Umweltmedizin: Chemical Sensitivity (MCS) durch Farbstoffe in Bonbons

kind-mit-maske.jpg Nahrungsmittel ohne Farbstoffe sind in unserer heutigen Gesellschaft nahezu undenkbar. Bonbons sieht man ihren Farbstoffgehalt an, doch sie werden ganz selbstverständlich auch Wurst, genauso wie Medikamenten, oder Butter zugesetzt. Künstliche Farbstoffe gehören zu den zehn häufigsten Nahrungsmittelallergenen (1). Künstliche wie auch natürliche Farbstoffe können Asthma, Allergien, Hyperaktivität, sogar Anaphylaxis, und schwere Langzeitfolgen verursachen. Der Zusammenhang zwischen Farbstoffen und Allergien gilt als lange bekannt, ist jedoch allgemein unterdiagnostiziert (2,3). Provokationstests sind Pricktests diagnostisch überlegen (3,4,7). Bei Allergien auf Farbstoffe ist Meidung die einzig wirksame Therapie.

Japanische Wissenschaftler der Universität von Yokohama dokumentierten den Fall eines fünfjährigen Mädchens, bei dem eine schwere Chemikalien- sensitivität (MCS) und eine Medikamenten- unverträglichkeit attestiert wurde, welche durch Süßigkeiten, die mit Azofarbstoffen gefärbt waren, ausgelöst wurde (2). Das Kind musste aufgrund der MCS im weiteren Verlauf die Schule wechseln.

Farbstoffe in Nahrungsmitteln
„Das Auge isst mit“, nehmen Hersteller von Nahrungsmittel zum Anlass, um Nahrungsmittel durch Farbgebung ansehnlicher und oft auch frischer aussehen zu lassen. Die meisten Farbstoffe dienen ausschließlich der Optik. Bonbons ohne Farbe beispielsweise werden kaum verzehrt, sie gelten als langweilig und nicht ansprechend. Andere Farbstoffe werden zugesetzt, um Farbschwankungen von Nahrungsmitteln auszugleichen, die durch unterschiedliche Erntezeit bedingt sind. Ungefähr 40 Lebensmittelfarbstoffe, gewonnen aus tausenden von chemischen und natürlichen Verbindungen, sind zugelassen, sie schließen die Farbpalette fast lückenlos. Zu ihnen gehören sogar Metalle wie Aluminium, Silber und Gold, die zum Einsatz kommen, wenn nur die Oberfläche eingefärbt werden soll. Am stärksten verbreitet sind rote, gelbe, orange und schwarze Farbtöne. Blau findet sich wegen seines „Chemiecharakters“, außer bei Süßigkeiten, eher selten.

Sind Farbstoffe in Nahrungsmitteln unbedenklich?
In Nahrungs- und Genussmitteln werden natürliche, künstliche und naturidentische Farbstoffe eingesetzt. Die wenigsten Farbstoffe sind jedoch pflanzlichen Ursprungs, meistens stammen sie aus dem Chemielabor und sind synthetische Nachbildungen von in der Natur vorkommenden Substanzen oder gänzlich chemische Kreationen. Chemische Farbstoffe haben keinen guten Ruf, da sie als Allergieauslöser bekannt sind und sogar Krebs auslösen können. Den schlechtesten Ruf besitzen Azofarbstoffe, die in Nahrungsmitteln, Kosmetika und Medikamenten eingesetzt werden. Sie wurden ursprünglich aus Teer hergestellt, später dann auf Erdöl- oder Erdgasbasis und gelten als die gesundheitsschädlichste Farbstoffgruppe. Ihr Vorteil ist, dass sie hitze- und lichtunempfindlich sind, meist säurestabil und zudem sehr viel preisgünstiger als natürliche bzw. naturidentische Farbstoffe. Der gelbe Azofarbstoff Tatrazin gilt als besonders bedenklich (6, 8, 9, 17,18) wie das nachfolgende Fallbeispiel veranschaulicht. Gefährdet sind vor allem Menschen, bei denen eine Aspirinunverträglichkeit vorliegt (3,17,18).

