Archiv der Kategorie ‘MCS, Multiple Chemical Sensitivity‘

Wunderheilung hält Einzug in die deutsche Umweltmedizin


Kirchenvertreter senden Notfallseelsorger zu umstrittenen „Geistheilungstagen und Gesundheitskongress“ in Alsfeld

Seit Monaten werden die „Geistheilungstage“ in Alsfeld vom Veranstalter Earth Oasis intensiv beworben. 5.000 Kranke, die sich Heilung erhoffen, werden erwartet. Mittelpunkt der „Geistheilungstage“ ist der brasilianische Wunderheiler Joao de Deus. Ein „Gesundheitskongress“ ist ein weiterer Teil des Programms. Einige deutsche Umweltmediziner sind als Referenten geladen und laut Ankündigung wollten sie bereits im Vorfeld der „Geistheilungstage“ für ein neues Verständnis von Gesundheit eintreten. Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche schlagen Alarm. Die Kirchen arrangierten vorab einen Infoabend und, wie das HR Fernsehen berichtet, entsenden sie auch Notfallseelsorger für den Zeitraum der Veranstaltung.

21. Jhr.: 5.000 Kranke pilgern in weißen Gewändern zum Wunderheiler

Zu den „Geistheilungstagen“ und dem „Gesundheitskongress“ in Alsfeld werden Tausende von Menschen erwartet. Die Veranstaltung ist ausgebucht, es gäbe nur noch 80 Reservetickets, verkündete der Reise- und Seminarveranstalter Earth Oasis auf seiner Webseite. Für die Veranstaltung gibt es Regeln, an die sich die Besucher halten sollen. Eine der Regeln fordert, in weißer Kleidung zu erscheinen. Es stimme auf die „Heilungsarbeit“ ein und signalisiere innere Bereitschaft, dass man sich auf den tiefen inneren Prozess einlasse, daher die Bitte der „Wesenheiten“ für weiße Kleidung während der“Geistheilungstage“.

Es geht um Geld, viel Geld

In der Tageszeitung „Alsfelder Allgemeine“ äußerte sich Ralf Müller, Bildungsreferent des evangelischen Dekanats. Er bekundete gegenüber der Tageszeitung, dass er sich intensiv in die Literatur des Veranstalters Earth Oasis eingelesen habe und wissenschaftliche Untersuchungen zu den behaupteten Heilungen vermisse und fügte an:

„Da geschieht eine typische Legendenbildung. Es gehe vor allem ums Geschäft, bei 5.000 erwarteten Besuchern geht es um über 500.000 Euro Einnahmen.“

Weitere Kritiker geben zu erkennen, dass sich um den Wunderheiler herum eine regelrechte Infrastruktur aufgebaut hat, die mitverdient.

Auffällig ist, dass der Veranstalter Earth Oasis  bei dem vorherigen 4. Geistheilungskongress Joao de Deus wieder ausgeladen hatte. Dem brasilanischen Wunderheiler waren sexuelle Übergriffe auf Patientinnen vorgeworfen worden. Später versöhnte man sich wieder, und beim 5. Geistheilungskongress ist das Zugpferd Joao de Deus wieder dabei.

Umweltmediziner unterstützen Wunderheiler

Joao de Deus gibt vor, gemeinsam mit 30 „Geistdoktor-Entitäten“ schwere Erkrankungen heilen zu können, sogar Krebs und AIDS. Die Heilung besteht aus sogenannten sichtbaren und unsichtbaren Psycho-Operationen und Gebeten, bei denen der Wunderheiler in Trancezustände fällt.

Rund fünfzehn an der Veranstaltung referierende Ärzte und Umweltärzte unterzeichneten gemeinsam den „Alsfelder Appell“, eine Petition für ein neues Gesundheitssystem. Sie haben sich mit anderen in einer sogenannten „Open Mind Academy“ zusammengeschlossen. Wofür die „Open Mind Academy“ einsteht, kann man folgender Erklärung auf der Veranstaltungswebseite entnehmen:

ZITAT:

„Die Open Mind Academy versteht, dass jede Erkrankung ihre Ursachen und Heilungschancen in der Triade aus Körper, Psyche und Seele zu suchen hat. Solange z.B. der einzige Ausweg aus einer „ausweglosen Situation“ wie z.B. Trennung oder finanzielle Probleme im Tod zu finden ist oder z.B. ein Patient Vorteile durch seine Erkrankung genießt (sog. „Sekundärer Krankheitsgewinn“), wird die alleinige physische Therapie keinen vollständigen Erfolg bringen.

Geistheilung inklusive

Die in Alsfeld sprechenden Therapeuten binden den wohl bekanntesten und erfolgreichsten Heiler dieser Zeit, Joao de Deus, in ihr Therapiekonzept ein und wurden anlässlich eines Studienaufenthaltes in Brasilien von Joao de Deus zwei Tage besucht und über unterstützende Möglichkeiten auf der geistigen Ebene informiert. Wie schon in Wien im April 2011 hat Joao de Deus diese Gruppe nach Alsfeld eingeladen, um dort zu sprechen.“

„Geistheilung“ ist kein akzeptabler Ersatz für adäquate medizinische Behandlung

CSN hat zu Wunderheilern eine klare, eindeutige Position und lehnt jeglichen Versuch oder Maßnahmen, Umweltkranke in den Bann von Wunderheilern, Sekten oder Esoterikgruppen zu ziehen, kategorisch ab.

Umwelterkrankte haben wie andere Kranke ein Recht auf seriöse, adäquate medizinische Behandlung. Wundersame Versprechungen, Geistheilungen, esoterische Gerätschaften, Energiearbeit, etc. sind kein geeigneter Ersatz. Sie können, je nachdem an wen der Kranke gerät, eine Vielzahl von Problemen, Abhängigkeiten sowie schwere physische und psychische Schäden verursachen und enden allzu oft in einem finanziellen Desaster und sogar mit dem Tod: Heilung in den Tropen kostete das Leben

Folgender Flyer: VORSICHT SEKTEN (pdf, Druckqualität) umfasst eine Checkliste, mit der jeder in der Lage ist, Angebote und Versprechungen besser zu beurteilen. Ein einziger Punkt mit „Ja“ beantwortet, bedeutet, dass man sehr wachsam sein muss. Mehrere Punkte mit „Ja“ beantwortet, sollten zu grösster Vorsicht bewegen und dazu, auf jeden Fall Abstand von der Gruppierung zu nehmen. Der Flyer unterliegt keinem Copyright und die Druckvorlage darf zum Vervielfältigen genutzt werden.

CSN will niemandem davon abhalten, Heilung zu finden, wirkliche Heilung. Aufgrund der negativen Erfahrungen zahlreicher Umwelterkrankter und vieler anderer Menschen bittet CSN jeden, sich umfangreich zu informieren, bevor er sich auf Wunderheiler, Gruppierungen, Kulte, Esoterikgruppen und ähnliches einlässt, sowie deren die Angebote und Versprechungen sehr, sehr kritisch zu hinterfragen.

