Die Hinweise werden immer eindeutiger, dass BP toxische Dispergiermittel versprüht
Belege für das Gift im Golf
Shirley und Don Tillman, Bewohner von Pass Christian, Mississippi, hatten Shrimpboote, ein Austernboot und einige Ausflugsboote. Sie verbrachten viel Zeit auf dem Golf von Mexiko, bevor sie für das Vessels Of Opportunity Programm (VOO/Arbeitsprogramm für Fischer) arbeiteten, um nach Öl Ausschau zu halten und zu versuchen, es zu beseit- igen.
Don entschied sich beim VOO-Programm mitzuarbeiten, um seinem Bruder beizu- springen, der aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage war. So arbeitete Don auf dem Boot und Shirley beschloss, ihm die meisten Tage an Bord zu helfen.
„Wir lieben den Golf, wir leben hier und als diese Ölkatastrophe geschah, wollten wir alles, wozu wir in der Lage sind, tun, um zu helfen, ihn wieder zu sauber zu bekommen“, erklärte Shirley dem online Magazin Truthout [die Wahrheit (truth) muss raus].
Nicht lange, nachdem sie im Juni anfingen, im Rahmen der BP-Bemühungen zur Schadensbegrenzung zu arbeiten, wurden sie jedoch von dem, was sie sahen, beunruhigt. „Es dauerte nicht lange, bis wir verstanden, dass bei der ganzen Sache etwas sehr, sehr verkehrt lief“, sagte Shirley zu Truthout. „Aus diesem Grunde fing ich damals an, über das, was wir erlebten, Tagebuch zu führen und eine Menge Fotos aufzunehmen. Wir konnten unser Wissen, was man unserem Golf antut, nicht verschweigen.“
Shirley hielt fest, was sie sahen und fertigte hunderte von Fotos an. Die Tillmans bestätigen beide mit dem was sie schrieben und fotografierten, was Truthout zuvor berichtet hatte: BP hat ausländische Vertragspartner angeheuert, um mit nicht registrierten Booten, meist vom Typ Carolina Skiff, Corexit Dispergiermittel auf das von VOO-Arbeitern lokalisierte Öl zu sprühen.
Shirley lieferte Truthout Auszüge des Tagebuches, das sie über die mit ihrem Mann gemeinsam auf See gemachten Erfahrungen führte, als sie für das VOO-Programm arbeiteten, bevor sie wie die meisten anderen VOO-Arbeiter in Mississippi entlassen wurden, weil der Staat Mississippi zusammen mit der US-Küstenwache bekannt gab, in ihrem Gebiet wäre kein rückgewinnbares Öl mehr vorhanden.
„Am ersten Tag, als ich mit war, bemerkte ich eine Menge Schaum auf dem Wasser“, heißt es in ihrem Eintrag vom 26. Juni. „Mein Mann sagte, er habe schon sehr viel davon gesehen. Zu dieser Zeit hielten wir gerade nach ‚Öl‘ Ausschau. Wir sollten in Gruppen von normalerweise fünf Booten hinaus fahren. Die Küstenwache beaufsichtigte die VOO-Operationen. Es war immer jemand von der Küstenwache auf mindestens einem der Boote. Dessen Job war es, uns sagen, wann wir aus dem Hafen wohin und wie schnell fahren sollen. Alle VOO-Boote hatten sie mit Flaggen, sowie mit einem Transponder versehen. Manchmal hatten wir zusätzlich einen oder mehrere Angehörige der Nationalgarde in unserer Gruppe, wie auch gelegentlich einen Mann für Sicherheit, welcher die Luftqualität und die Vorgänge auf dem Boot überwachen sollte. Wenn wir etwas fanden, musste es der Mann von der Küstenwache beim ‚Seepferd‘ melden und die entschieden, was unternommen werden sollte.“
Ihr Tagebuch liefert neben der unmittelbaren Beschreibung, nach welcher die Küstenwache also immer über die Entdeckungen der VOO-Arbeiter Bescheid wusste, zuweilen herzzerreißende Schilderungen, was mit dem maritimen Leben und den anderen Wildtieren am Golf von Mexiko geschieht.
