Chemikalien: Selbst niedrige Konzentrationen können sehr gesundheitsschädlich sein

Niedrige Dosis, große Wirkung: Wissenschaftler verlangen ‚fundamentale Veränderungen‘ für die Prüfung und Regulierung hormonähnlicher Chemikalien

Dies ist das wichtigste Ergebnis eines Forschungsberichtes (PDF), der nach drei Jahren Arbeit am Mittwoch [14.03.2012] von einem Team aus zwölf Wissenschaftlern veröffentlicht wurde, das sich mit den Hormonhaushalt verändernden Chemikalien befasste.

Dutzende von Substanzen die Östrogen, Testosteron und andere Hormone vortäuschen oder blockieren können, sind in Umwelt, Nahrung und Alltagsprodukten zu finden. Dazu gehören Kunststoffe, Pestizide und Kosmetika. Eine der größten und langlebigsten Debatten über diese Chemikalien dreht sich darum, ob die niedrigen Dosen, denen die meisten Menschen ausgesetzt sind, Schaden anrichten.

In einer neuen Untersuchung kamen Forscher zu dem Schluss, nachdem sie unter der Leitung von Laura Vandenberg von der Tufts University hunderte von Studien evaluiert hatten, dass gesundheitliche Auswirkungen „bemerkenswert weit verbreitet sind“, wenn Menschen oder Tiere mit niedrigdosigen, das Hormonsystem störende Substanzen belastet werden. Als Beispiele liefern sie Belege zu mehreren kontroversen Chemikalien wie Bisphenol A, das in Polycarbonat-Kunststoffen, in konservierten Lebensmitteln und in Kassenbons vorkommt und das Pestizid Atrazin, das in großen Menge hauptsächlich auf Mais angewendet wird.

Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass die Indizien der Forschung „eindeutig darauf hindeuten, dass man niedrige Dosen nicht ignorieren kann“. Sie zitierten Nachweise für einen weiten Bereich an Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen – vom Fötus bis zum Erwachsenen – welche z.B. mit Unfruchtbarkeit, Herzkreislauf-Erkrankungen, Adipositas, Krebs und anderen Erkrankungen in Zusammenhang stehen.

„Ob niedrige Dosen von Substanzen, die den Hormonhaushalt stören, auch Humanerkrankungen beeinflussen, ist längst keine Mutmaßung mehr, da epidemiologische Studien belegen, dass zwischen Umweltbelastungen auf der einen und humanen Erkrankungen und Behinderungen auf der anderen Seite ein Zusammenhang besteht“, schrieben sie.

Zusätzlich befassten sich die Wissenschaftler mit der Frage, ob das Jahrzehnte alte Verfahren zur Prüfung der meisten Chemikalien – Nagetiere hohen Dosen auszusetzen und dann auf die tatsächliche Belastung des Menschen herunter zu extrapolieren – dem Schutz des Menschen angemessen ist.

Sie folgerten, dass dies nicht der Fall ist und drängen deshalb auf Reformen. Manche hormonähnliche Chemikalien haben bei niedrigen Dosen gesundheitliche Folgen, die bei hohen Dosen nicht auftreten.

„Den derzeitigen Prüfungs-Paradigmen fehlen wichtige, sensitive Endpunkte“ für die menschliche Gesundheit, sagten sie. „Die Wirkung niedriger Dosen kann nicht anhand der Wirkungen vorhergesagt werden, die man bei hohen Dosen beobachtet. Deshalb sind fundamentale Veränderungen bei den chemischen Untersuchungen und Sicherheitsprüfung notwendig, um die Gesundheit des Menschen zu schützen.

Der Bericht wurde am Mittwoch [14.03.2012] vom Wissenschaftsjournal Endocrine Reviews online veröffentlicht. Zu den Autoren gehören Wissenschaftler wie Frederick vom Saal von der University of Missouri, der niedrige Bisphenol A Dosen mit einer Vielfalt von Wirkungen in Verbindung gebracht hat, Theo Colborn, der als erster gilt, welcher in den späten 1980er Jahren von Chemikalien gesprochen hat, die den Hormonhaushalt stören und Tyrone Hayes von der University of California in Berkeley, der die Wirkung von Atrazin auf Frösche dokumentiert hat.

