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Seit 25 Jahren krank durch Holzschutzmittel

Der Marathon fand statt, aber anders als geplant

1977 (16 Jahre alt) begann ich eine Lehre in einer Holzgroßhandlung. Ich war bis zu dem Zeitpunkt gesund, keinerlei Problem. Ich war sehr sportlich und habe immer Fußball gespielt. Etwa ein Jahr später bekam ich in unregelmäßigen Abständen immer wieder einseitige Taubheitsgefühle, vom Fuß beginnend, über die Hand, den Rücken ins Gesicht, Mund und den Rest vom Kopf. Dabei konnte ich nicht mehr sprechen. Die Sprachfähigkeit stellte sich erst wieder ein, wenn dieses taube Gefühl im Kopf weg war. Naja, in dem Alter denkt man sich bei manchen Dingen nicht viel, zumal dann wieder alles in Ordnung war wie immer.

Krankenhaus statt Marathon

Dies ging bis 1985. Ich hatte geplant, meinen ersten Marathon zu laufen. Stattdessen lag ich dann acht Wochen im Krankenhaus. Was war passiert? Ich hatte wieder mal so eine Taubheitsattacke. Ich lies mich nach Hause fahren und war dermaßen müde, dass ich mich nicht mehr wach halten konnte. Als ich aufwachte, war mir nur schlecht. Ich dachte, das geht wieder weg. Am nächsten Tag ging ich wieder arbeiten, irgendwie ging es mir nicht besser und ich bin nach zwei Stunden wieder nach Hause. Am nächsten Tag ging ich zum Arzt und wurde für den Rest der Woche krankgeschrieben.

Eine Abwärtsspirale begann

Montags war mir immer noch schlecht. Wieder zum Arzt, noch eine Woche krankgeschrieben. Sonntagabend, ich hatte schon zwei Kilo abgenommen, mir ging es immer schlechter und ich fing an zu zittern. Ich hielt es nicht mehr aus und sagte meiner Mutter, sie sollte den Notarzt rufen. Ich lag inzwischen im Bett und zitterte wie Espenlaub. Der Arzt kam und mein Blutzuckerwert war auf 25 abgesackt. Er hängte mich an einen Tropf und mir ging es schlagartig wieder gut. Dann traf der Krankenwagen ein und ich kam ins Krankenhaus, acht Wochen. Mir ging es schon am anderen Morgen nach der Einlieferung wieder schlecht. Mir wird schwindlig in Fahrstühlen und ich bekam nach dem Frühstück immer Herzrasen. Ohne einen Befund wurde ich wieder entlassen. 3 Tage war ich dann noch in der Mayo – Klinik in Wiesbaden, am letzten Tag beim Psychologen. Psychosomatische Ursache die Diagnose! Ich war stinksauer und konnte es nicht fassen. Mir geht es nur schlecht und alle sagen, ich bin gesund.

Oberstes Ziel: Funktionieren

Zwei Wochen war ich noch krankgeschrieben, dann ging ich wieder arbeiten, obwohl es mir noch immer schlecht ging. Inzwischen fühlte ich mich jeden Tag wie unter Strom, hatte jeden Tag Kopfschmerzen, Probleme mit dem Neonlicht in der Firma, und das alles über Jahre hinweg. Das war der Horror. Laufen konnte ich nicht mal mehr 6 Kilometer, egal was ich versuchte. Bis 1989 habe ich in dem Holzgroßhandel noch ausgehalten, dann habe ich gekündigt und war für sechs Monate bei einem Lieferanten. Weniger Stress, mehr Gehalt, aber mir ging es nicht besser. Dann habe ich dort aufgegeben. Ich hatte kurz vorher ein sehr gutes Angebot bei Beiersdorf im Außendienst abgelehnt, weil es mir schlecht ging, was aber niemand wusste. Ich habe immer versucht, irgendwie normal zu funktionieren.

Kranke unerwünscht

1990 habe ich noch einen Versuch bei Portas gestartet, wo ich dann in der Probezeit entlassen wurde, weil ich mich hatte krankschreiben lassen – ich konnte nicht mehr. Die haben gesehen, was los war und haben mich natürlich gleich entlassen. Ich hatte mich dann selbständig gemacht mit einem Schreiner, den ich vom Großhandel kannte. Wir haben zusammen gearbeitet, vier Monate. Da hatte ich noch eine private Krankenversicherung. Mein Hausarzt wollte eine Behandlung auf Verdacht durchführen und ich sollte eine Kostenbeteiligung bei der Versicherung beantragen. Die warfen mir vor, ich hätte eine Krankheit nicht angegeben und habe mir den Vertrag gekündigt. Es wurde ja nie etwas diagnostiziert!

Der Amtsarzt sagt: Sie sind gesund!

Ich meldete mich beim Arbeitsamt. Damals war das noch nicht so ein Stress und Druck wie heute. Sechs Jahre war ich bei denen. Ich hatte meine Ruhe, aber mir ging es nicht besser. Inzwischen hatte ich noch Magen – Darmprobleme und sehr oft Sodbrennen. Mir wurde bei einer Untersuchung die Wirbelsäule punktiert, ohne Ergebnis. Inzwischen nervte mich das Arbeitsamt. Ich sagte, dass ich schon seit Jahren krank wäre. Ich musste zum Amtsarzt, der sagte, ich sei gesund. Die wollten mich zum Spargelstechen schicken und ich sagte, ich kann nicht. Ich musste einen Schrieb unterschreiben, dass ich krank wäre und dann haben sie mich rausgeworfen! Zum Sozialamt wollte ich nicht gehen, da ich ja auch keine Krankheit nachweisen konnte. Voll arbeiten ging auch nicht, also, wieder selbständig, um irgendwie über die Runden zu kommen.

Wieviel kann/muss man aushalten?

Zum Glück hatte ich mir den Dachboden bei meinen Eltern ausgebaut und musste zu der Zeit noch keine Miete bezahlen. Keine Krankenversicherung und keine Rentenversicherung, dafür reichte es nicht. Das habe ich bis 2008 so gemacht. Niemand wusste die ganzen Jahre, wie es mir wirklich geht. Einem Arzt sagte ich mal, dass ich es nicht mehr aushalten würde. Der gab mir Psychopharmaka, abends eine Tablette, sagte er. In der Nacht flog ich wie ein Vogel durch Hochhausschluchten. Ich wachte morgens auf, hatte die verschiedensten Töne in den Ohren, ich war total zugedröhnt. Ich musste auf Toiletten, wurde beim Aufstehen ohnmächtig und knallte mit dem Kopf auf den Nachttisch. Als ich wieder aufwachte, schleppte ich mich auf die Toilette, wo ich wieder ohnmächtig wurde und auf den Boden fiel. Ich weiß nicht, wie lange ich da gelegen hatte. Ich schleppte mich wieder ins Bett, hatte Tränen in den Augen und fragte mich, wie lange das noch so weiter gehen soll. Dem Arzt sagte ich, dass ich die Tabletten nicht mehr nehmen würde. Ich hatte später irgendwann doch die Anleitung gelesen, da stand: man sollte morgens die Tablette nehmen!!

Das Vertrauen in Ärzte schwand dahin

Bei fünf Ärzten war ich in der Zeit bis 2009. 2001 habe ich selbst festgestellt, dass ich keinen Kaffee, keinen Tee (von beidem stand ich immer unter Strom), keine Farbstoffe und Konservierungsstoffe vertrage. Den Arzt hat das wenig interessiert. Ein gebrochenes Schultergelenk wurde bei mir nach einem Sturz auch nicht erkannt, erst nach drei Monaten. Seit 1980 hatte ich erhöhten Blutdruck, erst seit einem halben Jahr bekomme ich dafür Tabletten, wie auch für meine Magenprobleme Säureblocker. Oft habe ich mir gewünscht, morgens einfach nicht mehr aufzuwachen, weil ich nicht wusste, wie ich den nächsten Tag überstehen sollte.

Die Taubheitsattacken kommen von Nahrungsmittel die ich anscheinend nicht vertrage. Allen Ärzten hatte ich meinen Verdacht auf eine Schadstoffbelastung geschildert, niemand ist dem nachgegangen! Alle Ärzte habe ich der Ärztekammer gemeldet, niemand ist sich einer Schuld bewusst, alles wurde abgewiegelt.

Heilpraktikerin kam Vergiftung auf die Spur

2007 bin ich durch Zufall durch meine Freundin zu einer Heilpraktikerin gekommen, die sich seit über 30 Jahren mit Schadstoffen und Allergien befasst. Die stellte mir sofort ganz gezielte Fragen, sodass ich fragen musste, woher sie weiß, wie es mir geht und welche Probleme ich habe. Der erste Mensch, der mich verstanden hatte, aber zu spät, sie konnte nichts mehr tun. Das war ein Schock für mich. Ich hatte immer gehofft, dass mir irgendwann irgendjemand helfen könnte. Sie erklärte mir jedoch diese negativen Dinge nicht. Die Diagnosen habe ich mir selbst im Internet übersetzt und es dauerte über ein Jahr, bis ich das alles verstanden hatte.

Krank? Dann ist man nichts mehr wert

Dass es zu spät sei, das hatte ich meiner damaligen Freundin, die ich schon über 20 Jahre kannte samt Familie, aber nur 9 Monate mit ihr zusammen war, nicht gesagt. Ich wollte sie damit nicht belasten. Sie hatte damals den Ausbruch der Krankheit noch miterlebt und mich im Krankenhaus besucht. Damals ging ich wegen der Krankheit keine Beziehung mit ihr ein und ich hatte sie dann über 20 Jahre nicht mehr gesehen. Man könnte sage, dass sie die Liebe meines Lebens war, bis zu diesem Zeitpunkt. Als sie erfuhr, dass ich nicht regelmäßig arbeitete, was ja für mich schon seit Jahren normal war, sagte sie, ihr würde das gar nicht gefallen und ihr Ex wäre ja bald mit seiner Ausbildung fertig. Außerdem musste ich mir vor einer Feier sagen lassen, ich solle mich mit dem Essen zurück halten, sie hätte keine Lust wegen mir früher nach Hause zu fahren. Das war ein starkes Stück!

Schnödes „Good bye“ per E-Mail

Drei Wochen später wurde ich per Email vor die Tür gesetzt, sie ist wieder mit meinem Vorgänger zusammen, den sie abserviert hatte, weil er arbeitslos wurde. So viel zu Toleranz und Beistand bei Krankheit (wie mies kann man denn sein, sie war nur wegen meiner Visitenkarte mit mir zusammen war). Ich hatte vorher noch ihre komplette Küche umgebaut und eine neue zu meinem Einkaufspreis eingebaut, Rasen gemäht, Hecken geschnitten, Wurzeln ausgegraben, ohne Rücksicht auf mich. Alles ohne ein Danke. Diesen miesen Abschuss habe ich bis heute nicht verkraftet. Ich kann so viel Hinterhältigkeit immer noch nicht fassen. Noch nie habe ich mich im Leben so gedemütigt und wie Dreck behandelt gefühlt.