„Bevor wir zur Arbeit gingen, lief ich den Strand entlang“, heißt es in ihrem Eintrag von 4. Juli. „Überall lagen tote Quallen. Einige waren von Schaum umgeben. Eine Möwe hielt sich nahe beim Wasser auf, während das schaumige Zeug weiter an Land spülte. Es gab auch einen Kranich, der wahrscheinlich krank war. An ihm war kein Öl zu erkennen, aber er blieb einfach stehen, egal wie nah ich ihm kam.“
Am Morgen des 5. August beschreibt Shirley, wie sie einen jungen toten Delphin im Wasser treiben sieht. „Als wir auf das VOO-Boot der Wildtierhilfe warteten, das ihn abholen sollte, bemerkten wir in unmittelbarer Nähe eine Delphinschule“, schreibt sie. „Trotz all der Boote, die da waren, entfernten sie sich erst, als das tote Tier aus dem Wasser genommen wurde. Das ging uns allen sehr nahe.“
Am nächsten Tag, am 6. August, muss sie noch mehr Tierverluste aufschreiben. „Gestern Abend berichteten sie in den Nachrichten von einem Fischsterben. Vor der Arbeit ging ich an den Strand beim Hafen. Überall waren Möwen. Wegen dem toten Seegetier. Das einzige, was es am Strand gab, war das, was das zurückfließende Wasser der Tide übrig gelassen hatte. Der Rest des ‚Fischsterbens‘ lag unter Wasser auf dem Grund. Das waren hauptsächlich Flunder und Krabben. Wir sahen an diesem Tag nur zwei tote Flundern, die im Wasser trieben. Ich kann mir nur ungefähr vorstellen, wie viele auf dem Grund lagen… Nach der Arbeit ging ich wieder an den Strand. Das Wasser war weit draußen und die Möwen fraßen die ganzen toten Fische, die zum Vorschein kamen. Man konnte immer noch tote Fische unter dem Wasser sehen, die lagen immer noch auf dem Grund. Treiben tote Fische nicht mehr im Wasser?“
Die Hauptsorge der Tillmans ist der ungebremste Einsatz von giftigen Dispergiermitteln durch, wie sie es nennen, private Vertragspartner, die in nicht registrierten Booten arbeiten [d.h. kein Halter/Verantwortlicher ist feststellbar] und regelmäßig auf den Golf hinaus fahren, wenn sie und andere VOO-Teams von ihrer Tagesarbeit zurück kommen. Häufig schwamm derart viel Dispergiermittel auf dem Wasser, dass ihr Boot eine Spur hinterließ.
„Das erste, was mir auffiel, war die ‚Spur‘, die das Boot im Wasser hinterließ“, heißt es in ihrem Eintrag von 10. Juli. „Man konnte soweit das Auge reicht genau sehen, wo wir gefahren sind. Um 11 Uhr herum waren wir von Ölschlieren und bräunlichen Klumpen umgeben. Wir befanden uns nördlich von Cat- und Ship Island, als uns die Küstenwache anwies, die Ölsperren ins Wasser zu lassen. Wenn man die Dinger wieder rausholt, muss man ‚Schutzausrüstung‘ tragen.“
Ihr Eintrag vom 1. August beschreibt detailliert einen Vorfall, als der Küstenwachmann ihnen nicht gestattete, Öl einzusammeln und seine Vorgehensweise, sogar zu leugnen, dass das, was sie fanden, Öl ist:
„Ab 14 Uhr beobachteten wir immer mehr Ölschlieren. Wir befanden uns nördlich der Ostseite von Cat Island, aber südlich des Inter Coastal Channels. Wie üblich war jemand von der Küstenwache auf einem der Boote unseres Teams. Er meldet sich [per Funk] und redete davon, wir wurden aber nicht angewiesen, die Ölsperren auszulegen, es wäre nur ‚Fischöl‘. Zu Anfang der Ölbeseitigungsarbeiten war alles, wenn es auf dem Wasser schwamm und wie Öl aussah, Öl oder Ölfilm. Später konnten sie manchmal ebenso gut sagen, es wäre einfach nur ‚Fischöl‘. Genauso war es, wenn es sich um dicken braunen oder rostfarbenen Schaum handelte, ursprünglich hieß das ‚Ölmousse‘. Später nannten sie es ‚Algen‘. Dann wurden wir angewiesen Nordwestkurs zu nehmen. Je weiter wir kamen, desto schlimmer wurde das ‚Fischöl‘. Später war der Schaum mit Öl vermischt. Allein um unser Boot herum hatte es mindestens die Ausmaße eines Fußballfeldes. Mein Mann nahm Funkkontakt auf und fragte, ob sie die Ölsperren auslegen können.