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Muss man erst völlig zusammenbrechen, damit man Hilfe bekommt?

FORTSETZUNGSGESCHICHTE

Nicht verstehen können oder nicht verstehen wollen?

…Doch Joel hörte gar nicht die Worte seiner Mutter und tobte weiter. Dann warf er das Plüschtier in hohem Bogen in die Ecke der Stube, stand auf und trat gegen den Stuhl.

„Joel, Joel!“

„Carla, bleib ruhig. Der Schokoladenriegel ist schuld. Der Junge hat eine Reaktion. Dazu noch der Geruch von Omas Creme…“

„Was, jetzt bin ich schuld, wenn der Lausbub ausrastet? Das ist ja eine Unverschämtheit. Ihr solltet den Bengel mal richtig erziehen! Ich hätte ihn schon längst eine gefenstert.“

„Joel hat eine Reaktion, Oma! Er reagiert auf deinen Schokoriegel. Er verhält sich so nur, wenn er auf etwas reagiert, versteh doch das mal endlich“, wies Carla wütend die alte Frau zurecht.

Ihr gehört doch in die Klapse

Omas Augen funkelnden wütend und ratlos zugleich: „Ich habe Joel einen Schoko- riegel gegeben, kein Aufputschmittel oder Rauschgift! Ihr seid doch alle verrückt. Ihr gehört wirklich in die Klapse, aber alle.“

„Nur du nicht“, konterte Tim halbherzig. Es lohnte nicht, sich mit dieser verbitterten alten Frau anzulegen.

Dann glätteten sich die Wogen wieder. Der Tag verlief so, wie er wohl mehr oder weniger in allen Familien abzulaufen pflegt, mit Frühstück, Unterhaltung, Mittag, einem kleinen Spaziergang, Kaffeetrinken usw., wobei Carla und Joel jeweils ihre verträglichen Lebensmittel und Getränke zu sich nahmen. Gesättigt saßen sie auf den Polstermöbeln, eine gewisse Trägheit schlich sich ein, was die Oma veranlasste, langsam zum Fenster zu gehen, was die anderen nicht weiter beachteten.

Kompletter Zusammenbruch, Notfall

Carla spürte plötzlich einen Luftzug und gleichzeitig eine sehr unangenehme Misch- ung von Zigarettenrauch, Schornsteinrauch eines Kamins, Autoabgasen und Parfüm.

„Oma!“, schrie Carla, „…mach sofort…“

Weiter kam sie nicht mehr. Sie rutschte vom Sessel, röchelte, ihre Augen waren weit geöffnet.

Tim kniete sich neben ihr, schlug ihr leicht auf die Wange, aber Carla reagierte nicht. Sofort stülpte er ihr eine Keramikmaske über die Nase, die mit einer Sauerstoffflasche verbunden war und beatmete sie mit Sauerstoff. Mit Schrecken musste er feststellen, dass die Stahlflasche fast leer war. Er rief der Oma zu: „Ich muss Sauerstoff holen. Bin gleich wieder da. Bleib bei ihr und macht die Flasche leer.“

Als Tim zum Wohnhaus zurückkehrte, sah er einen Krankenwagen, dessen Türen gerade geschlossen wurden. Er hörte das laute Weinen seines Sohnes. Schlimmes schwante ihn. „Halt! Halt!“ schrie er aus Leibeskräften in Richtung des Krankenwagens, aber dieser setzte sich schon in Bewegung. Er eilte die Treppe auf, schloss und stieß die Tür auf: „Wo ist Carla?“

Benebelt, verwirrt

„Papa, Papa, sie haben Mutti weggeschafft“, schluchzte Joel. „Hab Oma gesagt, sie soll sie festhalten, aber sie sagte, dass es Mutti im Krankenhaus gut gehen wird…“

„Bist du vollends irre? Sie überlebt keine zwei Tage dort!“

„Unsinn, dort sind hochqualifizierte Ärzte, die endlich mal was unternehmen werden.“

„Unternehmen? Das Einzige, was ihr hilft, ist sofortige Gabe von medizinischem Sauerstoff. Jede Spritze, jedes Medikament, von den vielen Duftstoffen ganz zu schweigen, kann für sie tödlich sein. Die haben doch gar keine Ahnung.“

„Sie haben ja Carla gefragt, aber sie hat die Ärzte nur mit großen Augen angesehen und kein Wort gesagt. Nicht einmal ihren Namen wollte sie sagen.“

„Weil sie sich in solchen Momenten nicht ausdrücken kann. Sie ist dann wie benebelt oder verwirrt. Was hast du ihr nur angetan? Du hast nicht nur ohne Vorwarnung das Fenster geöffnet – womit alles begann – du hast auch noch den Arzt angerufen, der nur alles noch schlimmer macht und du hast zugelassen, dass man sie in das Krankenhaus voller Chemikalien brachte“, schrie er aufgebracht und schüttelte traurig mit den Kopf. „Lass uns allein. Ich kann dich nicht mehr ertragen“, sagt er noch leise und ging mit Joel in das Kinderzimmer, ohne der Oma noch eines Blickes zu würdigen.

Krankenhaus, Abteilung für Psychiatrien

Am nächsten Tag machte sich Tim früh auf den Weg zum Krankenhaus, um Carla zu besuchen. Er hatte Wegkleidung gleich mit eingepackt, denn er konnte sie keinen Tag länger im Krankenhaus lassen. Im Krankenhaus erfuhr er, dass auf richterlicher Anweisung Carla in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie gebracht wurde. „Warum? Warum?“, schrie er.

„Sie war völlig verwirrt, konnte uns nicht ihren Namen sagen, nicht ob sie Kinder hat oder verheiratet ist, einfach nichts, nur unverständliches Gestammel“, antwortete der diensthabende Arzt.

„Und sie haben ihr keinen medizinischen Sauerstoff gegeben?“

„Nein. Dafür bestand keine Notwendigkeit. Sie atmete selbstständig und war, von der Verwirrung abgesehen, bei Bewusstsein.“

Klappe zu – Gibt es keine Chance???

„Ich muss sie da rausholen!“

„Das geht nicht, nicht ohne, dass der richterliche Beschluss aufgehoben wird.“

Tim verließ fluchtartig das Krankenhaus. Noch im Krankenhaus fiel ihm Dr. Binz ein, von dem ihm eine Bekannte, die ebenfalls unter MCS litt, erzählte. Sofort nahm er mit ihm Verbindung auf und durch seine Hilfe gelang es tatsächlich, Carla nach wenigen Tagen wieder frei zu bekommen, wenn auch mit der richterlichen Auflage, dass sich Carla täglich in einer Tagesklinik zu melden habe. Dr. Binz setzte aber durch, dass Carla sich dort nur in einem Raum aufzuhalten brauchte, der für sie verträglich sein würde. Die Klinik stimmte zu, einen solchen Raum zu schaffen.

Ich habe Euch Unrecht getan, bitte verzeiht mir

Die Familie aß gerade Abendbrot, als es plötzlich klingelte. Es war Oma. Carla und Tim wollten gerade aufschreien, nur die rotgeweinten Augen der Oma hinderten sie daran. Schweigend setzte sich die Oma auf einen Stuhl, ohne ihren Mantel auszuziehen. Einige Minuten herrschte Schweigen, dann begann Oma mit zitternder Stimme zu reden: „Ich habe mich kundig gemacht. Fragt nicht bei wem. Ich habe euch, besonders dir Carla, Unrecht getan. Habe auch einen Film im Fernsehen über MCS gesehen. Mir wurde sogar von einer Psychologin berichtet, die an MCS erkrankte und am Ende die Schmerzen nicht mehr aushalten konnte und sich das Leben nahm. Ich erfuhr von einem jungen, MCS-kranken Mann, der gewaltsam in die Psychiatrie eingeliefert und mit Medikamenten vollgepumpt wurde. Nach seiner Entlassung brachte auch er sich um. Und das in unserem Rechtsstaat. Mir tut alles so leid. Bitte verzeiht mir. Wieder gut machen kann ich es nicht. Aber etwas helfen kann ich euch vielleicht doch“, schloss sie ihre Ansprache.

Was für eine Hilfe soll das werden?

Carla und Tim hörten wie versteinert die Worte der Oma. War das ihre Oma? Die gleiche Oma, der sie jahrelang MCS begreiflich zu machen versuchten und immer kalt abgefertigt wurden? Die sogar den Spruch fallen ließ, als das Paar um finanzielle Hilfe nachsuchte: „Weil du arm bist, musst du früher sterben, das ist jetzt wieder so.“ Diese Oma will jetzt helfen? Was soll das für eine Hilfe sein?

Als ahnte die Oma die Gedanken der beiden, fuhr sie fort: „Vor ein paar Tagen rief mich eine alte Freundin an. Alte Freundin, sage ich, sie ist aber bedeutend jünger wie ich. Jahrelang lebte sie zurückgezogen in einer – ich wollte es gar nicht glauben – Höhle, einer Wohnhöhle auf einer Insel. Die Höhle wäre sauber und trocken. Das Klima ganzjährig mild. Keine direkten Nachbarn und dennoch nicht so sehr weit bis in die Stadt. Nun, sie hat sich verliebt und will jetzt wieder zurück in die Zivilisation, wie sie sagte. Und stellt euch vor, sie will die Höhle verschenken, mit Mobiliar. Da habe ich an euch gedacht. Tim findet auf jeden Fall Arbeit dort und für das erste Jahr gebe ich euch was mit, womit ihr über die Runden kommt.“

Danke! ENDLICH

Ungläubig sahen sich Carla und Tim an. Träumten sie? Sie waren noch zu angespannt von den jüngsten Ereignissen, dass sich keine rechte Freude einstellen wollte. Doch dann huschte ein Lächeln über ihre Gesichter: „Danke Oma!“, sprachen sie wie im Chor.

„Aber nur, wenn du uns besuchst“, warf unerwartet plötzlich Joel ein. Tim wollte gerade die Augen verdrehen, aber ein sanfter Fußtritt Carlas besänftigten seine Augenmuskeln.

Sechs Monate später

… schaltete Tim am Morgen den Computer im Arbeitsraum ihrer Wohnhöhle ein. Carla und Joel schliefen noch. Ihnen ging es bedeutend besser. Freilich mussten sie sich weiterhin konsequent um ein cleanes Umfeld bemühen und aßen nur Bio-Kost. Aber hier ließ es sich aushalten. Wie würde es seiner Frau und den Jungen jetzt wohl gehen, wenn sie in Deutschland geblieben wären? Zudem hätte Carla sich weiterhin zwangsweise in eine Tagesklinik begeben müssen…

Schon lange hatte Tim sich vorgenommen, die Erlebnisse des letzten Jahres in Form einer Kurzgeschichte festzuhalten. Und so begann er zu schreiben: „Der vierjährige Joel lief schwermütig und keuchend an der Hand seiner Mutter. Das Atmen fiel den Kleinen schwer, weil er durch die Atemschutzmaske nur mühsam Luft bekam…“

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, Dezember 2010

FORTSETZUNGSGESCHICHTE:

Teil I: …und komme bitte nicht mit Parfüm

Teil II: MCS als Fiktion hinzustellen ist einfach, mit MCS zu leben ist schwer

Teil III: Die Problematik MCS ist der Regierung schon öfter unterbreitet worden

Teil IV: Umweltkrankheiten: Ich will mein altes Leben wieder

Teil V: Die Folgen sind bitter

Teil VI: Seit wann machen Krankheiten vor dem Alter halt?

