Giftiges Kinderspielzeug – Ist keiner ist zuständig?!

Eine „Chemische Keule“ zum Spielen für Kinder geeignet?

Mit meiner Schwester und meinem Neffen war ich vor kurzem auf der Maikirmes in Lingen (Ems). Mein Neffe hat bei einer Losbude gewonnen und konnte sich etwas aussuchen, es war kein Hauptgewinn, aber immerhin. Er wählte eine Plastikkeule und war mächtig stolz darauf.

Ich habe die Spielzeug-Keule fotografiert, sie stinkt unglaublich stark ätzend nach flüchtigem Benzin, Kerosin oder Diesel – nicht zu fassen. Im Auto kam der Gestank so richtig zur Geltung, es war kaum zum aushalten. Zuerst habe ich meinem Neffen gesagt, er solle die Keule draußen lagern, wegen der gefährlichen Dämpfe. Leider lag sie nicht lange dort, sondern musste unbedingt wieder ins Haus. Doch das konnte ich nicht verantworten, ich habe die Keule dann mit einem Trick sichergestellt. Ich habe sie meinem Neffen abgekauft, in eine Plastiktüte mehrfach umwickelt und vor einem offenen Kellerfenster gelagert.

Dass mein Neffe in einem Zimmer mit diesem in der Tat nur als „chemische Keule“ zu bezeichnenden Spielzeug schläft und sich aufhält, konnte ich nicht verantworten. Man muss sich auch vor Augen halten, dass diese „chemische Keule“ in den Mund genommen wird, um sie aufzupusten. Das machen die Kinder selbst, stolz wie sie auf so ein Spielzeug sind, da darf kein Erwachsener ran. Beim Aufpusten kann es nicht ausbleiben, dass giftige Chemikalien zwangsläufig auch eingeatmet werden. Wenn einem Kind plötzlich übel oder schwindlig wird, oder Kopfschmerzen beklagt werden, ein Asthmaanfall eintritt – welche Eltern kommen dann auf die Losbudengewinn als Ursache?

Welche Behörde ist zuständig für toxisches Spielzeug?

Ich bekam den Tipp, das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) zu verständigen. Eine Mail habe ich dann zum BfR, mitsamt Foto von der ätzend stinkenden Spielzeug-Keule, abgeschickt.

Jetzt wollte ich zusätzlich telefonisch etwas erreichen. Das Gesundheitsamt in Lingen (Ems) erklärte sich nicht zuständig und hat mich an Meppen verwiesen. In Meppen sagte man mir, das Gewerbeaufsichtsamt Emden sei zuständig. Das übliche Spielchen, fast immer bekommt man keinen direkten Ansprechpartner in Niedersachsen. Als ich endlich die richtige Adresse erreicht hatte, war dort natürlich der zuständige Herr ist in einer Besprechung. „Na prima“, wenn es mal wirklich ernst ist und schnell gehen muss, was dann? Also von Bürgerferne kann hier im wirklichsten Sinne gesprochen werden.

Übrigens, ich wollte das Objekt erst in einem gelben Sack (Müllsack) packen, die stinken aber auch erbärmlich, die könnte ich gleich mitschicken zur Untersuchung. Die gelben Säcke habe ich auch schon an das leicht offene Kellerfenster zum „Entmüffeln“ verbannt.

Der Herr aus Emden rief mich zurück und was schätzt Ihr, was dabei rauskam? Das Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück sei zuständig. Also habe ich dann eine Mail mit Foto zum Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück geschickt. Es entwickelte sich so langsam zu einer Posse, nur leider war es überhaupt nicht zum Lachen.

Hier die Antwortmail aus Osnabrück, ich musste es erst schlucken, konnte es einfach nicht glauben.

E-Mail Antwort von Osnabrück…Gewerbeaufsichtsamt

Sehr geehrter Herr …

Ihre u.a. Beschwerde habe ich an den Landkreis Meppen weitergeleitet, an das dortige Veterinäramt.

Die Zuständigkeitsregelungen im Bereich des Spielzeugs sind geteilt und führen damit unglücklicherweise häufig zu Verwirrungen. Zuständig für die Eigenschaften, die nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz beurteilt werden, ist das Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück. Für Inhaltsstoffe von Spielzeug ist der Landkreis Meppen zuständig in seinem Aufsichtsbereich.