“ Wieder sagte der Küstenwachmann nein. „Danach sollten wir nach Westen drehen, zurück nach Pass Christian. Ein Ausflugsdampfer hielt eines der Boote unserer Gruppe an und berichtete, dass es überall Öl gab. Die Küstenwache gab die Anweisung, denen zu sagen, dass ihnen die Situation bekannt wäre… Auf dem Rückweg nach Pass Harbor fragte ich meinen Mann, ‚Was machen wir eigentlich genau hier draußen?‘ Er sagte mir, er beginne zu denken, alles wäre nur eine Show. Ich kann mir nur ausmalen, was die Leute auf dem Ausflugsdampfer zu erzählen hatten, als sie an diesen Tag wieder nach Hause kamen. Wahrscheinlich, dass sie eine Menge Öl auf dem Wasser gesehen haben und dass die VOO-Boote dort draußen einfach nur darin herum kurven und überhaupt nichts unternehmen, um es zu beseitigen. Dies ist genau das, was geschah. Danach beschlossen wir anzufangen, so viel zu dokumentieren, wie wir können. Ich glaube, es war schon am nächsten Tag, als Thad Allen [Chef der Küstenwache] im Fernsehen erklärte, sie würden die Maßnahmen aufgrund der Tatsache zurück fahren, dass ’seit ungefähr zwei Wochen kein Öl im Golf gesichtet wurde‘. Hätten wir also am Sonntag Ölsperren herum gezogen und in Pass Harbor einen Stapel verschmutzte ausgeladen, wäre dies später vielleicht ein Problem für ihn.“
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Am 5. August beschreibt sie den seltenen Fall, dass es ihnen gestattet wurde, Ölsperren zum Einsammeln von Öl auszulegen. „Wir hatten jemand von der Küstenwache und zwei Sicherheitsleute auf unserem Boot. Wir fuhren westlich von Pass Harbor. Das Wasser sah stellenweise schwarz aus. Viele Blasen, kein Schaum, nur Blasen. Um 8 Uhr 30 herum waren wir von Schlieren und Mousse umgeben und sollten eine Ölsperre auslegen. Je mehr wir die Ölsperre zogen, desto mehr Öl schwamm auf. Der Pass [Christian] Hafen war geschlossen, da sehr viel Öl herein schwemmte. Für den Rest des Nachmittages zogen wird die Ölsperre hin und her.
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Bis Anfang August sank die Gesamtzahl der VOO-Boote, die vom Hafen Pass Christian aus im Einsatz waren, wo Shirley und Don arbeiteten, bis auf 26.
Am 8. August schrieb Shirley, „im Hafen erzählte man, dass draußen bei den Inseln Flugzeuge nachts Dispergiermittel auf das Wasser sprühen. Man sprach auch von Skiff-Booten aus Louisiana, mit weißen Tanks an Bord, die ebenfalls [Dispergiermittel] sprühten. Die Skiffs haben wir früher gesehen. Gewöhnlich passten sie uns morgens ab und hielten Kurs auf die Bay St. Louis Brücke. Man sagte uns, sie würden draußen in einem Gebiet am Henderson Point arbeiten. Am Henderson Point gibt es ein county-eigenes Gelände [etwa: einem Landkreis gehörend] mit einer Bootsanlegestelle und mit Landungsstegen. Nach der Ölkatastrophe war es für die Öffentlichkeit gesperrt und es wurde ein Stützpunkt für BP-Subunternehmer eingerichtet. Es sah immer so aus, als ob diese Boote ihre Arbeitsschicht genau dann beenden würden, wenn wir mit unserer beginnen. Die meisten dieser Skiffs waren Carolina Skiffs“.
Später, am gleichen Morgen, fuhren Shirley und ihr Mann mit einem Angehörigen der Nationalgarde an Bord nach Westen aus dem Hafen, während sich ein Angehöriger der Küstenwache und ein weiteres Mitglied der Nationalgarde auf einem anderen Boot ihres VOO-Teams befanden. Nach einer Stunde Bootsfahrt wechselten sie genau dann wieder Richtung Osten, als Don fünf Carolina Skiffs ausmachte.