Autor: CSN – Chemical Sensitivity Network, 11.11.2011

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Web Tipps:

Buchtipps:

(Laut Sektenexperte sind dies die besten Bücher für Betroffene, leider nur noch antiquarisch erhältlich)

Die Umweltkrankheit MCS lässt sich nicht ewig vertuschen

Chemikaliensensible existieren, Tendenz steigend

Sie sollen nicht existent sein, die Umwelterkrankten mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity. Menschen, die auf minimale Konzentrationen von Chemikalien im Alltag reagieren in einem Land, das Chemikalien in die ganze Welt exportiert und damit fette Gewinne erwirtschaftet, das passt nicht. Also wird dafür gesorgt, dass Chemikaliensensible nicht existieren. Zumindest nicht auf dem Papier.

Wer MCS hat und seine Erkrankung als Schwerbehinderung anerkannt bekommen möchte, erfährt schnell, dass MCS unerwünscht ist. Das Versorgungsamt dreht und windet sich wie ein Aal, nur damit MCS nicht als Behinderung akzeptiert wird. Denn, wenn MCS häufiger als Behinderung auftaucht, könnten die Erkrankten Forderungen durchsetzen und zwar auch solche, die ihre Krankheit in der Öffentlichkeit sichtbar macht. Ergo, dass MCS als Behinderung anerkannt wird, muss meist erst rechtlich erstritten werden.

In der Bevölkerung ist MCS – Multiple Chemical Sensitivity nicht mehr ganz unbekannt, aber die Konsequenzen, die diese Erkrankung für die Menschen hat, die darunter leiden, kennt kaum jemand. Es wird versucht, MCS als Bagatelle darzustellen oder als Marotte, als psychische Störung, usw. Eben alles Mögliche, außer einer ernstzunehmenden Erkrankung, die rund 15% der Bevölkerung betrifft und sie einschränkt in allen Lebenslagen.

Thommy’s Blogfrage der Woche:

  • Lässt sich MCS auf Ewig vertuschen?
  • Was können MCS Kranke unternehmen, damit die Allgemeinheit von ihnen erfährt?
  • Wie lässt sich Druck aufbauen, damit MCS als Behinderung im Einzelfall anerkannt wird und das ohne Rechtsstreit?
  • Wie kann dem Klischee „MCS – Multiple Chemical Sensitivity sei psychisch“ die Existenz entzogen werden?
  • Habt Ihr Ideen, wie MCS der Öffentlichkeit als das vermittelt werden kann, was es ist, nämlich eine einschränkende Behinderung?
  • Wie kann die Allgemeinheit effektiver und zeitnah über MCS informiert werden?

Junge Frau mit schwerer Umwelterkrankung benötigt dringend Hilfe!

Die 35 jährige Wienerin, die an einer Multiple Chemical Sensitivity – MCS leidet, ausgelöst durch ein Chemiewerk in ihrer Wohngegend, braucht aus umweltmedizinischer Sicht umgehend einen Umzug in eine schadstoffarme Gegend, bevorzugt in Wien-Umgebung.

Ämter und Behörden fühlen sich allesamt nicht zuständig und überlassen diese liebenswerte junge Frau einfach ihrem Schicksal…

Das Immunsystem, Organe und Schleimhäute der ehemaligen Musik­studentin, welche mittlerweile komplett berufsunfähig ist, wurden nahezu irreparabel geschädigt, was zu chronischen Leiden mit ständigen Schmerzen führt. Schwerstreaktionen wie Schwächezustände, Entzündungen des Magen- und Darmtraktes, extreme Schmerzen der Muskel und Gelenke, Unverträglichkeiten auf nahezu alle Lebensmittel, dazu ständige Blockierungen der Halswirbelsäule gehören zu ihrem wahren Martyrium, welches sie täglich zu ertragen versucht. Nicht, dass Verena es nicht versucht hätte, eine geeignete Unterkunft für sich zu finden, doch es scheiterte jedes Mal an der Unverträglichkeit der Häuser.

So sucht Verena auf diesem Wege dringend Menschen wie Bauexperten, Baumeister, Bauträger, Immobilienfirmen, Makler, die ihr bei der lebens­notwendigen Verwirklichung und Umsetzung eines schadstoffarmen ökologischen Bauprojekts helfen möchten und können. Es ist die einzige Möglichkeit, Verena so zu helfen, ihren Jahrzehnte langen Leidensweg zu beenden.

Jede Form der Hilfe wird gerne und dankbar angenommen.

Die österreichische Organisation MCS-Info hat eigens eine E-Mail Adresse für Verena eingerichtet. Kontaktieren Sie Verena unter: verena @ mcs-info.at

Gerne können Sie Anfragen oder Hilfshinweise auch an CSN richten, Verenas Fall ist CSN seit Jahren bekannt.

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Tag beim Kieferchirurgen und der Mund-Kiefer-Gesichtsklinik der Charité

Patientin mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity berichtet:

Nach monatelangen Schriftwechseln und Telefonaten habe ich endlich einen Kieferchirurgen gefunden, der sich bereit erklärt hat, sich meine schmerzenden Zähne (müssen gezogen werden) anzusehen.

Morgens für 7 Uhr ein Taxi bestellt, Nichtraucher und ohne Duft, ich komme raus und sehe, wie der Taxifahrer sich im Auto eine Zigarette anzündet, er selber hatte jede Menge Duft an sich, aber ich musst ja zu dem Termin hin. Also Sauerstoffflasche aufgedreht und das Fenster aufgemacht, nach einer dreiviertel Stunde endlich am Ziel.

In der Praxis echt nette Menschen und viel Verständnis. Nach einer Röntgenaufnahme und Beratung mit Kollegen wurde entschieden, dass das Risiko selbst einer Lokalbetäubung zu hoch ist.

Ich wurde an die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie der Charité überwiesen.

Wieder ein Taxi bestellt, Glück gehabt, das roch nach nichts, außer nach einem Becher frischem Kaffee. Danke, lieber Taxifahrer, du warst mein erster Lichtblick an diesem Tag.

In der Charité in Haus 2 zur Anmeldung, Nummer ziehen und warten, Aufruf, Termin zu einer Vorbesprechung frühestens am 31.10. 2011 heute war ja schon der 13.10.2011. Sind ja nur 18 Tage.