Seit wann machen Krankheiten vor dem Alter halt?

Umweltkrankheiten – Der alltägliche Wahnsinn

FORTSETZUNGSGESCHICHTE

Das Telefon klingelte.

Tim hörte, wie Carla ihre Oma am Hörer begrüßte und sah, wie sie gleichzeitig die Augen verdrehte, als sie ihren Besuch für den nächsten Tag, am Samstag, ankündigte. Die Oma war nicht gern gesehen. Sie glaubte nicht an MCS, hielt die Symptome für psychisch bedingt und reagierte auf alle Bemühungen von Clara und Tim, ihr die Krankheit zu erklären, gereizt, besserwis- serisch und ablehnend. „…und komme bitte nicht mit Parfüm, Weichspüler oder sonst was für Duftstoffen“, mahnte Carla, wohl wissend, dass sich ihre Großmutter nur selten daran hielt.

„Oma, Oma, Oma kommt“, freute sich hüpfend Joel. Von Oma erhielt er immer ein kleines Geschenk. Carla und Tim gaben sich alle Mühe, den Jungen aus dem Spannungsfeld herauszuhalten.

„Das kann ja heiter werden“, stöhnte Tim. Carla umarmte ihn: „Für einen Tag müssen wir sie wohl erdulden.“

„Ja erdulden. Das ist schlimm, wenn man so über den Besuch eines der Großeltern denkt und fühlt. Aber es ist wirklich kaum zum Aushalten.“

„Überraschung“ am frühen Morgen

Oma war Frühaufsteher. In ihren Augen standen fleißige Leute immer früh auf, auch am Wochenende. Nur Faulpelze blieben lange im Bett liegen. Und so klingelte es auch um 7.00 Uhr. Schlaftrunkend schwankte Tim zur Wechselsprechanlage. „Hallo!“

„Hier ist die Oma. Lass mich mal rein.“

„Muss das sein“, murmelte er genervt. Natürlich hatte er vorher den Hörer wieder aufgelegt. Dann ließ er Oma rein. Sie strahlte. „Keine Sorge, ich bin duftfrei“, und während sie ihren Mantel ablegte, fragte sie halbfordernd:“Ihr seid doch schon auf?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht steht nur ein Geist vor dir“, frotzelte Tim, um Selbstbeherrschung ringend. „Aber duftfrei bist du nicht“, konnte sich Tim nicht zurückhalten zu bemerken.

„Quatsch. Ich habe nicht mit Weichspüler die Wäsche gespült, habe kein duftendes Waschpulver verwendet und mich auch mit neutraler Seife gewaschen.“

Trotzdem riechst du nach Duftstoffen. Mit was hast du dich eingecremt?“

„Na, auch neutral. Mit Nivea.“

„Duftfreie Nivea?“

„Na, mit ganz normaler Nivea-Creme eben. Die riecht doch kaum.“

Hab Dich doch nicht so

„Stimmt. Sie stinkt nicht so wie dein aufdringliches Parfüm, aber duftfrei ist sie deshalb noch lange nicht. Also Oma – unmöglich. Du weißt, wie krank Carla ist.“

„Die soll sich nicht so haben. Das bisschen wird sie wohl aushalten. So eine junge Frau?“

„Seit wann machen Krankheiten vor dem Alter halt?“

„Was hat sie denn? Hat sie eine schwere Infektion? Hat sie Rheuma oder ist sie Herzkrank? Fehlt ihr ein Bein? Sie ist organisch gesund, man konnte doch bei ihr nichts finden. Also ist es nicht organisch, sondern nur funktionell, oder psychosomatisch, wie man heute sagt.“

Von wegen psychisch

„Du irrst dich. Durch Gehirnscann weiß man inzwischen, dass es nicht psycho- somatisch ist.“

„Gehirn was? Ist auch egal. Die meisten Nerven sind doch im Gehirn oder? Na siehste, also doch nervlich oder funktionell.“

Tim winkte resignierend ab. Es hat keinen Zweck.

Oma öffnete die Stubentür. Tim konnte gerade noch „Vorsicht“ rufen, als die Oma schon auf Carla zueilte. „Oma, Oma“, kam ihr der rennende Urenkel zuvor und umklammerte sie, so dass sie Mühe hatte sich auf den Beinen zu halten. Oma lachte vergnügt, steckte den Jungen Schokoriegel zu, die der Kleine sofort aus der Verpackung befreite und in seinen Mund stopfte.

„Joel, warte, du weißt doch gar nicht, ob sie aus den Bioladen…“

Doch Joel kaute schon genüsslich den Schokoriegel.

„Oma – wo hast du den Schokoriegel gekauft?“, fragte Carla mit durchdringenden Blick.

„In einem reinen Süßwarenladen. Glaub mir, die haben dort nur beste Qualität. Dort wird Schokolade noch mit Kakaobutter hergestellt. Nur beste Zutaten und…“

Bio-Mist?

„Oma! Stell dich bitte nicht so an. Du weißt ganz genau was ich meine.“

„Ach du mit deinem Bio- Mist. Das ich auch nichts anderes. Denkst du, das ist gesünder? Im Fernsehen haben sie gesagt, dass die Biosachen dieselben Nähr- stoffe haben.“

„Erstens stimmt das nicht ganz. Die Vitalstoffe sind höher. Und zweitens – dass ist für uns wichtig – enthalten sie keine Pestizide, Fungizide und Kunstdünger.“

„Die sind doch bis zur Ernte schon lange abgebaut.“

„Erzähl nicht solchen Unsinn, Oma, und vor allem plapper nicht alles nach, was du von den Lobbys der konventionellen Landwirtschaft hörst. Schließlich hat Greenpeace Rückstände von diesen Zeugs in Obst, Gemüse und Gewürzen schon mehrfach gefunden. Auch Ökotest. Und wir vertragen das nicht Oma. Ist das nun mal klar?!“

Wir leben heute noch

Wir vertragen das nicht“, äffte die Oma kopfschüttelnd nach. „Weißt du, was wir während und nach dem Krieg essen mussten? Und wir leben heute noch.“

„Das ist etwas ganz anderes, Oma, und wir haben schon hundertmal darüber gesprochen. Ich habe weder Zeit noch Nerven, dir alles noch einmal zu erklären, zumal du sowieso auf deiner Meinung beharrst.“

„Na und. Das darf ich wohl mit meinen dreiundachtzig Jahren, oder? Muss ich dich da erst um Erlaubnis bitten?“

„Nein, nein, nein – denk was du willst. Aber wir tun es auch und müssen oder wollen so leben, wie es uns gut tut.“

Plötzlich schrie Joel wie am Spieß. Er saß am Boden mit seinem Plüschhund und schlug wütend auf ihn ein. Immer und immer wieder.

„Joel! Was ist los?!“, fragte Carla…

Fortsetzung folgt.

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, Dezember 2010

FORTSETZUNGSGESCHICHTE:

Teil I: …und komme bitte nicht mit Parfüm

Teil II: MCS als Fiktion hinzustellen ist einfach, mit MCS zu leben ist schwer

Teil III: Die Problematik MCS ist der Regierung schon öfter unterbreitet worden

Teil IV: Umweltkrankheiten: Ich will mein altes Leben wieder

Teil V: Die Folgen sind bitter

Die Folgen sind bitter

Alltagschemikalien – Für Chemikaliensensible ein Dauerbrenner

FORTSETZUNGSGESCHICHTE

… „Was ist nun mit dem Zweiten Punkt?“, fragte Carla.

„Was? Was für einen, eh, Zweiten…“ stotterte irritiert Tim, der sich wunderte und freute, dass die Stimme seiner Frau fester klang.

„Na von „mobil“, der Zeitschrift von gestern, weißt du noch?“

„So wichtig war das auch nicht“, wehrte Tim ab, der seine Frau nicht noch mehr beunruhigen wollte.

„Nun komm schon!“

Tim holte die Zeitschrift, schlug sie auf und tippte auf den Artikel „Düfte als Dauerbrenner“.

Da musste Carlo zum Erstaunen von Tim lachen: „Ja, Düfte sind wirklich für uns Chemikaliensensible ein Dauerbrenner.

„Nur wenn der Firmeninhaber der Engels Kerzen GmbH sagte, dass Duftkerzen der Wachstumsmotor der Kerzenbranche sind, dann kannst du dir ausmalen, wie sehr die Belastung mit künstlichen, um nicht zu sagen chemischen Duftstoffen steigen wird. Weißt du noch, als wir unsere Schrankwand entsorgen mussten, weil der Duftkerzengeruch der Duftkerzen, die wir früher selbst verwendet haben, als du noch gesund warst, nicht mehr zu entfernen war? Wir waren ganz erstaunt darüber, wie viel Fächer nach Duftstoffen rochen. Das Zeug bekommst du ebenso wenig aus einer Wohnung raus wie den Zigarettengeruch aus einer Raucherwohnung. Auf keinen Fall jedenfalls mit dem Niveau, dass für MCS-Betroffene nötig ist.“

„Wie könnte ich das vergessen…“

„Engels sagte, dass sie jährlich neue Farben und Gerüche entwickeln. Ich fürchte, dann sind Düfte in Kerzen bald so selbstverständlich wie in Weichspüler, Wasch- mittel, Spülmittel und fast allen anderen Haushaltschemikalien.“

Wasser- und Luftverschmutzung

„Da brauchen wir uns wirklich zu wundern Tim, warum es in der Umgebung der Wohnhäuser so stinkt, warum selbst die Abwässer eher wie widerliche Duftkonzentrate, statt abwassertypisch riechen. Buchstäblich alles, was Menschen heute umgibt, ist in Duftstoffen eingehüllt. Das ist die reinste Geruchsstoff- verschmutzung. Natürliche frische Luft gibt es kaum noch. Auch die Flüsse stinken schon zeitweilig nach Duftstoffen und sogar Wälder werden von Duftstoffschwaden durchzogen. Das ist doch nicht normal.“

„Glaubst du, dass das die anderen Menschen überhaupt riechen, Carla?“

„Da habe ich teilweise meine Zweifel. So wie sich die Menschen an den hohen Salz- oder Zuckergehalt von Lebensmitteln, an künstliche Aromen und Geschmacks- verstärker gewöhnt haben, so haben sie sich an die Duftstoffe gewöhnt. Der Gewöhnungseffekt erfordert immer stärkere Geruchsstoffe. Man ist daher stolz darauf, Duftstoffe für Weichspüler entwickelt zu haben, die mehrere Waschmaschinen- waschgänge überstehen. Wenn dann die Duftrichtung gewechselt wird, weißt du, was dann für Mischungen entstehen?“

Denken Hersteller nicht an Allergiker?