„Ich hatte meine Kamera dabei und fing an sie zu fotografieren“, schreibt Shirley. „Als ich so nah, wie es möglich war, heranzoomte, sah ich, dass sie etwas auf das Wasser sprühten. Davon habe ich kein Foto. Ich war zu sehr damit beschäftigt, dies meinem Mann und dem Typen von der Küstenwache auf dem anderen Boot zu erzählen. Die Skiffs hatten nach Norden gedreht und sich verteilt und führen südlich der Eisenbahnbrücke im Zickzack. Die Küstenwache meldete den Vorfall und schickte eines unserer Boote los, den Skiffs zu folgen. Die Skiffs verschwanden sofort. Als ich die Boote sprühen sah, wehte der Wind zu unserem Boot. Innerhalb weniger Minuten, bekam ich eine trockene Nase. Später passierte das gleiche mit meinen Hals und mit meinen Augen. Ein Helikopter der Küstenwache stand zusammen mit einem Küstenwachboot in Bereitschaft. Den Helikopter sahen wir etwa 20 Minuten später, doch das Boot der Küstenwache habe ich nie gesehen.“
Nach der Rückkehr in den Hafen von Pass Christian berichtete ihr Team von den Aktivitäten der Skiffs, Dispergiermittel zu versprühen. Sie wurde von Parson’s, der Vertragsgesellschaft die ihr Team leitete, gebeten, ihre Fotos vorzulegen.
Ihr Eintrag vom nächsten Tag, dem 9. August lautet:
„Ich nahm die Bilder (8×10’/20×25 cm) mit zu Parson’s. Kurz darauf rief mein Mann an und erzählte, die Küstenwache möchte, dass ich ihnen von den Bildern eine CD mache. Ich nahm die CD und übergab sie der Küstenwache. Im Beisein anderer wurde mir gesagt, dass der Vorfall untersucht worden ist und die fraglichen Boote am Henderson Point lokalisiert wurden. Er sagte, dass diese Boote als Skimmerboote [Abschöpfboote] am VOO-Programm teilnehmen, doch dies wurde bisher noch nicht bestätigt. Er berichtete, dass er die Leute gefragt hätte, ob sie etwas auf das Wasser sprühen. Sie erzählten ihm, wenn ich sie irgendwas sprühen sah, dann haben sie wahrscheinlich gerade ihre Tanks ausgespült. Er fragte auch mich, ‚Denken Sie nicht, dass sie einen Atemschutz getragen hätten, wenn sie Dispergentien sprühen?‘ Ich antwortete, ‚Sie würden das annehmen, mich aber überrascht hier überhaupt nichts mehr.‘ Danach sind wir praktisch gegangen. Nun wusste ich, alles, was sie wirklich wollten, war, genau zu sehen, was ich fotografiert hatte. Natürlich fragt sich, ‚wozu ein Abschöpfboot seine Tanks ausspülen muss?‘ Warum sollte es, wenn es Öl aufgenommen hat, dieses wieder zurück schütten? Was hat es ausgespült, wenn es kein Öl aufgesaugt hat? Ich weiß, was ich gesehen habe, und ich weiß, was ich danach spürte. Ich weiß auch, dass man auf einem der Bilder, die ich gemacht habe, einen Helikopter über diesen Booten sehen kann. BP hat Späher, die nach Öl suchen. Kann es sein, dass der Helikopter ihnen gezeigt hat, wo sie nachbessern müssen, bevor sie Feierabend machen können? Eines habe ich von dem Typen der Küstenwache an diesem Tag gelernt, offensichtlich besitzen diese sogenannten Skimmerboote auch die Fähigkeit zu sprühen!“
Die Neugier der Tillmans ließ sie weitere Nachforschungen anstellen. Grund waren die Ungereimtheiten, welche sie im Handeln der Küstenwache erkannten, wenn es um Dispergiermittel ging, die Vertragspartner [von BP] von den Carolina Skiffs versprühten.