Farbstoffe können, wie bestimmte Nahrungsmittel, versteckte Ursache für viele Beschwerden sein. Sie sind als Auslöser für Asthma, Hautreaktionen, Schwellungen, Kopfschmerzen, Hyperaktivität, ADHD, Bettnässen, Ohrenentzündung und in schweren Fällen sogar Anaphylaxis bekannt (4,7,9,10,12,17,18). Nur ein Provokationstest bringt letztendlich objektive Bestätigung (3,5,6,7,9,10). Pricktests zeigen oft keine verlässlichen Resultate.

Fallbeispiel: Azofarben – Auslöser von Chemikaliensensitivität (MCS) und schwerer Medikamentenunverträglichkeit
Welche tragischen nachhaltigen Konsequenzen bereits geringe Mengen von Farbstoffen haben, wurde  durch einen Fallbericht über ein kleines japanisches Mädchen deutlich, das durch Genuss von bunten Bonbons eine Multiple Chemical Sensitivity und Medikamentenunverträglichkeiten entwickelte. In der allergologischen Abteilung der Yokohama Universität wurde der Fall genauestens untersucht und dokumentiert (3).

Das fünfjährige Mädchen litt unter schweren wiederkehrenden Reaktionen, begleitet von Urticaria (Nesselsucht), Quincke Ödem, Atemnot, Kopfschmerzen, Verlust des Bewusstseins und Bauchschmerzen, die nicht zu bekämpfen waren. Die Beschwerden verschlimmerten sich durch verschiedene Behandlungen mit Antihistaminika und intravenös verabreichten Corticosteroiden. Der Zustand des Mädchens verschlechterte sich so weit, dass es in die Notaufnahme des Krankenhauses eingewiesen werden musste. Dort besserten sich die Symptome, bis auf Schwellungen und leichtes Fieber. Die Ärzte der Klinik ordneten daraufhin Kontrolle und Beobachtung der Ernährung zuhause an.

Das Führen eines Ernährungstagebuches deckte letztendlich auf, dass die Symptome jeweils nach dem Essen von farbigen Süßigkeiten wie Bonbons und Jellybeans (knallig bunte Zuckerdragees) auftraten. Die Ärzte der University of Yokohama brachten die Reaktionen des Mädchens daraufhin mit Azofarben in den Süßigkeiten in Zusammenhang. Die Mutter erinnerte sich, dass der erste schwere Vorfall erstmalig unmittelbar nach dem Essen von roten Bonbons (sie enthielten Tatrazin und Brillantblau) aufgetreten war.
Es wurden deshalb offene Provokationstests (mit Einwilligung der Eltern) mit Nahrungsmittelzusatzstoffen und entzündungs-hemmenden Medikamenten (NSAIDs) nach Elimination der Süßigkeiten durchgeführt. Die Tests brachten den Nachweis, dass sie auf Azofarbstoffe, Aspirin, Benzoesäure, Acetaminophen und Anästhetika reagiert. Ein Pricktest mit diesen Substanzen brachte kein Ergebnis.

Nachdem Azofarben in der Ernährung des Kindes vermieden wurden, traten die Schwellungen und das leichte Fieber nur noch sehr selten auf. Das Mädchen litt jedoch häufig unter Ausschlag, Schwindel, Kopfschmerzen, Erschöpfung, Engegefühl auf der Brust und Übelkeit, obwohl vermutete Auslöser weggelassen wurden. Die Ärzte stellten fest, dass sie mit diesen Symptomen nun auf viele chemische Gerüche wie Zigarettenrauch, Desinfektionsmittel, Ethanol, Weichspüler und Waschmittel, Lösemittel, Reinigungsmittel, Parfüm und Haarpflegemittel reagierte. Sie bekam die Diagnose schwere Multiple Chemical Sensitivity (MCS), ausgelöst durch Azofarbstoffe. Zur Stabilisierung wurden ihr Vitamine und Glutathion verabreicht. Die Aktivitäten des Mädchens wurden durch die MCS im Alltag in öffentlichen Bereichen sehr stark eingeschränkt. Weil sie Symptome in einigen Räumlichkeiten der Klinik bekam, stellten die Ärzte dort vor ihren Besuchen einen Luftfilter im Raum auf. Auch in der Schule bekam das Mädchen Beschwerden durch Schulmaterialien und Reinigungsmittel. Als die Schule den Eltern verweigerte, einen Luftfilter in der Klasse aufstellen zu dürfen, musste das Mädchen die Schule wechseln. Am Ende zogen die Eltern mit ihrem Kind aufs Land, wo es eine alte Schule besuchen konnte, in der sie symptomfrei am Unterricht teilnehmen konnte.