Rundum fertig

Inzwischen legte ich meinem Hausarzt die Diagnosen der Heilpraktikerin vor und drohte ihm mit den Medien. Diagnose der Heilpraktikerin: Reduzierter Allgemeinzustand als Folge von Schadstoffbelastung, periphere Durchblutungsstörungen, MCS, multiple Nahrungsmittelempfindlichkeiten – und Allergien, vegetative Dystonie infolge endogener – und exogener Stressbelastung, lymphatische – allergische Diathese, Vitamin B12 Mangel.

Ich habe bei einigen Lebensmitteln wahre „Erdbeben“ in mir, bis zu Durchfällen über den ganzen Tag, habe mit Licht vor allem beim Einkaufen Probleme, meine Kopfhaut fühlt sich irgendwie wie Leder an und ist durch anfassen mit kalten Fingern nicht richtig kälteempfindlich. Ich fühle mich leer vor allem im Kopf und habe das Gefühl, dass in meinem Kopf ein Stein ist statt ein Gehirn. Sehstörungen, ich vergesse manchmal Worte beim Sprechen oder Dinge die ich tun wollte, kann mich nicht mehr von richtig von Anstrengungen erholen, bin schnell gereizt oder genervt, schaffe es immer noch nicht mehr als 7 Kilometer zu laufen, was ich auch ganz aufgegeben habe.

Bei den Taubheitsattacken sehe manchmal auf einem Auge gar nichts mehr und habe bis zu drei Tagen Migräne. Öfters habe ich Kopfschmerzen, ich habe oft Ohrensausen, häufig ist mir so hundeelend, dass ich glaube ich sterbe. Ich weiß seit 25 Jahren nicht mehr wie es ist, wenn man sich gut und normal fühlt. Ich fühle es gibt in meinem Gehirn keine Endorphine mehr oder nur noch sehr wenige, fühle mich antriebslos, Schilddrüsenunterfunktion (auch nicht erkannt, oder nichts dagegen unternommen). Drei Seiten mit Lebensmitteln hatte die Heilpraktikerin mir ausgedruckt, die ich mehr oder weniger vertrage. Manchmal reagiert mein Körper auch schon auf Dinge die ich immer vertragen habe.

ARGE – Das Grauen nimmt seinen Lauf

Juli 2008 habe ich ganz aufgegeben und mich bei einer ARGE angemeldet, ALGII. Das wollte ich so lange wie möglich vermeiden. Wer dort schon mal war, weiß warum – das ist das Grauen. Menschenunwürdig und man ist rechtlos. Mein Antrag wurde über vier Monate bearbeitet und dann mit dem Hinweis abgelehnt, wenn ich einen Verwertungsausschluss für meine Lebensversicherung beigefügt hätte, wäre er genehmigt worden! Woher sollte ich das wissen? Bis heute klage ich dagegen, schon mit dem zweiten Anwalt. Mein aktueller Rentenbescheid beläuft sich auf 359€. Erst Anfang Dezember 2008 bekam ich Leistungen, aber nur einen Teil, weil mir ein durchschnittlicher Umsatz vom Vorjahr abgerechnet wurde, den ich gar nicht mehr hatte. Außerdem ging es wieder zum Amtsarzt.

Gehen Sie mal zum Umweltarzt

Ich legte dem Amtsarzt ein Schreiben von mir und die Diagnose der Heilpraktikerin vor. Er sagte mir, er würde mir ja alles glauben, aber Heilpraktiker seien nicht anerkannt, ich solle zu einem Facharzt für Umweltmedizin gehen. Mein Hausarzt wollte noch mal mit dem Amtsarzt telefonieren, was er vergas. Ich hakte nach und er besprach mit ihm, dass ich für drei Stunden täglich arbeitsfähig sei, damit mich das Kreisamt (ARGE) nicht mehr „piesacken“ würde. Ich könnte noch zu einem Umweltarzt gehen, aber für mich würde sich sowieso nichts mehr ändern. Auf Deutsch: Sieh zu wie du klar kommst.

Also suchte ich so einen Umweltarzt und bei mir im Ort war so eine Ärztin. Bei meinem Termin war ich gerade mal zehn Minuten bei der guten Frau. Sie fragte, was sie da jetzt noch tun sollte. Ich habe mich dann einfach verabschiedet und bin gegangen. Wollen Ärzte Patienten eigentlich noch helfen oder kassieren die nur die Krankenkassen und die Privatpatienten ab???

Und wieder ausgetrickst

Meinen Hausarzt sagte ich, dass ich eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung hätte. Dafür würde es nicht reichen, sagte er mir. Acht Monate später meldete sich meine Versicherung, der Neue, der die Vertretung übernommen hatte. Er kam vorbei und ich schilderte ihm mein Fall. Da ich mehr als 50% arbeitsunfähig sei, hätte ich die Versicherung in Anspruch nehmen können, jetzt war es zu spät, da ich sie gekündigt hatte, weil ich sie nicht mehr bezahlen konnte. Toll!!

Na, dann werden Sie doch Heilpraktiker

Ich suchte mir einen neuen Hausarzt, legte dem alles vor. Der fragte was ich arbeite. Ich: „seit 1990 bin ich nicht mehr angestellt, ich beziehe ALG II“. Er meinte, ich hätte sicher einiges drauf um arbeiten zu können. Ich sagte ihm, er hätte keine Ahnung was ich die Jahre mitgemacht hätte. Er dann, ich könnte ja einen dreimonatigen Lehrgang machen, um Heilpraktiker zu werden. Was für ein Schwachsinn. So etwas muss man sich noch zu alledem anhören. Man kommt vom Regen in die Traufe.

ARGE Sachbearbeiter war MCS kein Fremdwort

Vor Wochen musste ich zu meinem Fallmanager bei der ARGE, der mich vermitteln wollte. Dem legte ich auch wieder alles vor. Wie ich das langsam leid bin, jedem alles wieder neu zu erklären. Aber der verstand mich sogar und kannte MCS. Ich erklärte ihm, es wäre wohl sinnlos irgendwo zu arbeiten, wenn man sich nicht gut fühlt und die Hälfte der Zeit deshalb nicht arbeiten kann, bzw. das Haus nicht verlassen kann. Jetzt muss ich wieder zum Amtsarzt, weil die Einstufung nur für ein Jahr gilt. Ich muss also bis zur Rente jedes Jahr dort hin und von 359€ leben. Wer macht solche Gesetze??? Ist ein Mensch der krank ist gar nichts mehr wert??? Er würde mich nicht vermitteln und ich solle jeden Monat drei Proforma-Bewerbungen schreiben. Ich dachte, ich spinne!

Ausgemustert wie ein kaputter Roboter – Ist das OK?

Noch nie im Leben hatte ich Schulden. Durch die ARGE ist das jetzt der Fall. Mir wurde von meinem Sachbearbeiter der ARGE gesagt, dass meine Eltern ja meine Vermieter seien, die würden mir sicher Mietaufschub gewähren!! Wo anders wäre mir schon die Wohnung gekündigt worden und ich würde auf der Straße stehen.

Ich war mein Leben lang im Verein und war im Motorradclub. Das kann ich mir alles nicht mehr leisten. Ich überlege schon, ob ich mich nicht wieder bei der ARGE abmelde und mein Gewerbe wieder anmelde, ohne Kranken- und Rentenversicherung. Es ist nur noch demütigend und menschenverachtend. Ich gebe zu, man denkt, wenn man so etwas erlebt, darüber nach, ob man so weiter leben möchte. Ich weiß nicht, wie ich das Ganze alles bis heute ausgehalten habe.

Ich wünsche mir Toleranz und Anerkennung meiner Krankheit. Ich war Formaldehyd, Lösungsmitteln, Kunststoffen, Farben, Lacken, Holzschutzmitteln (auch Xyladecor) und Leimen fast 13 Jahre lang ausgesetzt. Zusätzlich hatte ich das Ganze noch in meiner Wohnung, die ich zusätzlich nach Ausbruch der Krankheit auch noch ausgebaut habe. Aber ein Mensch ist in Deutschland nur noch etwas wert, wenn er gesund ist und Arbeit hat. Ich verweigere jede Wahl, da ein Politiker nicht mehr für mich wählbar ist und es niemanden mehr um die Menschen geht, sondern nur noch um Geld und Macht!

Autor: Michael Hundsdorf für CSN-Chemical Sensitivity Network, Mai 2010

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Giftiges Kinderspielzeug – Ist keiner ist zuständig?!

Eine „Chemische Keule“ zum Spielen für Kinder geeignet?

Mit meiner Schwester und meinem Neffen war ich vor kurzem auf der Maikirmes in Lingen (Ems). Mein Neffe hat bei einer Losbude gewonnen und konnte sich etwas aussuchen, es war kein Hauptgewinn, aber immerhin. Er wählte eine Plastikkeule und war mächtig stolz darauf.

Ich habe die Spielzeug-Keule fotografiert, sie stinkt unglaublich stark ätzend nach flüchtigem Benzin, Kerosin oder Diesel – nicht zu fassen. Im Auto kam der Gestank so richtig zur Geltung, es war kaum zum aushalten. Zuerst habe ich meinem Neffen gesagt, er solle die Keule draußen lagern, wegen der gefährlichen Dämpfe. Leider lag sie nicht lange dort, sondern musste unbedingt wieder ins Haus. Doch das konnte ich nicht verantworten, ich habe die Keule dann mit einem Trick sichergestellt. Ich habe sie meinem Neffen abgekauft, in eine Plastiktüte mehrfach umwickelt und vor einem offenen Kellerfenster gelagert.

Dass mein Neffe in einem Zimmer mit diesem in der Tat nur als „chemische Keule“ zu bezeichnenden Spielzeug schläft und sich aufhält, konnte ich nicht verantworten. Man muss sich auch vor Augen halten, dass diese „chemische Keule“ in den Mund genommen wird, um sie aufzupusten. Das machen die Kinder selbst, stolz wie sie auf so ein Spielzeug sind, da darf kein Erwachsener ran. Beim Aufpusten kann es nicht ausbleiben, dass giftige Chemikalien zwangsläufig auch eingeatmet werden. Wenn einem Kind plötzlich übel oder schwindlig wird, oder Kopfschmerzen beklagt werden, ein Asthmaanfall eintritt – welche Eltern kommen dann auf die Losbudengewinn als Ursache?

Welche Behörde ist zuständig für toxisches Spielzeug?

Ich bekam den Tipp, das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) zu verständigen. Eine Mail habe ich dann zum BfR, mitsamt Foto von der ätzend stinkenden Spielzeug-Keule, abgeschickt.

