Was uns noch bevor steht: Fracking

Nehmt dieses Frack-Zeug hier wieder raus!

John Fentons Wasser wurde vor ungefähr sechs Jahren unbrauchbar. „Unser Brunnen ist nur 12 Jahre alt“, sagt er. „Wir haben ihn gebohrt, als wir das Haus gebaut haben… dann fing es an sich zu verändern und war voller Gasbläschen.“ Ungefähr zur selben Zeit begannen andere Bewohner der benachbarten Stadt Pavillon sich über Veränderungen ihres Wassers zu beklagen, und wenig später hatten sie es mit Gesundheitsproblemen zu tun. Viele in der Stadt fragten sich, ob die Erschließung von Öl und Gas, aber auch der Einsatz des hydraulischen Frackens in der Umgebung, etwas damit zu tun haben könnte.

Pavillion liegt innerhalb der Grenzen des Wind River Reservates und ist überwiegend eine Bauern- und Viehzüchtergemeinde. „Südlich von wo wir wohnen gibt es einen großen Sandstein Bergzug – wirklich hübsche Spitzen und Bögen“, sagt Fenton. „Und nördlich von hier liegen die Owl Creek Mountains, hier ist es wirklich schön.“

In den Gebiet gibt es auch viel Öl und Gas, was bedeutet, dass mitten in dieses bäuerlichen Idyll eine massive Ansammlung von Öl- und Gasquellen rein geklotzt wurde, die von einem kanadischen Energie-Unternehmen namens EnCana betrieben werden. „Egal aus welchen Fenster oder welcher Tür oder von welcher Veranda Sie blicken, Sie sehen einen großen Lagertank, der 20 Fuß (6 Meter) hoch ist“, sagt Fenton. „Hier ist eine Quelle und dort sind große Anlagen und da ist alles mit Öl und Ölpfützen verdreckt.“

Ungefähr zur selben Zeit, als das Wasser in Pavillon anfing seltsam zu werden, begann EnCana seine Öl- und Gasproduktion zu steigern und die Anwohner sahen sich ab da mit Phänomenen wie Kopfschmerzen, Verlust des Riech- und Geschmackssinnes, Gedächtnisstörungen und Atemwegerkrankungen konfrontiert.

Sie baten das Amt für Umweltqualität in Wyoming und andere staatliche Behörden um Hilfe. Ihre Bitten wurden ignoriert. „Offenbar dachten sie, dass hier bei uns nichts wirklich verkehrtes passierte“, sagt Fenton. „Sehr oft, wenn sie Untersuchungsergebnisse zitierten, waren dies Untersuchungsergebnisse von EnCana. Sie waren nicht Willens, ihre Arbeit zu machen; sie steckten mit der Industrie ziemlich unter einer Decke.

Die Anwohner beschlossen, in der Angelegenheit selber etwas zu unternehmen: sie organisierten sich. Vertreter des Powder River Basin Resource Council (Umweltverband) halfen Fenton und seinen Nachbarn, auf die amerikanische Umweltschutzbehörde (EPA) Druck auszuüben, das Grundwasser in der Gegend zu untersuchen, und ab 2009 fing die EPA an, das Wasser zu untersuchen und Messbrunnen zu bauen. „Wir fanden tatsächlich Methan, dessen chemischen Signatur darauf hindeutete, dass es aus den erschlossenen Gasvorräten stammt“, sagt Ayn Schmit, Abteilungsleiterin der EPA für Wassereinzugsgebiete und Grundwasserschutz. „Wir stellten so ziemlich überall das Vorhandensein von organischen mit Diesel oder Benzin verwandten Verbindungen in niedrigen Konzentrationen fest.“

Schmit sagt, sie hätten auch Verbindungen wie Natrium und Sulfate in sehr hohen Konzentrationen gefunden, fügte aber hinzu, dass diese Verbindungen in dem Gebiet von Natur aus vorkommen. Schmit sagte jedoch, dass andere Schadstoffe wie Benzol – eine Chemikalie die in Rohöl und anderen Petrochemikalien vorkommt – über den Höchstwerten der EPA lagen. Das Amt für toxische Substanzen und Krankenstatistik, das auch an den Untersuchungen beteiligt war, empfahl 2010 einigen Anwohnern das Wasser nicht zu trinken, dafür gab es mehrere Gründe, z.B. „die im Brunnenwasser festgestellten Chemikalien, die Möglichkeit weiterer Kontamination durch Grundwasser aus der Umgebung und fehlendes Wissen über die gesundheitlichen Auswirkungen mancher der gefundenen Verbindungen“.

Im Herbst 2010 wurde eine zweite Serie von EPA-Brunnenuntersuchungen veröffentlicht; es wurden mehrere organische Verbindungen nachgewiesen, synthetische organische Verbindungen, hohe PH-Werte, die nicht zu den im Übrigen Grundwasser festgestellten Werten passten und eine Menge Methan. In der Tat so viel Methan, dass das Wasser wie Sekt perlte. Schmit sagt, das Methan weist eine ähnliche chemische Signatur wie jenes Methan auf, das in den Gasvorkommen der Gegend zu finden ist – anders als das auf natürliche Weise entstandene Methan in Torfmooren oder jenes die Bakterien herstellen. Jedoch lieferten die Analysen keinen eindeutigen Grund dafür, weshalb diese Chemikalien im Wasser sind. „Ich habe eine Menge dieser Chemikalien in meinem Brunnen“, sagt Pavillon Einwohner Jeff Locker. „Nichts wirklich viel außer sehr viel Methan und sie haben ein paar Glykole gefunden, eine Klasse organischer Verbindungen, mehrwertige Alkohole, in sehr vielen Brunnen… deshalb mache ich mir große Sorgen.“

Locker gehört zu den vielen Ansässigen, die sich in den letzten Jahren über Veränderungen des Wassers und über Gesundheitsprobleme beklagt haben und seine Frau leidet an einer schweren Neuropathie – eine Erkrankung die auftritt, wenn Nerven außerhalb des Gehirns und im Rückenmark geschädigt sind und die für Locker mit der Kontamination des Wassers und insbesondere mit den Glykolen zusammenhängen könnte.

EnCana und der Staat Wyoming zahlen nun entsprechend einer Empfehlung des Amtes für toxische Substanzen und Krankenstatistik dafür, dass alle Einwohner von Pavillon Trinkwasser in Flaschen geliefert bekommen, bis eine dauerhafte Lösung für ihre Wasserversorgung gefunden werden kann. Das Amt empfahl außerdem, dass die Bewohner welche das Wasser für Badezwecke benutzen während dem Duschen das Fenster öffnen sollen.

2010 beauftragte Pavillion Wilma Subra, MacArthur „Geniepreis“ Stipendiatin, eine Gesundheitsstudie durchzuführen. Für ihre Untersuchung sah sich Subra zuerst die Liste der Chemikalien an, welche von der EPA in dem von den Anwohnern benutztem Wasser festgestellt wurden und danach überprüfte sie deren Korrelation mit den Erkrankungen dieser Menschen. Sie stellte fest, dass 46 Prozent der von den Anwohnern berichteten Erkrankungen mit den gesundheitlichen Auswirkungen dieser Chemikalien zusammen hingen. Jedoch blieb die Frage: was genau ist die Ursache dieser Wasserkontamination? Nur mit den Daten der EPA und mit ungenauen Informationen darüber, was EnCana in die Erde pumpt, stocherte man im Nebel herum: staatliche und bundesstaatliche Offizielle behaupteten, dass die Chemikalien im Trinkwasser nicht auf bestimmte Öl- oder Gasförderungs-Aktivitäten oder auf das Fracken zurückgeführt werden könnten, ein Verfahren, bei dem man Sand, Wasser und Chemikalien in den Untergrund presst, um Ansammlungen von Erdgas und Erdöl freizusetzen. Und ohne Messungen vor Aufnahme der Energieträger-Gewinnung, auf die man sich beziehen könnte, wäre es nahezu unmöglich zu sagen, was sich in dem Wasser befand, bevor die Leute Veränderungen feststellten.

„Sie behaupten, sie könnten nicht feststellen, ob diese Chemikalien im Trink- und Grundwasser auf bestimmte Frack-Vorfälle oder Tätigkeiten zurückführen sind, weil die Firmen dies nicht berichtet haben“, sagt Subra. Subra erzählt, dass sie nun versucht, mehr Informationen darüber zu bekommen, welche Chemikalien EnCana genau in ihrem „Frack-Cocktail“ verwendet um herauszubekommen, ob es die gleichen Chemikalien sind wie jene, die man im Grundwasser von Pavillon findet.

Anfang Dezember [2011] veröffentlichte die EPA eine Datenanalyse, die darauf hinwies, dass das Grundwasser in den wasserführenden Schichten Verbindungen enthält „die wahrscheinlich mit den Gasgewinnungs-Methoden, wie z.B. dem hydraulischen Fracken in Zusammenhang stehen“. Dies war der erste EPA-Bericht, der jemals hydraulisches Aufbrechen von Gesteinsschichten [Fracking] als mögliche Quelle von Wasserkontaminationen ins Spiel brachte.

Innerhalb weniger Stunden nach der Veröffentlichung dieser Ergebnisse, behauptete der Gouverneur von Wyoming, Matt Mead, die Studie der EPA wäre wissenschaftlich fraglich und es sollten weitere Untersuchungen vorgenommen werden. Zur selben Zeit meinte EnCana, „die EPA hatte schwerwiegende Fehler und Fehldeutungen gemacht“ als sie den Entwurf ihres Berichtes veröffentlichte, der Wasserkontaminationen mit hydraulischen Fracken in Zusammenhang bringt. Der Umweltchef des Unternehmens, David Stewart sagte, die Ergebnisse sollten „von unabhängigen der EPA fern stehenden Parteien überprüft werden“ und vertrat die Ansicht, die EPA könnte für die Kontaminationen selber verantwortlich sein, als sie ihre Messbrunnen baute. Auch Beamte der Wasserbaubehörde von Wyoming verdammten den Bericht, beschuldigten die EPA, dass die Proben unsachgemäß untersucht worden wären – eine Behauptung die interne Quellen der EPA eine „Falschdarstellung“ nannten.

Am ersten Februar [2012] wurde ein Vertreter des EPA Bereiches 8 vor das Subkommitee des Repräsentantenhauses für Energie und Umwelt bestellt und über die Vorgehensweise der EPA bei den Grundwasseruntersuchungen in Pavillon befragt.