Autor: Silvia K. Müller, CSN, Januar, 2008

Literatur:

  1. Speer F., Food allergy: the 10 common offenders. Am Fam Physician. 1976 Feb;13(2):106-12
  2. Wilson BG, Bahna SL., Adverse reactions to food additives, Allergy and Immunology Section, Louisiana State University Health Sciences Center, Ann Allergy Asthma Immunol. 2005 Dec;95(6):499-507
  3. Naoko Inomata, Hiroyuki Osuna, Hiroyuki Fujita, Toru Ogawa and Zenro Ikezawa, Multiple chemical sensitivities following intolerance to azo dye in sweets in a 5-year-old girl. Allergology International 2006;55(2):203-205
  4. Wilson BG, Bahna SL., Adverse reactions to food additives, Allergy and Immunology Section, Louisiana State University Health Sciences Center, Ann Allergy Asthma Immunol. 2005 Dec;95(6):499-507
  5. Huijbers GB, Colen AA, Jansen JJ, Kardinaal AF, Vlieg-Boerstra BJ, Martens BP, Masking foods for food challenge: practical aspects of masking foods for a double-blind, placebo-controlled food challenge.Department of Human Nutrition, TNO Nutrition and Food Research Institute, Zeist, The Netherlands. J Am Diet Assoc. 1994 Jun;94(6):645-9
  6. Orchard DC, Varigos GA. Fixed drug eruption to tartrazine, Dermatology Department, Royal Children’s Hospital, Melbourne, Victoria, Australia. Australias J Dermatol. 1997 Nov;38(4):212
  7. Boris M, Mandel FS., Foods and additives are common causes of the attention deficit hyperactive disorder in children. Ann Allergy. 1994 May;72(5):462-8
  8. Thuvander A., Hypersensitivity to Azo coloring agents. Tartrazine in food may cause rash and asthma, Lakartidningen. 1995 Jan 25;92(4):296-8.
  9. Mikkelsen H, Larsen JC, Tarding F., Hypersensitivity reactions to food colours with special reference to the natural colour annatto extract (butter colour), Arch Toxicol Suppl. 1978;(1):141-3.
  10. Zenaidi M, Pauliat S, Chaliier P, Fratta A, Girardet JP., Allergy to food colouring. A prospective study in ten children, Tunis Med. 2005 Jul;83(7):414-8
  11. Nish WA, Whisman BA, Goetz DW, Ramirez DA., Anaphylaxis to annatto dye: a case report.Department of Medicine, Wilford Hall USAF Medical Center, Lackland AFB, Texas, Ann Allergy. 1991 Feb;66(2):129-31
  12. DiCello MC, Myc A, Baker JR Jr, Baldwin JL, Anaphylaxis after ingestion of carmine colored foods: two case reports and a review of the literature, Department of Internal Medicine, University of Michigan Medical Center, Allergy Asthma Proc. 1999 Nov-Dec;20(6):377-8
  13. Lucas CD, Hallagan JB, Taylor SL. The role of natural color additives in food allergy. International Association of Color Manufacturers, USA. Adv Food Nutr Res. 2001;43:195-216.
  14. Zenaidi M, Pauliat S, Chaliier P, Fratta A, Girardet JP., Allergy to food colouring. A prospective study in ten children, Tunis Med. 2005 Jul;83(7):414-8.
  15. Kagi MK, Wuthrich B, Johansson SG., Campari-Orange anaphylaxis due to carmine allergy. Lancet. 1994 Jul 2; 344(8914):60-1.
  16. Denner WH., Colourings and preservatives in food, Hum Nutr Appl Nutr. 1984 Dec;38(6):435-49.
  17. Dipalma JR., Tartrazine sensitivity, Am Fam Physician. 1990 Nov; 42(5):1347-50
  18. John Emsley, Was it something you ate? Oxford University Press, 2005

