Der Ölsandabbau in Kanada zerstört die Natur
Im März 2003 kletterte der Ölpreis auf 35 US-Dollar pro Barrel. Im gleichen Jahr entdeckte die United States Energy Information Administration das Öl im Ölsand. Das Ansteigen des Ölpreises ließ die Förderung der gewaltigen Ölsand-Vorkommen plötzlich wirtschaftlich erscheinen, so dass sie von Ressourcen zu Reserven befördert und Kanada zum Land mit den weltweit größten nachgewiesenen Erdölreserven wurde – gleich nach Saudi-Arabien.
Neben Sanden, Tonen und Wasser bestehen Ölsande aus zwischen einem und zwanzig Prozent Kohlenwasserstoffen. Nach der Abtrennung von Sand und Wasser wird der Kohlenwasserstoff-Anteil im Upgrader hauptsächlich thermisch gecrackt, hydriert, entschwefelt und zu synthetischem Rohöl weiterverarbeitet. Während die Förderung oberflächennaher Vorkommen im Tagebau erfolgt, müssen die Kohlenwasserstoffe tieferer Schichten durch das Einleiten von heißem Wasserdampf in verschiedenen Varianten verflüssigt werden.
Da die oberflächennahen Vorkommen als zumeist erschlossen gelten, gewinnen diese energieintensiven in-situ-Verfahren an Bedeutung. Skeptiker weisen auf den steigenden Energieeinsatz hin, der umso mehr erzwungen wird, je weiter sich die Vorkommen von der Erdoberfläche entfernt befinden. Die Energie zur Dampfbereitstellung stammt zurzeit noch größtenteils aus der Verbrennung von Erdgas: für die Umwandlung eines Barrels Bitumen in „dickes“, gerade transportfähiges Öl müssen ca. 28 Kubikmeter Erdgas verheizt bzw. 1 Gigajoule aufgewendet werden; im Gegenzug hat ein Barrel Öl ein Energieäquivalent von 6,117 Gigajoule. Außerdem ist das bei Extraktion und Umwandlung in synthetisches Rohöl anfallende CO2 ein weiteres Problem– rund 50 Kilogramm pro Barrel allein in der Dampferzeugung. Um einen weiteren Anstieg der CO2-Emissionen Kanadas durch zusätzliche Verbrennung fossiler Energieträger zu vermeiden, wird auch die Nutzung von Atomenergie als langfristige Alternative zum Erdgas in Betracht gezogen.
Der Ölsandabbau in Alberta führt zur totalen Zerstörung einer riesigen Waldfläche, die doppelt so groß ist wie Bayern. Beim Abbau von Öl aus Sand wird extrem viel Gift produziert, was zur Folge verkrustete Erde und verpestete Luft durch giftige und ätzende Lösungsmittel hat. Die komplette Pflanzen- und Tierwelt der Region wird rücksichtslos vernichtet. Kanadische Ureinwohner müssen die Umgebung aufgrund der Schadstoffbelastung verlassen und ein ganzes Dorf von Ihnen soll einer Ölpipeline weichen. Pro Tag fließen Millionen Liter vergiftetes Wasser ins Grundwasser. „500 Millionen Liter giftigen Wassers gibt es in den Seen“, sagt Christoph von Lieven von Greenpeace. „90 Prozent des Wassers, das benutzt wird, um das Öl auszuwaschen, ist mit Giften wie Quecksilber und Arsen versetzt.“ Für einen Liter Öl verbraucht die Industrie drei Liter Wasser.
Die Investitionen für den Abbau und die Weiterverarbeitung der Ölsandvorräte zu hochwertigen Ölprodukten sind sehr hoch und zeitaufwendig. Gegenwärtig werden mehr als 100 Milliarden US-Dollar investiert. Die durchschnittlichen Förderkosten liegen bei knapp über 20 US-Dollar pro Barrel, mit der notwendigen Umwandlung des Bitumens in synthetisches Rohöl klettert der Preis auf ca. 40 US-Dollar. Die Produktionskosten dürften bei dem vorgesehenen Ausbau der Produktion, der Verwendung teuerer technischer Verfahren und dem damit einhergehenden Energieverbrauch deutlich steigen. Parallel dazu werden die Umweltschäden zunehmen. Das nächste Problem ist, dass für die Abtrennung des Bitumens vom Sand ungeheure Wassermengen erforderlich sind. Bereits heute wird ein Viertel des Süßwasserverbrauchs in Alberta von der Öl- und Gasindustrie verbraucht. Wegen zunehmender Trockenheit im Lande wiegt dieser Raubbau schwer.
Greenpeace-Aktivisten haben mit einer Protestaktion am 16. September 2009 den Abbau von Ölsand in Kanada für mehr als 30 Stunden gestoppt, um auf die schädlichen Auswirkungen dieser Förderung auf das Klima hinzuweisen. Mehr als 20 Mitglieder der Umweltorganisation ketteten sich in der Provinz Alberta an schwere Maschinen an. Der Mineralölkonzern Shell stoppte daraufhin den Betrieb der Abbaustätte Albian Sands und verhandelte mit den Demonstranten. Mit dieser Aktion wurde ein Zeichen gesetzt, das in den internationalen Medien Beachtung fand.
Autor: Maria-Magdalena, CSN – Chemical Sensitivity Network, 5. Juni 2010 – TAG DER UMWELT.
Weitere CSN Artikel zum Thema Umwelt:
- Ölpest: Die Kinder am Golf von Mexiko
- Zweifelhafte Chemikalien im Golf von Mexiko im Einsatz
- Persistente Altlasten in Lebensmitteln
- Seit wann benutzen Fische Parfüm?
- Die Karibik hat eine Schattenseite: Prostatakrebs durch Pestizide
- Klimaanlagen im Auto, demnächst nur noch mit toxischen Chemikalien erhältlich