Monatsarchiv für September 2010

Jugend deckt auf: Pestizidcocktail im Schulbuffet!

Start des ersten unabhängigen Schüler-Begehrens für BIO – Ministerin muss umweltfreundliche und gesunde Lebensmittel durchsetzen!

Wien – Die GLOBAL 2000-Jugendorganisation hat stichprobenartig österreichische Schulbuffets getestet. Das Ergebnis: Umweltfreundlich produzierte Bioprodukte sind Mangelware! Biologische Lebensmittel sind garantiert frei von chemisch-synthetischen Pestiziden. „Wir haben auf den konventionell produzierten Jausenäpfeln einen Pestizidcocktail mit bis zu acht verschiedenen Pestiziden gefunden. Es ist ein Skandal, dass für die Kinder und Jugendlichen nicht das Beste und Gesündeste angeboten wird. Das wollen wir ändern“, so Sven Hergovich, Koordinator der GLOBAL 2000-Jugendgruppe. Die GLOBAL 2000-Jugend organisiert daher das erste österreichische SchülerInnen-Begehren für BIO und Umweltschutz. „Es liegt in der Verantwortung der Unterrichtsministerin Claudia Schmied: was an Schulbuffets in Österreich verkauft wird, das kann sie im so genannten Müsli-Erlass regeln. Wir fordern, dass Bio für Schulbuffets zum Standard wird“, so Hergovich weiter.

Die GLOBAL 2000-Jugendgruppe hat zahlreiche Schulbuffets in Österreich inspiziert und von drei Buffets Äpfel erworben. Diese wurden in einem akkreditierten Labor auf Pestizidrückstände analysiert. In den Schuläpfeln wurden bis zu acht verschiedene Pestizide pro Apfel nachgewiesen. Einer der Wirkstoffe ist für Äpfel nicht zugelassen. Die UmweltschützeInnen haben der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) deshalb diese Ergebnisse übermittelt und sie aufgefordert tätig zu werden.

„Der Cocktail an Chemikalien, dem Jugendliche ausgesetzt sind, ist bedenklich. Nicht genug, dass einige der nachgewiesenen Wirkstoffe mit Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen in Verbindung gebracht werden – es ist nach wie vor nicht ausreichend erforscht, wie diese Chemikalien in Kombination besonders auf den jungen, sich in Entwicklung befindlichen Körper auswirken können. Eine beachtliche Gefährdung der Gesundheit kann nicht ausgeschlossen werden“, kommentiert Daniela Hoffmann, Pestizidexpertin der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000.

Schülerinnen und Schüler können – zusätzlich zum neuen Wahlrecht ab 16 Jahren – aktiv an der Politik teilnehmen und die zuständigen Politiker zum Handel bringen. Die GLOBAL 2000-Jugend wird deshalb die Unterschriften der SchülerInnen an den Petitionsausschuss weiterleiten. „Unsere Petition für Bio-Buffets in Schulen muss ab 500 Unterschriften im Nationalrat behandelt werden. Ich erwarte mir, dass auch unsere Nationalratsabgeordneten nur das Beste für unsere Umwelt und für die Schülerinnen und Schüler wollen und unsere Forderung unterstützen“, so Hergovich.

Literatur: GLOBAL 2000-Jugend deckt auf: Pestizidcocktail im Schulbuffet!, Wien, 9. September 2010

GLOBAL 2000-Jugend Petition: Forderung – Biobuffet an allen Schulen

ACTION – MITMACHEN – Unterstützen: Solidaritätserklärung mit den österreichischen Schülern

Weitere Artikel zum Thema Schule:

Ohne Maske

Die spanische Bloggerin Eva Caballé wurde erneut gebeten, für die Kunst- und Kulturzeitung Deliro einen Artikel zu schreiben. „Die sieben Todsünden“ sind das Thema der aktuellen Ausgabe.

Evas Leben wird durch ihre Chemikalien-Sensitivität (MCS) 24 Stunden am Tag bestimmt. Die Krankheit hat Eva trotz größter Restriktionen nicht gebrochen, im Gegenteil, sie hat es ihr ermöglicht, hinter die Hochglanzfassade unserer modernen Welt zu schauen:

Eva Caballé: Ohne Maske


Und in dieser zerfallenden Welt ist es das Schlimmste, was es gibt, kein Rückgrat und keine Persönlichkeit zu haben. Es ist eine Welt voller Menschen, die sich beschweren und die graue und leere Existenzen leben. Personen, die nicht den Mut haben, Widerstand zu leisten, ihre eigenen Gedanken zu haben und die von der Masse aufgesogen werden. Es ist schwer in dieser Herde zu leben, wenn man nicht so sind wie sie, wenn du weißt, was du denkst, wenn du keine Angst hast zu sagen, was Du denkst und wenn du dich nicht darum schers, ob andere dich akzeptieren. Dann passt du nicht ins Schema, du bist anders, du bist radikal.

Aber eine kranke Person kann nicht so sein. Du hast dich gut zu benehmen, musst es zulassen, dich selbst einer Gehirnwäsche zu unterziehen, eine Maske tragend, einem ausgetretenen Weg ohne nachzudenken folgend. Wenn du Multiple Chemical Sensitivity hast, eine Krankheit, die nicht anerkannt ist, dann kämpfst du um dein Überleben. Aber mach dabei nicht zu viel Lärm und folge einfach den anderen. Denk nicht dabei, unternimm nichts. Du bist krank. Verhalte dich so. Du hast gehorsam zu sein und um Erlaubnis fragen, damit Du nicht aus der Herde geworfen wirst, einer Herde, für die andere sich selbst töten, um ein Teil davon zu sein.

Und in dieser Ignoranz, die uns umgibt, sind die sieben Hauptsünden aktueller denn je, in diesen Zeiten, in der es so scheint, als gäbe es eine Theorie für so ziemlich alles. In Zeiten des zerfallenden Wohlfahrtsstaats.

Mit betäubten Sinnen wird SEX zu einer weiteren Frustration in einem leeren Leben, durch das Sie oder Er sich Tag für Tag schleppen, ohne dabei aufzuhören zu denken.

Es ist das Leben einer Frustration, die zu einem nicht zu befriedigenden HUNGER steigert. Essen, bis du platzt. Diese Angst, die einen hemmt zu reagieren und einen unter einem Berg von Menschenfutter zerquetscht. Die pervertierte Lust in einer übersättigten Gesellschaft.

Eine Leere, die uns überkommt und ein wachsender Hass, der sich in Wut verwandelt und sich gegen alles, was uns nicht passt, richtet, unter kindischen und lächerlichen Ausreden. INTOLERANZ wird zu Gewalt gegen diejenigen, die nicht so wie wir sind, vielleicht weil diejenigen, die denken, uns erschrecken.

Ohne sich unseres Lebens bewusst zu sein, vergehen die Tage, während wir auf unsere Taschen schauen um zu sehen, ob wir besser sind als andere. Wir KONKURIEREN in einem dummen Rennen, um unserem Erfolg zu zeigen. Wir täuschen vor, dass wir glücklich sind. Im Inneren, da sind wir leer.

Das Leben ist eine Klammer aus Angst und oberflächlicher Behaglichkeit, darauf wartend, dass die Dinge sich ändern, OHNE SICH ANZUSTRENGEN, aufgesaugt von einem System, das nicht möchte, dass wir denken.

Wir sind durch Faulheit gehemmt. Wir hassen die, von denen wir denken, dass sie besser sind als wir. Sie erinnern uns daran, dass wir uns nicht anstrengen wollen. Wir verschwenden unsere Leben damit, uns zu wünschen, dass sie stolpern, während wir ihre Erfolge KRITISIEREN und ohne es zu wissen, wollen wir, dass sie so mittelmäßig wie wir sind.

Eine billige künstliche Schönheit aus Plastik vergiftet uns, eine, die sich uns besser fühlen lässt für einen Moment, in dem wir denken, wir sind besser als andere. Eine giftige Schönheit, für die es uns nicht interessiert, welchen Preis wir dafür zahlen, in einer Welt, in der wahre Gesundheit nicht geschätzt wird. Enormer falscher STOLZ, diese durch Arroganz verursachte Ignoranz. Wer will schon gesund sein, wenn man sogar dann als schön erscheinen kann, selbst wenn man dumm ist? Wer will denn schon nicht besser erscheinen als andere?

Wagt es jemand, ohne Maske zu leben?

Autor: Eva Caballé für Deliro, No Fun Blog, September 2010

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Bildmaterial: Aida/ Delirio

Englische Übersetzung: Without a Mask

Weitere Artikel von Eva Caballé, die in der Kunst- und Kulturzeitung Deliro erschienen:

Ein MCS-Patient berichtet: Mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus

MCS – Ein Fremdwort für die meisten Ärzte und Kliniken?