Also wurde ich an die Rettungsstelle im Nachbarhaus verwiesen. Mit Sauerstoff, Handtasche, Jacke, Fußmarsch zur Rettungsstelle. Dort anmelden, 10€ zahlen und warten, endlich kommt ein Zahnarzt, der liest sich erst einmal den MCS-Ausweis durch und die MCS Arztinfo, danach werde ich herein gebeten, er will mehr über meine Probleme (Zähne) und MCS erfahren. Kein Problem, er versteht sehr schnell, wie problematisch alles ist, und obwohl es in erster Linie um die Zähne geht, darf man auf keinen Fall die MCS außen vor lassen. Alles dreht sich erst einmal um die Multiple Chemical Sensitivity und dann um die eigentliche Diagnose.

Er ruft noch einen Kollegen an, er hätte einen sehr interessanten Fall, der Kollege wollte zuerst nicht, aber er kam dann doch. Er hat Augen gemacht, eine Patientin mit MCS (WHO ICD-10 T78.4) hatte er noch nie, aber auch er verstand sehr schnell, dass MCS vorhanden ist und fast alles einschränkt.

Man macht gleich noch EKG und Blutabnahme, danach interne Überweisung in die MKG-Klinik, wieder zur Anmeldung, Nummer ziehen, Papiere abgeben. Nach viel Murren und Maulen, (oh nein, die Sprechstunde ist brechend voll und dann auch noch so etwas). Ich soll mich ab 13.00 Uhr vor Sprechzimmer 4 einfinden.

Wieder einmal eine Wartezone, ca. 40 Minuten und man ruft mich herein, der Zahnarzt spricht mit mir und verweist mich an die Anästhesisten weiter. Dicke Akte greifen und wieder in ein anderes Haus traben, Nummer ziehen, nach Aufruf in die Anmeldung, Fragebogen und Datenerfassung, mit der Bitte den Fragebogen auszufüllen wieder in die Wartezone entlassen. Ca. 20 Minuten später kommt der Anästhesist und holt mich zum Gespräch ab. Bestimmt eine halbe Stunde redet er mit mir, dann kommt er aufgrund meiner Allergien und der MCS zu dem Entschluss, dass er mich so nicht behandeln kann. Er will erst mit den Allergologen abklären, was geht, was evtl. noch geht und was gar nicht geht. Er verweist mich zurück an die MKG Klinik.

Wieder zur Anmeldung, Akte abgeben und darum bitten, dass ich noch einmal beim Zahnarzt vorgestellt werde.

Ich bin mittlerweile trotz MCS Maske und guten 500L Sauerstoff völlig am Ende, ich kann mir nichts mehr merken, bin völlig Matsch im Kopf.

Der Zahnarzt versteht nicht, dass ich als schwerkranker Mensch nicht permanent in ärztlicher Betreuung bin, er versteht es einfach nicht, dass jeder Arztbesuch ein gesundheitliches Risiko darstellt und man mir da auch nicht helfen kann.

Er ist auch der Meinung, dass es ja wohl Fachärzte dafür geben müsste. Als ich ihn bat, mir nur einen einzigen zu benennen, das übliche ratlose Gesicht.

Er erzählte mir, dass ich Allergietests machen soll. Ich kann mir nichts mehr merken und bitte ihn, mir alles aufzuschreiben und mir innerhalb der Charité etwas zu benennen.

Das war es für heute, nach ca. 6 Stunden in der Charité bin ich fix und fertig und stehe wieder ganz am Anfang. Jetzt noch ein Taxi (Nichtraucher und ohne Duft besorgen) es ist innerhalb von 2 Minuten da.

Toll, es ist ein alter Daimler, der ist schon so alt, da riecht nichts mehr, der Fahrer selber auch ohne, toll, der 2. Lichtblick an diesem Tag.

Es ist ca. 16.00 Uhr, ich bin endlich wieder zuhause. Ich habe Durst und Hunger. 2 Stunden später gegen 18.00 Uhr setzen Krämpfe ein, die Beine, die Brust, der Rücken, das Herz tut weh, EKG ist aber okay, der Kopf dröhnt, alles stinkt nach den ganzen Duftstoffen aus der Klinik.

Ich nehme 3 gr Magnesium, die Krämpfe werden immer stärker, jetzt kommt Chinin ran, es reicht immer noch nicht! Jetzt kommen 5 gr Magnesiumcitrat in einem Glas Wasser aufgelöst und in kleinen Schlucken über 2 Stunden getrunken, mittlerweile waren einige so heftige Kämpfe, das wieder einmal einige Muskelfasern gerissen sind, um 1.00 Uhr lassen endlich die Krämpfe nach und ich kann versuchen zu schlafen.

Um 3.30 Uhr werde ich wieder unsanft geweckt, ich laufe aus, die Schließmuskel spielen nicht mit, das recht Bein tut weh, die Bandscheiben der LWS haben keinen Halt mehr.

Jetzt gegen 13.00 Uhr am14.10.2011 tut zwar noch alles weh, aber das Gehirn funktioniert wieder halbwegs, die Krämpfe sind weg, nur noch Schmerzen in den Beinen und im gesamten Rücken.

Einen Termin bei meinen Hausarzt erst am 27.10. die Allergologen sind permanent besetzt, muss ich am Montag wieder probieren.

Wenn ich dann alle Untersuchungen zusammen habe, geht das ganze Theater wieder von vorne los.

So, das war ein Tag im Leben und Leiden einer MCS Kranken, der Zähne gezogen werden müssen.

Update: 15.10.2011. Es geht noch immer schlecht. Ich habe Krämpfe in den Beinen und kann kaum laufen.

Autor: Clarissa von Maus, Berlin, 14.10.2011

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Flughafen nimmt Rücksicht auf Allergiker

Parfümfreie Route durch den Flughafen für Asthmatiker, Allergiker und Chemikaliensensible

Für Allergiker war der Flughafen Kopenhagen bis vor kurzem die reinste Hölle. Wer auf Parfüm und andere Duftstoffe reagiert, befand sich in der Zwickmühle, weil die Sicherheitskontrolle direkt neben der Parfümerie positioniert war. Um Allergikern, Asthmatikern und Personen mit Multiple Chemical Sensitivity (MCS) entgegenzukommen und damit der UN Behindertenkonvention gerecht zu werden, hat die Flughafenleitung eine parfümfreie Alternativroute im Flughafenbereich für diese Behinderten geschaffen.

Reisen mit Risiken verbunden

Personen mit empfindlichen Atemwegen, Asthma, Duftstoffallergien oder Multiple Chemical Sensitivity (MCS) reagieren oft mit erheblichen Gesundheitsbeschwerden auf Parfüm und parfümierte Produkte. Verreisen ist für diese Personengruppe mit großen Schwierigkeiten und teils auch mit erheblichen Risiken verbunden. Parfüms gehören zu den Hauptauslösern für Asthmaanfälle. Chemikaliensensible führen Duftstoffe als eine der Barrieren auf, die ihnen den Zutritt in viele Gebäude verwehrt, ihnen die Teilhabe am öffentlichen Leben versagt und sie zwangsweise in Isolation vereinsamen lässt.