„Carla, wir müssten einfach mal Herrn Engel und eigentlich alle Kerzenhersteller fragen, ob er auch an die Allergiker und MCS-Kranken denkt. Warum wird bei der Entwicklung von Duftstoffen nicht auch danach geforscht, dass sie keine große Reichweite haben? Eine Frau muss keine zwanzig Meter lange Duftfahne hinter sich her ziehen. Duftstoffe in Kerzen können nach dem Verbrennen der Kerze eine nur kurze Lebensdauer haben und müssen nicht noch wochenlang, Monate oder Jahre auf Gegenständen zu riechen sein. Das tun natürliche Duftstoffe auch nicht. Sie müssen auch nicht die Fähigkeit haben, während des Nichtbrennens der Kerze so intensiv, um nicht zu sagen aggressiv zu riechen und an Gegenständen so permanent zu haften.

Die Natur ist nicht so aufdringlich

Wenn sich die Duftstoffe der Pflanzen in der Natur auch so aggressiv verhalten würden, dann könnten wir keinen Spaziergang über eine blühende Wiese überstehen. Unsere Kleidung, Haut und Haare würden extrem nach Wiesenblütenduft riechen und der Geruch wäre nur durch mehrmaliges Waschen über einen längeren Zeitraum zu entfernen. Ständig würden massiv andere Gerüche auf uns einstürmen, so dass wir gar nicht mehr wüssten, was wie riecht. Wir könnten keine Fenster mehr öffnen, weil der Raum voll wäre von konzentriertem Duft, der durch einfaches Lüften nicht mehr zu entfernen wäre. Die Möbel würden jahrelang riechen…“.

Gerüche, Gerücht, Geh-Rüche

„Tim, früher habe ich einmal davon geträumt, dass das oft vorausgesagte Geruchskino bald Realität werden möge. Und jetzt? Jetzt sind Gerüche für uns zu „Geh-Rüche“ geworden, GEH-RÜCHE, vor denen man wegzugehen, zu fliehen hat, will man nicht noch kränker werden.“

„Da gibt es noch ein anderes, ähnliches Wort Carla: GERÜCHT, also eine unwahre oder zweifelhafte Behauptung, die in die Öffentlichkeit lanciert wurde. Wie ein Geruch durchdringt das Gerücht die Öffentlichkeit und bleibt am Bewusstsein der Menschen hartnäckig haften. Also ein GEH-RÜCHT, denn es geht zu den Menschen hin, um die Schadensbrut in den Gehirnen abzulegen. Geistige Schlupfwespen sozusagen. Selbst wenn das Gerücht widerlegt, also gereinigt wurde, hinterließ es oft fast unauslöschbare Spuren in den Hirnen der Menschen.“

Der Kreis schließt sich

„Wie Chemikalien und Duftstoffe in den Hirnen von MCS-Kranken auch“, stellte Carla eine Parallele her. „Womit sich der Kreis zwischen Gerüche und Gerücht wieder schließt. Moleküle von Duftstoffen, flüchtigen Substanzen, Schwermetalle und Gerüchen dringen über die defekte Bluthirnschranke von MCS-Kranken ein und lösen ein Chaos im Gehirn aus. Dabei reichen geringste Mengen aus, die dann zu massiven Symptomen führen.“

„Genau Carla. Diese wenigen Moleküle wirken bei MCS-Kranken wie ein materialisiertes Gerücht von einer augenblicklich großen körperlichen Gefahr, versetzen dadurch das Gehirn in eine Art Ausnahmezustand.“

Der Körper von Menschen mit MCS reagiert anders

„Und das, Tim, führt wieder dazu, dass diese MCS-Reaktionen so massiv und gewaltig sind, dass es für deren Auslösung unerheblich ist, ob die Schadstoffe in so großen Menge eingedrungen sind, dass sie einen erheblichen Schaden im klassischen Sinne einer Vergiftung direkt anrichten können oder nicht. Durch die defekte Bluthirnschranke und die mangelhafte Entgiftungsleistung der Entgiftungs- organe, wodurch die gespeicherte Schadstoffmenge grundsätzlich überdurch- schnittlich erhöht ist, ist das Gehirn und letztlich der Körper nicht in der Lage, so zu reagieren, wie es bei Menschen ohne MCS der Fall ist.“

„Also doch Psychopharmaka, die das Gehirn beruhigen?“, provozierte grinsend Tim.

Warnsignale beachten

„Blödmann. Eben nicht. Der Körper muss entgiftet werden, soweit das möglich ist. Ob sich die Bluthirnschranke wieder erholt? Schwer zu sagen. Jedenfalls bleibt ohne Entgiftung und das Leben in einem cleanen Umfeld der Körper in einem Zustand, wo er immer extrem auf geringste Chemikalien reagieren wird. Daran können Psychopharmaka gar nichts ändern. Und selbst wenn, was wäre denn die Folge?

Die Ansammlung der Schadstoffe geschieht mit einem noch größeren Tempo, weil der Körper durch fehlende Reaktionen keine Warnsignale mehr aussendet, und der totale Zusammenbruch kommt dann viel schneller als ohne Psychopharmaka. Sind schon MCS-Kranke generell vergleichsweise hoch selbstmordgefährdet, dann diejenigen, denen man Psychopharmaka gab, aus Erfahrung extrem. Es ist sicher nicht nur ein Gerücht, dass die meisten MCS-Kranken, die Suizid beginnen, Psychopharmaka einnahmen und dann dies taten, als diese Mittel abgesetzt wurden oder werden mussten.“

Fortsetzung folgt.

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, Dezember 2010

FORTSETZUNGSGESCHICHTE:

Teil I: …und komme bitte nicht mit Parfüm

Teil II: MCS als Fiktion hinzustellen ist einfach, mit MCS zu leben ist schwer

Teil III: Die Problematik MCS ist der Regierung schon öfter unterbreitet worden

Teil IV: Umweltkrankheiten: Ich will mein altes Leben wieder

Norwegischer Allergie und Asthma Verband bittet darum, keine Parfüms zu benutzen

Präventionsmaßnahmen für die Gesundheit sind gut für uns alle!

Immer mehr Menschen wenden sich an den norwegischen Asthma und Allergie Verband (NAAF) und beklagen, dass sie krank werden durch Parfüm ihrer Mitmen- schen. Es riecht überall danach und die Parfüms übertönen oft alles.

Gleichzeitig mit dem Umsatzanstieg von „gutem Duft“ leiden immer mehr Kinder unter Allergien. Rund 1,5 Millionen Menschen kämpfen in Norwegen mit irgendeiner Form von Allergie oder Überempfindlichkeit. Verstärkt wird das Problem der Duftstoffe, weil sie Chemikalien enthalten.

Steigende Tendenz bei Verkaufszahlen für Parfüms und Duftstoffe

Während der norwegische Allergie und Asthma Verband immer mehr Beschwerden registriert, steigen gleichzeitig die Verkaufszahlen von „gutem Duft“. Zahlen aus KLF zeigen, dass Männer und Frauen in den letzten Jahren zunehmend mehr Geld aus- gegeben haben für den Kauf von Parfüm und anderer duftender Kosmetik.

Parallel dazu benutzen wir immer mehr verschiedene Anti-Allergiemedikamente. Der Verbrauch an Medikamenten stieg in den vergangenen fünf Jahren um 25 %.

Duftstoffe sind lästig, oder machen krank

NAAF sagt, dass diejenigen, die sich zunehmend wegen ihrer Beschwerden bei ihnen melden, sich in zwei Gruppen unterteilen lassen:

  • Einige sagen, dass es einfach lästig geworden sei mit der Beduftung, es rieche überall und alles.
  • Andere werden krank von Duftstoffen oder bekommen schwere allergische Reaktionen und Asthmaanfälle.

Beschwerden auf Duftstoffe auch ohne vorherbestehende Krankheit oder Allergien

Fakt ist, starke Gerüche können tränende Augen und Nase, Juckreiz, Ekzeme, Kopfschmerzen und Asthma-Anfälle verursachen. Man muss allerdings keine allergischen oder asthmatischen Beschwerden haben, um Kopfschmerzen, Übelkeit oder andere Beschwerden zu bekommen, wenn ein Kollege oder eine Verkäuferin sich mit Parfüm überschüttet hat. Kinder seien durch Duftstoffe besonders gefährdet, sagt NAAF.

Freiheitseinschränkung wegen Duftstoffen

Das, was „Guter Duft“ für viele ist, zerstört einen Großteil des täglichen Lebens für immer mehr Mitmenschen. NAAF will daher jetzt „Guten Duft“ aus Öffentlichen Gebäu- den weghaben.

Die meisten Menschen verstehen nicht, dass auch viele Alltagsprodukte Parfüm enthalten. Duftstoffe stecken überall drin, von Haarpflegeprodukten, Cremes, Kos- metika, Deodorants, in Waschmitteln, Weichspülern, usw.

Neue Volkskrankheit?

Der Verbrauch an duftenden Produkten ist recht drastisch gestiegen in den letzten Jahren, gleichzeitig aber auch die Anzahl der Menschen, die unter Parfümallergie leiden. „Dies ist in vielerlei Hinsicht eine neue Volkskrankheit“, sagte NAAF Generalsekretär Geir Endregard.

Fair sein und duftfreie Alternativen benutzen

Es gibt neutrale Alternativen zu den bedufteten Produkten. In Apotheken bekommt man auch unparfümierte Deodorants und Kosmetika und die Nachfrage für diese Art Produkte hat stark zugenommen. NAAF möchte die Bevölkerung dazu bringen, dass sie aufhören, Parfüm und parfümierte Produkten zu benutzen. Die Menschen sollen verstehen, dass deren Parfüm ein direktes Problem sein kann für viele Leute.

Barrierefreiheit im Gesundheitssystem angestrebt

„Darüber hinaus müssen Gesundheitsbehörden sicherstellen, dass Angehörige in den Gesundheitsberufen die Kompetenz haben, diejenigen, die durch Parfüm und Duftstoffen tatsächlich krank werden, richtig zu behandeln, und wir müssen auch daran arbeiten, dass Parfüm aus der Öffentlichkeit verschwindet, so dass diejenigen, die darunter leiden, auch am öffentlichen Leben teilhaben können“, sagt NAAF Generalsekretär Geir Endregard.

NAAF – Neuer Strategieplan 2010-2013

Um den Anstieg von Krankheiten zu reduzieren, hat NAAF folgende Zielsetzung:

  • Rauchen und die Verwendung von Duftstoffen in öffentlichen Räumen ganz verbieten
  • Probleme bezüglich der Innenraumluft in den Innenräumen norwegischer Gebäude lösen, als Erstes in den Schulen und Kindergärten
  • Reduzierung der allgemeinen Luftverschmutzung
  • Gefährliche Stoffe und Allergene in Kosmetikprodukten entfernen

NAAF’s Generalsekretär Geir Endregard meint, dass es sehr wichtig sei, Rauchverbot auch in Privathaushalten durchzusetzen. Es seien immer noch zu viele Kinder Passiv- rauch ausgesetzt. Dort, wo Eltern keine Verantwortung übernehmen, muss das Gesetz angreifen.