Für ggf. weitere Fragen bin ich unter der u.a. Telefonnummer zu erreichen.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

xxx

Hier das Antwortschreiben von der BfR, das auch zwischenzeitlich per E-Mail ankam:

Sehr geehrter Herr xx

vielen Dank für Ihre Anfrage an das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Das BfR bewertet auf der Grundlage international anerkannter Kriterien gesundheitliche Risiken, die von Stoffen oder Mikroorganismen in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten (z.B. in kosmetischen Mitteln, Textilien, Lebensmittelverpackungen, Spielzeug) ausgehen können.

Für die Kontrolle von Spielzeug und ähnlichen Produkten sind jedoch die Überwachungsbehörden der Bundesländer die richtigen Ansprechpartner.

Anbei die Kontaktdaten der zuständigen Landesministerien:

http://www.bfr.bund.de/cd/5561

Zuständigkeit geklärt – es soll gehandelt werden

Also gut, dass es noch das Telefon gibt, ich habe es nun telefonisch klären können. Natürlich auch über zwei Behörden. So wie es aussieht, ist das Veterinäramt Meppen (Landkreis Meppen) zuständig. Die kümmern sich auch, müssen aber abwarten, bis die Kirmes in Nordhorn (Nachbarstadt von Lingen) ist. Dort werden Proben geholt und untersucht. Der Herr sagte auch, wenn es schneller gegangen wäre, hätten sie noch in Lingen (Ems) Proben nehmen können.

Ich habe gemeckert über solch schlechten Service der Behörden. Er will es bei der nächsten Besprechung anbringen.

Ich hoffe, dass nur noch wenige Kinder (Erwachsene) diese Plastikkeule gewonnen haben, denn der Behördenwirrwarr hier in Niedersachsen verhindert leider, das schnell reagiert werden konnte.

Autor: Energiefox für CSN – Chemical Sensitivity Network, Mai 2010

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12 Kommentare zu “Giftiges Kinderspielzeug – Ist keiner ist zuständig?!”

  1. Maria 23. Mai 2010 um 10:16

    Lieber Fox,

    das ist wirklich eine unglaubliche Geschichte! Es ist unfassbar, wie hier unnötig Zeit vergeudet wurde und möglicherweise Kinder gesundheitlich geschädigt werden, nur weil keiner der von Dir kontaktierten Stellen zuständig war bzw. keine notwendigen Schritte eingeleitet hat.

    Gut dass Du beharrlich am Ball bleibst und somit einen wichtigen Beitrag in Umweltbelangen leistest. Es ist wichtig, dass es Aktivisten wie Dich gibt, die sich nicht von der allgemein herrschenden Gleichgültigkeit anstecken lassen, sondern zielstrebig ihren Weg verfolgen und versuchen, die Dinge zu verbessern bzw. zu verändern.

    Was nützen uns (Alibi)Gesetze, die gewisse Chemikalien in Kinderspielzeug verbieten, wenn trotzdem über den Import weiter Spielsachen zu uns gelangen, die mit verbotenen toxischen Substanzen belastet sind, die die Gesundheit unserer Kinder massiv schädigen können???

    Mach weiter so Fox!

    Liebe Grüsse
    Maria :)

  2. Amazone 23. Mai 2010 um 12:04

    Hallo Fox,

    ich würde die Keule an das Landesumweltamt für Verbraucherschutz Niedersachsen/LANES schicken und die bitten, diese auf Schadstoffe zu untersuchen. Jedenfalls steht auf deren Website, dass sie auch Spielzeug überprüfen.

    http://www.laves.niedersachsen.de/master/C18506235_N8325752_L20_D0_I826.html

    Gruß Amazone

  3. J. H. 23. Mai 2010 um 12:49

    Giftiges Kinderspielzeug ist heutzutage an der Tagesordnung und die Behörden meinen sich leisten zu können, einen auf Unbeteiligten zu machen und die Zuständigkeiten hin und her zuschieben, anstatt selbst aktiv zu werden oder die zuständige Institution selbst zu informieren und auf dem Behördenweg schnelles Handeln zu ermöglichen.

    Da kann man nur mit dem Kopf schütteln, mehr möchte ich an dieser Stelle nicht von mir geben.

    Danke Energiefox für die unglaubliche Mühe, kaum jemand wäre so hartnäckig geblieben.

  4. Energiefox 23. Mai 2010 um 16:52

    Danke Maria, Amazone und J.H. sowie an das Blogteam bzw. Silvia für die Hilfe die ich bekam, bei der Umsetzung dieses Blogs.