Sicherheitsbereich neben der Parfümerie

Wer im Flughafen Kopenhagen die Sicherheitsprüfung nicht bestanden hatte, befand sich unmittelbar mit einem großen Problem konfrontiert, wenn er auf Duftstoffe, Parfüms, Aftershaves mit Gesundheitsbeschwerden reagierte. Genau neben diesem Sicherheitsbereich befindet sich nämlich die Parfümerie des Flughafens. Der dänische Allergie- und Asthmaverband beschreibt diese Situation als „reine Hölle“ für Menschen mit empfindlichen Atemwegen oder Allergien. Wegen dieses „Duftbombardements“ hat der Patientenverband sich schriftlich bei der Flughafenleitung beschwert. Es sei sehr bedauerlich, dass Menschen, kurz bevor sie mit dem Flugzeug starten, krank würden wegen der Duftstoffen und Parfüms. Die Reaktionen von Menschen mit Multiple Chemical Sensitivity variieren, erläuterte der Allergie- und Asthmaverband gegenüber DR Forside. Einige bekämen beispielsweise Kopfschmerzen, andere würden schwindlig oder bekämen Atemprobleme.

Flughafenleitung kooperativ gegenüber Asthmatikern, Allergikern und MCS-Kranken

Die Kopenhagener Flughafenleitung nahm sich die Beschwerde des Allergie- und Asthmaverbandes zu Herzen und versuchte Lösungen zu finden, damit auch Menschen mit Asthma, Allergien und Multiple Chemical Sensitivity (MCS) ohne Gesundheitsprobleme in den Urlaub starten können. Man schuf eine „parfümfreie Route“ und einen separaten Eingang für die Passagiere, die Probleme mit Parfüms und Duftstoffen haben. Wer die „parfümfreie Route“ benutzen möchte, sagt dem Personal an der Sicherheitskontrolle Bescheid und bekommt dann einen alternativen Durchgangsweg gezeigt.

Es lässt sich durch die „parfümfreie Route“ zwar nicht gewährleisten, dass der Weg durch den Kopenhagener Flughafen völlig parfümfrei ist, aber es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Das Entgegenkommen der Kopenhagener Flughafenleitung beweist, dass man mit etwas Willen Möglichkeiten finden kann, um Menschen mit Behinderungen zu integrieren und auf die Bedürfnisse von Chemikaliensensiblen Rücksicht nehmen kann.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 5. Oktober 2011

Literatur: DR Forside, Parfumefri i lufthavnen, 12.07.2011

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Keine Angst vor der Angst

Angst ist ein sehr brauchbares, einschüchterndes Zwangsinstrument, um Menschen zum Schweigen zu bringen und sie zu kontrollieren. Eine stumme Drohung erinnert subtil daran, dass man alles verlieren kann, was man hat. Jammere nicht, mach keinen Krach, denn das könnte dein Leben noch schlimmer machen und es in einen Alptraum verwandeln. Sie erschrecken die Massen so, dass sie keinen Aufstand wagen. Sie zensieren und verfälschen die Realität.

Doch Angst ist ein zweischneidiges Schwert, wenn sie an Menschen angewendet wird, die wenig zu verlieren haben. Wenn dein Tag daraus besteht, ums Überleben kämpfen, wenn du in einer parallelen Realität lebst, die sich niemand in deiner Nähe auch nur vorstellen kann, verlierst du die Angst vor dieser abstrakten Angst, die sie in dir wecken wollen.

Die rauhe und zermürbende Realität ist stärker. In Anbetracht einer Gegenwart, die uns überwältigt und keinen Raum für irgendetwas anderes lässt, verschwindet, was möglich wäre oder kommen könnte. Das Hier und Jetzt ist alles, was zählt und die Angst vor der Angst ist einfach lächerlich gegen die wirklichen Probleme, die dich unermüdlich am Laufen halten, um weiterzumachen und nur zu überleben. Wenn jeden Tag ein wahrer Kampf ist, der deine physische und mentale Stärke testet, dann ist die Angst vor der Angst nichts anderes als eine Täuschung, eine lächerliche Drohung gegenüber den unbestreitbaren Hindernissen der Unterwelt, in die du verdammt wurdest zu leben.

Manchmal wagst du es, dich aus dem Fenster zu lehnen, in einem riskanten Spiel, um zu sehen, wie die vermeintlich glücklichen Menschen leben, und du bist beeindruckt zu sehen, dass eine unwirkliche Angst sie lähmt, welche sie lethargisch macht und gefühllos leben lässt. Es ist fast tragisch anzusehen, wie sie auf Zehenspitzen durch ihr Leben gehen, angstvoll, narkotisiert und kontrolliert, und sogar ohne sich dessen bewusst zu sein.

Diejenigen unter uns, die jeden Tag extreme Situationen erleben, wie diejenigen unter uns, die von Multiple Chemical Sensitivity betroffen sind; diejenigen unter uns, die über Nacht zu Bürgern zweiter Klasse wurden, ohne Rechte, aber immer noch mit allen Verantwortungen; diejenigen von uns, die zu Nomaden wurden, weil eine vergiftete und sterbende Welt unsere Gesundheit, unser Leben, unsere Träume stiehlt…wir haben keine Angst vor der Angst, weil es keinen Platz mehr gibt für Feigheit, wenn mit einer Realität konfrontiert ist, die jede Angst übersteigt, von der sie wollen, die sie in uns züchten wollen, um uns einzuschüchtern, zu dominieren und einfach, um uns zu vernichten. Was wir befürchtet haben, ist wahr geworden. Wir haben nichts mehr, vor dem wir noch Angst haben müssten.

Autor: Eva Caballé, No Fun, erschienen in der Kunstzeitung  Delirio, 12. September 2011

Photo: David Palma

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Environmental Medicine Matters: No Fear of Fear

Weitere Artikel von Eva Caballé, die in der Kunst- und Kulturzeitung Deliro erschienen:

Frau starb beim Zahnarzt durch Mundspülung

Für Patientin mit Allergie kam jede Hilfe zu spät

In England erlitt eine junge Frau eine tödliche Reaktion auf dem Behandlungsstuhl beim Zahnarzt, nachdem sie ihren Mund ausgespült hatte. Von Rettungskräften eingeleitete Notfallmaßnahmen waren erfolglos. Ursache der lebensgefährlichen Reaktion war eine Mundspülung mit der Chemikalie „Chlorhexidinel“ (in Deutschland Chlorhexidin) gewesen, berichtete der Nachrichtenservice MSN. Zahnärzte und Zahnkliniken sind gesetzlich verpflichtet, das Wasser zum Ausspülen des Mundes und zum Betreiben der wassergekühlten Bohrer keimfrei zu halten. Liegen bei einem Zahnarztpatienten schwere Allergien, Chemikaliensensitivität oder eine MCS vor, sollte er im eigenen Interesse den Arzt und die Zahnarzthelferinnen vorab darüber informieren.