13 Kommentare zu “Umweltmedizin: Chemical Sensitivity (MCS) durch Farbstoffe in Bonbons”

  1. Juliane 27. Januar 2008 um 18:37

    Im Jahr 1991 veröffentlichte die amerikanische Fachärztin für Kinderheilkunde, Allergologie und Umweltmedizin Professor Doris Rapp das Buch „Is this your child?“

    Doris Rapp, die Vorsitzende der amerikanischen Fachgesellschaft für Umweltmedizin hatte in jahrelanger Arbeit mit mit kranken Kindern herausgefunden, dass Hyperaktivität, Aggressivität, Konzentrationsstörungen und andere psychische Symptome sowie auch auch unterschiedliche körperliche Symptome wie Asthma, Neurodermitis , wiederkehrende Entzündungen im Hals-, Nasen – und Ohrenbereich, Kopfschmerzen, Muskelzuckungen Gelenk- und Gliederschmerzen, Verdauungsstörungen erhöhter Puls sogar Fieber bei ihren kleinen Patienten häufig durch unerkannte Reaktionen auf Nahrungsmittel, Zusatzstoffe in Nahrungsmittel, Chemikalien und Schimmelpilze verursacht werden.

    In den USA stand dieses Buch lange auf der Bestsellerliste der New York Times.

    Im Mai 1996 wurde das Buch der Kinderärztin erstmals in der Bundesrepulik unter dem Titel \“Ist das ihr Kind?\“ veröffentlicht. Die zweite Auflage erfolgte 1997 und ist noch erhältlich im Buchhandel unter Doris Rapp, Ist das ihr Kind?

    Dieses Buch, das ein Meilenstein hätte sein können für die Kinderheilkunde in der Bundesrepuplik , ist den meisten Schulmedizineren nicht bekannt. Es hat auch keinen Eingang gefunden in die öffentliche Diskussion.

    Warum wohl?

    Offenbar konfrontiert die Autorin die Ärzteschaft mit zu viel unbequemen Fakten.

    Körperliche und psychische Symptome durch Chemikalien in Nahrungsmitteln, Wohn- , Schul- und Freizeitumfeld werden in der Bundesrepublik lieber nicht in den Diskurs aufgenommen.

    Stattdessen wird den kleinen Patienten noch ein weiter Coktail in Form von Medikamenten zugemutet , Psychopharmaka einschliesslich.

    In Japan ist die Medizin , wie der hier vorgestellte Fall des kleinen Mädchens zeigt, schon ein Stück weiter. Die Ärzte haben erkannt, was Ursache und Wirkung war und die richtige Diagnose gestellt.

    In Deutschland hätte sicherlich niemand diese Diagnose gewagt. Hier werden Kinder mit der beschriebenen Symptomatik interdisziplinär begutachtet mit meist allergischem und psychosomatischem Abschlussbefund.

    Bei der japanischen Schulbehörde hat sich das Wissen japanischer Ärzte aber noch nicht herumgesprochen. Da mussten die Eltern auch jenen Weg gehen, den Eltern mit chemikaliensensiblen Kinder auch in der Bundesrepublik gehen müssen.

