Kanada: Parfüm- und Duftstoff-Verbot dient der Sicherheit am Arbeitsplatz

Duftstoffe gelten als Luftverschmutzer Nr.2 direkt nach Passivrauch

Im kanadischen Bundesstaat British Columbia gibt es seit Februar 2010 eine Leitlinie für Arbeitssicherheit, betreffend Duftstoffe am Arbeitsplatz. Herausgegeben wurde diese Anweisung von WorkSafeBC (ähnlich unseren Berufsgenossenschaften), um die Gesundheit und Sicherheit von Angestellten an Arbeitsplätzen sicherzustellen. Die Zielsetzung besteht darin, Exposition gegenüber parfümierten Produkten zu verhindern, da diese umweltbedingte Chemikalien-Sensitivität (MCS) hervorrufen können. Die Leitlinie wurde jetzt auch an Schulen und Theatern eines Distrikts bereits umgesetzt. Alle Angestellten und Besucher von Gebäuden, die WorkSafeBC unterstehen, werden dazu angehalten, davon Abstand zu nehmen, parfümierte Produkte zu verwenden. (1,2)

Gestaltung von Arbeitsplätzen

Deutschland: Deo-Pflicht – Kanada: Duftstoff-Verzicht

Als in Deutschland im Sommer 2010 die Meldung durch alle großen Zeitungen ging, dass die Vorstandsvorsitzende des Verbandes für mittelständische Unternehmen darauf drängt, eine Deo-Pflicht in Betrieben einzuführen, waren verantwortungs-bewusste Mediziner, Allergiker und Umweltkranke gleichermaßen schockiert. (3) In im kanadischen Bundesstaat British Columbia und Alberta geht man genau den entgegengesetzten Weg, weil man sich der Gesundheitsgefahren durch Chemikalien und Allergene in parfümierten Produkten bewusst ist.

In einer Leitlinie, die von WorkSafeBC erstellt wurde, möchte man folgende Ziele erreichen:

  • Eliminierung der Verwendung von Parfüms, Cologne/Aftershave, Lufterfrischern mit Duft, Duftkerzen und Potpourri am Arbeitsplatz;
  • Eliminierung der Verwendung stark duftender Körperhygieneartikel wie Haarpflegeprodukte, Bodylotions, Cremes und Deodorants;
  • Reduzierung von stark duftenden Blumen am Arbeitsplatz wie Lilien, Hyazinthen, etc.

Allgemeine Informationen

WorkSafeBC begründet diese Maßnahmen mit einer grundsätzlichen Information, in der steht, dass Exposition gegenüber duftenden Produkten die Gesundheit einer Person nachhaltig beeinträchtigen kann. In hinreichenden Konzentrationen lösen Duftstoffe Reaktionen bei denjenigen aus, die unter Allergien oder Chemikalien-Sensitivität leiden, erläutert WorkSafeBC in seiner Leitlinie und führt Symptome auf, die allergische, asthmatische und anderweitig sensibilisierte Personen u.a. erfahren können, wenn sie Duftstoffen ausgesetzt sind:

  • Kopfschmerzen, Migräne
  • Schwindel, Benommenheit
  • Schwäche
  • Verwirrung
  • Taubheitsgefühle
  • Symptome der oberen Atemwege
  • Hautirritationen
  • Übelkeit, Erschöpfung
  • Unwohlsein
  • Angstgefühle
  • Konzentrationsstörungen
  • Verstopfte Nebenhöhlen
  • Appetitverlust

Diese Symptome können auftreten, sind aber nicht beschränkt auf die Aufzählung in dieser Liste, vielmehr können sie individuell variieren. Auch die Schwere der Symptome ist unterschiedlich. Einige Menschen verspüren bei der gleichen Konzentration eines Duftstoffes leichte Beschwerden, während sie andere völlig arbeitsunfähig hinterlässt.

Duftstoffkategorien

WorkSafeBC erklärt in seiner Leitlinie, dass Duftstoffe in verschiedene Kategorien eingeteilt sind.

Produkte des persönlichen Bedarfs

Bereich Hygiene, darunter versteht man u.a. folgende Produkte, wobei wegen der Flut von parfümierten Produkten nicht alle aufgeführt werden können: Kosmetika, Parfüms, Colognes, Aftershave und parfümierte Rasiercremes, Deodorant, Shampoo, Haarspülungen, Haarspray, Lotionen und Cremes.

Bereich Nicht-Hygiene, darunter versteht man Produkte wie bspw. Duftkerzen, Potpourri und beduftete Dekorationsgegenstände.