Schockreaktion durch Chemikalien verkannt

Als die junge englische Frau nach dem Ausspülen des Mundes aus dem Stuhl rutschte und zu Boden fiel, glaubte die Zahnärztin und ihr Personal zuerst an einen epileptischen Anfall. MSN teilte mit, dass die sofort angerufene Notfallzentrale Anweisungen gab, die Atmung stabil zu halten und dafür Sorge zu tragen, dass die Patientin nicht an Erbrochenem ersticke. Innerhalb weniger Minuten seien Rettungskräfte vor Ort gewesen, sie konnten die junge Frau jedoch nicht mehr wiederbeleben. Direkt nach dem Ausspülen sei die Frau blau angelaufen, der Puls setze aus und sie hörte auf zu atmen. Das Personal der Zahnarztpraxis erkannte laut MSN Meldung nicht, dass es sich um einen anaphylaktischen Schock handelte. Man hätte der jungen Frau Adrenalin und Sauerstoff verabreichen müssen und eine Druckmassage des Brustkorbs. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Verstorbene allergisch auf die Chemikalie „Chlorhexidinel“ reagierte. Bereits auf eine Mundspülung für den Hausgebrauch, die sie von einer Zahnklinik Anfang des Jahres wegen einer Entzündung im Mund empfohlen bekam, hatte sie mit Jucken und Hitzegefühl reagiert, wurde durch Nachforschung der Staatsanwaltschaft bekannt.

Hygiene, einer der wichtigsten Aspekte in einer Zahnarztpraxis

Zahnärzte sind gesetzlich dazu verpflichtet, das Wasser zum Ausspülen des Mundes, das nach und während einer Behandlung gereicht wird, bakteriologisch einwandfrei zu halten. In der Regel wird die Keimfreiheit der Behandlungseinheiten und des Mundspülwassers durch Chemikalienzusatz erzielt. Im gesetzlich festgeschriebenen Turnus wird das Wasser in Zahnarztpraxen und Zahnkliniken überprüft. Die Untersuchungen sind teuer und müssen von Zahnarztpraxen und Kliniken selbst bezahlt werden. Ist das Wasser bei einer Prüfung auffällig und überschreitet eine gewisse Keimzahl, bzw. weist gefährliche Keime auf, muss die Kontaminierung sofort restlos beseitigt werden. Würde die Hygiene in einer Zahnarztpraxis laxer gehandhabt, könnte dies schwere gesundheitliche Folgen für die Patienten nach sich ziehen, die auch tödlich enden können. Ausnahmeregelungen, was die Hygiene betrifft, gibt es deshalb nicht.

Trinkwasser ist nicht keimfrei

Keimbelastung im Trinkwasser kann nicht vermieden werden, denn die Wassersysteme in Häusern sind nahezu ausnahmslos durch Keime kontaminiert. Schon das Wasser, das von den Wasserwerken geliefert wird ist, bis es in den Häusern aus der Leitung kommt, mit Keimen kontaminiert. Ein Brutplatz für Keime ist bspw. der Wasserzähler. Wird ein Wasserzähler ausgetauscht, bekommt man meist keinen neuen Zähler, sondern einen, der technisch überholt wurde. Ein solcher Wasserzähleraustausch führt automatisch zu einer Kontamination des gesamten Haussystems. Auch wenn ein neuer Wasserzähler installiert wird, erfolgt ein Eintrag mit Keimen, weil die Installation nicht unter sterilen Bedingungen vorgenommen wird und die Hautkeime des jeweiligen Installateurs sofort zu einer bakteriologischen Besiedlung führen.

MCS Patienten und Allergiker beim Zahnarzt

Zahnarztpatienten mit schweren Allergien, Chemikaliensensitivität oder einer MCS (Multiple Chemical Sensitivity) müssen darauf eingestellt sein, dass sie in einer Zahnarztpraxis nicht nur den gesetzlich vorgeschriebenen Flächen – und Wischdesinfektionsmitteln ausgesetzt sind, sondern das auch das Mundspülwasser und das Wasser zum Kühlen des Bohrers mit einem Bakterizid versetzt ist. Das Mundspülwasser kann nach Rücksprache mit dem Zahnarzt sicherlich meist durch mitgebrachtes Mineralwasser in einer original verschlossenen Flasche ersetzt werden. Der Kontakt mit dem Kühlwasser, das beim Bohren in den Mundraum gelangt, bleibt jedoch.

Zahnarzt ist auf exakte Information angewiesen

Ein Zahnarzt ist, wie jeder andere Arzt, auf die Kooperation seiner Patienten angewiesen. Wenn ein Patient weiß, dass er auf bestimmte Chemikalien oder Allergene reagiert, sollte er dies dem Zahnarzt und den Zahnarzthelferinnen im Vorfeld mitteilen. Liegt ein Allergiepass vor, ist dieser vor Behandlungsbeginn zu übergeben. Es ist sinnvoll, eine Kopie des Allergiepasses für die Patientenakte mitzubringen und durch Mitteilung über Änderungen dafür Sorge zu tragen, dass Vermerke in der Akte immer aktuell sind. Liegen einem Zahnarzt entsprechende Informationen vor, können tödliche Schockreaktionen wie der beschriebene eher vermieden werden.

Ein chemikaliensensibler Patient muss sich darauf einstellen, dass ein Zahnarzt eine Behandlung möglicherweise ablehnen muss, weil das Risiko zu hoch ist, da man, um der gesetzlich vorgeschriebenen Hygieneverordnung nachzukommen, bestimmte Chemikalien in der Praxis verwenden muss. Für Patienten, bei denen Schockreaktionen bekannt sind oder andere schwere Reaktionen, ist es sicherer, sich in einer Zahnklinik behandeln zu lassen, da man dort im Ernstfall über entsprechende Notfallversorgungsmöglichkeiten verfügt.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. September 2011

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Eine Ikone der Umweltmedizin zu Besuch in Deutschland

Beweise für die Ursachen von Umweltkrankheiten sind schon lange bekannt

Die Ärztin und Wissenschaftlerin Doris Rapp gehört zu denen, die Umweltmedizin nicht nur praktizieren, sondern für die die Umweltmedizin der wichtigste Lebensinhalt ist. Zwei Wochen weilt die Amerikanerin in Deutschland. Das erneute Zusammentreffen mit der Umweltmedizinerin war äußerst produktiv, und nahezu nebenbei durften wir einen wunderschönen Tag an der Mosel verbringen. Ein kleiner Bericht darüber:

Wissenschaftlerin dokumentiert Umweltkrankheiten

Vor rund 18 Jahren traf ich Prof. Rapp zum ersten Mal auf einem Kongress in Bad Emstal. Es war ein Schlüsselerlebnis gewesen. Bei ihrem Vortrag zeigte die Umweltmedizinerin ein Video über eine Lehrerin, die durch schadstoffbelasteten Teppichboden in der Schule krank wurde. Die Lehrerin wurde während einer Reaktion auf Staub aus dem belasteten Teppichboden gefilmt. Sehr anschaulich wurde dem Betrachter vermittelt, was MCS ist, und wie eine Reaktion abläuft. Ich stand damals ganz am Anfang meiner Erkrankung und hatte ähnliche Reaktionen auf bestimmte Pestizide. Die Lehrerin bekam Schüttelkrämpfe und wurde bewusstlos, ich dachte „meine Güte, das bin ich, das ist wie bei mir, das ist, was du auch hast…“. Nach dem Vortrag sprach ich damals mit Prof. Rapp und es wurde der Beginn eines fortwährenden Austauschs und einer interessanten Freundschaft. Wir trafen uns immer wieder auf Kongressen in Deutschland, Holland, in den USA, besuchten uns gegenseitig in Deutschland und den USA und tauschten uns per E-Mail aus. Als ich sie in Scottsdale besuchte, zeigte sie mir eines ihrer Videoarchive. Tausende Videos von Kindern, die sie behandelt hatte, lagerten dort. Sie zeigten die Patienten während und nach der Therapie und bei Tests auf Nahrungsmittel, Schimmelpilzen, Pollen, Chemikalien oder Hausstaubmilben. Eindrucksvolle Beweise, die keine Zweifel an der Existenz von Umweltkrankheiten und Allergien aufkommen lassen.

Umweltkrankheiten nicht mehr ignorierbar

Für diesen Besuch war die Umweltmedizinerin von Dr. Binz und seiner Frau eingeladen worden. Eigentlich hatten wir uns für einen Ausflug entlang der Mosel verabredet, der vor dem Mittagessen losgehen sollte. Das Wiedersehen war herzlich und kaum hatten wir uns begrüßt, schon tauschten wir bereits Informationen aus und ehe wir uns versahen, waren wir mitten in Planungen für künftige Projekte.

„Ich bin jetzt über 80 und habe keine Kinder, eigentlich brauche ich all das nicht mehr und sollte mein Alter ganz in Ruhe genießen, aber ich sehe, was los ist, und kann einfach nicht schweigen. Wir haben so viele Chemikalien in unserer Umwelt, in der Nahrung, die wir essen, im Wasser, das wir trinken und in der Luft, die wir ständig einatmen. Sie beeinflussen jedes unserer Körpersysteme und das ist nicht mehr zu ignorieren. Fast jeder Zweite in meinem Land hat Krebs, das ist nicht hinnehmbar, “ sagte Doris Rapp.

„Die Politiker und die Öffentlichkeit muss realisieren, welchen Einfluss die Flut der Chemikalien auf uns hat und keiner sollte noch länger sagen, dass wir nicht wissen, woher all die Krankheiten kommen, die immer gehäufter auftreten. Die Beweise sind da. Wir haben Tierversuche, die sie belegen. Deshalb stelle ich als Medizinerin die Frage: „Wie viel muss noch passieren, bis wir die wahren Ursachen zugeben? Ich lasse es auch nicht durchgehen, dass man sagt: „Ja, aber da kann man nichts dagegen tun.“ Doch, denn man kann sich selbst schlau machen und man kann, zur Hölle nochmal, eine ganze Menge tun, “ sagte die über die derzeitige Situation erzürnte Wissenschaftlerin.

Lösungen sind oft sehr einfach

Doch Prof. Rapp ist niemand, der mit der Welt hadert und Lösungen außen vor lässt. Sie ist gerade dabei, ein weiteres Buch zu schreiben. „Es wird ein kleines Buch sein, nur 30 Seiten. Jeder Leser bekommt leicht verständlich aufgezeigt, wie man sein Umfeld gestalten sollte, um gesund zu bleiben. Die Tipps in diesem Buch werden niemanden ein Vermögen kosten, sie sind leicht und ohne großen finanziellen Aufwand umsetzbar. Es wird jedem helfen, der etwas ändern will und möchte, dass sein Gesundheitszustand sich verbessert. Die Medizinerin führt zwei Beispiele an:

„Viele reagieren auf Nahrungsmittel, manche wissen aber nicht auf welche. Teure Tests sind nicht unbedingt nötig. Ich rate, dass die Leute nachdenken, was sie am allerliebsten essen. Nahrungsmittel, auf die sie regelrecht süchtig sind. Erfahrungsgemäß sind das nämlich Nahrungsmittel, die sie jeden Tag essen und auf die sie reagieren. Die Lösung: Weglassen der verdächtigen Nahrungsmittel für eine Woche. Man kann ein Nahrungsmittel nach dem anderen so einem Verträglichkeitstest unterziehen. Das kostet nichts!“

„Manche Menschen wohnen in einem Haus, das mit Schadstoffen belastet ist oder durch Schimmel kontaminiert. Meine Erfahrung ist, dass fünf von sieben Leuten eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes um 70% erfahren, wenn sie sich einen qualitativ hochwertigen Luftreiniger beschaffen, der in der Lage ist mehrere Hundert Chemikalien aus der Wohnraumluft zu filtern. Ein solches Gerät kostet zwar etwas, aber ich habe nicht selten Patienten gesehen, denen es schon über Nacht besser ging. Es lohnt sich also, sich einen Luftfilter anzuschaffen, wenn man nicht direkt aus der Wohnung ausziehen kann.“

Das neue Buch wird noch in diesem Jahr erscheinen und Prof. Rapp hat mir die Autorisierung erteilt, es ins Deutsche zu übersetzen. Auch für ihre Videos und anderen Bücher gab sie die Genehmigung, diese in unsere Sprache zu übertragen, es beizutragen, dass Allergiker und Chemikaliensensible im deutschsprachigen Raum Wissen und Anleitungen zur Hand bekommen, die ihnen helfen, einen Weg zurück ins Leben zu erhalten.

Ein Ausflug entlang der Mosel

Auf der Fahrt zum historischen Moselweinort Bernkastel, nach Traben-Trabach und zurück nach Trier, sprühte Prof. Rapp vor innovativen Ideen, die wir in den nächsten Monaten realisieren werden und die auch den deutschen Umweltkranken in vielerlei Hinsicht zugutekommen werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 12. September 2011

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Elektromagnetische Hypersensitivität und Multiple Chemical Sensitivity: Zwei Seiten derselben Medaille?