    Schlimm für die Kinder zu spüren, wie die Mitmenschen mit der ja nicht selbst verschuldeten Behinderung umgehen. In Japan und auch in der Bundesrepublik

  2. Silvia 28. Januar 2008 um 09:50

    Liebe Juliane,

    das Buch von Doris Rapp ist wirklich etwas, was Patienten wie auch Ärzten hilft. Es ist einfach geschrieben, jeder versteht es, denn es war ursprünglich für die Eltern der Patienten von Prof. Rapp gedacht.
    Dass es hier keinen Eingang findet ist erschütternd.

    Noch anschaulicher als das Buch sind die Videos von Doris Rapp. Ich erinnere mich noch, als ich einen davon das erste Mal sah. Es ging um eine Lehrerin in einer Schule, die wie ihre Schüler und Kollegen durch Teppichboden im Schulgebäude krank geworden war. Anderson Laboratories untersuchte den Teppichboden und stellte Schadstoffe fest. Dann wurde ein Tierversuch mit Ratten eingeleitet, die man unter kontrollierten Bedingungen den Ausdünstungen des Teppichbodens aussetzte. Einige Tiere starben innerhalb ganz kurzer Expositionszeit, andere hatten neurologische Ausfälle. Dann exponierte man die Lehrerin mit den Ausdünstungen vor laufender Kamera mit Anwalt dabei. Es war erschreckend wie die Lehrerin reagierte. Die Schule wurde saniert.

    Ich habe Prof. Rapp in Phoenix aufgesucht und sah eines ihrer Videoarchive. Sie besitzt tausende von Videos von Kindern, die auf Nahrungsmittel, Schimmelpilze oder Chemikalien reagieren. Ich versuche
    eines zu bekommen von ihr, dann stellen wir es in einem Blog ein.

  3. Mary-Lou 28. Januar 2008 um 10:18

    In Deutschland kommt man in der Regel als Umwelt-Patient mit langjährigen unerklärlichen Beschwerden erst einmal an eine Universitätsklinik. Die Umweltambulanzen deutscher Universitätskliniken vertreten allerdings den Standpunkt, dass man Umweltkrankheiten wie MCS nicht nachweisen kann. Deutsche Universitätskliniken betreiben leider keine unabhängige Forschung, da die unterstützenden Drittmittel vielfach aus der Industrie stammen. Durch die Gesundheitsreform wurden die öffentlichen Geldmittel drastisch gekürzt. Darunter leidet die unabhängige Forschung. Medizinische Forschung wurde durch Kürzung der öffentlichen Forschungsmittel in die Hand der Pharma-Industrie abgegeben!

    Durch diesen Blog wird deutlich, wie wichtig intensive und wissenschaftlich orientierte Diagnostik bei Umweltkrankheiten, wie z. B. MCS ist. Der Pricktest war auch in dem Fall des japanischen Mädchens ergebnislos. Das ist kein Ausnahmefall, sondern typisch bei MCS (Multiple Chemikaliensensitivität). Bei MCS sind andere weiterentwickelte Diagnosemethoden aussagefähig und somit unerläßlich, wie z. B. LTT-Test, PET-Scan und SPECT-Scan. Allerdings werden derartige Untersuchungsmethoden nicht von den Krankenkassen übernommen. Dieser für den Patienten äußerst nachteilige Aspekt führt meist dazu, dass Umweltpatienten viele Jahre eine Ärzte-Odyssee durchleben, bis sie erst die wahre Diagnose ihrer Umwelterkrankung erfahren. Dieser persönliche Leidensdruck könnte verringert werden, würden die Krankenkassen wissenschaftlich fundierte Diagnosemethoden übernehmen. Das würde letztendlich Kosten minimieren und das Leid der Umweltpatienten erheblich mindern. Denn bei rechtzeitiger Diagnose von MCS, kann man durch Vermeidung der symptomauslösenden Stoffe bzw. durch Änderung des persönlichen Umfeldes eine deutliche Verbesserung erzielen. Besonders dann, wenn die Erkrankung noch nicht massiv fortgeschritten ist.