Was ich mir nie hatte vorstellen können, wurde am 17.9.2010 zur bitteren Erfahrung…

Gegen 18.00 Uhr bekam ich plötzlich und ohne Vorankündigung heftige Schmerzen in der Brust, kalte Schweißausbrüche, mir wurde schwindelig, meine Arme waren schwer wie Blei, taten unheimlich weh. Ich bekam Luftnot und Panik…

Da bei mir der PC lief, gab ich das Stichwort “Symptome bei Herzinfarkt” ein, sah auf dem Bildschirm das, was ich gerade verspürte.

Völlig verwirrt rief ich 110 an, hatte die Polizei am Apparat, schilderte meine Probleme und die Tatsache, dass ich völlig allein im Haus war. Der Polizist fragte mich, ob ich in der Lage sei 112 anzurufen – war ich!

Eine Männerstimme fragte meine Beschwerden ab, es wurde mir mit ruhiger Stimme erklärt, dass schon während dieses Telefongesprächs der Notarzt und Rettungswagen unterwegs sei.

Der Notarzt trifft ein

Ich lag auf meinem Sofa, sprach vor Schmerzen mit mir selbst, dann hörte ich die Sirene, wenig später standen Männer vor meiner Tür. Ich schaffte es noch selbst die Haustür zu öffnen, dann war ich diesen Herren ausgeliefert, aber auch etwas erleichtert.

Es wurde sofort ein EKG gemacht, der Notarzt sagte mir, ich hätte einen Herzinfarkt, er würde mich ins Krankenhaus bringen.

Oh nein, dachte ich, ins Krankenhaus…

Ich erzählte dem Notarzt kurz von meiner Chemikalienunverträglichkeit. Dieser schaute mich an, meinte, da müsse ich jetzt durch…

Per Rettungswagen ins Krankenhaus

Im Rettungswagen wurde ein erneutes EKG geschrieben, der aufnehmenden Klinik per Fax übermittelt.

Mit Blaulicht ging es zur Klinik, ich wurde in Empfang genommen, alles ging sehr schnell, ich sah nur die Decken der Flure…

Ein Kardiologe stellte sich mir vor, ein netter Mann, er beruhigte mich, er scherzte sogar etwas mit mir, stellte fest, dass wir gleich alt waren.

Auf dem Op-Tisch

Wohin ich genau gebracht wurde weiß ich nicht, ich befand mich ziemlich bald auf einem OP-Tisch, wurde für den notwendigen Eingriff vorbereitet.

Ich fühlte mich völlig ausgeliefert, hatte keinen eigenen Willen mehr…

Nach örtlicher Betäubung wurde durch die Leiste mittels Herzkatheder ein sogen. Stent gelegt. Laienhaft gesagt wurde eine Leitung des Herzens geweitet und – wie ich es mir vorstelle – eine Art Hülse eingesetzt. Der Kardiologe arbeitete sehr konzentriert, zeigte mir auf einem Bildschirm seine Arbeit. Als er fertig war, sagte er mir, er hätte mein Herz repariert.

Intensivastation

Bis 18.9. in den Abendstunden lag ich verkabelt mit einem weiteren Patienten in einem Zimmer auf der Intensivstation, dann wurde ich auf eine Überwachungsstation, angeschlossen an einem Monitor, verlegt. Wiederholt wurde ein EKG geschrieben, Blutdruck gemessen – ich unterlag der totalen Überwachung.

Es war wohl eher Zufall, dass ich allein im Zimmer war, aufstehen durfte ich nicht!

Auf Station nahm man Rücksicht auf MCS

Am 20.9. entschieden die Ärzte, mich auf eine “normale” Station zu verlegen.

Bis dahin ging es mir relativ gut, ich erzählte pausenlos von meiner Chemikalienunverträglichkeit. Zunächst ziemlich ungläubig wurde dann aber doch so gut es ging Rücksicht auf mich genommen. Das Fenster blieb geöffnet, die Reinigungskraft sollte mein Zimmer nicht wischen, an der Tür hing ein Hinweisschild, fremde Personen sollten sich vor Betreten im Stationszimmer melden.

Das Personal war einparfümiert, keine Frage – doch irgendwie hatte ich das Gefühl, ernst genommen zu werden. Unangenehm war dieser ständige Geruch nach diesem typischen Desinfektionsmittel der Hände. Klinikeigene Mittel, die in der Waschecke standen, wurden entfernt. Zu meiner Überraschung rochen Bettwäsche und Handtücher nicht nach parfümiertem Waschmittel.

Zum Waschen benutzte ich zunächst klares Wasser, bekam neutral riechende Einmalwaschtücher. Später benutzte ich meine eigenen Sachen, die mir meine Ehefrau ins Krankenhaus brachte. Ich wurde nur mit dem, was ich am Körper trug, ins Krankenhaus eingeliefert, hatte keine Zeit irgendetwas mitzunehmen.

Verlegung in einen Container

In den Abendstunden des 20.9.2010 erfolgte die Verlegung. Meine neue Station befand sich aufgrund von Erweiterungsbauten des Krankenhauses in Containern.

Eine fürchterliche Luft schlug mir entgegen, ich wurde in ein sehr enges 3-Bett-Zimmer geschoben. Das war kein Krankenzimmer, das war ein Aufbewahrungsort für Menschen, die sich nicht wehren konnten.

Zwischenzeitlich war meine Ehefrau eingetroffen, auch sie bemerkte diese grauenhafte Luft. Mein Kopf zog sich zusammen, ein Kratzen im Hals stellte sich ein, ich bekam Panik – hier sollte ich bleiben?

Ich sprach die Stationsschwester an, verwies auf meine Akte, in der sich MCS-Informationen befanden. Ich bekam einen einfachen Mundschutz, meine MCS-Maske lag sinnigerweise zu Hause. Mit diesem Mundschutz lag ich im Bett, meine Ehefrau hatte zu diesem Zeitpunkt die Klinik bereits verlassen.

210/120 psychisch?

Routinemäßig wurde mein Blutdruck überprüft – die Mitarbeiterin war erschrocken, lag dieser doch bei 210/120. Ein gerade anwesender Arzt wurde gerufen.

Dieser hörte sich meine Probleme und meine Hinweise auf MCS zwar an, meinte aber, das sei wohl psychischer Natur, wollte mir ein Medikament verabreichen, mich nicht von der Station nehmen.

Trotz oder gerade wegen meines angeschlagenen Zustands platzte mir der Kragen.

Ich warf ihm ärztliches Fehlverhalten vor, fragte ihn, ob er als derzeit anwesender Arzt die Verantwortung für einen Blutdruck von 210/120 nach einem Herzinfarkt übernehmen könne. Ich verweigerte ein Medikament, verlangte von ihm nichts weiter als frische Luft. Ich drohte damit, das Krankenhaus sofort zu verlassen.

Bevor dieser Arzt sich dann doch zu einem Telefon begab, meinte er, ich könne jederzeit gehen, das Krankenhaus sei schließlich kein Gefängnis. Nach seinem Telefonat kam er zu mir zurück, erklärte mir kurz und knapp, ich würde sofort zurückverlegt werden. Als ich noch etwas sagen wollte, würgte er mich mit den Worten, er hätte jetzt keine Zeit mehr, müsse in die ZNA (Zentrale Notaufnahme), dort hätte er noch weitere Patienten, ab.

Bessere Luft verbessert Blutdruck auf 150/80

Kurze Zeit später wurde ich auf die Station, von der ich kam, zurückverlegt, wurde in eine Ecke eines großen Patientenzimmers vors Fenster geschoben. Zu diesem Zeitpunkt lag mein Blutdruck bei 190/100 – ca, gegen 04:00 Uhr morgens bei 150/80.

Die folgenden Zeit ließ man mich in Ruhe – wurde EKG gemacht setzte ich meine Maske auf. Dem Oberarzt der Station berichtete ich während seiner Visite sehr genau von diesem Vorfall. Einen MCS-Patienten hatte er vorher noch nicht, jetzt sei seiner Meinung nach ja wieder alles in Ordnung…

Meine Werte waren gut, eine Röntgenuntersuchung der Lunge, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens fiel nicht negativ aus, am 22.9.2010 konnte ich das Krankenhaus verlassen.

Entlassung und REHA

Im Krankenhausbericht steht von diesem Vorfall nichts!

Meinem Hausarzt aber berichtete ich sehr genau, was am 20.9. dort vorfiel – er meinte lediglich, die hätten mir das Leben gerettet.

Der Sozialdienst des Krankenhauses, der ebenso keine Ahnung von MCS hatte beantragte bei meiner Krankenkasse eine REHA.

