Monatsarchiv für April 2011

Medizin-News: Was ist Multiple Chemical Sensitivity?

Umweltkrankheit MCS

Wenn man MCS hat und bestimmten chemischen Stoffen ausgesetzt ist, werden postwendend eine Reihe von Symptomen ausgelöst, zu denen Irritationen der Atemwege, Herzrasen, Kopfschmerzen, geistige Verwirrung, Schwindel, Brechreiz, extreme Müdigkeit oder Schmerzen gehören. Diese Symptome verbessern sich erst, wenn man sich dem Kontakt mit jenen chemischen Stoffen entzieht, welche sie ausgelöst haben. Die Symptome können Tage oder sogar Wochen dauern.

Was ist Multiple Chemical Sensitivity?

Multiple Chemical Sensitivity (MCS) ist eine erworbene chronische Erkrankung, keine psychische, die sich in multisystemischen Symptomen als Reaktion auf eine sehr niedrige Belastung durch chemische Stoffe manifestiert, z.B. normale aber überflüssige Alltagschemikalien wie Parfüm, Luftverbesserer oder Weichspüler für die Wäsche.

Zu den chronischen Symptomen, die in der Krisis akut werden, gehören Müdigkeit, Probleme mit der Atmung, der Verdauung, des Blutkreislaufs, der Haut und Probleme neurologischer Art.

MCS ist eine Erkrankung mit vier Schweregraden, deshalb erleiden nicht alle von uns die erkrankt sind das selbe Niveau an Behinderung und Isolation.

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich bei MCS um keine Allergie handelt.

Es ist eine Erkrankung, die seit den 50’er Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt ist, aber sie muß für Spanien noch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt werden, obwohl es über 100 wissenschaftliche Abhandlungen gibt, welche die organische Natur von MCS unterstützen, obwohl die Zahl der Betroffenen Menschen schnell wächst und immer jüngere erkranken, und obwohl das Europäische Parlament MCS zu den immer zahlreicher werdenden umweltbedingten Krankheiten zählt. MCS ist in Deutschland (PDF-Link), Österreich und Japan bereits als körperliche Erkrankung anerkannt.

Wie viel Prozent der Bevölkerung sind an MCS erkrankt?

Hier in Spanien gibt es dazu keine Studien, aber man vermutet, dass je nach Schweregrad zwischen 0,5 und zwölf Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind.

In Ländern wo es zu dieser Erkrankung Statistiken gibt sehen wir, dass die Gesamtzahl der Menschen mit MCS nicht gering ist. Nach Angaben der Environmental Health Association in Quebec haben 2,4 Prozent der Kanadier MCS. Nach Professor Dr. Martin L. Pall beträgt die Prävalenz schwerer MCS in den Vereinigten Staaten etwa 3,5 Prozent der Bevölkerung.

Darum ist MCS keine „seltene Erkrankung“, bei denen es sich um solche handelt, die weniger als 0,05 Prozent der Bevölkerung betreffen. MCS ist eine rasch zunehmende und versteckte Erkrankung.

Chemische Produkte sind giftig und das gilt für uns alle. Chemische Produkte werden mit Krankheiten wie Krebs, Asthma, Allergien, Autoimmun-Erkrankungen und mit jedwelcher umweltbedingter Erkrankung in Zusammenhang gebracht.

Woran erkennt man, ob sich eine MCS-Erkrankung anbahnt?

Das häufigste Symptom ist, dass einem Chemikalien als unerträglich auffallen, die man früher nicht bemerkt hat. Plötzlich verträgt man zahlreiche Chemikalien nicht mehr, etwa Reinigungsmittel, Parfüme, Tabakrauch, Autoabgase, Luftverbesserer usw.

Auch verträgt man keinen Alkohol mehr, Molkereiprodukte oder Gluten (Klebereiweiß in div. Getreide). Eventuell entwickelt man zahlreiche Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln und Medikamenten.

Oft hat man noch andere Umgebung-Unverträglichkeiten: Hitze, Kälte, Lärm, Erschütterungen, Sonnenlicht und elektromagnetische Felder (Computer, Hochspannungsleitungen, Telefone, Mobilfunkantennen, Mikrowellen etc.).

MCS hat bei dafür anfälligen Personen einen Toleranzverlust chemischer Produkte zur Folge und man kann auf zwei Arten MCS bekommen: durch einmalige hochdosige Belastung mit giftigen Substanzen (z.B. Schädlingsbekämpfung) oder durch niedrige jahrelange Dauerbelastungen. In der zweiter Gruppe gibt es viele Menschen mit CFS/ME (Chronic Fatigue Syndrom/Myalgische Enzephalomyelitis) und FMS (Fibromyalgie Syndrom), die über die Jahre auch MCS entwickeln.

Wie wird MCS diagnostiziert?

Es gibt eine objektive auf Symptomen beruhende Diagnose. Es gibt keine Tests um MCS zu diagnostizieren und zuerst müssen andere Erkrankungszustände ausgeschlossen werden.

Zur Diagnose benutzen Ärzte den QEESI-Fragebogen (Quick Environmental Exposure and Sensitivity Inventory) etwa Schnellbestandsaufnahme für Umweltbelastung und Sensitivität, das ist ein differenzierendes und schnelles Befragungswerkzeug, um den persönlichen Grad an Sensitivität oder Unverträglichkeit einer Person auf einer fünfstufigen Skala festzustellen.

Die sechs Konsenskriterien für die Definition von MCS:

  • Chronische Erkrankung
  • Reproduzierbare Symptome
  • Die Symptome sind Reaktion auf eine niedrige chemische Belastung
  • Die Symptome treten bei Belastung mit einer Vielzahl nicht verwandten Chemikalien auf
  • Die Symptome bessern sich, wenn die auslösenden Chemikalien entfernt werden
  • Es sind mehrere Organsysteme betroffen

Wenn man MCS hat und bestimmten giftigen chemischen Stoffen ausgesetzt ist, werden unweigerlich eine Reihe von Symptomen ausgelöst, z.B. Atemnot, Irritation der Atemwege, Herzrasen, Kopfschmerzen, geistige Verwirrung, Schwindel, Brechreiz, Durchfall, extreme Müdigkeit und/oder Schmerzen. Diese Symptome verbessern sich solange nicht, bis man sich außer Reichweite jener Chemikalie begibt, durch welche sie ausgelöst wurden. Die Symptome können Tage oder Wochen anhalten.

Wie behandelt man MCS?

Da die pathophysiologischen Grundlagen dieses Syndroms noch unbekannt sind, kann man MCS nicht wirklich heilen. Es gibt aber sehr viele Behandlungsmethoden die helfen, MCS in den Griff zu bekommen und die Gesundheit zu verbessern (Sauna, Nahrungsergänzung, Homöopathie usw.) und es ist sehr wichtig einen Arzt zu finden, der sich auf MCS spezialisiert hat und jeden Fall genauestens untersucht, da jeder Patient anders ist, abhängig von Genetik, anderen mit einher gehenden Erkrankungen und dem Grad seiner MCS.

Neben der Behandlung ist es sehr wichtig, eine Kontrolle des Umfeldes durchzuführen. Eine Kontrolle der nahen Umwelt bedeutet, jegliche Belastung durch Giftstoffe oder chemische Substanzen maximal und prinzipiell zu vermeiden. Trotzdem ist MCS chronisch und unveränderlich und kann die Lebensqualität des Erkrankten reduzieren.

Umweltkontrolle heißt, Chemikalien und Lebensmittel die Reaktionen auslösen können aus dem Weg zu gehen, feuchte Umgebungen und Umgebungen die Irritationen auslösen können (Rauch und Gase) zu meiden. Dies erfordert, alle Kosmetika und Reinigungsmittel durch ökologische ohne Duftstoffe ersetzen; uns von Naturkost und nicht verarbeiteten Lebensmitteln (ohne die uns unverträglichen) ernähren, die mit ungiftigem Kochgeschirr zubereitet wurden; das Trinkwasser und auch das Wasser zur Nahrungszubereitung und zum Duschen filtern, in Situationen mit hoher Konzentration von Giftstoffen eine Kohlefilter-Atemmaske aufsetzen; einen Luftfilter anschaffen; ökologische Kleidung aus mit Pflanzenfarben gefärbten Naturtextilien tragen; elektromagnetische Felder meiden oder verringern und grundsätzlich alles entfernen, was wir nicht vertragen (Möbel, Kleidung, Kosmetik etc.). Manchmal ist es sogar notwendig, den Wohnort zu wechseln. Umweltkontrolle kommt nicht nur dem MCS-Kranken zugute, sondern seiner ganzen Familie und wird in anderen Ländern für Menschen mit Allergien oder Asthma empfohlen. Sie empfiehlt sich auch für Menschen mit einem Chronic Fatigue Syndrom und mit Fibromyalgie.

Umweltkontrolle: Elementare Hinweise und Empfehlungen

Wissenschaftliche Belege

Im September 2008 wurde die Studie „Ist Multiple Chemical Sensitivity eine erlernte Reaktion? Eine kritische Evaluierung von Provokationsstudien“ von Goudsmit und Howes im „Journal of Nutritional & Environmental Medicine“ veröffentlicht, die zu dem Ergebnis kam, dass MCS mit Chemikalien zusammen hängt und keine psychische Erkrankung ist.

Im Mai 2009 veröffentlichten Professor Anne C. Steinemann und Amy L. Davis von der University of Washington eine Zusammenstellung von MCS-Forschungsarbeiten mit mehr als 100 peer-reviewed’ten Artikeln, welche eine physiologische Grundlage von MCS unterstützen.

Nach dieser Zusammenstellung wurden zwei bedeutende Studien veröffentlicht:

Im Oktober 2009 veröffentlichte das „Journal of the Neurological Sciences“ die Studie „Brain dysfunction in multiple chemical sensitivity“ (Hirndysfunktion bei MCS), welche vom der Pulmonologischen Abteilung der Vall Hebron Klinik in Barcelona (Spanien) durchgeführt wurde.

Und Ende April 2010 wurde die Studie „Biological definition of multiple chemical sensitivity from redox state and cytokine profiling and not from polymorphisms of xenobiotic-metabolizing enzymes“ (Biologische MCS-Definition durch Ermittlung von Redoxzustand und Zytokin-Profilen anstelle von Polymorphismen fremdstoff-verstoffwechelnder Enzyme) des „IDI Institute of Rome (Italien)“ an der Abt. für Toxikologie und angewandten Pharmazie von Elsevier (großer Niederländischer Wissenschaftsverlag) veröffentlicht.

