Mit toxischen Chemikalien verseuchte Container – tägliche Realität im Hafen von Hamburg und Rotterdam

Containerschiff - Container werden mit Chemikalien begast

In der gestrigen Ausgabe von Report München wurde u. a. über giftverseuchte Container berichtet, die täglich im Hamburger Hafen und im Rotterdamer Seehafen aus aller Welt eintreffen. Vielfach bringen sie giftige Fracht, die nicht nur die Gesundheit des Zoll- und Verladepersonals gefährdet, sondern auch die der Endverbraucher. Eine Vielzahl der mit Chemikalien, z. B. neurotoxische Schädlingsbekämpfungsmittel, hochgradig verseuchten Produkte, wie Spielwaren, Textilien, Möbel und Lebensmittel gasen über viele Tage und Monate hinweg aus. Manche der Chemikalien sind sogar über einen noch längeren Zeitraum hinweg hoch wirksam und kontaminieren zwangsläufig unsere Wohnungen und Arbeitsbereiche, was eine erhebliche Gesundheitsgefahr für den Konsumenten bringt.

Brommethan – geruchlos, toxisch, tückisch
Am häufigsten wird das Gas Brommethan, auch Methylbromid genannt, für Container eingesetzt. Demnach sind Container, die mit dem geruchlosen, in hohen Konzentrationen süßlich riechenden Pflanzenschädlingsbekämpfungsmittel belastet sind, keine Seltenheit. Brommethan kommt zum Einsatz, um zu verhindern, dass sich Schädlinge aus Übersee in den Importländern ausbreiten oder die Ware auf dem Transportweg von Schädlingen oder Schimmel befallen wird. Die toxische Chemikalie wird über die Atmung und durch Anfassen über die Haut aufgenommen. Brommethan ist als krebserzeugend in Kategorie 3B für Stoffe einklassifiziert, die wegen möglicher krebserzeugender Wirkung Anlass zur Besorgnis geben.

Lt. Report München kam es bereits in der Ukraine und in Südafrika zu Todesfällen, Zoll- und Hafenarbeiter wie auch LKW-Fahrer werden oft mit schweren Vergiftungserscheinungen in Kliniken eingeliefert. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die toxische Wirkung des heimtückischen Schädlingsbekämpfungsmittels Brommethan erst mit einer Verzögerung von 4 bis 24 Stunden zeigt.

Gesundheitsgefahren durch Brommethan
Das BfR und der TÜV Rheinland stellten die Symptomatik von Brommethan folgendermaßen dar:

Erste Anzeichen nach kurzem Kontakt:
Schwindel, undeutliche Sprache, Verhaltensauffälligkeiten

Akute Vergiftung:
Neuronal: Kopfschmerzen, Erbrechen, Übelkeit Gliederschmerzen, Schwitzen, Muskelschwäche, Zittern, Gleichgewichtsstörungen, Halluzinationen und Delirium
Augen: Bindehautentzündung, Tränenfluss, verschwommenes Sehen, Doppeltsehen, vorübergehende Erblindung, Netzhautbluten
Atmung: Brustschmerzen, Atemnot
Krämpfe, Koma, Atem- und Herzstillstand, Tod

Spätfolgen:
Neurologische Schäden
Wahrnehmungsprobleme, Taubheitsgefühle
Symptome können verzögert auftreten, Ödeme bis zu 2 Tage später 

Chronische Vergiftung, niedrige Dosen über Wochen/Monate:
Bewusstseinstörungen, Zittern, Sprachstörungen
Schlaflosigkeit, Halluzinationen
Teilw. dauerhafte Veränderung im zentralen Nervensystem
Erbgutverändernd, gentoxisch

Vorsicht – Ware kann belastet sein
Brommethan durchdringt übliche Folienverpackungen bei der Begasung, das Tückische daran ist, dass eine solche Verpackung aber auch das Auslüften des begasten Produkts verzögert. Normalerweise sind Brommethan-Restemissionen in den meisten begasten Materialien nach 1 – 6 Tagen offener Lagerung nicht mehr nachweisbar. Durch eine Folienverpackung kann es folglich passieren, dass dieser Vorgang verlangsamt bis gebremst wird, was dazu führen kann, dass ein Arbeiter oder der Käufer eines Produktes, Rückstände des Begasungsmittels bei der Entfernung der Verpackung einatmet.