Hauptautor ist Pete Myers, der Gründer von Environmental Health News und leitender Wissenschaftler von Environmental Health Sciences.

Linda Birnbaum, Chefin des National Institute of Environmental Health Sciences [staatliches Institut für Umweltgesundheits-Wissenschaft (NIEHS)] vertrat die Ansicht, der neue Bericht wäre wertvoll, „da er eine sehr große Menge an Informationen“ über in den Hormonhaushalt eingreifende Substanzen erschließt. Ihre Behörde ist die wichtigste, welche gesundheitliche Auswirkungen von Umweltschadstoffen untersucht.

Birnbaum erklärte, sie stimmt dem Hauptergebnis zu: „Alle Chemikalien, die den Hormonhaushalt stören können, sollten in ultra-niedrigen Dosen getestet werden, die der tatsächlichen Exposition des Menschen entsprechen“, sagte sie.

In vielen Fällen stellen die Produzenten der chemischen Industrie immer noch „alte Fragen“, wenn sie die Sicherheit von Chemikalien testen, obwohl „sich die Wissenschaft weiterentwickelt hat“, meinte sie. „Einige der Test-Paradigmen sind nicht dem Stand der Wissenschaft gefolgt“, schrieb Birnbaum am Mittwoch in einem Leitartikel, in dem es um neuen Bericht ging.

Für die meisten Toxikologen, sagte Birnbaum, bedeutet der Bericht trotzdem keine große Änderung ihrer Tätigkeit. Das NIEHS führt bereits Untersuchungen von Chemikalien im Niedrigdosisbereich durch, wozu die Untersuchung von Wirkungen über mehrere Generationen gehört, wie etwa Erkrankungen im Erwachsenenalter, die durch fötale Expositionen ausgelöst wurden.

„Manche reden die Toxikologen immer nur schlecht. Doch man kann nicht alle über einen Kamm scheren“, sagte Birnbaum.

Die Wissenschaftler jedoch, die den Bericht verfassten erklärten, dass Forschung mit niedrigen Dosen „von vielen nicht beachtet oder für bedeutungslos gehalten wurde“. Offenbar zielen sie mit ihren Ergebnissen auf das National Toxicology Program und die U.S. Food and Drug Administration. Die FDA hat 2008 Studien zu niedrigen Dosen ignoriert, als sie zu dem Schluss kam, Bisphenol A (BPA) in Alltagsprodukten wäre sicher. Zwei Jahre später änderte die Behörde ihre Ansicht und gab bekannt, dass sie sich nun Studien genauer ansehen würde, die Auswirkungen niedriger Dosen aufzeigen. Das National Toxicology Program stellte 2008 fest, dass BPA „ein gewisses Risiko“ für die Gesundheit des Menschen darstellen würde, wies aber andere Risiken zurück, weil sich die Studien widersprächen.

Mehrere Autoren des Berichtes wurden von ein paar anderen Wissenschaftlern und Industrievertretern kritisiert, weil sie zu ausgesprochenen Befürwortern von Prüfungen, Regulierungen und dem Ersatz von das Hormonsystem störenden Substanzen geworden wären. Die Wissenschaftler erklärten jedoch, sie sähen sich zu ihren Äußerungen gezwungen, da die regulierenden Behörden zu langsam handeln und sie sich über die Gesundheit der Menschen, insbesondere der Kinder, und der Tierwelt Sorgen machen.

Industrievertreter erklärten, nur weil Menschen Spuren von Chemikalien ausgesetzt wären, die in der Lage sind, den Hormonhaushalt zu beeinflussen, bedeutet das lange noch nicht, dass es irgendwelche schädlichen Wirkungen gäbe. Sie sagen, dass die Studien oft widersprüchlich und nicht beweiskräftig wären.