Ebenfalls 2010 war in dem Standardwerk „General and Applied Toxicology, 3rd Edition“ ein von dem Forscher Prof. Dr. Martin Pall verfasstes Kapitel über MCS enthalten, der Titel: „Multiple Chemical Sensitivity: Toxikologische Fragen und Mechanismen“.

Autor: Eva Caballé, No Fun Blog, für Canary Report, April 2011

Übersetzung: Sleepless B. für CSN-International

Eva Caballé ist eine Ökonomin aus Barcelona, Autorin des Buches Desaparecida: Una vida rota por la Sensibilidad Química Múltiple (Vermißt: Ein durch MCS zerstörtes Leben), das 2009 bei El Viejo Topo, in Barcelona auf Spanisch erschien. Sie betreibt den spanischsprachigen Blog NO FUN, auf dem es eine Abteilung in Englisch über Multiple Chemical Sensitivity, Chronic Fatigue Syndrom und Fibromyalgie gibt, welche Informationen und Ratschläge für Menschen bietet, die krank sind oder ein gesünderes giftfreies Leben führen wollen. Für den Canary Report und das Kunstmagazin „Delirio“ (Delirium), sowie für den CSN und EMM Blog liefert sie regelmäßig Beiträge.

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Richtig und regelmäßig lüften – Tipps und Anleitungen vom Experten

Warum wir unseren Wohnraum regelmäßig lüften müssen

Die Gesundheit des Hauses und vor allem aber die Gesundheit dessen Bewohner haben sehr viel damit zu tun, wie sich das Raumklima darstellt. Das Raumklima wiederum, hängt direkt von den Heiz- und Lüftungsgewohnheiten der Nutzer ab.

Mehr Lüften

Oftmals hört man als Mieter oder Hauseigentümer bei etwaigen Schimmelflecken: „Sie müssen mehr lüften.“ Sehr gerne wird auch eine sogenannte Zwangsbelüftung, also eine Raumlufttechnische Anlage (RLT-Anlage) empfohlen. Letzteres mache auch ich, sofern ich in Räumen stehe, die tatsächlich hauptsächlich Festverglasungen haben. Aber auch für Häuser oder Räume, die einfach nicht ordentlich oder gar nicht gelüftet werden können. Wie z.B. in Hochhäusern, die ab einer bestimmten Geschoßhöhe keine zu öffnenden Fenster mehr haben, oder auch in diesen modernen, oft mit Satteldächern ausgerüsteten, plastikummantelten Kühlschränken, zu denen sich Menschen im Sinne des sogenannten Umweltschutzes überreden ließen, die, oder deren Kinder, jedoch noch ein böses Erwachen erleben dürfen, wenn die kubischen Hütten einmal abgerissen und entsorgt werden. Also kurz und knapp, nicht immer, um genauer zu sein, in den allerwenigsten Fällen ist eine Raumlufttechnische Anlage tatsächlich von Nöten. Vor allem im Einfamilienhausbau. Dieser sollte so geplant und gebaut werden, dass zusätzliche Energieverbraucher unnötig sind. Das wiederum heißt, dass nichts anderes als das einfach genügend zu öffnende Fenster eingeplant werden, um einen ausreichenden Luftaustausch in den Räumen zu erreichen. Theoretisch reicht das, denn am Ende kommt es auf den Nutzer an, der eben auch mal die Fenster zur Stoßlüftung öffnen muss und das nicht einmal zu Mittagszeit, sondern mehrmals am Tag.

Feuchtigkeit von Innen

Vielleicht haben Sie es schon einmal beobachtet. Stock- und Schimmelflecken bilden sich meistens an den Außenwänden von Küchen, Schlafzimmern und natürlich auch Bädern oder auch hinter Bilderrahmen, oder Möbelstücken, die dicht an der Wand stehen. Es lösen sich Tapeten ab und in den Räumen riecht es äußerst unangenehm modrig. Ob Sie es glauben oder nicht, diese Symptome kommen zumeist von Feuchtigkeit aus dem Rauminneren. Wie Sie in nachfolgender Tabelle entnehmen können gibt ein Mensch schon bei leichtert Aktivität zwischen 30 und 60 g/Std. Wasserdampf ab.

Tabelle1: Wasserdampfabgabe im Haushalt (zum Vergrößern anklicken)

Luft enthält jedoch immer Wasser in Form von Wasserdampf, auch wenn wir das so nicht wirklich sehen. Für unser Lüftungsverhalten ist vor allem der Fakt wichtig, dass kalte Luft weit weniger Wasserdampf enthält als warme. So kann man grob überschlagen andeuten, dass Luft mit einer Temperatur von 0°C ca. 5 g/m3 Feuchtigkeit aufnehmen kann, Luft mit 20°C ungefähr das Dreifache und Luft mit einer Temperatur von 30°C sogar 30 g/m3 Wasser beinhalten kann. So erkennen Sie, dass ein Stoßlüften vor allem dann sehr sinnvoll ist, wenn man sich kühle und somit trockenere Luft ins Haus holt und die nassere, wärmere Luft aus dem Fenster lässt. Dies klappt im Sommer vor allem am frühen Morgen oder späten Abend sehr gut, wenn im Freien die Luft abgekühlt und somit trockener als über dem Tag ist. An kalten Wintertagen ist der Zeitpunkt hingegen eher sekundär, da wir i.d.R. hier innen eine wollige Wärme durch die Heizung haben und draußen immer eine kältere und somit auch trockenere Luft vorhanden ist.

Relative Luftfeuchtigkeit

Zurück zum Wasser in der Luft. Wie Sie nun deutlich lasen, kann Luft je nach Temperatur mehr oder weniger Feuchtigkeit aufnehmen. Wird die Höchstmenge an Wasserdampf in der Luft gebunden, so spricht man von gesättigter Luft oder auch von einer relativen Luftfeuchte von 100 %. In einem durchschnittlichen und normalen Wohnraum beträgt diese Relative Luftfeuchte ungefähr 50% bei einer Temperatur von 20°C, das heißt man hat irgendetwas zwischen 7,5 und 8,5 g/m3 Feuchtigkeit in der Luft. Kommt nun feuchtigkeitsbeladene, warme Luft an kühlere Flächen, kondensiert die Feuchtigkeit hier aus. Es entstehen Wassertropfen an den Flächen. Sie kennen das Symptom, wenn Sie nach dem Duschen in den Spiegel sehen wollen – die Glasfläche des Spiegels ist kalt, das Badezimmer warm und reichlich Wasser in der Luft. Hier sieht man es ganz deutlich, an Wänden oder gar hinter Möbelstücken oder Bilderrahmen o.ä. etc. eher weniger bis gar nicht, auch wenn sich hier ebenso die Feuchtigkeit absetzt. Dieses Phänomen, das Kondensieren von Wasserdampf in der Luft zu kleinen Wassertropfen nennen wir aus dem Baufach die Unterschreitung des Taupunktes (oder des Tauwasserpunktes). Die Gefahr der Taupunktunterschreitung erhöht sich mit zunehmender Relativer Luftfeuchtigkeit und zunehmender Temperaturdifferenz zwischen Raumlufttemperatur und Oberflächentemperatur umgebender Bauteile.

Grafik 1: Relative Luftfeuchtigkeit

Früher lüftete das Haus selbst

In Tabelle 1 konnten Sie an unterschiedlichen Beispielen erkennen, wo die Raumluftfeuchtigkeit seinen Ursprung hat. All diese Feuchtigkeit sollte, sofern man eine gesunde Raumluft haben möchte, auch wieder aus der Wohnung entfernt werden. Schlägt sie sich an den Wänden nieder, entstehen Stock- oder auch Schimmelflecken und letzteres kann in einigen Fällen (je nach Pilzart) problematisch für die Gesundheit des Bewohners werden. Also raus damit. Früher war dies natürlich im Grunde schon automatisiert. Man hatte häufig Öl- oder auch Holzöfen in der Wohnung, diese „saugten“ die Raumluft für die Verbrennung an und sorgten so automotorisch für Luftaustausch. Über undichte Fenster und Türen wurde dann wieder Frischluft zugeführt, so fand ein regelmäßiger Luftaustausch auch ohne das mehrmalige Stoßlüften des Wohnraumes statt. Heute sieht das auch bei den Häusern anders aus, die nicht die oben beschriebene Plastikummantelung haben und als Nullenergiehaus, Niedrigenergiehaus oder etwaige andere „Ich-Verschwende-Keine-Energie-Werbenamen“ tragen. Denn die heutigen Häuser sind aufgrund anderer Materialien und vor allem einer wesentlich dichteren Bauweise so gar nicht mehr in der Lage, selbst durch Ritzen und undichten Fugen ausreichend Frischluft ins Innere zu lassen. Tun sie das dennoch, so haben wir mit 99 %-iger Sicherheit Baupfusch vor uns. Das Resultat ist, dass wir selbst für frische Luft sorgen müssen und das möglichst immer bevor sich die Feuchtigkeit an den Wänden niederschlägt. Denn, ist die Wand erst mal feucht, ist sie auch in der Lage, die Heizenergie wesentlich schneller nach draußen zu leiten als eine trockene Wand. Man sagt, dass eine nasse Wand dreimal schneller Wärme nach außen, ergo zur kälteren Seite, transportiert als eine trockene Wand. Wie bei Wärmedämmstoffen, sind sie nass, sind sie auch funktionsfrei im Sinne der Wärmedämmung. Also lüften ist Pflicht. Ein Sparen an Frischluft, da man bei jedem Lüften auch teuer bezahlte warme Luft ins Freie befördern muss, ist hier nicht angebracht. Im Übrigen und auch wenn es paradox klingt, das Ausschalten der Heizung während des Lüftens ist kontraproduktiv. Schalten Sie die Heizung ab, kühlt der Radiator (Heizkörper) beim Lüftungsvorgang komplett ab, Sie müssen ihn wieder aufheizen nach dem Lüften, was wesentlich mehr Energie verbraucht als wenn Sie beim Lüften die Heizung auf kleinster Stufe (nach der Frostschutzstufe) weiter laufen lassen.