Die Anhörung fing etwas später an, nachdem der Filmemacher Josh Fox, Produzent des Dokumentarfilmes „Gasland“, welcher sich mit vom Fracken betroffenen Gemeinden befasste, festgenommen wurde, weil er versucht hatte, die Sitzung zu filmen (YouTube). Minuten nachdem die Versammlung wieder zur Ruhe gerufen worden war, drosch der Vorsitzende Andy Harris von den Republikanern auf die EPA für etwas ein, das er „einen bemerkenswerten Ausdruck von Arroganz und Missachtung der reinen Fakten“ nannte, weil sie Fracking mit etwas angreift, das er „wissenschaftliche Unterstellung und behördliche Verordnung einer Zwangsjacke…“ nannte, „Die Untersuchung der Grundwasserkontamination in Pavillon durch die EPA scheint nun ein weiteres Beispiel dafür zu sein, wie Politik die Bestimmungen und wie Interessen die Wissenschaft dominieren“.

Bei der Anhörung zugegen waren Tom Doll, Supervisor der der Öl- und Gas-Umweltkommission von Wyoming, Kathleen Sgamma, eine Lobbyistin der Western Energy Alliance, Dr. Bernard Goldstein, ein Professor der University of Pittsburgh und James Martin, der regionale Chef der EPA für den Bereich 8.

Doll sagte aus, dass der EPA-Bericht keinen Beleg für einen Zusammenhang zwischen den Petroleum-Chemikalien und den Wasserproblemen liefern würde. „Was wir den Daten tatsächlich entnehmen können ist, dass sich das Gas und Wasser in diesen zwei Messbrunnen von jenem Gas und Wasser unterscheidet, das man in den oberflächennahen für Trinkwasser genutzten wasserführenden Schichten findet“, sagte er.

Er postulierte, dass alle Substanzen in Pavillons Trinkwasser natürlicher Herkunft seien.

Während der Anhörung brachte der Repräsentant Harris die Theorie von EnCana weiter in Position, nach welcher die EPA ihre Messbrunnen selber kontaminiert hätte. Doll stimmte dieser Theorie zu: „Die Experten der Öl- und Gas-Umweltkommission, die Behörde für Umweltqualität und das Büro für Wasserqualität glauben, dass diese Kontamination vom Bohren und von der Fertigstellung dieser beiden Brunnen herrührt.“

Nach Harris sind die aktuellen Untersuchungen der EPA nichts anderes als ein Versuch, die Öl- und Gasgewinnung im ganzen Land still zu legen. Ihm ging es eindeutig darum, so etwas zu verhindern, als er Martin fragte: „Ist die EPA der Auffassung, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen allen Ernstes auf die gängigen modernen hydraulischen Fracking übertragen werden können, zum Beispiel in der Marcellus Shale Formation, die natürlich durch meinen Staat verläuft?“

„Herr Vorsitzender, die Rahmenbedingungen, die geologischen Verhältnisse, die bzgl. Marcellus Shale vorherrschen sind ganz andere“, sagte Martin.

„Sie glauben also, dass man diese Ergebnisse wirklich nicht guten Gewissens auf die Marcellus Shale übertragen kann?“, fragte Harris.

„Wir hatten nie die Absicht, derartiges zu tun, Herr Vorsitzender“, sagte Martin.

„Gut!“, sagte Harris.

Weder Bewohner aus Pavillon waren eingeladen worden, um bei der Anhörung auszusagen, noch offizielle Vertreter des Reservates. „Das Ganze findet mitten in unserem Reservat statt“, sagt Martel, zweiter Vorsitzender des Eastern Shoshone Business Council [Gewerbeaufsicht der Selbstverwaltung]. „Bis heute hat man mit uns sehr wenig direkt gesprochen, dies taten weder die Bewohner von Pavillon, noch der Staat Wyoming und bis Anfang Februar tat dies die Umweltbehörde ebenfalls nicht.“

Martel sagt, es ist von höchster Bedeutung, dass sowohl die Shoshones als auch die Arapaho in diese Diskussion eingebunden werden um sicherzustellen, dass die Souveränität und die Rechtsprechung der Stämme beachtet wird. Letzte Woche trafen sich Behördenvertreter der Stämme mit Chefs der EPA um deren Aktivitäten im Reservat besser verstehen zu können und Martel sagt er hoffe, dass EnCana sich bald mit dem Stamm treffen wird.

„Nach dem Wasser-Codex unseres Stamme und in Übereinstimmung mit einigen Umweltgesetzen, die vom Supreme Court (oberstes Gericht) der Vereinigten Staaten bestätigt worden sind, üben wir für diese treuhänderischen Ressourcen die Zivilgerichtsbarkeit aus“, sagt Martel, „aus diesem Grunde versuchen wir sicher zu stellen, dass wir alle technischen Informationen erhalten, damit wir in der Lage sind zu entscheiden, wie wir auf unsere rechtlichen und administrativen Möglichkeiten gestützt weiter vorgehen können“.

Mit einem etwas weitergehenden Blick meint Martel, der Aufruhr in Pavillon ist vielleicht der Anfang von vielen ähnlichen Konfrontationen in Indian Country [das Amerika der First Nations]. „In Nord-Dakota gibt es Fort Berthold, wo viel Fracking und wirtschaftliche Entwicklung stattfindet, oder Fort Peck und viele Reservate im nördlichen Teil des Great Plains Gebietes,“ sagt er. „[In den Staaten] New York und Pennsylvania werden ein paar Stämme [von den Arbeiten] in der Macellus Shale und anderen Entwicklungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Ich denke, dies ist ein echter Lernprozeß für die Stämme, dafür zu sorgen, dass wir alle Auswirkungen dieser Entwicklung voll verstehen und zusammenarbeiten, damit wir sicherstellen, dass unsere Verwaltung über die technische Kompetenz verfügt, diese Probleme anzusprechen“.

Martel sagt, die Wind River Stämme sind für Entwicklung, aber sie sind auch für Umwelt. Seine Sorge gilt gleichermaßen dem Schutz von Land und Wasser, genauso wie das Reservat Erträge, Jobs und Steuergelder benötigt. „Wasser ist ein sehr heiliges Geschenk unseres Schöpfers“, sagt er „und was hat man noch, wenn man das Wasser zerstört hat?“

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Tom Doll von der der Öl- und Gas-Umweltkommission in Wyoming meint, das größte Problem in Pavillon besteht darin, dass keine grundlegenden Messungen vor den Bohrarbeiten vorgenommen wurden; er vermutet, es würde nie einen schlüssigen Beweis für die Herkunft der Wasserkontamination geben. „Wir arbeiten zusammen und diese Probleme zu lösen, wir versuchen von der Schuldzuweisung weg zu kommen um damit fertig zu werden, wir versuchen Lösungen und einen Abschluss zu finden“, sagt er. „Ich denke wichtig ist, dass die Menschen die Dinge hinter sich lassen und weiter machen können.“

Das ist jedoch eine Einstellung, die vielen Bewohner von Pavillon nicht gefällt. „Meine Frau und meine Schwiegermutter haben beide ihren Geruchs- und Geschmackssinn verloren, genauso wie einige Frauen der Nachbarschaft“, sagt Fenton. „Und dies geschah nach oder während den Bohrungen“.

Autor: Tristan Ahtone, für Indian Country Today Media Network, 8. Februar 2012

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Titel des Original-Artikels: „Get the Frack Out Of Here!“

Copyright: Indian Country Today Media Network

We thank Mr. DeMazza for the permission to translate this article.

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Valentinstag: Rosen sind kein gutes Geschenk

Vergiftete Liebesgrüße: BUND warnt vor Pestiziden in Valentinsrosen

Rosen sind zu Valentinstag ein traditionelles Geschenk. Mit einem Strauß rote Rosen erhält die Liebste fast immer eine Portion giftiger Pestizide, das konnte die Umweltorganisation BUND auch für 2012 durch Laborttests bestätigen. Wer erst in letzter Minute nach einem Geschenk für den Valentinstag sucht, ist mit einer Einladung zu einem romantischen Candlelight-Dinner in ein nettes Restaurant besser beraten, anstatt Rosen zu kaufen oder Parfüm. Insbesondere Rosen aus Supermärkten sind so hoch belastet, wie BUND in einer Pressemitteilung offenbart:

BUND: Acht von zehn in Berliner Geschäften gekaufte Rosensträuße, die ein vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) beauftragtes Labor in der Woche vor dem 14. Februar – dem Valentinstag – untersucht hat, enthielten Pestizidrückstände. Dabei handelt es sich um elf verschiedene, teils stark krebserregende und hormonell wirksame Pestizide. Die Blumen stammen vor allem aus Supermärkten und Blumenketten, die ihre Produkte auch bundesweit verkaufen. Analysiert wurden Rosen von REWE, Penny, Netto, Real, Kaisers, Blume 2000, Green Queen Flower sowie von drei kleineren Blumengeschäften.

Am schlechtesten schnitten die Rosen der Supermarktkette Real ab. In ihnen wurde ein Giftcocktail aus acht verschiedenen Pestiziden gefunden. Das zweitschlechteste Ergebnis hatte der Discounter Penny, dessen Rosen mit fünf Pestiziden belastet waren. Besonders bedenklich sei, dass in beiden Fällen besonders hohe Konzentrationen der stark krebserregenden und hormonell wirksamen Pilzbekämpfungsmittel Carbendazim und Chlorthalonil gefunden worden seien, sagte der BUND-Pestizidexperte Tomas Brückmann. Pestizidfrei seien lediglich die Rosen von zwei kleinen Blumenläden gewesen.

Brückmann: „Giftige Chemikalien haben in Blumensträußen nichts zu suchen. Einige der von uns gefundenen Pestizide können der Gesundheit der Kundinnen und Kunden erheblich schaden. Wir rufen die Supermärkte und den Blumenhandel auf, den Verkauf von pestizidbelasteten Blumen umgehend zu stoppen und solche Ware nicht mehr von ihren Lieferanten zu beziehen.“

Vom Einsatz der Pestizide seien auch die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Herkunftsländern der Blumen stark gefährdet. Der größte Teil der in Deutschland verkauften Blumen werde in Afrika unter teils unsozialen und umweltschädlichen Produktionsbedingungen herangezüchtet, so der BUND-Experte.