Meine Krankenkasse schlug eine Klinik an der Ostsee vor, ich bekam die Telefonnummer der dortigen Chefärztin. In einem Telefongespräch erklärte mir die Chefärztin, ihre Klinik sei für die REHA eines MCS-Betroffenen völlig ungeeignet!

Die Mitarbeiterin meiner Krankenkasse meinte, sie könne mir keine Alternative zu dieser Klinik bieten.

Was sie mir verschwieg:

Gemäß § 9 SGB IX und § 33 SGB I haben Versicherte bei der Durchführung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme ein Wunsch- und Wahlrecht.

Ich habe also nicht nur einen Anspruch auf eine REHA, ich darf mir die Klinik selbst aussuchen.

Im Internet fand ich, dass Krankenkasse diesen Wunsch gern entweder ablehnen oder aber eine Zuzahlung fordern:

“Ein Rehabilitationsträger (z.B. der Gesetzlichen Krankenversicherung) ist auch nicht berechtigt, Ihren Wunsch nur unter der Bedingung nachzukommen, dass Sie eventuell entstehende Mehrkosten als Differenz zum Pflegesatz einer vom Rehabilitationsträger bevorzugten Einrichtung selber zahlen. Eine solche Zuzahlungspflicht sieht das Gesetz nicht vor! Es gilt das Sachleistungsprinzip, d.h. Sie haben gegenüber dem Kostenträger einen gesetzlichen Anspruch auf die Rehabilitationsleistung und nicht nur auf Kostenerstattung. Üben Sie also Ihr Wunschrecht aktiv aus!”

Gibt es eine MCS-gerechte REHA Klinik?

  • Ich habe also ein Wahlrecht – welche Klinik aber kann ich wählen?
  • Welche Klinik führt eine REHA nach Herzinfarkt bei gleichzeitiger MCS durch?
  • Wo ist diese Klinik, die auf die Bedürfnisse derer die an MCS erkrankt sind, Rücksicht nimmt?

Ich fürchte, ich werde keine REHA durchführen können.

Autor: Manfred Flor für CSN – Chemical Sensitivity Network, Hamburg 26.09.2010

Weitere CSN-Artikel zum Thema:

Glosse: Elektroschock, die Therapie der Wahl bei MCS

Den CSN-Blog erreichte neulich eine Email vom dänischen Forschungszentrum für Chemikaliensensitivität. Eine für die Öffentlichkeitsarbeit zuständige Journalistin schrieb im Auftrag der Forschungsleiterin. Infolge dessen las sich die ganze Mail wie eine Hochglanz-Werbebroschüre für das Forschungszentrum. Man glaubte, etwas richtig stellen zum müssen, da in der Öffentlichkeit durch Beiträge im Canary Report und bei CSN über die Arbeit dieser Einrichtung an der Kopenhagener Universitätsklinik Gentofte ein falschen Eindruck entstanden wäre. Zugleich wünsche man aber keine Veröffentlichung dieser Richtigstellung. Das Forschungszentrum verfüge nicht über die Ressourcen, sich mit langen Debatten im Internet abzugeben und wolle diese auch nicht, deshalb sei eine Veröffentlichung der besagten Email unerwünscht.

Bitte sehr, wir rücken nichts zurecht und bleiben bei unserer Auffassung, dass ECT, Electroconvulsive Therapy (Anwendung von Elektroschocks) für MCS und darüber hinaus für jegliche Erkrankung ziemlich daneben ist. So können wir nun natürlich auch nicht weitergeben, welchen Stellenwert dieser Therapieansatz in der Arbeit des Forschungszentrums hat. Der Makel, dieses unappetitliche Thema überhaupt angefasst zu haben, bliebt somit an dieser Einrichtung für immer hängen.

ECT ist grobe vorsätzliche Körperverletzung und wird auch irgendwann als solche verboten werden. Daran wird weltweit gearbeitet. ECT ist nichts anderes als elektrische Lobotomie und wurde in den Anfangszeiten von den Anwendern selbst nicht viel anders gesehen. Siehe P.R. Breggin, „Electroshock: scientific, ethical, and political issues“ im International Journal of Risk & Safety in Medicine 11 (1998), S. 20: „6. The brain-disabling principle“ und „Disturbing News for Patients and Shock Doctors Alike„.

Die Schlussfolgerung, welche das Forschungszentrum aus der Anwendung von ECT für MCS zieht, ist kaum klüger, wie jene Diagnose eines Forschers in einem brutalen Witz: „Ein Wissenschaftler schneidet einem Frosch ein Bein ab und befiehlt ihm zu springen: „Los Froschilein, springe!“ Das arme Tier tut es. Selbst mit zwei fehlenden Beinen tut es sein bestes und springt. Als der Frosch ganz ohne Beine nicht mehr springen kann, stellt der Forscher bei dem Frosch Taubheit fest.“

Nicht viel logischer ist es, von ECT für irgendeine Erkrankung eine positive Wirkung abzuleiten. Man schädigt das Hirn der Betroffen und diese können dann nicht mehr über ihr Leid klagen oder „spinnen“. Auf diese Weise wird MCS plötzlich zumindest teilweise, aber leider nur vorübergehend, „reversibel“. Was für ein Wunder! Wozu also aufwendige Vermeidungsstrategie, Atemschutz, gesunde Ernährung und all dieser Quatsch, wenn es auch so geht. Ab und zu ein paar Stromschläge und die Kranken parieren. Wie wäre es, stattdessen einen Stock zu nehmen? Es wird immer noch sehr angestrengt daran geforscht, wie die therapeutische Wirkung von ECT genau funktioniert. Ein Stock funktioniert viel zuverlässiger und wenn man nur auf den nackten Hintern schlägt, lassen sich Hirnschädigungen weitgehend ausschließen.

Man bot in der Mail an, auf persönlicher Ebene gerne weitere Fragen zu beantworten. Darauf verzichten wir!

Autor: BrunO für CSN

Englische Version im EMM Blog:

Gloss: Electric Shock, the Treatment of Choice for MCS

Fortsetzungsserie: „Dänisches MCS-Forschungscenter im internationalen Blickfeld“

Helmholtz: Asthma und Allergien beruhen vermutlich auf unterschiedlichen Entstehungsmechanismen

Unter Beteiligung von Wissenschaftlern der LMU und des Helmholtz Zentrums München hat ein internationales Forscherteam in einer Metastudie sechs Genorte auf unterschiedlichen Chromosomen identifiziert, die zur Entwicklung von Asthma bronchiale beitragen können. Die Studie zeigt, dass – anders als bislang vermutet – nur ein geringer Zusammenhang zwischen Asthma und Genvarianten besteht, die zu einer erhöhten Konzentration von Immunglobulin E (IgE) führen. Dies legt die Vermutung nahe, dass Asthma bronchiale und Allergien auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen. (New England Journal of Medicine online, 23.09.2010)

In der vorliegenden Studie haben Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München sowie der LMU München in Zusammenarbeit mit Kollegen aus zahlreichen Ländern den Zusammenhang von Asthma und genetischen Anlagen untersucht. In diese Metastudie sind auch Daten des deutschen Studienzentrums Erfurt des Europäischen Surveys zu Atemwegserkrankungen bei Erwachsenen (ECRHS), des Helmholtz Zentrums Münchens sowie der Asthma-Studien an Kindern der LMU und weiterer Forschungsinstitute eingeflossen. Insgesamt wurden die genetischen Anlagen auf verschiedenen Chromosomen von über 26.000 Menschen untersucht. „Wir haben sechs Risikofaktoren für Asthma bronchiale gefunden“, sagt Dr. Joachim Heinrich vom Helmholtz Zentrum München. Diese Risikofaktoren sind Genvarianten, auch SNPs bzw. „Single Nucleotide Polymorphisms“ genannt.

Auffällig war der geringe Zusammenhang zwischen Asthma und Genvarianten nachweisen, die zu einer erhöhten Konzentration von Immunglobulin E (IgE) im Blut führen. Diese Daten weisen darauf hin, dass dem Asthma bronchiale und der allergischen Sensibilisierung unterschiedliche Mechanismen zugrunde liegen. „Diese Studie konnte aber auch zeigen, dass nur etwa 38 Prozent des bei Kindern auftretenden Asthmas mit diesen genetischen Varianten erklärt werden kann, was die zusätzliche Bedeutung der Umweltfaktoren indirekt hervorhebt“, sagt Prof. Dr. med. Erika von Mutius vom Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU München.

Weltweit leiden bis zu 100 Millionen Menschen an Asthma bronchiale, das durch genetische und umweltbedingte Faktoren verursacht wird. In den letzten beiden Dekaden ist die Zahl der Asthma-Patienten stark angestiegen: In manchen Regionen sind bis zu 35 Prozent der Bevölkerung betroffen, während nur etwa fünf bis zehn Prozent der Deutschen an Asthma erkrankt sind.

