Archiv der Kategorie ‘Nahrung, Nahrungsmittelallergien‘

Genfood als Marketingstrategie für Pestizide

Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel ist eine lebenswichtige Notwendigkeit

Auf dem Boden der Tatsachen: Fragen und Antworten mit CFS-Anwalt George Kimbrell (audio podcast)

Jessica Knoblauch von Earthjustice unterhält sich mit George Kimbrell vom Center for Food Safety [CFS/Initiative für Lebensmittelsicherheit]. Kimbrell wirkt zurzeit als ergänzend hinzugezogener Anwalt in den von Earthjustice angestrengten Prozessen zu gentechnisch veränderten Zuckerrüben und Luzernen [Alfalfa] mit. 2006 klagte das CFS gegen die Zulassung von genmanipulierten Luzernen durch das amerikanische Agrarministerium (USDA), ein Verfahren, das schließlich beim US Supreme Court ankam und zu einem [Anbau-] Verbot der genmanipulierten Feldfrucht führte.

Transkript des Interviews:

Jessica Knoblauch: Das Center for Food Safety arbeitet als Organisation daran, die Gesundheit der Menschen und die Umwelt zu schützen, indem es gegen schädliche Lebensmittelherstellungsmethoden vorgeht. Was genau macht gentechnisch veränderte Lebensmittel so gefährlich?

George Kimbrell: Sie gehören zum industriellen Paradigma, zu den Systemen industrieller Lebensmittel. Gerade jetzt gibt es in unserem Land ein Erwachen für Nachhaltigkeit und Landwirtschaft und die Menschen erkennen die Vorzüge, welche Bio, lokal und von Menschen produziert bieten. Gentechnisch entwickelte Lebensmittel stehen für eine fabrikmäßig betriebene Landwirtschaft, was genau das Gegenteil dieser Philosophie ist. Außerdem denke ich, dass die Menschen den Zusammenhang zwischen unserem Nahrungsmittelsystem und der Umwelt verstehen und auch, wie das, was wir essen, mit der Art, wie wir auf diesen Planeten leben, zusammenhängt und welche Folgen das hat.

Um Ihre Frage noch genauer zu beantworten denke ich, muss die Antwort doppelt ausfallen. Zuerst unter gesundheitspolitischen Aspekten. Dies ist eine neue Technologie und es wird mit unserer Gesundheit ein anhaltendes Experiment unternommen, leider. Im Grunde genommen sind weitaus mehr Fragen offen als dass wir wüssten, welche Folgen gentechnisch veränderte Lebensmittel möglicherweise für die menschliche Gesundheit haben. Man nimmt die Gene von Arten, die sich in der Natur nie kreuzen könnten und kreuzt sie mit sehr entfernten Arten. So nimmt man z.B. das Gen von einer Flunder und baut es mit Hilfe einer Gen-Kanone in eine Tomate ein, um sie gegen Kälte widerstandsfähiger zu machen. Ein Flunder und eine Tomate kommen in der natürlichen Welt niemals zueinander. Das ist etwas völlig anderes als konventionelle Zucht, wenn man zwei Getreidesorten mit der Absicht kreuzt, verschiedene Eigenschaften des Getreides zu verbessern. Das ist der erste fundamentale Unterschied.

Gerade aus diesen Gründen ist dies eine Art permanentes Experiment mit der Bevölkerung. Und auch, weil wir leider keine Deklarationspflicht haben. Von möglichen toxischen Gefahren oder Gesundheitsgefährdungen, die sich daraus ergeben könnten, bekommen wir nichts mit. Zwei Drittel der Welt kennzeichnet gentechnisch veränderte Lebensmittel. Was dies angeht, sind wir ein echter Sonderfall und wir lassen unserer Bevölkerung nicht die Wahl, die Herkunft [ihrer Nahrung] auszuwählen. Außer Sie kaufen aus biologischem Landbau; das ist die einzige Möglichkeit sicher zu sein, da im biologischen Landbau genetisch veränderte Lebensmittel nicht zulässig sind.

Ich bin Anwalt, deshalb liegen wissenschaftliche und gesundheitliche Fragen gewissermaßen außerhalb meines Fachgebietes, doch ich weiß, dass es neuartige Probleme mit Allergien gibt. Dies gehört zu den am häufigsten aufgeworfenen Fragen. Oder anderes gesagt, wenn Sie beispielsweise auf Fisch allergisch reagieren und ich verkaufe Tomaten und Sie wissen nicht, dass die Tomate von mir ein gentechnisches Produkt ist, können Sie durch deren Verzehr eine sehr schwere allergische Reaktion erleiden, weil sich darin eine transgene Substanz von einer Art befindet, auf die Sie allergisch reagieren, ohne dass Sie dies nachvollziehen können. Das ist nur ein Beispiel.

Aber ich denke, das wichtigste, was Ihre Leser und die Öffentlichkeit wissen sollten ist, dass wir keine unabhängige Prüfung dieser Lebensmittel durch unsere Behörden haben. Monsanto und die anderen Unternehmen, die sie herstellen, sind zu sogenannten freiwilligen Rücksprachen mit der amerikanischen Lebens- und Arzneimittelbehörde [FDA] angehalten. Hinter verschlossenen Türen unterrichten sie die FDA über die Untersuchungen, welche sie zu den Lebensmitteln durchgeführt haben. Und mehr nicht. Die FDA erlaubt sie entweder ohne weiter Fragen zu stellen oder sie tut es nicht, dabei hat sie noch nie eines auf dem Markt nicht erlaubt. Und das ist alles. Die Untersuchungen werden nicht veröffentlicht. Es handelt sich um vertrauliches Geschäftswissen. Die FDA macht keine eigenen Untersuchungen, es gibt keine unabhängigen Untersuchungen oder irgendetwas dieser Art. So liegen sie in den Verkaufsregalen und wir essen sie. Das ist das, was zur menschlichen Gesundheit zu sagen ist.

Wie Sie vermutlich wissen, geht es dem Center for Food Safety in seinen Gerichtsverfahren überwiegend um die Folgen, welche dieses industrielle System auf die Umwelt hat. In diesen Verfahren geht es darum, warum der Anbau dieser Feldfrüchte die Umwelt schädigt, um die sich auch die Menschen Sorgen machen. Die Menschen möchten etwas essen, das die Umwelt nicht schädigt, dass nachhaltig hergestellt wird. Das wichtigste, was sie wissen müssen ist, dass es sich bei dieser Technologie um ein One-Trick-Pony handelt [ein Pony, das nur eine Nummer kann]. Diese Ackerpflanzen dienen dazu, den Verkauf von Pestiziden anzukurbeln. Darum sind die Unternehmen die sie entwickeln, die nebenbei bemerkt Chemiekonzerne sind, die Pestizide herstellen, Monsanto, Syngenta, Bayer, DuPont und Dow Chemical, dieselben. Darum können diese Unternehmen von ihren Hauptprodukten mehr verkaufen, mehr Pestizide. Eines können sie wirklich sehr gut, die Pflanzen gegen Pestizide widerstandsfähig machen. Sie helfen uns nicht, die Welt zu ernähren, es gibt keine, welche die Erträge erhöhen oder uns helfen, die Hungernden zu ernähren. Sie helfen uns nicht, etwas gegen den Klimawandel zu tun, keine von ihnen sind gegen Dürren resistent oder tolerant und sie helfen uns nicht, etwas für die Umwelt zu tun. Sie erhöhen lediglich den Verbrauch von Pestiziden. Das ist ihr einziger Zweck.

Jessica: Es gibt sehr viele falsche Vorstellungen, welche die Leute von gentechnisch veränderten Lebensmitteln haben. Sie erwähnten etliche davon, dürre-resistent, nährwerthaltiger. Kommt dies einfach nur davon, weil die Unternehmen sie so vermarkten? Sind diese falschen Vorstellungen so entstanden?

George: Um es zu wiederholen, die gängigen Mythen sind jene, über die wir gesprochen haben. Der erste ist, dass es sich um dasselbe wie konventionelle Züchtung handelt. Dem ist nicht so. Es ist etwas grundlegend anderes. Ein Flunder und eine Tomate kommen in der Natur nicht zusammen. Das zweite Missverständnis ist, dass ausgerechnet diese Feldfrüchte für den Konsumenten, für die Öffentlichkeit, für die öffentliche Gesundheit oder für die Landwirte Vorteile bieten. Diese gibt es nicht. Es ist im Grunde genommen eine misslungene Technologie. Monsanto und die anderen, welche sie bewerben, haben diese Pflanzen patentiert und sie dienen größtenteils nur einem Zweck.

Warum gibt es überall diese falschen Vorstellungen über nicht eingehaltene Versprechungen? Eine gute Frage! Ich denke, die allumfassende Antwort ist Geld. Es geht hier um sehr mächtige Unternehmensgebilde, die hunderte Millionen Dollar ausgeben, um unsere Regierung mit Lobbyarbeit zu beeinflussen – und wahrscheinlich noch mehr für Werbung. Wenn Sie NPR [National Public Radio] hören, hören Sie irgendwann „Präsentiert für Sie von Monsanto“. Sie sind mit ihrer Reklame allgegenwärtig. Da wartet noch viel Arbeit auf uns. Es gibt eben sehr viel solche Werbung. Ich denke, ein Teil von dem was wir tun und was wir viele Jahre getan haben, besteht darin zu versuchen, das was die Leute darüber wissen zu korrigieren und zu erklären, dass sich die Wirklichkeit von dem Marktgeschrei sehr unterscheidet. Was diese Ackerpflanzen angeht, gibt es zwischen dem Hype und der Wirklichkeit einen sehr großen Unterschied.

Jessica: Im Jahre 2006 klagte Ihr Center gegen die Zulassung von genetisch modifizierter Alfalfa durch die USDA [U.S. Department of Agriculture]. Es gibt sehr viele Gentechnik-Lebensmittel auf dem Markt, warum entschied sich das Center, diesen Fall aufzugreifen?

George: Das ist eine gute Frage. Alfalfa war in vielerlei Hinsicht ein Wechsel zu einer anderen Art von Feldfrüchten, als jene die bisher gentechnisch verändert wurden. Dies stellte eine bedeutende neue Bedrohung für die Umwelt und das Nahrungssystem dar, insofern als dass bisher im Prinzip nur vier Feldfrüchte genetisch modifiziert wurden, Mais, Soja, Raps und Baumwolle.

Alfalfa ist ein anderer Fall. Zu aller erst handelt es sich um eine mehrjährige Feldfrucht, die im Gegensatz zu einer einjährigen Pflanze drei bis acht Jahre wächst. Sie kann in der Natur aus eigener Kraft überleben, wild oder ausgewildert. Deshalb ist sie im Westen Amerikas überall präsent. Wenn Sie da, wo ich wohne, im pazifischen Nordwesten, irgendwo unterwegs sind, wächst da wo sie herum fahren Alfalfa im Straßengraben, auf brachliegenden Feldern, am Straßenrand, bei den Telefonmasten. Es ist außerdem eine von Bienen bestäubte Pflanze. Nun gibt es wilde und gehaltene Bienen und von denen gibt es viele Arten und sie können umher fliegen und Pollen verschiedener Herkunft über große Entfernungen vermischen. Bei Honigbienen können das zehn Kilometer sein, zum Beispiel. Und Honigbienen lesen keine Schilder. Sie vermischen die Pollen der Felder. So besteht nicht nur für die Felder der Landwirte die Gefahr, dass Transgene wandern und es zur Kontamination kommt, es können auch wilde Bestände in der Natur kontaminiert werden, wo Alfalfa Dank der Bestäubung durch Bienen wächst. Das ist eines der Probleme, welches es nur bei Alfalfa gab, im Gegensatz zu den gewöhnlichen Feldfrüchten, die vom Wind bestäubt werden. Die Gefahr der Kontamination war agrartechnisch gesagt eine andere. Ein anderes Problem besteht darin, dass Alfalfa eine Hauptkomponente der Milchwirtschaft ist. Für viele unserer tierhaltenden Betriebe ist es das Hauptfuttermittel, jedoch insbesondere für die Milchviehhaltung, Milch- und Käseproduktion und für die ökologische Landwirtschaft. Dort hat man ein wirkliches Problem, wenn man kontaminierte Alfalfa hat. Dies stellt für die ökologische Milchwirtschaft und für die Milchwirtschaft die gentechnikfrei bleiben möchte eine wirkliche Gefahr dar, weil ihre Hauptfutterquelle mit hoher Wahrscheinlichkeit kontaminiert sein könnte, selbst wenn sie Gentechnik ablehnen. Dann werden ihre Futtermittel, die sie über den Futterhandel beziehen, natürlich diese gentechnisch erzeugte Variante enthalten.