Autor:

Antext: Silvia K: Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

BUND, Vergiftete Liebesgrüße: BUND warnt vor Pestiziden in Valentinsrosen, Berlin, 12. Februar 2012

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Umweltzerstörung durch Teersand-Öl

Ölkonzerne pushen Abbau von Teersand

Die Diskussion, ob es sinnvoll ist, aus Teersand Kraftstoffe zu gewinnen, ist in vielfacher Hinsicht von internationaler Bedeutung. Die großen Öl-Konzerne haben ihre Lobby darauf angesetzt, den Weg für den Abbau von Teersand und die Gewinnung von Kraftstoff daraus frei zu machen. Ganze Gegenden würden dadurch zu toxischen Arealen, die für Mensch und Tier nicht mehr bewohnbar sind und die Umwelt völlig zerstören. Umweltorganisationen sagten „Nein“ zum Abbau von Teersand. Die Umweltzerstörung ist so immens hoch ist, dass keine Rechtfertigung besteht, einer kleinen Anzahl von Öl-Konzernen die Genehmigung zu erteilen, damit diese auf solche zerstörerische Weise Profite erwirtschaften können.

Der WWF hat eine Stellungnahme zu Abstimmung zur Teersand-Thematik im deutschen Bundestag veröffentlicht:

Stellungnahme zur Entscheidung des Umweltausschuss zu „Kraftstoffen aus Teersand“

Berlin – Zur heutigen Abstimmung im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages über die deutsche Positionierung zum Vorschlag der EU-Kommission, Kraftstoffe aus Teersand einen höheren CO2-Ausgangwert in Bezug auf Treibhausgasemissionen zuzurechnen, erklärt Viviane Raddatz, Referentin Mobilität beim WWF Deutschland:

„Mit dieser Entscheidung haben sich die Abgeordneten zu Botschaftern Kanadas gemacht und sich widerstandslos vor den Karren der Öl-Industrie spannen lassen. Erst hat die Regierung eine beispiellose Hängepartie veranstaltet und die Entscheidung über die deutsche Positionierung immer wieder hinausgezögert, nur um dann nach der Pfeife der internationalen Öl-Konzerne zu tanzen und Kyoto-Aussteiger Kanada auf seinem Weg abseits der internationalen Staatengemeinschaft zu bestärken. Die Bundesregierung muss endlich wieder zur deutschen Vorreiter-Rolle beim internationalen Klimaschutz zurückkehren.“

Hintergrund

Einer WWF-Studie zufolge schlägt der Abbau von Teersanden mit drei bis vierfach höheren CO2-Emissionen zu Buche als die konventionelle Ölförderung. Um Teersand in großem Stil zu gewinnen, müsste demnach in Kanada ein Areal von der Fläche Englands entwaldet werden. Gigantische Tagebauten seien notwendig, hinzu kämen toxische Abwasser-Seen, die noch aus dem Weltall zu erkennen seien. Deshalb hält der WWF strengere Klimaauflagen für Benzin und Diesel aus Teersanden für unablässlich. Nach einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission sollen Kraftstoffe aus Teersand einen höheren CO2-Ausgangwert in Bezug auf Treibhausgasemissionen erhalten. Das würde sie für den europäischen Markt unrentabel machen.

Autor:

Antext: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

WWF, Stellungnahme zur Entscheidung des Umweltausschuss zu „Kraftstoffen aus Teersand“, 8. Februar 2012

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Klimaschutz durch Hanf auf dem Bau

Naturstoff Hanf auf dem Bau statt Plastik

Umweltbewusst und vor allem nachhaltig Bauen heißt, dass man Baustoffe nutzt, die biologisch abbaubar sind, die keinerlei Gifte in die Umwelt abgeben und eine positive CO2 Bilanz aufweisen. Viele Menschen unseres Landes denken, wenn auf dem Werbeplakat umweltfreundlich steht, dann ist das auch so. Die meisten hinterfragen den Werbeslogan nicht, sie glauben es einfach. Stimmt dann noch der Einkaufspreis und ist der Verkäufer recht freundlich, dann ist das Produkt gekauft. Überrascht sind viele erst, wenn das Produkt bereits eingebaut ist oder wenn man es aufgrund einer Sanierung oder dem Abriss entsorgen muss, denn mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Baustoffen, die zwar sehr günstig im Einkauf sind, aber in der Entsorgung nicht selten ein Vielfaches mehr an Kosten fabrizieren. Aber nicht nur das, viele Produkte, die anno dazumal mit strapazierfähig, dauerhaft und wunderbar gekennzeichnet sind, sind als definitiv gesundheitsschädigend einzustufen.

Verbrauchertäuschung

Heute sind wir sogar soweit, dass sich führende Chemiekonzerne zusammenschließen und sich nach außen als unabhängige Beratungsstelle darstellen oder gemeinsam etwaige Institutionen unterhalten, welche namentlich z.B. mit den Worten „Umwelt“ und „Kompetenz“ beworben werden. Sinn und Zweck des ganzen ist nicht mehr oder weniger, als das man trickreich versucht, den Konsumenten klar zu machen, dass Mediziner, Baubiologen und Mitbewerber, Panikmacher, Spinner oder gar fachlich benebelte Irrführer sind. Ein Fakt, den man vor ein paar Wochen in nahezu allen Medien aufschnappen konnte. Da hat ein Sachverständigenkollege mit einem Filmteam dargestellt, welche Gefahren Wärmedämmverbundsysteme mit Polystyrol darstellen. Prompt wurde diese Darstellung als falsch und übertrieben gegenargumentiert. Beweise als Trugbild bezeichnet. Fachleute als Schwätzer hingestellt und mit althergebrachten und längst überholten Propagandasprüchen versucht, die Wahrheit in den Schatten zu stellen. Doch mittlerweile haben sich selbst ehemalige Anhänger auf die Gegenseite gestellt, da auch diese nun wissen, dass so einiges nicht mehr glaubhaft zu machen ist. Die Schar der Bauherren informiert sich immer mehr, sucht und findet Alternativen und sie will nicht, dass ihre Kinder den günstigen Baustoff von heute später teuer bezahlen müssen. Aber schimpfen wir nicht auf dunkelschwarzen Lobbyismus, sehen wir und Alternativen an.

Hanf der ideale Baustoff

Eine Alternative im Dämmstoffsektor sind zum Beispiel Dämmstoffe aus Hanf. Eine Rohstoffpflanze, die ohne großen Aufwand auf deutschen Feldern wächst, ergo eigentlich überall regional angebaut werden kann. Hanf zählt grundsätzlich zu den ältesten Nutzpflanzen der Welt, wobei drei Arten unterschieden werden.

Medizin als Baustoff für den Dachboden, die Fassade, die Wand und den Fussboden

Der Ruderalhanf (Cannabis sativa subsp. ruderalis), eine Art die auch in kalten Regionen der Erde sehr gut wächst (z.B. im Ural oder in Südsibirien etc.). Sie wurde und wird vor allem in der Medizin als schmerzstillendes Mittel oder gegen Übelkeit genutzt oder auch in der Textilverarbeitung, als Nahrungs- oder Rauschmittel. Oft wurde und wird auch eine Kreuzung mit dem indischen Hanf vollzogen um die Witterungsbeständigkeit der Pflanze zu erhöhen.

Wobei wir auch schon bei der nächsten Art wären, dem Cannabis sativa subsp. indica, ergo dem umgangssprachlich bekannten indischem Hanf. Dieser kann und wird in der Medizin verwendet und vor allem auch als Rauschmittel. In den letzten Wochen ist gerade diese Hanfsorte wieder einmal im Gespräch, da sie in Deutschland seit 1982 grundsätzlich als ein illegales Rauschmittel gilt und unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Der Besitz von geringen Mengen wird zwar mittlerweile strafrechtlich nicht verfolgt, doch ist nicht definiert, was eine geringe Menge ist. So wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich bewertet. Die Argumente gegen die Legalisierung des Indicas sind Großteils fadenscheinig und auf Vorurteile aufgebaut, die selbst immer wieder durch anerkannte Mediziner und Wissenschaftler widerlegt wurden und werden. Nicht selten wird auch mit sehr paradoxen Erklärungen aufgewartet. So wird beispielsweise mit der Betitelung“ Einstiegsdroge“ argumentiert und das in einem Land, in dem alkoholische Produkte, also Produkte die eine starke körperliche und physische Abhängigkeit und nicht selten Aggressivität, im Worst Case sogar den Tod verursacht können, als Lebensmittel angesehen werden. Das Kraut jedoch, das im schlimmsten Fall nur eine psychische Abhängigkeit (identisch mit dem Rauchen von Tabak) verursacht und dessen Rauch weit weniger gesundheitsschädliche Substanzen enthält als zum Beispiel Tabak, wird angeprangert. Ich will nicht für den Konsum von Drogen werben, doch möchte ich verdeutlichen, dass gerade diese oft mit Halbwissen gefütterten Gegenargumente wesentlich mehr Anreiz zum Probieren geben, als wenn man Cannabis legalisieren würde. Noch wichtiger aber wäre eine Legalisierung aus meiner Sicht für die industrielle Nutzung. Teure und aufwändige Kontrollen im Nutzhanfanbau würden obsolet.

Nutzhanf, genauer Cannabis sativa subsp. sativa, ist dann auch schon die dritte Sorte des Hanfs. Das ist die Art, die einen äußerst geringen THC-Gehalt, dem berauschenden Stoff im Kraut, aufweist und somit allgemein nicht als Rauchmittel nutzbar ist. Auch ein Grund, warum diese Hanfart seit 1996 aus dem generellen Hanfanbauverbot herausgenommen wurde. Er ist schon beinahe als Wundernutzpflanze betitelbar, denn sein schnelles Wachstum und die hohe Faserqualität lassen eine breite industrielle Nutzbarkeit zu. So können hiervon nicht nur Textilien sondern auch Dämmstoffe, Formteile, Industrie- und Speiseöle, Papier, Brennstoff, Druckerfarben und vieles mehr hergestellt werden. Cannabis sativa subsp. sativa wächst innerhalb von ungefähr 110 Tagen bis zu 4 Meter in die Höhe. Hierbei ist keine allzu große Pflege notwendig, denn bei diesem rasanten Wachstum bleibt Unkräutern nicht viel Platz und vor allem Licht zum Wachstum. Unkrautbekämpfungsmittel sind somit also überflüssig, ebenso wie chemische Pflanzenschutzmittel.