Jetzt wollte ich zusätzlich telefonisch etwas erreichen. Das Gesundheitsamt in Lingen (Ems) erklärte sich nicht zuständig und hat mich an Meppen verwiesen. In Meppen sagte man mir, das Gewerbeaufsichtsamt Emden sei zuständig. Das übliche Spielchen, fast immer bekommt man keinen direkten Ansprechpartner in Niedersachsen. Als ich endlich die richtige Adresse erreicht hatte, war dort natürlich der zuständige Herr ist in einer Besprechung. „Na prima“, wenn es mal wirklich ernst ist und schnell gehen muss, was dann? Also von Bürgerferne kann hier im wirklichsten Sinne gesprochen werden.

Übrigens, ich wollte das Objekt erst in einem gelben Sack (Müllsack) packen, die stinken aber auch erbärmlich, die könnte ich gleich mitschicken zur Untersuchung. Die gelben Säcke habe ich auch schon an das leicht offene Kellerfenster zum „Entmüffeln“ verbannt.

Der Herr aus Emden rief mich zurück und was schätzt Ihr, was dabei rauskam? Das Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück sei zuständig. Also habe ich dann eine Mail mit Foto zum Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück geschickt. Es entwickelte sich so langsam zu einer Posse, nur leider war es überhaupt nicht zum Lachen.

Hier die Antwortmail aus Osnabrück, ich musste es erst schlucken, konnte es einfach nicht glauben.

E-Mail Antwort von Osnabrück…Gewerbeaufsichtsamt

Sehr geehrter Herr …

Ihre u.a. Beschwerde habe ich an den Landkreis Meppen weitergeleitet, an das dortige Veterinäramt.

Die Zuständigkeitsregelungen im Bereich des Spielzeugs sind geteilt und führen damit unglücklicherweise häufig zu Verwirrungen. Zuständig für die Eigenschaften, die nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz beurteilt werden, ist das Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück. Für Inhaltsstoffe von Spielzeug ist der Landkreis Meppen zuständig in seinem Aufsichtsbereich.

Für ggf. weitere Fragen bin ich unter der u.a. Telefonnummer zu erreichen.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

xxx

Hier das Antwortschreiben von der BfR, das auch zwischenzeitlich per E-Mail ankam:

Sehr geehrter Herr xx

vielen Dank für Ihre Anfrage an das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Das BfR bewertet auf der Grundlage international anerkannter Kriterien gesundheitliche Risiken, die von Stoffen oder Mikroorganismen in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten (z.B. in kosmetischen Mitteln, Textilien, Lebensmittelverpackungen, Spielzeug) ausgehen können.

Für die Kontrolle von Spielzeug und ähnlichen Produkten sind jedoch die Überwachungsbehörden der Bundesländer die richtigen Ansprechpartner.

Anbei die Kontaktdaten der zuständigen Landesministerien:

http://www.bfr.bund.de/cd/5561

Zuständigkeit geklärt – es soll gehandelt werden

Also gut, dass es noch das Telefon gibt, ich habe es nun telefonisch klären können. Natürlich auch über zwei Behörden. So wie es aussieht, ist das Veterinäramt Meppen (Landkreis Meppen) zuständig. Die kümmern sich auch, müssen aber abwarten, bis die Kirmes in Nordhorn (Nachbarstadt von Lingen) ist. Dort werden Proben geholt und untersucht. Der Herr sagte auch, wenn es schneller gegangen wäre, hätten sie noch in Lingen (Ems) Proben nehmen können.

Ich habe gemeckert über solch schlechten Service der Behörden. Er will es bei der nächsten Besprechung anbringen.

Ich hoffe, dass nur noch wenige Kinder (Erwachsene) diese Plastikkeule gewonnen haben, denn der Behördenwirrwarr hier in Niedersachsen verhindert leider, das schnell reagiert werden konnte.

Autor: Energiefox für CSN – Chemical Sensitivity Network, Mai 2010

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Gefahr Weichmacher – Unfruchtbarkeit durch die Umwelt

Umweltkrankheiten werden in der Öffentlichkeit gerne unter dem Schleier des Schweigens verhüllt und als nicht existent abgetan. Vielen Interessengruppen kommt diese Vernachlässigung umweltrelevanter Aspekte mehr als gelegen. Zunehmend stehen Ärzte vielen Beschwerden ihrer Patienten ratlos gegenüber, denn der Bereich Umweltmedizin fristet nach wie vor ein Schattendasein im Deutschen Gesundheitssystem. Dass Umwelteinflüsse einen immensen Einfluss auf unsere Gesundheit haben, lässt sich jedoch immer schwieriger unter den Teppich kehren.

Ungewollt kinderlos durch Umweltgifte?

Dies wird besonders durch die besorg-niserregende Zunahme an ungewollt kinderlosen Paaren verdeutlicht, die in den Industriestaaten rund um den Globus immer öfter zu verzeichnen sind. Wissenschaftliche Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass Weichmacher als Wurzel des Übels einzustufen sind. Inge Altmeier hat für die Reportage der Doku-Reihe 45 Min des NDR-Fernsehens, nach denen in unserem Leben faktisch all gegenwärtigen Weichmachern intensiv recherchiert, mit erschreckenden Ergebnissen. Die mit am häufigsten in unseren Alltagsprodukten zum Einsatz kommenden Weichmacher sind Phthalate, die zur Gruppe der schwer flüchtigen, organischen Verbindungen zählen. Diese hormonell wirksamen Chemikalien können u. a. die Spermaqualität des Mannes negativ beeinflussen, da sie wie Östrogene in den Hormonhaushalt eingreifen. Forscher führen an, dass durch Phthalate die Anzahl der Spermien stark reduziert und deren Aktivität enorm verringert wird, was den drastischen Anstieg unfruchtbarer Männer wissenschaftlich erklärt.

Unfruchtbarkeit in die Wiege gelegt?

Doch nicht nur das männliche Geschlecht ist von der Negativwirkung der krankmachenden Chemikalien betroffen. Da Weichmacher in unseren Alltagsgegenständen dominierend vorkommen, sind auch werdende Mütter mit ihrem ungeborenen Leben vor möglichen Gesundheitsschäden durch diese Schadstoffe nicht gefeit. Die in den Organismus der Schwangeren gelangenden Weichmacher können bereits den Fötus schädigen und bewirken, dass sich die Hoden der Jungen nicht richtig entwickeln und sie sozusagen eine spätere gestörte Fortpflanzungsfähigkeit mit in die Wiege gelegt bekommen.

Doch all dem nicht genug, Spielwaren für Babys und Kleinkinder sind oft stark mit krankmachenden Weichmachern belastet, zum Teil auch mit in der EU längst verbotenen Substanzen, die zumeist aus chinesischen Produktionsstätten in unsere Verkaufsregale gelangen. Somit nimmt das Übel weiter seinen Lauf und die Gesundheit vieler ahnungsloser Konsumenten wird schleichend durch Chemikalien im Alltag geschädigt. Immerhin sind einige Weichmacher als erbgutschädigend und krebserregend eingestuft.

Künstliche Befruchtungen nehmen zu

Inge Altmeisers Recherchen ergeben, dass Mediziner wie auch Wissenschaftler Alarm schlagen, denn die gefährlichen Phthalate gelten in Fachkreisen als mögliche Ursache für die sinkende Geburtenrate Deutschlands. Demnach wird bereits die Hälfte der deutschen jungen Männer als eingeschränkt zeugungsfähig eingestuft, Tendenz steigend. Der Mehrheit der Betroffenen ist völlig unklar, dass der ungewollte Kinderwunsch ein Umweltproblem darstellt und in Zusammenhang mit den fast überall vorkommenden Weichmachern einhergeht. Die gesundheitsschädigenden Chemikalien gelangen über Kosmetikprodukte, Hausstaub und über die Nahrungskette in unseren Organismus, wo sie ungehindert ihr Unwesen treiben – die möglichen gesundheitlichen Folgen können gravierend sein. Als letzter Hoffnungsschimmer bleibt vielen Paaren nur die künstliche Befruchtung, die für sie nicht nur eine finanzielle, sondern zudem eine enorme psychische Belastung bedeutet. Bei nur 30 Prozent aller künstlich vorgenommenen Befruchtungen kommt es letztendlich zu einer Schwangerschaft, viele Partnerschaften zerbrechen an diesem leidvollen Schicksal.

Kritische Worte vom UBA – ist das ausreichend?

Kritische Stimmen zur Alltagsbelastung der Bevölkerung durch toxische Chemikalien werden auch in Deutschland lauter. In der Doku des NDR 45 Min gibt die Toxikologin des Umweltbundesamtes in Berlin, Dr. Mareike Kolossa-Gehring zu bedenken, dass uns Weichmacher in unserem Leben quasi überall begegnen. Bei einem Besuch eines ungewollt kinderlosen Paares im Filmbeitrag erteilt sie Anregungen, um die Weichmacher in deren Wohnumfeld zu minimieren. Vom Badezimmer über Gebrauchsgegenstände bis hin zu Nahrungsmittel wird keine Quelle ausgelassen. Die beim UBA anschließend vorgenommene Hausstaubuntersuchung ergab den Nachweis von 12 verschiedenen Phthalaten, 6 Flammschutzmittel, 2 Adipate (Ersatzstoffe für Phthalate) sowie Dinch, einem neuen Weichmacherprodukt aus dem Hause der BASF. Die Belastung von Dinch im Hausstaub ist lt. Aussage des UBA allgemein deutlich ansteigend, über mögliche Gesundheitsgefahren ist derzeit offenbar nichts bekannt, auch gibt es momentan noch keine Nachweismethode der neuen Chemikalie im Blut oder Urin. Trotz nicht ausgeräumter eventueller Gesundheitsrisiken erhielt der Chemiegigant BASF die Zulassung für diese neue Substanz. Grundlage für die Gewährung der Zulassung waren, den Recherchen des Filmteams zu Folge, lediglich eigene von der EU vorgegebene Auftragsstudien des Chemiekonzerns, die selbstverständlich keine Bedenken hervorbrachten.

Aussagekräftige Forschungsergebnisse werden zurückbehalten – Handeln Fehlanzeige

Auch die Resultate der großflächig angelegten deutschen „Rekrutenstudie“, bei der die Spermaqualität von rund 800 Bundeswehrsoldaten untersucht wurde, ließ man in Deutschlands altbewährter Schublade schlummern. Auf Anfrage von Inge Altmeier wollte sich keiner der damals verantwortlichen Wissenschaftler zu den Studienergebnissen äußern. In Großbritannien wurden diese Forschungen jedoch veröffentlicht. Sie liegen dem Leiter der toxikologischen Abteilung an der renommierten Universität der London School of Pharmacy, Prof. Andreas Kortenkamp, vor. Deutsche Männer leiden demnach an Hodenhochstand, besorgniserregend schlechter Samenqualität und verstärkt an Hodenkrebs. Prof. Kortenkamp räumt ein, dass für diese schwerwiegenden Gesundheitsschäden auch Umweltschadstoffe verantwortlich zu machen sind.