„Mein Mann kam nach Hause und erzählte, dass sie die ‚Skiffs‘ heute wieder gesehen hätten“, heißt es in Shirleys Eintrag vom 10. August. „Er machte Fotos von ihnen und von einer Hebevorrichtung. Diese Vorrichtung wechselt in der Meerenge seine Standorte und ist vermutlich eine Dekontamin- ierungsstation. Einige Kapitäne haben jedoch berichtet, dass man ihnen sagte, als sie hinfuhren, sie wäre gerade nicht in Betrieb. Nachdem ich zwei Tage lang über die Skiffs mit den Tanks und die Küstenwache nachgedacht habe, gelang es mir nicht, das Ganze irgendwie zu verstehen. Die Küstenwache leitet angeblich das VOO-Programm, weiß aber nichts über die Skiffs an dem so nahe beim Pass [Christian] Hafen gelegenen Standort. Sie sagen uns nicht nur jeden Handschlag, den wir machen sollen, sie sind auch dabei, wenn wir sie tun. Unsere Boote sind beflaggt und haben Transponder an Bord. Diese Boote haben keine Flaggen und wir haben weder Transponder noch Angehörige der Küstenwache auf ihnen gesehen, die ihnen sagen, was zu tun ist.“
Diesen Nachmittag fuhren sie zum Henderson Point Stützpunkt. Obwohl er bewacht war, schockierte sie, was sie sahen:
„Dort waren wahrscheinlich mehr Boote als zu dem Zeitpunkt im gesamten Pass [Christian] VOO-Programm waren“, heißt es in ihrem Eintrag. „Es gab nur ein paar wenige richtige Ölabfangboote. Alle waren offenbar in Louisiana registriert. Nahezu alle Skiffs hatten weiße Tanks an Bord. Ein paar wenige der Tanks sahen so aus, als ob irgendwann mal etwas in ihnen gewesen wäre, doch es war etwas anderes als die ölige, klebrige Scheiße, mit der wir zu tun hatten. Wenn unser Boot etwas ab bekam, war es nahezu unmöglich, es wieder weg zu bekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie das wieder aus den Tanks heraus bekommen und dass die Tanks danach noch so aussehen wie sie es tun. Nahe bei den Booten stand auch ein Auto der Dienststelle des County Sheriffs von Harrison und ein paar große Plastikbehälter auf gelben Untersätzen.
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Am 13. August wurde das Boot von Shirley und Don außer Dienst genommen. Das hat sie sehr beunruhigt. Am nächsten Tag besuchten sie immer noch sehr betroffen den BP-Stützpunkt im Hancock County [Grafschaft/Landkreis].
„Sie hatten den Ort geräumt“, schreibt sie. „Trotzdem war wie vorher eine Wache und ein Sheriff-Auto da. Wir fuhren zum Stützpunkt in Gulfport. Anscheinend ist dies ein Hauptlagerplatz von BP. Dort gab es alle möglichen Bootstypen, einschließlich der Skiffs mit den Tanks. Die Dienststelle des Sheriffs war ebenfalls vertreten und auch jene großen Plastiktanks auf dem gelben Paletten.“
Andere, sehr ähnliche Berichte gibt es über andere BP-Stützpunkte am Golf von Mexiko. Die Tanks werden eindeutig zum Transport und zur Lagerung des Corexit Dispergier- mittels verwendet. Die Carolina Skiffs werden eindeutig dazu eingesetzt, es auf das Öl zu sprühen.
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Ihr Eintrag vom 16. August führt ihre Entdeckung weiter aus:
„Während der nächsten paar Tage begab ich mich weiterhin zum Henderson Point und zum Gulfport Stützpunkt. In Henderson Point waren wieder ein paar Boote, aber keines von den Skiffs mit den Tanks und keiner der großen Plastikbehälter. In Gulfport war alles wie zuvor, mit allem Drum und Dran. Am 25. August bekam ich eine Email mit einem Link zu einem Artikel über Dispergiermittel. Ich hatte ein Foto der Tanks mit der Aufschrift ‚Nalco Corexit EC9005A‘, in denen Dispergiermittel geliefert werden. Sie fassten 330 Gallons (ca. 1.249 Liter), waren groß, aus Kunststoff, weiße Tanks auf einer gelben Palette. Dies waren dieselben Tanks, die ich auf dem Henderson Point und dem Gulfport Stützpunkt gesehen habe. Es gelang mir, den Namen des Herstellers der Tanks heraus zu bekommen, ich verglich [den Schriftzug] auf einem Foto von mir mit dem Foto im Artikel. Es war der gleiche Hersteller. Im Internet suchte ich nach dieser Firma und fand die 330 Gallon Tanks. Sie wurden folgendermaßen beworben: ‚Der einzige Hersteller in der Industrie, welcher transportierbare Tanks anbietet, die von den Vereinten Nationen und vom US-Verkehrsministerium für den Transport gefährlicher Güter zertifiziert sind‘.“
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Shirley und Don wurden wie zehntausende anderer VOO-Arbeiter und Golfbewohner mit mehr Fragen als Antworten zurück gelassen.