Lungenkrankheiten und damit auch Asthma sowie ihre genetischen und umweltbedingten Auslöser gehören zu den Forschungsschwerpunkten des Helmholtz Zentrums München. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das EU-Projekt GABRIEL, dessen Co-Koordinatorin die LMU-Forscherin Professor Erika von Mutius ist: Ziel der internationalen Zusammenarbeit ist die Identifizierung und Charakterisierung von genetischen und umweltbedingten Faktoren, die zur Entstehung eines Asthma bronchiale beitragen.

Literatur:

  • Helmholtz, Asthma und Allergien beruhen vermutlich auf unterschiedlichen Entstehungsmechanismen, München, 23.09.2010
  • Miriam F. Moffatt et.al, A GABRIEL consortium Large-Scale Genome-Wide Association Study of Asthma, New England Journal of Medicine online, September 23, 2010

Weitere interessante CSN Artikel zum Thema:

Wer hilft MCS-verträglichen Wohnraum suchen?

Notwohnungen für MCS-Kranke sollen zügig geschaffen werden

Bislang beschränkt sich das Angebot für Wohnraum, der für Menschen mit der Behinderung MCS – Multiple Chemical Sensitivity geeignet ist, auf private Eigenheime. Staatlich oder kommunal geförderte Wohnprojekte, wie es sie für andere Behinderten- gruppen gibt, existieren nicht. Aufgrund dieses Mangels an geeigneten Wohnungen für Chemikaliensensible, halten sich manche dieser schwer Erkrankten Tag und Nacht draußen auf. Bei ungünstiger Witterung, im Winter und bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf kommt es immer wieder zu Notfällen, die in Notunterkünften aufgefangen werden müssten. Außer von Seiten der Mitbetroffenen und Selbsthilfe- organisationen fühlte sich jedoch bislang keiner zuständig, was bereits mehrere Suizidfälle im deutschsprachigen Raum zur Folge hatte. Diese untragbare Situation soll sich schnellstmöglich ändern.

Christian Schifferle, Präsident der Organisation „Gesundes Wohnen MCS“ bittet um Mithilfe:

Wir suchen eine interessierte relativ gesunde belastbare Persönlichkeit, die uns hilft, nach MCS-verträglichem bestehendem Wohnraum zu suchen in der Umgebung von Zürich (30 km Umkreis). Es sollen in den nächsten Wochen zahlreiche Liegen- schaften abgeklärt werden, um endlich auch hier Notwohnungen für MCS-Kranke anbieten zu können. Da das Züricher MCS-Pionierprojekt erst in 3 Jahren bezugsbereit ist, benötigen wir für einige MCS-Betroffene in Not schon jetzt gute Wohnungen und Übergangslösungen. Wer kann sich so einen Job vorstellen, wer hat die notwenige sensible Nase und noch genügend Gesundheit, um hier aktiv zu sein?

Wir können eine kleine Stunden-Entschädigung und Spesen nach Absprache zahlen und einen ansehnlichen Bonus bei erfolgreicher Suche. Wer könnte sich das vorstellen, aus der Schweiz oder Deutschland? Auch vorübergehend für einige Tage oder Wochen hier lebend ? Natürlich wären wir froh, um jemanden, der sich da mit Engagement und Herzblut auf die Suche macht, am besten eine Person mit Auto, die auch im Internet selbstständig Objekte herausfiltern kann. Aber nicht Bedingung. Wir können da möglicherweise auch ein Team aufbauen, das ev. nachher an andern Orten eingesetzt werden kann zur Suche von MCS-gerechtem Wohnraum. Wäre ev. auch ein guter Job für pensionierte Person in Rente. Wir freuen uns auf ein Gespräch mit möglichen Bewerbern. Bitte weiterleiten an mögliche Interessierte.

Ich danke Euch für jede Unterstützung,

Christian Schifferle

Präsident Gesundes Wohnen MCS


Kontakt:

Wohnbaugenossenschaft

GESUNDES WOHNEN MCS

Ausstellungsstrasse 114

CH-8005 Zürich

e-mail: info(at)gesundes-wohnen-mcs.ch

Tel: 0041 44 401 05 22 oder 0041 78 620 53 07

Weitere Informationen über das MCS Wohnprojekt:

Die Hinweise werden immer eindeutiger, dass BP toxische Dispergiermittel versprüht

Belege für das Gift im Golf

Ein privater Auftragnehmer in einem Carolina Skiff (Bootstyp) mit einem Dispergentienbehälter, 10. August, 9:30 vormittags, südlich vom Hafen von Pass Christian (Photo: Don Tillman)

Shirley und Don Tillman, Bewohner von Pass Christian, Mississippi, hatten Shrimpboote, ein Austernboot und einige Ausflugsboote. Sie verbrachten viel Zeit auf dem Golf von Mexiko, bevor sie für das Vessels Of Opportunity Programm (VOO/Arbeitsprogramm für Fischer) arbeiteten, um nach Öl Ausschau zu halten und zu versuchen, es zu beseit- igen.

Don entschied sich beim VOO-Programm mitzuarbeiten, um seinem Bruder beizu- springen, der aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage war. So arbeitete Don auf dem Boot und Shirley beschloss, ihm die meisten Tage an Bord zu helfen.

„Wir lieben den Golf, wir leben hier und als diese Ölkatastrophe geschah, wollten wir alles, wozu wir in der Lage sind, tun, um zu helfen, ihn wieder zu sauber zu bekommen“, erklärte Shirley dem online Magazin Truthout [die Wahrheit (truth) muss raus].

Nicht lange, nachdem sie im Juni anfingen, im Rahmen der BP-Bemühungen zur Schadensbegrenzung zu arbeiten, wurden sie jedoch von dem, was sie sahen, beunruhigt. „Es dauerte nicht lange, bis wir verstanden, dass bei der ganzen Sache etwas sehr, sehr verkehrt lief“, sagte Shirley zu Truthout. „Aus diesem Grunde fing ich damals an, über das, was wir erlebten, Tagebuch zu führen und eine Menge Fotos aufzunehmen. Wir konnten unser Wissen, was man unserem Golf antut, nicht verschweigen.“

Shirley hielt fest, was sie sahen und fertigte hunderte von Fotos an. Die Tillmans bestätigen beide mit dem was sie schrieben und fotografierten, was Truthout zuvor berichtet hatte: BP hat ausländische Vertragspartner angeheuert, um mit nicht registrierten Booten, meist vom Typ Carolina Skiff, Corexit Dispergiermittel auf das von VOO-Arbeitern lokalisierte Öl zu sprühen.

Shirley lieferte Truthout Auszüge des Tagebuches, das sie über die mit ihrem Mann gemeinsam auf See gemachten Erfahrungen führte, als sie für das VOO-Programm arbeiteten, bevor sie wie die meisten anderen VOO-Arbeiter in Mississippi entlassen wurden, weil der Staat Mississippi zusammen mit der US-Küstenwache bekannt gab, in ihrem Gebiet wäre kein rückgewinnbares Öl mehr vorhanden.

„Am ersten Tag, als ich mit war, bemerkte ich eine Menge Schaum auf dem Wasser“, heißt es in ihrem Eintrag vom 26. Juni. „Mein Mann sagte, er habe schon sehr viel davon gesehen. Zu dieser Zeit hielten wir gerade nach ‚Öl‘ Ausschau. Wir sollten in Gruppen von normalerweise fünf Booten hinaus fahren. Die Küstenwache beaufsichtigte die VOO-Operationen. Es war immer jemand von der Küstenwache auf mindestens einem der Boote. Dessen Job war es, uns sagen, wann wir aus dem Hafen wohin und wie schnell fahren sollen. Alle VOO-Boote hatten sie mit Flaggen, sowie mit einem Transponder versehen. Manchmal hatten wir zusätzlich einen oder mehrere Angehörige der Nationalgarde in unserer Gruppe, wie auch gelegentlich einen Mann für Sicherheit, welcher die Luftqualität und die Vorgänge auf dem Boot überwachen sollte. Wenn wir etwas fanden, musste es der Mann von der Küstenwache beim ‚Seepferd‘ melden und die entschieden, was unternommen werden sollte.“

Ihr Tagebuch liefert neben der unmittelbaren Beschreibung, nach welcher die Küstenwache also immer über die Entdeckungen der VOO-Arbeiter Bescheid wusste, zuweilen herzzerreißende Schilderungen, was mit dem maritimen Leben und den anderen Wildtieren am Golf von Mexiko geschieht.