Jessica: Eine andere meiner Meinung nach interessante Geschichte über Alfalfa ist, dass der größte Teil von Alfalfa ohne jegliche Pestizide bestens wächst. Nun wird eine Gen-Alfalfa produziert, die hohe Dosen von Monsantos Roundup Ready Pestizid aushält. Stimmt das?

George: Wie wir wissen, ist es die am viert häufigsten angebaute Feldfrucht des Landes. Es gibt etwa 80 Millionen Quadratkilometer davon. Alfalfa wird in jedem Staat unseres Landes angebaut. Und es ist gemeinhin eine pestizidfreie Frucht. Nur etwa 10 bis 15 Prozent der gesamten Alfalfa, konventionelle und ökologische zusammengerechnet, werden mit Pestiziden angebaut. Die meisten Landwirte nutzen anbautechnische Methoden. Sie vermengen Alfalfa mit Hafer oder irgendetwas anderem, um das Unkraut klein zu halten, anstatt Pestizide zu sprühen. Und deshalb würden die Zulassung und der mögliche Ersatz dieser Methoden durch ein Pestizid förderndes Anbausystem für viele unterschiedliche Ökosysteme eine dramatisch zunehmende Erhöhung der Umweltbelastung durch Pestizide bedeuten. Also anders als andere Feldfrüchte, Soja, Mais und Baumwolle, die im Allgemeinen mehr Pestizide benötigen, braucht dies Alfalfa nicht. Darum ist ihr Ersatz durch ein Pestizid gestütztes Anbausystem nach unserer Ansicht eine große Gefahr für die Umwelt.

Jessica: Deshalb hat es der Alfalfa-Fall 2010 bis zum US Supreme Court geschafft, was im Falle gentechnisch modifizierte Lebensmittel eine Premiere war. Was ist bei der Entscheidung des Gerichts herausgekommen?

George: Der Prozess wurde 2006 eröffnet und Anfang 2007 gewannen wir vor dem Landgericht. Den Landwirtschaftsministerium wurde vom Gericht auferlegt, eine Umweltfolgenabschätzung [EIS/environmental impact statement] vorzubereiten, um die möglichen Umwelt- und sozialökonomischen Folgen von Roundup Ready Alfalfa auf Landwirte und Umwelt abzuwägen, dazu gehörte vieles von dem, über das wir gerade sprachen: Kontamination genauso wie Zunahme des Pestizideinsatzes. Die USDA begann dieses Dokument zu erstellen. Bemerkenswerterweise – während den 15 Jahren, in denen verschiedene Arten dieser genetisch modifizierten Pflanzen zugelassen wurden, hat die USDA niemals zuvor irgendeine Umweltfolgen- abschätzung für irgendeine davon angestellt. So war diese im Alfalfa-Prozess die erste, die sie jemals machten. Und danach wurde sie dazu verdonnert, eine für den Zuckerrüben-Prozess anzufertigen. Leider war das nur die zweite, die sie machten.

Und dann kam im Prozess die Frage auf, was wir in der Zwischenzeit machen sollen, solange die Behörde sich zurück zieht und ihre Hausaufgaben erledigt? Wir argumentierten, dass man den Anbau dieses Zeugs stoppen sollte, dass es nicht erlaubt sein sollte weiterzumachen, bis die Behörde der Anordnung des Gerichts gefolgt ist und diese gründliche Studie durchgeführt hat. Und folglich sollten sie eine neue Entscheidung fällen. Monsanto und die Behörde argumentierten, dass es ihnen erlaubt sein sollte, den Verkauf und Anbau der Pflanze fortzusetzten, auch während die Behörde die Prüfung durchführt. Nach unserer Auffassung spannt man damit den Karren vor das Pferd. Das Landgericht stimmte uns zu und verbot den Anbau und bewahrte den Status Quo. Platt gesagt heißt dies, während die Behörde ihre Untersuchung durchführt, kann nichts weiter geschehen. Diese Entscheidung wurde beim 9. Gerichtsbezirk angefochten und zweimal bestätigt. Und dann ging sie im Jahre 2008/2009 an den Supreme Court.

Der Supreme Court fällte eine interessante Entscheidung, in deren Folge der Anbau von Roundup Ready Alfalfa weiterhin verboten war. Ich denke, die meisten Medien, die darüber berichteten, haben die Geschichte falsch verstanden, nach der es hieß, das Gericht habe das Verbot von Roundup Ready Alfalfa aufgehoben. Der Supreme Court tat nichts dergleichen. Was der Supreme Court sagte war folgendes: das Landgericht hat zwei Abhilfen bereit gestellt, die beide unabhängig voneinander den Anbau dieser Frucht stoppen. Eine nennt sich einstweilige Verfügung, die andere heißt Aufhebung. Der Supreme Court sagte, beide werden nicht zugleich benötigt. Beide zugleich sind ein Übermaß. Einmal genügt. Deshalb hob es einmal auf. Nachdem der Supreme Court seine Entscheidung bekannt gegeben hatte, konnte niemand Roundup Ready Alfalfa anpflanzen, genauso wie es niemand anpflanzen konnte, bevor sie ihre Entscheidung bekannt gaben. So war das ein Sieg für uns, der nur nicht so hieß. Verfahrenstechnisch haben sie etwas aufgehoben, aber das Ergebnis war, dass die Umwelt weiterhin vor Roundup Ready Alfalfa sicher war und dass unsere Landwirte davor sicher blieben. Deshalb waren wir mit dieser Entscheidung und mit diesem Ergebnis sehr zufrieden.

Jessica: Nun, ist es jetzt nicht doch möglich, genetisch modifizierte Alfalfa anzubauen?

George: Jene Entscheidung war im Juni 2010. Bis Ende Herbst war es noch verboten. Was dann geschah war, dass im Dezember 2010 die USDA ihre Studie fertig hatte, zu der sie vom Gericht verpflichtet worden war. Und sie urteilten erneut und unglücklicherweise entschieden sie so, dass nach dem neuen Urteil Roundup Ready Alfalfa wieder angebaut werden darf, selbst nach dem EIS [Umweltfolgenabschätzung s.o.], in welchem alle Umweltbeeinträchtigungen, die wir gerade bezüglich Pestiziden und Kontamination von ökologischem und konventionellem Landbau diskutiert haben, offengelegt wurden. So wurde diese Entscheidung im Januar dieses Jahres getroffen. Also ist es seit Januar 2011 wieder zulässig, Roundup Ready Alfalfa anzubauen. Auf Grund dessen haben wir mit Earthjustice eine neue Klage gegen diese neue Zulassung eingereicht, was wir im März diese Jahres taten.

Jessica: So hat die USDA grundsätzlich zugestimmt, dass es durch Alfalfa Umweltschäden geben wird, hat dann aber trotzdem erlaubt, dass sie angepflanzt werden kann? Hat man dem Anbau irgendwelche Einschränkungen auferlegt?

George: Leider nicht. In ihrer Analyse erwogen sie drei Alternativen. Eine bestand darin, es zu verbieten, den kommerziellen Anbau und Verkauf nicht zu erlauben. Die zweite bestand darin, den Anbau und Verkauf ohne jegliche Einschränkungen zu erlauben. Die dritte war, den kommerziellen Anbau und Verkauf zu erlauben, jedoch mit erheblichen Einschränkungen in Gestalt von Isolations-Abständen zu ökologischen und konventionellen Ackerpflanzen und geographischen Zonen, so dass es Teile verschiedener Staaten gegeben hätte, die frei von Gentechnik gewesen wären, wo man grundsätzlich nichts anbauen darf. Das waren die drei Alternativen und man wählte die zweite ohne jegliche Restriktionen. Wir waren natürlich sehr enttäuscht und wir glauben, dass die Entscheidung aus mehreren Gründen rechtswidrig ist und eine Reihe von Gesetzen verletzt. Es war eine vollständige Kapitulation gegenüber dem Druck der biotechnischen Industrie und dem Druck, den sie auf die USDA ausgeübt haben, diese Entscheidung über die Feiertage [am Jahresende] zu treffen.

Jessica: Im Sinne von lobbyistischen Bemühungen?

George: Massive Summen für die Lobbyarbeit. Land of Lakes, der Eigentümer von Forage Genetics, ein Lizenznehmer für Roundup Ready Alfalfa, hat für Lobbying tonnenweise Geld ausgegeben, Millionen und Millionen von Dollar. Nach unserer Ansicht fanden reichlich politische Aktivitäten statt und der Druck hielt an und das Urteil war ein politisches, das sich weder auf Wissenschaft noch auf Recht stützt.

Jessica: Ich sah, dass einige Gruppen die Bemühungen des Centers im Alfalfa-Prozess unterstützt haben, von der Arkansas Rice Growers Association Vereinigung der Reisbauern in Arkansas] bis zur [Humane Society of the United States [große US-Tierschutzorganisation]. Was ist es, dass in diesen Prozess so viele unterschiedliche Interessen zusammen bringt?

George: Der Supreme Court hat dieses Gerichtsverfahren ins Rampenlicht gerückt und es war der erste Fall dieser Art, der den Supreme Court erreicht hat und insofern wurde ihm als hochgradig umweltbezogener Prozess vor dem Supreme Court große öffentliche Aufmerksamkeit zuteil. Ich denke, es stand ziemlich viel auf dem Spiel, wie es in solchen Fällen immer ist, deshalb wurden die Leute und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam. Aber ich denke auch, dass die Menschen die Zusammenhänge zwischen ihrem Lebensmittelsystem und der Umwelt immer mehr erkennen, und wie sich die Art wie sie einkaufen und wie sie leben auf die Umwelt auswirkt und dass die Landwirtschaft von dem, was wir als Natur ansehen, kein getrennter Bereich ist. Dass das alles eher ein ganzheitliches, zusammenhängendes System ist und dass die Art, wie alles besteht, eine ökologische ist. Ich denke, das ist eine wichtige Erkenntnis. Ich denke, in früheren Generationen hatten wir die Auffassung, dass die Landwirtschaft das eine und die Natur, wo wir mit unserer Familie wandern gehen, das andere ist – zwei verschiedene Sachen. Und in der Tat sind diese Dinge weitgehend Teil desselben Ortes und Planeten. Und das geht nun so weit, dass dieser kleine Gentechnik-Prozess ein Mikrokosmos des Paradigmenwechsels ist. Die Menschen bekommen dieses Bewusstsein, besonders was Pestizide angeht. Die Leute verstehen Pestizide. Wenn man den Leuten also erzählt, diese Feldfrüchte fördern Pestizide, verstehen die Leute das und werden sich dessen mehr und mehr bewusst. Das haben wir die letzten Jahre sehr häufig beobachtet, bei allen Verfahren, die wir angestrengt haben.

Die Reisbauern waren eine eigene Geschichte. Sie wurden selbst kontaminiert. Was den Reisbauern widerfuhr war das im Jahre 2006… Wir verkaufen sehr viel Reis nach Japan. Und in Japan werden natürlich wie fast überall auf der Welt gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet und verboten, wenn sie [nicht gekennzeichnet] über einen gewissen Grad hinaus kontaminiert sind. [GMOs brauchen auch in Japan eine Zulassung.] Nun wurden Reisbauern im Südwesten unwissentlich durch eine Sorte kontaminiert, die an der Louisiana State University in einem Freilandversuch getestet wurde und Japan machte die Grenze für sie zu, schloss ihre Märkte und kappte ihre Geschäftsbeziehungen für zwei Jahre. So verloren während dieser Zeit hunderte und tausende kleiner Familienhöfe die im Süden Reis anbauen ihre Betriebe, ihren Lebensunterhalt und ihr Geschäft. Darum hatten sie natürlich etwas zu sagen, als wir unseren Prozess wegen der Kontamination durch Alfalfa führten. Sie hatten das schon einmal erlebt und sie wollten nicht, dass mit den Leuten dasselbe passiert, die Bio-Alfalfa anbauen oder die Alfalfa exportieren – denn wir exportieren eine Menge Alfalfa nach Übersee und auch in Märkte, die eine Gentechnik-Kontamination nicht tolerieren, Japan inbegriffen.

Jessica: Vor ein paar Monaten habe ich gelesen, dass zur Zeit Landwirte die Biotechnik-Unternehmen wegen dieser gentechnischen Kontamination verklagen, weil sie die Preise ihrer Produkte beeinflusst, wenn sie durch gentechnische Bestandteile verunreinigt sind, egal ob andere Länder ihre Produkte akzeptieren oder nicht. So sieht es also danach aus, als ob etwas in Bewegung käme.