„Wenn man bei der Arbeit auf den Booten eine Ölsperre zurück an Bord zieht, muss man nicht nur [Einweg] Tyvek-Schutzanzüge, Schutzbrillen und Schutzhandschuhe tragen, sowie die Ärmel des Anzugs über den Handschuhen als auch die Hosenbeine über den Stiefeln mit Klebeband umwickeln.“ Shirley fragt, „Warum soll es für die Leute sicher sein, in das gleiche Wasser zu steigen, aus dem all dieses gefährliche Zeug heraus kam?“
Was die Küstenwache betrifft, fragt sie:
„Wie kann man von den Skiff-Booten im VOO-Programm nichts wissen, wenn man für das VOO-Programm verantwortlich ist? Die Küstenwache leitete angeblich das VOO-Programm, aber sie taten so, als ob sie von den Carolina Skiffs nichts wussten. Diese Boote waren weder in der Task Force noch in der Strike Force. Jedes VOO-Boot hatte eine Flagge. Wir hatten alle Transponder. Das waren die Vorschriften des VOO-Programmes und der Küstenwache. Doch diese Skiffs hatten keine Flaggen und wir sahen nie Transponder auf ihnen, noch war jemand von der Küstenwache auf ihnen und angeblich hatte jede Gruppe wenigstens einen von der Küstenwache in der Gruppe. Manchmal hatten wir zwei, aber die Skiffs hatten nie welche.“
Die lokalen Medien in Pass Christian und Gulfport, Mississippi berichten nun, dass BP hofft, bis zum 19. September das VOO-Programm beenden zu können.
Shirley ist skeptisch. „Warum soll jeder seine Kinder hierher bringen und sie in das Wasser stecken, in das Millionen Gallonen toxischer Chemikalien geschüttet wurde, mal vom Öl ganz abgesehen?“ Sie fragt, „Warum sollte man Tiere aus dem Meer essen wollen, die in dem Wasser mit all diesen Verschmutzungen gelebt haben und darin umgekommen sind?“
Truthout hat bereits früher über andere Fischer in dem Gebiet berichtet, über James „Catfish“ Miller und Mark Stewart, die erzählten, Augenzeugen gewesen zu sein, als Vertragspartner aus Carolina Skiffs ebenfalls Dispergiermittel versprühten.
Indes behaupten lokale und Regierungsbehörden weiterhin, dass Dispergiermittel nur südlich der dem Mississippi vorgelagerten Inseln angewendet wurden und dass die Carolina Skiffs und die großen Tanks, die sie geladen haben, nur zum „Einsammeln“ von Öl benutzt würden.
„Warum sollten diese 330 Gallonen fassenden Gefahrgutbehälter an zwei verschiedenen Einsatzstellen gleich bei den Tank-Skiffs vorhanden sein, wenn Dispergiermittel nur südlich der Inseln versprüht wurden?“, fragt Shirley. „Warum sollten die Tanks der Skiffs so sauber sein, wenn sie wirklich Öl eingesammelt hätten?“
Die Tillmans und tausende andere Fischer und Bewohner am Golf von Mexiko sind aufgrund der komplizenhaften Verstrickung der lokalen und staatlichen Verwaltung und der Bundesregierung in das, was sie als massive Vertuschung der Ölkatastrophe ansehen, sehr besorgt. Man setzt toxische Dispergiermittel ein, um das ganze Öl, das gefunden wird, zu versenken.
Dr. Riki Ott, eine Toxikologin und Meeresbiologin, ist Überlebende der Exxon Valdez Ölkatastrophe in Alaska von 1989. Neulich schickte sie einen offenen Brief an die US-Umweltschutzbehörde in dem sehr viel von dieser Besorgnis zum Ausdruck kam.
Das fortgesetzte Leugnen dieses Problems durch die Regierung kann Shirley weder täuschen noch aufhalten.
„Ich weiß, was ich gesehen habe“, sagte sie zu Truthout. „Ich weiß, was man mir erzählt hat. Ich weiß, wie es mir erging. Ich weiß, was ich dokumentiert habe. Ich weiß auch, dass ich hunderte von Fotos aufgenommen habe, um zu belegen, was ich erzähle.“
Autor: Dahr Jamail für t r u t h o u t , 13.09.2010
Übersetzung: BrunO für CSN-Deutschland
Dieser Bericht erschien im Original auf t r u t h o u t und steht wie diese Übersetzung unter einer Creative Commons Lizenz: Namensnennung-Nicht-kommerziell 3.0 Vereinigte Staaten von Amerika
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Hallo, ist eine riesen Sauerei mit BP, toller Artikel von Dir, und tolle Arbeit die ihr leistet, Hut ab, Gruß Peter