Innovativ: Hanf auf dem Bau statt Plastik

Ein Unternehmen, das mit dem Rohstoff Hanf seit vielen Jahren forscht, entwickelt, produziert und dabei keine Mühe und Kosten scheut, ist die Firma Hock GmbH in Nördlingen. Hock stellt vor allem Dämmstoff aus dem Nutzhanf her. Hierzu gehören gewöhnliche Platten- bzw. Mattendämmstoffe aber auch Stopfdämmung, Randdämmstreifen für Estriche oder Trittschallunterlagen für Parkette u.ä.. Als Bausachverständiger, der mitunter Wärmedämmsysteme zu seinen Schwerpunkten zählt, beobachte ich den Aufbau der Firma seit Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, quasi seit der ersten Stunde. Die Geschäftsführerin, Frau Carmen Hock-Heyl, hat mit einer vorbildlichen Willenskraft und unendlich scheinender Tatkraft einen harten aber sehr erfolgreichen Weg beschritten und ein Unternehmen aus dem Boden gestampft das mittlerweile für über 70 Menschen einen sicheren Arbeitsplatz darstellt. Mit ihrem unternehmerischen Geschick und der dazugehörigen Ausdauer schaffte sie aber auch die Grundlage für zahlreiche weitere Arbeitsplätze z.B. in der Landwirtschaft und eine breite Akzeptanz zum Rohstoff Hanf selbst. Ich neige sogar dazu zu schreiben, dass ohne die fleißige Dame aus dem Ries die Hanfindustrie in Deutschland nicht annähernd so akzeptiert werden würde, wie sie es heute wird.

Maßgeschneidert ohne Mehrkosten

Die Dämmplatten der Firma Hock kann man in zwei Varianten beziehen, als „Premiumversion“ mit einer Stützfaser aus Polyester und der etwas umweltfreundlicheren, weil kompostierbaren „Plus“-Variante, mit Stützfasern aus Maisstärke. Beide Dämmplatten enthalten keine Borate für den Brandschutz sondern einfaches Soda. Im Groben kann man zusammenfassen, dass die Hanfdämmplatten aus ca. 83 bis 87% Hanffaser, 10 bis 12% Stützfasern und 3 bis 5 % Soda hergestellt werden. Die Dämmplatten erreichen einen Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von 0,040 W/mK und haben eine Rohdichte von 30 bis 42 kg/m3. Die Schimmelpilzanfälligkeit konnte nach EN ISO 846 mit der Bestnote 0 bewertet werden, was so viel bedeutet wie, dass keinerlei Schimmelpilzwachstum festgestellt werden kann. Einsetzbar sind die Dämmplatten für Innendämmungen, Decken-, Boden-, Außenwanddämmungen und auch als Dämmstoff auf oder zwischen die Sparren des Daches. Kurz und knapp, überall im und am Haus, außer im erdberührten und somit feuchtigkeitsbelasteten Perimeterbereich. Was die wenigsten bieten ist bei Hock auch in wirtschaftlich nicht so tollen Zeiten ohne Aufpreis zu erhalten, nämlich die Maßanfertigung. So kann man im Nördlinger Unternehmen den Hanfdämmstoff angepasst an die benötigten Maße bestellen ohne einen Cent mehr zu bezahlen. Dies spart das zeitraubende Zuschneiden und somit auch einiges an Verarbeitungskosten auf der Baustelle.

Abschließend sei noch zu erwähnen, dass die gesamte CO2 Belastung für die Herstellung der Hock-Hanfdämmstoffe, von der Einsaat bis zur Verladung des Dämmstoffes, geringer ist, als das Einspeicherpotential der Hanfpflanze selbst. Womit sich jeder Bauherr, der seine Immobilie ausreichend mit dem Hanfdämmstoff dämmt, tatsächlich auch als Klimaschützer betiteln dürfte. Neben diesem ist der Naturdämmstoff mit Blick auf den sommerlichen Hitzeschutz um Meilen den Kunstprodukten wie z.B. „Styropordämmung“ voraus.

Pioniere auf unkonventionellen Wegen

Aktuell können Sie auch an einer Schulungstour der Firma Hock Thermohanf teilnehmen. Zusammen mit dem bekannten deutschen Journalisten Dr. Franz Alt, Ingenieuren der Firma Hock und dem ehemaligen Lead-Sänger der „Söhne Mannheims“ Herr Rolf Stahlhofen, bietet die Firma Hock eine etwas andere, spannende Informationsveranstaltung in unterschiedlichen Kinos in Deutschland. Dr. Franz Alt referiert hierbei mit seinem Vortrag „Auf die Zukunft bauen“ und zeigt in beeindruckender Weise, wie und wo die Sonne zur Energiegewinnung nutzbar ist. Die Firma Hock stellt nicht nur ihre Hanfdämmstoffe, sondern auch die ihre Lehmprodukte vor. So bekommt man verständlich alle Anwendungsmöglichkeiten von Hanf als Baustoff vorgestellt und erhält einen tiefgehenden Einblick in die Verarbeitung von Lehmbauplatten, Lehmputzen und Lehmfarben. Rolf Stahlhofen begleitet den Informationstag mit seiner Band und rundet dadurch die Veranstaltung wunderbar ab. Neben dem musikalischen Hochgenuss stellt Herr Stahlhofen zu diesem seine Stiftung „Water is Right“ vor, mit der er, so hat er seiner Tochter versprochen, bis spätestens 2020 jedem Menschen auf dieser Welt sauberes Trinkwasser zugänglich machen möchte. Der nächste Termin ist am 13. Februar 2012 in der Nikolaistrasse im Cinemaxx in Hannover.

Autor:

Gerhard Holzmann, Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung, 6. Februar 2012

Mehr zu dem Rohstoff Hanf im Fachbuch des Autors erfahren: „Natürliche und pflanzliche Baustoffe“. Das Buch kann selbstverständlich in jedem Buchhandel bezogen werden.

Blog Sachverständigenbüro Holzmann Bauberatung

Weitere Artikel von Gerhard Holzmann auf CSN Blog:

Seit 14 Jahren gezielte Aufklärung über MCS durch Politiker

Multiple Chemical Sensitivity – Erkrankte sind auf  Hilfe durch Mitmenschen angewiesen

Schon im vergangenen Jahr war Christine O. Gregoire, die Gouverneurin des US-Bundesstaates Washington, die erste Unterzeichnerin einer Proklamation zur Verkündung des MCS – Multiple Chemical Sensitivity Aufklärungsmonats. Jedes Jahr im Mai finden in vielen US Bundesstaaten Aufklärungsveranstaltungen vielfältiger Art statt. Die Gouverneure der teilnehmenden Bundesstaaten setzen ihr Staatssiegel unter eine Urkunde, die dazu dient, die Bevölkerung auf die Krankheit MCS hinzuweisen und auf die Konsequenzen, mit denen an MCS erkrankte Menschen leben müssen.

Akzeptanz für MCS Kranke durch gezielte Aufklärung

Die amerikanischen Politiker haben durch die von ihnen ausgerufenen Aufklärungskampagnen viel Akzeptanz für die MCS Kranken in der Bevölkerung erzielt. Öffentliche Institutionen und zahlreiche Organisationen klinken sich im Monat Mai ein und helfen durch Aufklärungsveranstaltungen, Flyer, Video und Aktionen, dass die Situation der Chemikaliensensiblen weiter verbessert wird. Eines der Ziele ist, zu vermitteln, dass jeder an MCS erkranken kann, ganz gleich welche Hautfarbe er hat, welchen Bildungsgrad, ob er arm oder reich ist. Eine weitere Priorität bei der Aufklärung ist auf Prävention gerichtet. Mitmenschen erhalten Informationen, die ihnen verdeutlichen, durch welche Chemikalien und welche Umstände MCS ausgelöst werden kann und wie vielfältig die Reaktionen sind, die durch Chemikalien, selbst im Niedrigdosisbereich, ausgelöst werden können.

MCS Aufklärungsmonat Mai, eine weltweiter Aktionsmonat

Als vor vierzehn Jahren die erste Proklamation zur Ausrufung einer MCS Aufklärungswoche unterzeichnet wurde, hätte niemand gedacht, dass daraus eine weltweite Kampagne erwachsen würde. MCS Organisationen aus vielen Ländern weltweit nehmen mittlerweile am MCS Aufklärungsmonat teil. MCS Aktivisten lassen sich kreative Aktionen einfallen und Tausende von Menschen mit MCS unterstützen, jeder auf seine Weise, diesen Aktionsmonat.

Verkündung von Gouverneurin Christine O. Gregoire, Washington State:

4. Januar 2012

WEIL, Menschen aller Altersgruppen im Bundesstaat Washington eine Erkrankung entwickelten, die als Multiple Chemical Sensitivity (MCS) bekannt ist, als Resultat einer massiven Chemikalienexposition oder wiederholten Expositionen gegenüber Chemikalien im Niedrigdosisbereich und gegenüber anderen Reizstoffen in ihrer Umwelt; und

WEIL, MCS von zahlreichen Organisationen dahingehend anerkannt ist, so dass diese die Gesundheit und das Wohlergehen von Chemikaliengeschädigten unterstützen, einschließlich der WHO – Weltgesundheitsorganisation, dem Americans with Disabilities Act, der Social Security Administration, dem US Department of Housing and Urban Development und der Umweltschutzbehörde EPA; und

WEIL, MCS eine chronische Erkrankung ist, für die keine Heilung bekannt ist; zu den Symptomen chronische Erschöpfung, Muskel- und Gelenkschmerzen, Hautausschläge, Asthma, Kopfschmerzen und andere Atemwegs- und neurologische Probleme gehören; und

WEIL, MCS zu erheblichen Konsequenzen führen kann im finanziellen Bereich, bei der Arbeit, beim Wohnen, für die Gesundheit und soziale Folgen für die Menschen haben kann, die unter dieser Behinderung leiden; und

WEIL, angemessene Unterkünfte und das Wecken von Aufmerksamkeit für MCS, Chancen für Menschen mit dieser Behinderung schaffen kann, damit diese Zugang zu Arbeit, Schulen, öffentlichen und anderen Einrichtungen erhalten, wo sie weiterhin dazu beitragen können, ihre beruflichen Fähigkeiten, Ideen, Kreativität, Fähigkeiten einzubringen; und

WEIL, Menschen mit MCS Unterstützung brauchen und Kooperation durch Familie, Freunde, Mitarbeiter und der Gesellschaft, um ihre Krankheit zu bewältigen und sich an neue Lebensweisen anzupassen;

DESWEGEN und JETZT, verkünde ich, O. Gregoire, Gouverneurin des Bundesstaates Washington, hiermit den Mai 2012 als

Multiple Chemical Sensitivity Aufklärungsmonat (pdf)

im Staat Washington, und fordere alle Bürger auf, diesen speziellen Monat mit mir einzuhalten.