In einer Stellungnahme verkündete am Mittwoch der American Chemistry Council, der die Chemie-Konzerne vertritt, dass die Industrie „substantielle Ressourcen bereitgestellt habe, um die Forschung zum besseren Verständnis jeder potentiellen Wirkungen von chemischen Substanzen auf das Hormonsystem voran zu treiben. Während wir noch nicht die Möglichkeit hatten, das Papier in seiner Gänze zu prüfen, gelangte Michael Kamrin Professor Emeritus der Michigan State University zu der Feststellung, dass die Wirkung ’niedriger Dosen‘ nicht bewiesen wurde und deshalb nicht auf die wirklichen Lebensbedingungen und die humane Exposition angewendet werden sollten“.

„Aus dem was vorliegt muss geschlossen werden, dass diese „niedrig dosigen“ Wirkungen erst noch bewiesen werden müssen [und] dass die Studien, welche sie angeblich belegen, nicht wissenschaftlich korrekt auf Menschen übertragen werden können“, schrieb Kamrin, ein Toxikologe 2007 im International Journal of Toxicology.

Doch vom Saal und andere Forscher haben geäußert, dass Untersuchungen, die keine niedrigdosigen Wirkungen solcher Chemikalien wie BPA feststellen, oft industriefinanziert sind, und oft haben sie die falschen Tiere mit den falschen Dosen getestet oder sie haben die Tiere nicht zum Zeitpunkt der größten Gefährdung während des fötalen Wachstums einer Exposition ausgesetzt.

Endokrinologen haben schon lange gewusst, dass unendlich kleine Mengen von Östrogen, Testosteron, Schilddrüsenhormonen und anderen natürlichen Hormonen heftige gesundheitliche Folgen, insbesondere für Föten, haben können. Sie sind nicht davon überrascht, dass menschengemachte Substanzen mit hormonellen Eigenschaften ebenfalls große Auswirkungen haben könnten.

„Es gibt für Chemikalien, die wie Hormone agieren, wirklich keine sichere Dosis, da das Hormonsystem so eingerichtet ist, mit ganz niedrigen Konzentrationen zu arbeiten“, erklärt Vanderberg gegenüber Environmental Health News, eine Post-Doktorandin am Levin Lab Center für regenerative Biologie und Entwicklungbiologie an der Tufts University.

Doch viele Toxikologen stimmen der gängigen Meinung zu, „die Dosis mache das Gift“. In anderen Worten, es ist eine bestimmte Dosis erforderlich, damit etwas giftig ist. Sie sind es auch gewöhnt, einen Effekt zu sehen, den man „monoton“ nennt, dies bedeutet, dass die Reaktion eines Tieres oder eines Menschen mit der Dosis zu oder ab nimmt.

Die Forscher sagen in der neuen Untersuchung, dass nichts davon auf hormonähnliche Chemikalien zutrifft.

„Die Anerkennung dieser Phänomene sollte zu einem Paradigmenwechsel für toxikologische Studien führen und wird wahrscheinlich auch die wissenschaftlichen Methoden der Regulierungsbehörden dauerhaft beeinflussen“, schreiben sie.

In dem Bericht machen sich die Wissenschaftler Sorgen, dass die Regierung „sichere“ Expositionswerte für „eine erhebliche Anzahl von Substanzen die das Hormonsystem stören“ festgelegt hat, die niemals in niedrigen Dosen getestet wurden. Sie legten dringend nahe „die üblichen Sicherheitstests in großem Umfang auszuweiten“.

„Wir empfehlen, in den Untersuchungen die niedrigsten Dosis niedriger als die Belastung anzusetzen, denen Menschen ausgesetzt sind, sofern eine solche Dosis bekannt ist“, schrieben sie.

Vandenberg sagte, bei einer hohen Dosis einer hormonwirksamen Substanz kann gar keine Wirkung oder eine völlig andere auftreten, während eine niedrige Dosis Erkrankungen auslösen kann.