Eine weitere umfangreiche Untersuchungsreihe des Urins von Tausenden von Kindern auf Weichmacher durch das Umweltbundesamt bestätigt die allgemein missliche Lage. Ausnahmslos alle Proben enthielten die gefährlichen Stoffe und zum Teil wurden die Höchstmengen der täglichen tolerierbaren Aufnahmewerte deutlich überschritten. Dr. Mareike Kolossa-Gehring bewertet diese Studienergebnisse als dramatisch.

Andere Länder, andere Sitten – Dänemark macht vor, wie´s geht

Während man sich hierzulande weiterhin nur verhalten für einen „effizienten“ Gesundheitsschutz vor krankmachenden Weichmachern und anderen Alltags-chemikalien berufen fühlt und zumeist nur bedeckt Warnungen ausspricht, ist man bei unseren dänischen Nachbarn hingegen wesentlich aktiver und konsequenter in Sachen Gefahrenbegrenzung. Inge Altmeier erfährt in der Kopenhagener Universitätsklinik, dass auch in Dänemark die Zahl der Hodenkrebspatienten ständig ansteigend ist, bei gleichzeitig schlechter Samenqualität der Männer, wie der Androloge Dr. Niels Jörgensen von seinen Studienergebnissen berichtet. Der Spezialist benennt Weichmacher als eindeutige Ursache für die häufig vorkommenden gravierenden Gesundheitsstörungen.

Dänemark spricht bereits seit längerem Warnungen aus, sich während der Schwangerschaft nicht mit Produkten zu umgeben, die Weichmacher enthalten. Der ehemalige Minister Troels Lund Poulsen setzte sich zu seiner Amtszeit für ein EU-weites Verbot der krankmachenden toxisch wirkenden Weichmachern ein, scheiterte jedoch. Allerdings habe er sein Volk über die gesundheitlich bedenklichen Auswirkungen dieser Alltagschemikalien konsequent informiert, um dazu beizutragen, den möglichen Giftcocktail im persönlichen Umfeld jedes Einzelnen bereits durch vorausschauendes Einkaufen und angemessenem Verhalten zu minimieren.

Auch ein Bericht in der Ärztezeitung über die Stellungnahme der Umweltministerin Karin Ellemann vor dem Parlament verdeutlicht, dass es die Dänen ernst meinen mit ihrer Aufklärungskampagne. Demzufolge hat die Regierung Dänemarks im März dieses Jahres sogar eine Warnung vor den möglichen Gesundheitsrisiken von mit Weichmachern und krebserregenden Chemikalien belastetem Sexspielzeug ausgesprochen. Man plane notfalls im europäischen Alleingang eine Vielzahl von Verkaufsverboten von schadstoffenbelasteten Produkten zu erlassen, falls sich Brüssel gegen diese Maßnahme ausspricht. Denn die Behörden Dänemarks bereiten eine Verschärfung des EU-Chemikaliengesetzes vor, das von Dänemark als völlig unzureichend eingestuft wird, da die mögliche Wechselwirkung der vielzähligen Schadstoffe untereinander, der die Bevölkerung permanent ausgesetzt ist, kaum berücksichtigt wird.

Die Hoffnung stirbt zuletzt – von nichts kommt nichts

Es bleibt zu hoffen, dass die Politik, die Behörden und alle anderen Verantwortlichen auch in Deutschland die Brisanz der aktuellen Lage um schädliche Weichmacher und weitere toxische Chemikalien im Alltag angemessen einstufen, endlich notwendige Entscheidungen treffen und rasch handeln. In Anbetracht dessen, dass der demografische Wandel in unserem Land einschneidende Auswirkungen für uns alle mit sich bringt, die Geburtenrate weiterhin sinkend ist, Männer zunehmend an Unfruchtbarkeit leiden und unser Gesundheitswesen schier zum Dauerpatient unserer Zeit mutiert, ist es mehr als dringlich, fachkundige Aufklärung voranzutreiben und andere greifende Maßnahmen einzuleiten, um den sich anbahnenden „Supergau“ in Bezug auf die stets ansteigende Zahl von Umweltkranken abzuwenden.

Als logische Konsequenz der bereits stattfindenden und weiter absehbaren Entwicklungen ist es unverzichtbar, mit vereinten Kräften daran zu arbeiten, alles Erdenkliche zu unternehmen, um krankmachende Umwelteinflüsse zu reduzieren. Es darf nicht angehen, dass man den kontinuierlichen Zuwachs an Umwelterkrankten tatenlos toleriert und sich der Kinderwunsch vieler deutscher Paare, nicht nur aus finanzieller Sicht, sondern auch aus dem Gesundheitsaspekt heraus, zum praktisch unerreichbaren Luxus unserer modernen Konsumgesellschaft entwickelt. Es müssen Taten walten, damit die deutsche Bevölkerung nicht durch Umweltfaktoren zu einer aussterbenden Art „heranwächst“.

Autor: Maria Herzger, CSN – Chemical Sensitivity

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Zweifelhafte Chemikalien im Golf von Mexiko im Einsatz

Diskussion der Dispergiermittel

(Living on Earth – Radiointerview)

BP setzt mehrere hunderttausend Gallonen (3.785 Liter) an Dispergiermittel ein, um zu verhindern, dass der Ölteppich im Golf von Mexiko die Küste erreicht. Es gibt jedoch wenige Daten über die ökologische Wirkung dieser Chemikalien. Der Gastgeber der Sendung Jeff Young unterhält sich mit Dr. Nancy Kinner vom Coastal Response Research Center (Forschungszentrum für Küstenschutz) der Universität von New Hampshire darüber, weshalb es auf wichtige Fragen zu Dispergiermitteln keine Antwort gibt.

YOUNG: Aus den Jennifer und Ted Stanley Studios in Somerville, Massachusetts – dies ist Living on Earth (Leben auf der Erde). Ich bin Jeff Young.

Die Bundesbeamten sagen, es ist ein Ernstfall, wo jede Hand gebraucht wird, ein Rund um die Uhr Einsatz an allen sieben Wochentagen, um die sprudelnde Ölquelle im Golf von Mexiko unter Kontrolle zu bekommen. Doch eines der Hauptinstrumente, die Schadenswirkung des Öls zu minimieren, ist mit einer Reihe eigener Probleme verbunden. Etwa 400 Tausend Gallons (1.5 Millionen Liter) chemischer Dispergiermittel wurden auf die Wasseroberfläche gesprüht und tief im Meer freigesetzt, um den Abbau des Öls zu beschleunigen. In einer Presse-Telekonferenz sagte die Leiterin der EPA (Umweltschutzbehörde) Lisa Jackson, dass diese Dispergiermittel ihrerseits mit Nachteilen verbunden wären und dass sich Wissenschaftler unsicher wären, auf welche Art sie das maritime Leben beeinträchtigen könnten.

JACKSON: Dispergiermittel sind nicht die Zauberlösung. Sie werden eingesetzt, um uns dem kleineren Übel von zwei problematischen Umweltresultaten anzunähern.

YOUNG: Ein Gutachten der National Academy of Sciences (Staatliche Akademie der Wissenschaften) von 2005 kam zu dem Schluss, „das Verständnis der wichtigsten Vorgänge ist in vielerlei Hinsicht unzureichend, um guten Gewissens einen Entscheidung über den Einsatz von Dispergiermitteln zu befürworten“. Wir wendeten uns an Dr. Nancy Kinner, um mehr darüber zu erfahren. Sie leitet das Coastal Response Research Center der Universität von New Hampshire; es ist eine Vermittlungsstelle für Informationen zur Ölkatastrophenhilfe.

KINNER: Nach meiner Ansicht ist unser Wissen über Dispergiermittel unzureichend. Es gibt immer noch eine ganze Menge von Unbekanntem dort draußen und offen gesagt war die Finanzierung dieser Arbeit sehr begrenzt, was einer der Gründe ist, weshalb viele dieser Fragen immer noch unbeantwortet sind.

YOUNG: Warum hat man das nur begrenzt erforscht, denn ich erinnere mich, dass dieses Thema, ob man Dispergiermittel einsetzen soll oder nicht, während des Exxon Valdez Unfalls im Jahre 1989 erneut hochkam – glauben Sie, dass es nun entsprechende Forschung geben wird?

KINNER: Aufgrund des Oil Pollution Act von 1990 (Öl-Schadensgesetz) wurden viele Forschungsmittel bewilligt, aber wie es oft so ist, wenn man so eine Katastrophe wie Exxon Valdez hat, werden diese Mittel niemals wirklich bereit gestellt.

YOUNG: Also wollte der Congress theoretisch diese Forschung finanzieren, hat diese Knete aber niemals wirklich durchbekommen?

KINNER: Nun, nicht nur der Congress. Auch die Industrie hat ihre Forschung- und Entwicklungsprogramme zurückgestutzt, damit war dies ein allgemeines Problem. Und es wurde immer gesagt, dass wir keine großen Ölunfälle mehr haben.

YOUNG: Nun hat BP große Mengen dieser chemischen Lösungsmittel eingesetzt und versucht, das Öl abzubauen. Wie funktionieren diese Dispergiermittel und welche Nachteile hat es, sie einzusetzen?

KINNER: Das allgemeine Prinzip der Dispergiermittel beruht darauf, dass es im Wesentlichen eine sogenannte grenzflächenaktive Substanz ist – ein Teil ist in Öl löslich und der andere Teil ist wasserlöslich. Was man macht, ist große mit Dispergiermittel beladene Flugzeuge einzusetzen, die mit Düsen ausgestattet sind, welche es über dem Wasser versprühen, und dann verursacht die Bewegung des Wassers Turbulenzen, die einzelne Öltröpfchen aus dem Ölteppich ziehen und im Wasser verteilen. Dabei gibt es einen weiteren wichtigen Faktor, indem der Grad der Turbulenz tatsächlich die Größe der Tröpfchen bestimmt.

YOUNG: Und dann, was bedeutet dies bezüglich der Wirkung des Öls auf das Ökosystem, wo das Öl draußen auf dem Meer aufgelöst wird?

KINNER: Wenn diese sehr kleinen Tröpfchen da sind und mit irgendwelchen Organismen am untersten Ende der Nahrungskette zusammentreffen, könnten sie diese Partikel aufnehmen. Und das könnte nicht gut sein, weil sie dann auch von anderen Organismen aufgenommen werden, usw. Auf der anderen Seite summiert sich die Oberfläche der kleineren, sehr winzigen Tröpfchen zur einer großen Fläche, das bedeutet, sie könnten schneller von Bakterien bevölkert werden und diese Bakterien könnten dann das Öl als Nahrungsquelle nutzen und es abbauen. So gilt es hier Vor- und Nachteile abzuwägen.

YOUNG: Nun sind die Dispergiermittel selber auch in gewissem Umfang giftig – inwieweit muss man sich da Sorgen machen?