    Durch öffentliche Anerkennung von MCS, den entsprechenden Diagnosemethoden und Ergreifung von notwendigen Maßnahmen, z. B. Aufstellen von Luftfiltern in Schulen und am Arbeitsplatz, könnte man dazu beitragen, dass den MCS-Patienten weitgehend ihre Integration behalten und sie nicht den Sozialkassen zur Last fallen. Dies tritt leider in Deutschland verstärkt ein, weil man sich in der Öffentlichkeit immer noch nicht zu MCS bekennt, sondern veraltete Studienergebnisse aufrecht erhält und sich gegen die internationalen wissenschaftlichen Erkenntnisse der Umweltmedizin sträubt, ja systematisch den international längst überholten Wissensstand in Deutschland aufrecht erhält.

    Um nicht in einer Katastrophe zu enden, muss Deutschland die Notbremse ziehen und sich der Tatsache stellen, dass die Umwelt auch krank machen kann und Umweltkrankheiten wie MCS, CFS und SBS leider Realität sind.

  4. Spider 28. Januar 2008 um 11:25

    Azofarben und andere gesundheitsschädliche Farbstoffe lassen sich nicht nur in Lebensmittel nachweisen, sie kommen auch in vielen anderen Produkten zum Einsatz.

    Ökotest hat in der Februar Ausgabe Modelabels getestet, mit besorgniserregenden Ergebnissen. Ein Produkt enthielt den den als krebserregend eingestufte Farbstoff Dispers Gelb 3 und wurde sogar als nicht verkehrsfähig eingestuft.

    http://www.ökotest.de/cgi/ot/otgs.cgi?suchtext=&doc=66766&pos=2&splits=0:1706:3022:4330:5261

    Aber nicht nur Ökotest kommt zu der Erkenntnis, dass heutzutage viele Produkte gesundheitsgefährlich für den Menschen sind.

    Auch der BUND rät zu besserer Vorsicht beim Kauf bestimmter Waren, die u. a. krebserregende, allergieauslösende und andere gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe, u. a. auch Azofarben, enthalten.

    http://www.bund.net/index.php?id=1004
    http://www.bund.net/index.php?id=1001
    http://www.bund.net/index.php?id=1094&tx_ttnews%5Btt_news%5D=2447&tx_ttnews%5BbackPid%5D=1085

  5. Eric 28. Januar 2008 um 15:43

    Danke für dieses neue Informationsportal. Gerne lese ich hier die abwechslungsreichen und äußerst interessanten Berichte zum Thema Umwelt und Umweltkrankheiten. Heute möchte ich mich allerdings einmal selbst zu Wort melden.

    Ein großes Dankeschön an alle die ihren Beitrag zu diesem für mich sehr aufschlussreichen Bericht geleistet haben, besonders jedoch an Juliane für ihren Kommentar. Beim Lesen über die Erkenntnisse von Frau Dr. Rapp, habe ich mich selbst wiedergefunden. Bereits in der Schule ist es mir selbst so ergangen, wie in dem Kommentar aufgeführt. Unerklärlich lang anhaltende Infekte plagten mich bereits während meiner Schulzeit. Wiederkehrende schwere Halsentzündungen, ständige akute Bronchitis, ständige starke Kopfschmerzen, heftige unerklärbare Bauchschmerzen und allgemeine Erschöpfung prägten meine Kindheit und Jugend und begleiten mich nun auch im Erwachsenenalter. Zu meinen Bauchschmerzen hieß es bereits bei Schularzt-Untersuchungen, es sei psychisch bedingt. Dies konnte ich mir nie so recht erklären, denn ich verbrachte trotz dieser vielfältigen Beschwerden eine schöne Kindheit.

    Dass es sich dabei um Nahrungsmittelunverträglichkeiten handeln könnte, stand bei den Ärzten nie zur Debatte. Heute weiß ich mehr, denn ich leide an vielfältigen Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Andere Auslöser wurden während meiner Schulzeit ebenfalls nicht untersucht. Dies ist meiner Meinung nach ein scherwiegender und grob fahrlässiger Fehler im deutschen Gesundheitssystem. Eine gründliche Untersuchung findet meist nicht statt, nicht einmal heutzutage, wo man weit aus bessere Möglichkeiten der Diagnostik zur Verfügung hat als dies zu meiner Schulzeit der Fall war. Schulkinder lässt man also im Stich, obwohl unsere Kinder das wichtigste „wirtschaftliche Gut“ einer gut florierenden Volkswirtschaft sind, um hier einmal den wirtschaftlichen Ansatz in den Vordergrund zu stellen.