Das Brustkrebs-Medikament Tamoxifen „liefert ein hervorragendes Beispiel dafür, dass Tests mit hohen Dosen ungeeignet sind, die Wirkung niedriger Dosen vorherzusagen“, so heißt es in dem Bericht. In niedrigen Dosen regt es das Wachstum von Brustkrebs an. In höheren Dosen hemmt es dieses.

„Stellen Sie sich vor, man würde 100 repräsentative Personen aus der amerikanische Bevölkerung heraus greifen und nach den Expositionswerten eines EDC [endocrine-disrupting compound – hormonell wirksamer Stoff] in einer Linie so aufstellen, dass die Person ganz links den niedrigsten Belastungswert hätte und die ganz rechts den höchsten. Für viele toxische Chemikalien würden die Personen mit den höchsten Belastungswerten am rechten Ende der Linie das höchste Vorkommen von Erkrankungen aufweisen. Doch für manche EDCs legen Studien nahe, dass die Personen in der Mitte der Linie dem größten Risiko ausgesetzt sind“, sagte Vandenberg.

Sie verglich Hormone, welche an Rezeptoren im Körper andocken und Funktionen wie Wachstum des Gehirnes oder der Reproduktivorgane auslösen, mit Schlüsseln in einem Schloss.

„Je mehr Schlüssel in den Schlössern sind, desto mehr Wirkungen sind zu beobachten. Doch ab einem gewissen Punkt sind die Schlösser überfordert und reagieren nicht mehr auf die Schlüssel. Deshalb ergeben im Niedrigdosisbereich viele Schlüssel eine höhere Wirkung, während im Hochdosisbereich viele Schlüssel mit einer geringeren Wirkung verbunden sind“, sagte sie.

Vandenberg sagte voraus, der Bericht „wird unter Akademikern, Wissenschaftlern in Behörden und Industrie Diskussionen darüber auslösen, wie man die Risikoabschätzung für EDCs verbessern kann“.

„Die Frage lautet nicht mehr, ob diese Phänomene existieren, sondern wie wir weiterkommen und mit ihnen umgehen.“

Autor: Marla Cone, 15. März 2012 für Environmental Health News

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Der Original-Artikel „Low doses, big effects: Scientists seek ‚fundamental changes‘ in testing, regulation of hormone-like chemicals“ wurde unter der Creative Commons Linzenz: By veröffentlicht. Für diese Übersetzung gilt CC: BY-NC-SA

Artikelfoto: Copyright Big Fat Rat, CC: BY-NC-ND

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8 Kommentare zu “Chemikalien: Selbst niedrige Konzentrationen können sehr gesundheitsschädlich sein”

  1. Twei 24. März 2012 um 01:02

    Viele chemische Stoffe, die im Alltagsgebrauch sind, wurden auf ihre menschliche Verträglichkeit bis Heute noch gar nicht getestet. Erst ab einer bestimmten jährlichen Produktionsmenge, werden gesetzliche Tests angeordnet. Bei diesen Chemikalien weiß man bis heute noch nichts zu ihrer wahren „Umweltverträglichkeit“.

    Abscheulich finde ich auch die ganzen Tierversuche. Durch dieses immer wieder in Frage stellen und den zig Gegengutachten der Industrie, um ihre Produktionen abzusichern, werden unnötiger Weise immer mehr Tiere den qualvollen Testen ausgesetzt. Ebenfalls erkranken und sterben zeitgleich MENSCHEN an den Falschbeurteilungen einer sich noch immer auf dem Markt befindlichen giftigen Chemikalie bzw. chemischen Stoffes oder Moleküls.

    Tja – wie sollen wir mit den existierenden Phänomenen der gefährlichen Niedrigdosierung umgehen…

    Wie gefährdet ist unsere Industrie, unser Wirtschaftsstandort zum „Geldscheffeln“ Einiger mit unnötigen Produkten oder Wegwerfartikeln, wenn man bedenkt, dass die meisten auch noch extrem giftig sind?