KINNER: Es gab ein paar Arbeiten über die Toxizität der Dispergiermittel und der Grundgedanke war immer, dass die Toxizität keine große Rolle spielt, weil sich das meiste des Dispergiermittels mit dem Öl verbindet und nicht sehr viel davon im Wasser übrig bleibt. Unglücklicherweise haben wir dazu nicht viele Daten, um bei einer Ölkatastrophe wie dieser, wo wir so viel davon einsetzen, wirklich belegen zu können, welcher Anteil sich tatsächlich mit dem Öl verbindet und welche Folgen die Toxizität haben könnte.

YOUNG: Ich vermute, dass es sich bei den meisten anderen Ölkatastrophen, bei denen Dispergiermittel zum Einsatz kamen, in der Tat nur um ausgelaufenes Öl handelte; eine gewisse bekannte Menge lief z.B. aus einem beschädigten Tanker aus. In welchen Maße unterschieden sich diese Situationen von jener, mit der wir es jetzt zu tun haben bezüglich der Entscheidung, ob man Dispergiermittel einsetzen soll oder nicht?

KINNER: Nun, wenn man Dispergiermittel gegen ausgelaufenes Öl einsetzt ist das eine völlig andere Situation als das, was wir möglicherweise hier haben, den wir haben einen ununterbrochenen Einsatz von Dispergiermittel und das Öl wird kontinuierlich freigesetzt, unter Umständen für einen sehr langen Zeitraum. Und so gibt es möglicherweise eine andauernde Belastung für Organismen und das kann für ein Ökosystem viel mehr Wechselwirkungen und Schäden nach sich ziehen.

YOUNG: Was ist also Ihre Empfehlung, wenn die Leute in Ihr Zentrum kommen und fragen „Was sollen wir tun?“, was erzählen Sie Ihnen?

KINNER: Nun, ich denke nicht, dass wir genug über Dispergiermittel wissen. Jedoch, während ich das gesagt habe, gerade jetzt haben es die Küstenwache, die Bundesbehörden und die Leute von der Industrie mit einer Ölkatastrophe zu tun, die sehr, sehr groß ist und keinerlei Anstalten macht, wieder abzunehmen.

Und es wurde die Entscheidung getroffen, dass es die beste Strategie ist, das Öl so weit wie möglich von den Sumpfgebieten [an der Küste] fern zu halten, es aus diesen empfindlichen Gebieten heraus zu halten und die einzige Möglichkeit, die man hat, dies zu erreichen, insbesondere wenn das Wetter nicht mitspielt und es Wind und Wellen gibt, besteht darin, Dispergiermittel hinzuzufügen. Es wird weitere Unfälle geben, Ich denke das ist so – wenn man nach Öl bohrt, besteht die Wahrscheinlichkeit von Unfällen. Die Frage ist, ob man mit den Folgen eines solchen Unfalles leben kann?

YOUNG: Dr. Nancy Kinner leitet das Coast Response Research Center an der University of New Hampshire. Haben Sie vielen Dank.

KINNER: Gern geschehen, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Copyright © 2010 Living on Earth and World Media Foundation

Quelle: Transcript einer Sendung von Living on Earth, Mai 2010

CSN dankt Living on Earth für die Genehmigung den Beitrag übersetzen und veröffentlichen zu dürfen.

Photo: CC Photo by Otto Candies/uscgpress

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

MP3 Audio des Original-Beitrages (Engl.)

Anhang

Living on Earth produziert immer wieder interessante Sendungen zu Umwelt-Themen, die von Public Radio International verteilt und jede Woche von etwa 300 Radiostation übernommen werden. Diese Sendungen erreichen etwa 80% aller Amerikanischen Zuhörer.

Einen etwas früheren Artikel von ProPublika zum gleichen Thema durften wir leider nicht übersetzen. Darin werden mögliche Gefahren durch die Dispergiermitteln noch detaillierter aufgezeigt. Zum einen könnten die Dispergiermittel das Verdunsten giftiger Kohlenwasserstoffe aus dem Rohöl erleichtern, was wiederum eine Konzentration von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) im aufgelösten Öl zur Folge hat. Die Wirkung dieser Stoffe auf Fische werden in dem auch von Dr. Kinner erwähnten Bericht der National Academy of Sciences beschrieben. PAKs akkumulieren in Muscheln und eine Studie nach der Exxon Valdez Katastrophe zeigte, dass sich die Herzen von Pazifischem Hering und Embryos des Pink-Salmon Lachses schlechter entwickeln. Mitglieder der Alaska Community Action on Toxics stellten nach einer Studienauswertung [Ott/Miller, 2/3 unten] einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Dispergiermitteln während der Exxon Valdez Katastrophe und zahlreichen Erkrankungen bei Aufräum-Helfern her. Erkrankungen der Atmung und des Nervensystems, Leber-, Nieren- und Blutkrankheiten. Am 17.05.2010 schrieb Congressman Rep. Edward J. Markey, (Democrat aus Massachusetts) einen Brief (PDF) an die EPA und erkundigt sich u.a. danach, wie der Einsatz dieser Chemikalien zu begründen sei, wenn man so wenig über die Folgen wisse.

Das Geheimnis von Parfüms – Studie findet Chemikalien

Wissenschaftliche Studie bringt es ans Licht – Verborgene Chemikalien in Parfüms von Stars und Bodydeos für Jugendliche

Präsident Obamas Cancer Panel (Krebs-Ausschuss/Bericht vom 06.05.2010) weist auf die Gefährdung durch hormonwirksame Chemikalien hin, viele davon wurden in einer neuen Duftstoffstudie nachgewiesen.

San Francisco – Eine neue Untersuchung deckt auf, dass vielverkaufte Parfümerie-Produkte – von „Britney Spear‘s Parfum Curious“ und „Hannah Montana Secret Celebrity“ bis zu „Calvin Klein Eternity“ und „Abercrombie & Fitch Fierce“ – ein gutes Dutzend unbekannter auf den Etiketten nicht genannter Chemikalien enthalten. Zahlreiche Chemikalien, die allergische Reaktionen auslösen oder den Hormonhaushalt stören können und viele Substanzen, die von den Selbstkontrollgremien der kosmetischen Industrie nicht auf ihre Sicherheit überprüft worden sind.

Die Studie zu versteckten giftigen Chemikalien in Parfums folgt dem Cancer Panel Bericht des Präsidenten auf dem Fuß, der wegen den zu wenig erforschten und weitgehend von Gesetzen nicht erfassten Chemikalien, die von Millionen Amerikanern in ihrem täglichen Leben benutzt werden, Alarm schlug. Der Cancer Panel Bericht des Präsidenten empfiehlt, dass schwangere Frauen und Paare, die eine Schwangerschaft planen, eine Belastung mit hormonwirksamen Substanzen mit Rücksicht auf mögliche Krebsgefahren vermeiden. Einige für diese Studie analysierte Duftstoffe enthalten mehrere Chemikalien, die in der Lage sind, die Wirkung von Hormonen zu stören.

„Diese beeindruckende Studie deckt die versteckten Gefahren von Duftstoffen auf“, sagte Anne C. Steinemann, Ph.D., Professor für Bau- und Umwelttechnik und Professor für öffentliche Angelegenheiten an der University of Washington. „Düfte aus zweiter Hand bereiten ebenfalls große Sorgen. Eine Person, die ein duftstoffhaltiges Produkt benutzt, kann bei vielen anderen Personen Gesundheitsprobleme verursachen.“

Die Campaign for Safe Cosmetics (Kampagne für sichere Kosmetik), ein nationaler Zusammenschluss von Gesundheits- und Umweltgruppen, gab für diese Studie den Test von 17 duftstoffhaltigen Produkten bei einem unabhängigen Labor in Auftrag. Der Kampagnenpartner Environmental Working Group (Arbeitsgruppe Umwelt) wertete die Daten der Tests und der Produktetiketten aus. Die Analyse ergibt für die 17 Produkte durchschnittlich folgende Bestandteile:

Vierzehn geheime, dank eines Schlupfloches in den amerikanischen Bundesgesetzen nicht auf den Etiketten angegebene Chemikalien, das es den Firmen erlaubt, für Duftstoffe einen Schutz als Handelsgeheimnis zu beanspruchen. „American Eagle Seventy Seven“ enthielt 24 versteckte Chemikalien, die höchste Anzahl von allen Produkten in der Studie.

Zehn sensibilisierende Chemikalien, die mit allergischen Reaktionen wie Asthma, keuchende Atmung, Kopfschmerzen und Kontakt-Dermatitis in Zusammenhang stehen. „Giorgio Armani Acqua Di Gio“ enthielt 19 verschiedene sensibilisierende Chemikalien, mehr als jedes andere Produkt in der Studie.

Vier den Hormonhaushalt störende Chemikalien, die mit einer Reihe von gesundheitlichen Auswirkungen, wie Schädigung der Spermien, Störung der Schilddrüsenfunktion und Krebs in Zusammenhang stehen. „Halle“ von Halle Berry, „Quicksilver“ und „Glow“ von JLO enthielten jeweils 7 verschiedene Chemikalien, die das Hormonsystem schädigen können.

Die Mehrzahl der Chemikalien, die bei den Tests gefunden wurden, hat man nie einer Sicherheitsprüfung, durch eine öffentlich verantwortliche Behörde oder durch die Selbstkontrollgremien der Kosmetikindustrie, unterzogen. Von den 91 Inhaltsstoffen, die in dieser Studie festgestellt wurden, sind nur 19 von der Cosmetic Ingredient Review (CIR) – (Kosmetik-Inhaltsstoff-Prüfung), und 27 von der International Fragrance Association (IFRA) – (Internationaler Duftstoff Verein) und vom Research Institute for Fragrance Materials (RIFM) – (Forschungsinstitut für Duftstoffe) überprüft worden, die freiwillige Richtlinien für in Parfüm eingesetzte Chemikalien entwickeln.

„Da riecht etwas merkwürdig – das System hat eindeutig einen Fehler“, sagte Lisa Archer, die Koordinatorin von Campaign for Safe Cosmetics beim Breast Cancer Fund (Aufklärungsorganisation zu umweltbedingtem Brustkrebs). „Wir benötigen dringend auf den neusten Stand gebrachte Gesetze, die eine vollständige Angabe der Inhaltsstoffe von Kosmetika vorsehen, damit die Verbraucher anhand der Informationen eine Wahl treffen können, welchen Stoffen sie sich aussetzen.“

„Duftstoff-Chemikalien werden eingeatmet und durch die Haut aufgenommen und viele verbleiben in den Körpern der Menschen, einschließlich schwangerer Frauen und neugeborener Babys“, sagte Jane Houlihan, Vize-Forschungspräsidentin der Environmental Working Group (EWG).

Eine aktuelle Studie der EWG wies die synthetischen Moschus-Chemikalien Galaxolid und Tonalid im Nabelschnurblut neugeborener Kinder nach. Die Moschus-Chemikalien wurden fast in jedem der für diese Studie analysierten Parfums gefunden. Zwölf der 17 Produkte enthielten zusätzlich Diethylphthalat (DEP), eine Chemikalie [Weichmacher], die mit Spermienschäden und Verhaltensstörungen in Zusammenhang steht und in den Körpern von fast allen untersuchten Amerikanern nachgewiesen wurde.