    Vielfache Folgen der Schadstoffeinwirkung durch Azofarben und Pestizidrückstände in unseren Nahrungsmittel sind u. a. Konzentrations- und Lernstörungen sowie chronische grippeähnliche Symptome, wie ich sie selber leider erlebt habe. Viele dieser folgenschweren Beschwerden wären vermeidbar bzw. könnte man einzudämmen, wenn man in Deutschland durch bessere Untersuchungsmethoden, Kindern und Jugendlichen einen besseren Start und somit besseren Bildungsstand ermöglichen würde.

    Das Buch von Frau Dr. Rapp “Is this your child?” oder „Ist das Ihr Kind“ werde ich mich sicherlich zulegen.

    Vielen Dank für diesen Hinweis.

    Das man mit der Problematik auch anders umgehen kann, zeigt dieser Bericht, in dem man durch intensive moderne Diagnostik die tatsächlichen Ursachen für die schwere Umwelterkrankung des fünfjährigen Mädchens an einer japanischen Universitätsklinik herausfand.

  6. Janik 11. Februar 2008 um 10:28

    Erschreckend, sehr erschreckend, denn wie oft mag es passieren, daß ein Kind oder auch ein Erwachsener etwas isst, was solche Farbstoffe enthält oder chemische Konservierer, künstliche Süßstoffe, etc. die teils sogar gehirngängig sind. Könnt Ihr Euch vorstellen, daß ein normaler Kinderarzt due Ursache rausfindet? Ich nicht. Das japanische Mädchen hatte ein Riesenglück, daß es in die richtigen Hände geraten ist.

  7. Bongo Wongo 27. April 2008 um 10:49

    Hallo Janik,

    es ist äußerst besorgniserregend, gibt es doch kaum Süßigkeiten für unser Kids, die nicht mit Farbstoffen aufgepeppt werden, damit Kinderaugen strahlen. Dass solche Farbstoffe ein derartiges Gesundheitsrisiko bergen, ist doch kaum öffentlich bekannt. Lebensmittelfarbe wird nach meinem Empfinden als völlig harmlos dargestellt. Ich denke kaum, dass hiesige Ärzte einen Zusammenhang von Gesundheitsbeschwerden und Farb- und Konservierungsstoffe aufdecken würden. Die Eltern kranker Kinder, werden einen beschwerlichen Weg vor sich haben, bis die wahren Auslöser der Krankheitssymptome ihrer Kleinen sachkundige Aufklärung erfahren.

  8. Lucie 18. Juli 2008 um 07:04

    Eben gerade habe ich gelesen, dass man durch Patchtests eine Duftstoffallergie entwickeln kann, hier lese ich nun von Farbstoffen als MCS-Auslöser. Erschreckend und kaum vorstellbar, wie vielen Kindern durch Farbstoffe in Bonbons gesundheitlicher Schaden zugefügt wurde.

    Kinder, die durch die Farbstoffe letztendlich eine Chemikaliensensibilität (MCS) entwickelt haben, werden hierzulande beim Arzt mit Sicherheit nicht schnell, wenn überhaupt, die wahren Ursachen für ihre Erkrankung erfahren. Die Kinder und deren Eltern tun mir leid.

    Warum bitteschön, werden solche Lebensmittel mit gesundheitsschädlichen Zusatzstoffen überhaupt verkauft? Hier müsste der Gesetzgeber dringend einschreiten.