Unterzeichnet am 4. Januar, 2012

Gouverneur Christine Gregoire O.

 

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 04. Feb. 2012

Literatur:

Gouverneur Christine Gregoire O., Proclamation 2012 MCS Awareness Month, 4. Januar 2012

Weitere CSN Artikel über den MCS Aufklärungsmonat:

Trier sehen…und sterben

 

Oder: Behörden, Patrick und der ganz große Coup

Die Lebensuhr des 20-jährigen Patrick läuft unaufhörlich weiter ab (auch die seines ebenfalls schwer toxisch erkrankten Vaters) – eine tickende Zeitbombe.

Ich schweige nicht mehr, ich habe keine Angst mehr

Fortsetzung von: Verflucht, ich akzeptiere nicht dass mein Leben gelaufen ist!

Alles hat die Krankheit „MCS“ meinem Sohn genommen, die Macht über seinen Körper, seine Selbständigkeit, seine Gesundheit, sein gesamtes bisheriges Leben ……..

Jeder Tag ist eine Expedition ins Ungewisse, jeder Tag ein Kampf zurück ins Leben, jeder Tag die Hoffnung irgendwie geht es weiter, jeder Tag „Ich schaffe das schon!“

Es ist eine Grenzerfahrung, mit der Patrick (und auch wir Eltern) umgehen müssen. Aber ich weiß definitiv, Patrick ist daran nur gewachsen, er lässt sich nicht zerstören.

Wie früher wird es nie wieder sein, jetzt geht es darum, das noch zu erhalten, was noch übrig ist: seine Würde, sein Stolz und seine Restgesundheit.

Unser Kampf um unseren schwer toxisch erkrankten Sohn und dessen Rechte dauert nun schon mehrere Jahre, genau 11 Jahre Odyssee durch die deutsche Schulmedizin, das deutsche Gesundheitswesen und die deutsche Sozialpolitik.

Von zu Hause aus kämpfe ich über das Internet für seine/unsere Rechte, versuche MCS sichtbar zu machen und Informationen untereinander auszutauschen, da unsere Regierung uns nicht hilft. Ich spreche bewusst in der Mehrzahl, weil in unserem Falle inzwischen die ganze Familie ernsthaft erkrankt ist.

Unglücklicherweise ist es sehr einfach, uns schwer toxisch Erkrankten zu ignorieren, da die meisten von uns unter Hausarrest leben und wir nicht die Kraft haben, uns selber zu organisieren.

Die ewige Hängepartie geht weiter, wie lange noch?

Das hiesige Sozialgericht hat im August 2011 Patricks Klage wegen mangelnder Mitwirkungspflicht zurückgewiesen. Zwischenzeitlich haben wir Berufung beim Landessozialgericht eingelegt, hier soll jetzt per Aktenlage ein Gutachten erfolgen…

Wie aus einem Vergiftungsopfer ein Täter wird

In diesem laufenden Verfahren vor dem Landessozialgericht habe ich nun Strafanzeige gegen die Ärztin der Gegenseite/Beklagte wegen ihres versorgungsärztlichen Gutachtens gestellt:

  • Missachtung und Verstoß gegen die Menschenwürde
  • Prozessbetrug
  • Psychiatrisierung ist schwere vorsätzliche Körperverletzung (und jegliche Behandlung gegen den Willen ist Körperverletzung. Es spielt dabei keine Rolle, ob ein Schaden entstanden ist, oder nicht. Es genügt, dass der Patient nicht gefragt wurde. Das Einverständnis des Patienten ist Voraussetzung. Liegt es nicht vor, ist es Körperverletzung.)
  • Fehldiagnosen und bewusste Fehlinterpretationen medizinischer Diagnosen
  • Unterstellung einer Straftat (hier Missbrauch eines Betäubungsmittels und Medikamentenabhängigkeit), Vortäuschen einer Straftat nach § 145 STGB
  • institutioneller Amts- und Machtmissbrauch
  • unterlassene Hilfeleistung und psychische Verletzung (eine solche Art Medizin zu betreiben, schädigt den Patienten, der Hippokratische Eid verbietet das)

um nur einiges zu nennen!

Es bleibt abzuwarten, ob öffentliches Interesse besteht oder nicht.

Unerwartete Unterstützung: „Thank you very, very much Dr. Doris Rapp“

In der USA nennt man Doris J. Rapp, M.D., „die Mutter der Umweltmedizin“. Im September 2011 weilte die aktive Wissenschaftlerin zwei Wochen in Deutschland, u.a. war sie auch zu Besuch bei Dr. Peter Binz in Trier.

Dank des Einsatzes von Dr. Peter Binz und unserer CSN-Präsidentin Silvia Müller erklärte sich Doris J. Rapp, M.D. sofort bereit, unserem Sohn Patrick zu helfen. Sie untersuchte ihn kostenlos und bestätigte die gesamte Diagnostik von Dr. Binz. Durch ihre selbstlose und menschliche Hilfe haben wir wieder Kraft und Hoffnung schöpfen können – wir bleiben mit Doris Rapp, M.D. weiterhin über Email zwecks Betreuung ihrer vorgeschlagenen Therapiekonzepte bzgl. strikte Expositionsvermeidung in Kontakt.

Diagnosen:

  • MCS
  • Schwere chemische Überempfindlichkeiten
  • Schlafstörungen
  • Schwere toxische Schädigung

Der große Wehmutstropfen

Fakt ist, dass wir hier nach wie vor komplett auf uns alleine angewiesen sind, nicht zu vergessen, dass auch mein Mann schwer toxisch erkrankt ist. Bisher haben wir keinerlei Unterstützung / Umsetzung seitens des Gesundheits- und Sozialsystems, keine finanzielle und materiellen Hilfen durch die Öffentlichkeit erhalten, da die Probleme (noch) nicht anerkannt sind bzw. schlichtweg ignoriert werden.

Die Behandlung beruht auf einem wesentlichen Grundsatz: Expositionsstopp bzw. Expositionsvermeidung. Dies ist jedoch mit hohem finanziellem Aufwand verbunden, für den wir keine Unterstützung bekommen und der allerwichtigste Punkt (in einem geeigneten Schadstoff- und schimmelfreien Haus zu leben), ist nicht zu verwirklichen.

“Wer nichts tut macht mit” (Werbung für Zivilcourage der Kriminalpolizei)

Noch nicht einmal Hilfe/Unterstützung in Form eines Spendenaufrufs/Spendenkontos ist uns gewährt (zweckgebunden für Anwaltskosten, medizinische und alternative Hilfsmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Luftfilter, Wasserfilter u.dgl., evtl. für ein neues Zuhause). Sei es die Kirche, Wohlfahrtsverbände, soziale Einrichtungen, Vereine, Notare, Parteien, VIP’s, Privatleute, Medien etc., keiner will sich die Finger hier schmutzig machen.

Jeder weiß, um was es hier geht, aber keiner tut was. Warum wohl ?

Es geht hier nicht um die Inklusion und Integration meines Sohnes Patrick, sondern um MCS als „politische“ Krankheit, deren Anerkennung von starken „Lobbygruppen“ verhindert wird.

Ich werde die Hoffnung und den Kampf für meine Familie trotzdem nicht aufgeben. Es kann und darf nicht sein, dass man hier einfach wegschaut, man wartet oder arbeitet daraufhin, dass sich das Problem sozialverträglich, sprich auf biologische Weise löst.

Die toxische Vergiftung verläuft progressiv, das weiß inzwischen jeder Laie. Der Betroffene ist ernsthaft behindert, teilweise oder ganz arbeitsunfähig und im Endstadium nicht mehr ohne fremde Hilfe lebensfähig. Die gesundheitliche Situation meines Sohnes, als auch meines Mannes, ist sehr, sehr ernst. Ich weiß nicht, wie lange das Immunsystem und die körperlichen Organe noch mitmachen.

Schwer krank zu sein ist kein Verbrechen

Fakt ist, dass die persönlichen Daten und Rechte jedes Straftäters besser geschützt sind, als die meines Sohnes.

Patricks schwere toxische Erkrankung ist eine unbequeme Wahrheit – vieles haben wir bereits verloren und die Zukunft wird verdammt schwierig. Die Augen zu verschließen nützt nichts, gar nichts! Ein Schicksal, das viele Betroffene mit ihm teilen!

MCS-Kranke zu psychiatrisieren widerspricht jeglicher Wahrnehmung und Objektivität.

Die Täter werden geschützt, die Opfer alleingelassen und das Vertrauen verspielt. Deshalb ist das, was jetzt passiert, ein Schlag ins Gesicht der Opfer.

Wenn es in der Medizin, Politik etc. für die Aufklärung möglich ist, dass Taten über Jahre verharmlost und verschwiegen werden, Opfer nicht ernst genommen – was ist dann noch möglich?

Wenn nur durch den Mut der Opfer diese Fehler aufzudecken sind – wie glaubwürdig ist dann die Medizin und Politik?

Hier ist Schweigen nicht mehr möglich, Viele Mediziner verspielen ihr Vertrauen und nehmen letztendlich selbst Schaden, wenn sie weiterhin Täter schützt.

„Es gehört meist mehr Mut dazu, einfach menschlich, statt heldenhaft heroisch zu sein.“ (Hermann Hesse)

“Zivilcourage setzt auf der individuellen Ebene viel voraus: einen kritischen Verstand, Charakterstärke, Mut, Offenheit, Konfliktbereitschaft und vor allem einen kultivierten Umgang mit der eigenen Angst” (Dieter Deisenroth, Richter am BVG)

Aus dem Nichtstun herausgehen, Kommunikation, Handeln auch aus der Distanz, überwinden der Gleichgültigkeit und helfen in Notsituationen erfordert Mut.

Zeigt Zivilcourage, zeigt Solidarität mit Patrick, helft ihm zu überleben, gebt ihm eine Chance!

Dokumentiert, unterschreibt, verbreitet diesen Blogbeitrag … werdet laut und schweigt nicht mehr.

Eventuell ernstgemeinte Hilfe, bitte Kontakt über CSN.