Kongressmitglieder, die an der Ausarbeitung von Gesetzen für sichere Kosmetika arbeiten, äußerten sich zum Studienbericht:

Repräsentantin Jan Schakowsky, D-Ill. (Demokratin aus Illinois): „Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum Menschen potentiell gefährlichen Chemikalien ausgesetzt sein sollten, weil sie Parfüm, Eau de Cologne oder Bodydeo benutzen. Aber dieser Bericht legt nahe, dass genau dies passiert. Die in populären Parfümen festgestellten Chemikalien, die oft von Berühmtheiten marketingmäßig unterstützt werden, können eine ganze Reihe von Nebenwirkungen haben und die Amerikaner sind ihnen ausgesetzt, ohne es zu wissen. Ich denke, dies ist ein klarer Beleg, wie erbärmlich veraltet unsere Gesetze für Kosmetika sind und wie dringend die Gesetzgebung zur Sicherheit von Kosmetik benötigt wird, die wir erarbeiten. Die in diesen Produkten eingesetzten Inhaltsstoffe müssen auf ihre Sicherheit geprüft werden und die FDA (Food and Drug Administration) muss mit der Macht ausgestattet werden, die Gesundheit der Amerikaner umfassend zu schützen, indem sie Chemikalien nicht zulässt, die als unsicher erachtet werden. Die Amerikaner brauchen die Gewissheit, dass die Kosmetikprodukte, die sie kaufen, keine Chemikalien enthalten, die ihnen Schaden zufügen können.“

Repräsentant Ed Markey, D-Mass. (Demokrat aus Massachusetts): „Eine Rose beliebigen Namens mag lieblich riechen, aber in einigen Fällen mag ein lieblich riechendes Parfüm in Wirklichkeit gefährlich sein. Ich bin froh, mich mit meinen Kollegen zusammen gefunden zu haben, um bald ein Gesetzwerk einzuführen, das die Offenlegung der im Kosmetika und Parfüm verwendeten Inhaltsstoffe zur Pflicht macht und sicherstellt, dass giftige Chemikalien von Kosmetika, Parfums und Duftstoffen fern gehalten werden. Die Verbraucher haben ein Recht zu wissen, was genau in den Produkten drin ist, die sie jeden Tag auf ihren Körper sprühen oder reiben.“

Repräsentantin Tammy Baldwin, D-Wis. (Demokratin aus Wisconsin): Es ist beunruhigend, dassKosmetika, die wir jeden Tag benutzen, versteckte giftige Chemikalien enthalten. Darum arbeite ich mit Kollegen im Kongress an einer Gesetzgebung, die unsere veraltete Kosmetikaufsicht und die Bestimmungen gründlich überholt. Wir alle verdienen es zu wissen, dass unsere Produkte so sicher wie möglich sind.“

Autor: Campain for Safe Cosmetics, Release: May 12th, 2010.

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Kompletter Forschungsbericht: Not so sexy – Report

Weiterführende Informationen und kostenlose Informationskarte über Duftstoffe und deren Gefahren, erhalten Sie bei CSN >>>  Infomaterial

Duftstoffe und Parfums haben Konsequenzen:

Ein Jahr UN Behindertenkonvention – Nullrunde für Behinderte mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity

Ausgrenzung statt Barrierefreiheit für Chemikaliensensible

Alle Menschen- und Bürgerrechte gelten uneingeschränkt auch für Menschen mit Behinderungen. Das ist auch für Deutschland völkerrechtlich verbindlich, seit die UN-Behindertenkonvention im März 2009 in Kraft trat.

Als Vertragsstaat verpflichtete sich die Bundesrepublik, allen Behinderten eine gleichberechtigte Teilhabe an Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu ermöglichen.

Entgegen dem „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ sind Menschen mit der Erkrankung MCS – Multiple Chemical Sensitivity in der Bundesrepublik weiterhin benachteiligt:

Artikel 17 wird nicht umgesetzt:

MCS Kranke sind im täglichen Leben überall Trigger-Chemikalien ausgesetzt. Selbst eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus sind für MCS Patienten kein sicherer Ort. Für MCS Kranke gibt es hierzulande kein Recht auf Achtung der körperlichen Unversehrtheit.

Artikel 25 wird nicht umgesetzt:

MCS Kranken werden Gesundheitsversorgung und Gesundheitsleistungen, insbesondere geeignete Wohnumgebung, Luftreiniger, Sauerstoff, geeignete Nahrungsmittel und Nahrungsergänzung vorenthalten.

Artikel 26 wird nicht umgesetzt:

Rehabilitationsdienste und -programme für MCS Kranke gibt es in der Bundesrepublik nicht. Mithin versäumt die Medizin hierzulande, MCS im frühestmöglichen Stadium zu diagnostizieren. Vielmehr haben die meisten Kranken eine jahrelange Ärzteodyssee hinter sich, bevor sie von ihrer Erkrankung erfahren.

Artikel 9 bzw. Artikel 19 und Artikel 20 werden nicht umgesetzt:

Eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen, gleichberechtigter Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln ist bei MCS Kranken durch die ubiquitäre Gegenwart von Alltagschemikalien, insbesondere Duftstoffen, nicht gegeben.

Für MCS Kranke gibt keine gemeindenahen Unterstützungsdienste, noch nicht einmal hinsichtlich benötigter Pflege.

Die persönliche Mobilität MCS Kranker ist nicht sichergestellt, da keine MCS-gerechten Verkehrsmittel, noch nicht einmal Krankenwagen, bereitstehen.

Artikel 24 und Artikel 30 werden nicht umgesetzt:

MCS Kranke, insbesondere Kinder und Jugendliche, werden in der Bundesrepublik daran gehindert, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu können. Ein gleichberechtigter Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung bleibt MCS Kranken versagt.

Die Teilnahme am kulturellen Leben, Besuche in Theatern, Museen, Kinos, Sporthallen etc. ist durch die überall vorfindbaren Alltagschemikalien, insbesondere Duftstoffe, für MCS Kranke nicht möglich.

Artikel 27 wird nicht umgesetzt

Obgleich MCS Kranke in vielen Fällen unter geeigneten Bedingungen ihren Lebensunterhalt durch Arbeit sichern könnten, gibt es keinerlei Rechtsvorschriften, die hilfreich sein könnten. Auch im öffentlichen Sektor können MCS Kranke keine Beschäftigung finden.

Artikel 28 wird nicht umgesetzt:

Angemessene, das heißt geeignete Ernährung, Bekleidung und Wohnung sind für die Mehrzahl MCS kranker Menschen nicht gewährleistet. Spezielle Wohnungs-bauprogramme und Altersversorgung gibt es nicht.

Traurig aber wahr: Auch ein Jahr nach Inkrafttreten der UN-Behindertenkonvention hat sich die Lage MCS Kranker in der Bundesrepublik nicht verbessert.

Autor: Juliane für CSN – Chemical Sensitivity Network, 12. Mai 2010 – Internationaler Tag für MCS, CFS, FMS.

Weitere CSN Artikel zum Thema:

Wie es in anderen Ländern aussieht:

Die Kehrseite der Medaille – oder mit welchen Mitteln in Deutschland Umweltkrankheiten vertuscht werden sollen

Zermürbungstaktik gegen Umweltmediziner – keine Lösung mit Erfolgsaussicht für ein wachsendes Problem

Weltweit boomt die Solidarität hinsichtlich schwer toxisch geschädigten Menschen dank Internet.

Deshalb möchte ich den MCS-Aufklärungsmonat Mai zum Anlass nehmen, mich bei all denen zu bedanken, die bisher ihre Solidarität zu uns Betroffenen immer wieder bekundet haben, uns mit Rat und Hilfe tatkräftig zur Seite stehen, uns Mut machen unsere Rechte durchzusetzen und für uns da sind, wenn wir Hilfe brauchen. Ohne ihr tatkräftiges Engagement wären wir hier in Deutschland mit Sicherheit nicht so weit gekommen, wie wir jetzt sind.

Dass aber diese Solidarität auch nach hinten los gehen kann, wird einfach verschwiegen, zumal wenn man in die Mühlen der deutschen Justiz gerät.

Einen guten Einblick lieferte ein Artikel in der Trierer Zeitung 16vor:

Die haben mein ganzes Vermögen vernichtet

21. April 2010

Im Dezember 2005 leitete die Staatsanwaltschaft Trier auf Betreiben der Kassenärztlichen Vereinigung ein Ermittlungsverfahren gegen den Neurologen Dr. Peter Binz ein. Die KV wirft dem bundesweit bekannten Mediziner Abrechnungsbetrug vor. Ob sich diese Vorwürfe inzwischen erhärten ließen, ist ungewiss und auch nicht zu erfahren. Denn bis dato wurde keine Anklage erhoben – und das, obwohl die Ermittler mehrere Hundert Patienten vernommen haben. Noch im ersten Halbjahr werde das Ermittlungsverfahren abgeschlossen, erwartet nun der Leitende

TRIER. Wer in die Mühlen der Justiz gerät, braucht in aller Regel starke Nerven und auch ein langer Atem wäre von Vorteil. Nerven sind gewissermaßen das Metier des Trierer Mediziners Dr. Peter Binz, für seinen langen Atem ist der Neurologe und Psychiater hinreichend bekannt – und bei manchen Behörden und auch einigen seiner Kollegen durchaus berüchtigt.

Vor fast viereinhalb Jahren leitete die Staatsanwaltschaft Trier gegen Dr. Binz ein Ermittlungsverfahren ein. Es bestand der Verdacht des Abrechnungsbetrugs, geäußert wurde er vom Trierer Regionalzentrum der Kassenärztlichen Vereinigung und deren damaligem Chef Dr. Carl-Heinz Müller. Der stieg zwischenzeitlich zum Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf, derweil die Ermittlungen gegen Dr.Binz noch andauern. Immerhin geht der Leitende Oberstaatsanwalt Dr. Jürgen Brauer nun davon aus, “dass das Ermittlungsverfahren noch im 1. Halbjahr abgeschlossen werden kann”. Bis Ende Juni soll also feststehen, ob gegen den Arzt Anklage erhoben oder ob das Verfahren eingestellt wird.

Patientenakten lagern noch immer im alten Präsidium.

Die Ermittlungen gestalteten “sich äußerst schwierig und zeitaufwändig, weil umfangreiches Beweismaterial auszuwerten ist und 500 bis 600 Patienten vernommen werden mussten”, erklärte Brauer auf Anfrage gegenüber 16vor. Dr. Binz spricht sogar von 620 Patienten, die in allen Teilen der Republik vernommen worden seien. Dass dies nicht ohne Folgen für die tägliche Arbeit der Praxis bleibt, versteht sich von selbst. Zumal noch immer mehr als 600 bei einer Durchsuchungsaktion im Juni 2006 beschlagnahmte Patientenakten im ehemaligen Polizeipräsidium lagern. Meldet sich ein Patient zur Sprechstunde an, muss das Praxisteam die jeweils benötigte Akte eigens anfordern.