    Ich bin als sogenannter Umweltschützer einiges hier in Niedersachsen gewohnt. Umweltschutz scheint ja nicht das Ding hier in Niedersachsen zu sein. Jedenfalls habe wie Amazone es vorschlägt, der Adresse in Niedersachsen die Info von diesem Bog zukommen lassen. Wenn die die Keule noch möchten schick ich die gerne hin. Auch die Info, dass ich wie beinahe immer bei Umweltprotesten bei Behörden in Niedersachsen jetzt keine Info mehr bekommen habe. Ich weiß schlicht nicht was nun Meppen gemacht hat.

    Im Forum hatte ich ja schon auf diesen Fall schädliche Plastikkeule hingewiesen, auch die Info bekommen an eine Stelle die sich um gefährliches Kinderspielzeug kümmert zu schreiben. Habe denen durch eine Mail diesen Blog an Herz gelegt. Ich war früher bei einer Behörde tätig und dort gab es die sogenannte Amtshilfe, das scheint leider Schnee von Gestern zu sein. Jetzt muss der Bürger sich anscheinend durchwurschteln um sein Ziel zu erreichen.

    Also manch mal fällt es mir schwer einfach so weiter zu machen, weil man kaum Erfolge erzielt. Hier denke ich mal kam ein Erfolg zustande.

    Doch es darf nicht so bleiben das Behörden nicht selbständig und konsequent den Bürger schützen, sondern einfach vermelden wir sind nicht zuständig, bitte die und die Behörde verständigen.

    Gruß Fox

  5. Kira 24. Mai 2010 um 05:48

    @Fox,
    „Behördenwirrwarr“ gibt es nicht nur in Niedersachsen, sondern in jedem Bundesland!
    Denke aber, das man mit Mut und Kraft zum Handeln, den Glauben an das Gelingen und eine konsequente Richtung schon einiges erreichen kann.
    Danke Fox für deine Beharrlichkeit in punkto giftiges Spielzeug.

    Gruß Kira

  6. Gerhard Becker 24. Mai 2010 um 13:48

    Hallo Energiefox,

    Dein vorbildliches Umweltschutzbestreben ist gleichzeitig ein lobenswertes MCS-Vermeidungshandeln. Solche Stinkkeulen können unter Umständen schon ausreichen, um eine MCS oder andere Umweltkrankheit auszulösen.

    Eine Regierung und ihre behördlichen Apparate sollten alles tun, um Schaden vom Volke abzuwenden. Doch wie sieht die Realität aus?
    Vielleicht versteckt man sich genüßlich dahinter, dass es noch keine EU-konforme oder gesetzlich verankerte Definition dafür gibt, was unter einem „Schaden des Volkes“ zu verstehen ist. Wo fängt ein Schaden an, wo hört er auf? So ähnlich wie bei der Problematik, ob in Afghanistan Krieg oder nur kriegsähnliche Zustände herrschen.

    Vieleicht sieht man die Volksvergiftung mit Chemikalien nur als eine Unannehmlichkeit zur Verhinderung einer Überzahl von potentiellen Rentnern zur Wahrung des sozialen Friedens und gesunden Demografie an? Das Schweigen, Ignorieren und Bagatellisieren von Umweltkrankheiten und deren Ursachen durch Behörden und Ministerien – wofür im Blog schon Beweise geliefert wurden (EMail des Umweltamtes bezüglich des lebensbedrohlichen Zustandes von Angelika, vor allem die Ausführungen von Dr. Merz, kürzlich von Juliane usw.) – sind unglaubliche Zeichen, die schon Horror- und Thrillermerkmale aufweisen.

    Da wundert man sich noch über Vertrauensschwund und Politikverdrossenheit…

    Gruß Gerhard

  7. PappaJo 24. Mai 2010 um 16:44

    Ja so kennen wir die Kirmesbuden! Gibt es denn da überhaupt jemals was ungiftiges? Ist doch alles billiger Plunder. Aber wenigstens hast Du reagiert und Dich engagiert.

    In meinem Fall bin ich damals gegen Betonwände gelaufen. Seit fast zwei Jahren, nachdem hier eine Plastikfolienfabrik produziert, riecht das sehr oft extrem nach Klostein! Meistens wenn es feucht, kalt und diesig wird. Also meist Abends. Das ist so extrem das ich nicht lüften kann und auch gesunde meinen das es extrem riecht!!!