In mehreren Ländern sind EHS, MCS und Fibromyalgie mittlerweile als funktionale Behinderungen anerkannt

Etliche Fachleute aus verschiedenen europäischen Ländern stimmen zu, dass es sich bei elektromagnetischer Hypersensitivität um eine reale, körperliche Erkrankung handelt, und für einige scheinen diese Beschwerden direkt etwas mit Multiple Chemical Sensitivity (MCS) zu tun zu haben. Dies ist das Resultat des Kongresses „Mobilfunk, Wi-Fi, Wi-Max: Gibt es Gesundheitsrisiken?“, der am 14. Juni 2011 im Palazzo Marini, der Abgeordnetenkammer in Rom, abgehalten wurde. Diese Veranstaltung, die von A.M.I.C.A., der Vereinigung für umweltbedingte und chronisch toxische Verletzungen organisiert wurde, sollte über die Gesundheitsgefahren einen Überblick verschaffen, welche mit dem Gebrauch kabelloser Geräte verbunden sind.

Onkologe Prof. Dominique Belpomme, Professor am Universitätsklinik-Zentrum „Necker-Enfants Malades“ (Kinderklinik), Präsident von ARTAC (Anti-Krebstherapie-Forschung) präsentierte in seinem Vortrag „Diagnostische und therapeutische Protokolle zur Unverträglichkeit elektromagnetischer Felder“ die Ergebnisse einer klinischen Untersuchung von mehr als 450 Patienten, welche von 2008 bis 2011 in diese einbezogen wurden. Er und sein Team benutzten eine neue Technik für die Diagnostik von Menschen, die über gesundheitliche Reaktionen auf elektromagnetische Felder berichten, eine Erkrankung, die er vorzugsweise als „Intoleranz Elektromagnetischer Felder“ oder „EFI Syndrom“ und weniger als „Elektromagnetische Hypersensitivität“ definiert.

Bei der neuen Technik handelt es sich um den „Gepulsten Echo-Doppler“, eine gepulste Doppler-Echokardiographie des Gehirnes, welche den Echodoppler mit einer Computerauswertung kombiniert, um die Hirndurchblutung zu bestimmen. Anders als andere Methoden ist diese nicht gefährlich und es kommt dabei keine ionisierende Strahlung (Radioaktivität) zum Einsatz. Die Ergebnisse zeigen, dass bei Menschen mit Elektromagnetische Felder Intoleranz das Gehirn schlechter durchblutet ist als bei der Kontrollgruppe, insbesondere der linke Teil des limbischen Bereiches des Gehirnes. Dies ist ein ganz besonderer Bereich, denn es ist der „archaische“ Teil des Gehirnes, der viele Körperfunktionen kontrolliert.

„Diese Ergebnisse sind sehr bedeutend“, sagte Belpomme auf dem Kongress, „denn zum ersten Mal können wir mit objektiven Tests Elektromagnetische Felder Intoleranz als körperliche Erkrankung belegen.“

Sein Team hat weitere Testmethoden angewendet, wie etwa die Konzentration von Histamin, Protein S100B und Hitzeschock-Proteine Hsp70 und Hsp27 im Blut. Bei rund 70 Prozent der untersuchten Patientengruppe lag ein ernsthafter Vitamin D Mangel vor, bei etwa 1 bis 2 Prozent der Patienten waren die Proteine Hsp27 und Hsp70 erhöht, während mehr als 40% der Stichprobe einen erhöhten Histaminspiegel hatten, ein Sachverhalt, der sich vollständig mit der Interpretation dieses Syndroms als körperliche Erkrankung deckt.

Bei ungefähr 10 Prozent der Patienten war Protein S100B erhöht, ein Marker für die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke (BHS). Bei einem Drittel der Stichprobe wurde eine Reduktion von Melatonin im Urin festgestellt und dies kann bei diesen Patienten eine Erklärung für Symptome wie Müdigkeit, Schlaflosigkeit und Depressionen sein.

Diese Veränderungen ähneln denen, die man bei Patienten mit Multiple Chemical Sensitivity (MCS) (PDF) findet sehr, besonders hinsichtlich der Reduktion der Hirndurchblutung, der neurogenen Entzündungen, der Zunahme des oxidativen Stresses und der Schwächung der Abwehrkräfte. Die Tatsache, dass elektromagnetische Felder (EMF) eine Öffnung der Blut-Hirn-Schranke zur Folge haben, könnte mit dem Schutz des Hirnes vor toxischen Chemikalien ungünstig zusammenwirken. Es ist in der Tat nicht ungewöhnlich, dass Patienten mit dem EFI Syndrom MCS-Symptome haben, während Erkrankte mit MCS auch auf EMF reagieren.

Die Erhöhung des oxidativen Stresses bei elektrosensitiven Patienten wurde auch von Dr. Valeria Pacifico festgestellt, die in Rom über „Metabolische Biomarker für unausgeglichene Oxidationsreduktion und der Anfälligkeit gegenüber nicht ionisierender Strahlung“ referierte. Sie arbeitet im Team von Dr. Chiara De Luca im Versuchslabor BILARA am dermatologischen Institut von Immaculata in Rom, das zahlreiche Arbeiten über die Rolle des oxidativen Stresses bei Umwelt-Sensitivitäten veröffentlicht hat. (1, 2)

„Um eine Diagnose für dieses Syndrom zu stellen, müssen wir zuerst den Patienten zuhören und überprüfen, ob die Symptome besser werden oder verschwinden, wenn sie sich von EMF-Quellen fern halten“, erklärte Prof. Belpomme. Um nachzuweisen, ob die elektromagnetischen Felder die wirkliche Ursache für die bei diesen Patienten festgestellten Veränderungen sind, mussten die Patienten die Untersuchungen drei Monate vor und drei Monate nach einem Zeitraum wiederholen, in welchem sie EMF mieden. Die Ergebnisse zeigten, dass sich nach der Zeit der Vermeidung die Werte dem Normalen annäherten.

Aufgrund der starken Korrelation zwischen EMF Exposition und Alzheimer Erkrankung, welche sechs epidemiologische Studien belegten, geht Belpomme davon aus, dass jeder elektrosensitive Patient mit Gedächtnisstörungen auch auf Alzheimer untersucht werden sollte. Er weist darauf hin, dass es sich bei Alzheimer um den Verlust des Langzeitgedächtnisses handelt, während das EFI Syndrom oft zum Verlust des Kurzzeitgedächtnisses führt, doch dieses Symptom könnte als Vorläufer der Alzheimer Erkrankung angesehen werden.

Prof. Olle Johansson, assoziierter Professor der experimentellen dermatologischen Einheit der Abteilung für Neurowissenschaften am Karolinska Institut und Professor am königlichen Institut für Technologie in Stockholm referierte in Rom über „Das Vorsorgeprinzip: Von der Bioinitiative zum Seletun Konsens„. Er widmete seinen Vortrag den Menschen die von EHS und MCS betroffen sind, weil „diese ein sehr schweres Leben haben“.

