Der Stoff aus dem die Schulen sind – Teil IV

„Gebaut für alle Ewigkeit: Deutschlands Asbest Schulen“

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Abenteuerspielplatz oder Sondermülldeponie?

Man trifft sich gerne am Efeuweg in Rudow. Wo bietet sich heute noch Abenteuer in einer Großstadt wie Berlin? Da ist eine Bauruine, wie die ehemalige Clay-Oberschule schon eine willkommene Abwechslung. Hier kann man alles mit Graffiti verschönern, Alkohol und Drogen konsumieren, aufs Dach klettern, mit Feuer spielen, übernachten. Wen kümmern da schon Schilder, die vor Asbestfeinstaub warnen.

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Schulfrei auf Dauer

Die Clay-Oberschule ist nämlich eine von vielen Asbestruinen, die seit Ende der achtziger Jahre mit Brettern vernagelt und mit Dichtmaterial versiegelt, auf ihren Abriss warten. 15 Schulen musste man 1989 wegen Asbestbelastung schließen. Ein Abriss der Ruinen und auch eine Sanierung ist für die Haushalte der Kommunen ruinös. Und ein Verkauf der Grundstücke gelang bis jetzt auch nur in einem Fall. Die Kosten schrecken Investoren ab, war im Tagesspiegel zu lesen.

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Unvergänglichkeit

Asbestos, das ist altgriechisch und heißt soviel wie unvergänglich. Das scheint sich in Berlin und auch in vielen anderen Städten und Landkreisen zu bewahrheiten.

Asbest war bis in die achtziger Jahre ein beliebter Stoff. Man hat Asbest in Zement gemischt, Dach- oder Fassadenplatten damit hergestellt. In Gebäuden wurden tragende Stahlteile mit Spritzasbest zum Brandschutz versehen. Regenrinnen, Wasserleitungen, Blumenkästen wurden mit Asbest haltbar gemacht. Schächte und Klimaanlagen damit ausgespritzt, Böden mit asbesthaltigen Vinyl-Flex-Platten und PVC-Bahnenware verklebt. Auch die in Schulpavillions oft verwendeten Nachtspeicheröfen enthalten Asbest. 

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Der Preis ist hoch…

Asbest kann zu Asbestose führen, zu Bronchialkarzinomen, zu bösartigen Tumoren des Brust- oder Bauchfells. Asbestfasern können die Plazenta passieren. Die gesundheitsschädigende Wirkung von Asbest wurde um 1900 erstmals in Deutschland erkannt.

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Asbest? Na und!!!

„Dass es über hundert Jahre dauerte, um von der Erkenntnis der Gesundheitsgefährdung durch Asbest, bis zum Verbot des Materials zu gelangen, ist vor allem offensiver Lobbyarbeit zuzuschreiben„.

Der Zahn der Zeit

In Berlin hat man gemessen, andernorts auch. Wer aber misst regelmäßig, was in den maroden Schulen des letzten Jahrhunderts angenagt vom Zahn der Zeit und Umwelteinflüssen frei wird?

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Endlich Ferien

„…doch inzwischen gibt es ein Asbestproblem an der Schwielowsee-Grundschule … Weil die Werte noch innerhalb der Toleranzgrenze liegen, läuft dort noch bis zu den Sommerferien der Unterricht. Zum neuen Schuljahr wird der Standort aufgegeben“, konnte man letztes Jahr in „Der Tagesspiegel“ lesen.

Und auch darüber kann man nachdenken: Wo liegt die Toleranzgrenze des menschlichen Körpers für eine inkorporierte Asbestfaser?

Herzlicher Dank für diesen Gastbeitrag geht an Juliane.

Ganz besonderer Dank geht auch an Clarissa für die eindrucksvollen Photos.

4 Kommentare zu “Der Stoff aus dem die Schulen sind – Teil IV”

  1. Franz 8. Mai 2008 um 17:10

    Diese vier Beiträge über deutsche Schulen sind erschreckend. Gerne hätte ich Enkelkinder. Aber wenn ich das so lese, frage ich mich, wie man so ein Kind heute noch heil großziehen kann. Auf das eigene Wohnumfeld hat man noch Einfluss. Auf die Lebensführung auch. Und dann muss man mit ansehen, wie so ein Menschenkind in Kindergarten und Schule mit Asbestfasern, Schimmelgiften und Schadstoffen aus Baumaterialien belastet wird.

  2. X-Faktor 13. Mai 2008 um 14:35

    Da muss man sich nicht wundern, dass bereits unsere Jugend nicht die gesündeste ist. Belege für kranke Kinder gibt es zur Genüge. Der Grundstein für eine anfällige Gesundheit wird wie uns durch diesen Blog verdeutlicht, bereits in den Schulen und auf Schadstoff verseuchtem Gelände, wie hier zu sehen, gelegt.

    Wie soll für unsere Kinder und Jugendliche später ein normales Leben möglich sein, wenn sie bereits in frühem Alter mit Chemikalien belastet sind, und dies, obwohl die Eltern zu Hause wahrscheinlich besonders auf das Wohl ihrer Kinder bedacht sind und alles nur Erdenkliche für deren Gesundheit unternehmen. Und dennoch ist es nicht gewährleistet, dass all diese Mühe zum Ziel führt.