Produkte sonstigen Bedarfs

Alltagsprodukte mit einem ausgeprägten Duft oder Parfüm, wie u.a. beduftete Haushaltsreiniger, Lufterfrischer, Raumsprays, Baumaterialien (Farben) und einige Arten von Blumen.

Verantwortung von Vorgesetzten

Unternehmensleitungen und Vorgesetzte tragen die Verantwortung für Angestellte und die Umsetzung, als auch für das Durchsetzen der Einhaltung eines duftfreien Arbeitsplatzes.

WorkSafeBC teilt in seiner Leitlinie die einzelnen Verantwortungsbereiche auf. Manager und Vorgesetzte haben demnach die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass stetig Bewusstsein geschaffen und aufgeklärt wird, als auch, dass Personal-schulungen stattfinden in Bezug auf einen duftfreien Arbeitsplatz.

WorkSafeBC verlangt, dass sichergestellt wird, dass Mitarbeiter in folgenden Bereichen geschult werden:

  • WorkSafeBC Leitlinie HEA1-9 Sicherheit hinsichtlich Duftstoffen am Arbeitsplatz
  • Kenntnis über die Arten von bedufteten Produkten des persönlichen/nicht persönlichen Bedarfs
  • Wie man Zuwiderhandlung und unsichere Bedingungen meldet
  • Wie man Erste Hilfe erhält
  • Sicherstellung, dass Angestellte duftfreie Produkte verwenden
  • Sicherstellung, dass Materialien und andere Ressourcen, die benötigt werden, um eine duftfreie Arbeitsumgebung aufrecht zu erhalten, jederzeit griffbereit sind (das heißt: angebrachte Hinweisschilder, Aufklärungsmaterial, Präsentationen, etc.) Hierzu kann eine spezielle Dienststelle für Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden angefragt werden.
  • Durchführung eines Referats zur Sicherheitsproblematik hinsichtlich Duftstoffen, mindestens alle zwei Jahre, das in die monatliche Sicherheitsschulung einbezogen wird.
  • Information der Besucher über die Leitlinie, bevor sie irgendeine WorkSafeBC Einrichtung aufsuchen.

Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden

  • Erstellung und Beibehaltung einer effektiven Richtlinie für einen Arbeitsplatz, der frei von Duftstoffen ist.
  • Erstellung aller erforderlichen Aufklärungsmaterialien, Hinweisschildern und/oder fördernden Materialien
  • Unterstützung bei der Schulung von Mitarbeitern über die Auswirkungen von duftstoffhaltigen Produkten und was geeignete Alternativen sind.

Hilfen, Infrastruktur für einen duftfreien Arbeitsplatz

Zur Aufrechterhaltung eines duftfreien Arbeitsplatzes verlangt WorkSafeBC:

  • Sicherstellung, dass jedes Produkt, das für Renovierungs- oder Wartungsarbeiten, als auch zum Reinigen benötigt wird, duftfrei ist, soweit dies möglich ist.
  • Über die Leitlinie sind Handwerker und Baufirmen vor dem Besuch jeder WorkSafeBC Einrichtung zu informieren.
  • Benachrichtigung von geeignetem Personal, wenn Arbeiten durchgeführt werden, die beduftete Produkte zum Einsatz bringen, oder solche Produkte, die einen Geruch haben, der die Gesundheit eines Angestellten beeinträchtigen kann. Angemessene Warnung sollten Angestellten im Vorfeld übermittelt werden, um sicherzustellen, dass Vorkehrungen getroffen werden, falls dies erforderlich ist.

Gemeinsame Ausschüsse für Sicherheit und Gesundheit

  • Unterstützung von Mitarbeiterschulungen über die Verwendung und Auswirkungen von parfümierten Produkten.
  • Betreuung von Vorgesetzten zur Aufrechterhaltung eines duftfreien Arbeitsplatzes.

Forderungen an Angestellte

  • Unterlassung des Mitbringens von parfümierten, duftenden Produkten für den persönlichen und/oder nicht persönlichen Bedarf auf WorkSafeBC Arbeitsplätzen.
  • Teilnahme an Aufklärungen, Schulungen und Training über Duftstoffe.
  • Befolgung der HEA 1-9 Leitlinie Sicherheit hinsichtlich Duftstoffen am Arbeitsplatz und den eingeführten Richtlinien.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 21. Juli 2010

Literatur:

  1. WorkSafeBC, Scent Safety in the Workplace – HEA 1-9, Feb. 04, 2010
  2. Terrace Standard, Schools, Theathre now scent-free, 15.07.2010
  3. Silvia K. Müller, Folgen einer Deo-Pflicht für Angestellte, CSN Blog, 13.07.2010

Weitere Informationen über Gesundheitsgefahren durch Parfüms und Duftstoffe:

Kostenlose Informationskarten über Duftstoffe und deren Gefahren und  Infomaterial erhalten Sie bei CSN – Chemical Sensitivity Network.