George: Ja, das war eine sehr wichtige Klage, die Anfang dieses Jahres [2011] von der [Public Patent Association]5 eingereicht wurde, eine gemeinnützige Organisation die wegen Patenten von öffentlichem Interesse Prozesse führt. [Anmerkung der Redaktion: Die Gruppe heißt Public Patent Foundation] Einige unserer Mitglieder und Unterstützer sind in diesem Verfahren Kläger. Verfahrenstechnisch sind wir das nicht [sic!]. Wir sind keine Patentanwälte; wir sind Verwaltungs- und Umweltrechtler. Doch es handelt sich um ein wichtiges Verfahren und ich denke, es ist ein berechtigtes Verfahren, weil es dabei um alles oder nichts geht, da Monsanto diese Feldfrüchte patentiert und es zu Kontaminationen kommt und die Natur Wege findet. Ob durch Bienen oder Wind, es kommt zur Vermischung von Pollen und plötzlich ist deren patentierte Pflanze im Feld irgendeines Landwirtes, der das nicht drin haben will.

Nach dem Patentrecht kann der Landwirt, der unwissentlich und unfreiwillig kontaminiert wurde, von Monsanto wegen Patentverletzung belangt werden, da er ihre patentierte Sorte anbaut und ihnen nicht die vertraglich festgelegte Lizenzgebühr für die Samen gezahlt hat. Was diese patentierten Pflanzen anstellen gehört zum Wechsel zu einem industriellen Paradigma, anders als bei einem nachhaltigeren Lebensmittelsystem-Paradigma – es findet eine Privatisierung eines 10.000 Jahre alten Rechtes statt. Seit 10.000 Jahren haben Bauern ihr Saatgut [durch Einbehalt eines Teils der Ernte] selbst erzeugt. Meine Frau und ich ziehen grüne Bohnen und Kopfsalat oder was es auch immer ist und wir sorgen dafür, dass wir für das nächste Jahr Saatgut haben und wir sähen dies erneut aus. Nun, mit diesen Patentierten Pflanzen kann man das nicht tun. Monsanto wird sie verklagen. Sie müssen jedes Jahr zurück kommen und die jährliche Gebühr bezahlen um von denen neues Saatgut zu erhalten. Nun, genau darum geht es in der Klage, es geht darum, diese Praxis zu stoppen und das Recht der Bauern zu bewahren, ihr eigenes Saatgut zu sichern und nicht von Monsanto wegen Patentverletzung belangt werden zu können.

Jessica: Unter den Konsumenten wächst die Aufmerksamkeit gegenüber genetisch modifizierten Lebensmitteln und wie diese die Umwelt und uns selber beeinflussen. Was können die Menschen in Anbetracht dessen tun, dass die USA ihre Firmen nicht verpflichtet, gentechnische Lebensmittel zu kennzeichnen, um sich diesen möglichst wenig auszusetzen?

George: Das eine, das wir schon unmittelbar erwähnt haben ist, Sie können Produkte aus ökologischem Anbau kaufen oder ihren Landwirt auf dem Markt oder in der Kooperative kennen lernen. Bauen Sie zur Herkunft ihre Nahrung eine persönliche Beziehung auf. Legen Sie sich einen Garten zu. Das ist das Beste, was Sie bezüglich der Herkunft ihrer Nahrung tun können. Das ist eine Möglichkeit, sich wirklich sicher zu sein. Doch was den Einkauf im Laden angeht, bedeutet Bio kein GMO [genetically modified organism]. Nach den nationalen Regelungen für ökologische Standards muss es GMO-frei sind. Also ist das etwas, worauf Sie sich verlassen können.

Aber etwas allgemeiner denke ich, jeder dem an diesem Thema etwas liegt, sollte unbedingt das öffentliche Bewusstsein fördern und auf seine Politiker Druck ausüben, damit wir eine Kennzeichnungspflicht bekommen. Das gehört auch zu dem, wofür sich das Center for Food Safety eingesetzt hat, seit Anfang an ist es eines unserer Ziele, dass die Öffentlichkeit dieses fundamentale Recht hat zu entscheiden, womit man sich selbst und seine Familie ernährt. Und wir sollten eine Kennzeichnung haben und dass wir sie nicht haben, ist ein Fehler. Diese Entscheidung ist wieder eine politische. Es ist eine, welche die Obama-Regierung ändern könnte, wenn der politische Wille da wäre und wenn die Leute laut genug wären. Und wie ich sagte, werden diese Lebensmittel fast überall auf der Welt gekennzeichnet. Und aus diesen Gründen sollten sich die Menschen einmischen, aktiv werden, denn die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel ist eine lebenswichtige Notwendigkeit.

Autor und Copyright: Earthjustice 2011

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network, Juli 2011

Wir danken Earthjustice, das Transkript eines Podcasts übersetzen zu dürfen. Der Originaltext kann hier nachgelesen und auch angehört werden.

Earthjustice wurde 1971 vom Sierra Club als eigenständige Organisation gegründet und hieß anfänglich Sierra Club Legal Defense Fund. 1997 wurde der Name geändert, um zum Ausdruck zu bringen, dass dieses ‚Anwaltsbüro für Umweltbelange‘ auch andere Organisationen zur Verfügung steht. Es hat sich z.B. für die Rechte der Bewohner von Mossville eingesetzt und arbeitet dort mit MEAN (Mossville Environmental Action Now) zusammen.

Der Sierra Club ist die größte Umweltorganisation der USA und seit 1892 aktiv. Sie wurde von John Muir (1838-1914) gegründet, der als amerikanische Ikone für Naturverbundenheit und Umweltbewahrung gilt.

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Dienstanweisung soll Gesundheit der Mitarbeiter verbessern

Arbeitgeber verlangt: Kein Parfüm, keine Kekse, keine Limonade, keine Pommes…

Die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde in New York müssen sich grundlegend umstellen. Die neue Dienstanweisung mit dem Titel „Life in the Cubicle Village“ verlangt drastische Änderungen in vielen Bereichen des Arbeitsplatzes. Die Mitarbeiter werden angehalten, keine duftenden Körperpflegemittel oder Parfüm zu benutzen und ihre Essgewohnheiten auf dem Arbeitsplatz umzustellen. Die New Yorker Gesundheitsbehörde will mit gutem Bespiel vorangehen, um den Bewohnern der Millionenstadt tatsächlich ein Vorbild zu sein. Das Essen von Keksen ist mit Inkrafttreten der neuen Dienstanweisung genauso Vergangenheit, wie der Verzehr von frittierten Nahrungsmitteln. Nicht allen Angestellten gefällt das, sinnvoll ist es dennoch, wenn man die Vorbildfunktion der Behörde ernstnimmt.

Behörde stellt Gesundheit vor persönliche Interessen

Das New Yorker Department of Health hat in der Vergangenheit manches Gesetz zur Verbesserung der Gesundheit der Bewohner der Weltstadt durchgesetzt, das Aufsehen erregte. Generelle Rauchverbote an den Stränden des Stadtbezirks waren genauso erstmalig, wie das Verbot von gehärteten Fritierfetten in den Fast Food Restaurants der Stadt.

Mit der neuen Leitlinie verdeutlicht die Gesundheitsbehörde, dass man Verbote, die der Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung dienen, auch für sich selbst ernstnimmt und umsetzt. Nicht alle Mitarbeiter sind glücklich über die Änderungen in der Dienstanweisung, manche empfinden sie als unerträgliche Schikane, auch weil bei Nichteinhaltung eine Geldstrafe droht. Andere hingegen sind froh darüber und haben erkannt, dass die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Angestellten sich verbessern werden durch die Neuerungen.

Arbeitgeber verlangt: Duftstoffe und Parfüm weglassen

„Gerüche verbreiten sich genauso leicht wie Geräusche innerhalb der Wände von „Cubicle“, lässt die New Yorker Gesundheitsbehörde ihre Angestellten wissen und erläutert die Notwendigkeit, auf Duftstoffe, Parfüm etc. zu verzichten, da einige Personen sehr empfindlich auf die Gerüche von Parfüm, Cologne und anderen parfümierten Produkten reagieren. Man bittet deshalb bei guter Körperhygiene, auf Produkte mit wahrnehmbarem Geruch zu verzichten.

Keine Desinfektions- und Reinigungsmittel oder Raumdüfte mitbringen

Weil manche handelsüblichen Reinigungs- und Desinfektionsmittel gesundheits- schädliche Chemikalien enthalten, verlangt die Gesundheitsbehörde, dass Angestellte solche Produkte zu Hause lassen und nicht mit auf den Arbeitsplatz bringen. Wenn ein Mitarbeiter ein Reinigungsmittel benötigt, kann er sich an den Reinigungsservice wenden, der Produkte bereithält, die den Sicherheitsstandards Genüge tragen. „Lufterfrischer“ oder Raumsprays sind wegen ihrer Inhaltsstoffe, die der Gesundheit schaden können, auf dem Arbeitsplatz in Cubicle Village ebenfalls verboten.

Gesunde Ernährung statt süß und fettig

Pommes bei Meetings, Veranstaltungen der Behörde oder bei der Geburtstagsfeier eines Mitarbeiters? Ein „No Go“ beim New Yorker Department of Health. Frittiertes ist nicht erlaubt, und wenn es Kuchen gibt, sind keine Kekse gestattet. Stattdessen sollen Vollkorn Kräcker gereicht werden. Das bevorzugte Getränk soll gefiltertes Wasser sein, weil es gesünder ist und um Müll zu vermeiden. Wenn ein Angestellter seinen Kollegen trotzdem etwas anderes anbieten möchte, darf das Getränk 25 Kalorien pro großes Glas nicht überschreiten. Gefiltertes Wasser muss dennoch auf dem Tisch stehen. Durch diese Vorschrift soll Gesundheit und Umwelt geschont werden.

Behörde will sich an das halten, was sie selbst „predigt“

Die vollfarbige Broschüre mit neuen Dienstanweisungen der New Yorker Gesundheitsbehörde mag überspannt auf manchen wirken. Andererseits verlangt die Behörde eigentlich nicht mehr als das, was sie der Bevölkerung „predigt“, um die Gesundheit der Menschen in New York zu verbessern. Man möchte erreichen, dass Übergewicht, Herzkrankheiten durch fettes und zu salziges Essen, Allergien, Asthma und andere Erkrankungen, die in der Bevölkerung häufig anzutreffen sind und durch ungesunde Lebensweise verursacht oder verstärkt werden, mittelfristig gesehen, weitgehend der Vergangenheit angehören.

New Yorkern zu „predigen“, auf zu salziges, fettiges Fast Food, Alkohol, Zigaretten und übersüße Donuts zu verzichten, aber selbst zu konsumieren? Oder Limonaden an Schulen zu verbieten, aber auf Mitarbeiterfesten und in den Kantinen welche anzubieten? Stimmt schon, eine Vorbildfunktion hätte das in der Tat nicht.

Nach zwei, drei Jahren wird das Department of Health belegen können, dass die neuen Dienstanweisungen tatsächlich keine willkürliche Schikane sind, sondern Maßnahmen sind, die der Gesundheit dienen. Es ist durchaus zu erwarten, dass eine Auswertung der Fehlzeiten der rund 3000 Mitarbeiter, eine Analyse des Ausscheidens aus dem Beruf wegen Krankheit und Todesfälle verursacht durch degenerative Erkrankungen, eine positive Bilanz aufweisen werden. Mit solchen Zahlen könnte die Gesundheitsbehörde den New Yorkern schwarz auf weiß beweisen, dass gesunde Lebensführung, gute Ernährung und Verzicht auf chemiegeladene Produkte sich positiv auswirken.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 20. Juni 2011

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Rettet den deutschen Salat!

Rettet den deutschen Salat vor dem Unterpflügen!

Das tut doch weh, den Salat unterzupflügen.

Warum schickt denn das RKI nicht mal ein paar Fernsehköche ins Rennen?

Salat muss nicht als Rohkost auf den Tisch kommen.

Salat garantiert keimfrei nach einem Rezept, das meiner Großmutter diente, der Salatschwemme aus dem eigenen Garten Herr zu werden:

Geschmorter Salat

  • 6 feste, 15cm große Salatköpfe
  • 7 l Wasser
  • Salz
  • schwarzer Pfeffer
  • 10 Speckscheiben, 1/2 cm dick geschnitten
  • 2 EL Butter
  • 1/2 Tasse in dünne Scheiben geschnittene Zwiebeln
  • 1/2 Tasse in dünne Scheiben geschnittene Karotten
  • 1 Tasse Gemüsebrühe, Fleischbrühe oder Hühnerbrühe
  • 1 Lorbeerblatt
  • 2 EL weiche Butter
  • 2 EL feingeschnittene frische Petersilie

Zubereitung:

Die äußeren Salatblätter entfernen, die Blätter vorsichtig auseinander breiten und gründlich in kaltem Wasser spülen.