3 bis 4-mal am Tag

Oben habe ich es schon angedeutet, der beste Zeitpunkt zum Lüften ist dann, wenn es innen warm und außen kühl und somit trocken in der Luft ist. Allgemein empfehle ich ein 3 bis 4 maliges Stoßlüften pro Tag. Hierbei einmal in den frühen Morgenstunden und einmal in den späten Abendstunden und ein bis zweimal über den Tag (vormittags und später Nachmittag). Stoßlüften heißt, dass Sie einen ordentlichen Durchzug in der Wohnung haben. Diesen erreichen Sie am einfachsten, wenn Sie gegenüberliegende Fenster und Türen öffnen, so dass der Luftzug durch die gesamte Wohnung weht und es zu einem vollständigen Luftaustausch und damit wiederum zum Feuchtetransport nach außen kommt. Das Stoßlüften sollte, je nach Durchlüftungsgrad, ungefähr 10 Minuten dauern. So lange, dass die gesamte „verbrauchte“ Luft nach außen zieht, jedoch die gespeicherte Wärme in den Wänden und Einrichtungsgegenständen vorhanden bleibt. Diese gespeicherte Wärme sorgt nämlich dafür, dass die frische Luft auch schnell und energiesparend wieder warm wird. Sollten Sie Räume haben, die nicht oder nur sehr wenig beheizt werden, wäre es sehr empfehlenswert, hier die Türen beim Lüften geschlossen zu halten. Denn mit dem Luftzug besteht die Möglichkeit, dass in diese, in der Regel kühleren Räume, die warme Luft aus dem Raum einzieht und somit auch Feuchtigkeit mitbringt, die dann wiederum recht flott zu Schimmelproblemen führen könnte. Hier empfiehlt es sich, diese Räume extra zu belüften – ein Luftaustausch zwischen beheizten und un- oder kaum beheizten Räumen ist nicht zu empfehlen, denn auch hier wird die Feuchtigkeit vom warmen zum kalten Raum transportiert (wie beim Badezimmerspiegel nach dem Duschen). Last but not Least sei zu erwähnen, dass einer der größten Fehler beim Lüftungsverhalten, dauergekippte oder dauergeöffnete Fenster sind. Man sieht das sehr häufig bei alten Kellerfenstern, die nicht selten nur im Winter geschlossen sind. Durch solche Umstände gleichen sich Innen- und Außentemperatur an, es kommt zu keinerlei Luftaustausch mehr, die Luft steht mehr oder weniger im Raum und Feuchtigkeit kann sich schön an den Wänden und sonstigen Gegenständen im Raum niederlassen. Also nicht einfach offen lassen, sondern auch im Keller stoßlüften.

Autor:

Ing. Gerhard Holzmann, Holzmann-Bauberatung, Bausachverständigenbüro, Bauberater, Tel.: 08293-965648; www.Baubegriffe.com

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Frohe Ostern!

Das CSN Blogteam wünscht Euch ein schönes, sonniges Osterfest

und viel Spaß beim Ostereiersuchen.

MCS – Multiple Chemical Sensitivity: Gene und Sensitivität

Amerikanische Schüler lernen, was Chemikalien-Sensitivität (MCS) ist

Environmental Health Perspectives, ein Journal der obersten US-Einrichtung für Umweltgesundheitsforschung (NIEHS), bietet Lehrern fertige Unterrichtsmaterialien an. In einer zweistündigen Lektion sollen die 15 bis 18 jährigen Schüler (grade 10-12) den im Folgenden übersetzten Text lesen und selbständig im Internet nach zusätzlichen Informationen recherchieren. Dazu werden ihnen zwei Aufgaben gestellt.

  1. Multiple Chemical Sensitivity und den Zusammenhang mit Genvariationen und Umweltfaktoren beschreiben
  2. Risikofaktoren für umweltbedingte Gesundheitsprobleme herausfinden und einschätzen, die im Zusammenhang mit MCS, Asthma, Brustkrebs und Übergewicht stehen.

Hier wird auf löbliche Weise der unsäglichen Psychothese begegnet, mit der die Schulmedizin auf jedes ihr noch nicht geläufige Erkrankungsbild reagiert. Das größte Interesse an der Psychiatrisierung hat jedoch bekanntlich die Industrie-Lobby, die uns weiß machen will, dass alle ihre Produkte gesund sind. Und viele (noch gesunde) Menschen vertrauen sogar naiv darauf.

  • Wird es ähnliche Unterrichtseinheiten auch einmal bei uns geben?
  • Welcher Lehrer getraut sich, die Materialien (PDF-Link) herunter zu laden und den Text entsprechend den Anweisungen seinen Schüler vorzulegen?
  • Welche Reaktionen werden ihm von Seiten der Schulleitung blühen? – Wir könnten darüber berichten.

Chemikalienexposition: Gene und Sensitivität

Menschen, die an multiplen chemischen Unverträglichkeiten leiden, eine Krankheit, die manchmal als „Multiple Chemical Sensitivity“ bezeichnet wird, berichten eine Vielzahl von Symptomen wie Kopfschmerzen, Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis, Verwirrung, Müdigkeit, Depressionen, Reizbarkeit und Atemprobleme. Ist dieses Phänomen Ergebnis einer verringerten Toleranz des Körpers gegenüber geringen Spuren von Chemikalien wie Pestiziden und Lösungsmitteln, oder ist es eine irrationale Furcht vor Chemikalien oder manifestiert sich so psychischer Stress, wie manche behauptet haben? Eine Studie der Epidemiologin Gail McKeown-Eyssen von der University of Toronto und ihrer Kollegen weist darauf hin, dass diese Erkrankung tatsächlich genetisch bedingt sein könnte.

Die Studie, von der das Journal of Epidemiology im Oktober 2004 berichtete, untersuchte zum ersten Mal die genetischen Unterschiede zwischen Frauen, die von chemischen Unverträglichkeiten berichten und solchen, die keine derartigen Unverträglichkeiten haben. Obwohl Männer wie Frauen von multiplen chemischen Unverträglichkeiten berichten, legen mehrere Studien nahe, dass sehr viel mehr Frauen als Männer betroffen sein könnten.

Die Forscher wählten 203 Fälle und 162 Kontrollpersonen aus Beantwortern einer Gesundheitsumfrage der Universität von Toronto. An multipler chemischer Unverträglichkeit Erkrankte bestimmten sie mittels von früheren Studien abgeleiteter Kriterien, dazu gehörte eine von James R. Nethercott und Kollegen aus der Januar/Februar Ausgabe der „Archives of Environmental Health“ von 1993. Sie definiert [MCS-] Fälle als solche mit chronischen Symptomen, die bei einer niedrigen Belastung durch chemische Stoffe auftreten und die mit Entfernung der Exposition verschwinden.

Die Forscher aus Toronto stellten fest, dass bei den Fällen eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit wie bei den Kontrollpersonen besteht, bei einem oder bei beiden der zwei Gene CYP2D6 und NAT2 Polymorphismen [Genvarianten] aufzuweisen. CYP2D6 codiert Enzyme, die solche Chemikalien verstoffwechseln, wie z.B. Medikamente, die auf das zentrale Nervensystem wirken (dazu gehören diverse Antidepressiva, Aufputschmittel, und Wirkstoffe auf Codein-Basis mit unterschiedlichen chemischen Strukturen), illegale Drogen, Nervengifte, Prokarzinogene (Stoffe, die nur dann krebserzeugend werden, wenn sie zu chemisch reaktiveren Verbindungen verstoffwechselt werden) und sogar die körpereigenen Neurotransmitter. NAT2 spielt beim Stoffwechsel zahlreicher Drogen und toxischer Chemikalien ebenfalls eine Rolle, zu diesen gehören aromatische Amine, eine Klasse chemischer Stoffe, die zur Herstellung von Epoxidharzen und Farbstoffen verwendet werden.

Frauen, deren Polymorphismus eine höhere CYP2D6 Aktivität zur Folge hat, haben mit dreimal höherer Wahrscheinlichkeit eine Chemikalienunverträglichkeit, als jene mit der inaktiven Form des Genes. Genauso werden Frauen mit der sogenannten Schnell-Acetylator Form von NAT2 mit viermal höherer Wahrscheinlichkeit an multiplen chemischen Unverträglichkeiten erkranken. Da der Stoffwechsel mancher Chemikalien giftige Nebenprodukte zur Folge haben kann, können Menschen mit schnellem Stoffwechsel schneller giftige Verbindungen im Körper akkumulieren. „Es hängt von der Verbindung ab und davon, welche Stoffwechselprodukte entstehen und wie schnell sie vom Körper beseitigt werden, ob ein schneller Stoffwechsel eine größere oder kleinere Belastung bedeutet“, sagt McKeown-Eyssen.

Die Forscher fanden sogar einen noch stärkeren Zusammenhang bei Frauen, welche sowohl von CYP2D6 als auch von NAT2 eine stoffwechselbeschleunigte Form aufwiesen. Diese Frauen erkranken mit 18-mal höherer Wahrscheinlichkeit als die Kontrollpersonen an multiplen chemischen Unverträglichkeiten. McKeown-Eyssen ist, was diese Ergebnisse angeht, besonders vorsichtig, da die Analyse solcher Wechselwirkungen im ursprünglichen Entwurf der Studie nicht vorgesehen war. „Wir müssen mit dieser Beobachtung wirklich vorsichtig sein“, sagt sie. „Doch wenn sie stimmt und reproduziert werden kann, bedeutet dies, dass manche Menschen besonders gefährdet sind.“

Wenn diese Ergebnisse reproduzierbar sind, könnten sie für diese rätselhafte Erkrankung den Beleg eines körperlichen Entstehungszusammenhanges erbringen. Erst 1994 hat die American Medical Association in einer gemeinsamen Erklärung mit anderen Organisationen bestätigt, dass chemische Unverträglichkeiten nicht als psychisch bedingt abgetan werden sollten.

Claudia Miller, eine Professorin für Umweltmedizin am Health Science Center der University of Texas in San Antonio sagt, dass die drei- bis vierfache mit den Polymorphismen verbundene Risikozunahme beträchtlich ist und dass diese Ergebnisse wichtig sind, weil sie eine körperliche Bedingtheit dieser Erkrankungen nahelegen. „Man kann kaum sagen, genetische Polymorphismen wäre psychisch bedingt“, sagt sie. „Uns war schon seit längerem bekannt, dass es ein ganzes Spektrum von Anfälligkeit (für chemische Unverträglichkeit) in der Bevölkerung gibt, und es sollte nicht überraschen, dass dies genetische Ursachen hat.“

McKeown-Eyssen sagt, wenn diese Ergebnisse reproduziert wurden, sollte es in der zukünftigen Forschung Studien geben, die sich mit der Funktion der Enzyme befassen, die von diesen Genen dafür programmiert werden. Es könnte auch sinnvoll sein, so schlägt sie vor, nach anderen Genen zu suchen, die etwas mit chemischer Intoleranz zu tun haben könnten, da diese Studie einen Zusammenhang feststellte, indem sie lediglich ein paar der vielen Gene untersuchte, die bei der Entgiftung von Chemikalien ein Rolle spielen.

Nachbemerkung:

Die Materialien zur Bearbeitung des Textes von Angela Spivey enthalten nicht nur alle erforderlichen Arbeitsschritte für den Unterricht, sondern sind mit zusätzlichen Informationen ergänzt, so daß auch den Lehrern der Einstieg in das Thema nicht allzu schwer fallen sollte.