7 Kommentare zu “Kanada: Parfüm- und Duftstoff-Verbot dient der Sicherheit am Arbeitsplatz”

  1. Schlumpf 22. Juli 2010 um 07:09

    Diese Regelung wäre auch für Deutschland vorbildlich.

  2. Maria 22. Juli 2010 um 08:36

    Durch derartige verantwortungsvolle Maßnahmen könnte ein Großteil der MCS-Kranken auch in Deutschland im Berufsleben integriert bleiben und würde nicht unfreiwillig ausgegliedert bzw. zu EU-Rentenempfängern.

    Aber leider geht man bei hierzulande lieber industriefreundliche Wege und fördert „innovative“ beduftete neue Produkte oder lässt großzügig Air-Design zu – sogar in Arztpraxen und Krankenhäusern, obwohl Duftstoffe als hochallergen eingestuft sind.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2009/07/30/stellungnahme-des-uba-zu-duftstoffe-in-farben-und-wandabwicklungen/

  3. Juliane 22. Juli 2010 um 08:59

    Ach ja, Kanada.

    Und induLa werden sogar Schulen beduftet zwecks Verhaltensmodifikation
    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/05/30/dufte-schule/

    Leider gibt es in unserem Land kaum Untersuchungen zu Innenraumschadstoffen aus Kosmetika.

    Die Fachhochschule Wiesbaden stieß bei einer Untersuchung von Schadstoffen im Klassenräumen allerdings auf ein erstaunliches Ergebnis:

    “Die Luft in Klassenräumen ist voller Allergene. Das erstaunliche Ergebnis einer Studie der Fachhochschule (FH) Wiesbaden belegt: Die meisten Allergie-Auslöser bringen die Jungen und Mädchen selbst mit in die Schule. Und zwar in Form von Haarspray, Deo, Lippenstift, Haargel und Co.

    “Wir haben schon in Grundschulen zahlreiche Substanzen gefunden, die aus Kosmetika stammen”, sagt Günter Stein, Professor für Umwelttechnik an der FH. Stein und seine 17 Studenten und Studentinnen waren von diesem Ergebnis selbst überrascht. Ursprünglich hatte das Forschungsteam nur nach Benzol und ähnlichen Schadstoffen gefahndet, wie sie im Straßenverkehr entstehen. “Die Werte aus diesen Messungen lagen deutlich unter den Grenzwerten, und wir hätten aufgehört zu forschen, wenn wir nicht schon interessante Spuren anderer Stoffe entdeckt hätten”, sagt Stein.

    Was sie in der exemplarischen Untersuchung fanden, waren massenhaft Duftstoffe wie Menthol, Carvon oder Lilial, die in Kosmetika, Körperpflegemitteln und Waschzusätzen enthalten sind. Zwei Drittel aller in der Luft auffindbaren Allergene, so das Ergebnis, stammten aus diesen Quellen. Der Rest hatte seinen Ursprung vor allem in Putzmitteln, mit denen Böden, Bänke und Tische gewischt werden. Weniger als zehn Prozent kamen aus dem Straßenverkehr.

    Die Studie der Fachhochschule Wiesbaden über die Belastung von Schulräumen mit Allergenen heißt Susi (Schulraumuntersuchung auf Schadstoff-Immission).

    Gesammelt wurden rund 20.000 Einzelwerte; dabei wurden 113 Substanzen erfasst und in ihrer Konzentration gemessen. Quelle der Allergene sind vor allem Kosmetika und Putzmittel.

    Die Stadt Rüsselsheim hat die Studie für ihre 17 Schulen in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sind beispielhaft auch für andere Schulen.

    Gesetzlich festgelegte Grenzwerte für Allergene gibt es nicht.Die Stoffe seien nicht unmittelbar gesundheitsgefährdend, so Stein, in ihrer Konzentration allerdings bedenklich. Gerade mit Blick auf das noch nicht ausgereifte Immunsystem jüngerer Schülerinnen und Schüler könne man nicht ausschließen, dass durch die Raumluft tatsächlich Allergien ausgelöst würden.

    Stein empfiehlt daher, auf Kosmetika und parfümierte Pflegemittel bei Kindern weitgehend zu verzichten..”

    http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/?em_cnt=1371054&sid=a0600adb6e037cac796d28325dd7a544

    Die Raumluftbelastung in Büros, Geschäftsräumen wird wohl ähnlich belastet sein.
    Das UBA /BfR wäre gefragt.