„Bevor wir zur Arbeit gingen, lief ich den Strand entlang“, heißt es in ihrem Eintrag von 4. Juli. „Überall lagen tote Quallen. Einige waren von Schaum umgeben. Eine Möwe hielt sich nahe beim Wasser auf, während das schaumige Zeug weiter an Land spülte. Es gab auch einen Kranich, der wahrscheinlich krank war. An ihm war kein Öl zu erkennen, aber er blieb einfach stehen, egal wie nah ich ihm kam.“

Am Morgen des 5. August beschreibt Shirley, wie sie einen jungen toten Delphin im Wasser treiben sieht. „Als wir auf das VOO-Boot der Wildtierhilfe warteten, das ihn abholen sollte, bemerkten wir in unmittelbarer Nähe eine Delphinschule“, schreibt sie. „Trotz all der Boote, die da waren, entfernten sie sich erst, als das tote Tier aus dem Wasser genommen wurde. Das ging uns allen sehr nahe.“

Am nächsten Tag, am 6. August, muss sie noch mehr Tierverluste aufschreiben. „Gestern Abend berichteten sie in den Nachrichten von einem Fischsterben. Vor der Arbeit ging ich an den Strand beim Hafen. Überall waren Möwen. Wegen dem toten Seegetier. Das einzige, was es am Strand gab, war das, was das zurückfließende Wasser der Tide übrig gelassen hatte. Der Rest des ‚Fischsterbens‘ lag unter Wasser auf dem Grund. Das waren hauptsächlich Flunder und Krabben. Wir sahen an diesem Tag nur zwei tote Flundern, die im Wasser trieben. Ich kann mir nur ungefähr vorstellen, wie viele auf dem Grund lagen… Nach der Arbeit ging ich wieder an den Strand. Das Wasser war weit draußen und die Möwen fraßen die ganzen toten Fische, die zum Vorschein kamen. Man konnte immer noch tote Fische unter dem Wasser sehen, die lagen immer noch auf dem Grund. Treiben tote Fische nicht mehr im Wasser?“

Die Hauptsorge der Tillmans ist der ungebremste Einsatz von giftigen Dispergiermitteln durch, wie sie es nennen, private Vertragspartner, die in nicht registrierten Booten arbeiten [d.h. kein Halter/Verantwortlicher ist feststellbar] und regelmäßig auf den Golf hinaus fahren, wenn sie und andere VOO-Teams von ihrer Tagesarbeit zurück kommen. Häufig schwamm derart viel Dispergiermittel auf dem Wasser, dass ihr Boot eine Spur hinterließ.

„Das erste, was mir auffiel, war die ‚Spur‘, die das Boot im Wasser hinterließ“, heißt es in ihrem Eintrag von 10. Juli. „Man konnte soweit das Auge reicht genau sehen, wo wir gefahren sind. Um 11 Uhr herum waren wir von Ölschlieren und bräunlichen Klumpen umgeben. Wir befanden uns nördlich von Cat- und Ship Island, als uns die Küstenwache anwies, die Ölsperren ins Wasser zu lassen. Wenn man die Dinger wieder rausholt, muss man ‚Schutzausrüstung‘ tragen.“

Ihr Eintrag vom 1. August beschreibt detailliert einen Vorfall, als der Küstenwachmann ihnen nicht gestattete, Öl einzusammeln und seine Vorgehensweise, sogar zu leugnen, dass das, was sie fanden, Öl ist:

„Ab 14 Uhr beobachteten wir immer mehr Ölschlieren. Wir befanden uns nördlich der Ostseite von Cat Island, aber südlich des Inter Coastal Channels. Wie üblich war jemand von der Küstenwache auf einem der Boote unseres Teams. Er meldet sich [per Funk] und redete davon, wir wurden aber nicht angewiesen, die Ölsperren auszulegen, es wäre nur ‚Fischöl‘. Zu Anfang der Ölbeseitigungsarbeiten war alles, wenn es auf dem Wasser schwamm und wie Öl aussah, Öl oder Ölfilm. Später konnten sie manchmal ebenso gut sagen, es wäre einfach nur ‚Fischöl‘. Genauso war es, wenn es sich um dicken braunen oder rostfarbenen Schaum handelte, ursprünglich hieß das ‚Ölmousse‘. Später nannten sie es ‚Algen‘. Dann wurden wir angewiesen Nordwestkurs zu nehmen. Je weiter wir kamen, desto schlimmer wurde das ‚Fischöl‘. Später war der Schaum mit Öl vermischt. Allein um unser Boot herum hatte es mindestens die Ausmaße eines Fußballfeldes. Mein Mann nahm Funkkontakt auf und fragte, ob sie die Ölsperren auslegen können.“ Wieder sagte der Küstenwachmann nein. „Danach sollten wir nach Westen drehen, zurück nach Pass Christian. Ein Ausflugsdampfer hielt eines der Boote unserer Gruppe an und berichtete, dass es überall Öl gab. Die Küstenwache gab die Anweisung, denen zu sagen, dass ihnen die Situation bekannt wäre… Auf dem Rückweg nach Pass Harbor fragte ich meinen Mann, ‚Was machen wir eigentlich genau hier draußen?‘ Er sagte mir, er beginne zu denken, alles wäre nur eine Show. Ich kann mir nur ausmalen, was die Leute auf dem Ausflugsdampfer zu erzählen hatten, als sie an diesen Tag wieder nach Hause kamen. Wahrscheinlich, dass sie eine Menge Öl auf dem Wasser gesehen haben und dass die VOO-Boote dort draußen einfach nur darin herum kurven und überhaupt nichts unternehmen, um es zu beseitigen. Dies ist genau das, was geschah. Danach beschlossen wir anzufangen, so viel zu dokumentieren, wie wir können. Ich glaube, es war schon am nächsten Tag, als Thad Allen [Chef der Küstenwache] im Fernsehen erklärte, sie würden die Maßnahmen aufgrund der Tatsache zurück fahren, dass ’seit ungefähr zwei Wochen kein Öl im Golf gesichtet wurde‘. Hätten wir also am Sonntag Ölsperren herum gezogen und in Pass Harbor einen Stapel verschmutzte ausgeladen, wäre dies später vielleicht ein Problem für ihn.“

Spuren des Dispergiermittels, 26. Juni 2010. (Foto: Shirley Tillman)

Am 5. August beschreibt sie den seltenen Fall, dass es ihnen gestattet wurde, Ölsperren zum Einsammeln von Öl auszulegen. „Wir hatten jemand von der Küstenwache und zwei Sicherheitsleute auf unserem Boot. Wir fuhren westlich von Pass Harbor. Das Wasser sah stellenweise schwarz aus. Viele Blasen, kein Schaum, nur Blasen. Um 8 Uhr 30 herum waren wir von Schlieren und Mousse umgeben und sollten eine Ölsperre auslegen. Je mehr wir die Ölsperre zogen, desto mehr Öl schwamm auf. Der Pass [Christian] Hafen war geschlossen, da sehr viel Öl herein schwemmte. Für den Rest des Nachmittages zogen wird die Ölsperre hin und her.

Verölte Sperre. 5. August 2010. (Foto: Shirley Tillman)

Ölschlieren und Rückstände des Dispergiermittels. 1. August 2010. (Foto: Shirley Tillman)

Bis Anfang August sank die Gesamtzahl der VOO-Boote, die vom Hafen Pass Christian aus im Einsatz waren, wo Shirley und Don arbeiteten, bis auf 26.

Am 8. August schrieb Shirley, „im Hafen erzählte man, dass draußen bei den Inseln Flugzeuge nachts Dispergiermittel auf das Wasser sprühen. Man sprach auch von Skiff-Booten aus Louisiana, mit weißen Tanks an Bord, die ebenfalls [Dispergiermittel] sprühten. Die Skiffs haben wir früher gesehen. Gewöhnlich passten sie uns morgens ab und hielten Kurs auf die Bay St. Louis Brücke. Man sagte uns, sie würden draußen in einem Gebiet am Henderson Point arbeiten. Am Henderson Point gibt es ein county-eigenes Gelände [etwa: einem Landkreis gehörend] mit einer Bootsanlegestelle und mit Landungsstegen. Nach der Ölkatastrophe war es für die Öffentlichkeit gesperrt und es wurde ein Stützpunkt für BP-Subunternehmer eingerichtet. Es sah immer so aus, als ob diese Boote ihre Arbeitsschicht genau dann beenden würden, wenn wir mit unserer beginnen. Die meisten dieser Skiffs waren Carolina Skiffs“.

Später, am gleichen Morgen, fuhren Shirley und ihr Mann mit einem Angehörigen der Nationalgarde an Bord nach Westen aus dem Hafen, während sich ein Angehöriger der Küstenwache und ein weiteres Mitglied der Nationalgarde auf einem anderen Boot ihres VOO-Teams befanden. Nach einer Stunde Bootsfahrt wechselten sie genau dann wieder Richtung Osten, als Don fünf Carolina Skiffs ausmachte.