6-7 Liter Wasser mit 3 EL Salz aufkochen, die Salatköpfe hineingeben und 5 Minuten blanchieren.

Die blanchierten Köpfe herausheben und 2 Minuten in kaltem Wasser abkühlen.

Danach jeden Kopf leicht ausdrücken und der Länge nach aufschneiden.

Die Salatkopfhälften mit Salz und Pfeffer würzen. Den Backofen auf 160°C heizen.

In einer Kasserolle Butter schmelzen, Zwiebeln und Karotten darin andünsten, Brühe und Lorbeer, Petersilie zugeben und 5 Minuten weiter dünsten.. Die Salathälften auf das Gemüse legen und mit Speck abdecken. Die Kasserolle auf dem Herd erhitzen und 80-90 Minuten im unteren Drittel des Herdes bei 160°C schmoren lassen.

Die Schmorflüssigkeit kann nach Belieben vor dem Servieren noch reduziert werden und/oder mit Butter angereichert werden.

Schmeckt ausgezeichnet zu Baguette.

Und jetzt der Phantasie freien Lauf lassen. Was könnte man noch alles machen mit blanchiertem Salat?

Brainstorming

  • mit Knoblauch und Tomatenwürfel schmoren
  • mit Weißwein und Kräutern schmoren
  • mit Sahne oder Crème fraîche schmoren
  • mit Käse überbacken

Und übrigens:

Auch die Gurke ist ein wunderbares Schmorgemüse. Fast noch leckerer als frisch.

Noch ein leckeres Rezept, das auch für Veganer geeignet ist:

Mousse aus Salat

Blanchierte Salatköpfe sanft ausdrücken, im Mixer kurz pürieren.

3 Schalotten in Olivenöl andünsten.

Mit 400 Gramm Seidentofu, Salz und Gewürzen nach Verträglichkeit schmoren.

Mit Zitronensaft abschmecken.

Das Salatpüree unterheben und unter Rühren einkochen.

Brotscheiben würfeln, kurz in Öl anbraten.

Mousse mit den Croutons bestreuen.

Autor: Juliane für CSN – Chemical Sensitivity Network, 28.05.2011

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Salatgurken aus Spanien Ursache für EHEC

Wissenschaftler haben Typ des EHEC Erregers gefunden, EU- Kommission ruft Alarmstufe 1 aus

Endlich hatten unermüdlich arbeitende Wissenschaftler Erfolg, sie haben eine Ursachenquelle für die derzeit in Deutschland grassierende, durch einen EHEC-Erreger verursachte Krankheitswelle gefunden. Der EHEC-Keim, der eine blutige Durchfall- erkrankung verursacht und aus Rinderkot stammt, wurde durch das Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt an drei Salatgurken aus Spanien festgestellt. Als Konsequenz werden spanische Salatgurken aus dem Verkauf genommen und Verbraucher sollen vollständig auf den Verzehr verzichten. Forscher der Uni-Klinik Münster teilten mit, dass sie den genauen Erregertyp gefunden haben, es handelt sich um „einen Vertreter des Typs „HUSEC 41″ des Sequenztyps ST678“. Die EU Kommission ist dabei, europaweit Alarmstufe 1 wegen der EHEC–Epidemie in Deutschland auszurufen.

EHEC bedingte Duurchfallerkrankung forderte bislang 4 Todesopfer

Laut RKI Chef Reinhard Burger erlebt Deutschland gerade den stärksten je registrierten EHEC (enterohämorrhagischen Escherichia coli) Ausbruch. Die blutige Durchfallerkrankung hat bislang mindestens vier Todesopfer gefordert. Der Körper setzt ein Toxin frei, durch das rote Blutkörperchen abgebaut werden. Zahlreiche EHEC Patienten haben Nierenschäden davongetragen. Bislang berichten 15 von 16 Bundesländern von EHEC Opfern, einzige Ausnahme bildet bislang Rheinland-Pfalz.

Wissenschaftler suchen pausenlos

Experten suchten seit Tagen auf Hochtouren nach dem Ursprung und dem genauen Typ des EHEC Erregers. Die heißeste Spur führte zuerst nach Norddeutschland. Tomaten, Gurken, Blattsalat standen unter dringendem Tatverdacht. Das RKI warnte vor dem Verzehr dieser Gemüsesorten, wenn sie aus Norddeutschland stammen. Dort bangten die Gemüsehändler sofort um ihre Existenz wegen des sich abzeichnenden Umsatzeinbruchs. Jetzt hat das Hamburger Hygieneinstitut das Bakterium an vier Salatgurken festgestellt. Drei davon stammen nicht aus Norddeutschland, sondern zweifelsfrei aus Spanien. Bei einer der EHEC – kontaminierten Gurke ist die Herkunft noch ungewiss.

Fast zur gleichen Zeit wie die Hamburger Forscher, konnten auch Wissenschaftler aus Münster Erfolg vermelden. Sie stellten am späten Abend des 25. Mai fest, dass es sich bei dem EHEC Erreger um einen Vertreter des Typs „HUSEC 41″ des Sequenztyps ST678“ handelt. Bisher hatte dieser EHEC-Erreger weltweit noch keine dokumentierten Erkrankungsausbrüche verursacht. Das Problematische an diesem speziellen, äußerst resistenten EHEC-Erregertyp ist, dass er nicht auf Penicillin anspricht.

RKI warnt weiterhin vor Tomaten, Gurken und Blattsalaten aus Norddeutschland

Das RKI hatte basierend auf erste Ergebnisse zuerst drei mögliche Urheber eingrenzen können und warnte vorsorglich davor, Tomaten, Gurken und Blattsalate zu essen. Sie könnten mit EHEC – Keimen belastet sein, was laut Institut insbesondere dann gefährlich wird, wenn das Gemüse roh verzehrt wird.

Auf die heiße Spur, was die Darmerkrankung auslöst, kamen Wissenschaftler durch regelrechte Detektivarbeit. Mittels Fragebogen ermittelten sie, was die Erkrankten zuvor gegessen hatten und wurden dann immer gewisser, dass Tomaten, Gurken und Blattsalate die mögliche Ursachenquelle darstellen könnten. Trotz dass man jetzt bei spanischen Salatgurken fündig wurde, suchen Wissenschaftler aus ganz Deutschland unermüdlich weiter nach Quellen der EHEC- Keime, die immer mehr Opfer fordern.

Das Bundesministerium für Verbrauchersicherheit, das RKI und das BfR halten die Warnung, keine Gurken, Tomaten oder Blattsalate aus Norddeutschland zu essen, trotz heftiger Kritik weiterhin für gerechtfertigt, weil dies die vorerst beste Möglichkeit darstellt, das Risiko für weitere Erkrankungsfälle einzudämmen. Trotz, dass nun herausgefunden wurde, dass der Erreger von Salatgurken aus Spanien stammt, warnen sie weiterhin vor dem Verzehr, weil die meisten Erkrankungsfälle bisher in Norddeutschland auftraten.

Labors kommen kaum nach mit Untersuchen

Die Untersuchungen in den Labors werden auch noch länger andauern, denn selbst jetzt, wo kontaminierte Salatgurken aus Spanien gefunden wurden, muss weitergesucht werden. Erzeuger, Lieferketten, alles muss genauestens zurückverfolgt werden, um sicher zu sein, was genau die bislang größte EHEC -Erkrankungswelle in Deutschland ausgelöst hat und wo der Ursprungsort ist.

EHEC – Epidemie: Ärzte bangen um Überleben von Patienten, Gemüsehändler um ihre Existenz

Für Gemüseanbauer und Gemüsehändler aus Norddeutschland sind die derzeitige Situation und die Warnungen der Bundesbehörden dramatisch. Sie halten die Warnungen größtenteils für überzogen und bangen um ihre Existenzen. RKI Mitarbeiter können darauf keine Rücksicht nehmen, denn es geht um Menschenleben und ernsthafte Gesundheitsschäden, wie u.a. bleibende Nierenschäden, die Opfer der EHEC-Epidemie davontragen.

Die Warnung vor dem Gemüse wurde von den Bundesbehörden nicht unüberlegt ausgesprochen. Mehrere Wissenschaftlerteams und die Behörden arbeiten eng zusammen um die Ursache lückenlos herauszufinden.

Die bislang aussagekräftigste Studie aus Hamburg, wurde zusätzlich unter Einbeziehung einer Kontrollgruppe aufgebaut. Die Wissenschaftler sicherten ihre Daten ab und das RKI sprach seine Warnung erst aus, nachdem die Auskünfte über die Essgewohnheiten der Erkrankten mit den Daten der Kontrollgruppe abgeglichen und ausgewertet waren.

Menschenleben haben Vorrang vor monetären Interessen von Erzeugern

Die EU-Kommission ist dabei wegen der EHEC – Epidemie in Deutschland Alarmstufe 1 auszurufen. Diese Alarmstufe verlangt von allen EU Mitgliedsländern Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Zu diesen sollte im weiteren Verlauf auch das Einleiten eines Umdenkprozesses bei der Agrarindustrie auf diesen neuen Lebensmittelskandal folgen. Hygienisch saubere Erzeugnisse, ohne Schadstoff- und Pestizidrückstände müssen ein mittelfristig forciertes Ziel für die Branche werden, die in der Regel auf schnelles Verstummen der Medien hofft, um weiterzumachen wie bisher.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 26. Mai 2011

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Ostereier – wer sicher sein will, kauft Bio-Eier

Konventionelle Eier meist von Hühnern, die mit Gentechnik-Futter gefüttert wurden

Der Skandal um mit Dioxin verseuchte Eier war so schnell vom Tisch, wie er auftauchte. Können Verbraucher sich in Sicherheit wiegen und unbesorgt Eier für das Osterfest im Supermarkt kaufen? Ob jedes Ei, das jetzt ist Handel ist, dioxinfrei ist, sei dahingestellt. Greenpeace hat eine weitere bedenkliche Problematik kurz vor Ostern bekanntgegeben. Die Eier, die in den normalen Supermärkten und Discountern in den Regalen liegen und darauf warten, zum Osterfest gefärbt zu werden, stammen zumeist von Hühnern, die mit Gentechnikfutter gefüttert wurden. Wirklich sicher sein, dass nur schadstofffreie Ostereier im Osternest liegen, die von Hühnern stammen, die nicht mit Genfutter gefüttert wurden, kann man nur bei Eiern von Bio-Hühnern.

Großteil der Eier aus Gentechnik-Fütterung

Die Umweltorganisation befragte 15 Supermarkt-Ketten in Deutschland, darunter Aldi, Lidl und Kaiser´s Tengelmann sowie die Biomärkte Alnatura und dennree. Das Ergebnis: Noch immer stammt ein Großteil der im Handel erhältlichen Eier aus der Fütterung mit gentechnisch veränderten Pflanzen. In der Legehennen-Fütterung wird etwa 20 Prozent Gen-Soja eingesetzt. Eine Kennzeichnungs-Pflicht für tierische Produkte wie Milch, Eier und Fleisch, die mit Gen-Tierfutter erzeugt wurden, gibt es nicht.

Verbraucher lehnen Gentechnik ab

„Verbraucher benötigen Informationen, um sich für eine gentechnikfreie Lebensmittelproduktion entscheiden zu können. Diese Informationen bietet der neue Mini-Ratgeber“, sagt Sandra Blessin, Gentechnik-Expertin von Greenpeace. „Die Mehrheit der Verbraucher lehnt den Einsatz von Gen-Pflanzen für Lebensmittel ab. Produktion und Vertrieb von Schalen-Eiern aus gentechnikfreier Fütterung sind allerdings noch stark ausbaufähig.“

Umfrage zeigt:

Bei Eiern aus biologischer Produktion kann der Verbraucher sicher sein, dass keine Gentechnik im Futter verwendet wird. Die Supermärkte tegut und Kaufland sind zudem Vorreiter für eine gentechnikfreie Fütterung bei konventionellen Eiern. Bis Mai (Kaufland) oder Juni (tegut) sollen alle Eier entsprechend produziert sein.