  4. Energiefox 22. Juli 2010 um 13:07

    Danke für den wunderbaren Bericht.

    Die Krankenkassenbeiträge steigen jährlich, hier könnte viel gespart, werden durch einfache Prävention.

    Maria,

    Du hast vollkommen recht mit Deinem Kommentar.

    Hier in Deutschland wird falsche Rücksicht auf Industrie und Landwirtschaft genommen. Menschenschutz, bzw Umweltschutz, ist nach meiner Meinung dann immer erst 2. rangig.

    2 Beispiele
    http://tinyurl.com/3yxw3te

    1. ein Foto heute aufgenommen, eine Dieselwasserpumpe im Ackerboden eingebuddelt, kein Russpartikelfilter hat diese Maschine.

    Man muss schon etwas genau hinsehen, dann sieht man die Rußwolke und die Verdreckung mit Ruß am Ackerboden, neben der Dieselwasserpumpe.

    Wie lange soll das Spielchen noch weitergehen? Der Herr Tritin, als er Umweltminister in Niedersachsen war, hat gefordert, Filter für alle Dieselmaschinen. Ettliche Jahre verstrichen, nichts oder nur wenig ist passiert.

    2. Gestern ein Sendung gestern in (Frontal 21) über Versicherungen in Deutschland, die machen Sachen, die in Amerika verboten sind. Es sind Versicherungen, die international vertreten sind, die Großen der Branche. Amerika verbietet bestimmte miese Sachen diesen Firmen. Hier die gleiche Firma, in Amerika wird es eingehalten, hier weil erlaubt, machen die bestimmte fiese Spielchen mit den Versicherten.

    Nur ein Hinweis, falsche Rücksichtsnahme auf Firmem (Landwirtschaft) wird leider oft skrupellos ausgenutzt.

    Gruß Fox

  5. Terminator 22. Juli 2010 um 16:41

    Verbraucherschutz – Umweltschutz – Arbeitsschutz

    ist in Deutschland in Bezug auf Parfüm und Duftstoffe

    M A N G E L H A F T ! ! !

    Die Zeche bezahlen wir alle. Unser Gesundheitssystem ist ja bereits am kollabieren – viele Umweltkranke ebenso, wenn sie die Chemikalienflut der Duftstoffindustrie am eigenen Leib zu spüren bekommt.

    Der Staat ist in der Verantwortung hier dringend Abhilfe zu schaffen, andere Länder sind hierbei Vorbild und zeigen an, dass vieles machbar ist, wenn man dafür bereit ist.

  6. Galaxie 23. Juli 2010 um 13:52

    prima der Bericht.

    Aber hier in Deutschland ist kaum ein Vorankommen. -Besonders im eigenen Wohnumfeld als Eigentümer lebt man wegen Miteigentümer und als Mieter wegen den Vermieter und dessen Firmen und Nachbarn ständig in Lebensgefahr, wie viele andere hier und ich auch. Man muß versuchen immer wieder bei Politikern und anderswo zu rütteln, damit die aufwachen, denn auch die sind betroffen.

    LG
    Galaxie!

  7. HeJü 27. Juli 2010 um 11:59

    Arm!: Deutschland – Lobbyisteneldorado
    Die Auswirkungen der „Beduftungen“ (schleichendes Gift) sind hier allgegenwärtig. Ein bekannter Arzt hat diese mit allgemeiner Verblödung beschrieben, diese scheint nunmehr allgegenwärtig. Wir können kaum erwarten, dass Erkenntnisse wie die der Gefahren der Duftstoffemission hierzulande erkannt werden, geschweige denn Konsequenzen gezogen werden.
    Die sogenannten Duftkomponenten sind Waffen, die unsereins ständig bedrohen und uns zusetzen. Wann erkennt man endlich, dass solche Kampfmittel verboten gehören, diese gesamte chemische Aromaindustrie gehört an den Pranger.
    Leider geht die allgemeine Verblödungskampagne in den Medien weiter, die Bevölkerung bekommt vorverdauten Unsinn, der ständig wiederholt, geschickt psychologisch medial aufgearbeitet, täglich „frei“ Haus serviert. Nur noch …, Prommimist und ähnliches, Wahrheiten werden bewusst verschwiegen oder so manipuliert, dass sie nicht mehr wiederzuerkennen sind (siehe aktuelle Nachrichten).
    Deutschland dein Märchen „Dornröschen“ lebt, nur das Erwachen wird diesmal grausam.

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