„Ich hatte meine Kamera dabei und fing an sie zu fotografieren“, schreibt Shirley. „Als ich so nah, wie es möglich war, heranzoomte, sah ich, dass sie etwas auf das Wasser sprühten. Davon habe ich kein Foto. Ich war zu sehr damit beschäftigt, dies meinem Mann und dem Typen von der Küstenwache auf dem anderen Boot zu erzählen. Die Skiffs hatten nach Norden gedreht und sich verteilt und führen südlich der Eisenbahnbrücke im Zickzack. Die Küstenwache meldete den Vorfall und schickte eines unserer Boote los, den Skiffs zu folgen. Die Skiffs verschwanden sofort. Als ich die Boote sprühen sah, wehte der Wind zu unserem Boot. Innerhalb weniger Minuten, bekam ich eine trockene Nase. Später passierte das gleiche mit meinen Hals und mit meinen Augen. Ein Helikopter der Küstenwache stand zusammen mit einem Küstenwachboot in Bereitschaft. Den Helikopter sahen wir etwa 20 Minuten später, doch das Boot der Küstenwache habe ich nie gesehen.“

Nach der Rückkehr in den Hafen von Pass Christian berichtete ihr Team von den Aktivitäten der Skiffs, Dispergiermittel zu versprühen. Sie wurde von Parson’s, der Vertragsgesellschaft die ihr Team leitete, gebeten, ihre Fotos vorzulegen.

Ihr Eintrag vom nächsten Tag, dem 9. August lautet:

„Ich nahm die Bilder (8×10’/20×25 cm) mit zu Parson’s. Kurz darauf rief mein Mann an und erzählte, die Küstenwache möchte, dass ich ihnen von den Bildern eine CD mache. Ich nahm die CD und übergab sie der Küstenwache. Im Beisein anderer wurde mir gesagt, dass der Vorfall untersucht worden ist und die fraglichen Boote am Henderson Point lokalisiert wurden. Er sagte, dass diese Boote als Skimmerboote [Abschöpfboote] am VOO-Programm teilnehmen, doch dies wurde bisher noch nicht bestätigt. Er berichtete, dass er die Leute gefragt hätte, ob sie etwas auf das Wasser sprühen. Sie erzählten ihm, wenn ich sie irgendwas sprühen sah, dann haben sie wahrscheinlich gerade ihre Tanks ausgespült. Er fragte auch mich, ‚Denken Sie nicht, dass sie einen Atemschutz getragen hätten, wenn sie Dispergentien sprühen?‘ Ich antwortete, ‚Sie würden das annehmen, mich aber überrascht hier überhaupt nichts mehr.‘ Danach sind wir praktisch gegangen. Nun wusste ich, alles, was sie wirklich wollten, war, genau zu sehen, was ich fotografiert hatte. Natürlich fragt sich, ‚wozu ein Abschöpfboot seine Tanks ausspülen muss?‘ Warum sollte es, wenn es Öl aufgenommen hat, dieses wieder zurück schütten? Was hat es ausgespült, wenn es kein Öl aufgesaugt hat? Ich weiß, was ich gesehen habe, und ich weiß, was ich danach spürte. Ich weiß auch, dass man auf einem der Bilder, die ich gemacht habe, einen Helikopter über diesen Booten sehen kann. BP hat Späher, die nach Öl suchen. Kann es sein, dass der Helikopter ihnen gezeigt hat, wo sie nachbessern müssen, bevor sie Feierabend machen können? Eines habe ich von dem Typen der Küstenwache an diesem Tag gelernt, offensichtlich besitzen diese sogenannten Skimmerboote auch die Fähigkeit zu sprühen!“

Die Neugier der Tillmans ließ sie weitere Nachforschungen anstellen. Grund waren die Ungereimtheiten, welche sie im Handeln der Küstenwache erkannten, wenn es um Dispergiermittel ging, die Vertragspartner [von BP] von den Carolina Skiffs versprühten.

„Mein Mann kam nach Hause und erzählte, dass sie die ‚Skiffs‘ heute wieder gesehen hätten“, heißt es in Shirleys Eintrag vom 10. August. „Er machte Fotos von ihnen und von einer Hebevorrichtung. Diese Vorrichtung wechselt in der Meerenge seine Standorte und ist vermutlich eine Dekontamin- ierungsstation. Einige Kapitäne haben jedoch berichtet, dass man ihnen sagte, als sie hinfuhren, sie wäre gerade nicht in Betrieb. Nachdem ich zwei Tage lang über die Skiffs mit den Tanks und die Küstenwache nachgedacht habe, gelang es mir nicht, das Ganze irgendwie zu verstehen. Die Küstenwache leitet angeblich das VOO-Programm, weiß aber nichts über die Skiffs an dem so nahe beim Pass [Christian] Hafen gelegenen Standort. Sie sagen uns nicht nur jeden Handschlag, den wir machen sollen, sie sind auch dabei, wenn wir sie tun. Unsere Boote sind beflaggt und haben Transponder an Bord. Diese Boote haben keine Flaggen und wir haben weder Transponder noch Angehörige der Küstenwache auf ihnen gesehen, die ihnen sagen, was zu tun ist.“

Diesen Nachmittag fuhren sie zum Henderson Point Stützpunkt. Obwohl er bewacht war, schockierte sie, was sie sahen:

„Dort waren wahrscheinlich mehr Boote als zu dem Zeitpunkt im gesamten Pass [Christian] VOO-Programm waren“, heißt es in ihrem Eintrag. „Es gab nur ein paar wenige richtige Ölabfangboote. Alle waren offenbar in Louisiana registriert. Nahezu alle Skiffs hatten weiße Tanks an Bord. Ein paar wenige der Tanks sahen so aus, als ob irgendwann mal etwas in ihnen gewesen wäre, doch es war etwas anderes als die ölige, klebrige Scheiße, mit der wir zu tun hatten. Wenn unser Boot etwas ab bekam, war es nahezu unmöglich, es wieder weg zu bekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie das wieder aus den Tanks heraus bekommen und dass die Tanks danach noch so aussehen wie sie es tun. Nahe bei den Booten stand auch ein Auto der Dienststelle des County Sheriffs von Harrison und ein paar große Plastikbehälter auf gelben Untersätzen.

Kreuzung Canal Road und I-10, in Gulfport, Mississippi, auf dem als PB-Stützpunkt genutzten Areal, 14. August 2010. (Foto: Shirley Tillman)

Am 13. August wurde das Boot von Shirley und Don außer Dienst genommen. Das hat sie sehr beunruhigt. Am nächsten Tag besuchten sie immer noch sehr betroffen den BP-Stützpunkt im Hancock County [Grafschaft/Landkreis].

„Sie hatten den Ort geräumt“, schreibt sie. „Trotzdem war wie vorher eine Wache und ein Sheriff-Auto da. Wir fuhren zum Stützpunkt in Gulfport. Anscheinend ist dies ein Hauptlagerplatz von BP. Dort gab es alle möglichen Bootstypen, einschließlich der Skiffs mit den Tanks. Die Dienststelle des Sheriffs war ebenfalls vertreten und auch jene großen Plastiktanks auf dem gelben Paletten.“

Andere, sehr ähnliche Berichte gibt es über andere BP-Stützpunkte am Golf von Mexiko. Die Tanks werden eindeutig zum Transport und zur Lagerung des Corexit Dispergier- mittels verwendet. Die Carolina Skiffs werden eindeutig dazu eingesetzt, es auf das Öl zu sprühen.

Kreuzung Canal Road und I-10, in Gulfport, auf dem als PB-Stützpunkt genutzten Areal. (Foto: Shirley Tillman)

Corexitbehälter, 1. September 2010. (Foto: Shirley Tillman)

Ihr Eintrag vom 16. August führt ihre Entdeckung weiter aus:

„Während der nächsten paar Tage begab ich mich weiterhin zum Henderson Point und zum Gulfport Stützpunkt. In Henderson Point waren wieder ein paar Boote, aber keines von den Skiffs mit den Tanks und keiner der großen Plastikbehälter. In Gulfport war alles wie zuvor, mit allem Drum und Dran. Am 25. August bekam ich eine Email mit einem Link zu einem Artikel über Dispergiermittel. Ich hatte ein Foto der Tanks mit der Aufschrift ‚Nalco Corexit EC9005A‘, in denen Dispergiermittel geliefert werden. Sie fassten 330 Gallons (ca. 1.249 Liter), waren groß, aus Kunststoff, weiße Tanks auf einer gelben Palette. Dies waren dieselben Tanks, die ich auf dem Henderson Point und dem Gulfport Stützpunkt gesehen habe. Es gelang mir, den Namen des Herstellers der Tanks heraus zu bekommen, ich verglich [den Schriftzug] auf einem Foto von mir mit dem Foto im Artikel. Es war der gleiche Hersteller. Im Internet suchte ich nach dieser Firma und fand die 330 Gallon Tanks. Sie wurden folgendermaßen beworben: ‚Der einzige Hersteller in der Industrie, welcher transportierbare Tanks anbietet, die von den Vereinten Nationen und vom US-Verkehrsministerium für den Transport gefährlicher Güter zertifiziert sind‘.“

Toter Flunder vom Fischsterben. 6. August 2010. (Foto: Shirley Tillman)

Shirley und Don wurden wie zehntausende anderer VOO-Arbeiter und Golfbewohner mit mehr Fragen als Antworten zurück gelassen.