Dr. Binz hat sich in den vergangenen rund drei Jahrzehnten bundesweit einen Namen gemacht – und manchen Vertreter von Kassen, Kammern und Berufsgenossenschaften auch gegen sich aufgebracht. Früh widmete er sich dem Thema Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz. Hat er bei einem seiner Patienten den Verdacht, dass er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit durch giftige Substanzen gesundheitlich geschädigt wurde, meldet er dies der zuständigen Staatsanwaltschaft – was bislang jedoch in aller Regel folgenlos blieb. Rund 150 Mitarbeiter einer Schuhfabrik hat Dr. Binz behandelt – viele von ihnen seien frühzeitig verstorben, berichtet er. Mit der Zeit wandten sich immer mehr Patienten auch aus anderen Teilen der Republik an den Trierer Mediziner, dem 2007 der Zivilcouragepreis der Solbach-Freise-Stiftung verliehen wurde – für sein “langjähriges, herausragendes und tapferes Engagement für chemikaliengeschädigte Menschen aus allen Lebensbereichen”, wie es in der Begründung hieß. Im vergangenen Jahr war Dr. Binz für den “taz Panter Preis” der Berliner Tageszeitung nominiert.

Zwar hätten einige Patienten wohl auch aufgrund der Vernehmungen nicht mehr seine Praxis aufgesucht, berichtet der 69-Jährige, doch die meisten seien ihm treu geblieben. Den Vorwurf des Abrechnungsbetrugs weist der Mediziner weiterhin entschieden zurück. Der KV wirft Dr. Binz vor, diese habe “das ganze Vermögen meiner Familie vernichtet”. Tatsächlich musste er bei der Kassenärztlichen Vereinigung eine Bareinlage von 180.000 Euro leisten, um für mögliche Regressforderungen gewappnet zu sein. Um diese Summe aufzutreiben, habe er eine Hypothek auf sein Haus aufgenommen, berichtet Dr. Binz. Neben Zinsen kamen zusätzliche Ausgaben für Anwälte und Gutachter hinzu. Inzwischen hat der Mediziner nach eigenen Angaben rund 400.000 Euro Schulden.

Auf die Frage, ob man die Vorwürfe gegen den Nervenarzt aufrecht erhalte und ob Dr. Binz mit der Rückzahlung seiner Bareinlage rechnen könne, erklärte eine Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung am Dienstag gegenüber 16vor:

“Während laufender Ermittlungsverfahren geben wir grundsätzlich keine Stellungnahme ab”.

Ein Fels in der Brandung

Da kann ich nur sagen „Hut ab vor diesem Mann“. Als Patient habe ich bzw. wir ihn sehr schätzen gelernt und können nur bestätigen, dass ihm das Wohl seiner Patienten zu jeder Zeit sehr am Herzen liegt. Er ist für seine Patienten nach wie vor da – es ist und bleibt seine Lebensaufgabe den Patienten zu helfen, so lange wie er kann! „Ich habe nichts zu verbergen“ so seine eigenen Worte.

Auch seine Frau, seine Familie und seine Mitarbeiterinnen stehen hinter den Patienten – ungeachtet dieser angespannten Situation. Trotz dass die Patientenakten seit 4 ½ Jahren nicht griffbereit sind und ironischweise in einem chemikalienverseuchten ehemaligen Polizeirevier lagern, geht die Praxis weiter und das Telefon für Neuanmeldungen steht nicht still. Es gibt eben immer mehr, statt weniger Menschen, die durch Chemikalien auf ihrem Arbeitsplatz oder in ihrem Wohnumfeld erkrankten. Sie werden sich auch zukünftig nicht in Luft auflösen, ganz gleich wie das Verfahren für Dr. Binz ausgeht.

Die Taktik, Dr. Binz durch überlanges Verfahren zu entmutigen, wird schon deshalb nicht aufgehen, und weil wir ALLE weltweit unsere Solidarität für Dr. Binz kundtun und ihn tatkräftig unterstützen, so wie er es seit Jahren für jeden einzelnen seiner Patienten tut.

Solidarität erweisen dem kompetenden Umweltmediziner aus Trier auch namhafte Umweltmediziner und Organisationen aus anderen Ländern, u.a. den USA, Italien, der Schweiz, Korea und Frankreich. Ein Professor aus Korea schrieb sogar an die deutschen Ministerien. Sie alle bestärken Dr. Binz seit Jahren nicht aufzugeben und beobachten das laufende Verfahren mit wachsendem Argwohn.

Autor: Kira, CSN – Chemical Sensitivity, 06. Mai 2010

Vielen Dank an die Trierer Zeitung „16vor“ für die freundliche Genehmigung den Artikel „Die haben mein ganzes Vermögen vernichtet“ übernehmen zu dürfen.

Weitere Informationen zum Fall Binz:

Mossville, Rücksichtslosigkeit oder Menschenversuch?

Der Ort liegt in Louisiana, etwa 300 km westlich von New Orleans und 30 km landeinwärts am Golf von Mexiko. Hier wohnten einst an die 2.000 Menschen in einer sehr ländlichen Gegend, die selbst armen Leuten ein gutes Auskommen bot, da die Natur sie großzügig mit Essbarem versorgte.

Heute lässt der Niederschlag von Chemikalien aus den 14 umliegenden chemischen Produktionsanlagen (PDF/Karte S. 5 – Sec2:ii) Büsche und Bäume in den Vorgärten eingehen, frisst den Bewohnern den Lack von den Autodächern und verseucht die zahlreichen umliegenden Gewässer. Aus einem Naturparadies wurde eine Hölle. Die Einwohnerzahl ist während den letzten 30 Jahren auf unter 400 gesunken. Living on Earth hat zu Mossville 2005 ein Feature (Audio/mp3) produziert.

Die Menschen leiden an zahlreichen Erkrankungen, die Krebsraten sind gestiegen, viele sterben jung. Nach einer Untersuchung der ATSDR (Agency for Toxic Substances and Disease Registry) von 1998, weisen manche Bewohner dreimal so hohe Dioxinwerte wie die US-Durchschnittsbürger in ihrem Blut auf. Dioxine werden bei der PVC-Herstellung unvermeidlich freigesetzt und waren auch in Agent Orange als unbeabsichtigte Kontamination (PDF/S. 2) enthalten. Dieses im Vietnamkrieg eingesetzte Entlaubungsmittel hatte nicht nur für die Opfer, sondern auch für die Anwender fatale Folgen.

Beschwerden der Bewohner bei Behörden oder bei den die Anlagen betreibenden Firmen wurden stets ignoriert. Die Untersuchung der ATSDR, einer Abteilung des Gesundheitsministeriums, kam erst zustande, nachdem die Bewohner mit finanzieller Unterstützung einer Anwaltskanzlei Blutproben an ein Labor in Deutschland schickten und die Ergebnisse der ATSDR vorlegten. Das Gesundheitsministerium von Louisiana sah keinen Grund zu handeln (Kap. 2.1).

Das Interesse, den Zusammenhang zwischen den Emissionen der Anlagen und den Blutwerten aufzuklären war seitens der Behörden nicht sehr groß. Eine Untersuchung im Jahre 2001 bestätige die Ergebnisse von 1998. Diese wurde erst 2006 veröffentlicht und man riet vom Verzehr von Fisch aus der Gegend ab, hielt aber die Dioxinbelastung der Bewohner für gesundheitlich unbedenklich. Daß nach Auskunft der Betreiber von den chemischen Anlagen keine Gesundheitsgefahr ausgeht, versteht sich. Diese Firmen waren Anfang 2010 nicht bereit, gegenüber CNN Stellung zu nehmen, sondern schickten einen Sprecher vor, der fragwürdige Statistiken zitierte. Für die Berechnung der Durchschnittsbelastung wurden 180.000 Stichproben herangezogen. Die tatsächliche Belastung der Bewohner von Mossville kann diesen Wert niemals signifikant beeinflussen und soll dennoch für sie relevant sein. Holy Strohsack!

Eine Befragung (PDF/S. 6 – Sec1:1) fast aller Einwohner von Mossville unter Dr. Marvin Legator von der University of Texas von August 1998 ergab, dass über 90% von ihnen an Krankheiten leiden, die von der ATSDR normalerweise als Folgen einer Dioxinbelastung angesehen werden.

99% klagten über Ohren- Nasen- und Halsbeschwerden. 84% nannten Symptome des zentralen Nervensystems wie Kopfschmerzen, Schwindel, Zittern und Krämpfe. 77% hatten Kreislaufprobleme, z.B. Herzrhythmusstörungen, Schlaganfälle, Herzerkrankungen und Brustschmerzen. 46% der Nichtraucher berichteten über Atemwegserkrankungen wie chronische Bronchitis, Atemnot, Keuchen und Bluthusten. Über 50% hatten Hautprobleme, Verdauungsbeschwerden und ein geschwächtes Immunsystem. 25% berichten von hormonellen Störungen inklusive Diabetes.

Was Mossville zu einen besonderen Politikum macht, ist nicht nur die ungeheuerliche Ansammlung von chemischen Anlagen an einem Ort, sondern dass in Mossville fast ausschließlich schwarze US-Bürger leben. Dies erinnert an Indigene wie z.B. Indianer, die den Preis der Zivilisation ungefragt mit Ihrer Gesundheit und der Zerstörung ihres Lebensraumes zu bezahlen haben. Nachrichten dazu gibt es regelmäßig auf Intercontinental Cry.

Es ist nicht möglich, hier über alles zu berichten, was die Bewohner von Mossville in ihrer bedrängten Situation unternahmen. Erwähnt werden muss die Gründung von MEAN, der „Mossville Environmental Action Now“ am 19. April 1999 (engl. mean heißt auch „gemein“). Neben mehr Transparenz der ATSDR im Umgang mit ihnen fordern sie von Regierung und Industrie jene umzusiedeln, die Mossville verlassen wollen, kostenlose medizinische Versorgung und eine Reduzierung der Emissionen aus den Anlagen.

MEAN war 2008 durch Earthjustice vertreten an einer Klage gegen die EPA (PDF) (Environmental Protection Agency) beteiligt. Nach einer im Jahre 1990 durch den Kongress vorgenommenen Änderung des Clean Air Act (Luftreinhaltegesetz) sollte die EPA bis zum 15.11.2000 schädliche Emissionen regulieren. Stattdessen wurde erst im Jahre 2002 unter Bush auf eine unzureichende Regelung aus den 70’er Jahren zurückgegriffen. Im November 2009 stimmte die EPA einen Vergleich zu, bis zum 29.07.2011 für eine Reihe von Schadstoffen aus der PVC-Produktion Regelungen einzuführen.