    Bricht unser Wirtschaftssystem zusammen, wenn man all jene Chemikalien und Produkte vom Markt nimmt? Ist es wichtiger, wenn alles unbekümmert weiterläuft und unser Gesundheitssystem überfordert wird und die Menschen Medikamente und teure Behandlungen benötigen, um eine Restarbeitsfähigkeit zu bewahren?

    Ich finde, man sollte einfach alle Konsequenzen auf sich nehmen, um für den Menschen, den Tieren und der Natur vordergründig einzustehen.

    Wir wissen doch bis heute nicht, wie unsere zukünftigen Generationen unter unseren heutigen „Verbrechen“, die wissentlich geschehen, biologisch leiden werden – Verkrüppelungen und geistige Behinderungen werden dabei nicht ausgeschlossen sein!

  2. PappaJo 24. März 2012 um 22:04

    Wäre es denn nicht vorteilhafter wenn man statt „nur“ Tierversuche zu machen, die Stoffe erst per LTT testet? Man könnte ja z.B. Blutproben aus ganz BRD – auch mit einer genetischen Schnittmenge – für einen LTT-Test verwenden. Wenn hier bereits Reaktionen erfolgen, bräuchte man die Stoffe überhaupt nicht an Tieren testen, da diese ja bereits Reaktionen hervorrufen und demnach für den Menschen sehr gefährlich sind.

    Fehlt dann noch der Nachweis ob diese Stoffe z.B. Krebs erzeugen können. Aber ich denke die Wissenschaft hat bereits genügend Parameter gesammelt um sowas hoch rechnen zu können.

    Ein Test an Tieren ist nicht nur Folter der armen Viecher sonder totaler Schwachsinn!!! Demnach dürfte kein Mensch Schokolade essen, weil ja Hunde dran krepieren!

    Man kann es eben nicht 1/1 übertragen.

  3. Silvia 24. März 2012 um 22:11

    LTT ist leider nicht ganz objektiv. Bei chronisch MCS Kranken versagt er bspw. häufig.

  4. Bekannter Querulant 25. März 2012 um 07:06

    Die putzige Ratte auf dem Foto ist übrigens ein Haustier. Den Fotostream kann man sich ansehen, wenn man auf „Big Fat Rat“ im Foto-Credit klickt. Tierversuche sind nicht nur grausame Mißachtung von Lebewesen, sondern auch Selbstüberschätzung. Man glaubt zum einen, alles irgendwie managen zu können, zum anderen hält man sich für etwas besseres als ein Tier. Doch wer weiß das wirklich? Es paßt nicht in unser egozentrisches Weltbild, daß Tiere empfinden, ein wie auch immer geartetes Selbstbewußtsein haben und sogar denken können. Dabei weiß man, daß viele Tiere ihr eigenes Spielbild erkennen, selbst wenn ihnen noch nie ein Spiegel über den Weg lief. Viele Tiere können weitere abstrakte Leistungen erbringen, wie z.B. zählen und Delphine haben schon Menschen vor der Ertrinken gerettet. Als Wissenschaftler anfingen, mit Riesenschildkröten Ball zu spielen, um deren Intelligenz zu erforschen, gewöhnten sich die Viecher daran und wollten fortan jeden Tag Ball spielen, anstatt sich in ihrem Zoogehege dumm und dämlich zu langweilen. Die höhere Intelligenz die wir Schlaumeier uns zusprechen, dürfte eher auf grundlegenden Verständigungsproblemen mit den Tieren beruhen. Haustierbesitzer wissen, daß jedes Tier eine individuelle Persönlichkeit und nicht einfach nur ein durch Instinkte angetriebener Organhaufen ist. Das ist eher der Mensch selber, in seiner dümmsten Vollendung.