Die Bedeutung von Genen im Zusammenhang mit Erkrankungen wird von der US Bundesbehörde NIEHS  – National Institutes of  Environmental Health Sciences wie folgt erläutert:

Lesson: Risk Factor Roulette (pdf)

„Die DNA des Menschen stimmt zu 99% bei jeder Person überein. Das verbleibende eine Prozent erlaubt jedoch genug genetische Variabilität, um jeden Menschen (mit der Ausnahme von eineiigen Zwillingen) genetisch zu einem Unikat zu machen. Die meisten Erkrankungen sind, was die Gene angeht, „polygenetisch“, das heißt mehrere unterschiedliche Gene spielen bei ihrer Entwicklung eine Rolle. Da das menschliche Genom erforscht wird, verstehen wir besser, warum manche Menschen aufgrund von Umweltfaktoren krank werden, während dies andere anscheinend nicht betrifft. Bei immer mehr  Erkrankungen, von denen man bisher dachte, sie hätten ihren Ursprung „in der Psyche des Patienten“, stellt man fest, daß sie mit bestimmten genetischen „Polymorphismen“ oder mit ungewöhnlichen Expressionen eines bestimmten Genes zusammen hängen. Die Suche nach genetischen Erklärungen für Krankheiten ist spannend und macht große Hoffnungen für Vorbeugung und frühe Behandlung. Gentherapie als Behandlung individueller Beschwerden bleibt eine äußerst aufregende Zukunftsmöglichkeit. Es ist jedoch wichtig, daran zu denken, dass Gene und genetische Faktoren nur für einen geringen Prozentsatz bestimmter Erkrankungen oder Beschwerden verantwortlich zu machen sind, das gilt gerade für Erkrankungen, bei denen der genetische Zusammenhang gut belegt ist, wie z.B. Brustkrebs.

Genetische Variationen sind nur ein Typ von Risikofaktoren für Erkrankungen. Zu weiteren Risikofaktoren zählen natürliche oder demographische Faktoren (z.B. Alter, Geschlecht und Rasse), Lebensstil oder verhaltensbedingte Faktoren (z.B. Ernährung oder Rauchen) und Umweltfaktoren (z.B. Luftbelastung mit Feinstaubpartikeln aus Dieselabgasen). Die Schüler sollten es vermeiden, Risikofaktoren als Ursache von Erkrankungen zu diskutieren. Einem Risikofaktor ausgesetzt zu sein bedeutet nicht, dass jemand eine bestimmte Erkrankung entwickeln wird, genauso wie dessen Nichtvorhandensein nicht heißt, dass jemand vor einer Erkrankung sicher ist. Risikofaktoren sind mit Blick auf die öffentliche Gesundheit nützlich, da ihre Berücksichtigung hilft, vorbeugende Programme für jene zu entwickeln, die statistisch gesehen am wahrscheinlichsten von einer Krankheit betroffen sein werden. Es ist selten, dass ein Arzt genau angeben kann, ob die Erkrankung eines bestimmten Menschen von einer bestimmten Umweltbelastung oder von bestimmten genetischen Problemen verursacht wird. Viel häufiger ist die Entstehungsgeschichte (oder die Grundursache) einer Krankheit ein komplexes Zusammenspiel von Faktoren, die bei jedem Menschen anders sind. Indem sich die Schüler mit einem Mix bekannter Risikofaktoren für eine Anzahl von Erkrankungen befassen, bekommen sie einen Einblick in die Komplexität der Erforschung von Erkrankungen.“

Dem stellen wir ohne Kommentar die Ansicht eines deutschen Professors aus dem gleichen Jahr wie der Artikel von A. Spivey, gegenüber:

„Das Candida-Hypersensitivitäts-Syndrom ist ebenso wie das Chronic-fatigue-Syndrom oder das Multichemikaliensyndrom ein Hirngespinst, das allenfalls als Variante des Reizdarmsyndroms eingestuft werden kann“, so die Meinung von Prof. Dr. Wolfgang Rösch, Facharzt für Innere Medizin mit Zusatzbezeichnung Gastroenterologie und Chefarzt der Medizinischen Klinik am Krankenhaus Nord-West in Frankfurt, im Rahmen des deutschen Internistenkongresses in Wiesbaden.

Autor: Angela Spivey, 01.03.2005

Übersetzung und Anmerkungen: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network, 20. April 2011

Bibliographische Quellenangabe:

Der Originalartikel von A. Spivey in der EHP ist Public Domain. Lizenz dieser Übersetzung, Creative Commons: by-nc.

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Energiesparlampen sondern Gift ab

Phenol in Energiesparlampen kann die Gesundheit schädigen

Als Ersatz für normale Glühbirnen wurden Energiesparlampen auf den Markt geschwemmt. Für viele Verbraucher überwog der angebliche Effekt des Energieeinsparens. Dann kamen erste Zweifel gegenüber den Energiesparlampen ans Licht, es hieß, dass sie Quecksilber freisetzen, wenn sie zerbrechen. Neuere Erkenntnisse besagen, dass Energiesparlampen sogar bei normaler Verwendung Schadstoffe, u.a. das stechend riechende Phenol, freisetzen. Diese Gifte können die Gesundheit schädigen. Insbesondere in kleinen, kaum oder nicht belüfteten Räumen kann die Schadstoffkonzentration schnell in bedenkliche Konzentrationen ansteigen. Gesundheitliche Beschwerden hängen von der Konzentration und Dauer der Exposition ab. Phenol verursacht u.a. Kopfschmerzen, Schwindel, Schlaflosigkeit und Nierenprobleme. Letztendlich kann Phenol auch zu Krebs führen.

Das NDR-Verbraucher- und Wirtschaftsmagazin „Markt“ bringt am Montag, den 18.04.2001, um 20.15 Uhr einen gut recherchierten Bericht über die Gifte in Energiesparlampen, in dem die Probleme, die sie verursachen, zur Sprache kommen.

Energiesparlampen sondern gesundheitsschädliches Phenol ab

„Markt“ hat für die Sendung Energiesparlampen von verschiedenen Herstellern in anerkannten Labors untersuchen lassen. Das Ergebnis war schockierend. Die Lampen, die unsere Umwelt schonen sollen, setzen u.a. Phenol frei. Phenol ist ein Benzol-Derivat, nur ist es wegen des elektronenschiebenden Charakters der Hydroxyl-Gruppe tausendmal reaktiver als Benzol. Phenol kann in jeder Form vom Körper aufgenommen werden, dermal, inhalativ und oral, wobei jeder inhalative Kontakt letztendlich auch eine orale Aufnahme bedeutet. Schädigungen können sich u.a. auf Nieren, Leber, das Herz-Kreislaufsystem und das Immunsystem auswirken. All dem ist der Verbraucher in mehr oder weniger großer Konzentration schutzlos ausgeliefert, wenn er Energiesparlampen verwendet. Wie hoch die Konzentration in einem Raum ist, vermag ein Verbraucher nicht zu erahnen, denn der Geruchssinn kann trügen und das Phenol hat bereits gesundheitsschädigendes Potenzial bevor, man es geruchsmäßig richtig wahrnimmt.

Nimmt man Phenol über die Atmung auf, kann dies u.a. folgende Symptome auslösen:

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Benommenheit
  • Erbrechen
  • Schlaflosigkeit
  • Nierenreizung
  • Ohrprobleme
  • Entzündungen der Haut

Auch geringe Konzentrationen können Beschwerden auslösen

Phenol ist zwar erst bei Aufnahme einer relativ hohen Menge tödlich, aber auch geringe Konzentrationen können, insbesondere bei chronischer Aufnahme, schwerste gesundheitsschädliche Auswirkungen besitzen, besonders wenn man zu einer Risikogruppe gehört.

Ein Beispiel aus dem Alltag:

Viele lesen abends vor dem Schlafengehen noch im Bett. Ist der Raum dabei mit Energiesparlampen beleuchtet und es wird hinterher nicht gelüftet, atmet der Betreffende über 5-8 Stunden giftige Phenol- ausdünstungen ein. Plötzlich auftretende Schlafstörungen, Schwindel oder Kopfschmerzen am Morgen können durchaus mit der Lesegewohnheit zusammenhängen, wenn phenolausgasende Energiesparlampen den Raum beleuchten.

Phenol ist für jeden schädlich

Hautreizungen, Allergien, Atembeschwerden, Herz- Kreislaufprobleme oder Nieren- reizungen können Folgen von chronischer Phenolaufnahme sein. Letztendlich kann der Kontakt zu dieser stechend riechenden Chemikalie zu Endorganschäden und Krebs führen. Um Krebs oder andere schwerwiegende Gesundheitsschäden auszulösen, bedarf es, wie gesagt, keiner hohen Konzentration und es ist zu bedenken, dass wir in unserem Alltag einer Flut von Chemikalien ausgesetzt sind, was das Risiko immens erhöht.

Bevölkerungsgruppen, die besonders gefährdet sind:

  • Säuglinge
  • Kleinkinder
  • Schwangere
  • Allergiker, Chemikaliensensible (MCS)
  • ältere Menschen
  • Kranke

Doch nicht nur für diese Risikogruppen sollte für gefahrlose Beleuchtungskörper gesorgt werden, sondern jeder, der seine Gesundheit erhalten möchte, sollte zu schadstofffreien Alternativen greifen.

Alternativen zu Energiesparlampen gibt es bereits:

LED- oder Halogenlampen dürften um einiges risikoärmer sein. Mancher hat noch einen Vorrat alter Glühbirnen, auf die er zurückgreifen kann, bis die Industrie Leucht- körper anbietet, die energieeffizienter und weniger gesundheits- und umweltschädlich sind als die derzeit im Handel angebotenen Energiesparlampen.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. April 2011

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Ostereier – wer sicher sein will, kauft Bio-Eier

Konventionelle Eier meist von Hühnern, die mit Gentechnik-Futter gefüttert wurden

Der Skandal um mit Dioxin verseuchte Eier war so schnell vom Tisch, wie er auftauchte. Können Verbraucher sich in Sicherheit wiegen und unbesorgt Eier für das Osterfest im Supermarkt kaufen? Ob jedes Ei, das jetzt ist Handel ist, dioxinfrei ist, sei dahingestellt. Greenpeace hat eine weitere bedenkliche Problematik kurz vor Ostern bekanntgegeben. Die Eier, die in den normalen Supermärkten und Discountern in den Regalen liegen und darauf warten, zum Osterfest gefärbt zu werden, stammen zumeist von Hühnern, die mit Gentechnikfutter gefüttert wurden. Wirklich sicher sein, dass nur schadstofffreie Ostereier im Osternest liegen, die von Hühnern stammen, die nicht mit Genfutter gefüttert wurden, kann man nur bei Eiern von Bio-Hühnern.