    Der gesamte Strassenzug!

    Nun hatte ich auch mit Behörden gesprochen, z.B. Untere Emissionsschutzbehörde. Ich kürze mal ab. Bevor ich denen nicht nachweisen kann, das der Geruch 1. von der Fabrik stammt (weil Limone allerweltsgeruch ist) und dieser Geruch nicht über 800 Jahresstunden liegt, können die nichts machen. OK, die wollen nichts machen. Ist halt so eine Schläferbehörde, Hauptsache es gibt diese und die Bevölkerung wird für dumm verkauft und meint da passt jemand auf! Ha, lach mich tot! Eine Behörde die von einem Bürger sowas verlangt sollte abgeschafft werden.

    Das die anderen Bürger nicht reagieren, liegt wohl an deren Duft-Verhalten. Wenn meine Nachbarn die Türe öffnen, läuft man gegen eine Wand. Was sollen die dann noch merken?

    Echt merkbefreit.

    Bleibt nur der Auszug und ganz weit weg. Bei der neuen Bleibe weiß ich ja auf was zu achten ist.

  8. Energiefox 26. Mai 2010 um 14:34

    Hallo Gerhard
    zu Deinem Satz….Solche Stinkkeulen können unter Umständen schon ausreichen, um eine MCS oder andere Umweltkrankheit auszulösen…

    leider glaubt so was fast niemand, jedenfalls meine Schwester und Neffe fanden meine Reaktion leicht überzogen.

    PappaJo,
    Dein Fall ist ja besonders schlimm, mir reicht es wenn die nahe Erdölraffinerie stinkt. Zum Glück nur meist 1 mal im Monat kommt der Wind mit dem erbärmlichen Gestank zu mir manchmal auch gar nicht im Monat. Wenn ich den täglich hätte, würde ich hier wegziehen. Das würde mir aber schwer fallen, direkt hinter meinem Haus ein kleiner Wald und der Speichersee, sowie ein kleiner Anglersee.
    Gruß Fox

  9. Lucie 2. Juni 2010 um 06:42

    Anstatt alles daran zu setzen, dass unsere Kinder gesund aufwachsen und nicht vergiftet werden, bringt man es in Deutschland nicht einmal fertig, schnell und angemessen zu reagieren.

    Diese Spielzeugkeule sieht für meine Begriffe schon recht giftig aus. Die Behördenmitarbeiter sollten bedenken, dass auch sie Kinder und Enkel haben, deren Gesundheit es ebenfalls zu schützen gilt. Giftige Spielsachen sind heutzutage ja schon fast Normalität.

    Auch namhafte Hersteller bringen giftige Spielwaren auf den Markt:

    http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/verbraucher/giftiges-spielzeug-im-sandkasten/1051586.html

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,628953,00.html

    http://www.tagesschau.de/wirtschaft/spielzeugklage2.html

    http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/12/0,3672,7956780,00.html

    Krebserregende Stoffe in Spielzeug sind keine Seltenheit:

    http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wissen_und_bildung/aktuell/2127824_Warnung-vor-giftigem-Spielzeug.html

  10. Gerhard Becker 2. Juni 2010 um 23:23

    Hallo Energiefox,

    bekanntlich glaubt man dem Propheten im eigenen Land erfahrungsgemäß ohnehin nicht.
    was aber Deinem den Eltern Deines Neffen die Augen öffnen könnte, wäre das Lesen dieses Blogs.

    Lieben Gruß
    Gerhard

  11. Familyguy 9. August 2010 um 13:49

    Es ist sehr angsteinflößend, was für Spielzeug im Umlauf ist. Nicht nur meinen Kindern (Paul, 8J und Ruby 3j) würde ich so etwas nicht wünschen. Doch vielzuviele Eltern meinen, dass viel Spielzeug für wenig Geld den Jüngsten ein glücklicheres Leben beschwert. Doch damit wird die Gesundheit gefährdet! Das Billigspielzeug aus Asien kann doch nicht gut für die Kinder sein.

  12. Vater 1. März 2012 um 11:45

    Was für Einen die Keule, ist für die Andere der Prinzessinnen-Spiegel in der aktuellen Ausgabe „Traum-Prinzessin“ (03-04/2012) vom Pabel-Moewig Verlag.

    Der Spiegel riecht wie eine Tankstelle.

    Dass solche Spielzeuge Krankheiten auslösen können, steht ausser Frage.

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