Autor: Kira, CSN- Chemical Sensitivity Network, 30. Januar 2012

Weitere CSN Artikel zum Thema:

Neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern: Ursache Pestizide

Pyrethroide während der Schwangerschaft wirken sich nachteilig auf die neurologische Entwicklung von Kindern aus

Pyrethroide gehören einer neueren Gruppe von Pestiziden an, die in der Landwirtschaft, zum Vorratsschutz und zur Schädlingsbekämpfung in sehr vielen Alltagsbereichen eingesetzt werden. Konventionelle Nahrungsmittel, insbesondere Obst und Gemüse, weisen häufig noch Spuren dieser Pestizide auf, wenn sie verspeist werden. Chinesische Wissenschaftler von der Fudan University untersuchten Schwangere auf diese neurotoxischen Pestizide und deren gesundheitliche Folgen bei den Babys. Sie stellten fest, dass die Kinder von Müttern, die Pyrethroiden während der Schwangerschaft ausgesetzt waren, Einbußen in ihrer neurologischen Entwicklung aufwiesen.(1)

Pyrethroide, Ursache für Gesundheitsschäden

Pyrethroide werden seit einigen Jahrzehnten in vielen Bereichen vermehrt eingesetzt. Sie sollten Organophosphat-Pestizide ersetzen, weil diese eine hohe Toxizität für den Menschen besitzen. Anfangs als harmlos dargestellt, ist zwischenzeitlich durch internationale, wissenschaftliche Forschung bekannt, dass diese Gruppe von Pestiziden ebenfalls Gesundheitsschäden verursachen. Pyrethoide wirken immunsuppressiv, sie lösen Allergien und Chemikaliensensitivität (MCS) aus und schädigen das Nervensystem. Sie sind auch für Tiere nicht ungefährlich. Katzen, können diese Art von Pestiziden, die u.a. in Flohhalsbändern und Flohsprays als Wirkstoff enthalten sind, wegen ihrer verminderter Glucuronyltransferaseaktivität nicht verstoffwechseln. Für sie besteht akute Lebensgefahr.

Beeinträchtigung der neurologischen Entwicklung durch Pestizide?

Die Wissenschaftler der Fudan University hatten sich für ihre Studie das Ziel gesetzt, die Auswirkungen der pränatalen Exposition (vor der Geburt) gegenüber Pyrethroid-Pestiziden, hinsichtlich der Entwicklung des Nervensystems und des Verhaltens von einjährigen Kindern zu untersuchen. Eine amerikanische Studie von 2011 hatte im Vorfeld einen reduzierten IQ und psychomotorische Entwicklungsstörungen bei 36 Monate alten Kindern festgestellt, deren Mütter während der Schwangerschaft dem Pyrethroid – Wirkverstärker Piperonylbutoxid ausgesetzt waren.(2)

Schwangere wurden auf Pyrethroide hin untersucht

Um festzustellen, ob Pyrethroide in unserer Nahrung und Umwelt einen Einfluss auf die Entwicklung von Kleinkindern haben, wurde das Urin eines Kollektivs von 301 schwangeren Frauen aus der chinesischen Provinz Jiangsu auf drei Pyrethriod-Metaboliten (cis-Cl2CA, trans-Cl2CA und 3-PBA) hin untersucht. Ihre Babys unterzogen die Wissenschaftler im Alter von einem Jahr einer körperlichen und neurologischen Untersuchung.

Wissenschaftler stellten bei fast allen Schwangeren Pyrethroide fest

Das Ergebnis dürfte die Mediziner nachdenklich gestimmt haben. Die drei untersuchten Pyrethriod-Metaboliten wurden in 95% der Urinproben nachgewiesen. Die Wissenschaftler teilten die Kinder in drei Gruppen auf, einer hoch, mittel oder niedrig exponierten Gruppe, die sich aus der Höhe der Pyrethroide ergab, die bei ihren Mütter während der Schwangerschaft im Urin nachgewiesen wurde. Der Unterschied der neurophysiologischen Index (DQ) zwischen den drei Gruppen von einjährigen Kindern war signifikant (P <0,05). Die chinesischen Wissenschaftler schlossen aus ihren eindeutigen Ergebnissen, dass ein Kontakt mit Pyrethroiden im Mutterleib anschließend zu einer verminderten neurologischen Entwicklung bei den Säuglingen führt.

Deutsche Bundesbehörden warnen vor Pyrethroiden

In Deutschland ist man sich der Gefahren durch Pyrethroide für die Gesundheit durchaus bewusst. Das RKI – Robert Koch Institut und die BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung warnen Schwangere, Stillende und Personen mit Chemikalien-Sensitivität (MCS) seit Jahren davor, Läusebekämpfungsmittel mit Pyrethrum oder Pyrethroiden zu verwenden. Die beiden Bundesbehörden und weitere verantwortliche Institutionen erstellten eigens Informationsseiten und Aufklärungsbroschüren, die sich an Behörden, Gesundheitsämter, Schulen und Mediziner richteten. (3-12)

“…Während der Schwangerschaft und in der Stillzeit, bei MCS-Syndrom (multiple Überempfindlichkeit gegen chemische Substanzen) und Chrysanthemenallergie wird empfohlen, Kopfläuse rein mechanisch durch nasses Auskämmen mit dem Läusekamm zu entfernen.”

Umfassender Schutz vor Pyrethroiden ist nicht durchführbar

Schwangere vor dem Kontakt mit Pyrethroiden weitgehend zu schützen, ist weder in Deutschland, noch in den meisten anderen Ländern praktikabel, weil diese neurotoxischen Pestizide in zu vielen Bereichen des Alltags und unserer Nahrung anzutreffen sind. Nur ein generelles Verbot von Pyrethroiden könnte eine umfassende Sicherheit für Schwangere und ihre Kinder gewährleisten. Ein solches umfangreiches Verbot wird jedoch noch lange auf sich warten lassen, denn erfahrungsgemäß wird die Herstellerindustrie ein derartiges Ansinnen so lange wie nur irgend möglich hinauszuzögern oder versuchen, es im Keim zu ersticken.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 29.01.2012

Literatur:

  1. Qi X, Zheng M, Wu C, Chang X, Wang G, Lu D, Zhou Z.Wei Sheng Yan Jiu., Impact of prenatal pyrethroid exposure on neurodevelopment of one-year old infants, 2011 Nov;40(6):693-7.
  2. Megan K. Horton, PhD, Andrew Rundle, DrPH, David E. Camann, MS, Dana Boyd Barr, PhD, Virginia A. Rauh, ScD, Robin M. Whyatt, DrPH, Impact of Prenatal Exposure to Piperonyl Butoxide and Permethrin on 36-Month Neurodevelopment, 7. Februar 2011, Pediatrics (doi: 10.1542/peds.2010-0133)
  3. RKI – Ratgeber Infektionskrankheiten – Ratgeber für Ärzte, Kopflausbefall (Pediculosis capitis), Aktualisierte Fassung vom Mai 2007 Erstveröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 47/2003, Aktualisiert 17.11.2008
  4. BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Das Aus für die Laus: So werden Sie die Blutsauger schnell wieder los, 2011
  5. BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln, im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, Broschüre Kopfläuse was tun? Mai 2004
  6. BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Kindergesundheit – Schaden Läusemittel meinem Kind, Download 2011
  7. Stadtgesundheitsamt Frankfurt, Der Magistrat, Sind Läusemittel giftig oder schädlich? Downloads 2009
  8. Stadtgesundheitsamt Frankfurt, Der Magistrat, Umgang mit Kopfläusen, 2005
  9. Gesundheitsamt des Schwarzwald-Baar Kreises, Merkblatt Kopfläuse, Downloads 2009
  10. Medical Tribune, Zweimal Chemie plus Kamm – So haben Kopfläuse keine Chance, Epidemiologisches Bulletin 2007; 20: 169- 173
  11. Verwaltung Berlin Wilmersdorf, Merkblatt und zu unterschreibende Erklärung für Eltern, Download 2009
  12. Gesundheitsamt Freising, Infektionsschutz, März 2009

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In Deutschland unvorstellbar: Ärzte verklagen großen Konzern und rufen Occupy!

Ärzte in Utah schließen sich der Occupy-Bewegung an

Von der Occupy-Bewegung inspiriert, kündigte Ende Dezember 2011 eine Gruppe aus Ärzten und Umweltinitiativen in Salt Lake City in Utah eine Klage wegen Verletzung des Luftreinhaltungsgesetzes gegen Rio Tinto an, dem drittgrößten Bergbauunternehmen der Welt. Dies ist wahrscheinlich das erste Mal überhaupt, dass Ärzte die Industrie wegen Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung angeklagt haben.

Luftverschmutzung verursacht in Utah zwischen 1.000 und 2.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr. (1)

Außerdem hat die medizinische Forschung der vergangenen zehn Jahre eindeutig bewiesen, dass Luftverschmutzung das gleiche umfangreiche Spektrum an Krankheiten verursacht wie jene, die als Folge von Aktiv- und Passivrauchen bekannt sind – Schlaganfälle, Herzattacken, Bluthochdruck, nahezu jede Art von Lungenerkrankung, neurologische Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Intelligenzverlust, Erbgutschädigungen, erhöhtes Vorkommen von Diabetes und Adipositas, Miss- oder Fehlgeburten und verschiedene Krebserkrankungen wie z.B. Lungenkrebs, Brustkrebs und Leukämie. (2-12)

In den meisten Städten Utahs werden viele der bundesweit gültigen Standards der amerikanischen Umweltschutzbehörde (EPA) für Luftqualität nicht eingehalten und in einem typischen Winter leidet Utah über Tage hinweg unter der schlimmsten Luftverschmutzung Amerikas. Die American Lung Assoziation (Lungenärzte-Organisation) benotet die Luftqualität der größten Städte in Utah regelmäßig mit einem „F“ [A = beste, F = schlechteste Note]. Im Februar 2011 bewertete die Zeitschrift „Forbes“ Salt Lake City als die 9t giftigste Stadt des Landes, wobei man Forbes kaum großes Engagement für umfassenden Umweltschutz unterstellen kann. Ausschlaggebend für diese Bewertung war die Bergbau- und Verhüttungstätigkeit in der Bingham Canyon Mine, welche vom Londoner Bergbau-Konsortium Rio Tinto/Kennecott (RTK) betrieben wird. (13)

Dies ist der größte Tagebau der Welt und dieser hat für das weltgrößte, durch Bergbau verursachte Gewässerbelastungsproblem gesorgt. Die Mine befindet sich am westlichen Ortseingang von Salt Lake City, wo 1,8 Millionen Menschen leben. Es gibt kein anderes vergleichbares Beispiel für den Betrieb einer derart gigantischen Grube, so nah an einer so großen Stadtmetropole. RTKs Bergbau- und Hüttenbetrieb ist für 30 Prozent aller Feinstaubpartikel verantwortlich, welche in die Atmosphäre des Landkreises Salt Lake abgegeben werden (14) und diese Mine zur mit Abstand größten Quelle industrieller Umweltbelastung in den städtischen Gebieten Utahs machen.