„Wenn man bei der Arbeit auf den Booten eine Ölsperre zurück an Bord zieht, muss man nicht nur [Einweg] Tyvek-Schutzanzüge, Schutzbrillen und Schutzhandschuhe tragen, sowie die Ärmel des Anzugs über den Handschuhen als auch die Hosenbeine über den Stiefeln mit Klebeband umwickeln.“ Shirley fragt, „Warum soll es für die Leute sicher sein, in das gleiche Wasser zu steigen, aus dem all dieses gefährliche Zeug heraus kam?“

Was die Küstenwache betrifft, fragt sie:

„Wie kann man von den Skiff-Booten im VOO-Programm nichts wissen, wenn man für das VOO-Programm verantwortlich ist? Die Küstenwache leitete angeblich das VOO-Programm, aber sie taten so, als ob sie von den Carolina Skiffs nichts wussten. Diese Boote waren weder in der Task Force noch in der Strike Force. Jedes VOO-Boot hatte eine Flagge. Wir hatten alle Transponder. Das waren die Vorschriften des VOO-Programmes und der Küstenwache. Doch diese Skiffs hatten keine Flaggen und wir sahen nie Transponder auf ihnen, noch war jemand von der Küstenwache auf ihnen und angeblich hatte jede Gruppe wenigstens einen von der Küstenwache in der Gruppe. Manchmal hatten wir zwei, aber die Skiffs hatten nie welche.“

Die lokalen Medien in Pass Christian und Gulfport, Mississippi berichten nun, dass BP hofft, bis zum 19. September das VOO-Programm beenden zu können.

Shirley ist skeptisch. „Warum soll jeder seine Kinder hierher bringen und sie in das Wasser stecken, in das Millionen Gallonen toxischer Chemikalien geschüttet wurde, mal vom Öl ganz abgesehen?“ Sie fragt, „Warum sollte man Tiere aus dem Meer essen wollen, die in dem Wasser mit all diesen Verschmutzungen gelebt haben und darin umgekommen sind?“

Truthout hat bereits früher über andere Fischer in dem Gebiet berichtet, über James „Catfish“ Miller und Mark Stewart, die erzählten, Augenzeugen gewesen zu sein, als Vertragspartner aus Carolina Skiffs ebenfalls Dispergiermittel versprühten.

Indes behaupten lokale und Regierungsbehörden weiterhin, dass Dispergiermittel nur südlich der dem Mississippi vorgelagerten Inseln angewendet wurden und dass die Carolina Skiffs und die großen Tanks, die sie geladen haben, nur zum „Einsammeln“ von Öl benutzt würden.

„Warum sollten diese 330 Gallonen fassenden Gefahrgutbehälter an zwei verschiedenen Einsatzstellen gleich bei den Tank-Skiffs vorhanden sein, wenn Dispergiermittel nur südlich der Inseln versprüht wurden?“, fragt Shirley. „Warum sollten die Tanks der Skiffs so sauber sein, wenn sie wirklich Öl eingesammelt hätten?“

Die Tillmans und tausende andere Fischer und Bewohner am Golf von Mexiko sind aufgrund der komplizenhaften Verstrickung der lokalen und staatlichen Verwaltung und der Bundesregierung in das, was sie als massive Vertuschung der Ölkatastrophe ansehen, sehr besorgt. Man setzt toxische Dispergiermittel ein, um das ganze Öl, das gefunden wird, zu versenken.

Dr. Riki Ott, eine Toxikologin und Meeresbiologin, ist Überlebende der Exxon Valdez Ölkatastrophe in Alaska von 1989. Neulich schickte sie einen offenen Brief an die US-Umweltschutzbehörde in dem sehr viel von dieser Besorgnis zum Ausdruck kam.

Das fortgesetzte Leugnen dieses Problems durch die Regierung kann Shirley weder täuschen noch aufhalten.

„Ich weiß, was ich gesehen habe“, sagte sie zu Truthout. „Ich weiß, was man mir erzählt hat. Ich weiß, wie es mir erging. Ich weiß, was ich dokumentiert habe. Ich weiß auch, dass ich hunderte von Fotos aufgenommen habe, um zu belegen, was ich erzähle.“

Autor: Dahr Jamail für t r u t h o u t , 13.09.2010

Übersetzung: BrunO für CSN-Deutschland

Dieser Bericht erschien im Original auf t r u t h o u t und steht wie diese Übersetzung unter einer Creative Commons Lizenz: Namensnennung-Nicht-kommerziell 3.0 Vereinigte Staaten von Amerika

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Weitere Artikel zum Thema auf CSN Blog:

Epigenetik und Umweltkrankheiten, die Rolle von Chemikalien

Input

Während die deutsche Öffentlichkeit über Sinn oder Unsinn von „Deutschland schafft sich selbst ab“ mehr oder weniger erhitzt diskutiert, hüllt sich die Mehrheit der Bevölkerung in Schweigen, dass die Industrie, die Regierungen und das Konsumverhalten der Bevölkerung dafür sorgt, dass sich die Menschheit tatsächlich abschafft.

Die Fakten erschrecken immer mehr:

  1. Es ist nicht mehr zu verleugnen, dass durch menschliche Schuld eine weltweite Klimaveränderung in Zeitraffer eingetreten ist, dessen Folgen in ganzen Bänden niedergeschrieben werden könnten.
  2. Es ist nicht mehr zu übersehen, dass die Umwelt zu Lande, zu Wasser, zur Luft bis hin zu den Arbeitsstätten, öffentlichen Gebäuden und Wohnungen immer mehr durch schädliche, giftige und/oder genverändernden Chemikalien verseucht wird. Mehr oder weniger müsste/muss sogar die Muttermilch als vergiftet angesehen werden.
  3. Die Umweltbelastung durch die Chemisierung der Landwirtschaft ist derart extremgeworden, dass Bienen massenhaft sterben, Allergien weiter sprunghaft zunehmen, der Urangehalt und die Schwermetallbelastung von Nahrungsmitteln und der Böden besorgniserregende Ausnahmen angenommen hat. Gene von genmanipulierten Pflanzen wurden schon in Regenwürmer nachgewiesen.
  4. Sägewerke unterziehen dem frischen Holz sofort Chemikalienduschen, damit es später nicht von Holzschädlingen befallen werden kann. Für immer mehr Menschen ist daher durch die hohe Schadstoffbelastung keine Holzart mehr verträglich. Wirklich unbelastetes Holz gibt es nahezu nicht mehr.
  5. Durch die allgemeine Vergiftung der Lebensräume und der Nahrungsmittel, aber auch durch extreme psychische Belastungen treten epigenetische Veränderungen auf, die für Diabetes, Fettsucht, Krebs, Herz- und Kreislauferkrankungen, psychische Erkrankungen und – wenn auch noch nicht offen zugegeben – sicher auch für Umweltkrankheiten verantwortlich sind

Hierzu ein Innovationsreport: Epigenetik: Die Gene sind nicht alleine schuld

Obwohl nachgewiesen wurde, dass Bisphenol A zu epigenetischen Veränderungen führt, sieht unsere Regierung keinen Handlungsbedarf.

Obwohl nachgewiesen wurde, dass die Innenseiten von Tetrapacks mit Druckfarben- bestandteilen verseucht sind, wird nichts wirklich Wirksames dagegen unternommen.

Obwohl nachgewiesen wurde, dass sogenannte Diätprodukte für Diabetiker nicht nur maßlos überteuert und nutzlos, sondern sogar schädlich sind, dürfen diese Produkte noch mindestens zwei Jahre auf dem Markt bleiben, weil man die Industrie nicht zu sehr belasten will. Im Gegensatz zu den Menschen, die durch soziale Kürzungen und Erhöhung von sozialen Abgaben nicht genug belastet werden können. Die Regierung schützt weniger das Volk, als vielmehr die umweltzerstörenden Interessen der Wirtschaft.