    Da kann ich nur sagen: Armes Deutschland!

    XXX

  3. Janik 14. Mai 2008 um 13:13

    Danke an Juliane und Clarissa für diesen gelungenen Beitrag und die anschaulichen Photos zu den Fakten.

    Wie geht es den Lehrern und Schülern, die sich in diesem Schulgebäude einst tagtäglich aufhielten? Gibt es dazu Informationen?

  4. Juliane 5. Juni 2009 um 07:42

    Und dazu passt die aktuelle Pressemitteilung:

    Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

    Nr. 174/09
    Berlin, 04.06.2009

    Umwelt und Gesundheit mit allen Sinnen erfahren
    Neue Bildungsmaterialien des Bundesumweltministeriums

    Das Bundesumweltministerium baut seinen kostenlosen Service für Lehrerinnen und Lehrer weiter aus: Im Internet stehen neue Unterrichtsmaterialien zum Thema „Umwelt und Gesundheit“ bereit. Die Materialien, die gemeinsam vom Bundesumweltministerium und dem Umweltbundesamt erstellt worden sind, richten sich an Grundschulen.

    Bundesumweltminister Sigmar Gabriel: „Mir liegt es ganz besonders am Herzen, Kindern frühzeitig zu vermitteln, wie die Gesundheit mit der Umwelt zusammenhängt und was sie selbst tun können, um sich vor umweltbedingten Gesundheitsrisiken zu schützen. Mit diesen Bildungsmaterialen können wir dazu beitragen, Schülerinnen und Schüler für das Thema ‚Umwelt und Gesundheit‘ zu sensibilisieren. Wir erhoffen uns zudem, auf diesem Weg auch die Eltern zu erreichen. Gibt es etwas, das für uns wichtiger ist als frohe und gesunde Kinder in einer intakten Umwelt?“

    Der Vizepräsident des Umweltbundesamtes, Dr. Thomas Holzmann: „Wir alle brauchen eine saubere Umwelt, in der wir ohne Gesundheitsprobleme leben können. Reine Luft und eine intakte Natur sind ebenso wichtig wie unbelastete Lebensmittel und einwandfreies Trinkwasser. Was Kinder wissen müssen um ihre Gesundheit vor umweltbedingten Risiken zu schützen, lernen sie in den neuen Bildungsmaterialien für die Grundschule. Hier gibt es Umweltschutz zum Mitmachen und Begreifen.““

    Die vielfältigen Zusammenhänge von Umwelt- und Gesundheitsschutz stellt das Bildungspaket des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes altersgemäß dar. Die Arbeitsblätter zu Themen wie Innenraumluft, Lärm, Badegewässer, Strahlung, Klimawandel und Chemikalien vermitteln die Lerninhalte lebensnah – mit Experimenten, Spielen und Beobachtungen. So erleben die Schülerinnen und Schüler das Themenfeld „Umwelt und Gesundheit“ mit allen Sinnen.

    Die Kinder lernen anhand der Unterrichtsmaterialien unter anderem, wie das Riechen funktioniert und was sie für eine gute Luft im Klassenzimmer tun können. Sie erfahren, wie Lärm ihrem Hören schaden kann und erforschen, wie Schalldämmung funktioniert. Die Schülerinnen und Schüler erfahren, worauf sie im Sommer achten müssen, um sich vor Sonnenstrahlung, Hitze und Zecken zu schützen und in sauberen Badegewässern zu schwimmen. Die Kinder bekommen Tipps zur Handynutzung und können sich mit dem Thema „Chemikalien im Haushalt“ beschäftigen. Was sie selbst für die Umwelt und ihre Gesundheit tun können, heben die Arbeitsblätter besonders hervor.

    Die Bildungsmaterialien sind auch als Schülerarbeitshefte im Klassensatz erhältlich. Didaktisch-methodische Hinweise und Hintergrundinformationen für die Lehrkräfte ergänzen die Hefte. Die praxiserprobten Materialien für den naturwissenschaftlich-technischen und fächerübergreifenden Unterricht stehen in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung.

    Die Materialien stehen kostenlos im Internet ( http://www.bmu.de/bildungsservice und http://www.umweltbundesamt.de/gesundheit/index.htm) zur Verfügung. Der Bildungsservice des Bundesumweltministeriums bietet für Grundschulen weitere Bildungsmaterialien zu den Themen „Wasser ist Leben“ und „Biologische Vielfalt“ an. Zudem sind acht Themenbereiche, u. a. erneuerbare Energien, Klimaschutz und Klimapolitik, Flächenverbrauch und Landschaftszerschneidung, für den Unterricht an weiterführenden Schulen kostenlos verfügbar.

    Der Bildungsservice des Bundesumweltministeriums wurde von der deutschen UNESCO-Kommission als offizielle Maßnahme des nationalen Aktionsplans der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet.

    http://www.bmu.de/pressemitteilungen/aktuelle_pressemitteilungen/pm/44215.php

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