Supermarktketten schneiden schlecht ab

Die Mehrzahl der Händler jedoch, darunter Rewe, Penny, Aldi, Kaiser´s Tengelmann, Edeka, Real und Norma, schneidet mit einem Anteil von 20-30 Prozent an gentechnikfreier Fütterung bescheiden ab. Lidl und Globus wollten keine Angaben zum Umfang ihres Angebots an gentechnikfrei erzeugten Eiern zu machen. Dieser Mangel an Transparenz ist unnötig, da beide Handelsketten gentechnikfreie Bio-Eier im Sortiment haben. Globus bietet darüber hinaus eine konventionelle Eiermarke mit dem Siegel „Tierschutz geprüft“ an, die ebenfalls eine gentechnikfreie Fütterung vorschreibt.

Angebot von genfrei produzierten Eiern ausweiten

Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels plädierte auf Anfrage von Greenpeace grundsätzlich für eine gentechnikfreie Fütterung der Legehennen. Darüber hinaus begrüßt die Umweltorganisation, dass Rewe und Netto ihr Angebot an gentechnikfrei erzeugten Eiern bis Ende 2011 deutlich ausweiten wollen. Rewe um mehr als 70 Prozent und Netto bis zu 100 Prozent.

Auf genmanipulierte Pflanzen verzichten

„Das neu gewonnene Bewusstsein des Handels ist ein erster Schritt. Zum Schutz von Mensch und Umwelt sollte jedoch ganz auf den Einsatz von genmanipulierten Pflanzen verzichtet werden“, sagt Blessin. „Der Anbau dieser Pflanzen gefährdet die biologische Vielfalt und führt zu verstärktem Pestizideinsatz.“

Generell schadstofffreie Eier ohne Gentechnik verlangen

Das Angebot richtet sich nach der Nachfrage. Wenn Konsumenten auf schadstofffreie Eier auf ihrem Frühstückstisch beharren, wird sich der Markt danach richten. Es ist nicht notwendig, dass zur Deckung des Eierbedarfs Hühner mit Gentechnik-Futter gefüttert werden. Wenn die Anbieter zunehmend unter Druck geraten, bleibt ihnen kaum etwas anderes übrig, als einwandfreie Ware zu liefern. Dieser Druck sollte nicht nur von Umweltorganisationen und Verbraucherverbänden aufgebaut werden, sondern auch von ganz normalen Hausfrauen und Konsumenten. Nachfragen im Laden, ob die Eier gentechnikfrei sind, ob sie auf Schadstoffe getestet sind, etc. kann jeder, und die Zeit sollte man sich nehmen.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 17.04.2011

Literatur: Greenpeace, Zu viele Eier aus Gentechnik-Fütterung im Handel, 17.04.2011

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Nahrungsmittelallergien können Migräne auslösen

Von Dr. Leo Galland

Migräne-Kopfschmerzen kommen schon seit Tausenden von Jahren vor, sie wurden bereits in Texten der antiken Medizin beschrieben. Jetzt hat die Wissenschaft Nahrungs- mittelallergien als eine der Ursachen entdeckt und in medizinischen Fachzeitschriften wie „The Lancet“ veröffentlicht.

Wenn Sie selbst oder jemand, den Sie mögen, an Migräne leidet, kennen Sie die Symptome: stechender Schmerz, so stark, dass er Übelkeit verursacht, manchmal mit Sehstörungen verbunden, mit gezackten, blinkenden Lichtblitzen, Benommenheit oder Kribbeln – stundenlang anhaltend.

Obwohl eine Gruppe von Medikamenten, die sogenannten Triptane, bei der Linderung der Migräne wirksam sein können, ist das Verhindern dieser Kopfschmerzen eine große Herausforderung.

Viele Faktoren können als Migräneauslöser fungieren, einschließlich Stress, Gerüche, Temperaturen und hormonelle Veränderungen. Der einzige Migräneauslöser, über den man jedoch die größte Kontrolle hat, ist die Nahrung.

Migräne-Kopfschmerzen und Ernährung

In den vergangenen 150 Jahren haben zahlreiche Wissenschaftler über einen Zusam- menhang berichtet zwischen Migräne und der Nahrung, die wir essen. Einige Wissenschaftler haben diesen Zusammenhang Allergien zugeschrieben, andere einer chemischen Wirkung der Nahrung auf das Gehirn.

Es wurden Migräne-Diäten entwickelt, aber sie sind für die meisten Menschen nur von begrenztem Wert. Sie basieren meist auf der Idee, dass bestimmte Nahrungsmittel wie Nüsse, Käse und Schokolade, Chemikalien enthalten, die Veränderungen im Blutfluss verursachen, die dann den Beginn von Kopfschmerzen auslösen.

Das Problem mit der Theorie einer chemischen Induktion von Migräne ist, dass niemals nachgewiesen wurde, dass sie tatsächlich eintritt.

Die einzigen Kopfschmerzen, von denen bewiesen wurde, dass sie chemisch ausgelöst werden, sind Rotwein-Kopfschmerzen, die sich jedoch sehr deutlich von einer herkömm- lichen Migräne unterscheiden.

Als in doppelblind angelegten Placebo-Kontrollstudien die Wirkung von Tyramin unter- sucht wurde, das in gereiftem Käse gefunden wird und von dem man annahm, dass es Migräne auslöst, stellte man fest, dass die Substanz nicht in der Lage ist, Migräne zu verursachen. (1,2)

Nahrungsmittelallergien lösen Migräne aus

Im Gegensatz dazu wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen, dass das Immun- system bei Migräne beteiligt ist. Italienische Wissenschaftler fanden heraus, dass Menschen mit Nahrungsmittel-induzierter Migräne Komplexe in ihrem Blut entwickeln, bei denen Nahrungsmittelproteine mit Antikörpern verklumpen, die gegen diese Proteine gerichtet sind; diese werden als zirkulierende Immunkomplexe bezeichnet [3].

Ihr Auftreten steht in Zusammenhang mit einer komplizierten Reihe von Immunreak- tionen, die darauf hinweisen, dass irgendeine Art allergische Reaktion abläuft. [4,5]

Die Signifikanz der Erkenntnis, dass Nahrungsmittelallergien Migräne auslösen, besteht in der Schlussfolgerung, dass eine „Migräne-Diät“ für jeden anders sein muss; je nach- dem, auf welche Lebensmittel man allergisch ist.

Zahlreiche Wissenschaftler haben aufgezeigt, dass ein Allergie-Blocker „Natrium – Cromoglykat“ genannt, vor der Nahrungsaufnahme oral eingenommen, in der Lage ist, die Induktion von Migräne, die durch Nahrungsmittel ausgelöst wird, zu blockieren. (6-10) Dieser Allergie-Blocker scheint dergestalt zu wirken, dass er die Bildung von in Nahrungsmitteln enthaltenen, zirkulierenden Immunkomplexen verhindert. Diese Art allergische Reaktion kann nicht durch herkömmliche Allergie-Tests festgestellt werden, die darauf beruhen, das Vorhandensein einer Art von Antikörper zu entdecken, die IgE genannt werden. (11) IgE-Antikörper festzustellen ist bei Beschwerden wie Heu- schnupfen wichtig, spielt aber offenbar bei Migräne keine Rolle.

Nahrungsmittelallergie, IgG Antikörper und Migräne

Eine kürzlich durchgeführte Doppel-Blind-, Placebo-kontrollierte Studie zeigte, dass Veränderungen in der Ernährung, die auf das Vorhandensein einer anderen Art von Antikörpern gegen Nahrungsmittelproteine ausgerichtet ist – den IgG Antikörpern – eine wirksame Strategie zur Verringerung der Häufigkeit von Migräneattacken sind. (12) IgG-Antikörper sind die wichtigsten Arten von Antikörpern, die in zirkulierenden Immunkomplexen gefunden werden. In dieser Studie wurde das Blut von Patienten mit häufigen Migräne-Kopfschmerzen (mindestens 4 x pro Monat) auf IgG-Antikörper gegen- über 266 Lebensmitteln hin untersucht. Bei jeder teilnehmenden Person wurden Nahrungsmittel identifiziert, gegenüber die sie hohe IgG-Antikörper aufwies. Den Studienteilnehmern wurde dann eine Diät in einer Weise verabreicht, bei der sie Speisen erhielten, die jeweils mit oder ohne die auslösenden Nahrungsmittel zubereitet worden waren, und zwar so, dass weder sie noch die Wissenschaftler wussten, welche Lebensmittel es waren. Wenn die Personen eine Diät zu sich nahmen, aus der die Nahrungsmittel mit hohem IgG eliminiert waren, verringerte sich die Häufigkeit der Migräneanfälle signifikant. Die Migräne wurde jedoch nicht vollständig beseitigt, warum auch immer, der Schweregrad der Migräneanfälle wurde nicht reduziert. Die Kopfschmerzen, die noch auftraten, war die übliche Migräne, wie sie die Patienten für gewöhnlich erleben.

IgG Nahrungsmittel-Allergietests

Tests zur Feststellung von IgG Nahrungsmittelallergien werden durch viele verschiedene Labors in den USA (Anm.: und auch in Deutschland) angeboten. Es ist kein perfekter Test, aber er kann Menschen mit Migräne und ihren Ärzten dabei helfen, eine individuelle Diät zusammenzustellen, um die Häufigkeit der Migräne zu reduzieren.

Identifizierung von Nahrungsmitteln, die Migräne auslösen

Wenn IgG Tests auf Nahrungsmittel nicht zur Verfügung stehen oder nicht dabei helfen, eine wirksame Migräne-Diät zusammenzustellen, kann man die Nahrungsmittel, die eine Migräne auslösen, mit Hilfe einer Technik herausfinden, die „Elimination und Provokation“ genannt wird.

Details über diese Methode und Studien, die ihre Wirksamkeit belegen, vor allem bei Migräne, deren Beginn in der Kindheit liegt, finden sich in einem Artikel, den ich zusammen mit Dr. LM McEwen schrieb: „Eine Rolle von Nahrungsmittelunverträglich- keiten bei Migräne im Kindesalter“.

Nahrungsergänzungsmittel und Migräne

Zusätzlich zu einer Diät gibt es mehrere Nahrungsergänzungsmittel, die in kontrollierten Studien zeigten, dass sie die Häufigkeit des Auftretens von Migräne reduzieren.

Nahrungsergänzungsmittel, die bei Migräne helfen können

(Die nachfolgenden Dosierungen sind ungefähre Angaben auf der Grundlage der Forschung, natürlich ist die Menge, die eine einzelne Person nehmen sollte, individuell verschieden.)

  • Magnesium, in der Regel etwa 300 Milligramm pro Tag
  • Coenzym Q10, in der Regel etwa 300 Milligramm pro Tag
  • Alpha-Liponsäure, in der Regel etwa 600 Milligramm pro Tag
  • Riboflavin (Vitamin B2), in der Regel etwa 400 Milligramm pro Tag
  • Mutterkraut (Tanacetum parthenium), Dosis Vorbereitung variiert von Produkt zu Produkt

Weitere Informationen über wissenschaftliche Forschungen, die zu diesen Nahrungser- gänzungsmitteln durchgeführt wurden, einschließlich der dazugehörigen Referenzen, können kostenlos über die Gesundheits- App, die ich „Pill Advisted“ genannt habe, eingesehen werden, indem man sich einloggt und sich nach den positiven Wechselwirkungen zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und spezifischen Medikamen- ten für Migräne umschaut. Um die Referenzen zu finden, gibt man nach der Anmeldung den Namen eines jeweiligen Migräne-Medikaments ein oder „Sumatriptan“, die Substanz, die das erste spezifische Migräne-Medikament darstellte. Man kann die Anwendung auch dazu benutzen, mehr über Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und freiverkäufliche Arzneimittel zu erfahren, über die man vielleicht etwas wissen möchte.

Für weitere Informationen über diese Gesundheits-App schaut man sich am Besten den „Pill Advised Channel“ auf Youtube an.

Autor: Dr. Leo Galland, Januar 2011

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Vielen Dank an Dr. Garland, diesen Artikel übersetzen zu dürfen!

Anmerkung: Der Artikel ist als allgemeine Information gedacht, er ist keine Aufforderung zu Selbstbehandlung und ersetzt keinen Arztbesuch.