Sehr problematisch ist es auch anzusehen, dass Container nicht gekennzeichnet sein müssen und der Absender wie auch der Empfänger eines Containers nicht unbedingt über die Begasung der Ware informiert sind, weil der Container in einem Sammeltransport verschifft wurde und vom Spediteur begast wurde. Das Procedere kann sogar Waren betreffen, von denen niemand vermutet, dass sie begast wurden, weil es für die Produktgruppe normalerweise überhaupt nicht erforderlich ist. Für den Handel wird angeraten, dass Containerware generell ausgelüftet wird, was in der Praxis jedoch oft kaum durchführbar ist.

Toxische Ware hat in Holland keine Chance
In Holland wird mit Nervengift und anderen Toxinen belastete Containerware nicht in den Handel gebracht, sondern nach vorheriger Prüfung der Verbrennung zugeführt. Während man in Rotterdam die aus Asien stammenden Container professionell entgast, kritisierte Report München, dass man die Container in Deutschland meistens achtlos öffnet und die toxischen Gase, ohne Schutzvorkehrungen zu treffen, ins Freie entweichen lässt. Report München kritisierte in diesem Zusammenhang insbesondere die Politik, die sich offensichtlich auch weiterhin nicht ausreichend mit den giftigen Containern befasse und es zulässt, dass Nervengifte und andere bei uns verbotene toxische Chemikalien aus fernen Ländern unsere Gesundheit bedrohen.

Trotz Zwischenfällen noch keine durchgreifende Änderung
Das Thema ist indes nicht neu, es gab bereits im September 2007 lt. Report einen Zwischenfall in Deutschland beim Entladen eines aus Indien stammenden Containers. Auf der Münchner Messe trug ein ganzes Arbeitsteam Vergiftungserscheinungen davon, die ärztliche und teilweise auch stationäre Behandlung erforderten. Die Ware war mit dem Giftgas Methylbromid kontaminiert gewesen, das bereits bei einmaligem Einatmen zur dauerhaften Schädigung des Zentralen Nervensystems führt. Seither ist kostbare Zeit verstrichen, denn an der Problematik der mit Giftgas und anderen toxischen Stoffen verseuchten Containern und deren risikoreichen Abfertigung hat sich in Deutschland nichts verbessert, während man in den Niederlanden schärfere Vorschriften erlassen hat. In Holland werden die Container mit Hilfe von Filteranlagen in geschlossenen Hallen über einen entsprechend notwendigen Zeitraum entlüftet. Dadurch wird gewährleistet, dass kein Brommethan in die Umgebungsluft gelangt. Die Chemikalie ist ein stark umweltschädliches und die Ozonschicht angreifendes Umweltgift. 

Der Verbraucherschutz, die Politik und Ministerien sind gefragt schnellstens zu handeln, damit in der EU längst verbotene Chemikalien nicht mehr länger auf dem Seeweg nach Deutschland gelangen und zwangsläufig die Gesundheit der Zollbeamten. Hafenarbeiter und auch der Endverbraucher auf unverantwortliche Weise ruinieren und die Umwelt schädigen.

Autor: Maria, CSN – Chemical Sensitivity Network, 24.03.2009

Report Beitrag über Giftige Container anschauen:

Nervengift bedroht unsere Gesundheit

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8 Kommentare zu “Mit toxischen Chemikalien verseuchte Container – tägliche Realität im Hafen von Hamburg und Rotterdam”

  1. Maria Magdalena 24. März 2009 um 18:56

    Liebe Maria,

    ein hoch brisantes Thema, das uns alle angeht. Aufklärung ist dringend erforderlich, um die wertvolle menschliche Gesundheit zu schützen.

    Toll, dass Du Dir so viel Mühe gemacht hast, diese Problematik in einem Blog deutlich zu machen, um die Leser zu warnen und aufzuklären und zu einem kritischen Umgang mit giftigen Schadstoffen in Produkten zu bewegen.

    Deine Blogs sind immer gut und informativ und regen zum Nachdenken und Umdenken an.

    Liebe Grüße
    Maria Magdalena :-)

  2. Energiefox 24. März 2009 um 19:29

    Prima Bericht Maria,
    ich hab dazu am Fernsehen gesehen der Zoll entlüftet Container in Spezialkammern, bevor er sie prüft. Es passt zu Deinem Bericht, ein Skandal wie hier mit der Gesundheit vieler Leute umgegangen wird.
    Gruß Energiefox

  3. Juliane 25. März 2009 um 12:24

    Liebe Maria,

    danke für Deine Recherchearbeit.

    Bis unsere Entscheidungsträger sich die Augen gerieben haben und aufwachen, so sie denn aufwachen, bleibt uns eigentlich nur eine Möglichkeit:

    Produkte aus Ländern, die diese Chemikalie erlauben, nicht mehr zu kaufen.