Kindergesundheit sei viel wichtiger als persönliche Freiheit!

Autor: Alena für CSN – Chemical Sensitivity Network, Norwegen, 9. Dezember 2010

Photo: NAAF Generalsekretär Geir Endregard / NAAF

Weitere CSN Artikel über MCS und Duftstoffallergien in Norwegen:

…und komme bitte nicht mit Parfüm

FORTSETZUNGSGESCHICHTE

Der vierjährige Joel

lief schwermütig und keuchend an der Hand seiner Mutter. Das Atmen fiel dem Kleinen schwer, weil er durch die Atemschutzmaske nur mühsam Luft bekam. Carla, seiner Mutter, erging es mit ihrer Maske nicht viel besser, aber sie bemühte sich durch aufmunternde Worte, die immer wieder aufkommende Schwermut des Jungen zu vertreiben. Sie hoffte, dass er nicht gleich wieder mit seiner quälenden Fragerei begann; quälende Fragen auch für sie, die sie mit einem Lächeln in der Stimme zu entschärfen suchte:

  • Mutti, warum wird es uns schlecht, wenn wir keine Maske tragen?
  • Mutti, warum müssen wir draußen bleiben, wenn Papi einkauft?
  • Warum schließt du immer die Fenster, wenn gerade die Sonne so schön scheint?
  • Wieso sind Weichspüler und Parfüm für uns giftig und für andere Menschen nicht?
  • Warum wird es mir schlecht, wenn ich mit anderen Kindern spiele?
  • Warum sind wir so anders wie die anderen…

Fragen über Fragen, deren Antworten nur erklären, aber nicht trösten können.

Carla hoffte also, dass er sie nicht wieder mit Fragen löcherte, aber das Schweigen des Kindes, das sogar seine ausdruckslosen Augen unterstrichen, bedrückte sie noch mehr als die unausgesprochenen Fragen.

Blitzartig drückte sie ihre Atemschutzmaske und die des Kleinen fest an das Gesicht: Ein rauchender Radfahrer war an ihnen vorbeigefahren und der Tabakgestank drang sogar durch ihre Masken. Nach einigen Minuten riss sich Carla hustend und röchelnd die Maske vom rot angelaufenen Gesicht und presste die Atemmaske der Sauerstoffflasche – die sie immer bei sich hatte – an Mund und Nase. Tief atmend sog sie den Sauerstoff ein. Joel sah ihr dabei ohne große Beunruhigung zu. Er wusste, dass er seiner Mutter nicht helfen konnte, dass ihre Reaktion auf den Zigarettenqualm immer sehr qualvoll waren, aber auch, dass der Sauerstoff ihr nach einigen Minuten Linderung verschaffen würde. Meistens waren Zigarettenrauch, qualmende Schornsteine – sogar im Garten, wenn Gartennachbarn heizten – Weichspüler und Parfümgerüche schuld an solchen Atemnotattacken. Ihn selbst belasten diese Gerüche auch sehr, aber nicht so schlimm wie seine Mutti.

„Mama, warum müssen die anderen Leute immer so sehr riechen, dass es uns schlecht wird?“, fragte Joel nun doch. Carla, die sich noch nicht völlig wieder erholt hatte, presste ein „tun sie nicht mit Absicht“ hervor. „Sie wissen nichts von unserer Krankheit und können sich nicht vorstellen, wie sehr Duftstoffe schädlich sein können“, ergänzte sie, nach dem sie noch einige Mal gehustet hatte.

„Und die Farben und Lacke, Mama?“ Carla musste trotz ihres Zustandes schmunzeln und war erstaunt, wie gut ihr Sohn aufgepasst hatte, wenn sie etwas erklärte. Über Farbe und Lacke hatten sie sich vor einige Tage unterhalten. Joel wollte sich nur bestätigt fühlen und so stimmte Carla zu: „Ja, auch die Farben und Lacke sind gefährlich“. „Die mit den Lösungsmitteln“, hackte der Kleine nach. „Genau!“

Carla seufzte leise. Ihr ging es immer noch nicht gut. Aus den Augenwinkeln versuchte Joel unauffällig einen Blick von ihr zu erhaschen und Carla tat so, als bemerkte sie es nicht. Sie versuchte zu lächeln, um Joel von ihren Zustand abzulenken. Doch das war zwecklos, der Junge durchschaute diese gutgemeinte Schauspielerei sofort. Sie machte ihn eher wütend: Wie kann diese verfluchte Krankheit seine Mama zwingen, zu lächeln, wenn es ihr doch so schlecht geht?

Gegenseitig konnten sich die beiden Leidgeprüften einfach nichts vormachen. Die gemeinsame Krankheit schien einen Großteil des Altersunterschiedes zwischen Mutter und Sohn aufzulösen…

„Ey Alter – ist wohl schon Fasching?“,

rief eine Stimme aus einer johlenden Menge von Jugendlichen, die sich über die Atemmasken der beiden amüsierten.

‚Blöde Kerle´, dachte Carla und überlegte, was sie ihnen erwidern sollte. Kurz entschlossen ging sie auf die Jugendlichen zu, holte ein Bündel Flyer über Multiple Chemische Sensibilität aus ihrer Tasche und drückte sie einem der Jugendlichen in die Hand: „Hier – Karnevalsinfos. Ich hoffe, ihr könnt euch totlachen“ sagte sie mit sarkastischer Stimme, drehte sich um und eilte zu Joel.

„So´n Quatsch“, hörte sie eine Stimme.

„Überhaupt nicht“, konterte eine andere. „Eine Bekannte von mir verträgt ebenfalls kein Parfüm und nix was duftet“.

Carla begann sich für die Diskussion zu interessieren und setzte sich mit Joel auf eine nahe stehende Bank.

„Hab nebenher einen Film bei ARTE gesehen, den meine Alten sich reinzogen. Die haben gesagt, dass es fünfmal mehr Plastikmüll in den Ozeanen gibt wie Plankton.“

„Na und Alter, dass verschwindet auch wieder. Löst sich auf und so.“

„Haste‘ ne Scheibe? Nix mit auflösen oder Abbau. Es zerfällt nur in immer kleinere Teile bis Planktongröße. Dann wird das Zeug von Fischen gefressen. Guten Appetit Alter! Plastikbestandteile werden inzwischen schon im Menschenblut nachgewiesen“

„Was ist heute schon noch gesund“, sagte ein schwarzhaariges Mädchen.

„Nun übertreibt mal nicht. Wir haben die besten Lebensmittel seit Jahrhunderten.“

„Aber natürlich – mit der höchsten Chemiebelastung seit Jahrhunderten.“

„Na und, dafür gibt es genug Lebensmittel für alle zu bezahlbaren Preisen. Außerdem gibt es für alles Grenzwerte.“

„Mann, bist du bescheuert“, regte sich ein etwas älterer Jugendlicher auf, der gut ein Student sein konnte. „Was bedeuten schon Grenzwerte? Sie fragen nicht danach, ob du noch ein Kind bist, ob du weiblich oder männlich, ob du jung oder alt, ob du gesund oder krank bist und unter was für einer Krankheit du leidest. Und wenn es für viele tausend Chemikalien Grenzwerte gibt, wer sagt dir, dass diese in Kombinationen nicht erheblich giftiger und schädlicher sind? Und was ist mit denen, die schon vorbelastet sind oder deren Entgiftungsorgane nicht optimal arbeiten?“

„Genau“, pflichtete das schwarzhaarige Mädchen bei. „Die Grenzwerte sind doch nur Beruhigungspillen für die Bevölkerung, damit die Chemieindustrie mit ihrem Chemiedreck weiterhin unseren Alltag völlig durchdringen kann.“

„Ach so, die böse, böse Chemie. Und was verdanken wir ihr alles? Warum macht ihr alles so einseitig schlecht?“

„Man, darum geht es doch gar nicht“, meldete sich der Studententyp wieder zu Wort. „Es geht darum, dass einfach keine chemischen Produkte für die Verbraucher oder den Einsatz in der Wirtschaft oder im öffentlichen Raum zugelassen werden dürfen, bis zweifelsfrei sicher ist, dass sie nicht gesundheitsgefährdend sind. Auch dann nicht, wenn sie schon lange Zeit der Witterung ausgesetzt oder im Gebrauch sind. Warum leiden denn heute immer noch Menschen unter dem Einsatz von Holzschutzmitteln, zu wenig geprüften Medikamenten, Ausdünstungen von Teppichen, Farben, Spanplatten usw.?“

„Er hat Recht“, sagte ein Rotschopf, der sich bis dahin zurückgehalten hatte. „Es gibt immer mehr Allergien. Immer mehr Kinder haben ADHS. Und in den blöden Plastikflaschen stecken hormonartige Substanzen. Einer Neunjährigen wuchsen dadurch schon Brüste und sie bekam die Regel. Und selbst in Ländern, wo Bisphenol A, so heißen diese „Pseudohormone“, verboten werden sollen, gibt es relativ lange Übergangsfristen, bis das Zeug endgültig verschwindet.“

„Neunjährige mit Brüsten und Regel? Das sind doch nur Ausnahmen.“

„Du Rindvieh, soll das erst die REGEL werden? Wie lange willst du denn noch…“

Carla hätte gern noch länger zugehört. Obwohl es noch warm war an diesem Augustnachmittag fröstelte sie stark. Eine Folge ihrer Reaktion auf den Zigarettenrauch. Auch Joel sah müde aus. Sie bereute es aber nicht, den jugendlichen Gedankenaustausch verfolgt zu haben. Nie hätte sie gedacht, dass diese – noch vorher johlende Menge – plötzlich so ernsthaft und kritisch diskutierte.

Fortsetzung folgt.

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, Dezember 2010

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Dem Weihnachtsmann stinkts gewaltig!

Draußen vom Walde komm‘ ich her,

ich muss euch sagen, es stinkt gar sehr

in euren Dörfern und Städten

nicht nur nach Zigaretten

Es riecht nicht nach Apfel und Zimt,

diese Gerüche, die kenn ich bestimmt.

Früher duftete Backapfel und Tanne

heute stinkt es nach Badewanne

nach Fichtennadel und Zimtaldehyd

bei mir macht das Kopfweh

und ich werd schon ganz müd.

Mich deucht, eure Nasen, die sind zwar nicht rot

doch offenbar innendrin ziemlich tot

sonst würdet ihr merken, dass man euch veräbbelt,

dass die Chemie euch das Hirn ganz vernebelt

Lasst euch kein X für ein U vormachen

Symrise und Givaudan, die liefern die Sachen

die kochen in ihrer Hexenküche

allerlei Aromen und auch Gerüche

von denen ihr denken sollt, sie seien echt

doch manch Einem wird davon sogar schlecht.