Die Verhüttung und der Staub, welcher von den 1.100 Fuß (ca. 235 Meter) hohen Abraumhalden und von den Bergteichen aufgewirbelt wird, führen zu einer anhaltenden Kontamination von Luft, Wasser und Boden der größten Stadt Utahs – mit giftigen Schwermetallen wie Blei, Quecksilber, Arsen und Kadmium. Nach Auskunft von Earthworks, einer bergbaukritischen Organisation, gab RTK vor der erst kürzlich genehmigten Erweiterung jährlich 695 Millionen Pounds (ca. 383.000 Tonnen) toxisches Material in die Umwelt von Salt Lake City ab. (15) Da Schwermetalle nicht abbauen, nicht verbrannt oder zerstört werden können, erhöht sich die toxische Belastung über die Jahre, was in mehr als hundert Betriebsjahren der Mine geschehen ist. Trotz dieser extremen Belastung für die öffentliche Gesundheit, hat die für Luftqualität zuständige Behörde von Utah, wie vorauszusehen war, kürzlich RTK eine Genehmigung erteilt, ihren Tagebau um 32 Prozent zu erweitern, was die Umweltbelastung noch viel schlimmer machen wird.

RTK macht Rekord-Profite – 15 Milliarden Dollar 2011. Im August prahlte der Vorstandsvorsitzende Jan du Plessis, „Rio Tinto hat erneut eine Reihe von bahnbrechenden Ergebnissen erzielt“. Du Plessis ist offenbar auf die Lieferung von Schadstoffen spezialisiert: Es ist auch Vorstandsvorsitzender von British American Tobacco. Tom Albanese, Geschäftsführer von Rio Tinto, der im letzte Jahr annähernd 8,5 Millionen Dollar „verdient“ hat, jammerte neulich, „[Rio Tinto muß] den Fluch des Ressourcen-Nationalismus… und den Aktivismus politischer Aktionäre noch besser bewältigen“. (16) Lassen Sie mich das für Sie übersetzen: Die Menschen vor Ort überall auf der Welt haben es satt, für den Profit ausgebeutet zu werden, sie beginnen für ihre eigenen Interessen einzutreten und Rio Tinto mag das nicht. Bürger von Utah, die der Umweltbelastung durch Rio Tinto überdrüssig sind, gehören demnach zu jenem „Fluch“ von dem Rio Tinto Manager sprechen.

Es ist ganz einfach: RTK könnte sich Sanierungsmaßnahmen leisten, doch sie werden nichts dafür ausgeben und niemand kann sie dazu zwingen. Ihr Beitrag zur Umweltbelastung fügt allen Bewohnern von Salt Lake City Schaden zu und trägt zu den vorzeitigen, oben erwähnten Todesfällen bei. Für Umweltschützer und jene die sich für die allgemeine Gesundheit engagieren, lief das Fass über, als RTK um eine Erweiterungsgenehmigung ersuchte und diese bekam.

Wenn die Grunderkenntnis der Occupy-Bewegung darin besteht, dass Konzerne und die 1 Prozent die Regierung auf allen Ebenen manipulieren, damit sie nur ihren Profit-Zielen dient und zugleich die Interessen der 99 Prozent außer Acht lässt, wenn nicht sogar offen untergräbt, dann gibt es kein besseres Beispiel dafür, als den Betrieb der Bingham Canyon Mine in Utah durch RTK.

Die „Utah Physicians for Healthy Environment“ (Ärzte für eine gesunde Umwelt) schätzen, dass die Verschmutzung durch RTK die Gemeinde mit Kosten für Gesundheit und Umwelt zwischen 2 und 4 Milliarden Dollar belastet, das ist mehr als das, was RTK an Löhnen und Steuern zahlt. Doch dank eines enormen Werbe-Etats kann sich RTK ausgiebigst als „Arbeitgeber“ verkaufen und muss nahezu keine Verantwortung für die umfangreichen Folgen seiner Geschäftstätigkeit für Umwelt und Gesundheit übernehmen.

Frederick Douglass einer der führenden Köpfe der Bürgerrechtsbewegung des 19ten Jahrhunderts sagte: „Wenn man heraus bekommt, was die Leute still zu ertragen bereit sind, weiß man ganz genau, welches Maß an Ungerechtigkeit und Verbrechen sie aushalten werden müssen.“ Alle sollen wissen, dass die Menschen in Utah nicht weiter „still“ mehr Umweltverschmutzung, mehr Tote, verkürzte Lebensspannen und eine schlechtere Gesundheit hinnehmen werden, um die Brieftaschen im Londoner Vorstand von Rio Tinto fetter zu machen. Wir werden uns die Luft zum Atmen „zurück“ holen. [Occupy: Die Demokratie zurück holen!]

Autor: Dr. Brian Moench für Truthout, 22. Januar 2012
Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Der Original-Text „Utah Doctors Join the Occupy Movement“ wurde unter der Creative Commons Lizenz: by-nc veröffentlicht. Für diese Übersetzung gilt CC: by-nc-sa
Das Foto ist von arbyreed und steht unter CC: by-nc-sa

Weitere CSN Artikel zum Thema Umweltzerstörung und um Occupy:

Referenzen:

1. Calculation by the Utah Physicians for Healthy Environment using the formula published by the American Heart Association. Brook R, Rajagopalan S, Pope CA, Brook J, Bhatnagar A, et al. AHA Scientific Statement: Particulate Matter Air Pollution and Cardiovascular Disease; An Update to the Scientific Statement From the American Heart Association. Circulation. 2010;121:2331-2378.

2. Peters, A. Air Quality and Cardiovascular Health: Smoke and Pollution Matter. Circulation. 2009: 120:924-927

3. Eugenia E. Calle and Michael J. Thun C. Arden Pope, III, Richard T. Burnett, Daniel Krewski, Michael Jerrett, Yuanli Shi. Circulation. 2009;120:941-948. Cardiovascular Mortality and Exposure to Airbourne Fine Particulate Matter and Cigarette Smoke.

4. Bocskay K, Tang D, Orjuela M, et al. Chromosomal Aberrations in Cord Blood Are Associated with Prenatal Exposure to Carcinogenic Polycyclic Aromatic Hydrocarbons. Cancer Epidem Biomarkers and Prev. Vol. 14, 506-511, Feb 2005

5. Perera F, Tang D, Tu Y, Biomarkers in Maternal and Newborn Blood Indicate Heightened Fetal Susceptibility to Procarcinogenic DNA Damage. Environ Health Persp Vol 112 Number 10 July 2004

6. Gauderman WJ, Gilliland GF, Vora H, et al. Association between Air Pollution and Lung Function Growth in Southern California Children: results from a second cohort. Am J Respir Crit Care Med 2002;166:76-84.

7. Gauderman WJ, Gilliland GF, Vora H, et al. The effect of air pollution on lung development from 10 to 18 years of age. NEJM 2004;351:1057-67.

8. van den Hooven EH, de Kluizenaar Y, Pierik FH, Hofman A, van Ratingen SW, Zandveld PY, Mackenbach JP, Steegers EA, Miedema HM, Jaddoe VW. Air Pollution, Blood Pressure, and the Risk of Hypertensive Complications During Pregnancy: The Generation R Study. Hypertension. 2011 Jan 10. [Epub ahead of print]

9. Raaschou-Nielsen O, Andersen Z, Hvidberg M, Jensen SS, Ketzel M, Sørensen M, Loft S, Overvad K, Tjønneland A. Lung Cancer Incidence and Long-Term Exposure to Air Pollution from Traffic. Environ Health Perspect. 2011 Jan 12. [Epub ahead of print]

10. Pearson J, Bachireddy C, Shyamprasad S, Goldfine A, Brownstein J. Association Between Fine Particulate Matter and Diabetes Prevalence in the U.S.Diabetes Care October 2010 33:2196-2201; published ahead of print July 13, 2010, doi:10.2337/dc10-0698

11. Crouse DL, Goldberg MS, Ross NA, Chen H, Labrèche F 2010. Postmenopausal Breast Cancer Is Associated with Exposure to Traffic-Related Air Pollution in Montreal, Canada: A Case–Control Study. Environ Health Perspect 118:1578-1583. doi:10.1289/ehp.1002221

12. Pearson RL, Wachtel H, Ebi KL. Distance-weighted traffic density in proximity to a home is a risk factor for leukemia and other childhood cancers. J Air Waste Manag Assoc 50(2):175-180.

13. http://www.forbes.com/2011/02/28/most-toxic-cities-personal-finance.html

14. Calculations by the Utah Physicians for a Healthy Environment based on inventory data at the Utah Division of Air Quality.

15. http://www.earthworksaction.org/issues/detail/toxics_release_inventory_what_is_it

16. http://www.thisislondon.co.uk/standard-business/article-23934614-rio-tinto-boss-attacks-governments-for-interfering-in-mining.do

Jugendlicher unternahm Suizidversuch, nachdem Therapie fehlschlug

Wenn sich die versprochene „Heilung“ nicht einstellt, ist der Patient selbst schuld

Seit einigen Monaten werden Umweltkranken mit MCS und CFS durch verschiedene Therapien „Heilung“ versprochen. Es sind Außenseitertherapien, die intensiv beworben werden, vor allem über das Internet. Es handelt sich um DVD Programme, Videos, Kurse und Seminare mit Therapieelementen, die weitgehend aus dem psychosomatischen und psychotherapeutischen Bereich stammen. Durch Selbsthilfegruppen, die in diese Therapien involviert sind, und „Geheilte“ wird oft eine Art Erfolgszwang aufgebaut. Negativstimmen zu diesen Therapien werden unterdrückt. Wer über Symptome berichtet, ist selbst schuld und wird ausgegrenzt. In Norwegen versuchte sich ein 13-jähriger Junge mit CFS das Leben zu nehmen, nachdem sich bei ihm bei einer sogenannten „Lightning Process“ Therapie keine Heilung einstellte.

Patient schuld, wenn Heilung nicht eintritt

Der Artikel, der in der norwegischen Zeitung NKW erschien, rüttelt auf. Es wird über den Suzidversuch eines 13-jährigen berichtet, der sich auf Anraten seines Arztes in eine „Lightning Process Therapie“ begeben hatte. Die Familie des Jungen hatte gehofft, dass seine CFS dadurch geheilt würde. Als der Junge zusammenbrach, unternahm er den Versuch, sich selbst zu töten. „Lightning Process“ setzt u.a. NLP (Neuro-Linguistische Programmierung) Techniken ein. Der Erfinder des Behandlungsprogramms, Phil Parker, lässt in einer Zeitung einer Selbsthilfegruppe kaum Zweifel offen, dass es am Patienten liegt und dieser nicht „richtig“ mitgewirkt hat, wenn sich kein Erfolg einstellt.

Aus Verzweiflung Griff nach Außenseitertherapien

Der Junge war 2008 mit ME diagnostiziert worden. Die Eltern bekamen im Krankenhaus aufgrund langer Wartezeiten für eine Therapie den Hinweis, es mit „Lightning Therapie“ zu versuchen. Weil sie die Empfehlung durch das Krankenhaus erhalten hätten, fassten sie Vertrauen, sagten die Eltern zu NKW. Sie investierten rund 2000 Euro für einen dreitägigen Kurs. Eines der ersten Dinge, die der Junge mit chronischer Erschöpfunng bei diesem Kurs gelernt habe, war, dass es seine Schuld sei, wenn er nicht richtig frisch sei. Bei Ende des Kurses wurde der Junge vom Kursleiter gefragt, ob er gesund sei. Er antwortete „nein, aber er fühle sich besser“. Zwei Wochen später brach der 13-Jährige körperlich zusammen. Eines Morgens kam die Mutter in sein Zimmer und konnte ihn gerade noch davon abhalten, Selbstmord zu begehen. Der Junge beharrte darauf, dass es seine Schuld sei, dass es ihm nicht besser ginge und bat darum, seinem Leben ein Ende setzen zu dürfen.

Ein Vater kämpft für Kinder mit ME

NRK berichtet weiter, dass der Vater des Jungen ein paar Tage nach dem Suizidversuch zum Kursleiter hingegangen sei und ihn mit dem, was mit seinem Sohn geschehen war, konfrontierte. Er bat darum, dass man aufhöre, solche Kurse mit Kindern durchzuführen. Der Kursleiter war uneinsichtig, er bot statt einer Entschuldigung und Einsicht, einen neuen kostenlosen „Lightning Kurs“ für den Jungen an. Jetzt, Jahre nach dem furchtbaren Geschehen, wartet der Vater immer noch vergeblich auf eine Entschuldigung. Sein Sohn ist kein Einzelfall, auch andere Jugendliche hätten Verschlechterung oder Zusammenbrüche bekommen, war durch NKW von einer Selbsthilfeorganisation zu erfahren.

Auffälligkeiten bei verschiedenen heilungsversprechenden Therapien

Bei anderen plötzlich auftauchenden Therapien verhält es sich ähnlich. Weitere Artikel werden dies aufzeigen. Es fällt auf, dass eine Art Euphorie-Stimmung künstlich hochgehalten wird und dass die Teilnehmer angehalten werden, sich von jeglichen „ negativen Einflüssen“ fernzuhalten. Das hatte bereits zur Folge, dass Internetplattformen für MCS-Kranke plötzlich keine kritischen oder MCS bezogenen Artikel mehr online stellen und die Betreiber sich nach außen hin abschotten. Ihre Webseiten rutschen im Ranking in den Keller. Wertvolles Potential für die Umweltkranken geht verloren.

Auch in anderen Fällen war es so, dass MCS Patienten die Verschlechterung erfuhren, wenn sie an einer der besagten Therapien teilnahmen, suggeriert bekamen, sie seien nicht offen genug für die Therapie, würden nicht intensiv genug an dessen Wirkung glauben oder sich dagegen sperren, oder wäre noch nicht richtig bereit, würden ihre Krankheit nicht loslassen wollen, etc.

Der Markt mit Wundertherapien boomt

Es ist nachvollziehbar, dass Umweltkranke, die seit Jahren schwer krank sind und deren Alltag aus Schmerzen, körperlichen Beschwerden, Einschränkungen und sozialen Ausgrenzungen besteht, für jedes Hilfsangebot offen sind. Werden die Therapieangebote von Selbsthilfegruppen oder durch Umweltkranke mit gewissem Bekanntheitsgrad intensiv beworben, werden viele Kranke unkritisch und lassen sich darauf ein.

Jedem sei Heilung von MCS und CFS gegönnt. Eine echte, anhaltende Heilung. Ob neue Wundertherapien zu tatsächlicher Heilung führen, wird sich zeigen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er sich auf eine Wundertherapie einlässt. Die Hintergrundinformationen aus diesem Artikel sollen beitragen, dass Umweltkranke solchen Angeboten gegenüber angemessene Skepsis entwickeln und kritisch, konkrete Fragen an die Anbieter stellen, bevor sie sich für eine solche Therapie entscheiden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 22.01.2012

Literatur: NKW, 13-åring forsøkte selvmord etter ME-kurs, 26.11.2012

Weitere CSN Blogs zum Thema:

Der Fukushima-Dreck gehört nicht mehr uns!

Der Fukushima Eigentümer garniert den Schaden mit Beleidigung – Behauptet, der Fallout gehöre ihnen nicht

Im unmoralischen Milieu der Unternehmensbilanzen kann man Tokyo Electric Power Co. nicht einmal vorwerfen, es auf diese Weise zu versuchen.

TEPCO ist Besitzer des 6. Reaktoren Komplexes, der aufgrund des Erdbeben am 11. März 2011 havarierte und vom nachfolgenden Tsunami zerstört wurde. TEPCO muss mit 350 Milliarden Dollar Schadensersatz und Kosten für Aufräumarbeiten rechnen, aber auch mit möglicher Strafverfolgung wegen Zurückhalten kritischer Informationen, die unter Umständen das Freisetzen von Strahlung in einem gewissen Umfang verhindert hätten und wegen dem Betrieb der riesigen Anlage, nachdem sie vor der Unzulänglichkeit ihrer Katastrophen-Vorkehrungen gewarnt worden waren.

Als nun das Unternehmen am 31. Oktober vor dem Bezirksgericht in Tokyo vom Sunfield Golf Club verklagt wurde, der die Dekontaminierung der Golfanlage verlangte, versuchten die Anwälte von TEPCO etwas Neuartiges. Sie behaupteten, das Unternehmen würde nicht länger haften, weil es die aus seinen zerstörten Reaktoren ausgestoßenen radioaktiven Gifte nicht mehr länger „besitzen“ würde.

„Radioaktive Materialien aus dem Fukushima Reaktorblock 1, die verteilt wurden und niedergegangen sind, gehören den jeweiligen Landbesitzern, nicht TEPCO“, sagte das Unternehmen. Dies machte das Gericht, die Kläger und die Presse baff. Ein Anwalt des Golf Clubs sagte, „Uns bleibt die Spucke weg…

Das Gericht wies TEPCOs Auffassung zurück, sein Krebs verursachender Schadstoffniederschlag würde den Gebieten gehören, die kontaminiert wurden. Aber man habe ihnen das Zeug zurück zu geben. So ein dreister Unsinn kommt kaum ein zweites Mal auf der Welt vor.

Selbst Union Carbide, dessen giftige Gase 1984 in indischen Bhopal 15.000 Menschen umgebracht haben, hat es nicht so probiert. Dow Chemical, 2001 Käufer von Union Carbide, wehrt sich immer noch gegen Indiens Schadensersatzforderungen von 1,7 Milliarden Dollar. Vielleicht sollte Dow TEPCOs Nummer probieren: „Das Gas gehört nun denen, die es eingeatmet haben – was man hat, besitzt man meistens auch.“

Mittlerweile erwartet Kleinkinder in Japan ein Leben mit Behinderung und Krankheit, weil radioaktives Cäsium-137 und Cäsium-134 kürzlich in Milchpulver für Kindernahrung gefunden wurden. Am 6. Dezember 2011 gab es eine Ankündigung der Meiji Holdings Company, Inc. nach welcher sie 400.000 Döschen ihres „Meiji Step“ Milchpulvers für Kinder über neun Monaten zurückrufen würden. Das Pulver wurde im April abgepackt – als die großen radioaktiven Freisetzungen von Fukushima ihren Höhepunkt erreichten – es wurde im Mai ausgeliefert und hat das Verfallsdatum Oktober 2012.

Der Cäsium-Gehalt pro Portion dieses Milchpulvers lag ungefähr 8 Prozent über der von der Regierung zugelassenen Kontamination. Doch wer weiß schon, wie viel dieser Fertignahrung einzelne Säuglinge vor dem Rückruf verzehrt haben. Es ist bestens bekannt, dass Föten, Säuglinge, Kleinkinder und Frauen von Strahlendosen geschädigt werden, die weit unterhalb der zugelassenen Belastung liegen. Die meisten Grenzwerte wurden anhand der Strahlenwirkung auf einen „Referenz-Menschen“ festgelegt, man ging von einem 20 bis 30-jährigen Weißen, nicht aber von Kindern und Frauen aus, die am gefährdetsten sind.

Selbst winzige innerliche radioaktive Kontamination kann die DNA beschädigen, Krebs verursachen und das Immunsystem schwächen. Die vom Fukushimas Kernschmelzen in Umlauf gebrachte radioaktive Kontamination wurde in Gemüse, Milch, Fischereiprodukten, Wasser, Getreide, Viehfutter und Rind nachgewiesen. Grüner Tee, der 400 Kilometer von Fukushima entfernt wuchs, war kontaminiert. Bei Reis, der im Herbst 2011 in der Präfektur Fukushima geerntet wurde, stellte man im November 2011 eine Cäsium-Belastung fest, die 25 Prozent über dem erlaubten Grenzwert lag. Die Auslieferung von Reis aus diesen landwirtschaftlichen Betrieben wurde verboten, doch erst, nachdem viele Tonnen davon bereits verkauft worden waren. Es ist davon auszugehen, dass diese Strahlung nun jedem einzelnen Verbraucher gehört, das ergibt sich aus den einfallsreichen Behauptungen der Unternehmens-Anwälte von TEPCO.

Autor: John LaForge, 16 Januar 2012 für Truthout

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Der Original-Artikel „Fukushima’s Owner Adds Insult to Injury – Claims Radioactive Fallout Isn’t Theirs“ wurde unter der Creative Commons Lizenz: by-nc veröffentlicht. Für diese Übersetzung gilt CC: by-nc-sa.

Foto: Beau B CC: by, bearbeitet

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