    Was mir solche Artikel immer wieder verdeutlichen, klingt technikfeindlich bis weltfremd, ist aber meine Überzeugung: Wir befinden uns mit unserer gesamten Kultur und Technik auf dem absolut falschen Weg. Wir hätten das Erdöl nie aus der Erde holen dürfen. Als wir entstanden sind, mußte die Evolution auf solche Stoffe wie jene die wir daraus herstellen keine Rücksicht nehmen, da sie nicht in unserer Umwelt vorkamen. Deshalb darf man sich nicht wundern, wenn nun aufeinmal Stoffe aufgrund chemischer Ähnlichkeiten an irgendwelchen Rezeptoren andocken und dort etwas machen, was sie nicht sollten. Ich wage sogar zur lästern, daß jeder Kunststoff mehr oder weniger hormonaktiv sein könnte. Mit einigen kommt unser Körper besser klar als mit anderen, aber langfristig vergiften wir uns. Erst Recht mit dieser riesigen, stetig zunehmenden Umweltbelastung. Welcome to the toxic soup!

    Ich denke übrigens nicht, daß wir heute ohne Petrochemie immer noch auf Bäumen leben würden. Ich bin von unsere Kreativität absolut überzeugt. Wir hätten eben mehr Kram aus Holz, Metall, Keramik, Glas oder was weiß ich was, oder würden Polymere aus Stärke oder ähnlichem herstellen, falls Plastik überhaupt für was gut ist, außer für billige Massenwarensch***e. Wenn wir ein Wirtschaftssystem hätten, das nachhaltig ist und nicht monetären Profit sondern den Nutzen der Produkte als erstes Ziel hätte, bestünde trotzdem kein Mangel an Gütern und es gäbe eine Menge sinnvoller Arbeitsplätze in der Reparatur. So ein Wirtschaftsmodell nutzt allen und nicht nur denen, die am jetzigen Verschwendungssystem verdienen. Ich stelle mir eine nachhaltige Wirtschaft nicht nur sinnvoller und gesünder, sondern auch schöner vor. Alles das was heute als Luxusartikel verkauft wird, z.B. Möbel aus echtem Holz oder Kleider aus unbelasteter Baumwolle und aus Leinen wäre Standardqualität und nicht Privileg weniger.

    MCS ist schon seit den 40er Jahren bekannt. Nach so langer Zeit müßte man aus unvoreingenommener empirischer Evaluierung real erkrankter Menschen mehr wissen, als aus allen Tierversuchen zusammen, die man in dieser Zeit hätte machen können.

  5. PappaJo 26. März 2012 um 06:44

    @Silvia
    Das ist mir neu! Liegt aber auch daran das ich seit langer Zeit keinen Arzt gesehen habe. Gibt es denn einen besseren bzw. zuverlässigeren Test?

    @Bekannter Querulant
    Ist nur sehr schwer sich das vorzustellen, ohne Öl!
    Darauf basiert ja die gesamte moderne Zivilisation und letztendlich die Mobilität und Kommunikation! Microchips, Elektronik… es ist vorstellbar aber was wäre dann? Ohne Weltkriege würden sich die einzelnen Stämme immer noch mit Keulen bekämpfen, wir hätten nach wie vor kleine bis große Reiche in denen einzelnen versuchen zu regieren etc. Ich glaube kaum das sich, das was wir von Geschichte kennen, je wesentlich geändert hätte. Wahrscheinlich würde die Kirche immer noch Hexen verbrennen und Konquistadoren fremde Völker schlachten….

    Besser wäre mit all dem Wissen, auch um die Greueltaten, eine bessere Welt zu bauen. Das wäre eher vorstellbar. Aber solange das Öl sprudelt und Kriege darum geführt werden, wie seit Jahrzenten im nahen Osten (u.a. Iran/Iraq), wird alles nur schlimmer. Aber dank der „Kommunikativen Möglichkeiten, die vom Erdöl erschaffen, kann man uns manipulieren und eigentlich geht der Krieg ja nicht ums Öl!“

    Ja nee is klar….

  6. Beobachter 26. März 2012 um 07:10

    Danke an den „Bekannten Querulanten“ für den interessanten und treffenden Kommentar – ein Beitrag mit Weitblick über den eigenen Tellerrand hinaus und unter Einbeziehung des richtigen Verhältnisses von Ursache und Wirkung.