Soll ich euch Menschen weiter beehren,

dann müsst ihr euch gegen Gestank verwehren

Ich bin schon sehr alt, meine Nase ist rot

doch mein Geruchsinn, ist lang noch nicht tot

Ich rufe euch auf, sorgt für bessere Luft

Sonst bringt ihr euch alle noch selbst in die Gruft.

Überlegt es euch gut

sonst bleib ich da oben

und ihr könnt unten

im Gestank rumtoben.

Euer Weihnachtsmann

AKTIONSKARTE, zum Ausdrucken anklicken >>>

Der echte Weihnachtsmann trägt KEIN PARFÜM, denn er liebt alle Kinder. Auch die mit Asthma oder Allergien.

Mitmach-Aktion: Hilf den Weihnachtsmännern und kranken Kindern

Der Weihnachtsmann hat ein offenes Ohr für die Nöte aller Kinder, auch der Kinder mit Allergien, Asthma und Chemikaliensensitivität (MCS)

Weihnachtsmänner sind dafür bekannt, dass sie für alle Wünsche, Geheimnisse, Sorgen und Nöte ein offenes Ohr haben. So manches Kind fiebert deshalb dem Nikolaustag und der Weihnachtszeit das ganze Jahr über entgegen. Mit dem Weihnachtsmann unter vier Augen über das zu reden, was auf dem Herzen liegt, ist ein wichtiges Ereignis.

Damit in diesem Jahr alle Kinder, auch solche, die unter Allergien, Asthma und Chemikaliensensitivität (MCS) leiden, dem Weihnachtsmann etwas ins Ohr flüstern können, haben wir eine Aktionskarte zum Ausdrucken gestaltet. Am besten druckt man das Kärtchen auf etwas festerem Papier oder leichterem Kartonpapier aus.

Und weil Weihnachtsmänner dafür bekannt sind, dass sie wirklich ALLE Kinder lieben, helft mit, dass jeder Weihnachtsmann in diesem Jahr seine Herzlichkeit auch wirklich jedem Kind entgegenbringen kann. Gebt den Weihnachtsmännern ein Kärtchen, damit sie auf Aftershave, Parfüm, Weichspüler, stark duftendes Deo und andere Duftstoffe verzichten. Flüstert dem Weihnachtsmann bei der Übergabe des Kärtchens ins Ohr, dass glückliche Kinderherzen und leuchtende Augen der Dank sein werden.

AKTIONSKARTE, zum Ausdrucken anklicken >>>

Der echte Weihnachtsmann trägt KEIN PARFÜM, denn er liebt alle Kinder. Auch die mit Asthma oder Allergien.

Ein richtiger Weihnachtsmann trägt kein Parfüm

Allergie und Asthma Verband appelliert an alle Weihnachtsmänner

Der norwegische Allergie und Asthma Verband (NAAF) hat sich in diesem Jahr für die Advents- und Weihnachtszeit eine besondere Kampagne für Weihnachtsmänner einfallen lassen. Kinder, die unter Allergien oder Asthma leiden, haben es in dieser Zeit nämlich sehr schwer. Nicht einmal einem Weihnachtsmann können sie ihre Wünsche anvertrauen, weil die meisten Weihnachtsmänner heutzutage nicht nach Wald und frischer Luft riechen, sondern nach irgendeinem Trendparfüm, nach Weichspüler oder einem Aftershave. Deshalb hat NAAF viele Tausend Kärtchen drucken lassen. Sie werden in ganz Norwegen verteilt. NAAF wünscht sich richtige, nostalgische Weihnachtsmänner, die alle Kinder lieben und von Kindern ebenfalls geliebt werden können, auch von solchen Kindern, die auf Duftstoffe allergisch reagieren oder mit Asthmaanfällen auf Aftershaves und Weichspüler.

Also liebe Weihnachtsmänner,

nehmt Euch ein Beispiel an den Kollegen in Norwegen:

Lasst Parfüms, Aftershaves, Weichspüler, duftende Waschmittel, stark riechendes Deo, etc. weg und zeigt den Kindern, die das ganze Jahr über auf ihre Gesundheit achten müssen, dass Ihr sie genauso gerne habt wie all die anderen Kinder, die Euch ihre Wünsche anvertrauen. Bringt den Geruch von frischer, klarer Winterluft von draußen mit herein und keine Parfümwolke. Denn:

Ein richtiger Weihnachtsmann trägt kein Parfüm, weil er ALLE Kinder liebt!

Autor:

Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 28.11.2010

Literatur:

NAAF, Frisk Jul for alle, November 2010

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Betrug in der Umweltmedizin?

Das Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität in Dänemark – ein Hoax

Die MCS-Kranken in Dänemark und auch in anderen Ländern sind über das Forschungszentrum für Parfüm- und Chemikalienempfindlichkeit, das 2006 von Dänischen Umweltministerium eingerichtet wurde, verärgert und entrüstet. Seine Hauptaufgabe bestand darin, Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen MCS und Chemikalien durchzuführen. Für diese Entrüstung gibt es einen guten Grund, seitdem offensichtlich ist, dass der Zweck des Forschungszentrums darin besteht, keine wirklichen Erkenntnisse über MCS zu Tage zu fördern, am allerwenigsten welche über den Zusammenhang zwischen Belastungen durch chemische Substanzen und MCS.

Im Gegenteil, der Zweck des Forschungszentrums besteht darin, falsche und arglistige Forschungsarbeiten über MCS anzufertigen.

Das Zentrum ist ein politisches Instrument nach dem Bauplan einer Dreistufenrakete:

A. Die Umwelt entlasten, d.h. „beweisen“, dass MCS nicht von Belastungen durch chemische Substanzen in der Umwelt verursacht wird.

B. „Beweisen“, dass MCS von psychologischen Faktoren abhängt, um die Psychiatrisierung von MCS hinzubekommen.

C. Erreichen, dass MCS-Kranke ein Fall für die Psychiatrie werden (une liaison psychiatrique – die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft), damit die Psychiatrie Behandlungen für MCS-Kranke entwickeln kann: „Mindfullness“ [(Achtsamkeit)], d.h. kognitive Psychotherapie, vielleicht in schweren Fällen auch Elektroschock (ECT) und die Pharmazeutische Industrie, die vermutlich schon in den Startlöchern hockt, kann bald psychoaktive Medikamente für MCS-Kranke entwickeln.

Und wie hat das Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität dies erreicht?

Nun, dazu muss man dessen Studie und Publikation verstehen: „Körpergefühl und Symptomwahrnehmung von Individuen mit Umweltunverträglichkeit“ von Sine Skovbjerg, Robert Zachariae, Alice Rasmussen, Jeanne Duus Johansen, und Jesper Elberling, veröffentlicht in Environmental Health and Preventive Medicine, DOI: 10.1007/s12199-009-0120-y – sie liefert den Kern des Betrugs.

1. DIE CHEMIKALIEN LOSWERDEN

Teil 1: „Lasst uns den Namen ändern“

Um damit anzufangen, stimmte das Forschungszentrum zu, die Bezeichnung „IEI“ anstatt „MCS“ zu verwenden. Das war nicht schlecht gedacht. Auf dem Treffen mit dem Vorstand von MCS-Dänemark, am 18. Mai 2010, erklärten sie, sie hätten diese Bezeichnung verwendet, weil sie umfassender ist als der Terminus MCS. Anders wären sie auch nicht in der Lage gewesen, den Artikel in einem internationalen Journal veröffentlicht zu bekommen. Das ist natürlich Bullshit. Der wahre Grund ist auf Seite 2 von Sine Skovbjergs Doktorarbeit „Multiple Chemical Sensitivity – psychologische Faktoren, Patienten-Strategien und Praktiken der medizinischen Versorgung“ zu finden: „Die Bezeichnung ‚MCS‘ hat man dafür kritisiert, sich auf unbewiesene Annahmen über die Kausalität zu stützen und die Bezeichnung ‚Idiopathische Umweltintoleranz‘ IEI wurde stattdessen als Ersatz empfohlen.“

Das Forschungszentrum wollte offenbar die Vorstellung eines kausalen Zusammenhanges zwischen MCS und Belastungen durch Chemikalien ausklam- mern. Um dieses Ziel zu erreichen, gingen die Forscher so weit, die Fehlinformation zu liefern, bei ihren MCS-Fällen wäre von einem Arzt „IEI“ diagnostiziert worden. Das war selbstredend eine Lüge – alle Fälle hatten die ärztliche Diagnose „MCS“.

Als der Vorstand von MCS-Dänemark sie mit Fragen konfrontierte, weshalb sie geschrieben hätten, die Kranken wären ärztlich mit „IEI“ diagnostiziert worden, obgleich sie alle tatsächlich mit MCS diagnostiziert wurden, übergaben sie als Antwort einen Artikel: „International Programme on Chemical Safety / World Health Organization (IPCS/WHO), Conclusions and Recommendations of a Workshop on Multiple Chemical Sensitivities (MCS)“, Geneva, Switzerland. Regul Toxicol Pharmacol 1996; 188-189. (Internationales Programm zur chemischen Sicherheit / Weltgesund- heitsorganisation (IPCS/WHO), Ergebnisse und Empfehlungen eines Workshops zu Multiple Chemical Sensitivity (MCS)). Nach Auskunft des Forschungszentrums beschreibt dieser Artikel die Gründe für die Verwendung der Bezeichnung ‚IEI‘. Nun verweist das Forschungszentrum auch auf seiner Homepage auf diesen Artikel.

Der Artikel hatte jedoch einen Haken, den das Forschungszentrum auf seiner Homepage zu erwähnen „vergaß“. MCS-Dänemark fand heraus, dass dieser Artikel überhaupt nicht von der WHO ist, obwohl es auf dem ersten Blick so erscheinen mag. Genauso wenig wird verraten, wer die Bezeichnung MCS kritisierte und stattdessen IEI empfohlen hat. Dies erschließt sich jedoch alles, wenn man den IPCS/WHO Artikel so unter die Lupe nimmt, wie es Ann McCambell tat. Die hinter dem Artikel verborgene Wahrheit ist, dass die „WHO“ einer der Sponsoren des Workshops „International Programme on Chemical Safety (IPCS)“ zu MCS war, der im Februar 1996 in Deutschland abgehalten wurde. In diesem Workshop überwogen Teilnehmer mit Verbindungen zur Industrie und es gab keine Vertreter aus Umwelt-, Gewerkschafts- oder Verbrauchergruppen. Anstelle von Nichtregierungs-Teilnehmern gab es Einzelpersonen, die bei BASF, Bayer, Monsanto und Coca Cola angestellt waren. „Vertreten“ waren Einzelpersonen aus der chemischen und der pharmazeutischen Industrie, was oft dasselbe ist. Zu Beispiel: „Monsanto, bekannt als Hersteller von Roundup und anderen Herbiziden, ist Tochtergesellschaft und in Vollbesitz eines pharmazeutischen Unternehmens namens Pharmacia. BASF stellt pharmazeutische Produkte und Pestizide her und Bayer, berühmt als Hersteller von Aspirin, stellt das populäre neurotoxische Pyrethroid-Insektizid Tempo (mit dem aktiven Bestandteil Cyfluthrin) her.“

Auf dieser Veranstaltung beschloss man zu versuchen, MCS durch IEI zu ersetzen.