Literatur:

  1. Forsyth WI, Redmond A. , Two controlled trials of tyramine in children with migraine, Dev Med Child Neurol 1974; 16: 794-799
  2. Moffatt A. M., Swash M, Scott D. F., Effect of tyramine in migraine; a double-blind study, J Neurol Neurosurg Psychiatr 1972; 35: 496-499.
  3. Marteletti P, Sutherland J, Anastasi E et al. Evidence for immune-mediated mechanism in food-induced migraine from a study of activated T-cells, IgG4 subclass, anti-IgG antibodies and circulating immune complexes, Headache 1989; 29: 664-670
  4. Marteletti P. T cells expressing IL-2 receptor in migraine. Acta Neurol (Napoli) 1991; 13: 448-456
  5. Marteletti P, Stirparo G, Rinaldi C et al., Disruption of the immunopeptidergic network in dietary migraine, Headache 1993; 33: 524-527
  6. Marteletti P, Bussone G, Centoze V et al., Prophylaxis of food-induced migraine with cromolyn sodium: efficacy of short- and long-term use, Cephalalgia 1989 (suppl 10): 441-442
  7. Mansfield L.E., Vaughan T.R., Waller S.F. et al., Food allergy and adult migraine: double blind and mediator conformation of an allergic etiology, Ann Allergy 1985; 55: 126-129
  8. Monro J,BrostoffJ,Carini C. et al. ,Food allergy in migraine, Lancet 1980; 2: 1-4
  9. Monro J, Carini C, Brostoff J. Migraine is a food allergic disease, Lancet 1984; 2: 719-721
  10. Paganelli R, Levinsky R.J., Brostoff J. et al. Immune complexes containing food proteins in normal and atopic subjects after oral challenge and effect of sodium cromoglycate on antigen absorption. Lancet 1979; 1: 1270-1272
  11. Doering P. Drug therapy of food allergies, In: Perkins J. E. (ed) Food Allergies and Adverse Food Reactions. Aspen Publishers, Gaithersburg, Maryland. 1990. pp 69-79
  12. Alpay K, Ertas M, Orhan EK, et al. Diet restriction in migraine, based on IgG against foods: a clinical double-blind, randomized, cross-over trial. Cephalalgia. 2010; 30:829-37.

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Kein Dioxin in Bio Eiern

Bio Eier unbedenklich

In den Regalen im Supermarkt türmen sich die Eier, keiner will sie mehr. Zu groß der Respekt davor, Dioxin verseuchte Hühnereier zu kaufen. Wie steht es bei Bio Eiern, muss der Verbraucher Risiken befürchten?

Verantwortliche, Produzenten von Bio Eiern und Vertriebsfirmen geben Entwarnung: Bioeier sind nicht belastet mit Dioxinen.

Biohöfe nicht betroffen

Dennree, ein Bio-Großhändler der bundesweit Bioläden beliefert, teilte am 4. Januar 2011 in einer Kundeninformation mit, dass keine Bio-Legehennenbetriebe oder Bio-Futtermittelhersteller betroffen sind.

Warum sind Bio Eier nicht betroffen?

Die im Bio-Bereich eingesetzten und erlaubten Öle werden nur aus Bio-Soja, Bio-Raps oder Bio-Sonnenblumen gewonnen, teilt Dennree den Bioladenkunden mit. Im Futter für Legehennen kommen im Biobereich außerdem wesentlich weniger Öle zum Einsatz als im konventionellen Bereich. Dass Fett des Futters der Eierlieferanten von Dennree resultiert hauptsächlich aus dem natürlichen Fettgehalt des eingesetzten Getreides, der Hülsenfrüchte und anderer natürlicher Bestandteile. Bio-Öl wird nur in einem ganz geringen Anteil von ca. 1-2% zugegeben.

Der Einsatz von Öl in der konventionellen Branche liegt im Schnitt bei 5-6%, es wird auf diese Weise ein höherer Energiewert bei geringerer Futteraufnahme gewähr- leistet, das bringt höheren Profit.

Eierproduzent „Biohennen“ gibt in einer Pressemitteilung nähere Informationen:

Vohburg, 4.1.2011 – Ursache für die jüngste Dioxinverseuchung von Tierfutter ist nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz die Verwendung von Fettresten aus der Biodiesel-Produktion. Mit dem Gift verunreinigte Futter- oder Lebensmittel waren in Niedersachsen, Schleswig- Holstein, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen- Anhalt, Thüringen und Brandenburg gefunden worden. Höfe in Bayern sind nicht betroffen. Da es sich um konventionelle Futtermittel handelt, sind nach unserer Kenntnis auch keine Biohöfe betroffen.

Das in unserem Futter verwendete pflanzliche Fett, kaltgepresstes Bio-Pflanzenöl, wird zu 100% in unserer Vertragsfuttermühle selbst hergestellt, wodurch ein Zukauf mit den damit verbundenen Risiken nicht nötig ist. Darüber hinaus werden sowohl die Futtermühle als auch die Bauernhöfe vom Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V. (www.was-steht-auf-dem-ei.de) nach dem Leitfaden Futter- mittel auf Dioxin kontrolliert. Da in keinem Fall Sperrungen durchgeführt wurden, können wir davon ausgehen, dass keine Auffälligkeiten auftraten.

Unsere aktuellste Eieruntersuchung ergibt 0,36 ng/kg Fett. Der Grenzwert liegt bei 3,0 ng/kg Fett. Die Eier der Biohennen AG können damit weiterhin mit gutem Gewissen verzehrt werden.

Die Biohennen AG ist eine Erzeugergemeinschaft von traditionell wirtschaftenden Bauern und hat mit ihrer Marke „Die Biohennen“ bundesweit den höchsten Standard in der Hühnerhaltung und Eierproduktion. In 26 bäuerlichen Familienbetrieben finden sich insgesamt über 100.000 Hühner in artgerechter Haltung nach den Richtlinien der Biohennen.

Die Betriebe sind auf der Webseite von Die Biohennen einzusehen.

Werden Bio Eier auf Dioxine hin untersucht?

Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Untersuchung auf Dioxine nicht. Einer der Gründe sind die extrem hohen Kosten, die für Laboranalysen auf Dioxine zu Buche schlagen. Rund tausend Euro kostet eine einzige Messung, war in einer SWR Radiosendung am 2. Januar 2011 zu hören, die über Dioxinbelastung in Eiern aufklärte. Die Biobranche hat sich jedoch vielfach eine Selbstverpflichtung auferlegt und kontrolliert auch auf Dioxine. So finden laut Bio-Großhändler Dennree regelmäßige Eigenkontrollmaßnahmen auch auf Dioxine statt. Die letzte Kontrolle von Dennree stammt vom Dezember 2010 und war frei von Dioxinen.

Wer auf Eier nicht verzichten mag, für den gibt es nur eine Alternative: Bio Eier.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 6. Januar 2011

Weiterführende Informationen über die Dioxinbelastung von Eiern und die Hintergründe:

Toxikologe zu Dioxin-Belastungen in Eiern

Der „Dioxin-Skandal“ ist kein neues Thema

Dioxine sind giftiger, als die Behörden bei ihren Abwiegelungsmanövern weismachen

Dioxine und PCB in Futtermitteln sind Teil der Nahrungskette von chlorierten Dioxinen und polychlorierten Biphenylen, die den Menschen als Endstation belasten. Ursache sind letztlich Vermischungen von Herstellungs- und Warenströmen der Chemie- und Lebensmittelindustrie, die zu unglaublichen und unkontrollierten Schweinereien auf einzelnen Stationen dieser Ströme führen. Der jetzige erneute „Dioxin-Skandal“ ist also nichts Neues, er ist systembedingt und besteht schon länger!

Die industrielle Tierhaltung versucht, die Kosten für die Futtermittel zu drücken, indem sie das Futter mit technischen Fetten streckt. Dabei dient das Futter als Entsorgungs- weg für die Giftindustrie.

Im Folgenden eine meist stichwortartige Dokumentation dieser Verhältnisse:

Dokumentation von Dioxin-Skandalen im Nahrungsmittelbereich

Los geht’s hier 1999, wenn es auch schon viel früher anfing. Grenzwerte für Dioxin im Tierfutter gibt es in Deutschland nicht. Also wird auch nicht kontrolliert.

In Belgien hat die Fernseh-Reporterin Siel van der Donckt ein Dioxin-Dossier veröffentlicht, das die Behörden lange unter Verschluss hielten. Seit Mitte März war bei der Regierung bekannt, dass in flämischen Hühnerställen im belgischen Norden Dioxin-Vergiftungen auftraten. Das Dioxin soll aus verunreinigtem Fett stammen, das dem Tierfutter zugesetzt wurde. Ein Fettschmelzbetrieb hatte entsorgtes altes Frittieröl dem Fett zugesetzt.

Lukrative Entsorgung

Der Verdacht der Fahnder: In der Schmelzerei sollen Motorenöle billig entsorgt worden sein, darunter mit PCB verunreinigtes Hydrauliköl, das bekanntlich auch Dioxin enthält. Von da gelangte Dioxin über die Hühner und Rinder in Eier, Fleisch, Milch usw.

Als Täter kommt die Fettschmelze „Fogra“ im wallonischen Bertrix in Frage, deren Geschäftsführer am 21.6.99 verhaftet wurde (WK, 23.6.99, dpa). Die Firma bereitet in Containerparks gesammelte Altöle und Frittenfett sowie Schlachtabfälle auf und beliefert damit die Firma Verkest, die zuvor als Verursacher verdächtigt worden war. Fogra soll im Auftrag von Verkest vom 19. bis 26.1. 99 Fett an den Viehfutterhersteller De Brabander geliefert haben. Der für mehrere Transporte eingesetzte Tankwagen sei dabei nicht gereinigt worden. Verkest wiederum soll Rohwaren u.a. von 4 holländischen Firmen in Ermelo, Moerdijk, Alblasserdam und Rotterdam bezogen haben.

Altfette und Plastik – ab in die Schmelze

Bei der Firma in Ermelo wurden beispielsweise Altfette samt Plastikbehältern in die Schmelze geworfen, so Wilhelm Hartfiel, Professor vom Institut für Tierernährung der Uni Bonn als Augenzeuge. Die holländischen Firmen erhalten die Altfette meist aus deutschen Bäckereien und Frittenbuden. Diese Fette sind durch zu langes und häufiges Erhitzen mit schädlichen Spaltprodukten wie Aldehyde, Ketone und Epoxide angereichert.

Wo kommt das Gift überall her?

U. Pollmer nennt noch eine Reihe weiterer möglicher bzw. vermuteter Ursachen: Das Dioxin könne aus einem Brand in einem Hamburger Lagerhaus stammen, bei dem Paletten mit Butter betroffen waren. Eine belgische Firma habe Höchstpreise für die Überreste geboten, die vom Asphalt eingesammelt worden waren.

Es könne aber auch von verseuchtem Kalk aus der Rauchgasreinigung stammen, der nach Belgien als Beimengung zu Legemehl für Hühner verkauft worden sei. Ferner käme Fett von Fettabscheidern in der Kanalisation in Frage, das nach der TA Siedlungsabfall wiederverwertet werden soll. Pollmer hält die staatliche Vorgabe des Recyclings von Schlacht- und Lebensmittelabfällen für die eigentliche Ursache des Skandals, und ferner das Preisdiktat für Lebensmittelfirmen in Supermärkten, die zur Rationalisierung auf Kosten der Qualität zwingt.

Problem Dioxin in Futtermitteln besteht schon länger

Die Dioxin-Verseuchung breitet sich nun bis nach Spanien aus. Dioxin-verseuchtes Fett wurde Mitte April 1999 von Belgien nach Spanien exportiert (FR, 24.6.99, dpa).

Auch in Deutschland besteht eine Gefährdung, weil gebrauchte Fette aus Gaststätten, Großküchen, Imbissbuden mit Mastfutter fürs Vieh gemischt werden. Dioxin-haltige Getreiderückstände gelangen unbeanstandet ins Futter. Diese enthalten Pilzgifte, Schwermetalle und hohe Dioxinmengen.

Futter mit Getreiderückständen hatte laut Duisburger Institut für Energie- und Umwelttechnik eine 10-100-fache Dioxinbelastung als der Durchschnitt der Futtermittel. In Pflanzenöl eines hessischen Herstellers, das als Zusatz für Geflügelfutter verwendet wird, hat die Überwachungsbehörde im Juni 2004 mit 2,3 µg/kg überhöhte Dioxin-Werte festgestellt. Damit waren Grenzwerte mit einem Faktor 3 überschritten. (WK, 29.6.04, dpa).

Dioxin-Kontaminierung kein Einzelfall

Die Wahrscheinlichkeit, dass Hühner und Eier in Deutschland stark mit Dioxin belastet sind, wird als sehr groß eingeschätzt, da aktuell nicht 70 Betriebe, wie bisher angenommen, mit Dioxin verseuchtem Tierfutter beliefert wurden, sondern 1000! Und das Problem besteht schon länger:

2004 wurde Dioxin in Eiern gefunden

Im Januar 2004 wurde bekannt, dass Dioxin in Eiern von Freilandhühnern in mehreren Bundesländern, darunter Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg, den EU-Grenzwert von 3 Pikogramm (pg) pro Gramm Fett überschritten hatte. In Bayern waren Grenzwert-Überschreitungen in 3 von 47 untersuchten Proben festgestellt worden.