Die Regierung lässt zwar entsprechend forschen, aber statt Produkte solange zu verbieten, bis ihre Unbedenklichkeit sicher nachgewiesen ist, geht sie den umgekehrten Weg und lässt sie solange produzieren, bis man ihre evtl. Schädlichkeit nachgewiesen hat, erst dann reagiert man und oftmals nicht einmal dann. Oft werden lediglich abenteuerliche Grenzwerte festgelegt, die den Konsumenten zumuten, die Schadstoffe zu konsumieren. Bekanntlich klammern die Grenzwerte Kinder, Kranke, Schwangere und Vorbelastete Menschen aus. Auch die Kombination mit mehreren Grenzwerten wird ausgeklammert. Wenn ein Mülleimer mit tausenden Giftstoffarten von jeweils nur einem Gramm gefüllt wird, dann ist er auch irgendwann voll, nur der Mensch nicht?

Dass die Regierung nicht ganz so ahnungslos ist, sieht man hier:

Gesundheit – Effekte – Epigenetik

Man gibt sich also informiert, sagt aber, man müsse noch weiter forschen. Bis dahin bleibt Bisphenol A erlaubt…

Und dass Umweltkrankheiten schon längst eindeutige Boten der Umweltverseuchung sind, ignoriert man, stattdessen Psychiatrisierung der Umweltkranken, Verfolgung und Drangsalisieren von konsequenten Umweltmediziner, Negierung internationaler wissenschaftlicher Erkenntnisse und Verweigerung von Hilfe für Umweltkranke.

Autor:

Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, 12. Sept. 2010.

Weitere Artikel von Gepaucker:

Handelsketten informieren Kunden unzureichend über Schadstoffe in ihren Produkten

BUND-Recherche: Deutsche Handelsketten verstoßen gegen Auskunftsrecht

Berlin: Nach Recherchen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) verstoßen zahlreiche große deutsche Handelsketten gegen die europäische Chemikalienverordnung REACH (Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien). Laut der Verordnung sind Händler verpflichtet, Verbrauchern auf Anfrage in einem Produkt enthaltene Schadstoffe zu nennen. Der BUND stellte entsprechende Anfragen bei 24 bekannten Handelsketten und ließ die Produkte zugleich von einem Labor prüfen. Acht Unternehmen gaben meldepflichtige Schadstoffe nicht wahrheitsgemäß an, darunter Neckermann, Medimax sowie die Drogeriemarktketten dm und Rossmann. Neun weitere Händler reagierten auf entsprechende Anfragen gar nicht, machten unzulängliche Angaben oder antworteten erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist von 45 Tagen. Lediglich sieben der 24 angefragten Unternehmen kamen ihren gesetzlichen Pflichten korrekt nach.

Jurek Vengels, BUND-Experte für Chemikalienpolitik: „Es ist inakzeptabel, dass sehr viele Händler nicht pflichtgemäß über Schadstoffe in ihren Waren informieren. Damit verstoßen sie gegen die im europäischen Recht festgelegten Auskunftsrechte der Verbraucher. Unsere Recherche belegt aber auch, dass Schadstoffe in Alltagsprodukten immer noch weit verbreitet sind. Die Händler müssen solche Artikel unverzüglich durch schadstofffreie Produkte ersetzen.“

In 14 der getesteten Artikel fand das Labor Weichmacher (Phthalate) und in zweien bromierte Flammschutzmittel. Die gefundenen Weichmacher gelten als schädlich für die Fortpflanzungsfähigkeit. Die giftigen Flammschutzmittel bzw. deren Abbauprodukte reichern sich im Organismus und der Umwelt an. Fünf Produkte, darunter ein Massageschwamm von dm und eine Federmappe für Schulkinder der Handelskette Jako-o, enthielten gleich mehrere Schadstoffe. Am höchsten belastet waren Regen- stiefel, die beim Versandhaus Schwab gekauft worden waren. Diese bestanden zu mehr als 36 Prozent aus dem Weichmacher DEHP (Diethylhexylphthalat).

Martin Führ, Professor für Öffentliches Recht an der Hochschule Darmstadt und Mitglied des Verwaltungsrats der Europäischen Chemikalienagentur ECHA: „Das europäische Chemikalienrecht garantiert Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Auskunftsrecht, damit sie die Chance haben, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Verbraucher sollten diese Möglichkeit nutzen, um dem Handel zu signalisieren, dass sie keine Produkte mit problematischen Stoffen kaufen wollen. Dadurch steigt der Druck auf Hersteller und Händler, belastete Ware auszulisten.“

Weiterführende Informationen:

Literatur:

BUND, BUND-Recherche: Deutsche Handelsketten verstoßen gegen Auskunftsrecht und informieren Kunden unzureichend über Schadstoffe in ihren Produkten, Berlin, 13. September 2010

Weitere CSN Artikel zu Chemikalien in Alltagsprodukten:

Umweltchemiker diskutierten Alternativen zu Tierversuchen und umweltschädlichen Chemikalien

Größte deutschsprachige Konferenz der Umweltchemiker und Ökotoxikologen fand in Dessau-Roßlau statt

Wird ein Arznei- oder Waschmittel in der Kläranlage vollständig abgebaut? Welche Umweltrisiken und Umweltrisiken birgt der Einsatz von Bioziden und Pflanzen- schutzmitteln? Wie können Chemikalien möglichst umweltfreundlich entwickelt, produziert und verwendet werden? Obwohl wir alle tagtäglich chemische Stoffe zu unterschiedlichsten Zwecken nutzen, stellen sich solche Fragen die meisten Menschen eher selten. Tagesgeschäft sind solche Themen für die etwa 350 Umwelt-Wissenschaftler, die sich vom 06.-09. September im Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau zur Tagung „Umwelt 2010 – Von der Erkenntnis zur Entscheidung“ trafen. Die Veranstaltung ist die größte Konferenz der Umweltchemiker und Ökotoxikologen im deutschen Sprachraum.

Präsentiert und diskutiert wurden im UBA die neuesten Forschungsergebnisse zu Fragen des Verhaltens und den Auswirkungen von Chemikalien in der Umwelt. Die beiden größten wissenschaftlichen Fachgesellschaften zu Umweltchemie und Ökotoxikologie (GDCh und SETAC) traten gemeinsam als Veranstalter auf. Das UBA war erstmalig Gastgeber für die überwiegend aus Deutschland, Schweiz und Österreich angereisten Wissenschaftler. Das dicht gepackte Programm widmete sich mit über 200 Vortrags- und Poster-Präsentationen in 18 Themenblöcken den aktuellsten Entwicklungen in der Forschung. Neben klassischen Themen wie Umweltanalytik und -monitoring oder biologischen Testverfahren standen auch jüngere methodische Entwicklungen wie der Einsatz biochemischer Verfahren („Omics“), Alternativen zu Tierversuchen oder neue Ansätze zur Modellierung des Stoffverhaltens in der Umwelt im Fokus. Hinzu kamen wissenschaftlich und chemikalienpolitisch tagesaktuelle Fragestellungen wie die noch vielfach ungeklärten Umweltrisiken von Nanomaterialien, Prinzipien für eine „grüne Chemie“ sowie Ansätze zur Risikobewertung von Stoffgemischen in der Umwelt. Wie im Untertitel der Tagung „Von der Erkenntnis zur Entscheidung“ angedeutet, sollte dabei besonders erörtert werden, welche Konsequenzen aus den Forschungsergebnissen für den besseren Schutz der Umwelt zu ziehen sind. Dieses Tagungsmotto passt zum gastgebenden UBA, das als Deutschlands wichtigste Fachbehörde vielfältige Aufgaben in der Erfüllung der deutschen und europäischen Stoff- und Umweltgesetzgebung wahrnimmt. Diesem Motto widmeten sich auch drei Redner aus akademischer Forschung (PD Dr. Martin Scheringer, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich), Industrie (Dr. Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, Frankfurt/M.) und Politik (Dr. Sabine Gärtner, Referats- leiterin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn). In Plenarvorträgen stellten sie ihre jeweilige Sichtweise zum Stand von Umwelt- forschung und Chemikaliensicherheit dar. Die Auswahl der Plenarredner spiegelte das Selbstverständnis der beiden Fachgesellschaften wider, die sich vorrangig als Kommunikationsforen für Fachleute dieser drei Bereiche verstehen. Dabei soll auch der wissenschaftliche Nachwuchs besonders gefördert werden, was unter anderem durch die Verleihung von Preisen für die besten Abschlussarbeiten und Publikationen des letzten Jahres sowie mit einer Prämierung der besten Vorträge und Poster im Rahmen der Tagung geschah.

Literatur:

UBA, Umweltchemiker diskutieren Alternativen zu Tierversuchen und umweltschäd- lichen Chemikalien, Dessau-Roßlau, 06.09.2010.

Photo: UBA, Volkard Möcker