Großteil der Eier aus Gentechnik-Fütterung

Die Umweltorganisation befragte 15 Supermarkt-Ketten in Deutschland, darunter Aldi, Lidl und Kaiser´s Tengelmann sowie die Biomärkte Alnatura und dennree. Das Ergebnis: Noch immer stammt ein Großteil der im Handel erhältlichen Eier aus der Fütterung mit gentechnisch veränderten Pflanzen. In der Legehennen-Fütterung wird etwa 20 Prozent Gen-Soja eingesetzt. Eine Kennzeichnungs-Pflicht für tierische Produkte wie Milch, Eier und Fleisch, die mit Gen-Tierfutter erzeugt wurden, gibt es nicht.

Verbraucher lehnen Gentechnik ab

„Verbraucher benötigen Informationen, um sich für eine gentechnikfreie Lebensmittelproduktion entscheiden zu können. Diese Informationen bietet der neue Mini-Ratgeber“, sagt Sandra Blessin, Gentechnik-Expertin von Greenpeace. „Die Mehrheit der Verbraucher lehnt den Einsatz von Gen-Pflanzen für Lebensmittel ab. Produktion und Vertrieb von Schalen-Eiern aus gentechnikfreier Fütterung sind allerdings noch stark ausbaufähig.“

Umfrage zeigt:

Bei Eiern aus biologischer Produktion kann der Verbraucher sicher sein, dass keine Gentechnik im Futter verwendet wird. Die Supermärkte tegut und Kaufland sind zudem Vorreiter für eine gentechnikfreie Fütterung bei konventionellen Eiern. Bis Mai (Kaufland) oder Juni (tegut) sollen alle Eier entsprechend produziert sein.

Supermarktketten schneiden schlecht ab

Die Mehrzahl der Händler jedoch, darunter Rewe, Penny, Aldi, Kaiser´s Tengelmann, Edeka, Real und Norma, schneidet mit einem Anteil von 20-30 Prozent an gentechnikfreier Fütterung bescheiden ab. Lidl und Globus wollten keine Angaben zum Umfang ihres Angebots an gentechnikfrei erzeugten Eiern zu machen. Dieser Mangel an Transparenz ist unnötig, da beide Handelsketten gentechnikfreie Bio-Eier im Sortiment haben. Globus bietet darüber hinaus eine konventionelle Eiermarke mit dem Siegel „Tierschutz geprüft“ an, die ebenfalls eine gentechnikfreie Fütterung vorschreibt.

Angebot von genfrei produzierten Eiern ausweiten

Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels plädierte auf Anfrage von Greenpeace grundsätzlich für eine gentechnikfreie Fütterung der Legehennen. Darüber hinaus begrüßt die Umweltorganisation, dass Rewe und Netto ihr Angebot an gentechnikfrei erzeugten Eiern bis Ende 2011 deutlich ausweiten wollen. Rewe um mehr als 70 Prozent und Netto bis zu 100 Prozent.

Auf genmanipulierte Pflanzen verzichten

„Das neu gewonnene Bewusstsein des Handels ist ein erster Schritt. Zum Schutz von Mensch und Umwelt sollte jedoch ganz auf den Einsatz von genmanipulierten Pflanzen verzichtet werden“, sagt Blessin. „Der Anbau dieser Pflanzen gefährdet die biologische Vielfalt und führt zu verstärktem Pestizideinsatz.“

Generell schadstofffreie Eier ohne Gentechnik verlangen

Das Angebot richtet sich nach der Nachfrage. Wenn Konsumenten auf schadstofffreie Eier auf ihrem Frühstückstisch beharren, wird sich der Markt danach richten. Es ist nicht notwendig, dass zur Deckung des Eierbedarfs Hühner mit Gentechnik-Futter gefüttert werden. Wenn die Anbieter zunehmend unter Druck geraten, bleibt ihnen kaum etwas anderes übrig, als einwandfreie Ware zu liefern. Dieser Druck sollte nicht nur von Umweltorganisationen und Verbraucherverbänden aufgebaut werden, sondern auch von ganz normalen Hausfrauen und Konsumenten. Nachfragen im Laden, ob die Eier gentechnikfrei sind, ob sie auf Schadstoffe getestet sind, etc. kann jeder, und die Zeit sollte man sich nehmen.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 17.04.2011

Literatur: Greenpeace, Zu viele Eier aus Gentechnik-Fütterung im Handel, 17.04.2011

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Bundesamt für Risikobewertung rät vom Einsatz von Nanosilber ab

BfR-Workshop bestätigt unvollständige Datenlage bei gesundheitlichen Risiken von nanoskaligem Silber

In seiner Stellungnahme zu Aspekten der Toxizität von Nanosilber hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfohlen, auf den Einsatz von Nanosilber in Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs solange zu verzichten, bis die Datenlage eine abschließende Bewertung der gesundheitlichen Risiken erlaubt. Gegen diese Einschätzung des BfR wurde, insbesondere von Seiten der Industrie, eingewandt, dass zur Abschätzung des gesundheitlichen Risikos von Nanosilber in verbrauchernahen Produkten und in Lebensmitteln ausreichend Daten zur Verfügung stünden. Das BfR hat daher Experten aus Forschung und Wissenschaft sowie Vertreter von Verbänden und der Industrie zu einem Workshop eingeladen, um bestehende Risiken und mögliche Handlungsoptionen für einen umfassenden Schutz des Verbrauchers zu diskutieren. „Die Diskussion hat die Mahnung des BfR zur Vorsicht bestätigt“, sagte BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, „denn es gibt nach wie vor zu wenig gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse über die spezifischen Wirkungen von Silberpartikeln in Nanogröße.“

Nanosilber in Textilien

Metallisches Silber und verschiedene Silberverbindungen werden zum Beispiel in kosmetischen Mitteln sowie in unterschiedlichen verbrauchernahen Produkten vor allem wegen der antimikrobiellen Wirkung eingesetzt. Für Textilien spielen neben medizinisch-therapeutischen Anwendungen zunehmend auch Hygieneaspekte eine Rolle. Die antimikrobiellen Ausrüstungen der Textilfasern sollen hier vor allem der Geruchsbildung durch die mikrobielle Zersetzung von Schweiß entgegenwirken. Inzwischen werden dabei auch zunehmend Silberpartikel in Nanogröße verwendet. Unter Nanopartikeln werden Teilchen mit einem Durchmesser kleiner als 100 Nanometern verstanden.

Toxikologische Datenlage unzureichend

In seiner Stellungnahme Nr. 24/2010 hatte das BfR darauf hingewiesen, dass sich für Silber in nanoskaliger Form (Nanosilber) möglicherweise ein Wirkprofil mit zusätzlichen toxischen Wirkungen ergeben könnte, welche bisher für Silber nicht beschrieben wurden. Aufgrund der besonderen physiko-chemischen Eigenschaften der nanopartikulären Form ist ein verändertes toxikologisches Wirkpotenzial für viele Nanomaterialien bekannt. Der BfR-Workshop hat gezeigt, dass für nanoskaliges Silber bislang nur wenige toxikologische Daten vorliegen, die das Material unter Berücksichtigung nanospezifischer Aspekte experimentell untersuchten. Zudem war die Charakterisierung sowohl der verwendeten Partikel als auch die der Dosierung über viele Jahre nur unzureichend, unter anderem weil entsprechende analytische Methoden nicht zur Verfügung standen. Viele ältere Studien zu kolloidalem Silber, das heute häufig als Nanomaterial angesehen wird, erfüllen die Standards einer modernen Toxikologie nicht. Neuere Studien ergaben deutliche Hinweise auf bisher für Silber nicht bekannte Wirkungen. Dazu gehören krankhafte Veränderung von Gewebe in der Leber nach oraler und inhalativer Verabreichung sowie in der Lunge nach inhalativer Exposition, Veränderungen organspezifischer physiologischer Parameter und eine erhöhte Wirkstärke.

Führt Nanosilber zu Resistenzen gegen Silber oder Antibiotika?

Nur in wenigen gesetzlichen Regelwerken werden für die Inhaltsstoffe bestimmter Produkte Anforderungen zu Art und Umfang an toxikologischen Daten definiert, die für eine gesundheitliche Bewertung vor einer Vermarktung bzw. zur Fortsetzung der Vermarktung vorgelegt werden müssen. Auf Silber basierende Biozidprodukte werden zukünftig im Rahmen eines Zulassungsverfahrens geprüft. Für die gesundheitliche Bewertung müssen die Antragsteller die entsprechenden toxikologischen Daten vorlegen. Für verbrauchernahe Produkte wie Textilien gibt es hingegen keine Melde- oder Zulassungspflicht. Da die Industrie nicht verpflichtet ist, den Behörden toxikologische Daten für die Bewertung zur Verfügung zu stellen, fehlen diese oftmals, so dass das gesundheitliche Risiko von nanosilberhaltigen Produkten nur schwer oder gar nicht abgeschätzt werden kann. So liegen in der Regel selten Informationen bezüglich der Freisetzung von Nanosilberpartikeln aus Textilien und Produkten vor. Weiterhin ist die Datenlage über mögliche Auswirkungen auf die Ausbreitung von Resistenzen gegen Silber oder Antibiotika im spezifischen Anwendungskontext unzureichend. Auch die Aufnahme in den Körper ist bislang nicht ausreichend geklärt. Vor allem über die Aufnahme im Respirationstrakt (Lunge, Bronchien) sowie über die Verteilung der aufgenommenen Partikel im Körper (Toxikokinetik) nach Einatmen ist wenig bekannt. Zudem fehlen Daten zu Wirkungen auf die Haut (sensibilisierendes Potential, Reizwirkung), aber auch zur Reproduktionstoxizität, zur chronischen Toxizität und zum krebsauslösenden Potenzial.

BfR rät weiterhin von Nanosilber in verbrauchernahen Produkten ab

Von Bedarfsgegenständen und Produkten darf von Gesetzes wegen beim bestimmungsgemäßen Gebrauch und beim vorhersehbaren Fehlgebrauch keine Gefährdung der Gesundheit ausgehen. Da für nano-skalige Formen von Silber aufgrund der Datenlücken bislang jedoch noch keine abschließende Sicherheitsbewertung für Mensch und Umwelt vorliegt, rät das BfR auch weiterhin von einem breiten Einsatz von Nanosilber in verbrauchernahen Produkten ab.

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.

Literatur:

BfR, Sicherheit von Nanosilber in Verbraucherprodukten: Viele Fragen sind noch offen, PR 10/2011, 12.04.2011

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Umweltmediziner schließt Vergleich mit Kassenärztlicher Vereinigung

Dr. Peter Binz erwägt Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in siebenstelliger Höhe

Seit 2005 lief ein Verfahren gegen den Trierer Umweltmediziner Dr. Peter Binz. Die Kassenärztliche Vereinigung Trier bezichtigte ihn in einer Strafanzeige des Abrech- nungsbetrugs. Eine Praxis- und Hausdurchsuchung, Ermittlungen ohne Ende, Vernehmungen von Hunderten von Patienten aus ganz Deutschland, sowie zermürbende Schriftwechsel über sechs Jahre hinweg folgten. Im Mai 2010 wurde Anklage gegen den Arzt erhoben.

Die Kollegen aus der Umweltmedizin und vor allem die Patienten von Dr. Binz erklärten sich solidarisch mit dem über die Grenzen von Deutschland hinaus bekannten Arzt. In der Erstausgabe der CSN Zeitung Perspektiven wurde im Herbst 2006 detailliert berichtet. Die Zeitung enthielt Statements der Ehefrau von Dr. Binz, des Steuerberaters der Praxis und Solidaritätsbekundungen von Umweltorganisationen, Kollegen und Patienten. Zur Erinnerung und nochmaligem Nachlesen:

PERSPEKTIVEN – CSN Zeitung für Chemikaliengeschädigte und Umweltmedizin, Ausgabe 1, Herbst 2006 (pdf)

Anfang April 2011 wurde die Angelegenheit vor Gericht verhandelt und mit einem Vergleich beendet. Vorerst zumindest, denn Dr. Binz erwägt die Geltendmachung von Schadenersatz und Schmerzensgeld im siebenstelligen Bereich gegen die Kassenärztliche Vereinigung.

Näheres in einer Pressemitteilung der Anwaltskanzlei Dr. Hülsmann, Trier:

TRIER, den 11.04.2011

Betreffend die Verfahren gegen Herrn Dr. med. Peter Binz (70) , Liebfrauenstr. 4 a, 54290 Trier

  1. Strafverfahren vor dem Landgericht Trier wegen angeblichen Betruges (Az.: 8002 Js 31385/05; Anklageschrift vom 17.05.2010)
  2. Verfahren vor dem Sozialgericht Mainz (Az.: S 2 KA 33/07) Kläger: Dr. Peter Binz ./. Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz; Streitwert: 183.966,19 €
  3. Widerspruchsverfahren des Dr. Binz gegen den „Regress“ der Kassenärztlichen Vereinigung Trier über ca. 67.129,90 €

Aufgrund einer Strafanzeige der Kassenärztlichen Vereinigung Trier, die im Jahre 2005 seitens des Vorstandsvorsitzenden Dr. Karl-Heinz Müller, in die Wege geleitet wurde, erfolgte ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Trier, das in eine Anklage vom 17.05.2010 einmündete wegen Verdachts des Betruges. In dieser Anklageschrift wird ausgeführt, Dr. Peter Binz habe gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung in einer Vielzahl von Fällen zu Unrecht abgerechnet, obwohl er den Leistungsinhalt von Abrechnungsziffern nicht erfüllt habe.

Die Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft erfolgte vor 11 Monaten; über die Eröffnung es Hauptverfahrens beim Landgericht -Große Strafkammer- ist trotz Ablauf dieses ungewöhnlich langen Zeitraums immer noch nicht entschieden worden.

Parallel zu diesem Strafverfahren hat Herr Dr. Peter Binz unter dem Datum des 14.02.2007 Klage gegen einen „Regress“ der Kassenärztlichen Vereinigung erhoben, mit dem Antrag, den Regressbeschluss der Kassenärztlichen Vereinigung vom 17.07.2006 aufzuheben.

Innerhalb dieses Verfahrens erfolgte am 06. April 2001 vor dem Sozialgericht Mainz eine mündliche Verhandlung, die 2 ¼ Stunden andauerte.

Das Gericht, vertreten durch den Vorsitzenden, Vizepräsidenten des Sozialgericht Mainz, Herrn Höllein, hat innerhalb dieser mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, es müsse Herrn Dr. Binz Vorsatz oder zumindest grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden. Dazu habe jedoch das Gericht in den erteilten Bescheiden der Kassenärztlichen Vereinigung kein Wort gefunden (Telefon-Nr. des Vorsitzenden Höllein: 06131-1 41 52 80).

Es werde zwar innerhalb der Schriftsätze der Kassenärztlichen Vereinigung „irgendwo zum Ausdruck gebracht“, dass Dr. Binz ein „grobes Verschulden“ anzulasten sei. Aber begründet sei dies an keiner Stelle. Und dies wäre die wichtigste Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung gewesen.

Auch die anderen Gesichtspunkte, die bei einer Honorarberichtigung eine zentrale Rolle spielen, hätten von der Kassenärztlichen Vereinigung dargelegt werden müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen.

Das Sozialgericht hätte also voraussichtlich dem Klageantrag des Dr. Binz entsprochen; nur zur Abkürzung der beiden anhängigen Verfahren (eines davon ist noch im Verwaltungsverfahren anhängig) und angesichts des hohen Alters von 70 Jahren des Dr. Binz, seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung, der schwersten Belastungen durch die obig benannten 3 Verfahren und der jahrzehntelangen Verfolgung seitens der Kassenärztlichen Vereinigung wurde ein Vergleich dahingehend geschlossen, dass die Kassenärztliche Vereinigung den überwiegenden Teil der von Dr. Binz bereits erbrachten Zahlungen zurückerstattet.

Es handelt sich dabei um einen Betrag von mehr als 100.000 Euro.

Damit ist auch ein weiteres Regressverfahren der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz gegen Dr. Binz in einer Höhe von 67.129,90 € mit erledigt.

Dr. Binz braucht also diesen Betrag nicht an die Kassenärztliche Vereinigung zu zahlen (Telefon-Nr. der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, Hauptverwaltung Mainz: 06131-32 60, Herr Burkhard Lamby).

Der vorbenannte Herr Lamby von der Kassenärztlichen Vereinigung hat in einem beigefügten Schreiben vom 08.04.2011 dazu festgestellt:

„Sobald mir der Vergleich vorliegt, werde ich unmittelbar die entsprechende Auszahlung an Ihren Mandanten veranlassen.

Mit Blick auf die zuletzt geschlossene Ratenzahlung kann ich Ihnen mitteilen, dass wir die geplanten Verrechnungen ab der zweiten Rate bereits gestoppt haben.“

– –

Anhängig ist allerdings immer noch das Strafverfahren vor der Großen Strafkammer 802 Js 31385/05 mit einer Anklageschrift über 234 Seiten.

Nachdem das Sozialgericht Mainz die obig dargelegten Feststellung getroffen hat, haben wir uns daher mit Schriftsatz vom 08.04.2011 an die Große Strafkammer gewandt und in diesem Schriftsatz zentral ausgeführt, dass es bereits an einer vorsätzlichen Vermögensschädigung des Dr. Binz gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung fehle, also an der subjektiven Tatseite.

Mit der gerichtlich erklärten Bereitschaft der Kassenärztlichen Vereinigung, den überwiegenden Teil des von ihr bereits verein- nahmten Betrages an Dr. Binz zurückzuzahlen, hat sie selbst eingeräumt, dass der von ihr seinerzeit behauptete Schaden nicht gegeben ist.

Darüber hinaus steht durch die mündlich erfolgten Feststellungen des Sozialgerichts Mainz fest, dass weder ein Vorsatz noch eine grobe Fahrlässigkeit des angeschuldigten Dr. Binz hinsichtlich seiner Vorgehensweise festzustellen ist.

Sobald das Landgericht über die Zulassung oder Nichtzulassung der Anklageschrift vom 17.05.2010 entschieden haben wird, werden wir Ihnen weitere Mitteilung machen.

Dr. Binz erwägt die Geltendmachung von Schadenersatz und Schmerzensgeld im 7-stelligen Bereich gegen die Kassenärztliche Vereinigung.

Dr. Hülsmann, RA

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 12. April 2011

Literatur:

Dr. Hülsmann, Rechtsanwälte, Pressemitteilung betreffend die Verfahren gegen Herrn Dr. med. Peter Binz, 11.04.2011

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Radioaktive Strahlung – Aus diesem Alptraum gibt es kein Erwachen

Ein Alptraum wird wahr

Während das Atom-Desaster in Japan immer größere Ausmaße annimmt, werden immer mehr seiner Bürger und Bewohner zu den neusten Mitgliedern der Weltcommunity von Strahlengeschädigten. Sie bemerken wie Hibakusha (Überleb- ende der Atombombenabwürfe), Downwinders (die den Fallout der Atomtests in Nevada durch den Wind abbekamen), Uranbergleute, Atom-Veteranen (Soldaten, welche bei den ersten Test zugesehen haben) und die vielen, die an Orten wohnen, wo es Betriebe der Nuklearindustrie gab, wie sich ihr Leben durch eine gefährliche unsichtbare Bedrohung tiefgreifend verändert, so dass die Furcht vor radioaktiver Verseuchung und die Auswirkungen der Strahlung auf die persönliche Gesundheit und auf die Nachkommen alle Aspekte des sozialen, kulturellen, ökonomischen und psychologischen Befindens einfärbt.

Einige durch Strahlung generierte Communitys sind im Endergebnis geographisch bedingt: man wohnt Wind abwärts oder in Nachbarschaft von Uranminen oder Fabriken, Atomkraftwerken und Atommülldeponien, Atomwaffentestgebieten, Kampfplätzen oder militärischen Übungsgeländen. Andere Communitys kommen durch berufliche Strahlenbelastung zustande, als Soldat, Wissenschaftler, Bergarbeiter, Arbeiter in Kraftwerken oder an anderer Stelle. Typisch für solche Biographien sind aufgrund der mit ihnen verbunden Strahlenbelastung abnehmende Gesundheit, Schmerz und Leid durch Fehlgeburten und die Geburt missgebildeter Kinder, Probleme mit dem Großziehen körperlich behinderter Kinder und der Pflege immer schwächer werdender Senioren, Furcht vor und Angst wegen weiteren Belastungen, Furcht vor und Angst wegen unbekannten vererbbaren und anderen Folgen der Strahlenbelastungen und die psychosoziale Demütigung, Marginalisierung und Stigmatisierung, die üblicherweise Strahlungsopfergruppen widerfährt.