„Neben der Entfernung des Wortes ‚chemisch‘ aus dem Namen entschieden sich die Workshop-Teilnehmer für den Ausdruck ‚idiopathisch‘ als Ergänzung, weil sie offenbar der Ansicht waren, er bedeute eher, die Erkrankung existiere „ausschließlich im Kopf der Betroffenen“, als dass die Ätiologie (Ursache) unbekannt wäre. Aber viele ‚reale‘ Erkrankungen werden ebenfalls als ‚idiopathisch‘ angesehen, wie etwa idiopathische Epilepsie (Epilepsie die nicht Trauma, Operation, Infektion oder andere eindeutige Ursachen hat). Doch selbst zu unterstellen, MCS habe keine bekannte Ursache, hilft der Industrie allemal. Sie möchte nicht für ihre Produkte, die MCS verursachen, verantwortlich gemacht werden oder dafür, dass sie bei jenen Menschen Symptome hervorrufen, die durch sie sensibilisiert sind.“

Was das Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität auf seiner Homepage ‚zufällig‘ zu erwähnen ‚vergaß‘ und was MCS-Dänemark durch das Treffen am 18. Mai 2010 über den nicht von der WHO stammenden Artikel heraus bekam, läuft jedoch genau auf das Gegenteil hinaus. „Die WHO ließ den Workshop-Teilnehmern nach der Veranstaltung [1996] eine Stellungnahme zukommen, die versuchte, die Behauptungen zu unterbinden, die WHO würde den Namenswechsel von MCS zu IEI unterstützen. Darin hieß es: „Ein Workshop-Bericht mit Ergebnissen und Empfehlungen an die WHO spiegelt die Meinungen der eingeladenen Experten wieder und ist nicht notwendigerweise eine Entscheidung oder Grundsatzerklärung der WHO“. Weiter wird festgestellt: „Was ‚MCS‘ betrifft, hat die WHO weder eine Richtlinie oder wissenschaftliche Meinung angenommen, noch ihr zugestimmt.“(World Health Organization. Note to invited participants in the MCS Workshop, February 21-23, 1996, Berlin, Germany 6/7/96.)“ (1) (2) Wie Ann McCampbell feststellt: „wird trotz dieser expliziten Widerspruchserklärung weiterhin behauptet, die Weltgesundheitsorganisation würde die Bezeichnung IEI unterstützen“. (1)

So steht außer Zweifel, dass die Begründung des Forschungszentrums zum Gebrauch der Bezeichnung ‚IEI‘ nichts mit der WHO zu tun hat, sondern der chemische Industrie geschuldet ist. Das Forschungszentrum ‚vergaß‘ jedoch, sowohl auf seine Homepage, als auch gegenüber MCS-Dänemark, die Öffentlichkeit über die Erklärung der WHO zu informieren. Folglich ist die Bezeichnung IEI der Manipula- tionstrick der chemischen Industrie – eine verlogene Bezeichnung, welche die Tatsache unterschlägt, dass MCS von chemischen Substanzen hervorgerufen wird. Kein seriöser MCS-Forscher benutzt diese betrügerische Bezeichnung für MCS. Der Begriff ‚IEI‘ wird nur von Wissenschaftlern, die unter dem Einfluss der chemischen und pharmazeutischen Industrien stehen, teilweise von der Psychiatrie und vom Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität benutzt, da sie damit „vorführen“ wollen, dass MCS nichts mit Chemikalien zu tun hat und dass psychologische Faktoren und individuelle Hirnfunktionsstörungen bei der Ätiologie von MCS einen Rolle spielen.

2. DIE CHEMIKALIEN LOSWERDEN

Teil 2: „Wir wissen nicht, was eine Vergiftung ist“

Zeitgleich mit diesen Augenwischereien fügte das Forschungszentrum seine wissenschaftlichen Vorurteile und erkenntnistheoretischen Gründe für seine Forsch- ung zu MCS auf seiner Homepage ein. Dort wird beschrieben, dass MCS keine Vergiftungserkrankung sein kann. Damit wird die Lüge, dass MCS nichts mit Chemikalien zu tun hätte, zum zweiten Mal gelogen.

Sie erklären: „Manche Erkrankte, die an Duftstoff- und Chemikaliensensitivität leiden, erfahren ihre Erkrankung als eine Art Vergiftung. Duftstoff- und Chemikaliensensitivität kann nicht mit toxikologischen Mechanismen erklärt werden. Ein toxikologischer Mechanismus ist durch eine sogenannte Expositions-Wirkungs-Beziehung gekenn- zeichnet (d.h. mit steigender Belastung steigt die Wirkung und das Risiko), es deutet jedoch nichts darauf hin, dass Duftstoff- und Chemikaliensensitivität häufiger bei Personen auftritt, die z.B. beruflich höheren chemischen Belastungen ausgesetzt sind.“ (mcsvidencenter.dk)

Diese fundamental vorgefasste wissenschaftliche Meinung bzw. dieser erkenntnis- theoretische Textabschnitt aus dem Ansatz des Forschungszentrums zu MCS, geht von einem falschen Verständnis von Vergiftung aus, da diese Definition von Vergiftung nur akute Vergiftung bedeutet.

Folglich ignoriert das Forschungszentrum die Tatsache, dass in vielen neueren Forschungsarbeiten diese Definition von Vergiftung zugunsten eines neuen Paradigmas aufgegeben worden ist, insbesondere wenn es um Umwelter- krankungen geht, d.h. um medizinische Krankheitsbilder, die von Umweltfaktoren ausgelöst werden. Nach diesem neuen Paradigma muss Vergiftung nicht zwingend von einer auslösenden Dosis abhängen, bei deren Erhöhung Wirkung und Risiko zunehmen, sondern niedrige Dosen können bei andauernder Belastung genau so giftig sein.

Ein Vertreter des letztgenannten Ansatzes ist der anerkannte Französische Krebsspezialist Professor Belpomme, Präsident des renommierten Französischen Krebs-Forschungsinstitutes ARTAC in Paris (Association pour la Recherche Thérapeutique Anti-Cancéreuse/Forschungsgesellschaft für Krebs-Behandlung). Neben der Erforschung von Krebs, befasst sich ARTAC nun auch mit Elektro-Hyper-Sensitivität (EHS), woran viele MCS-Kranke ebenfalls leiden. 2009 hat ARTAC mit Hilfe von Hirnscans bei EHS-Kranken Hypoperfusion (verminderte Durchblutung) im Gehirn nachgewiesen, wenn diese elektromagnetischen Feldern/Strahlungen (EMF/EMR) ausgesetzt waren.

Belpomme erläutert in seinem Buch „Avant qu’il ne soit trop tard“ (Bevor es zu spät ist), dass nun eindeutig gezeigt wurde, dass niedrige Dosen toxischer Substanzen chronische Erkrankungen verursachen können. Darum, so sagt er, irren diese Ärzte und Wissenschaftler, wie z.B. jene am Forschungszentrum nicht nur, indem sie behaupten, MCS-Kranke werden von niedrigen Dosen chemischer Substanzen krank, die völlig ungiftig seien, sondern sie machen einen doppelten Fehler. Zuerst machen sie einen wissenschaftlichen Fehler, da wir heute wissen, dass niedrige Dosen physikalisch/chemischer Belastung/Strahlung chronischen Erkrankungen (wie z.B. Krebs) auslösen können und zum zweiten begehen sie aus epidemologischer Sicht einen Fehler mit fatalen Folgen für die öffentliche Gesundheit. Denn das Warten auf den endgültigen Beweis für einen Vergiftungsmechanismus (z.B. für MCS und EHS) bedeutet dasselbe wie sich auf etwas vorzubereiten, das noch schlimmer als der aktuelle Zustand ist. Das gilt sowohl für die menschlichen, als auch für die ökonomischen Folgen.

So gesehen sind die Manipulationen des Forschungszentrums nicht weniger als ein Skandal. Mit vollkommen unqualifizierten Begründungen glauben sie zu wissen, dass MCS nichts mit Vergiftung zu tun hat. Beispielsweise sagte Jesper Elberling einer MCS-Kranken, ihre Symptome würden damit zusammenhängen, „dass ihr Hirnsensor kaputt wäre, was zu Überreaktionen und dazu führe, dass sie glaube, die Gerüche wären giftig, obwohl sie es nicht seien.“

Doch Elberling und Skovbjerg machen fatale wie auch wissenschaftliche Fehler, da die Regel der dosisabhängigen Expositions-Wirkungs-Beziehung nur für akute, nicht aber für chronische Vergiftung zutrifft. Genau so wenig befassen sie sich weder mit den in Fragen kommenden chemischen Substanzen, noch mit den fortgesetzten Belastungen, die nach Auskunft von MCS-Kranken überaus typisch für ihre (von niedrigen Dosen verursachte) Erkrankung sind.

Wie man sieht, interessieren sich Elberling und Skovbjerg weder für die Dauer der Belastung durch chemische Substanzen (Zeitfaktor) noch für den Zustand des Organismus (chronische Erkrankung).

Belpomme schreibt: „Es ist offensichtlich, dass in Zeiten von Umweltverschmutzung durch chemische Substanzen die Mehrzahl der durch diese hervorgerufenen Erkrankungen nicht auf eine akute Vergiftung zurück gehen. In diesem Fall macht nicht die Dosis das Gift, sondern die Fortdauer [der Belastung]. Dieses Konzept ist relativ neu und trifft nicht nur auf chemische Substanzen, sondern auch auf Strahlung zu. Unsere gesetzlichen (auf der dosisabhängigen Expositions-Wirkung basierenden) Regelungen schützen uns in der Tat vor akuten Vergiftungen, aber sie schützen uns nicht vor chronischen Erkrankungen, die durch Dauerbelastungen mit niedrigen Dosen verursacht werden. Bei anhaltender Belastung muss man deshalb den Zeitfaktor stärker als die aktuelle Dosis in Betracht ziehen. Je länger eine Exposition dauert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, eine chronische Erkrankung zu entwickeln, das trifft insbesondere auf Krebs zu.“ (S.73) (3)

Nahezu alle MCS-Erkrankten erklären ganz eindeutig, dass sich ihre MCS mit der Zeit aufgrund wiederholter niedriger Belastungen durch unterschiedliche chemische Substanzen verschlimmert hat. Viele Forscher (wie z.B. Martin Pall) betonen, dass eine große Zahl dieser chemischen Substanzen extrem neurotoxisch sind (giftig für das Nervensystem) und eine Menge andere chemische Substanzen sind dafür bekannt, weitere toxische Wirkungen auf den Organismus zu haben. Aus diesen Gründen ist es unglaublich unqualifiziert und amateurhaft, wenn das Forschungs- zentrum von der Grundannahme ausgeht, die Ursache für MCS könne kein toxikologischer Mechanismus sein.