Im Januar 2009 hielt die EPA eine Informationsveranstaltung für die Bewohner von Mossville ab und setzte ein Prüfverfahren in Gang, ob Mossville Fördermittel aus dem „Superfund“ für Sanierungsmaßnahmen erhalten kann.

Im März 2005 reichten Anwälte von Advocates for Environmental Human Rights eine Petition der Bewohner von Mossville bei der Inter-American Commission on Human Rights (IACHR), der Kommission für Menschenrechte der OAS (Organisation of American States) ein. Im Kern werfen sie der US-Regierung Versagen vor, ihnen das Menschenrecht auf Leben und Gesundheit zu gewähren. Des Weiteren fühlen sie sich ungleich behandelt und erheben den Vorwurf von Umwelt-Rassismus.

Am 30. März 2010 hat die nicht an Weisungen der Mitgliedstaaten gebundene Kommission die Petition überraschenderweise angenommen. Was für sich genommen schon einen Erfolg für Mossville darstellt. Zu dieser Petition gibt es mittlerweile eine offizielle Stellungnahme (PDF) die in Onlinemedien auf folgende Aussage reduziert wurde:

Nach der American Convention on Human Rights (einem grundlegenden Dokument der OAS) gäbe es kein Recht auf eine gesunde Umwelt, weder direkt noch durch das Recht auf Leben, Gesundheit, Privatsphäre und Unverletzlichkeit der Wohnung impliziert. Auch aus dem Schutz vor Diskriminierung ließe sich dies nicht ableiten.

Die Regierung nimmt hier Zuflucht zu einem Dokument von 1969, das sie am 01.06.1977 zwar unterzeichnet aber nie ratifiziert hat, während die Kommission zu dem Schluss kam, dass die Petition nach der American Declaration of the Rights and Duties of Man, der Amerikanischen Deklaration der Rechte und Pflichten des Menschen von 1948, zulässig ist.

Auf den Disput, welches Dokument für die amerikanische Regierung bindend ist oder nicht, muß man sich nicht einlassen. Fairness halber sollte man sagen, dass ihre Stellungnahme sehr detailliert ist und die US-Regierung rein formal vielleicht sogar Recht hat. Selbst wenn das so wäre, steht es aber einem Staat, der immer die große Freiheit auf sein Sternenbanner schreibt, mehr als schlecht zu Gesicht, das Recht auf eine gesunde Umwelt zu verneinen.

Die USA sind Mitglied der OAS, wollen dort wichtig sein und weigern sich gleichzeitig ein Dokument der OAS in Kraft zu setzen, dass die Einhaltung grundlegender Menschenrecht für alle Mitglieder dieser Staatengemeinschaft verbindlich machen soll. Dieses Dokument ist der amerikanischen Regierung aber immerhin so wichtig, damit die Unzulässigkeit der Petition zu begründen.

Darüber hinaus hat die USA den Gerichtshof für Menschenrecht der OAS, den Inter-American Court of Human Rights und die Zuständigkeit der Kommission nie anerkannt, deren Aufgabe es ist, sich mit Menschenrechtsverletzung in den Mitgliedstaaten zu befassen und diese Fälle gegebenenfalls an den Gerichtshof zu übergeben.

Die Frage, welchen Sinn Menschenrechte ohne gesunde Lebensbedingungen machen, darf man ebenfalls stellen.

Diese Stellungnahme der amerikanischen Regierung hätte es nie geben dürfen. Sie beschädigt das Ansehen des Landes und ihres Präsidenten. Man kann nur hoffen, dass die EPA unter Präsident Obama weiterhin gute Arbeit leistet und ein blamables Verfahren vor dem Inter-American Court of Human Rights hinfällig macht.

Autor: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network, 3. Mai 2010

US Gouverneure setzen sich für Menschen ein, die durch Chemikalien krank wurden

 

Seit 12 Jahren setzen sich US Gouverneure in jedem Jahr im Mai ganz besonders für Umweltkranke ein. Sie unterschreiben Proklamationen, die in ihrem Bundessstaat einen Aufklärungstag, eine Aufklärungswoche und in vielen Staaten sogar einen ganzen Aufklärungsmonat ausrufen.

Die Gouverneure bekunden in ihren Proklamationen die Notwendigkeit besonderer Rücksichtnahme auf Menschen mit toxisch bedingten Gesundheitsschäden und Chemikalien-Sensitivität / Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und sie weisen mit Nachdruck darauf hin, wie wichtig Prävention ist. Ihr besonderes Anliegen liegt darin, dass solche Krankheiten vermieden werden, indem man mit mehr Bedacht mit Chemikalien im Alltag umgeht und Hersteller von Produkten darauf achten, dass keine Gefahr von ihren Erzeugnissen ausgeht.

Weltweiter Tag für Menschen mit MCS

Der 12. Mai ist mittlerweile nicht mehr nur in einigen US Bundesstaaten MCS Aufklärungstag, es haben sich weltweit Organisationen angeschlossen und weisen auf die Umstände hin, unter denen Chemikaliensensible in ihrem Land leben müssen und wie man ihnen helfen kann. Es gibt in diesem Jahr Aktionen von Organisationen für Chemikaliensensible in Italien, Spanien, Frankreich, Japan, Australien, Schweiz, USA, Deutschland,…

Einige der Organisationen haben spezielles Aufklärungsmaterial erstellt: Pins, Plakate, Flyer, Webseiten, etc. Es wird Kundgebungen geben, Zeitungs-, Radio- und Fernsehberichte. Manche der Organisationen haben Politiker und Behörden in ihrem Land angeschrieben und werden die Resonanz im Mai veröffentlichen.

18 Gouverneure bitten um Rücksichtnahme für Umweltkranke

In den USA haben in diesem Jahr haben bisher 18 Gouverneure eine Proklamation mit ihrem Staatssiegel bekundet. Weitere sind auf dem Postweg und werden in den nächsten Tagen veröffentlicht. Einige der Gouverneure unterzeichneten für 2010 sogar mehrere Proklamationen. Ihnen ist daran gelegen, dass, neben toxisch bedingten Gesundheitsschäden, Menschen mit MCS und Elektrosensibilität ganz besondere Beachtung und Hilfe zuteil wird.

Vier US Gouverneure unterzeichneten eine zusätzliche Proklamation, um auf die schwierigen Lebensbedingungen von Menschen mit Elektrosensibilität (EMS) hinzuweisen und baten um ganz besondere Rücksichtnahme für diese Personengruppe, die unter immer widrigeren Bedingungen ihr Dasein fristen muss.

Tendenz bringt Hoffnung zum Ausdruck

Seit 1998, als die erste Proklamation in den USA mit dem Staatssiegel beurkundet wurde, hat sich einiges bewegt und so viele Aktionen in so vielen Ländern wie in diesem Jahr gab es noch nie. Diese Tendenz bringt Hoffnung zum Ausdruck, dass immer mehr Bewusstsein eintritt und sich die Situation der Menschen, die durch Chemikalien in unserer Umwelt, in Alltagsprodukten und Nahrungsmitteln krank werden, mittelfristig Zug um Zug verbessert.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 27. April 2010.

Umweltmedizin: Internationaler Appell von Würzburg

Auf Einladung der „European Academy for Environmental Medicine – EUROPAEM“ trafen sich vom 23.04. – 25.04.2010 in Würzburg namhafte nationale und internationale Wissenschaftler der Gebiete Umweltmedizin, Toxikologie, Immunologie, Neurologie und Humangenetik, praktizierende Ärzte und Zahnärzte, Angehörige anderer Heilberufe sowie Vertreter von Patienteninitiativen unter dem Motto „Wissenschaft trifft Praxis“ zu einem internationalen Ärztekongress. Dieser beschäftigte sich speziell mit dem Thema der Neuro-Endokrino-Immunologie und ihrer Bedeutung für die Umweltmedizin.

Die Teilnehmer stellten mit großer Sorge die Zunahme chronischer Multi-System-Erkrankungen (CMI) fest, zu denen neben den Krankheitsbildern Multiple Chemikalien Sensitivität (MCS), Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS) und Fibromyalgie-syndrom (FMS) auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, metabolisches Syndrom, neurodegenerative Krankheiten, die Gruppe der Autoimmunopathien und Krebs, zählen.

Auf dem Kongress konnte in eindrucksvoller Weise unter Beweis gestellt werden, dass diesen chronischen Krankheiten ähnliche Pathomechanismen zu Grunde liegen. Ihnen gemeinsam sind chronische Entzündungsprozesse, die von Umwelteinflüssen chemischer (Schadstoffe), biologischer (z.B. Infektionserreger) und physikalischer (z.B. elektromagnetische Felder EMF) Art ausgelöst werden.

Chronische Erkrankungen bedingen Langzeitpatienten, deren medizinische Betreuung immer höhere Kosten verursacht. Dies führt häufig dazu, dass Betroffene sozial ausgegrenzt werden.

Vor dem erschreckenden Hintergrund der aus allen Ländern Europas gemeldeten wachsenden finanziellen Engpässe, insbesondere im öffentlichen Gesundheits-wesen, muss eine weitere Zunahme der chronischen Erkrankungen den bereits im Gang befindlichen Kollaps der nationalen Gesundheitsdienste und der Krankenversicherungen in Europa beschleunigen. Abhilfe verspricht hier nur ein Wechsel der Prioritäten von einer heute zu einseitig symptomatisch ausgerichteten Medizin hin zur kausal ausgerichteten kostensparenden Primärprävention.

Die Kongressteilnehmer richten einen dringlichen Appell an die Europäischen Umwelt- und Gesundheitsminister, an die Europäische Kommission, an die Europäischen Parlamentarier, an die nationalen Regierungen sowie an die Vorstände der Sozial- und Privatversicherungen, diesen Erkenntnissen und Entwicklungen die unverzichtbare Beachtung zu schenken. Dies bedeutet mehr Gewichtung und finanzielle Investitionen in Primärprävention, Vorsorge und möglichst frühzeitige Erkennung und Diagnostik dieser chronischen, letztlich Umwelt assoziierten Krankheiten zu tätigen.

Dies bedeutet generell auch auf europäischer Ebene eine uneingeschränkte Wahrnehmung der Forschungsergebnisse der praktizierenden Umweltmedizin und ihre Integration in die universitäre Forschung und Lehre. Die Europäischen Regierungen werden aufgefordert, die ratifizierten Beschlüsse der 4. Ministeriellen Konferenz der Umwelt- und Gesundheitsminister in Budapest, 2004, endlich in die Tat umzusetzen.

Dieser Appell wurde einstimmig vom Plenum des Kongresses angenommen.

Würzburg, den 25.April 2010

Für den Vorstand von EUROPAEM

Jean Huss, Vice-Chairman

Dr. Kurt E. Müller, Chairman

Dr. Peter Ohnsorge,  Managing Chairman

Dr. Hans-Peter Donate, Pressesprecher, ViSdP