    Ich stimme zu, dass gesundes Leben (Wohnen, Arbeiten, Ernährung) immer mehr zum Privileg Weniger wird; d.h. derer, die es sich finanziell leisten können.
    Bsp.: Es gibt eine Menge Leute,
    die sich KEIN privat zu bezahlendes baubiologisches Gutachten leisten können –
    die unter gesundheitsschädlichen Bedingungen/Umständen arbeiten MÜSSEN, weil sie keinen anderen Job finden –
    die sich NICHT ausschließlich biologisch ernähren können –

    Einzige Maxime von Wirtschaft und Industrie scheint unbegrenztes profitorientiertes Wachstum zu sein – selbst unter Ausbeutung der letzten Ressourcen und Schädigung der Umwelt.

    Umweltbedingte Erkrankungen und Allergien nehmen deshalb stetig zu; und man „doktert“ an den zwangsläufig auftretenden Symptomen herum, statt (auch) an die Ursachen zu denken und die Verursacher an den Pranger zu stellen und in die Pflicht zu nehmen.

    Wer braucht den übrigens unbedingt z.B. Plastik-Spielzeug, das Dritt-Handy oder (Speisen-) Fertigprodukte aus der Dose oder der Plastik-Flasche?
    Es werden (wird) nicht nur künstliche Bedürfnisse geweckt, sondern auch noch
    Rohstoffe vergeudet –
    menschenunwürdige und schädigende Produktions- und Arbeitsbedingungen im Ausland unterstützt –
    die Konsumenten hierzulande (und anderswo) gesundheitlich geschädigt –
    das Wachsen der Müllberge verursacht (unverrottbare Kunststoffe, Elektromüll, Einmal- und Wegwerfprodukte), sofern diese nicht in unseren Meeren und/oder in Drittländern landen –

    Wie gesagt:
    Die Menschheit sägt sich sehenden Auges (denn es ist Vieles seit Langem bekannt) den eigenen Ast ab; denkt nicht an künftige Generationen; hat die Haltung: „Nach uns die Sintflut“ –
    und wirklich Umweltkranke sind die unbequemen Opfer,
    die nicht ernst genommen und nicht unterstützt werden –
    die psychiatrisiert werden sollen –
    und die man obendrein noch abzockt und als Klientel für ominöse „Therapien“ (siehe „Wunderheilung“ etc.) und potentielle Käufer von Eso-Utensilien ins Visier nimmt –

    Es ist eine wahre Schande!
    Auf dass es mehr unbequeme „bekannte Querulanten“ geben wird und „Solidarität“ kein Fremdwort mehr sein wird …

    LG Beobachter

  7. Silvia 26. März 2012 um 08:58

    @ PapaJo

    Es sind ganz neue Tests vorgestellt worden, die völlig ohne Tierversuche auskämen. Ich muss nachschauen und versuchen eine Link für Dich zu finden.

  8. Beobachter 26. März 2012 um 20:24

    PappaJo,

    zu Deiner Antwort an den „Bekannten Querulanten“:

    Weltkriege:
    Mir wäre es bedeutend lieber, wenn man sich heute noch mit Keulen bekriegen würde, statt mit Giftgas und Atombomben – „moderne“ Kriegsführung ist beileibe kein „Fortschritt“.

    Konquistadoren:
    Die in etwa vergleichbare heutige Form besteht im Vorgehen von Großmächten und globalen Konzernen zur Erweiterung des Machtbereichs und zur Erschließung von Bodenschätzen außerhalb des eigenen Staatsgebietes.
    Auch hier nimmt man auf Ureinwohner bzw. die einheimische Bevölkerung und deren Land wenig bis keine Rücksicht.
    Heute geht es nicht mehr nur um Gold/Silber, sondern z.B. um Öl, Silicium und um natürliche Ressourcen wie Wald (Holz) und Wasser.
    Ist das besser als anno dazumal?

    Fortschritt (um jeden Preis?) muss nicht unbedingt und immer besser sein als das, was war.
    Außerdem ist alles missbrauchbar; es kommt darauf an, was man draus macht.

    LG Beobachter

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