Draußen vom Walde her – mein Puls rast und ich atme schwer
Ich komm von drauß vom Walde her
mein Puls rast und ich atme schwer
anstatt frischer Waldesluft
Bratäpfel- und Glühweinduft.
Und auf vielen Tannenspitzen
sah die Duftkerzen ich sitzen:
Moschus und Zitronengras,
Geranium und Sassafras,
Ylang-Ylang, wilde Rose
wirkten wie ne Vollnarkose,
auch roch Kokos und Vanille
viel zu laut in dieser Stille.
Alle Sinne sind betört
mein Geruchsinn wurd gestört.
Für die einen ist es magisch,
ich empfinde es als tragisch.
Und auf andern Tannenspitzen
sah Parfümflakons ich sitzen,
und die Engels fliegen quer
spritzen dieses Zeug umher:
Moonwind, Dior, Shalimar,
und auch noch die Sprays fürs Haar.
Schon begann mein Kopf zu schmerzen
und es sticht und pocht im Herzen
und ich hörte wie durch Watte
und ich sah auch nicht mehr klar
und die Ziele die ich hatte
war’n auf einmal nicht mehr da.
After Shave und Gel und Seife
hübsch verpackt mit roter Schleife.
Citronell in Baby-Creme
führt nicht selten zum Ekzem.
Warum denn die Kinder schonen
zum Fest gibt’s heuer Duftpatronen.
Für die Schule kannste büffeln
oder auch an Uhu schnüffeln.
Deo, Duschgel und Shampoo
machen unsre Jugend froh,
nur der Duft ist zu exotisch
macht die Jugend idiotisch.
Erst war mir kalt, dann war mir heiß
ich wusste nicht mehr was ich weiß
schwitzen tat ich wie ein Schwein
dann setzte noch der Tremor ein.
Nach Puder oder auch nach Heu
duftet Minkas Katzenstreu.
Weil’s den Schweiß vom Stinkfuß nimmt
gibt’s Pantöffelchen mit Zimt.
Und das Potpourrie aus Düften
es erspart das Wohnunglüften.
Arme, Beine wurden taub
ich zitterte wie Espenlaub
und mein Darm, er rebelliert
mein Magen war wie zugeschnürt.
Das Rentierchen stand schon bereit
uns bleibt ja nicht mehr sehr viel Zeit.
Der Schlitten war schon voll beladen
und ich sah wie durch Nebelschwaden.
Ich taumelte hin und her
fast wie auf einem Wattemeer,
die Duftwolke schwebt groß und schwer
man sah die Baumspitzen nicht mehr.
Pendelnd hing sie über’m Wald
plötzlich hat es laut geknallt:
Die Duftlampe war explodiert!
Bis dahin lief es wie geschmiert.
Schnell war die Chemie verpufft
in der schweren Glühweinluft
und die Bäume, zitternd, bebend
und die grünen Nadeln schwebend –
und die Geschenke sind begraben
unter Milliarden Tannennadeln.
Den Menschen bleibt dadurch erspart
dass an Giften sie erkranken,
und ganz ernsthaft frag ich mich:
Ist’s einem Zufall zu verdanken?
Ich komm von drauß vom Walde her
mein Sauerstoffgerät ist leer,
und eines kann ich Euch versichern:
Dort seht Ihr mich so schnell nicht mehr.
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Autor: Augenstern, CSN – Chemical Sensitivity Network, 20. Dezember 2009
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