Mit Hilfe dieser zwei arglistigen Methoden [Namensänderung und Toxizität leugnen] schließt das Forschungszentrum den Umweltfaktor – das chemische Indiz – von vornerein aus. Doch das genügt offenbar nicht. Nun muss bewiesen werden, dass MCS etwas mit psychologischen Faktoren zu tun hat.

Und wie wurde das bewerkstelligt?

3. DIE CHEMIKALIEN LOS WERDEN

Teil 3: „Einfach falsch übersetzen“

Nun, um damit anzufangen, haben sie die Forschungsarbeit und den Fragebogentest von Eva Millqvist manipuliert: „A Short Chemical Sensitivity Scale for Assessment of Airway Sensory Hyper Reactivity“ (Kurzskala für Chemikaliensensitivität zur Bewertung sensorischer Atemweghyperreaktivität), von Steven Nordin, Eva Millqvist, Olle Löwhagen und Mats Bende, International Archives of Occupational and Environmental Health (2004) 77: 249-254, DOI: 10.1007/s00420-004-0504-7. Diese Arbeit enthält einen validierten Fragebogen um SHR (sensorische Hyperreaktivität, eine Begleiterkrankung von MCS) zu quantifizieren. Wer unter SHR leidet, zeigt bei Belastung durch chemische Substanzen in erster Linie Symptome der Atemwege.

Das Forschungszentrum wählte diesen Fragebogen und verschickte ihn an viele MCS-Kranke und an nicht von MCS betroffene Personen. Es gab jedoch eine kleine Ungereimtheit darin, da sie sieben der elf Fragen absichtlich falsch ins Dänische übersetzten. Während die ursprünglichen Fragen des validitierten CSS-SHR Tests (Chemical Sensitivity Scale for Sensory Hyperreactivity), der in Kombination mit dem Capsaicin-Test (Chilitest) SHR diagnostizieren kann, die Verhaltens- und gefühlsmäßigen Reaktionen von Menschen auf Belastungen mit chemischen Substanzen abfragen („riechende/stechende Substanzen“), verbog sie das Forsch- ungs zentrum in der dänischen Übersetzung zu Fragen nach den Verhaltens- und gefühlsmäßigen Reaktionen auf Gerüche („Düfte und chemische Gerüche“). Schlau!

Nahezu nicht wahrnehmbar wurden die Fragen zu den Reaktionen der Menschen auf Gerüche umgemodelt, doch Gerüche und Chemikalien sind keine gleichbedeutenden Begriffe. Und wenn die Leute nur die vorgelegten Fragen beantworten können, werden die Antworten natürlich nur die Reaktionen der Leute auf Gerüche zurückliefern.

4. NUN IST SO GUT WIE ALLES GEBACKEN

MCS wird individualisiert und psychiatrisiert

Endlich wurde alles passend gedeichselt, um diese Ergebnisse mit einer Reihe psychiatrischer Tests verknüpften zu können, damit man ein Forschungsergebnis bekommt, nach dem MCS-Kranke eine idiosynkratische Wahrnehmung von Gerüchen haben und deshalb ein erhöhtes, ungesundes Maß an Aufmerksamkeit auf körperliche Symptome richten, und außerdem sind sie oft traurig. Hokuspokus, MCS ist nun eine Angelegenheit des Individuums. Es liegt am MCS-Kranken selbst, dem unterstellt wird, dass er ungiftigen Gerüchen ein erhöhtes, ungesundes Maß an Aufmerksamkeit (‚enhanced internal information’/gesteigerte innere Information) schenkt und unter Einbeziehung psychiatrischer Tests deutet das Ergebnis darauf hin, dass die Symptomatik der MCS-Kranken von psycho-pathologischer Natur ist, aber es sei nicht bekannt, inwieweit Psychopathologie und individuelle Anfälligkeit für Unverträglichkeitsreaktionen an der Entstehung von MCS beteiligt oder nur verstärkende Faktoren sind. „Wahrscheinlich ist die Ätiologie von IEI multifaktoriell, und wie bei somatoformen Erkrankungen spricht vieles dafür, dass man die Komplexität von IEI am besten unter bio-psycho-sozialen Gesichtspunkten beleuchtet. (S.38)

Somit ist entschieden, dass es sich bei MCS und eine somatoforme Erkrankung handelt und – Hokuspokus – jetzt ist MCS psychiatrisiert.

Somit sieht das Rezept für diese unverdauliche Speise im Kochbuch folgendermaßen aus:

„Lügen und Manipulationen als Vorbereitung für betrügerische Forschung und für Scheinforschung“

Die Zutaten:

  • Fehlerhafte und veraltete Definition von Vergiftung
  • Neuer (alter) von der chemischen Industrie erfundener Name (IEI)
  • Gefälschte medizinische Diagnosen (IEI) (und Toxikologie und Umweltmedizin fallen unter den Tisch)

Zusätzlich hinzufügen:

  • Durch Falschübersetzung gefälschte Fragebögen, damit chemische Substanzen zu Gerüchen werden, sowie ‚Somatisierung‘. Ooops! Es sollte heißen: die Diagnose ‚körperliches Schmerzsyndrom‘.

Endlich ist die Speise serviert: Wir haben nun eine psychiatrische Erkrankung auf dem Tisch, d.h. eine Mischung aus körperlicher Erkrankung (Fehler im Gehirn: ‚der Hirnsensor ist kaputt‘) und vielleicht etwas genetisches (individuelle Anfälligkeit) und psychiatrische Krankheit (Depression, Angst).

Und wohin führt dieses große Zauberkunststück?

5. DER ZAUBER IST GEGLÜCKT

MCS fällt in die Zuständigkeit der Psychiatrie und muss psychiatrisch behandelt werden

Nun, es führt uns zu der mächtigen psychiatrischen Bewegung, die bereit steht, Patienten und insbesondere Geld zu empfangen. MCS heißt nun in der Sonderausgabe zu funktionellen Störungen des Dänischen Ärztewochenblattes ‚bedeutungsvoll‘ Geruchssensitivität (Ugeskrift for Læger no. 24, 14 June 2010). Lassen Sie sich das nicht entgehen. Nun ist MCS eine funktionelle Störung. Die Falschheit ist fertig, denn das war es, worum es immer ging, nicht wahr?

Nun stellen MCS-Kranke für die Gesellschaft, die chemische Industrie und die Versicherungsgesellschaften keine Gefahr mehr dar. Aber natürlich ist es selbstverständlich, dass sie behandelt werden müssen, da sie uns leidtun, weil einige Leute denken, sie würden nur simulieren. Deshalb brauchen sie wie es aussieht eine psychiatrische Behandlung: Kognitive Psychotherapie und vielleicht in schweren Fällen Elektroschock. Und passen Sie auf, als nächstes kommt natürlich, dass die nette Pharmaindustrie ein paar psychoaktive Medikamente fertig hat, damit die armen MCS-Kranken neben ihren Depressionen und ihrer Angst ihren „kaputten Hirnsensor“ repariert bekommen.

Daraus kann man folgern, dass das Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität zur mächtigen Psychiatrisierungskampagne gehört, die gerade weltweit stattfindet.

In den USA war schon seit längerer Zeit eine Überprüfung des DSM Diagnose-Systems auf dem Weg (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen)). Das DSM ist das [von der American Psychiatric Association herausgegebene] Gegenstück zum internationalen ICD-10. Darin hat man verstanden, dass jene, die an den ’neuen‘ Erkrankungen leiden, nicht damit einverstanden sind, wenn ihre Krankheiten als „somatoforme Erkrankungen“ d.h. als Geisteskrankheiten klassifiziert werden. Dazu gehören: Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS), Fibromyalgia (FMS) und nun MCS (und bald EHS/Elektrosensibilität – die man nur noch nicht entdeckt hat). Was soll man also stattdessen tun? Nun, natürlich haben sie neue ‚würdige‘ Namen wie das „körperliche Schmerzsyndrom“ erfunden (Bodily Distress Syndrome), da Psychiater phantasievolle Namen mögen, für welche sie nicht die Spur einer Begründung haben. Es ist reine Wortmagie. (4) Für wie dumm halten die uns? Es geht natürlich immer um das gleiche.

Wie Evelyn Pringle schreibt, ist es immer dasselbe, wenn die Psychiatrie versucht, Diagnosenamen und medikamentöse Behandlung für neue Zielgruppen zu erweitern. Sie zitiert den Toxikologie-Experten Prof. Dr. Lawrence Plumlee, Präsident der Chemical Sensitivities Disorders Association (Gesellschaft für Chemikalien- sensitivität- Erkrankungen) und Herausgeber von „The Environmental Physician“ der American Academy of Environmental Medicine:

„Es handelt sich um das Bestreben der Psychiatrie, körperliche Erkrankungen zu psychiatrisieren und zu versuchen, die Beschwerden der Patienten durch verschreiben psychiatrischer Medikamente zu unterdrücken. Doch die Erfahrung lehrt, dass psychiatrische Verfahren und Medikamente den Zustand der Patienten verschlechtern. Psychiatrische Diagnosen und Medikamente auf neurotoxische Erkrankungen anzuwenden hilft den Chemiefirmen in zweifacher Hinsicht. Es täuscht manche Leute, damit sie denken, vergiftete Menschen wären verrückt, wodurch die Vergifter jeglicher Verantwortung entkommen und zweitens kann man so mehr Chemikalien (psychiatrische Medikamente) verkaufen, mit denen jene behandelt werden, die nicht mehr Chemie in ihrem Körper, sondern Entgiftung dringend nötig hätten.“ (5)

Behalten Sie es im Gedächtnis: Das ist es, wogegen wir sind.

