer. Das „Gift kommt zurück“ wurde aus über hundert Einreichungen aus Deutschland, England, Frankreich, USA und Italien ausgewählt und erhielt den diesjährigen Zuschauerpreis.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 10. Juni 2010

Weiterer CSN Beitrag zum Thema:

EU-Rente bewilligt

Über 25 Jahre hatte die Lohn- und Finanzbuchhalterin in einer Spedition gearbeitet. Im Rahmen einer Büroerweiterung kam es zu einem Wassereinbruch. Um den Boden zu trocknen, wurde die Fußbodenheizung angestellt. Es entstanden giftige Gase und die drei Angestellten des Büros wurden krank. Im Oktober 2009 wurde der ganze Hergang von der Buchhalterin hier im Blog berichtet:

Arbeit und Renovierung im Büro – Resultat: Diagnose MCS

Jetzt gibt es Neues:

Aufgrund meines Rentenantrages im August 2009 wurde ich von der Rentenversicherung zu verschiedenen Gutachtern geschickt: u.a. zu einem Umweltmediziner und zu einem Arzt für Neurologie und Psychiatrie. Sie begegneten mir mit mehr oder weniger Verständnis für MCS.

Eine gute Nachricht – Rente bewilligt

Aber: Anfang Mai bekam ich meinen Rentenbescheid. Rückwirkend ab 01.03.2010 erhalte ich volle EU-Rente, befristet bis 31.07.2012. Für mich persönlich ist das ein großer (Teil-) Erfolg.

Bis zur Bekanntgabe des Rentenbescheides war ich arbeitslos gemeldet. Die Sachbearbeiterin vom Arbeitsamt zeigte sich übrigens sehr verständnisvoll für meine gesundheitlichen Probleme. Ich musste monatlich lediglich zwei Bewerbungen abgeben und wurde nicht zur Teilnahme an irgendwelchen „Fortbildungen“ oder „Maßnahmen“ verpflichtet. Auch das sehe ich als positive Erfahrung.

Begutachtung Uni-Klinik für Arbeits- u. Umweltmedizin in München

Das Sozialgericht vereinbarte wegen der Klage gegen die Berufsgenossenschaft für mich auch noch einen Termin an der Uni-Klinik für Arbeits- u. Umweltmedizin in München, den ich im April wahrgenommen habe.

Die Untersuchung wurde geleitet von Prof. Dr. med. Nowak, der Studien zu MCS betrieben hat. Seine Mitarbeiterin, Frau Dr. med. Lux, begann um 8.30 Uhr mit der Aufnahme meiner Krankengeschichte und einer Blutentnahme. Wegen meiner erhöhten Leberwerte durfte ich 15 Ampullen füllen.

Für die sehr umfassende Ultraschalluntersuchung wurde eine weitere Fachärztin hinzugezogen. Bei der nächsten Kollegin verbrachte ich fast drei Stunden. Sie erklärte mir zunächst, dass ich die folgenden Tests jederzeit abbrechen könnte. Für den Provokationstest saß ich in einer Prüfkammer (Glaskasten mit Inhaliergeräten), und bei jeder neuen Einatmung bekam ich etwas mehr „Straßenstaub“ verabreicht. Die Kurvenparameter sollten zeigen, ob Lunge und Atemwege generell empfindlich auf Reize reagieren. Ständig wurden dabei das Lungenvolumen und der Sauerstoffgehalt im Blut gemessen. Die Blutentnahme erfolgte aus dem Ohrläppchen, das vorher mit Bienengift eingerieben worden war. Während des Untersuchungstages hatte ich einen Blutdruck von 190/90.

Erst kurz vor Schluss war deutlich ein unangenehmes Kratzen im Hals zu spüren. Um die Lunge wieder schneller zu entkrampfen, konnte ich nach eigenem Ermessen ein Aerosol inhalieren, das auch bei Kleinkindern angewendet wird. Es folgten ein Belastungs-EKG und ein Allergietest. Anschließend wurde ich noch geröntgt.

Als ich gegen 15.00 Uhr entlassen wurde, hatte ich zwar noch immer MCS, aber keinerlei nachweisbare Allergien und keine Schäden an den untersuchten Organen. Von den Ärzten/innen dort habe ich den Eindruck, dass sie „uns“ gerne helfen würden, wenn sie könnten.

Untersuchungsergebnis

Ergebnis der Untersuchungen: es kann dennoch nicht bewiesen werden, dass meine MCS und die erhöhten Leberwerte von der Schadstoff-Exposition in den Büroräumen kommen. Auch steht MCS nicht auf der Liste der Berufskrankheiten, erklärte mir Prof. Nowak.

Hoffen wir das Beste

Einen Verhandlungstermin in Sachen Berufsgenossenschaft gibt es zwar noch nicht, aber vielleicht treffen mein Kollege und ich auf verständnisvolle Richter.

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“ (Vaclav Havel)

Autor: B. G. für CSN – Chemical Sensitivity Network, 28. Mai 2010

Teil 1: Arbeit und Renovierung im Büro – Resultat: Diagnose MCS

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