Er ist einer der engagiertesten Wissenschaftler, welche sich für neue Biologie gestützte Sicherheitsrichtlinien für EMF einsetzen. 2006 war er anlässlich der ICEMS-Resolution in Benevento, danach 2007 in London für eine neue Resolution und er gehörte auch zu jener Gruppe unabhängiger Wissenschaftler, die 2007 den berühmten Bioinitiative Report veröffentlichte, dessen politische Agenda starke ökologische Bedenken enthielt. Aufgrund dieses Berichtes unterzeichnete das Europäische Parlament am 4. September 2008 tatsächlich eine Resolution, um zu bekunden, dass die aktuellen Sicherheitsbeschränkungen für EMF überholt sind und um die europäischen Regierungen vor der Zunahme neuer Umwelterkrankungen wie EHS, MCS und dem dentalen Amalgam Quecksilber Syndrom zu warnen.

Vor nicht allzu langer Zeit gehörte Prof. Johansson zu der Gruppe von Wissenschaftlern, die jenen Seletun Consensus vorbereiteten, der Februar 2011 in den Rezensionen von Environmental Health (3) veröffentlicht wurde. Er stellt fest, dass die derzeitigen Standards die Weltbevölkerung nicht vor elektromagnetischen Feldern schützen und dass alle EMF jetzt reduziert werden sollten, anstatt auf einen definitiven Beweis für die Gefahr zu warten. Er erklärt ebenfalls, dass Menschen, die EHS Symptome berichten, als von einer funktionellen Behinderung Betroffene angesehen werden sollten.

In Schweden sind z.B. EHS, MCS und Fibromyalgie längst als funktionelle Behinderungen klassifiziert. Dies bedeutet, dass von diesen Erkrankungen betroffene Menschen nicht als Patienten angesehen werden, sondern dass es die Umwelt ist, die sie behindert macht und dass folglich die Umwelt verändert werden muss. Eine derartige Klassifikation stellt die volle Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen dar, welche am 30. März 2007 von Regierungsvertretern unterzeichnet wurde. Diese Konvention sollte genügen, um alle Regierungen zu drängen, die richtigen Lösungen für Barrierefreiheit und die besten Sozialregelungen für Menschen mit umweltbedingten Sensitivitäten zu finden und die Diskriminierung zu beenden.

Autor: Francesca Romana Orlando, Journalistin und Vize-Präsidentin von A.M.I.C.A.

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Literatur:

  1. De Luca C. et al., Biological definition of multiple chemical sensitivity from redox state and cytokine profiling and not from polymorphisms of xenobiotic-metabolizing enzymes, Toxicology and Applied Pharmacology, YTAAP-11818; No. of pages: 8; 4C.
  2. De Luca C. et al., The Search for Reliable Biomarkers of Disease in Multiple Chemical Sensitivity and Other Environmental Intolerances, Int. J. Environ. Res. Public Health 2011, 8, 2770-2797; doi:10.3390/ijerph8072770
  3. Fragopoulou A ed al., Scientific panel on electromagnetic field health risks: consensus points, recommendations, and rationales, Rev Environ Health. 2010 Oct-Dec; 25(4):307-17.

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MCS Leitlinie für Krankenhäuser

Ministerium für Gesundheit schafft bessere Bedingungen für MCS Kranke in Kliniken

Das Ministerium für Gesundheit des australischen Bundesstaates Victoria hat eine Leitlinie für Krankenhäuser herausgegeben, indem beschrieben wird, welche speziellen medizinisch bedingten Bedürfnisse Patienten mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity haben und wie man mit dieser Patientengruppe Entgegenkommen erweisen sollte, damit ein Klinikaufenthalt positiv verläuft. Der Bedarf für eine solche Leitlinie ergab sich durch die wachsende Anzahl MCS Kranker in den einzelnen Gemeinden des Bundesstaates Victoria. Mehrere Selbsthilfegruppen und MCS Aktivisten hatten sich bemüht, dass Victoria die Leitlinien für den Umgang mit MCS Patienten in Krankenhäusern des Gesundheitsministeriums von Südaustralien übernimmt. Außer Australien gibt es bislang noch kein anderes Land, das über eine solche Leitlinie verfügt. Lediglich in den USA und Kanada gibt es vereinzelt Krankenhäuser, die spezielle Regelungen im Umgang mit Chemikaliensensiblen entwickelten, um auch dieser Patientengruppe medizinische Hilfe anbieten zu können. In Deutschland verfügt lediglich ein Hamburger Krankenhaus zwei speziell hergerichtete Umweltzimmer für Umweltkranke an und hat das Klinikpersonal auf dem Umgang mit den Umweltpatienten hin geschult.

MCS – eine schwächende Krankheit mit vielfältigen körperlichen Symptomen

Das Ministerium für Gesundheit von Victoria beschreibt Multiple Chemical Sensitivity (MCS) als eine schwächende Krankheit mit schwerer körperlicher Symptomatik, die durch Exposition gegenüber chemischen Stoffen eingeleitet wurde. Weil es bislang noch keine Diagnose-oder klinischen Leitlinien für MCS in Australien gibt, hält das Ministerium es für möglich, dass einige Patienten, die hypersensibel auf Chemikalien reagieren, ebenfalls an MCS leiden, ohne dass die Erkrankung je diagnostiziert wurde.

Krankenhausaufenthalt auf Bedürfnisse MCS Kranker anpassen

Eine normale Krankenhausumgebung ist für MCS Kranke sehr problematisch. Desinfektionsmittel, starke chemische Reinigungsmittel, parfümierte Waschmittel und Körperpflegeprodukte, Chemikalien in Nahrungsmitteln, sowie viele spezielle Krankenhauschemikalien erschweren eine medizinische Behandlung und einen Klinikaufenthalt. Patienten, die schwerer betroffen sind und bereits hypersensibel reagieren, hatten bislang keine Möglichkeit, sich in einem Krankenhaus behandeln zu lassen. Weil die Chemikalien, auf die MCS Kranke reagieren, von Fall zu Fall variieren, regt die Leitlinie an, individuelle Anpassungen vorzunehmen. Dadurch erhofft man sich von Behördenseite, dass zwangsläufig eintretende körperliche Reaktionen der Patienten in einem Krankenhaus verringert und der Gesundheitszustand besser stabilisiert werden kann, was auch der Erholung und dem Wohlbefinden der Kranken dienlich ist. Nicht zuletzt wird sich durch die angepassten Modalitäten der Zeitraum der Rekonvaleszenz nach einem operativen Eingriff reduzieren und mit dazu beitragen, dass medizinische Behandlungen erfolgreich verlaufen.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 7. September 2011

Literatur:

State of Victoria, Department of Health, Multiple Chemical Sensitivity: A guide for Victorian hospitals, 26.08.2011

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