    Aber was will man schon erwarten, der interessante Bericht unterstreicht die allgemeine Situation der Umweltmedizin in Deutschland:

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/02/14/auslaendische-wissenschaftler-in-der-medizin-fragen-whats-up-in-germany/

  9. Silvia 8. August 2008 um 20:04

    Jedesmal wenn ich ein Kind sehe mit einem blauen Lolly oder sonstigen quietschbunten Süssigkeiten muss ich an das japanische Mädchen denken. Es ist erschütternd, dass in der Beziehung kein Einhalt geboten wird. Süssigkeiten müssen bunt sein, aber dazu braucht es keine Azofarben.

  10. Tacheles 9. August 2008 um 10:48

    Das sehe ich ebenso, auf Azofarben ließe sich sehr leicht verzichten bei Süßigkeiten. Azofarben haben in Lebensmittel nichts zu suchen und müssten verboten werden. Diese Firmenphilosophien soll jemand nachvollziehen können – durch leichtsinnigen Einsatz von Azofarben die Gesundheit unzähliger Kinder aufs Spiel zu setzen. Das ist mir völlig unbegreiflich. Schließlich sind die Kinder die Kunden von morgen. Sind sie erst einmal erwerbsunfähig wir wir MCS Betroffene, sinkt die Kaufkraft unweigerlich.

    Die Entstehung von MCS (Chemical Sensitivity) völlig sinnlos zu begünstigen, geht nicht in meinen Kopf.

  11. K. Fux 16. August 2008 um 23:04

    Azofarben kenne ich nur von Bekleidung. Dass solche Farben auch für Lebensmittel zugelassen sind ist mir neu. Schlimm genug, dass alles kunterbunt sein muss, gesund ist es bestimmt nicht. Aber Azofarben im Essen, das ist extrem. Wo sind wir bloß hingekommen. Chemie im Essen wo man hinschaut. Ich denke durch Pestizide und Zusatzstoffe sind unsere Nahrungsmittel schon zur Genüge belastet, da brauch es nicht zusätzlich solche Hammer-Farbstoffe. In Kleidung machen Azofarben ebenfalls keine gute Figur, stehen in Verdacht krank zumachen.

    Und dann noch im Essen, das geht mir nicht aus dem Kopf. Kein Wunder dass die Zahl der MCS Kranken so massiv ansteigt.

  12. Bongo Wongo 19. August 2008 um 19:45

    Das Europäische Verbraucherzentrum EVZ stuft Azofarben als krebserregend und allergieauslösend ein und berichtet, dass Azofarben in vielen Einsatzbereichen in Deutschland verboten sind. Allerdings ist nichts von Azofarben in Nahrungsmittel zu lesen. Dieser Einsatzbereich erscheint mir vollkommen überflüssig und ist mir unbegreiflich.

    Sind Azofarben besonders günstig, oder warum werden diese gesundheitsgefährdenden Farben in Lebensmittel eingesetzt?

    http://www.evz.de/UNIQ121916747906814/doc1247A.html

  13. Janik 20. November 2008 um 15:49

    Warum wird nicht dazu gelernt?

    Hiltrud Breyer MdEUP:

    EU-Parlament versagt beim Verbot gesundheitsgefährdender Azo-Farbstoffe

    Das Ergebnis der Abstimmung zu Lebensmittelzusatzstoffen, -enzymen und -aromen im Europaparlament vom Sommer war halbherzig. Anstatt ein Verbot der gesundheitsgefährdenden Azo-Farbstoffe in Lebensmitteln zu verhängen, hat das EU-Parlament nur eine Kennzeichnungspflicht beschlossen.

    Dies reicht jedoch nicht aus. Eine alarmierende Studie der Universität Southampton warnt vor den Azo-Farben als Auslöser von Konzentrationsschwächen und aggressivem Verhalten bei Kindern. Es ist unverantwortlich Nahrungsmittel, die Kinder schädigen können, auf dem Markt zu lassen. Dies ist ein klarer Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip. Zudem ist die Verwendung der Azo-Farbstoffe gar nicht notwendig, da es sichere Alternativen gibt.

    Anfrage von Hiltrud Breyer: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+WQ+E-2008-3358+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE

Kommentar abgeben: