Betrug in der Umweltmedizin?

Das Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität in Dänemark – ein Hoax

Die MCS-Kranken in Dänemark und auch in anderen Ländern sind über das Forschungszentrum für Parfüm- und Chemikalienempfindlichkeit, das 2006 von Dänischen Umweltministerium eingerichtet wurde, verärgert und entrüstet. Seine Hauptaufgabe bestand darin, Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen MCS und Chemikalien durchzuführen. Für diese Entrüstung gibt es einen guten Grund, seitdem offensichtlich ist, dass der Zweck des Forschungszentrums darin besteht, keine wirklichen Erkenntnisse über MCS zu Tage zu fördern, am allerwenigsten welche über den Zusammenhang zwischen Belastungen durch chemische Substanzen und MCS.

Im Gegenteil, der Zweck des Forschungszentrums besteht darin, falsche und arglistige Forschungsarbeiten über MCS anzufertigen.

Das Zentrum ist ein politisches Instrument nach dem Bauplan einer Dreistufenrakete:

A. Die Umwelt entlasten, d.h. „beweisen“, dass MCS nicht von Belastungen durch chemische Substanzen in der Umwelt verursacht wird.

B. „Beweisen“, dass MCS von psychologischen Faktoren abhängt, um die Psychiatrisierung von MCS hinzubekommen.

C. Erreichen, dass MCS-Kranke ein Fall für die Psychiatrie werden (une liaison psychiatrique – die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft), damit die Psychiatrie Behandlungen für MCS-Kranke entwickeln kann: „Mindfullness“ [(Achtsamkeit)], d.h. kognitive Psychotherapie, vielleicht in schweren Fällen auch Elektroschock (ECT) und die Pharmazeutische Industrie, die vermutlich schon in den Startlöchern hockt, kann bald psychoaktive Medikamente für MCS-Kranke entwickeln.

Und wie hat das Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität dies erreicht?

Nun, dazu muss man dessen Studie und Publikation verstehen: „Körpergefühl und Symptomwahrnehmung von Individuen mit Umweltunverträglichkeit“ von Sine Skovbjerg, Robert Zachariae, Alice Rasmussen, Jeanne Duus Johansen, und Jesper Elberling, veröffentlicht in Environmental Health and Preventive Medicine, DOI: 10.1007/s12199-009-0120-y – sie liefert den Kern des Betrugs.

1. DIE CHEMIKALIEN LOSWERDEN

Teil 1: „Lasst uns den Namen ändern“

Um damit anzufangen, stimmte das Forschungszentrum zu, die Bezeichnung „IEI“ anstatt „MCS“ zu verwenden. Das war nicht schlecht gedacht. Auf dem Treffen mit dem Vorstand von MCS-Dänemark, am 18. Mai 2010, erklärten sie, sie hätten diese Bezeichnung verwendet, weil sie umfassender ist als der Terminus MCS. Anders wären sie auch nicht in der Lage gewesen, den Artikel in einem internationalen Journal veröffentlicht zu bekommen. Das ist natürlich Bullshit. Der wahre Grund ist auf Seite 2 von Sine Skovbjergs Doktorarbeit „Multiple Chemical Sensitivity – psychologische Faktoren, Patienten-Strategien und Praktiken der medizinischen Versorgung“ zu finden: „Die Bezeichnung ‚MCS‘ hat man dafür kritisiert, sich auf unbewiesene Annahmen über die Kausalität zu stützen und die Bezeichnung ‚Idiopathische Umweltintoleranz‘ IEI wurde stattdessen als Ersatz empfohlen.“

Das Forschungszentrum wollte offenbar die Vorstellung eines kausalen Zusammenhanges zwischen MCS und Belastungen durch Chemikalien ausklam- mern. Um dieses Ziel zu erreichen, gingen die Forscher so weit, die Fehlinformation zu liefern, bei ihren MCS-Fällen wäre von einem Arzt „IEI“ diagnostiziert worden. Das war selbstredend eine Lüge – alle Fälle hatten die ärztliche Diagnose „MCS“.

Als der Vorstand von MCS-Dänemark sie mit Fragen konfrontierte, weshalb sie geschrieben hätten, die Kranken wären ärztlich mit „IEI“ diagnostiziert worden, obgleich sie alle tatsächlich mit MCS diagnostiziert wurden, übergaben sie als Antwort einen Artikel: „International Programme on Chemical Safety / World Health Organization (IPCS/WHO), Conclusions and Recommendations of a Workshop on Multiple Chemical Sensitivities (MCS)“, Geneva, Switzerland. Regul Toxicol Pharmacol 1996; 188-189. (Internationales Programm zur chemischen Sicherheit / Weltgesund- heitsorganisation (IPCS/WHO), Ergebnisse und Empfehlungen eines Workshops zu Multiple Chemical Sensitivity (MCS)). Nach Auskunft des Forschungszentrums beschreibt dieser Artikel die Gründe für die Verwendung der Bezeichnung ‚IEI‘. Nun verweist das Forschungszentrum auch auf seiner Homepage auf diesen Artikel.

Der Artikel hatte jedoch einen Haken, den das Forschungszentrum auf seiner Homepage zu erwähnen „vergaß“. MCS-Dänemark fand heraus, dass dieser Artikel überhaupt nicht von der WHO ist, obwohl es auf dem ersten Blick so erscheinen mag. Genauso wenig wird verraten, wer die Bezeichnung MCS kritisierte und stattdessen IEI empfohlen hat. Dies erschließt sich jedoch alles, wenn man den IPCS/WHO Artikel so unter die Lupe nimmt, wie es Ann McCambell tat. Die hinter dem Artikel verborgene Wahrheit ist, dass die „WHO“ einer der Sponsoren des Workshops „International Programme on Chemical Safety (IPCS)“ zu MCS war, der im Februar 1996 in Deutschland abgehalten wurde. In diesem Workshop überwogen Teilnehmer mit Verbindungen zur Industrie und es gab keine Vertreter aus Umwelt-, Gewerkschafts- oder Verbrauchergruppen. Anstelle von Nichtregierungs-Teilnehmern gab es Einzelpersonen, die bei BASF, Bayer, Monsanto und Coca Cola angestellt waren. „Vertreten“ waren Einzelpersonen aus der chemischen und der pharmazeutischen Industrie, was oft dasselbe ist. Zu Beispiel: „Monsanto, bekannt als Hersteller von Roundup und anderen Herbiziden, ist Tochtergesellschaft und in Vollbesitz eines pharmazeutischen Unternehmens namens Pharmacia. BASF stellt pharmazeutische Produkte und Pestizide her und Bayer, berühmt als Hersteller von Aspirin, stellt das populäre neurotoxische Pyrethroid-Insektizid Tempo (mit dem aktiven Bestandteil Cyfluthrin) her.“

Auf dieser Veranstaltung beschloss man zu versuchen, MCS durch IEI zu ersetzen.

„Neben der Entfernung des Wortes ‚chemisch‘ aus dem Namen entschieden sich die Workshop-Teilnehmer für den Ausdruck ‚idiopathisch‘ als Ergänzung, weil sie offenbar der Ansicht waren, er bedeute eher, die Erkrankung existiere „ausschließlich im Kopf der Betroffenen“, als dass die Ätiologie (Ursache) unbekannt wäre. Aber viele ‚reale‘ Erkrankungen werden ebenfalls als ‚idiopathisch‘ angesehen, wie etwa idiopathische Epilepsie (Epilepsie die nicht Trauma, Operation, Infektion oder andere eindeutige Ursachen hat). Doch selbst zu unterstellen, MCS habe keine bekannte Ursache, hilft der Industrie allemal. Sie möchte nicht für ihre Produkte, die MCS verursachen, verantwortlich gemacht werden oder dafür, dass sie bei jenen Menschen Symptome hervorrufen, die durch sie sensibilisiert sind.“

Was das Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität auf seiner Homepage ‚zufällig‘ zu erwähnen ‚vergaß‘ und was MCS-Dänemark durch das Treffen am 18. Mai 2010 über den nicht von der WHO stammenden Artikel heraus bekam, läuft jedoch genau auf das Gegenteil hinaus. „Die WHO ließ den Workshop-Teilnehmern nach der Veranstaltung [1996] eine Stellungnahme zukommen, die versuchte, die Behauptungen zu unterbinden, die WHO würde den Namenswechsel von MCS zu IEI unterstützen. Darin hieß es: „Ein Workshop-Bericht mit Ergebnissen und Empfehlungen an die WHO spiegelt die Meinungen der eingeladenen Experten wieder und ist nicht notwendigerweise eine Entscheidung oder Grundsatzerklärung der WHO“. Weiter wird festgestellt: „Was ‚MCS‘ betrifft, hat die WHO weder eine Richtlinie oder wissenschaftliche Meinung angenommen, noch ihr zugestimmt.“(World Health Organization. Note to invited participants in the MCS Workshop, February 21-23, 1996, Berlin, Germany 6/7/96.)“ (1) (2) Wie Ann McCampbell feststellt: „wird trotz dieser expliziten Widerspruchserklärung weiterhin behauptet, die Weltgesundheitsorganisation würde die Bezeichnung IEI unterstützen“. (1)

So steht außer Zweifel, dass die Begründung des Forschungszentrums zum Gebrauch der Bezeichnung ‚IEI‘ nichts mit der WHO zu tun hat, sondern der chemische Industrie geschuldet ist. Das Forschungszentrum ‚vergaß‘ jedoch, sowohl auf seine Homepage, als auch gegenüber MCS-Dänemark, die Öffentlichkeit über die Erklärung der WHO zu informieren. Folglich ist die Bezeichnung IEI der Manipula- tionstrick der chemischen Industrie – eine verlogene Bezeichnung, welche die Tatsache unterschlägt, dass MCS von chemischen Substanzen hervorgerufen wird. Kein seriöser MCS-Forscher benutzt diese betrügerische Bezeichnung für MCS. Der Begriff ‚IEI‘ wird nur von Wissenschaftlern, die unter dem Einfluss der chemischen und pharmazeutischen Industrien stehen, teilweise von der Psychiatrie und vom Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität benutzt, da sie damit „vorführen“ wollen, dass MCS nichts mit Chemikalien zu tun hat und dass psychologische Faktoren und individuelle Hirnfunktionsstörungen bei der Ätiologie von MCS einen Rolle spielen.

2. DIE CHEMIKALIEN LOSWERDEN

Teil 2: „Wir wissen nicht, was eine Vergiftung ist“

Zeitgleich mit diesen Augenwischereien fügte das Forschungszentrum seine wissenschaftlichen Vorurteile und erkenntnistheoretischen Gründe für seine Forsch- ung zu MCS auf seiner Homepage ein. Dort wird beschrieben, dass MCS keine Vergiftungserkrankung sein kann. Damit wird die Lüge, dass MCS nichts mit Chemikalien zu tun hätte, zum zweiten Mal gelogen.

Sie erklären: „Manche Erkrankte, die an Duftstoff- und Chemikaliensensitivität leiden, erfahren ihre Erkrankung als eine Art Vergiftung. Duftstoff- und Chemikaliensensitivität kann nicht mit toxikologischen Mechanismen erklärt werden. Ein toxikologischer Mechanismus ist durch eine sogenannte Expositions-Wirkungs-Beziehung gekenn- zeichnet (d.h. mit steigender Belastung steigt die Wirkung und das Risiko), es deutet jedoch nichts darauf hin, dass Duftstoff- und Chemikaliensensitivität häufiger bei Personen auftritt, die z.B. beruflich höheren chemischen Belastungen ausgesetzt sind.“ (mcsvidencenter.dk)

Diese fundamental vorgefasste wissenschaftliche Meinung bzw. dieser erkenntnis- theoretische Textabschnitt aus dem Ansatz des Forschungszentrums zu MCS, geht von einem falschen Verständnis von Vergiftung aus, da diese Definition von Vergiftung nur akute Vergiftung bedeutet.

Folglich ignoriert das Forschungszentrum die Tatsache, dass in vielen neueren Forschungsarbeiten diese Definition von Vergiftung zugunsten eines neuen Paradigmas aufgegeben worden ist, insbesondere wenn es um Umwelter- krankungen geht, d.h. um medizinische Krankheitsbilder, die von Umweltfaktoren ausgelöst werden. Nach diesem neuen Paradigma muss Vergiftung nicht zwingend von einer auslösenden Dosis abhängen, bei deren Erhöhung Wirkung und Risiko zunehmen, sondern niedrige Dosen können bei andauernder Belastung genau so giftig sein.

Ein Vertreter des letztgenannten Ansatzes ist der anerkannte Französische Krebsspezialist Professor Belpomme, Präsident des renommierten Französischen Krebs-Forschungsinstitutes ARTAC in Paris (Association pour la Recherche Thérapeutique Anti-Cancéreuse/Forschungsgesellschaft für Krebs-Behandlung). Neben der Erforschung von Krebs, befasst sich ARTAC nun auch mit Elektro-Hyper-Sensitivität (EHS), woran viele MCS-Kranke ebenfalls leiden. 2009 hat ARTAC mit Hilfe von Hirnscans bei EHS-Kranken Hypoperfusion (verminderte Durchblutung) im Gehirn nachgewiesen, wenn diese elektromagnetischen Feldern/Strahlungen (EMF/EMR) ausgesetzt waren.

Belpomme erläutert in seinem Buch „Avant qu’il ne soit trop tard“ (Bevor es zu spät ist), dass nun eindeutig gezeigt wurde, dass niedrige Dosen toxischer Substanzen chronische Erkrankungen verursachen können. Darum, so sagt er, irren diese Ärzte und Wissenschaftler, wie z.B. jene am Forschungszentrum nicht nur, indem sie behaupten, MCS-Kranke werden von niedrigen Dosen chemischer Substanzen krank, die völlig ungiftig seien, sondern sie machen einen doppelten Fehler. Zuerst machen sie einen wissenschaftlichen Fehler, da wir heute wissen, dass niedrige Dosen physikalisch/chemischer Belastung/Strahlung chronischen Erkrankungen (wie z.B. Krebs) auslösen können und zum zweiten begehen sie aus epidemologischer Sicht einen Fehler mit fatalen Folgen für die öffentliche Gesundheit. Denn das Warten auf den endgültigen Beweis für einen Vergiftungsmechanismus (z.B. für MCS und EHS) bedeutet dasselbe wie sich auf etwas vorzubereiten, das noch schlimmer als der aktuelle Zustand ist. Das gilt sowohl für die menschlichen, als auch für die ökonomischen Folgen.

So gesehen sind die Manipulationen des Forschungszentrums nicht weniger als ein Skandal. Mit vollkommen unqualifizierten Begründungen glauben sie zu wissen, dass MCS nichts mit Vergiftung zu tun hat. Beispielsweise sagte Jesper Elberling einer MCS-Kranken, ihre Symptome würden damit zusammenhängen, „dass ihr Hirnsensor kaputt wäre, was zu Überreaktionen und dazu führe, dass sie glaube, die Gerüche wären giftig, obwohl sie es nicht seien.“

Doch Elberling und Skovbjerg machen fatale wie auch wissenschaftliche Fehler, da die Regel der dosisabhängigen Expositions-Wirkungs-Beziehung nur für akute, nicht aber für chronische Vergiftung zutrifft. Genau so wenig befassen sie sich weder mit den in Fragen kommenden chemischen Substanzen, noch mit den fortgesetzten Belastungen, die nach Auskunft von MCS-Kranken überaus typisch für ihre (von niedrigen Dosen verursachte) Erkrankung sind.

Wie man sieht, interessieren sich Elberling und Skovbjerg weder für die Dauer der Belastung durch chemische Substanzen (Zeitfaktor) noch für den Zustand des Organismus (chronische Erkrankung).

Belpomme schreibt: „Es ist offensichtlich, dass in Zeiten von Umweltverschmutzung durch chemische Substanzen die Mehrzahl der durch diese hervorgerufenen Erkrankungen nicht auf eine akute Vergiftung zurück gehen. In diesem Fall macht nicht die Dosis das Gift, sondern die Fortdauer [der Belastung]. Dieses Konzept ist relativ neu und trifft nicht nur auf chemische Substanzen, sondern auch auf Strahlung zu. Unsere gesetzlichen (auf der dosisabhängigen Expositions-Wirkung basierenden) Regelungen schützen uns in der Tat vor akuten Vergiftungen, aber sie schützen uns nicht vor chronischen Erkrankungen, die durch Dauerbelastungen mit niedrigen Dosen verursacht werden. Bei anhaltender Belastung muss man deshalb den Zeitfaktor stärker als die aktuelle Dosis in Betracht ziehen. Je länger eine Exposition dauert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, eine chronische Erkrankung zu entwickeln, das trifft insbesondere auf Krebs zu.“ (S.73) (3)

Nahezu alle MCS-Erkrankten erklären ganz eindeutig, dass sich ihre MCS mit der Zeit aufgrund wiederholter niedriger Belastungen durch unterschiedliche chemische Substanzen verschlimmert hat. Viele Forscher (wie z.B. Martin Pall) betonen, dass eine große Zahl dieser chemischen Substanzen extrem neurotoxisch sind (giftig für das Nervensystem) und eine Menge andere chemische Substanzen sind dafür bekannt, weitere toxische Wirkungen auf den Organismus zu haben. Aus diesen Gründen ist es unglaublich unqualifiziert und amateurhaft, wenn das Forschungs- zentrum von der Grundannahme ausgeht, die Ursache für MCS könne kein toxikologischer Mechanismus sein.

Mit Hilfe dieser zwei arglistigen Methoden [Namensänderung und Toxizität leugnen] schließt das Forschungszentrum den Umweltfaktor – das chemische Indiz – von vornerein aus. Doch das genügt offenbar nicht. Nun muss bewiesen werden, dass MCS etwas mit psychologischen Faktoren zu tun hat.

Und wie wurde das bewerkstelligt?

3. DIE CHEMIKALIEN LOS WERDEN

Teil 3: „Einfach falsch übersetzen“

Nun, um damit anzufangen, haben sie die Forschungsarbeit und den Fragebogentest von Eva Millqvist manipuliert: „A Short Chemical Sensitivity Scale for Assessment of Airway Sensory Hyper Reactivity“ (Kurzskala für Chemikaliensensitivität zur Bewertung sensorischer Atemweghyperreaktivität), von Steven Nordin, Eva Millqvist, Olle Löwhagen und Mats Bende, International Archives of Occupational and Environmental Health (2004) 77: 249-254, DOI: 10.1007/s00420-004-0504-7. Diese Arbeit enthält einen validierten Fragebogen um SHR (sensorische Hyperreaktivität, eine Begleiterkrankung von MCS) zu quantifizieren. Wer unter SHR leidet, zeigt bei Belastung durch chemische Substanzen in erster Linie Symptome der Atemwege.

Das Forschungszentrum wählte diesen Fragebogen und verschickte ihn an viele MCS-Kranke und an nicht von MCS betroffene Personen. Es gab jedoch eine kleine Ungereimtheit darin, da sie sieben der elf Fragen absichtlich falsch ins Dänische übersetzten. Während die ursprünglichen Fragen des validitierten CSS-SHR Tests (Chemical Sensitivity Scale for Sensory Hyperreactivity), der in Kombination mit dem Capsaicin-Test (Chilitest) SHR diagnostizieren kann, die Verhaltens- und gefühlsmäßigen Reaktionen von Menschen auf Belastungen mit chemischen Substanzen abfragen („riechende/stechende Substanzen“), verbog sie das Forsch- ungs zentrum in der dänischen Übersetzung zu Fragen nach den Verhaltens- und gefühlsmäßigen Reaktionen auf Gerüche („Düfte und chemische Gerüche“). Schlau!

Nahezu nicht wahrnehmbar wurden die Fragen zu den Reaktionen der Menschen auf Gerüche umgemodelt, doch Gerüche und Chemikalien sind keine gleichbedeutenden Begriffe. Und wenn die Leute nur die vorgelegten Fragen beantworten können, werden die Antworten natürlich nur die Reaktionen der Leute auf Gerüche zurückliefern.

4. NUN IST SO GUT WIE ALLES GEBACKEN

MCS wird individualisiert und psychiatrisiert

Endlich wurde alles passend gedeichselt, um diese Ergebnisse mit einer Reihe psychiatrischer Tests verknüpften zu können, damit man ein Forschungsergebnis bekommt, nach dem MCS-Kranke eine idiosynkratische Wahrnehmung von Gerüchen haben und deshalb ein erhöhtes, ungesundes Maß an Aufmerksamkeit auf körperliche Symptome richten, und außerdem sind sie oft traurig. Hokuspokus, MCS ist nun eine Angelegenheit des Individuums. Es liegt am MCS-Kranken selbst, dem unterstellt wird, dass er ungiftigen Gerüchen ein erhöhtes, ungesundes Maß an Aufmerksamkeit (‚enhanced internal information’/gesteigerte innere Information) schenkt und unter Einbeziehung psychiatrischer Tests deutet das Ergebnis darauf hin, dass die Symptomatik der MCS-Kranken von psycho-pathologischer Natur ist, aber es sei nicht bekannt, inwieweit Psychopathologie und individuelle Anfälligkeit für Unverträglichkeitsreaktionen an der Entstehung von MCS beteiligt oder nur verstärkende Faktoren sind. „Wahrscheinlich ist die Ätiologie von IEI multifaktoriell, und wie bei somatoformen Erkrankungen spricht vieles dafür, dass man die Komplexität von IEI am besten unter bio-psycho-sozialen Gesichtspunkten beleuchtet. (S.38)

Somit ist entschieden, dass es sich bei MCS und eine somatoforme Erkrankung handelt und – Hokuspokus – jetzt ist MCS psychiatrisiert.

Somit sieht das Rezept für diese unverdauliche Speise im Kochbuch folgendermaßen aus:

„Lügen und Manipulationen als Vorbereitung für betrügerische Forschung und für Scheinforschung“

Die Zutaten:

  • Fehlerhafte und veraltete Definition von Vergiftung
  • Neuer (alter) von der chemischen Industrie erfundener Name (IEI)
  • Gefälschte medizinische Diagnosen (IEI) (und Toxikologie und Umweltmedizin fallen unter den Tisch)

Zusätzlich hinzufügen:

  • Durch Falschübersetzung gefälschte Fragebögen, damit chemische Substanzen zu Gerüchen werden, sowie ‚Somatisierung‘. Ooops! Es sollte heißen: die Diagnose ‚körperliches Schmerzsyndrom‘.

Endlich ist die Speise serviert: Wir haben nun eine psychiatrische Erkrankung auf dem Tisch, d.h. eine Mischung aus körperlicher Erkrankung (Fehler im Gehirn: ‚der Hirnsensor ist kaputt‘) und vielleicht etwas genetisches (individuelle Anfälligkeit) und psychiatrische Krankheit (Depression, Angst).

Und wohin führt dieses große Zauberkunststück?

5. DER ZAUBER IST GEGLÜCKT

MCS fällt in die Zuständigkeit der Psychiatrie und muss psychiatrisch behandelt werden

Nun, es führt uns zu der mächtigen psychiatrischen Bewegung, die bereit steht, Patienten und insbesondere Geld zu empfangen. MCS heißt nun in der Sonderausgabe zu funktionellen Störungen des Dänischen Ärztewochenblattes ‚bedeutungsvoll‘ Geruchssensitivität (Ugeskrift for Læger no. 24, 14 June 2010). Lassen Sie sich das nicht entgehen. Nun ist MCS eine funktionelle Störung. Die Falschheit ist fertig, denn das war es, worum es immer ging, nicht wahr?

Nun stellen MCS-Kranke für die Gesellschaft, die chemische Industrie und die Versicherungsgesellschaften keine Gefahr mehr dar. Aber natürlich ist es selbstverständlich, dass sie behandelt werden müssen, da sie uns leidtun, weil einige Leute denken, sie würden nur simulieren. Deshalb brauchen sie wie es aussieht eine psychiatrische Behandlung: Kognitive Psychotherapie und vielleicht in schweren Fällen Elektroschock. Und passen Sie auf, als nächstes kommt natürlich, dass die nette Pharmaindustrie ein paar psychoaktive Medikamente fertig hat, damit die armen MCS-Kranken neben ihren Depressionen und ihrer Angst ihren „kaputten Hirnsensor“ repariert bekommen.

Daraus kann man folgern, dass das Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität zur mächtigen Psychiatrisierungskampagne gehört, die gerade weltweit stattfindet.

In den USA war schon seit längerer Zeit eine Überprüfung des DSM Diagnose-Systems auf dem Weg (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen)). Das DSM ist das [von der American Psychiatric Association herausgegebene] Gegenstück zum internationalen ICD-10. Darin hat man verstanden, dass jene, die an den ’neuen‘ Erkrankungen leiden, nicht damit einverstanden sind, wenn ihre Krankheiten als „somatoforme Erkrankungen“ d.h. als Geisteskrankheiten klassifiziert werden. Dazu gehören: Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS), Fibromyalgia (FMS) und nun MCS (und bald EHS/Elektrosensibilität – die man nur noch nicht entdeckt hat). Was soll man also stattdessen tun? Nun, natürlich haben sie neue ‚würdige‘ Namen wie das „körperliche Schmerzsyndrom“ erfunden (Bodily Distress Syndrome), da Psychiater phantasievolle Namen mögen, für welche sie nicht die Spur einer Begründung haben. Es ist reine Wortmagie. (4) Für wie dumm halten die uns? Es geht natürlich immer um das gleiche.

Wie Evelyn Pringle schreibt, ist es immer dasselbe, wenn die Psychiatrie versucht, Diagnosenamen und medikamentöse Behandlung für neue Zielgruppen zu erweitern. Sie zitiert den Toxikologie-Experten Prof. Dr. Lawrence Plumlee, Präsident der Chemical Sensitivities Disorders Association (Gesellschaft für Chemikalien- sensitivität- Erkrankungen) und Herausgeber von „The Environmental Physician“ der American Academy of Environmental Medicine:

„Es handelt sich um das Bestreben der Psychiatrie, körperliche Erkrankungen zu psychiatrisieren und zu versuchen, die Beschwerden der Patienten durch verschreiben psychiatrischer Medikamente zu unterdrücken. Doch die Erfahrung lehrt, dass psychiatrische Verfahren und Medikamente den Zustand der Patienten verschlechtern. Psychiatrische Diagnosen und Medikamente auf neurotoxische Erkrankungen anzuwenden hilft den Chemiefirmen in zweifacher Hinsicht. Es täuscht manche Leute, damit sie denken, vergiftete Menschen wären verrückt, wodurch die Vergifter jeglicher Verantwortung entkommen und zweitens kann man so mehr Chemikalien (psychiatrische Medikamente) verkaufen, mit denen jene behandelt werden, die nicht mehr Chemie in ihrem Körper, sondern Entgiftung dringend nötig hätten.“ (5)

Behalten Sie es im Gedächtnis: Das ist es, wogegen wir sind.

Autor: Eva Theilgaard Jacobsen, MSc (Master of Science) für Psychologie, Fachärztin für Psychotherapie, Oktober 2010

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivty Network

EMM Blog: The Research Center for Fragrance and Chemical Sensitivity in Denmark – A Hoax

Referenzen:

  1. Ann McCambell: „Multiple Chemical Sensitivity Under Siege“ Chair Multiple Chemical Sensitivities Task Force of New Mexico
  2. World Health Organization: „Note to invited participants in the MCS workshop „21-23 February 1996, Berlin, Germany 6/7/96.
  3. Dominique Belpomme: „Avant qu’il ne soit trop tard“. Fayard 2007.
  4. Kroenke, Sharpe, Sykes: „Revising the Classification of Somatoform Disorders: Key Questions and Preliminary Recommendations“, Psychosomatics 48:4, July-August 2007.
  5. Evelyn Pringle: „Tracking the American Epidemic of Mental Illness“, June, 22, 2010

Über das Forschungszentrum:

Es gehört zur Vorgehensweise und Methodik des Forschungszentrums, dass seine Öffentlichkeitsarbeit mehrdeutig ist. Schließlich ist eine der wichtigsten Mitarbeiterinnen eine Journalistin. International heißt das Forschungszentrum „Dänisches Forschungszentrum für chemische Sensitivität“, doch für das heimische Publikum heißt das Zentrum „Dänisches Forschungszentrum für Duftstoff- und Chemikaliensensitivität „. Dafür gibt es einen Grund. MCS-Betroffene haben dem Dänischen Forschungsministerium mittlerweile Hinweise zum richtigen Verständnis des arglistigen Aufsatzes „Körpergefühl und Symptomwahrnehmung von IEI-Erkrankten im Blickpunkt“ geliefert und diesen als betrügerische Forschung reklamiert. In erster Linie weil das Forschungszentrum Eva Millqvists Forschung verfälscht, indem „riechende/stechende Substanzen“, z.B. Chemikalien absichtlich mit „Düfte und chemische Gerüche“ ins Dänische übersetzt wurden. Diese Übersetzung des validierten CSS-SHR Tests (Chemical Sensitivity Scale for Sensory Hyperreactivity/Chemische Sensitivitätsskala für sensorische Hyperreaktivität) von Millqvist wurde als Fragebogen an viele Menschen, darunter MCS-Kranke, verschickt. Dadurch hat das Forschungszentrum betrügerische Daten produziert, indem Reaktionen von Menschen auf chemische Substanzen zu Reaktionen auf Düfte/Gerüche gemacht wurden. Auf diese Art und Weise versuchten sie, den ursächlichen Zusammenhang von chemischen Substanzen in der Umwelt und MCS aufzulösen. Dies bereitete den Weg, MCS zu individualisieren und zu psychiatrisieren. Deshalb können dänische Psychiater MCS nun als „funktionale Störung“ (mit unbekannter Ursache) diagnostizieren, Ärzte können MCS-Kranke zur psychiatrischen Behandlung und Diagnose überweisen und den MCS-Kranken werden Behindertenrente und Entschädigungszahlungen von Versicherungen verweigert. Auf internationaler Ebene jedoch versucht das Forschungszentrum als Einrichtung seriöser Forscher zu erscheinen. Doch fragen sie diese mal nach dem Artikel von Martin Pall in [Ballantyne, Maars & Syvertsen’s „General and Applied Toxicology“] und sie werden die Antwort erhalten, dass dieser nach ihrer Ansicht zu schwer zu verstehen wäre. Wäre alles nicht so tragisch, wäre das Ganze ziemlich unterhaltsam. Sie sind ein Haufen von Amateuren mit einer Krankenschwester als Chefin. So weit ist es mit Dänemark nach 10 Jahren unter einer rechtslastigen Regierung gekommen. (Das Forschungszentrum wurde von der Regierung gegründet und wird von ihr finanziert.)

Fortsetzungsserie: „Dänisches MCS-Forschungscenter im internationalen Blickfeld“

Chemikalien, eine verschwiegene Ursache für Brustkrebs

Wenn Umwelt krank macht – Umweltbelastung und Brustkrebs

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Wenn es um die Krankheit geht, dann meist um ihr medizinisches Management. Die öffentliche Darstellung von Brustkrebs ist geprägt vom Appell zur Früherkennung und von Erfolgsmeldungen zu neuen Behandlungsmöglichkeiten und pharmazeutischen Errungenschaften. Während der Fokus der Ursachenforschung auf genetischen und biochemischen Aspekten liegt, werden giftige Stoffe und hormonell wirksame Substanzen weitgehend vernachlässigt.

Diese Lücke füllt nun die längst fällige Broschüre „Die verkannte Gefahr: Umweltbelastungen und Brustkrebs“ (pdf), die die beiden großen Frauenorgani- sationen WECF (Women in Europe for a Common Future) und Arbeitskreis Frauenge- sundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) am vergangenen Wochenende in Berlin vorgestellt haben.

Die Broschüre, die Zusammenhänge zwischen Umweltbelastungen und Ursachen von Brustkrebs thematisiert und sich direkt an die Frauen, Politik und Medizin richtet, ist die erste Veröffentlichung dieser Art in deutscher Sprache.

„Es gibt längst Studien, die die Zusammenhänge zwischen Umweltbelastungen und Brustkrebs untersuchen“, so Alexandra Caterbow, Chemikalienexpertin von WECF. „Und es gibt Hinweise, dass verschiedene Chemikalien, mit denen wir alltäglich in Berührung kommen, die Entstehung von Brustkrebs begünstigen. Zur Verbreitung solcher Informationen wollen wir mit vorliegender Broschüre beitragen. Wir wollen eine Diskussion anstoßen, in der umfassender nach den Ursachen von Brustkrebs gefragt wird. Und wir wollen Angst abbauen und dazu ermutigen, sich in Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltpolitik einzumischen. Denn nicht nur im Zusammenhang mit Brustkrebs gilt: Heilen ist gut, doch vermeiden ist besser.“

Vermeidbare Risiken gehen beispielsweise von Umweltöstrogenen (endokrinen Disruptoren) aus, die unter anderem die Entstehung von Brustkrebs begünstigen können. Ob Bisphenol A (BPA), Phthalate, Parabene oder Pestizide in Insektenschutzmitteln und Herbizide in Pflanzenschutzmitteln, Dioxine, Flammschutzmittel, DDT-Rückstände, bedenkliche Inhaltsstoffe in Kosmetika, Hormone in der Nahrung, industrielle Karzinogene oder organische Lösungsmittel: Frauen sind heute zahlreichen vermeidbaren Gefährdungen ausgesetzt. Weniger schädliche Chemikalien bedeuten auch weniger Brustkrebs. Die Broschüre bietet Frauen Informationen zum Selbstschutz und bindet die Politik mit zentralen Forderungen ein.

Die Broschüre, die von WECF bereits in englischer, französischer und holländischer Sprache veröffentlicht wurde, wurde nun gemeinsam mit dem AKF überarbeitet und ins Deutsche übertragen. Die Broschüre ist erhältlich als Download oder gegen eine Schutzgebühr von 5,- Euro unter buchbestellung@wecf.eu

Literatur:

WECF, Wenn Umwelt krank macht – Umweltbelastung und Brustkrebs, München, 9.11.2010

Weitere Artikel zum Thema Brustkrebs:

Chemikaliensensitivität – Folge des modernen Lebensstils der Spezies Mensch

Nebenwirkungen des modernen Lebens

Aktuell zirkulieren etwa 100.000 verschiedene Chemikalien fortwährend in der Umwelt und die Wirkung der überwiegenden Mehrheit dieser Chemikalien auf den menschlichen Organismus ist unbekannt.

Stephen Hawking [pop. Prof. mit ALS] ist der Ansicht, dass der Erde eine verheerende Katastrophe droht und das Leben kann nur weiterbestehen, wenn man im Weltraum Kolonien errichtet.

Was Hawking am meisten Sorgen macht ist ein möglicher Zusammenstoß der Erde mit einem Asteroiden, der das Leben auslöschen würde. Ich denke jedoch, auf dieses Desaster brauchen wir nicht zu warten. Die Menschheit ist bereits erfolgreich dabei, den Auftrag auszuführen, das Leben auf der Erde auszurotten.

Auf der Erde, unserem Planeten, gab es seit mehr als 3½ Milliarden Jahre Leben. Menschen tauchten ungefähr 50.000 Jahre vor unsere Zeitrechnung auf. Bis vor etwa 100 bis 150 Jahren vertrug sich die Menschheit bestens mit der Natur und hatte bis dahin eine Lebensweise, die nur in geringem Umfang in die empfindlichen Ökosysteme der Natur eingriff.

Vor ungefähr 150 Jahren kam es jedoch zu einer drastischen Veränderung. Die Industrialisierung begann, Herstellungs- und Aufbereitungsprozesse konnten durch den Einsatz von Dampf, Gas, Öl und Elektrizität als Energiequelle verbessert werden.

In den 50’er Jahren stieg der Verbrauch von Chemikalien explosionsartig an. Es entsprach den Zeitgeist, Lebensmittelzusätze, Chemikalien, Detergenzien zur Erleichterung der täglichen Mühen der Hausfrau und von Chemikalien triefende Körperpflegeprodukte usw. herzustellen.

Herstellung und Verbrauch von Chemikalien ohne jegliches Hinterfragen

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass heute über 100.000 verschiedene Chemikalien ständig in der Umwelt zirkulieren, und dass wir die Wirkung der überwiegenden Mehrheit dieser Chemikalien auf den menschlichen Organismus immer noch nicht kennen. Doch mittlerweile wird die Cocktail-Wirkung dieser Chemikalien allmählich diskutiert. Viele unterschiedliche Chemikalien sind zusammen sehr viel schädlicher als einzelne Chemikalien. Die Motivation, sich mit diesen Problem kritisch zu befassen, ist jedoch nicht besonders hoch. Einige Chemikalien haben hormonähnliche Wirkung, dies verursacht sexuelle Frühreife, Kinderlosigkeit usw. Und es ist eine bekannte Tatsache, dass manche Chemikalien krebserzeugend sind. Doch selbst dies wurde in großen Umfang ignoriert.

Ertragsgierige Landwirte versprühen Pestizide

Landwirte sprühen immer aggressiver eine große Anzahl verschiedener Pestizide – Stoffe, die dafür gemacht sind, lebende Organismen abzutöten: Insekten, Unkraut und Pilzbefall. Es ist bekannt, dass diese Pestizide ausnahmslos bis in das Grundwasser durchsickern. Doch was wurde deswegen unternommen? Ach ja, es wurden Grenzwerte vorgegeben, wie viel Verunreinigung in unserem Trinkwasser erlaubt ist. Es wurden Grenzwerte gesetzt, wie viel toxischen Abfall unsere Nahrungsmittel enthalten dürfen. Das ist doch purer Wahnsinn! Ohne zu protestieren stimmen wir zu, giftigen Abfall zu essen, zu trinken und einzuatmen. Was lässt uns glauben, diese schädlichen Chemikalien wären für den Menschen unschädlich, wenngleich die Pestizide entwickelt wurden, um lebende Organismen zu töten?

Chemische Unfälle sind zu Alltagsvorkommnissen geworden

Nahezu jeden Tag werden wir im Fernsehen und in Zeitungen mit Berichten über diverse chemische Unfälle überschüttet. Ein ganzes Dorf in Ungarn versinkt in einer Flutwelle aus giftigem Schlamm. Man entdeckt verseuchte Gelände und in der freien Natur werden überall Chemikalien abgeladen. Die Industrie gibt große Mengen giftiger Abwässer und giftiger Abgase an die Umwelt ab und verursacht dadurch schwerwiegende Schäden bei Mensch und Tier. Manche Fische sind aufgrund der hohen Schwermetallbelastung nicht mehr essbar. Selbst Eisbären, die so fern der Zivilisation leben, sind über ihre Nahrung Chemikalien und Umweltverschmutzung ausgesetzt und bekommen missbildete Genitalien. Die Luft ist mit Schadstoffen angefüllt und wir verbrennen fossile Brennstoffe in immer größeren Mengen. Wir scheinen gegen all diese grausamen Nachrichten teilweise „immun“ geworden zu sein. Der Wahnsinn geht weiter, vom Hang des Menschen zur Habgier angetrieben.

Umwelterkrankungen wie MCS sind Folge all dieser chemischen Produktion und Umweltverschmutzung

Ungefähr im Zeitraum der letzten 50 Jahre hat sich die Anzahl der Menschen, die an solchen Umwelterkrankungen wie MCS erkranken, allmählich erhöht. Es wundert nicht, dass die Schwächsten von uns der verheerenden chemischen Belastung unterliegen, die dem menschliche Körper genau so fremd ist, wie die zunehmende Verbreitung von drahtlosen Geräten mit Funkverbindung, die ebenfalls eine verheerende und unnatürliche Strapaze für den menschlichen Organismus darstellen.

Der Mensch wurde geschaffen, um mit der Natur in Einklang zu leben, und selbst wenn es uns „natürlich“ vorkommt, so zu leben, wie die Gesellschaft dies heutzutage tut, wobei wir täglich hunderten von Chemikalien ausgesetzt sind oder diese verzehren, ist unser Körper natürlich nicht dafür ausgerüstet, sich gegen all diese Substanzen, die dem menschlichen Körper fremd sind, zu wehren. Einige Mitglieder der Gesellschaft werden von diesem überwältigenden Druck, der sich chemisch aufgebaut hat, krank und entwickeln Chemikaliensensitivität.

  • Weshalb leugnen Politiker, Wissenschaftler, Ärzte und andere die Existenz der Umwelterkrankung MCS?
  • Wenn Tiere von chemischen Verunreinigungen krank werden, fragt sich, warum eine Reihe von Menschen auf diesen, dem menschlichen Körper fremden verheerenden chemischen Druck nicht ähnlich reagieren soll, in dem sie krank werden?
  • Sollte es nicht naheliegen, Menschen mit Umwelterkrankungen ernst zu nehmen?
  • Sollte die Gesellschaft nicht so reagieren, dass sie Alarm schlägt und ernsthafte Forschung auf diesem Gebiet veranlasst?
  • Sollte die Zunft der Medizin diesen durch die Umwelt schwer erkrankten Menschen nicht sofort faire und sorgfältige medizinische Untersuchung, Rat und Behandlung für ihre behindernde Erkrankung MCS anbieten?
  • Warum gibt es stattdessen einen derart breiten und massiven Widerstand, MCS als das was es ist, als eine Umwelterkrankung zu akzeptieren? Wer hat ein besonderes Interesse daran, die Erkrankung Chemikalien-Sensitivität zu leugnen und stattdessen zu versuchen, sie weg zu diskutieren, indem sie zu einer mentalen Erkrankung erklärt wird?
  • Könnte es sein, dass die chemische Industrie, die Versicherungsbranche und gewisse Politiker ein großes Interesse daran haben, MCS wegen den Chemikalien nicht als eine Umwelterkrankung anzuerkennen?

Wenn MCS als eine von Chemikalien hervorgerufene Erkrankung anerkannt würde, bekämen die zuvor erwähnten Gruppen sehr große finanzielle Schwierigkeiten. Stattdessen werden bei diesen Erkrankten jedoch psychiatrische Störungen diagnostiziert, damit große Beträge an Gewinnverlust, Schadensersatz, Gewährung von Behindertenrente usw. eingespart werden. So macht es Sinn. Hier finden wird den Grund, weshalb weltweit derart verbiestert fairer und sorgfältiger Forschung zu MCS widersprochen und warum unablässig versucht wird, die wenigen Umweltärzte durch jedes erdenkliche Mittel in Verruf zu bringen.

Es gibt immer geldgierige Wissenschaftler in der Forschung und Ärzte, die gekauft werden können, um im Voraus festgelegte Forschungsergebnisse und auch Diagnosen zu produzieren. Im Falle der gesundheitlichen Wirkung von Tabak war dies offensichtlich und es ist genau so offensichtlich im Falle der gesundheitlichen Folgen von Chemikalien. Viele Ärzte diagnostizieren bei MCS-Kranken psychiatrische Störungen, doch solche Fehldiagnosen machen MCS-Kranke nicht, natürlich nicht, unempfindlicher gegenüber Chemikalien.

Im Gegenteil, immer mehr Menschen erkranken an MCS – und wenn das Problem mit den Chemikalien nicht bald ernst genommen wird, kann die Prophezeiung von Stephen Hawking ohne weiteres zutreffen. Der Mensch ist jene Katastrophe, die im Begriff ist, die Erde und das Leben auf der Erde zu zerstören.

MCS-Kranke sind nichts anderes als die ersten Opfer. – Sie sind die gelben Kanarienvögel in der Kohlemine.

Autor: Bodil Nielsen, Dänemark http://www.mcsfokus.dk/

Englische Übersetzung: Dorte Pugliese, Christi Howarth

Deutsche Übersetzung: BrunO für CSN-Deutschland

Photo: Torben Bøjstrup / Topperfoto.dk

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Bedenkliche Chemie in Duftstoffen

Es wurde nachgewiesen, dass parfümierte Produkte zahlreiche nicht deklarierte Chemikalien abgeben

Der angenehme Duft frischer Wäsche könnte einen unangenehmen Beigeschmack haben. Weit verbreitete Produkte, auch solche die behaupten, „grün“ zu sein, geben zahlreiche Chemikalien ab, die nicht auf den Etiketten stehen. Darunter sind einige, die als toxisch eingestuft werden.

Eine von der Universität Washington geleitete Studie ergab, dass 25 häufig genutzte parfümierte Produkte durchschnittlich jeweils 17 chemische Substanzen abgeben. Von den 133 nachgewiesenen Chemikalien ist fast ein Viertel nach mindestens einem Bundesgesetz als toxisch oder schädlich eingestuft. Nur eine der freigesetzten Substanzen war auf einem Warenetikett angegeben und nur zwei sind irgendwo veröffentlicht worden. Der Bericht erschien am 26. Oktober 2010 im Journal „Environmental Impact Assessment Review“ (etwa: Abschätzung von Umweltfolgen im Überblick).

„Wir haben Produkte analysiert, die am Häufigsten verkauft werden, und ungefähr die Hälfte davon sollte ökologisch, organisch oder natürlich sein“, sagte die leitende Autorin Anne Steinemann, eine Professorin für Bau- und Umweltingenieurwesen und Public Affairs (Öffentliche Angelegenheiten) an der University of Washington. „Überraschenderweise unterschieden sich die Emissionen schädlicher Chemikalien aus „grünen“ Erzeugnissen nicht wesentlich von denen anderer Produkte.“ Mehr als ein Drittel der Erzeugnisse gab mindestens eine Chemikalie ab, welche die amerikanische Umweltschutzbehörde (EPA) als möglicherweise krebserzeugend einstuft und für welche sie keinen sicheren Grenzwert festsetzt.

Die Hersteller sind nicht verpflichtet, bei Reinigungsartikeln, Lufterfrischern oder Wäschepflegeprodukten irgendwelche Inhaltsstoffe preiszugeben, allesamt Produkte, die von der Product Safety Commission (Verbraucherschutz Kommission) überwacht werden. Weder diese, noch Körperpflegemittel, die von der Food and Drug Administration (Behörde für Nahrungsmittel und Medikamente) überwacht werden, erfordern die Angabe der Inhaltsstoffe, welche in den Duftstoffen zur Anwendung kommen, obwohl ein einziger „Duftstoff“ in einem Produkt ein Gemisch aus bis zu mehreren Hundert Zutaten sein kann, sagte Steinemann.

Aus diesem Grunde haben Steinemann und ihre Kollegen wie Detektive nach Chemikalien gesucht um herauszufinden, welche Stoffe parfümierten Produkte abgeben, die üblicherweise in Wohnungen, öffentlichen Räumen und an Arbeitsstätten verwendet werden.

Die Studie untersuchte Lufterfrischer in Form von Sprays, Feststoffen und Ölen, Wäschepflegemittel wie Waschmittel, Weichspüler und Trockner-Tücher [gegen Knittern und mit Duft], Körperpflegemittel wie Seifen, Händedesinfektion, Lotionen, Deos und Shampoos, sowie Reinigungsmittel, zu denen Desinfektionsmittel, Allzweckreiniger-Sprays und Spülmittel gehörten. Es handelte sich stets um weit verbreitete Marken, von denen mehr als die Hälfte zu den am meisten verkauften in ihrer Warengruppe gehörten.

Die Forscher platzierten von jedem Produkt eine Probe bei Raumtemperatur in einem geschlossenen Glasbehälter und untersuchten danach die eingeschlossene Umgebungsluft auf flüchtige organische Substanzen, winzige Moleküle, die aus der Oberfläche eines Produktes verdampfen. Sie maßen chemische Konzentrationen von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter (dem kleinsten gemessenen Wert) bis zu mehr als 1.6 Millionen Mikrogramm [0.0016 Milligramm] pro Kubikmeter [etwa 0,83ppb bis 1,3ppt].

Die am häufigsten abgegebenen Stoffe waren Limonen, eine nach Citrus riechende Substanz; Alpha-Pinen und Beta-Pinen, Substanzen mit Kiefernduft; Ethanol und Aceton, Lösungsmittel die in Nagellackentferner vorkommen.

Alle Produkte gaben mindestens einen chemischen Stoff ab, der als toxisch oder schädlich eingestuft ist. Elf Produkte gaben mindestens einen Stoff ab, der laut EPA im Verdacht steht, Krebs hervorzurufen. Dazu zählten Acetaldehyd, 1,4-Dioxan, Formaldehyd und Methylchlorid. Die einzige überhaupt auf einem Produktetikett angegebene Chemikalie war Ethanol und die einzige weitere Substanz, welche in einem chemischen Sicherheitsbericht bzw. in einem Sicherheitsdatenblatt vorkam, war 2-Butoxyethanol.

„Die Produkte gaben zusammen über 420 Chemikalien ab, aber nahezu keine wurde irgendwo den Verbraucher offen gelegt“, sagte Steinemann.

Da über die Zusammensetzung der Produkte Verschwiegenheit herrscht, war es unmöglich festzustellen, ob eine Chemikalie der Grundsubstanz eines Produktes oder dem ihm hinzugefügten Duftstoff oder beidem entstammt. [Dies dient vordergründig dem Wettbewerbsschutz und ist gesetzlich entsprechend geregelt.]

Die Ergebnistabellen enthielten neben den aufgelisteten Artikeln alle von jedem einzelnen Produkt abgegebenen Chemikalien, sowie deren Konzentrationen, führen jedoch keine Markennamen der Produkte auf.

„Wir möchten bei niemandem den Eindruck erwecken, man wäre vor Schaden sicher, indem man Produkt „B“ kauft, weil wir Produkt „A“ erwähnen“, sagte Steinemann. „Potentiell schädliche Chemikalien fanden wir in allen parfümierten Produkten, die wir getestet haben.“

Die Studie belegt die Anwesenheit verschiedener Chemikalien, maßt sich aber keine Aussagen über die möglichen Gesundheitsfolgen an. 2009 ergaben zwei in allen Bundesstaaten durchgeführte Erhebungen von Steinemann und einer Kollegin, dass ungefähr 20 Prozent der Bevölkerung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Lufterfrischer berichteten und ungefähr 10 Prozent klagten über gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Wäschepflegeprodukte, deren Abluft nach Draußen abgeführt wurde. Asthmatiker klagten ungefähr doppelt so häufig darüber, wie der Durchschnitt.

Nach dem Gesetz zur Auszeichnung von Haushaltsprodukten, welches derzeit einer Prüfung durch den US-Senat unterzogen wird, sollten die Hersteller die Inhaltsstoffe von Lufterfrischern, Seifen, Waschmitteln und anderen Verbrauchsgütern angeben. Steinemann sagt, ihr Augenmerk richtet sich auf Duftstoffmischungen, die im Entwurf des neuen Auszeichungsgesetzes aufgeführt sind.

Grund ist das Potential an unerwünschten Expositionen oder das, was sie „Düfte aus zweiter Hand“ nennt.

Als das, was Verbraucher die solche Chemikalien vermeiden wollen, in der Zwischenzeit tun sollten, schlägt Steinemann einfachere Möglichkeiten vor, z.B. mit Essig und Natron zu reinigen, zum Lüften Fenster zu öffnen [statt Air Freshener] und duftfreie Produkte benutzen.

„In den vergangenen zwei Jahren habe ich mehr als 1.000 Mails, SMS und Anrufe von Menschen bekommen, die etwa folgenden Inhalt hatten: ‚Ich danke Ihnen, dass Sie diese Untersuchungen durchführen, diese Produkte machen mich krank und nun beginne ich zu verstehen weshalb'“, sagte Steinemann.

Steinemann ist zurzeit Gastprofessor für Bau- und Umweltingenieurwesen an der Stanford University. Mitautoren sind Ian MacGregor und Sydney Gordon vom Battelle Memorial Institute in Columbus, Ohio, Lisa Gallagher, Amy Davis und Daniel Ribeiro von der University of Washington und Lance Wallace von der amerikanischen Umweltschutzbehörde im Ruhestand. Die Untersuchung wurde teilweise durch die Stadtwerke von Seattle finanziert.

Literatur:

Übersetzung: Vielen Dank an BrunO!

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Hersteller von Haushaltsreinigern werden aufgefordert chemische Inhaltsstoffe preiszugeben

Verbraucher sollen Entscheidungsfreiheit erhalten, ob sie giftige Inhaltsstoffe wollen oder nicht

Reinigungsmittel, wie sie in jedem Supermarkt in den Regalen stehen, tragen durch die darin enthaltenen Chemikalien zu einem erheblichen Teil zur Schadstoffbelastung in Innenräumen bei, das bestätigten wissenschaftliche Studien der letzten Jahre. Chemische Reiniger, aber auch Reinigungsmittel, die ätherische Öle enthalten, können die Gesundheit belasten und sogar nachhaltig schädigen. Ein Putzmittel zu finden, das keine schädlichen Inhaltsstoffe enthält, ist für den Verbraucher nicht einfach, weil die Hersteller, außer im Biobereich, in den seltensten Fällen eine volle Deklaration der Inhaltsstoffe anführen. Die Konsumenten haben daher realistisch betrachtet, so gut wie keine Möglichkeit, beim Produktkauf abzuwägen, ob sie bspw. ein Reinigungsmittel kaufen, das Chemikalien enthält, die Krebs auslösen können, oder ein Produkt ohne bedenklichen Inhalt. Das soll sich rasch ändern.

Verbraucherinitiativen machten massiv Druck

Im US Bundesstaat New York wird mit der Zurückhaltung der Inhaltsstoffe von Reinigungsmitteln bald Schluss sein. Man will jetzt erstmalig damit beginnen, von Herstellern für Haushaltsreiniger eine Offenlegung der chemischen Inhaltsstoffe der Produkte zu verlangen und Informationen darüber, welche Gesundheitsrisiken diese Substanzen bergen.

Dieser wichtige Schritt wurde durch Verbraucherinitiativen erzielt, die sich im Bereich Gesundheit und Umwelt engagieren. Sie drängten das New Yorker Department of Environmental Conservation dazu, Offenlegungspflichten durchzusetzen, die laut Gesetz in diesem Bundesstaat bereits seit über 30 Jahren bestehen.

Kampagne zum Wohle der Gesundheit

Unabhängige wissenschaftliche Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen vielen Chemikalien, die häufig in Reinigungsmitteln enthalten sind, und gesundheitlichen Auswirkungen, die von Nervenschäden bis zu Hormonstörungen reichen. Mit wachsender Besorgnis über die möglichen Gefahren durch die Chemikalien in diesen Produkten starteten die Initiativen eine Kampagne, um Druck auf den Bundesstaat auszuüben. Ziel ihrer Kampagne war, das Recht des Verbrauchers auf Wissen, was in einem Produkt ist, anzuerkennen und mit der Durchsetzung des seit 33 Jahren bestehenden Gesetzes zu beginnen.

Signalwirkung

Diese First-of-its-kind-Richtlinie könnte nationale Implikationen nach sich ziehen, als auch eine Dynamik aufbauen, die in den USA und im Ausland für eine Reform toxischer Chemikalien sorgt, so die Hoffnung von Earthjustice. Der amerikanische Kongress erwägt derzeit eine Überholung der Rechtsvorschriften zur US-Chemikalienpolitik. Im Juli 2010 wurde ein Gesetzentwurf diskutiert, der die chemische Industrie dazu zwingt, die Sicherheit von Chemikalien nachzuweisen, bevor sie in Produkten verwendet werden können. Diese Änderungen sollen in Anlehnung an REACH erfolgen, der Europäischen Chemikaliengesetzgebung, die Unternehmen bereits versuchen umzusetzen.

„Volldeklaration ist ein entscheidender Schritt in Richtung Gewährleistung sicherer, gesünderer Produkte“, sagte Kathy Curtis von Clean New York. „Die Verbraucher im ganzen Land werden von der New Yorker Vorreiterposition profitieren.“

Konzerne erhielten Anzeige

Letztes Jahr hatte die gemeinnützige Anwaltskanzlei Earthjustice im Auftrag von mehreren Organisationen im Umwelt- und Gesundheitsbereich die größten Hersteller von Reinigungsmitteln, Procter & Gamble, Colgate Palmolive, den Arm & Hammer Tochterkonzern Church and Dwight, als auch den Hersteller von Lysol, Reckitt-Benckiser, angezeigt, weil diese Riesenkonzerne ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen waren, zweimal jährlich Bericht zu erstatten über die Inhaltsstoffe in ihren Produkten. Ein Richter wies die Klage ab, die im letzten Monat ohne Entscheidung über die Begründetheit der Gruppenansprüche verhandelt wurde. Aber während der Gerichtsverhandlung sagten die Unternehmen zu, dass sie einer Offenlegung von Berichte mit den Inhaltsstoffen ihrer Produkte zustimmen, wenn Sie durch den Staat dazu aufgefordert werden.

DEC Bevollmächtigter Peter Grannis hat jetzt einen solchen Antrag gestellt, wie er bei einer aktuellen Zusammenkunft der Interessenvertreter mitteilte.

Ein neues Zeitalter für Konsumenten bricht an

„Indem die Unternehmen dazu gebracht werden, sauber darlegen zu müssen, was in ihren Produkten ist, leitet der Bundesstaat New York ein Zeitalter von größerer Transparenz ein und befähigt die Menschen, sich selbst und ihre Familien zu schützen“, sagte die Geschäftsführerin und Earthjustice Rechtsanwältin Deborah Goldberg, die eine mit Wahrscheinlichkeit anstehende Beschwerde gegen die Reinigungsmittelunternehmen führen wird, die ihre Berichte noch abzuliefern haben.

Akzeptable Lösung für beide Seiten

Anfang Oktober 2010 gab es eine Zusammenkunft der Interessenvertreter, es trafen sich Vertreter des DEC, der Organisationen aus dem Gesundheits- und Umwelt- bereich und der Reinigungsmittelunternehmen, um ein Verfahren einzuleiten, dass für beide Seiten akzeptabel und machbar ist und dazu dient, mit der Offenlegung von Chemikalien in den Produkten zu beginnen. „Wir sind unglaublich froh darüber, dass die New York DEC diese Informationen von den Produktentwicklern anfordert. Verbraucher haben ein Recht darauf zu wissen, was sie durch Reinigungsmittel ausgesetzt sind“, sagte Erin Switalski, leitender Direktor der Organisation Women’s Voices for the Earth. „Informationen zu Produktbestandteilen öffentlich zu machen, ist ein entscheidender Schritt zum Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens aller Verbraucher.“

Höchste Zeit, dass Hersteller Verantwortung tragen müssen

Die Umweltverbände sind allesamt begeistert darüber, dass sich endlich etwas ändern soll. „Es ist höchste Zeit, dass der Bundesstaat New York State auf die Durchsetzung des Rechts pocht und Reinigungsmittel-Hersteller die Verantwortung für die gefährlichen Chemikalien in ihren Produkten zuweisen. Wir begrüßen diese lang erwartete Maßnahme des Department of Environmental Conservation sehr „, sagte Saima Anjam von den Environmental Advocates von New York.

Verbraucher fordern ungiftige Produkte

Hersteller von Reinigungsmitteln sind dabei zur Kenntnis zu nehmen, dass sich das Klima in Bezug auf Giftstoffe in Produkten wandelt. Als Reaktion auf ein Schreiben der in den Prozess eingebunden Organisationen reichten mehrere Unternehmen, darunter auch der in Kalifornien ansässige Konzern Sunshine Makers, Inc. (Hersteller von Simple Green-Produkten), erstmalig Berichte über Inhaltsstoffe beim Bundesstaat ein. Und drei Wochen nach der Bekanntgabe, dass Klage eingereicht wurde, gab der riesige Hersteller für Haushaltsreiniger SC Johnson bekannt, dass man mit der Offenlegung der chemischen Bestandteile in den Produkte über Produktkennzeichnungen und einer Website beginnen würde.

Krank durch Chemikalien in Reinigungsmitteln

Studien zeigen Zusammenhänge zwischen Chemikalien, die in herkömmlichen Haushaltsreinigern vorkommen und Reizung der Atemwege, Asthma und Allergien. Berufliche Exposition gegenüber einigen Ethylen-Glycol-Ethern, die oftmals als Lösungsmittel in Reinigungsmitteln verwendet werden, stehen in Zusammenhang mit Schäden an den roten Blutkörperchen und am Fortpflanzungssystem und werden mit Geburtsschäden assoziiert. Einige der Lösungsmittel in Reinigungsmitteln sind auch dafür bekannt, dass sie toxisch für das Nervensystem sind.

Chemikalien eine Ursache für Krebs

„Jeder kennt jemanden mit Brustkrebs“, sagte die Präsidentin der Huntington Breast Cancer Action Coalition, Karen Miller. „Während Wissenschaftler Fakten aufdecken, die mit toxischer Exposition aus Produkten zusammenhängen, die wir jeden Tag benutzen, muss die Regulierungsbehörde Schritt halten, um den Verbrauchern ihr Recht auf Wissen, was sie in ihre Häuser bringen, zur Verfügung zu stellen“

„Viele Chemikalien in Reinigungsprodukten und Lufterfrischern sind endokrine Disruptoren, die in Verdacht stehen, Krebs auszulösen, und dass sie die Entwicklung der Brustdrüsen im Tierversuch verändern. Die Öffentlichkeit hat das Recht zu wissen, ob einige der potenziell schädlichen Chemikalien, wie Alkylphenole, Terpene, Benzol, einige Antibiotika und bestimmte synthetische Moschusverbindungen in den Produkten enthalten sind, die sie nutzen „, sagte Margaret Roberts die Koordinatorin der Brustkrebsvereinigung Capital „Region Action Against Breast Cancer!“.

Ein bedeutender Schritt

„Dies ist eine längst überfällige Schutzmaßnahme, die Verbraucher benötigen und die ihnen zusteht“, sagte Kathleen Donahue, Vizepräsidentin einer New Yorker Lehrergewerkschaft.

„Das Engagement des Staates New York für die vollständige Offenlegung der chemischen Bestandteile ist ein bedeutender Schritt“, sagte Roger Downs, ein Sierra Club Manager.“ Jetzt können die New Yorker fundierte Entscheidungen über die Haushaltsprodukte fällen, die sie benutzen.“

„Mit einem New Yorker Gesetz, das bereits in Kraft ist und dafür sorgt, dass Kinder an Schulen vor giftigen Chemikalien in Reinigungsmitteln geschützt sind, wird die Durchsetzung dieser Offenlegungspflicht den Eltern die Möglichkeit geben, ihre Häuser genauso sicher wie Schulen zu machen,“ ergänzte Patti Wood, die Direktorin einer Grassroot-Initiative .

Internationales Aufbruchssignal

Organisationen aus dem Umwelt- und Gesundheitsbereich in allen Ländern sollten sich an diese New Yorker Initiative anhängen und durch entsprechende Forderungen und Druck auf Entscheidungsträger erwirken, dass in jedem Land nur noch solche Reinigungsmittel in den Verkaufsregalen zu finden sind, die voll deklariert und mit entsprechenden Warnhinweisen versehen sind.

Autor:

Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 20. Oktober 2010

Literatur:

Earthjustice, New York To Force Household Cleaner Giants To Reveal Chemical Ingredients, 9. September 2010

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Epigenetik und Umweltkrankheiten, die Rolle von Chemikalien

Input

Während die deutsche Öffentlichkeit über Sinn oder Unsinn von „Deutschland schafft sich selbst ab“ mehr oder weniger erhitzt diskutiert, hüllt sich die Mehrheit der Bevölkerung in Schweigen, dass die Industrie, die Regierungen und das Konsumverhalten der Bevölkerung dafür sorgt, dass sich die Menschheit tatsächlich abschafft.

Die Fakten erschrecken immer mehr:

  1. Es ist nicht mehr zu verleugnen, dass durch menschliche Schuld eine weltweite Klimaveränderung in Zeitraffer eingetreten ist, dessen Folgen in ganzen Bänden niedergeschrieben werden könnten.
  2. Es ist nicht mehr zu übersehen, dass die Umwelt zu Lande, zu Wasser, zur Luft bis hin zu den Arbeitsstätten, öffentlichen Gebäuden und Wohnungen immer mehr durch schädliche, giftige und/oder genverändernden Chemikalien verseucht wird. Mehr oder weniger müsste/muss sogar die Muttermilch als vergiftet angesehen werden.
  3. Die Umweltbelastung durch die Chemisierung der Landwirtschaft ist derart extremgeworden, dass Bienen massenhaft sterben, Allergien weiter sprunghaft zunehmen, der Urangehalt und die Schwermetallbelastung von Nahrungsmitteln und der Böden besorgniserregende Ausnahmen angenommen hat. Gene von genmanipulierten Pflanzen wurden schon in Regenwürmer nachgewiesen.
  4. Sägewerke unterziehen dem frischen Holz sofort Chemikalienduschen, damit es später nicht von Holzschädlingen befallen werden kann. Für immer mehr Menschen ist daher durch die hohe Schadstoffbelastung keine Holzart mehr verträglich. Wirklich unbelastetes Holz gibt es nahezu nicht mehr.
  5. Durch die allgemeine Vergiftung der Lebensräume und der Nahrungsmittel, aber auch durch extreme psychische Belastungen treten epigenetische Veränderungen auf, die für Diabetes, Fettsucht, Krebs, Herz- und Kreislauferkrankungen, psychische Erkrankungen und – wenn auch noch nicht offen zugegeben – sicher auch für Umweltkrankheiten verantwortlich sind

Hierzu ein Innovationsreport: Epigenetik: Die Gene sind nicht alleine schuld

Obwohl nachgewiesen wurde, dass Bisphenol A zu epigenetischen Veränderungen führt, sieht unsere Regierung keinen Handlungsbedarf.

Obwohl nachgewiesen wurde, dass die Innenseiten von Tetrapacks mit Druckfarben- bestandteilen verseucht sind, wird nichts wirklich Wirksames dagegen unternommen.

Obwohl nachgewiesen wurde, dass sogenannte Diätprodukte für Diabetiker nicht nur maßlos überteuert und nutzlos, sondern sogar schädlich sind, dürfen diese Produkte noch mindestens zwei Jahre auf dem Markt bleiben, weil man die Industrie nicht zu sehr belasten will. Im Gegensatz zu den Menschen, die durch soziale Kürzungen und Erhöhung von sozialen Abgaben nicht genug belastet werden können. Die Regierung schützt weniger das Volk, als vielmehr die umweltzerstörenden Interessen der Wirtschaft.

Die Regierung lässt zwar entsprechend forschen, aber statt Produkte solange zu verbieten, bis ihre Unbedenklichkeit sicher nachgewiesen ist, geht sie den umgekehrten Weg und lässt sie solange produzieren, bis man ihre evtl. Schädlichkeit nachgewiesen hat, erst dann reagiert man und oftmals nicht einmal dann. Oft werden lediglich abenteuerliche Grenzwerte festgelegt, die den Konsumenten zumuten, die Schadstoffe zu konsumieren. Bekanntlich klammern die Grenzwerte Kinder, Kranke, Schwangere und Vorbelastete Menschen aus. Auch die Kombination mit mehreren Grenzwerten wird ausgeklammert. Wenn ein Mülleimer mit tausenden Giftstoffarten von jeweils nur einem Gramm gefüllt wird, dann ist er auch irgendwann voll, nur der Mensch nicht?

Dass die Regierung nicht ganz so ahnungslos ist, sieht man hier:

Gesundheit – Effekte – Epigenetik

Man gibt sich also informiert, sagt aber, man müsse noch weiter forschen. Bis dahin bleibt Bisphenol A erlaubt…

Und dass Umweltkrankheiten schon längst eindeutige Boten der Umweltverseuchung sind, ignoriert man, stattdessen Psychiatrisierung der Umweltkranken, Verfolgung und Drangsalisieren von konsequenten Umweltmediziner, Negierung internationaler wissenschaftlicher Erkenntnisse und Verweigerung von Hilfe für Umweltkranke.

Autor:

Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, 12. Sept. 2010.

Weitere Artikel von Gepaucker:

Umweltchemiker diskutierten Alternativen zu Tierversuchen und umweltschädlichen Chemikalien

Größte deutschsprachige Konferenz der Umweltchemiker und Ökotoxikologen fand in Dessau-Roßlau statt

Wird ein Arznei- oder Waschmittel in der Kläranlage vollständig abgebaut? Welche Umweltrisiken und Umweltrisiken birgt der Einsatz von Bioziden und Pflanzen- schutzmitteln? Wie können Chemikalien möglichst umweltfreundlich entwickelt, produziert und verwendet werden? Obwohl wir alle tagtäglich chemische Stoffe zu unterschiedlichsten Zwecken nutzen, stellen sich solche Fragen die meisten Menschen eher selten. Tagesgeschäft sind solche Themen für die etwa 350 Umwelt-Wissenschaftler, die sich vom 06.-09. September im Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau zur Tagung „Umwelt 2010 – Von der Erkenntnis zur Entscheidung“ trafen. Die Veranstaltung ist die größte Konferenz der Umweltchemiker und Ökotoxikologen im deutschen Sprachraum.

Präsentiert und diskutiert wurden im UBA die neuesten Forschungsergebnisse zu Fragen des Verhaltens und den Auswirkungen von Chemikalien in der Umwelt. Die beiden größten wissenschaftlichen Fachgesellschaften zu Umweltchemie und Ökotoxikologie (GDCh und SETAC) traten gemeinsam als Veranstalter auf. Das UBA war erstmalig Gastgeber für die überwiegend aus Deutschland, Schweiz und Österreich angereisten Wissenschaftler. Das dicht gepackte Programm widmete sich mit über 200 Vortrags- und Poster-Präsentationen in 18 Themenblöcken den aktuellsten Entwicklungen in der Forschung. Neben klassischen Themen wie Umweltanalytik und -monitoring oder biologischen Testverfahren standen auch jüngere methodische Entwicklungen wie der Einsatz biochemischer Verfahren („Omics“), Alternativen zu Tierversuchen oder neue Ansätze zur Modellierung des Stoffverhaltens in der Umwelt im Fokus. Hinzu kamen wissenschaftlich und chemikalienpolitisch tagesaktuelle Fragestellungen wie die noch vielfach ungeklärten Umweltrisiken von Nanomaterialien, Prinzipien für eine „grüne Chemie“ sowie Ansätze zur Risikobewertung von Stoffgemischen in der Umwelt. Wie im Untertitel der Tagung „Von der Erkenntnis zur Entscheidung“ angedeutet, sollte dabei besonders erörtert werden, welche Konsequenzen aus den Forschungsergebnissen für den besseren Schutz der Umwelt zu ziehen sind. Dieses Tagungsmotto passt zum gastgebenden UBA, das als Deutschlands wichtigste Fachbehörde vielfältige Aufgaben in der Erfüllung der deutschen und europäischen Stoff- und Umweltgesetzgebung wahrnimmt. Diesem Motto widmeten sich auch drei Redner aus akademischer Forschung (PD Dr. Martin Scheringer, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich), Industrie (Dr. Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, Frankfurt/M.) und Politik (Dr. Sabine Gärtner, Referats- leiterin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn). In Plenarvorträgen stellten sie ihre jeweilige Sichtweise zum Stand von Umwelt- forschung und Chemikaliensicherheit dar. Die Auswahl der Plenarredner spiegelte das Selbstverständnis der beiden Fachgesellschaften wider, die sich vorrangig als Kommunikationsforen für Fachleute dieser drei Bereiche verstehen. Dabei soll auch der wissenschaftliche Nachwuchs besonders gefördert werden, was unter anderem durch die Verleihung von Preisen für die besten Abschlussarbeiten und Publikationen des letzten Jahres sowie mit einer Prämierung der besten Vorträge und Poster im Rahmen der Tagung geschah.

Literatur:

UBA, Umweltchemiker diskutieren Alternativen zu Tierversuchen und umweltschäd- lichen Chemikalien, Dessau-Roßlau, 06.09.2010.

Photo: UBA, Volkard Möcker

Studie konnte Zusammenhang zwischen Chemikalien-Sensitivität und psychischen Krankheiten nicht bestätigen

Die Schwedin Prof. Dr. Eva Millqvist forscht schon seit einigen Jahren über Hyperreaktivität der Atemwege und die Umweltkrankheit MCS – Multiple Chemical Sensitivity. Ihr Spezialgebiet liegt im Bereich Reaktionen der Atemwege auf Reizstoffe.

Krank durch Gerüche und Duftstoffe

Patienten mit Atemwegsbeschwerden, die durch Chemikalien und Gerüche ausgelöst werden, sind in Allergiekliniken häufig anzutreffen. Laut Millqvist und ihrem Team sind diese Gesundheitsprobleme jedoch nicht durch asthmatische oder allergische Reaktionen erklärbar.

Deutsche Patienten berichten häufig, dass ihnen vom Allergologen das Aufsuchen eines Psychologen empfohlen wurde, nachdem sie über Reaktionen auf Chemikalien oder Gerüche berichtet hatten. Darüber, ob dazu tatsächlich Anlass besteht, gibt die neue Studie aus Schweden Aufschluss.

Studien zeigten Reaktionen

Frühere Studien von Millqvist haben gezeigt, dass MCS-Patienten oft eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber inhaliertem Capsaicin aufweisen. Dieser Bestandteil von Chili ist dafür bekannt, dass er sensorische Reaktivität reflektiert. Als Diagnose wurde „sensorische Hyperreaktivität der Atemwege“ (SHR) für diese Art von Beschwerden vorgeschlagen.

Haben es Patienten mit Asthma oder SHR häufiger an der Psyche?

In ihrer jüngsten Studie setzten sich die renommierte Wissenschaftlerin und zwei Kollegen das Ziel herauszufinden, ob es eine Beziehung zwischen Asthma und sensorischer Hyperreaktivität (SHR) gibt. Zusätzlich wollte das Forscherteam untersuchen, ob Patienten mit Anzeichen von SHR eine erhöhte psychiatrische Morbidität (Ängste, Depressionen, etc.) aufweisen.

Patienten wurden Tests und Fragebogen unterzogen

Die Wissenschaftler hatten in ihre Studie 724 Patienten eines Asthma-Zentrums einbezogen, bei denen Verdacht auf Allergien oder Asthma bestand. Alle Patienten mussten einen quantitativen Fragebogen ausfüllen und darin über affektive Reaktionen und Verhaltensstörungen durch duftende Stoffe, bzw. solche, die stechend wirken, berichten.

Ein standardisierter Capsaicin-Test wurde durchgeführt und ein Fragebogen zur Beurteilung der psychiatrischen Morbidität bei Patienten mit ausgeprägter Chemikalien-Sensitivität angewendet, um diejenigen zu identifizieren, die unter SHR leiden.

Keine Anzeichen für Depressionen oder Ängste

Von den Asthma-Patienten des Allergie-Zentrums, die an der Studie teilnahmen, wiesen ca. 6% eine sensorische Hyperreaktivität (SHR) auf. Millqvist und ihre Kollegen gaben an, dass dies im Einklang mit der Prävalenz in der allgemeinen schwedischen Bevölkerung steht. Es gab keinen signifikanten Hinweis darauf, dass SHR mit Ängsten oder Depressionen in Verbindung steht.

Patienten sollten auf genauer diagnostischer Abklärung bestehen

Die Studie erschien in der Ausgabe Juli 2010, der medizinischen Fachzeitschrift „Annals of Allergy, Asthma & Immunology“. Sie sollte Patienten, die auf Chemikalien und Gerüche mit hyperreaktiven Atemwegsbeschwerden reagieren und deswegen vom Allergologen einen Hinweis auf das mögliche Vorliegen einer psychischer Erkrankung erhielten, den Impuls geben, sich damit nicht zufrieden zu geben und vielleicht zusätzlich einen erfahrenen Umweltmediziner aufzusuchen.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 2. September 2010.

Literatur:

Johansson A, Millqvist E, Bende M., Relationship of airway sensory hyperreactivity to asthma and psychiatric morbidity, Department of Respiratory Medicine, Central Hospital, Skövde, Sweden, Ann Allergy Asthma Immunol. 2010 Jul;105(1):20-3.

Weitere Artikel über Studien von Prof. Millqvist

Brustkrebs bei Männern: Studie findet Berufe als Ursache und Chemikalien als Risikofaktor

KFZ Mechaniker besonders gefährdet

Brustkrebs ist bei Männern eine seltene auftretende Erkrankung mit bislang weitgehend unbekannter Ätiologie. Neben genetischen und hormonellbedingten Risikofaktoren stehen eine große Anzahl von Umweltchemikalien in Verdacht, bei Brustkrebs eine Rolle zu spielen. Eine Wissenschaftlergruppe des CESP – INSERM, ein französisches, staatliches Institut für Gesundheit und medizinische Forschung, führte eine Studie zur Identifizierung von Berufen oder beruflichen Chemikalienexpositionen durch, um verstärktes Auftreten von Brustkrebs bei Männern und auslösende Mamma-Karzinogene in der Umwelt zu ermitteln. Das Studienergebnis enthüllte, dass bei sechs Berufsgruppen ein erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, vorliegt.

Multizentrische Studie sucht Krebsauslöser

Um eine möglichst repräsentative Bewertung berufsbedingter Risikofaktoren für Brustkrebs bei Männern durchzuführen, wurde eine multizentrische Fall-Kontroll-Studie durchgeführt. An der Studie nahmen acht europäische Länder teil. Die Wissenschaftler bezogen 104 Brustkrebsfälle ein, die mit 1901 Kontrollpersonen abgeglichen wurden. In einem persönlichen Anamnesegespräch ermittelten sie, welche einzelnen Berufe die Probanden während ihres Arbeitslebens ausgeführt hatten. Ergänzend wurden die jeweiligen beruflichen Expositionen gegenüber endokrinwirksamen Substanzen (Alkylphenolharz Verbindungen, Phthalate, polychlor- ierte Biphenyle und Dioxine) von sachkundigen Experten bei jedem einzelnen Studienteilnehmer bewertet.

Automechaniker besonders gefährdet

Die Inzidenz (Anzahl der Neuerkrankungen) für Brustkrebs bei Männern trat besonders verstärkt bei Kfz-Mechanikern hervor (OR 2.1, 95% CI 1.0 bis 4.4) und ging mit einer Dosis-Wirkungs-Beziehung über die Dauer der Beschäftigung einher. Ein verstärktes Auftreten ließ sich aber auch bei Arbeitnehmern feststellen, die einen der nachfolg- enden Berufe ausübten:

  • Papierhersteller
  • Maler
  • Arbeiter in der Forst-und Holzwirtschaft
  • Angestellte in Gesundheits- und Sozialberufen
  • Arbeiter in der Möbelherstellung

Das Quotenverhältnis für die Exposition gegenüber Alkylphenolharz-Verbindungen über dem Mittelwert war 3,8 (95% CI 1,5-9,5). Diese Verbindung blieb nach Adjustierung des Signifikanzniveaus für berufliche Exposition gegenüber anderen umweltbedingten Östrogen bestehen.

Bestimmte Chemikalien lösen Brustkrebs bei Männern aus

Die Studienergebnisse legen nach Aussage der Wissenschaftler nahe, dass einige Umweltchemikalien mögliche Mamma-Karzinogene darstellen. Insbesondere Benzin, organische petrochemische Lösemittel oder polyzyklische aromatische Kohlenwas- serstoffe stehen für die Wissenschaftler in Verdacht, weil sie zu konsequent erhöhtem Risiko für männlichen Brustkrebs bei Kraftfahrzeugmechanikern führten. Auch endokrine Disruptoren wie Alkylphenolharz-Verbindungen können, gemäß den Stud- ienergebnissen, bei Brustkrebs eine Rolle spielen.

Die CESP – INSERM Studie wurde am 25. August 2010 in der medizinischen Fach- zeitschrift Occupational Environmental Medicine veröffentlicht.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 30. August 2010.

Literatur:

Villeneuve S, Cyr D, Lynge E, Orsi L, Sabroe S, Merletti F, Gorini G, Morales-Suarez-Varela M, Ahrens W, Baumgardt-Elms C, Kaerlev L, Eriksson M, Hardell L, Févotte J, Guénel P., Occupation and occupational exposure to endocrine disrupting chemicals in male breast cancer: a case-control study in Europe, CESP – INSERM (National Institute of Health and Medical Research), Villejuif, France, Occup Environ Med., Aug 25, 2010.

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81-jährige stellt eigene Webseite zum Thema GIFTE AM ARBEITSPLATZ ins Internet

Hilfe und Informationen für Berufskranke

Mit 81 Jahren haben sich die meisten Menschen zurückgezogen und genießen ihr Alter, oder sie fristen ihren Lebensabend in einem Altersheim. Nicht so Inge Kroth. Die 81-jährige stellte kürzlich eine Webseite für Menschen ins Netz, die durch Gifte am Arbeitsplatz krank wurden. Das Thema besitzt höchste Brisanz, denn in der Regel wird es totgeschwiegen. Nachfolgend berichtet die aktive Seniorin über ihre Beweggründe eine Aktivistin zu werden und was sie auf die Beine gestellt hat.

Wieso stellt eine 81-jährige noch eine eigene Webseite ins Internet?

Inge KrothDie Antwort ist: Weil ich etwas zu sagen habe und das Unrecht nicht hinnehmen will, das tausenden von Menschen jährlich angetan wird. Meine Webseite heißt: www.gifte-am-arbeitsplatz.de

Gifte am Arbeitsplatz sind im Chemiestaat Deutschland allgegenwärtig, unzählige Menschen erkranken jedes Jahr bei der Arbeit durch die toxisch wirkenden Chemikalien, denen sie ausgesetzt sind. Industrie und Arbeitgeber sind nicht an „sauberen“ Arbeitsplätzen interessiert, denn das würde den Profit schmälern. Profit aber ist oberstes Gebot. Lieber nimmt man in Kauf, dass Menschen erkranken.

Berufskranke haben in Deutschland schlechte Karten

Nur ein verschwindend kleiner Teil wird durch die jeweils zuständige Berufsgenossenschaft anerkannt. Der weitaus größere Teil, etwa 95% der Erkrankten, wird diffamiert und als Simulant, Rentenjäger oder psychisch Kranker abgestempelt. Es sind geschätzte hunderttausend Erkrankte jedes Jahr, die zuerst am Arbeitsplatz krank gemacht werden und die dann jahrelang durch die Mühlen von Berufsgenossenschaft und deren Gutachtern gedreht werden, und die man schließlich abschmettert.

Recht haben und Recht bekommen, ist ein großer Unterschied

Auch die Sozialgerichte sind nicht daran interessiert, Berufskranke anzuerkennen: Die Industrie müsste die krankmachenden Chemikalien vom Markt nehmen und hätte große Einbußen. Deshalb droht die Industrie mit Verlust von Arbeitsplätzen oder dem Ausweichen in Billiglohnländer. Das wiederum würde die Steuereinnahmen des Staates erheblich mindern; die Anerkennung von Berufskranken ist also hochpolitisch und wird mit allen Mitteln verhindert. Der beruflich Erkrankte weiß dies in aller Regel nicht und kämpft um seine Anerkennung.

Knapp überlebt

Diesen langjährigen Kampf mussten auch mein Mann Theo und ich auf uns nehmen. Wir eröffneten 1963 in Koblenz eine Chemische Reinigung, die“ Ingeborg Reinigung“. Zu Beginn waren wir völlig gesund und voller Elan und Arbeitsfreude. Als wir 1989 unsere Reinigung an unseren Nachfolger verkauften, hatten wir beide eine Schwerbehinderung von 100%. Nur dem Können eines privaten Arztes, Dr. Kuntzmüller in Stromberg, haben wir es zu verdanken, dass wir überlebten. Einige Kollegen, die gleichzeitig mit uns eine Reinigung eröffnet hatten, haben nicht einmal das Rentenalter erlebt.

Die Wissenschaft lieferte den Beweis

Ende 1989, ein halbes Jahr nach unserer Berufsaufgabe, stellte man durch wissenschaftliche Untersuchungen folgendes fest: Das Lösungsmittel Perchlorethylen (das von uns verwendete Reinigungsmittel) dringt durch Wände und Decken, sogar durch Beton, und vergiftet in angrenzenden Wohnungen und Läden fetthaltige Lebensmittel. Per Gesetz wurde verfügt, dass 1990 alle Reinigungsmaschinen in Deutschland durch neue und verbesserte Maschinen ersetzt werden mussten. Tausende von Reinigungen schlossen damals, weil sie die gesetzlichen Bestimmungen nicht erfüllen konnten.

Schweigen? NEIN!

Wenn aber Lebensmittel vergiftet werden, nachdem (!) das Lösungsmittel Perchlorethylen durch Wände und Decken gedrungen ist, wievielmehr muss es die Menschen geschädigt haben, die unmittelbar an den ausgasenden Maschinen gearbeitet haben? Ich habe auf meiner ersten Webseite (2005) www.inge-kroth.gmxhome.de am Beispiel meines Mannes und mir aufgezeigt, wie die Berufsgenossenschaft und die Sozialgerichte mit uns umgegangen sind. Mein Mann wurde schließlich von der BG als berufskrank anerkannt. Ich selbst habe im selben Raum wie mein Mann gearbeitet, und obwohl ich dieselben Erkrankungen wie mein Mann entwickelt habe, verlor ich 2009 mein drittes Verfahren.

Webseite zum Thema GIFTE AM ARBEITSPLATZ

Mittlerweile wurde die neue und sehr erweiterte Webseite ins Internet gestellt,

www.gifte-am-arbeitsplatz.de

in der ich in verständlicher Form die menschenverachtenden Methoden schildere, mit denen in der Regel die Berufsgenossenschaften, ihre willfährigen Gutachter und Sozialrichter die berechtigten Ansprüche der am Arbeitsplatz erkrankten Menschen abweisen.

Verstummten Kranken eine Stimme geben

Ich will nicht stumm das Unrecht dulden, das unzähligen Menschen jedes Jahr auf neue angetan wird. Tausende jährlich, die ihre Gesundheit im Chemiestaat Deutschland an schlechten Arbeitsplätzen durch Gifte verlieren und dann allein gelassen werden. Ich will diesen Menschen eine Stimme geben! Und der Erfolg gibt mir recht: Ein Zählwerk zeigt, dass die neue Webseite in der ersten Woche bereits mehr als zweitausendmal aufgesucht wurde.

Widerstand ist eine ethisch, moralische Verpflichtung

Ich fühle mich trotz meines Alters verpflichtet, die fiesen Methoden der Berufsgenossenschaft, ihrer Gutachter und der Sozialgerichte öffentlich zu machen; ich will jedem Einzelnen zeigen, dass man auch unzähligen anderen Geschädigten so übel mitspielt. Mein Motto ist: Wenn Unrecht zu Recht wird, ist Widerstand Pflicht

Autor: Inge Kroth, Betreiberin der Webseite Gifte am Arbeitsplatz, 1. August 2010

Antext: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

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