Das Leben in einem nuklearen Alptraum stellt eine Reihe stressiger und schwieriger Fragen oft immer wieder aufs Neue:

  • Wie kann man wissen, wann man in Gefahr ist, wenn man Strahlung nicht sehen kann?
  • Wie lange wird die Gefahr weiter bestehen?
  • Wie kann man den Schaden für sich und seine Familie verringern?
  • Welches Maß an Belastung ist unschädlich?
  • Wie bekommt man rechtzeitig lebenswichtige Informationen, um eine Belastung zu verhindern oder möglichst gering zu halten?
  • Was sind die potentiellen Risiken einer akuten oder chronischen Belastung?
  • Welchen Informationen vertraut man?
  • Wie kommt man nach einem atomaren Zwischenfall wieder zu einem gesunden Lebensstil?

Auf solche Fragen Antworten zu finden, ist im Chaos und Kontext einer gerade stattfindenden Katastrophe äußerst schwierig. Es ist umso schwieriger, wenn Regierung und Industrie die Informationen, die Notfallmaßnahmen und die wissenschaftliche Auswertung von Atomunfällen kontrollieren.

Wir können beispielsweise meteorologische Ereignisse vorhersagen und präsentieren. Doch im Gegensatz zu Vorhersagen von UV-Strahlung gibt es keine für die Öffentlichkeit zugänglichen Vorhersagen für Radioaktivität in der Atmosphäre. Radiologische Daten der Atmosphäre werden von der CTBTO gesammelt, der United Nations Preparatory Commission for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization (Vorbereitungkommission der UN für eine Organisation zu einem umfassenden Atomwaffen-Testverbot), eine Einrichtung in Wien, welche als Implementierungs-Instrument des Atomwaffen-Testverbot-Vertrages Radionukleide, seismische, hydroakustische und Infraschall Ereignisse auf dem ganzen Erdball überwacht. Seit Jahrzehnten nun wurden die Ergebnisse an die Mitgliedstaaten berichtet und haben bei der Entwicklung eines Tsunami-Frühwarnsystems eine Rolle gespielt. Warum gibt es kein Frühwarnsystem für radioaktive Niederschläge? Warum beschränkt sich das Wissen der Öffentlichkeit über lokale Strahlungsverhältnisse auf Geiger-Zähler Werte, die von unabhängigen Bürgern übermittelt wurden, während an der Westküste der Fallout herunter kommt?

Und warum gibt es, während die Welt wieder mal einen Schnellkurs über Atomreaktoren, abgebrannte Brennstäbe und Fallout erhält, keine eindeutige Meinung darüber, was dies für die örtliche und die globale menschliche Gesundheit bedeutet?

Informationen über die gesundheitliche Wirkung von Strahlung sind zwar immer mehr verfügbar, spiegeln aber weitgehend die Fehler und Verbiegungen der Forschung aus der Ära des Kalten Krieges wieder, welche Regierungs- und Industrieinteressen gedient hat. Ergebnisse, die der offiziellen Lesart widersprachen, wurden typischerweise zensiert, die Forscher erlitten Repressalien und wurden auf schwarze Listen gesetzt. Der Anthropologe [und spätere Friedensaktivist] Earle Reynolds – dessen Untersuchungen für die Atomic Bomb Casualty Commission zeigten, dass japanische Kinder, die von den Radioisotopen des Fallouts geschädigt wurden, viel kleiner als ihre Altersgenossen waren, eine geringere Widerstandskraft gegen Krankheiten und eine größere Anfälligkeit für Krebs, insbesondere Leukämie besaßen – musste z.B. feststellen, dass sein Bericht von 1953 zensiert wurde, da er Belege enthielt, die für ein weltweites Verbot von Atomwaffenversuchen sprachen. Nach Überprüfung dieser und andere historischer Dokumente, kam die 1994 eingesetzte Advisory Commission on Human Radiation Experiments zu dem Schluss, dass die Literatur zu Strahlung und Gesundheit aus den Jahren des Kalten Krieges stark bereinigt und zurecht geschrieben war, um zu beruhigen, die öffentlichen Proteste zu befrieden und gleichzeitig militärische und ökonomische Ziele durchzusetzen.

Jahrzehnte unter derartiger Kontrolle hämmerten wieder und wieder die Kernbotschaft in die Köpfe: Der Mensch habe sich in einer Welt entwickelt, in der es radioaktive Strahlung von der Sonne und von natürlich vorkommenden Elementen gab und eine gewisse Strahlung wäre natürlich und nützlich. Jede schädliche Wirkung von Strahlung wäre seltene und zufällige Folge hoher Strahlenbelastung. Alle sich aus einer Strahlenbelastung ergebenden negativen Gesundheitsfolgen sind auf das Individuum begrenzt und betreffen nicht die Nachkommen. Die Energieerzeugung durch Atomkraft ist sicher, die mit ihr verbundene regelmäßige Abgabe niedriger Radioaktivität stellt für die menschliche Gesundheit keine Gefahr dar. Diese Lesart war während den letzten Wochen in der einen oder anderen Form in den Pressemeldungen von Regierung und Industrie präsent.

Beispiel: In den ersten Stunden nach dem Erdbeben und Tsunami veröffentlichten die japanische Regierung und die Tokyo Electrical Power Company (TEPCO) Meldungen, die von geringen Schäden am Atomkraftwerk Fukushima sprachen. In den darauf folgenden Tagen berichteten Regierungs- und Industrievertreter vom „Ablassen von Wasserstoffgas“, behaupteten aber, dass „für die Gesundheit keine Gefahr“ bestünde. Diese Beteuerung nicht bestehender Gesundheitsgefahr wurde wiederholt, als es im Kraftwerk zu Wasserstoffexplosionen kam. In Wirklichkeit handelt es sich bei dem freigesetzten Wasserstoff um tritiumhaltigen Wasserdampf, ein Niedrigstrahler, der über die Haut, über die Atmung und beim Trinken von kontaminiertem Wasser aufgenommen wird. Tritium zerfällt durch Abgabe von Beta-Strahlung und hat eine Halbwertszeit von ungefähr 12,3 Jahren. Während des Zerfalls gibt Tritium Beta-Partikel mit sehr geringer Strahlungsenergie ab und verwandelt sich in das stabile nicht strahlende Element Helium. Nachdem Tritium in den Körper gelangt, löst es sich schnell auf, wird gleichmäßig verteilt und über den Urin innerhalb ungefähr eines Monats nach Aufnahme ausgeschieden. Es führt zu einer Belastung im Niedrigdosisbereich und kann für die Nieren von toxischer Wirkung sein. Wie jede ionisierende Strahlung, erhöht eine Belastung durch Tritium das Risiko, Krebs zu entwickeln.

Warum kommt Tritium in den Erklärungen von Regierung oder Industrie nicht vor? Relativ gesehen sind die Gesundheitsfolgen eines Niedrigstrahlers wie Tritium gering, vergleicht man sie mit den anderen strahlungsbedingten und toxischen Gefahren dieser Nuklearkatastrophe. Solche Unterlassungen sind in der Industrie gängige Praxis, um der Öffentlichkeit zu versichern, dass die normalen Betriebsabläufe eines Atomkraftwerkes keine wesentliche Bedrohung für die menschliche Gesundheit darstellen.

Es gibt andere Quellen beweiskräftiger Daten, die eine ganz andere Interpretation der Gesundheitsgefahren zulassen, welche mit diesem nuklearen Desaster verbunden sind: die Geheimhaltung im Kalten Krieg und die inzestuöse Natur der Regierung, die Absichten des Militärs und der Industrie machten es schwierig, die Annahmen, welche dieser „Vertrauen Sie uns“ Lesart zugrunde liegen in Frage zu stellen. Beispielsweise bedeutete die Annahme, dass die gesundheitliche Wirkung von Strahlung durch einen direkten Kausalzusammenhang (ein Isotop, eine Auswirkung) demonstriert werden müsse, dass zu kumulativen und synergistischen Effekten keine Forschung betrieben wurde. Die toxische Natur verschiedener Radioisotope herunter zu spielen oder zu ignorieren bedeutete, dass die Abschätzung von Gesundheitsrisiken und der Erlass von Vorschriften auf der Basis akuter Belastungen und deren Folgen (Strahlenkrankheit und tödliche Krebsfälle) vorgenommen wurden.

Die Freigabe der United States‘ human radiation experiment Dokumente (menschliche Bestrahlungs-Experimente) Mitte der 90’er Jahre, die Veröffentlichung ähnlicher Dokumente der Sowjetunion in den Jahren nach deren Zerfall, die Neubewertung der Atomic Bomb Casualty Commission Dokumente (Dokumentation zu den Opfern der Atombomben) und neuere von japanischen Wissenschaftlern durchgeführte Untersuchungen, Übersetzung und Veröffentlichung von Langzeituntersuchungen zu Tschernobyl-Arbeitern und anderen Überlebenden, und die Bemühungen, die Schäden durch Atomwaffentests und den durch sie verursachten Fallout auf den Marshall Inseln zu verstehen und zu beseitigen, all das hat zu einem Wissensstand geführt, der den Annahmen heftig widerspricht, die das Vertrauen in die Atomkraft und die in Fähigkeit bekräftigen, jegliches Desaster verhindern, handhaben, begrenzen, kontrollieren und beheben zu können.

Was wissen wir aus dieser Literatur von erforschter und gelebter Erfahrung?

  • Wir wissen, was Fallout ist, und dass Radionukleide über die Biotope von Meer und Festland in der Nahrungskette und im menschlichen Körper ankommen.
  • Wir wissen, dass die Bioakkumulation von Radioisotopen relative kleine „Spuren“ in der Umwelt verstärkt und bei Aufnahme größere Belastungen und signifikante negative Wirkungen auf die Gesundheit zur Folge hat.
  • Wir wissen, dass die Aufnahme selbst von winzigsten Partikeln langlebiger Isotope zum gesundheitlichen Verfall und zu tödlichen Krebserkrankungen führen kann.
  • Wir wissen, dass akute Belastungen weitaus komplizierter sind, wenn ihnen eine Dauerbelastung folgt, da solche Verletzungen kumulative und synergetische Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden haben.
  • Wir wissen, dass niedrige Belastungen mehr bewirken, als nur das Risiko zu erhöhen, Krebs zu bekommen; solche Belastungen bedrohen das Immunsystem, was eine Veränderung der Fruchtbarkeit, einen höheren Anteil an Geburtsfehlern, erhöhte Krebsraten, körperliche und geistige Entwicklungsstörungen, Stoffwechselerkrankungen und vorzeitiges Altern zur Folge hat.
  • Wir wissen, dass die toxischen Inhaltstoffe des Fallouts, wie die Strahlung selber, ein signifikantes Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen. Und wir wissen, dass sich die gesundheitlichen Folgen solcher Belastungen über Generationen erstrecken.