In Niedersachsen hatten 28 % der Proben von Freilandeiern den Grenzwert überschritten. Da die Freilandhühner das Dioxin durch ständiges Picken aus belasteten Böden aufnehmen, liegt der Schluss nahe, dass die Böden bundesweit mit Dioxin verseucht sind. Daher lagen die Dioxin-Werte bei Eiern von Käfig-Hühnern in allen Ländern deutlich niedriger (laut „Bild am Sonntag“ vom 16.2.05; WK, 17.1.05, dpa).

Dioxin in Eiern April 2010

Dioxin in Eiern wurde auch wieder im April 2010 gefunden, wie das BfR in einer Pressemitteilung veröffentlichte. Die Konzentrationen für Dioxine lagen zwischen 5,9 und 13,6 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett. Die Summe aus Dioxinen und dioxin-ähnlichen PCB (dl-PCB) lag zwischen 6,9 und 14,9 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett. Der geringe Anteil der dl-PCB an den Summenwerten der Belastung deutet nach BfR darauf hin, dass die erhöhte Dioxinbelastung der Eier nicht auf eine Kontamination aus der Hintergrundbelastung, sondern auf eine besondere Schadstoffquelle zurückzuführen ist.

Der TDI-Wert der WHO liegt im Bereich von 1 bis 4 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/kg Körpergewicht pro Tag, wobei die 4 pg als provisorischer Wert für den maximal tolerierbaren Wert der Dioxin-Aufnahme angesehen werden.

Dioxin in Eiern Mai 2010

Auch im Mai 2010, am 18.5.10, wurden in Eiern aus einem Legehennenbetrieb bei Bad Ems Dioxin gefunden. Der gesetzliche Grenzwert für Dioxine in Eiern war überschritten. Der Hof wurde gesperrt. Der Betrieb hatte Futter mit Dioxin-belastetem Mais aus der Ukraine bezogen. (dpa, 19.5.10, WT; Ordner Lebensmittel).

Dioxin-belastete Eier tauchten im Mai 2010 auch bei Bio-Bauern auf. Durch Versäumnisse bei der Prüfung durch den Verein für kontrollierte und alternative Tierhaltungsformen (KAT) waren sie längere Zeit auf dem Markt geblieben. Ursache war mit Dioxinen verunreinigtes Hühnerfutter, nämlich Mais aus der Ukraine. Ergebnisse über Dioxin-Kontaminationen lagen schon am 16.3.2010 bei einem Hof in Niedersachsen vor, KAT gab Informationen jedoch erst Ende April 2010 heraus. (Spiegel 19, 10.5.10, 64; Ordner Lebensmittel; Greenpeace-Magazin 6, 2010, 30).

Dioxin in Eiern 2011

Die Behörden sperrten am 3.1.11 in Niedersachsen 1000 Höfe, in Nordrhein-Westfalen wurden 8000 Legehennen eines Betriebes in Soest getötet. Von dort sollen ebenfalls Dioxin-belastete 120 000 Eier in den Handel gelangt sein (dpa, 4.1.11, WT; Ordner Lebensmittel).

Gesundheitsgefährdung durch Dioxin in Eiern ist relevant

Die Dioxinbelastung in Eiern wird bezüglich der Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung als relevant eingeschätzt, wie aus Stellungnahmen vom Umweltprogramm der UN, UNEP, hervorgeht. Demnach sind große Teile der Bevölkerung auch 2005 „immer noch so stark belastet, dass sie sich im Risikobereich befinden“. Schädliche Einflüsse auf das Immunsystem und die Fruchtbarkeit sowie eine schleichende lebenslange Vergiftung werden vermutet.

Jeder Deutsche nimmt nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) täglich fast 2 Pikogramm (pg) Dioxin und Dioxin-äquivalente (PCB) pro kg Körpergewicht auf. Das liegt doppelt so hoch wie der WHO-Vorsorgewert (1 pg/kg x d) und mehr als 100-fach über dem Richtwert der US-Umweltbehörde EPA (0,006 pg/kg x d).

Lebensmittelüberwachung schon mit Routineaufgaben überlastet

Zur Belastungssituation (WK, 12.6.99): Man nimmt an, dass man mit verseuchtem Hühnerfleisch aus Belgien das 40 bis 90-fache, nämlich 80-90 Pikogramm Dioxin pro kg Körpergewicht und bei Eiern 17-60 Pikogramm, aufnimmt, als der Grenzwert von 10 Pikogramm für die tägliche Aufnahme zulässt. Der Verzehr von 2 belasteten Eiern würde zu einer Verdopplung der Dioxin-Werte führen, die dem Grenzwert für die tägliche Dioxinaufnahme durch Lebensmittel entsprechen (WK, 14.6.99, s.u.).

Das Amt für staatliche Lebensmittelüberwachung in Hofheim weist darauf hin, dass es schon mit den Routineaufgaben überlastet ist, weil die Stellen der Lebensmittelkontrolleure weiter abgebaut würden.

Expositionsabschätzung Dioxin in Eiern

Nach Berechnungen des BfR würde eine Person, die am Tag 142 g Eier verzehrt, 3,95 pg Dioxinäquivalente pro Tag und kg Körpergewicht aufnehmen. Dieser Wert liegt über dem Grenzwert von 2 pg des SCF(Scientific Committee on Food der EU) und im oberen Bereich der TDI-Werte der WHO. Wenn man allerdings die tägliche Aufnahme von Dioxin-Äquivalenten aus der Hintergrundbelastung berücksichtigt, wird auch der WHO-Wert überschritten.

Wenn man aber einen durchschnittlichen Verzehranteil der Eier an der Nahrung von 8% zu Grunde legt, werden täglich nur 0,86 pg Dioxin-Äquivalente aufgenommen, was dennoch eine erhöhte Exposition darstellt.

(WHO-PCDD/F-TEQ gibt den Summenwert der gemessenen Dioxine und Furane (F) an, bezogen auf die toxischen Equivalenzfaktoren der einzelnen Dioxin-/Furan-Kongenere (TEQ), die wiederum als % bezogen auf das toxischste Dioxin TCDD berechnet sind). (Stellungnahme Nr. 020/2010 des BfR vom 5.5.10; siehe Giftstoffe/Lebensmittel…)

Kurze Zusammenfassung und Kommentar:

Lebensmittelbelastungen mit chlorierten Dioxinen, Furanen und polychlorierten Biphenylen sind systembedingt:

Die Chemieindustrie produziert ständig chlorierte Kohlenwasserstoff-Produkte, wie Flammschutzmittel, Pestizide, PVC-Bodenbeläge und Baustoffe, und „entsorgt“ damit das giftige Chlor, das bei der Herstellung von Seifen und Waschmitteln anfällt. Als Nebenprodukte entstehen zwangsläufig die hochgiftigen Dioxine. Diese gehören zum so genannten „Dreckigen Dutzend“ der giftigsten Stoffe, die seit den 1990-er Jahren in der EU verboten sind.

Gesetzeslücke erlaubt Entsorgung von Giftstoffen in Futtermitteln

Lücken im Futtermittelgesetz erlauben sogar die Entsorgung von Giftstoffen in Futtermitteln für die Nutztierhaltung, die damit in die Nahrungskette gelangen und in der Bevölkerung „verdünnt“ werden.

Dioxine entstehen außerdem im Abgas der Müllverbrennungsanlagen. Da diese Stoffe chemisch sehr stabil und gleichzeitig fettlöslich sind, reichern sie sich im Fettgewebe und besonders im Gehirn an. Dort stehen sie in Verdacht, chronisch degenerative Hirnkrankheiten, also die Demenz, zu verursachen. Die rasante Zunahme der Demenzkrankheiten in den letzten Jahren beruht nicht nur auf der Zunahme des Altenanteils der Bevölkerung, sondern auf der schleichenden chronischen Vergiftung durch langlebige neurotoxische Chemikalien.

Chlorierte Dioxine sind also viel giftiger, als die Behörden bei ihren Abwiegelungs- manövern weismachen wollen. Die Verdummungstaktik von Industrie und Behörden soll das Gefahrenpotential von Dioxin und die Verursacher der Schweinerei, darunter die profitorientierte Chemie-Industrie, verschleiern.

Autor: Dr. Hans-Ulrich Hill, Wiesbaden, Januar 2011

Literatur:

Die Angaben beziehen sich auf Presse-, Radio-, Fernseh-Meldungen vom 2.-6.Juni 1999 zum 11. Dioxin-Skandal in Belgien, Juni 99: Spiegel 23, 7.6.99, S. 68; dpa-Meldungen in WK, 7.6.99, und 9.6.99, 12.6.99, Spiegel 24, 14.6.99, Natur + Kosmos 8, 1999, 15, nach U. Pollmer, sowie vielfältige Pressemeldungen bis Anfang 2011.

Buch: Hill, H.U.: Umweltschadstoffe und Neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns (Demenzkrankheiten). 2. Aufl. 2010, Shaker-Verlag Aachen, ISBN 978-3-8322-9503-5).

Informationen vom Bfr und Informationszentrum für die Landwirtschaft:

Muss man erst völlig zusammenbrechen, damit man Hilfe bekommt?

FORTSETZUNGSGESCHICHTE

Nicht verstehen können oder nicht verstehen wollen?

…Doch Joel hörte gar nicht die Worte seiner Mutter und tobte weiter. Dann warf er das Plüschtier in hohem Bogen in die Ecke der Stube, stand auf und trat gegen den Stuhl.

„Joel, Joel!“

„Carla, bleib ruhig. Der Schokoladenriegel ist schuld. Der Junge hat eine Reaktion. Dazu noch der Geruch von Omas Creme…“

„Was, jetzt bin ich schuld, wenn der Lausbub ausrastet? Das ist ja eine Unverschämtheit. Ihr solltet den Bengel mal richtig erziehen! Ich hätte ihn schon längst eine gefenstert.“

„Joel hat eine Reaktion, Oma! Er reagiert auf deinen Schokoriegel. Er verhält sich so nur, wenn er auf etwas reagiert, versteh doch das mal endlich“, wies Carla wütend die alte Frau zurecht.

Ihr gehört doch in die Klapse

Omas Augen funkelnden wütend und ratlos zugleich: „Ich habe Joel einen Schoko- riegel gegeben, kein Aufputschmittel oder Rauschgift! Ihr seid doch alle verrückt. Ihr gehört wirklich in die Klapse, aber alle.“

„Nur du nicht“, konterte Tim halbherzig. Es lohnte nicht, sich mit dieser verbitterten alten Frau anzulegen.

Dann glätteten sich die Wogen wieder. Der Tag verlief so, wie er wohl mehr oder weniger in allen Familien abzulaufen pflegt, mit Frühstück, Unterhaltung, Mittag, einem kleinen Spaziergang, Kaffeetrinken usw., wobei Carla und Joel jeweils ihre verträglichen Lebensmittel und Getränke zu sich nahmen. Gesättigt saßen sie auf den Polstermöbeln, eine gewisse Trägheit schlich sich ein, was die Oma veranlasste, langsam zum Fenster zu gehen, was die anderen nicht weiter beachteten.

Kompletter Zusammenbruch, Notfall

Carla spürte plötzlich einen Luftzug und gleichzeitig eine sehr unangenehme Misch- ung von Zigarettenrauch, Schornsteinrauch eines Kamins, Autoabgasen und Parfüm.

„Oma!“, schrie Carla, „…mach sofort…“

Weiter kam sie nicht mehr. Sie rutschte vom Sessel, röchelte, ihre Augen waren weit geöffnet.