Autor: Eva Theilgaard Jacobsen, MSc (Master of Science) für Psychologie, Fachärztin für Psychotherapie, Oktober 2010

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivty Network

EMM Blog: The Research Center for Fragrance and Chemical Sensitivity in Denmark – A Hoax

Referenzen:

  1. Ann McCambell: „Multiple Chemical Sensitivity Under Siege“ Chair Multiple Chemical Sensitivities Task Force of New Mexico
  2. World Health Organization: „Note to invited participants in the MCS workshop „21-23 February 1996, Berlin, Germany 6/7/96.
  3. Dominique Belpomme: „Avant qu’il ne soit trop tard“. Fayard 2007.
  4. Kroenke, Sharpe, Sykes: „Revising the Classification of Somatoform Disorders: Key Questions and Preliminary Recommendations“, Psychosomatics 48:4, July-August 2007.
  5. Evelyn Pringle: „Tracking the American Epidemic of Mental Illness“, June, 22, 2010

Über das Forschungszentrum:

Es gehört zur Vorgehensweise und Methodik des Forschungszentrums, dass seine Öffentlichkeitsarbeit mehrdeutig ist. Schließlich ist eine der wichtigsten Mitarbeiterinnen eine Journalistin. International heißt das Forschungszentrum „Dänisches Forschungszentrum für chemische Sensitivität“, doch für das heimische Publikum heißt das Zentrum „Dänisches Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität „. Dafür gibt es einen Grund. MCS-Betroffene haben dem Dänischen Forschungsministerium mittlerweile Hinweise zum richtigen Verständnis des arglistigen Aufsatzes „Körpergefühl und Symptomwahrnehmung von IEI-Erkrankten im Blickpunkt“ geliefert und diesen als betrügerische Forschung reklamiert. In erster Linie weil das Forschungszentrum Eva Millqvists Forschung verfälscht, indem „riechende/stechende Substanzen“, z.B. Chemikalien absichtlich mit „Düfte und chemische Gerüche“ ins Dänische übersetzt wurden. Diese Übersetzung des validierten CSS-SHR Tests (Chemical Sensitivity Scale for Sensory Hyperreactivity/Chemische Sensitivitätsskala für sensorische Hyperreaktivität) von Millqvist wurde als Fragebogen an viele Menschen, darunter MCS-Kranke, verschickt. Dadurch hat das Forschungszentrum betrügerische Daten produziert, indem Reaktionen von Menschen auf chemische Substanzen zu Reaktionen auf Düfte/Gerüche gemacht wurden. Auf diese Art und Weise versuchten sie, den ursächlichen Zusammenhang von chemischen Substanzen in der Umwelt und MCS aufzulösen. Dies bereitete den Weg, MCS zu individualisieren und zu psychiatrisieren. Deshalb können dänische Psychiater MCS nun als „funktionale Störung“ (mit unbekannter Ursache) diagnostizieren, Ärzte können MCS-Kranke zur psychiatrischen Behandlung und Diagnose überweisen und den MCS-Kranken werden Behindertenrente und Entschädigungszahlungen von Versicherungen verweigert. Auf internationaler Ebene jedoch versucht das Forschungszentrum als Einrichtung seriöser Forscher zu erscheinen. Doch fragen sie diese mal nach dem Artikel von Martin Pall in [Ballantyne, Maars & Syvertsen’s „General and Applied Toxicology“] und sie werden die Antwort erhalten, dass dieser nach ihrer Ansicht zu schwer zu verstehen wäre. Wäre alles nicht so tragisch, wäre das Ganze ziemlich unterhaltsam. Sie sind ein Haufen von Amateuren mit einer Krankenschwester als Chefin. So weit ist es mit Dänemark nach 10 Jahren unter einer rechtslastigen Regierung gekommen. (Das Forschungszentrum wurde von der Regierung gegründet und wird von ihr finanziert.)

Fortsetzungsserie: „Dänisches MCS-Forschungscenter im internationalen Blickfeld“

Bedenkliche Chemie in Duftstoffen

Es wurde nachgewiesen, dass parfümierte Produkte zahlreiche nicht deklarierte Chemikalien abgeben

Der angenehme Duft frischer Wäsche könnte einen unangenehmen Beigeschmack haben. Weit verbreitete Produkte, auch solche die behaupten, „grün“ zu sein, geben zahlreiche Chemikalien ab, die nicht auf den Etiketten stehen. Darunter sind einige, die als toxisch eingestuft werden.

Eine von der Universität Washington geleitete Studie ergab, dass 25 häufig genutzte parfümierte Produkte durchschnittlich jeweils 17 chemische Substanzen abgeben. Von den 133 nachgewiesenen Chemikalien ist fast ein Viertel nach mindestens einem Bundesgesetz als toxisch oder schädlich eingestuft. Nur eine der freigesetzten Substanzen war auf einem Warenetikett angegeben und nur zwei sind irgendwo veröffentlicht worden. Der Bericht erschien am 26. Oktober 2010 im Journal „Environmental Impact Assessment Review“ (etwa: Abschätzung von Umweltfolgen im Überblick).

„Wir haben Produkte analysiert, die am Häufigsten verkauft werden, und ungefähr die Hälfte davon sollte ökologisch, organisch oder natürlich sein“, sagte die leitende Autorin Anne Steinemann, eine Professorin für Bau- und Umweltingenieurwesen und Public Affairs (Öffentliche Angelegenheiten) an der University of Washington. „Überraschenderweise unterschieden sich die Emissionen schädlicher Chemikalien aus „grünen“ Erzeugnissen nicht wesentlich von denen anderer Produkte.“ Mehr als ein Drittel der Erzeugnisse gab mindestens eine Chemikalie ab, welche die amerikanische Umweltschutzbehörde (EPA) als möglicherweise krebserzeugend einstuft und für welche sie keinen sicheren Grenzwert festsetzt.

Die Hersteller sind nicht verpflichtet, bei Reinigungsartikeln, Lufterfrischern oder Wäschepflegeprodukten irgendwelche Inhaltsstoffe preiszugeben, allesamt Produkte, die von der Product Safety Commission (Verbraucherschutz Kommission) überwacht werden. Weder diese, noch Körperpflegemittel, die von der Food and Drug Administration (Behörde für Nahrungsmittel und Medikamente) überwacht werden, erfordern die Angabe der Inhaltsstoffe, welche in den Duftstoffen zur Anwendung kommen, obwohl ein einziger „Duftstoff“ in einem Produkt ein Gemisch aus bis zu mehreren Hundert Zutaten sein kann, sagte Steinemann.

Aus diesem Grunde haben Steinemann und ihre Kollegen wie Detektive nach Chemikalien gesucht um herauszufinden, welche Stoffe parfümierten Produkte abgeben, die üblicherweise in Wohnungen, öffentlichen Räumen und an Arbeitsstätten verwendet werden.

Die Studie untersuchte Lufterfrischer in Form von Sprays, Feststoffen und Ölen, Wäschepflegemittel wie Waschmittel, Weichspüler und Trockner-Tücher [gegen Knittern und mit Duft], Körperpflegemittel wie Seifen, Händedesinfektion, Lotionen, Deos und Shampoos, sowie Reinigungsmittel, zu denen Desinfektionsmittel, Allzweckreiniger-Sprays und Spülmittel gehörten. Es handelte sich stets um weit verbreitete Marken, von denen mehr als die Hälfte zu den am meisten verkauften in ihrer Warengruppe gehörten.

Die Forscher platzierten von jedem Produkt eine Probe bei Raumtemperatur in einem geschlossenen Glasbehälter und untersuchten danach die eingeschlossene Umgebungsluft auf flüchtige organische Substanzen, winzige Moleküle, die aus der Oberfläche eines Produktes verdampfen. Sie maßen chemische Konzentrationen von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter (dem kleinsten gemessenen Wert) bis zu mehr als 1.6 Millionen Mikrogramm [0.0016 Milligramm] pro Kubikmeter [etwa 0,83ppb bis 1,3ppt].

Die am häufigsten abgegebenen Stoffe waren Limonen, eine nach Citrus riechende Substanz; Alpha-Pinen und Beta-Pinen, Substanzen mit Kiefernduft; Ethanol und Aceton, Lösungsmittel die in Nagellackentferner vorkommen.

Alle Produkte gaben mindestens einen chemischen Stoff ab, der als toxisch oder schädlich eingestuft ist. Elf Produkte gaben mindestens einen Stoff ab, der laut EPA im Verdacht steht, Krebs hervorzurufen. Dazu zählten Acetaldehyd, 1,4-Dioxan, Formaldehyd und Methylchlorid. Die einzige überhaupt auf einem Produktetikett angegebene Chemikalie war Ethanol und die einzige weitere Substanz, welche in einem chemischen Sicherheitsbericht bzw. in einem Sicherheitsdatenblatt vorkam, war 2-Butoxyethanol.

„Die Produkte gaben zusammen über 420 Chemikalien ab, aber nahezu keine wurde irgendwo den Verbraucher offen gelegt“, sagte Steinemann.

Da über die Zusammensetzung der Produkte Verschwiegenheit herrscht, war es unmöglich festzustellen, ob eine Chemikalie der Grundsubstanz eines Produktes oder dem ihm hinzugefügten Duftstoff oder beidem entstammt. [Dies dient vordergründig dem Wettbewerbsschutz und ist gesetzlich entsprechend geregelt.]

Die Ergebnistabellen enthielten neben den aufgelisteten Artikeln alle von jedem einzelnen Produkt abgegebenen Chemikalien, sowie deren Konzentrationen, führen jedoch keine Markennamen der Produkte auf.

„Wir möchten bei niemandem den Eindruck erwecken, man wäre vor Schaden sicher, indem man Produkt „B“ kauft, weil wir Produkt „A“ erwähnen“, sagte Steinemann. „Potentiell schädliche Chemikalien fanden wir in allen parfümierten Produkten, die wir getestet haben.“

Die Studie belegt die Anwesenheit verschiedener Chemikalien, maßt sich aber keine Aussagen über die möglichen Gesundheitsfolgen an. 2009 ergaben zwei in allen Bundesstaaten durchgeführte Erhebungen von Steinemann und einer Kollegin, dass ungefähr 20 Prozent der Bevölkerung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Lufterfrischer berichteten und ungefähr 10 Prozent klagten über gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Wäschepflegeprodukte, deren Abluft nach Draußen abgeführt wurde. Asthmatiker klagten ungefähr doppelt so häufig darüber, wie der Durchschnitt.

Nach dem Gesetz zur Auszeichnung von Haushaltsprodukten, welches derzeit einer Prüfung durch den US-Senat unterzogen wird, sollten die Hersteller die Inhaltsstoffe von Lufterfrischern, Seifen, Waschmitteln und anderen Verbrauchsgütern angeben. Steinemann sagt, ihr Augenmerk richtet sich auf Duftstoffmischungen, die im Entwurf des neuen Auszeichungsgesetzes aufgeführt sind.

Grund ist das Potential an unerwünschten Expositionen oder das, was sie „Düfte aus zweiter Hand“ nennt.

Als das, was Verbraucher die solche Chemikalien vermeiden wollen, in der Zwischenzeit tun sollten, schlägt Steinemann einfachere Möglichkeiten vor, z.B. mit Essig und Natron zu reinigen, zum Lüften Fenster zu öffnen [statt Air Freshener] und duftfreie Produkte benutzen.

„In den vergangenen zwei Jahren habe ich mehr als 1.000 Mails, SMS und Anrufe von Menschen bekommen, die etwa folgenden Inhalt hatten: ‚Ich danke Ihnen, dass Sie diese Untersuchungen durchführen, diese Produkte machen mich krank und nun beginne ich zu verstehen weshalb'“, sagte Steinemann.

Steinemann ist zurzeit Gastprofessor für Bau- und Umweltingenieurwesen an der Stanford University. Mitautoren sind Ian MacGregor und Sydney Gordon vom Battelle Memorial Institute in Columbus, Ohio, Lisa Gallagher, Amy Davis und Daniel Ribeiro von der University of Washington und Lance Wallace von der amerikanischen Umweltschutzbehörde im Ruhestand. Die Untersuchung wurde teilweise durch die Stadtwerke von Seattle finanziert.

Literatur:

Übersetzung: Vielen Dank an BrunO!

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