Sehen wir uns z.B. die Zusammenfassung von Tschernobyl-Erfahrungen an, die Alexy V. Yablokov, Vassily B. Nesterenko und Alexy V. Nesterenko’s 2009 bei der New York Academy of Sciences veröffentlicht haben. Zu den Gesundheitsfolgen gehören nicht nur das verbreitete Auftreten von Schilddrüsen-Erkrankungen und Krebsen (auf jeden Fall von Schilddrüsenkrebs durch Tschernobyl kommen ungefähr 1.000 andere Fälle von Schilddrüsen-Erkrankungen, was aufsummiert Millionen von Menschen mit endokrine Erkrankungen zur Folge hat). Studien im Anschluss an Tschernobyl bestätigen eine erhöhte Sterberate, Schädigungen und Behinderungen; onkolgische Erkrankungen [Krebs]; vorzeitiges Altern; und mehr nicht-maligne (gutartige) Erkrankungen (Blut, Lymphen, Herzkreislauf, Stoffwechsel, Hormonhaushalt, Immunsystem, Atemwege, urogenitaler Bereich, Knochen, Muskeln, Nervensystem, Augen, Verdauung und Haut). Diese Gesundheitsfolgen beschränken sich nicht einfach nur auf die Generation, die durch den Fallout geschädigt wurde. Aufgrund der langlebigen Natur von Radioisotopen und den mutagenen Veränderungen die eine Exposition bewirkt, sind die generationsübergreifenden Folgen von Tschernobyl gravierend.

Es gibt viel zu lernen, sowohl aus dem, was Strahlenschädigung für die menschliche Gesundheit bedeutet, als auch aus den vielen unterschiedlichen Strategien, die Menschen entwickeln, wenn sie anfangen, die Umweltgefahren und die Gesundheitsrisiken, die das Leben in einer verstrahlten Community mit sich bringt, zu verstehen und sich ihnen anzupassen. Es gibt vorsorgliche Strategien, um das Risiko zu minimieren. Anbau gesunder und schadstofffreien Lebensmittel, um die individuelle und die familiäre Gesundheit, als auch die der Community zu verbessern – was durch die gewährten Leistungen des Schadenersatz-Tribunales für die Atomwaffentests der Republik der Marshall Inseln (RMI) demonstriert wurde (ein von den Vereinigten Staaten eingesetztes und finanziertes Tribunal), um die Gemeinden von Bikini, Enewetak, Utrik und dem Rongelap-Atoll wieder herzustellen und zu entschädigen. Jahrelange Forschung und Sammlung von Zeitzeugenberichten über die Schäden durch den Fallout und die unterschiedlichen Ansätze, wie man solche Schäden beseitigen könnte, führten zu den Entschädigungszahlungen des RMI Nuclear Claims Tribunal (s.o.), die dafür vorgesehen waren, Erdböden zu dekontaminieren, die Gegenwart von Radioisotopen in der Nahrungskette zu reduzieren, eine neue Generation von marshallesischen Strahlungs-Gesundheits-Experten auszubilden und zu trainieren, ganzheitliche Gesundheitsvorsorge und andere Maßnahmen bereit zu stellen, die versuchen, einen nachhaltigen und gesunden Lebensstil wieder herzustellen. Solche Maßnahmen wurden jedoch nicht verwirklicht, da die Regierung der Vereinigten Staaten unter Bush die Ergebnisse des Nuclear Claims Tribunal nicht anerkannte. 2010 verweigerte der Supreme Court den Bewohnern der Marshall Inseln das Recht, für ihre Belange zu klagen und der Congress muss noch über einen Antrag abstimmen, das Tribunal vollständig zu finanzieren, um auf diese Weise den wuchernden Verletzungen, welche dieses ehemalige US-Gebiet auf sich genommen hat, gerecht zu werden.

Die Idealvorstellung des Regierens, wie sie durch die Verfassungen der Welt zum Ausdruck kommt, besteht darin, dass der Staat ein institutionalisierter Apparat ist, der die grundlegenden Rechte seiner Bürger auf Leben und dessen Grundlagen schützt. Das nukleare Desaster in Japan, wie andere katastrophale Ereignisse (Katrina, Tschernobyl) zeigen, wie weit wir uns von diesem Ideal entfernt haben. In jeden Entwicklungsstadium dieses nuklearen Alptraumes gab es das Bemühen, den Fluss der Nachrichten und ihren Inhalt zu kontrollieren, gesellschaftsweiter Panik (und dem damit verbundenen Vertrauensverlust in die Regierung) vorzubeugen, Verantwortlichkeiten zu reduzieren und die Interessen der nuklearen und anderer Industrien zu wahren. Solche Entscheidungen haben für die öffentliche Gesundheit grundlegende Konsequenzen.

Es gibt hier sehr viel zu lernen, nicht zuletzt, wie man reagieren, den Umweltgefahren und den Gesundheitsrisiken begegnen soll, die sich aus einem Leben in dieser nuklearen Welt ergeben. Wenn die Nationen der Welt ihre nukleare Energieerzeugung neu bewerten und ihre Energieentwicklungspläne neu abstimmen, sollten wir mehr denn je alle Daten nutzen unsere Entscheidungen auf Informationen zu stützen, insbesondere die Erfahrungen der Strahlungsopfer-Communities dieser Welt.

Autor: Barbara Rose Johnston für t r u t h o u t

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Zu obigem Foto: Bravo-Test über Enewetak, Marshall Inseln, Operation Castle, 1. März 1954. Speziell entwickelt, um eine größtmögliche Fallout-Wolke zu erzeugen, war der Bravo-Test die erste Explosion einer Wasserstoffbombe, die von einem Flugzeug abgeworfen wurde. Mit einer radioaktiven Wolke, die sich über mehr als 18.000 Quadratkilometer ausbreitete, war diese Detonation eine der größten Atomwaffen der USA, welche 23 japanische Thunfisch-Fischer außerhalb der „Gefahrenzone“ einer beinahe tödlichen Exposition aussetze, ebenso 28 Metereologen der US-Marine, welche die Strahlung in Rongerik überwachten und die gesamte marshallesische Bevölkerung von Rongerik und der Ailinginae Atolle. Der Fallout verteilte sich global, radioaktive Rückstände erreichten die amerikanischen Länder laut Berichten nach fünf Tagen. Damals bestätigten die USA der UN derart gefährliche Strahlenwerte innerhalb eines Radius von 100 Meilen (ca. 161 km), doch 1955 behauptete Kommissar Willard Libby, eine Untersuchung der Atomic Energy Commission habe ergeben, daß von dem Fallout wahrscheinlich keine Gefahr ausgehen wird. Tatsächlich geht aus einem 1999 freigegebenen Dokument hervor, dass der Fallout dieses Tests die gesamten Marshall Inseln mit einer hoch gefährlichen Kontamination überzog – 22 bewohnte Atolle eines Gebietes in der Größe von Mexiko – mit Kontaminanten, die bis zum heutigen Tag in der Nahrungskette und im menschlichen Körper vorhanden sind. (Foto: US Atomic Energy Commission / Department of Energy)

Barbara Rose Johnston ist Umwelt-Anthropologistin am Zentrum für Politische Ökologie in Santa Cruz, Kalifornien. Ihre Bemühungen, die Wirkung von Atomwaffen auf Mensch und Umwelt sowie Erfahrungen mit örtlichen Nuklearbetrieben des Kalten Krieges zu dokumentieren, sind in ihrem Sammelband „Half-lives and Half-truths: Confronting the Radioactive Legacies of the Cold War“ (SAR Press, 2007) veröffentlicht. Ebenso in dem von ihr mit Holly Barker verfaßten Buch „Consequential Damages of Nuclear War: The Rongelap Report“ (Left Coast Press 2008). Ihr allerneustes Buch ist „Life and Death Matters: Human Rights, Environment, and Social Justice“ (Left Coast Press 2011).

Originalartikel: Waking Up to a Nuclear Nightmare

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons Lizenz: by-nc. Für diese Übersetzung gilt: by-nc-sa. Das Foto der „Bravo“-Bombe ist Public Domain.

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Urteil: Gaststätten als Raucherclubs unzulässig

Gericht entscheidet gegen Raucherclubs

Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Eilbeschluss vom 4. April 2011 ein Rauchverbot für eine Gaststätte bestätigt, die nach Angaben der Inhaberin nur den Mitgliedern eines sogenannten Raucherclubs offen steht. Zuvor hatte bereits das Verwaltungsgericht Köln den Eilantrag der Gastwirtin gegen das von der Stadt Köln verhängte Rauchverbot abgelehnt.

Das Nichtraucherschutzgesetz NRW bestimmt, dass in Gaststätten grundsätzlich nicht geraucht werden darf. Ausnahmen macht das Gesetz u.a. für Räume von Vereinen und Gesellschaften, deren ausschließlicher Zweck der gemeinsame Konsum von Tabakwaren ist. Diese Voraussetzungen sah der Senat im Rahmen einer vorläufigen Prüfung hier nicht als erfüllt an. Der Zweck des Gesetzes, die Bürger wirksam vor den erheblichen Gesundheitsgefahren durch Rauchen in der Öffentlichkeit zu schützen, gebiete eine enge Auslegung der Ausnahmevorschrift. Nach der dem Gericht vorliegenden Vereinssatzung bezwecke der Verein die „Förderung“ des gemeinsamen Tabakkonsums. Dies gehe über den gesetzlich zulässigen Zweck – den tatsächlichen gemeinsamen Konsum von Tabakwaren – hinaus und ermögliche auch Nichtrauchern die Vereinsmitgliedschaft. Diese könnten am einzig zulässigen Vereinszweck aber nicht Teil haben. Zudem sei die Inhaberin der Gaststätte auf einen Gewinn durch den Verkauf von Speisen und Getränken angewiesen. Auch dieses gewerbliche Interesse werde vom Verein gefördert. Insgesamt sei es erkennbarer Zweck des Vereins, die Nutzung der Gaststätte in der vor Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes bestehenden Form zu sichern, und nicht nur, gemeinsam zu rauchen. Auf die Regelungen in der Vereinssatzung komme es insoweit nicht allein an. Maßgeblich seien auch die tatsächlichen Umstände. Deshalb sei es regelmäßig als unzulässige Umgehung des gesetzlichen Rauchverbots zu werten, wenn eine Gaststätte im Wesentlichen oder sogar ausschließlich den Mitgliedern eines Rauchervereins zur Verfügung gestellt werde.

Der Beschluss des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

Die Klage der Gastwirtin gegen das Rauchverbot (Hauptsacheverfahren) ist beim Verwaltungsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 7 K 4824/10 anhängig. Az.: 4 B 1771/10

Literatur:

Oberverwaltungsgericht Nordrhein Westfalen, Gaststätten als Raucherclubs unzulässig, 06. April 2011

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