    Ökologisch ist das ohnehin die bessere Alternative. Wozu braucht man Produkte, die um die halbe Welt reisen?

  4. Analytiker 25. März 2009 um 12:32

    Mit Giftgas verseuchte Container – ein hochinteressantes wie auch brisantes Thema, Maria.

    Unbegreiflich und erschreckend zugleich, ist für mein Begriff, dass man die mit Giftgas verseuchten Container in Deutschland im Hamburger Hafen einfach ins freie entlüftet, während man in den Niederlanden penibel unter Einsatz professioneller Filtertechnik darauf achtet, dass nichts von dem Giftgas an die Luft gerät.

    Der Umweltschutz bleibt in Deutschland auf der Strecke, wie so oft.

    Doch viel schlimmer, Arbeits- und Verbraucherschutz werden komplett ausgespart. Wer weiß, welche schweren Gesundheitsschäden die toxischen Chemikalien aus Containern aus Fernost, schon bei den Hafenarbeitern oder Verbrauchern verursacht haben. Den Betroffenen bleibt die Ursache für ihre Beschwerden vermutlich verborgen.

    Kaum zu glauben, dass solche Abfertigungspraktiken bei uns an der Tagesordnung sind.

  5. Lucie 27. März 2009 um 04:09

    Dass man im Hamburger Hafen hingeht und das Giftgas der verseuchten Container einfach an die Luft freisetzt, ist entsetzlich und besorgniserregend. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn in Holland verfährt man hingegen viel umsichtiger und setzt Filteranlagen ein, damit die Umwelt und die Gesundheit der Menschen, nicht mit den toxischen Chemikalien belastet werden. In Deutschland fehlt jeglicher Schutz der Umwelt und der Arbeitskräfte.

    Obwohl man bereits viele Jahre Kenntnisse über die Schädlichkeit von Brommethan bzw. Methylbromid hat, und man darüber weiß, dass die Containerware möglicherweise noch mit anderen Chemikalien belastet sein kann, lässt man all die möglichen Risiken zu, in dem man durch Passivität glänzt.

    Es ist erschreckend wie unverantwortlich Politiker und andere Verantwortliche all die möglichen Risiken für Umwelt und Gesundheit zulassen, anstatt schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen.

    Danke Maria für den informativen und aufklärenden Beitrag,

    Lucie

  6. Thommy 2. April 2009 um 12:46

    Auch das ORF greift das brisante Thema um die giftverseuchten Container auf, und strahlte bereits am 1. April den Beitrag im WELTJOURNAL

    „BILLIGTEXTILIEN: GIFT IM CONTAINER“ aus.

    Der Film wird man 03.04.2009 um 12:00 Uhr wiederholt.

    http://tv.orf.at/program/orf2/20090401/450952701/261960/

    Gruß Thommy

  7. Paula 1. September 2009 um 20:28

    Es ist wirklich ganz erstaunlich, was eigentlich in so einem Hafen tagtäglich passieren kann, ohne dass irgendwer davon etwas mitbekäme. Zumindest nicht die Besucher, die jeden Tag durch den Hafen wandern und die neuen Anlagen und Freizeitmöglichkeiten bestaunen. Gut, dass so etwas dann immermal auf diese Art und Weise aufgedeckt wird.

  8. X-Faktor 2. September 2009 um 16:34

    Seit der Ausstrahlung von Report München zum Thema verseuchte Container, wird sich seither etwas bewegt haben? Ist davon auszugehen, dass die Verantwortlichen daran arbeiten, Abhilfe zu schaffen, dass weitere Zollbeamte, Hafenarbeiter und wir Konsumenten nicht mehr durch Giftgas verseuchte Ware, gesundheitlich geschädigt werden?

    Ich denke Nein, denn Neuwagen mit giftiger Innenraumluft und Textilien mit toxischen Chemikalien, werden auch munter weiterverkauft.

    http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/4/0,1872,7622916,00.html

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2009/05/15/innenraumluft-von-neuwagen-ist-oft-der-reinste-giftcocktail-gesundheit-bleibt-auf-der-strecke/

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2009/05/30/chemikalien-in-textilien/

    Unsere Gesundheit interessiert die Politik nicht sonderlich, wie auch das Beispiel der Krankenkassen verdeutlicht.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2009/08/29/die-kasse-klingelt-die-menschen-leiden-warum-krankenkassen-kranke-brauchen/

    Kranke sind erwünscht, wahrscheinlich bekommen wir deshalb überall schadstoffbelastete Produkte untergejubelt.

    XXX

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