Tim kniete sich neben ihr, schlug ihr leicht auf die Wange, aber Carla reagierte nicht. Sofort stülpte er ihr eine Keramikmaske über die Nase, die mit einer Sauerstoffflasche verbunden war und beatmete sie mit Sauerstoff. Mit Schrecken musste er feststellen, dass die Stahlflasche fast leer war. Er rief der Oma zu: „Ich muss Sauerstoff holen. Bin gleich wieder da. Bleib bei ihr und macht die Flasche leer.“

Als Tim zum Wohnhaus zurückkehrte, sah er einen Krankenwagen, dessen Türen gerade geschlossen wurden. Er hörte das laute Weinen seines Sohnes. Schlimmes schwante ihn. „Halt! Halt!“ schrie er aus Leibeskräften in Richtung des Krankenwagens, aber dieser setzte sich schon in Bewegung. Er eilte die Treppe auf, schloss und stieß die Tür auf: „Wo ist Carla?“

Benebelt, verwirrt

„Papa, Papa, sie haben Mutti weggeschafft“, schluchzte Joel. „Hab Oma gesagt, sie soll sie festhalten, aber sie sagte, dass es Mutti im Krankenhaus gut gehen wird…“

„Bist du vollends irre? Sie überlebt keine zwei Tage dort!“

„Unsinn, dort sind hochqualifizierte Ärzte, die endlich mal was unternehmen werden.“

„Unternehmen? Das Einzige, was ihr hilft, ist sofortige Gabe von medizinischem Sauerstoff. Jede Spritze, jedes Medikament, von den vielen Duftstoffen ganz zu schweigen, kann für sie tödlich sein. Die haben doch gar keine Ahnung.“

„Sie haben ja Carla gefragt, aber sie hat die Ärzte nur mit großen Augen angesehen und kein Wort gesagt. Nicht einmal ihren Namen wollte sie sagen.“

„Weil sie sich in solchen Momenten nicht ausdrücken kann. Sie ist dann wie benebelt oder verwirrt. Was hast du ihr nur angetan? Du hast nicht nur ohne Vorwarnung das Fenster geöffnet – womit alles begann – du hast auch noch den Arzt angerufen, der nur alles noch schlimmer macht und du hast zugelassen, dass man sie in das Krankenhaus voller Chemikalien brachte“, schrie er aufgebracht und schüttelte traurig mit den Kopf. „Lass uns allein. Ich kann dich nicht mehr ertragen“, sagt er noch leise und ging mit Joel in das Kinderzimmer, ohne der Oma noch eines Blickes zu würdigen.

Krankenhaus, Abteilung für Psychiatrien

Am nächsten Tag machte sich Tim früh auf den Weg zum Krankenhaus, um Carla zu besuchen. Er hatte Wegkleidung gleich mit eingepackt, denn er konnte sie keinen Tag länger im Krankenhaus lassen. Im Krankenhaus erfuhr er, dass auf richterlicher Anweisung Carla in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie gebracht wurde. „Warum? Warum?“, schrie er.

„Sie war völlig verwirrt, konnte uns nicht ihren Namen sagen, nicht ob sie Kinder hat oder verheiratet ist, einfach nichts, nur unverständliches Gestammel“, antwortete der diensthabende Arzt.

„Und sie haben ihr keinen medizinischen Sauerstoff gegeben?“

„Nein. Dafür bestand keine Notwendigkeit. Sie atmete selbstständig und war, von der Verwirrung abgesehen, bei Bewusstsein.“

Klappe zu – Gibt es keine Chance???

„Ich muss sie da rausholen!“

„Das geht nicht, nicht ohne, dass der richterliche Beschluss aufgehoben wird.“

Tim verließ fluchtartig das Krankenhaus. Noch im Krankenhaus fiel ihm Dr. Binz ein, von dem ihm eine Bekannte, die ebenfalls unter MCS litt, erzählte. Sofort nahm er mit ihm Verbindung auf und durch seine Hilfe gelang es tatsächlich, Carla nach wenigen Tagen wieder frei zu bekommen, wenn auch mit der richterlichen Auflage, dass sich Carla täglich in einer Tagesklinik zu melden habe. Dr. Binz setzte aber durch, dass Carla sich dort nur in einem Raum aufzuhalten brauchte, der für sie verträglich sein würde. Die Klinik stimmte zu, einen solchen Raum zu schaffen.

Ich habe Euch Unrecht getan, bitte verzeiht mir

Die Familie aß gerade Abendbrot, als es plötzlich klingelte. Es war Oma. Carla und Tim wollten gerade aufschreien, nur die rotgeweinten Augen der Oma hinderten sie daran. Schweigend setzte sich die Oma auf einen Stuhl, ohne ihren Mantel auszuziehen. Einige Minuten herrschte Schweigen, dann begann Oma mit zitternder Stimme zu reden: „Ich habe mich kundig gemacht. Fragt nicht bei wem. Ich habe euch, besonders dir Carla, Unrecht getan. Habe auch einen Film im Fernsehen über MCS gesehen. Mir wurde sogar von einer Psychologin berichtet, die an MCS erkrankte und am Ende die Schmerzen nicht mehr aushalten konnte und sich das Leben nahm. Ich erfuhr von einem jungen, MCS-kranken Mann, der gewaltsam in die Psychiatrie eingeliefert und mit Medikamenten vollgepumpt wurde. Nach seiner Entlassung brachte auch er sich um. Und das in unserem Rechtsstaat. Mir tut alles so leid. Bitte verzeiht mir. Wieder gut machen kann ich es nicht. Aber etwas helfen kann ich euch vielleicht doch“, schloss sie ihre Ansprache.

Was für eine Hilfe soll das werden?

Carla und Tim hörten wie versteinert die Worte der Oma. War das ihre Oma? Die gleiche Oma, der sie jahrelang MCS begreiflich zu machen versuchten und immer kalt abgefertigt wurden? Die sogar den Spruch fallen ließ, als das Paar um finanzielle Hilfe nachsuchte: „Weil du arm bist, musst du früher sterben, das ist jetzt wieder so.“ Diese Oma will jetzt helfen? Was soll das für eine Hilfe sein?

Als ahnte die Oma die Gedanken der beiden, fuhr sie fort: „Vor ein paar Tagen rief mich eine alte Freundin an. Alte Freundin, sage ich, sie ist aber bedeutend jünger wie ich. Jahrelang lebte sie zurückgezogen in einer – ich wollte es gar nicht glauben – Höhle, einer Wohnhöhle auf einer Insel. Die Höhle wäre sauber und trocken. Das Klima ganzjährig mild. Keine direkten Nachbarn und dennoch nicht so sehr weit bis in die Stadt. Nun, sie hat sich verliebt und will jetzt wieder zurück in die Zivilisation, wie sie sagte. Und stellt euch vor, sie will die Höhle verschenken, mit Mobiliar. Da habe ich an euch gedacht. Tim findet auf jeden Fall Arbeit dort und für das erste Jahr gebe ich euch was mit, womit ihr über die Runden kommt.“

Danke! ENDLICH

Ungläubig sahen sich Carla und Tim an. Träumten sie? Sie waren noch zu angespannt von den jüngsten Ereignissen, dass sich keine rechte Freude einstellen wollte. Doch dann huschte ein Lächeln über ihre Gesichter: „Danke Oma!“, sprachen sie wie im Chor.

„Aber nur, wenn du uns besuchst“, warf unerwartet plötzlich Joel ein. Tim wollte gerade die Augen verdrehen, aber ein sanfter Fußtritt Carlas besänftigten seine Augenmuskeln.

Sechs Monate später

… schaltete Tim am Morgen den Computer im Arbeitsraum ihrer Wohnhöhle ein. Carla und Joel schliefen noch. Ihnen ging es bedeutend besser. Freilich mussten sie sich weiterhin konsequent um ein cleanes Umfeld bemühen und aßen nur Bio-Kost. Aber hier ließ es sich aushalten. Wie würde es seiner Frau und den Jungen jetzt wohl gehen, wenn sie in Deutschland geblieben wären? Zudem hätte Carla sich weiterhin zwangsweise in eine Tagesklinik begeben müssen…

Schon lange hatte Tim sich vorgenommen, die Erlebnisse des letzten Jahres in Form einer Kurzgeschichte festzuhalten. Und so begann er zu schreiben: „Der vierjährige Joel lief schwermütig und keuchend an der Hand seiner Mutter. Das Atmen fiel den Kleinen schwer, weil er durch die Atemschutzmaske nur mühsam Luft bekam…“

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, Dezember 2010

FORTSETZUNGSGESCHICHTE:

Teil I: …und komme bitte nicht mit Parfüm

Teil II: MCS als Fiktion hinzustellen ist einfach, mit MCS zu leben ist schwer

Teil III: Die Problematik MCS ist der Regierung schon öfter unterbreitet worden

Teil IV: Umweltkrankheiten: Ich will mein altes Leben wieder

Teil V: Die Folgen sind bitter

Teil VI: Seit wann machen Krankheiten vor dem Alter halt?

Alarmierend: Kinder mit Nahrungsmittelallergien sind häufig Mobbing ausgesetzt

Es existieren Berichte von Kindern und Jugendlichen, die unter Nahrungsmittel- allergien leiden und deswegen schikaniert und geärgert werden. Bislang gab es noch keine Studie, die darauf ausgelegt war, diese Ereignisse genauer zu charakterisieren. Ein amerikanisches Wissenschaftlerteam setzte sich daher das Ziel, das Vorhanden- sein und die speziellen Merkmale von Mobbing, Hänseleien oder Belästigung von Lebensmittelallergikern aufgrund ihrer Nahrungsmittelallergien zu ermitteln. Sie mussten feststellen, dass Nahrungsmittelallergiker wegen ihrer Allergien häufig zuleide gelebt wird, und das nicht nur durch Gleichaltrige.

Wie ergeht es Kindern und Jugendlichen mit Nahrungsmittelallergien?

Um herauszufinden, welchen Angriffen Nahrungsmittelallergiker ausgesetzt sind, ließ das Wissenschaftlerteam Jugendliche und Erwachsene, als auch Eltern von Kindern mit Lebensmittelallergien Fragebogen ausfüllen. Insgesamt wurden 353 Erhebungen abgeschlossen. Weil die meisten Lebensmittelallergiker noch Kinder waren, wurde ein Großteil der Erhebungen durch die Eltern abgeschlossen.

Mobbing wegen Allergien auf Lebensmittel

Die Mediziner mussten feststellen, dass Kinder und Jugendliche verschiedenster Altersgruppen Repressalien und Schikanen wegen ihrer Nahrungsmittelallergien ausgesetzt waren. Die Gruppe der Studienteilnehmer setzte sich wie folgt zusammen: 25,9% waren jünger als 4 Jahre (4 bis 11 Jahre (55,0%), 12 bis 18 Jahre (12,5%), 19 bis 25 Jahre (2,6%) und älter als 25 Jahre (4,0%).

Insgesamt berichtete rund ein Viertel (24%) der Nahrungsmittelallergiker, dass man sie mobbt, hänselt oder belästigt, nur weil sie eine oder mehrere Allergien auf Nahrungsmittel haben.

Immer wieder gemobbt, gehänselt und schikaniert

Von den Kindern und Jugendlichen, die gemobbt, gehänselt oder belästigt wurden, berichteten fast alle (86%) sogar über mehrere Episoden. Zweiundachtzig Prozent der Vorfälle traten in der Schule auf und 80% wurden vor allem durch Mitschüler verübt.

Sogar Lehrer waren Täter

Einundzwanzig Prozent derjenigen, die gemobbt, gehänselt oder schikaniert wurden, berichteten, das die Täter Lehrer oder Schulpersonal gewesen waren. Insgesamt schoben 79% das, was ihnen wiederholt widerfahren war, ausschließlich auf das Vorhandensein von Nahrungsmittelallergien.

Vorsätzliche Körperverletzung an der Tagesordnung

Über die Hälfte (57%) der Allergiker, die gemobbt wurden, konnten direkte physische Ereignisse beschreiben, wie z. B. dass sie bewusst mit einem Allergen berührt wurden, ein Allergen übergeworfen bekamen oder es ihnen extra zugefächelt wurde. Mehrere der Befragten teilten sogar mit, dass man ihnen Essen vorsätzlich mit Allergenen verunreinigt hatte.

Gezieltes Management für den Umgang mit Allergiker ist notwendig

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie, die im medizinischen Fachjournal Annuals of Allergy, Asthma und Immunology im Oktober 2010 publiziert wurde, legten dar, dass Schikanen, Hänseleien und Mobbing bei Kindern mit Nahrungsmittelallergie absolut üblich zu sein scheinen. Die Wissenschaftler stellten zusätzlich fest, dass solche Vorkommnisse nicht nur häufig, sondern auch wiederholt auftreten. Die Mediziner geben zu bedenken, dass diese Vorfälle emotionale und körperliche Risiken darstellen und fordern, dass die Problematik im Zuge eines gezielten Managements zum besseren Umgang mit Nahrungsmittelallergien angegangen werden sollte.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 12. Oktober 2010

Literatur:

Lieberman JA, Weiss C, Furlong TJ, Sicherer M, Sicherer SH. , Mobbing unter Kindern mit Nahrungsmittelallergie, Ann Allergy Asthma Immunol. 2010 Okt; 105 (4) :282-286.

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