Bundesgesetzblatt teilt mit, die Bezeichnung „Somatisierungssyndrom“ für MCS in der Versorgungsmedizin-Verordnung fällt weg
Beschwerde eines Betroffenenverbandes war erfolgreich
Ende 2008 legte eine MCS-Organisation Beschwerde beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein. (1) Die Organisation empfand es als Diskriminierung, dass in den ärztlichen Gutachterleitlinien im sozialen Entschädigungsrecht und Schwerbehin-dertenrecht ein Passus über die Umweltkrankheiten MCS, CFS und FMS stand, der diese Erkrankungen als „Somatisierungssyndrome“ titulierte.
Eine Änderung wurde als dringlich angesehen, denn ohne die Versorgungsmedizin-ischen Grundsätze (VMG) – Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) – sind Verfahren im Schwerbehindertenrecht und im sozialen Entschädigungsrecht nicht zu betreiben. Steht dort Nachteiliges, kann dies zu Fehlbewertungen führen und Auswirkungen auf Verfahren haben. Letztendlich können dadurch auch Prozesse verloren gehen.
Der Beschwerde von Betroffenenverbänden wurde stattgegeben, das konnte seit Kurzem bereits bei U.Wendler gelesen werden. (2) Der Bundesrat hat der Änderung in der Versorgungsmedizin-Verordnung zugestimmt. (5) Eine rechtsgültige Änderung des besagten Passus trat laut Bundesgesetzblatt am 1. März 2010 in Kraft, die diskriminierend empfundene Bezeichnung fällt weg. (3)
Das Ministerium reagierte auf Beschwerde
Frau Dr. Christa Rieck vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales teilte der MCS Patienten-Initiative gegen Diskriminierung am 21.November 2008, als Antwort auf deren Beschwerde, mit, dass wie schon im Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Herr Thönnes angekündigt, die Sachverständigen empfohlen hätten, den Satz:
“Die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungssyndrome (z.B. CFS/MCS) sind jeweils im Einzelfall entsprechen der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.” durch “Die Fibromyalgie, Chronisches Fatigue Syndrom (CFS), Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils entsprechen der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.” zu ersetzen. (4)
Bundesgesetzblatt: Änderung im März 2010 in Kraft getreten
Rund eineinhalb Jahre nach der zugrundeliegenden Beschwerde des Betroffenen-verbandes und der Zusage des Ministeriums, dass eine Änderung erfolgen werde, steht im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010, Teil 10, erschienen am 9. März 2010: (3)
Erste Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung
vom 1. März 2010
Auf Grund des § 30 Absatz 17 des Bundesversorgungsgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 32 Buchstabe i des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I
S. 2904) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung:
Artikel 1
Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung
Die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) wird wie folgt geändert:
2. Teil B wird wie folgt geändert:…
d) In Nummer 18.4 werden die Wörter „Die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungs-Syndrome (zum Beispiel CFS/MCS)“ durch die Wörter „Die Fibromyalgie, das Chronische Fatigue Syndrom (CFS), die Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome“ ersetzt.
Artikel 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, den 1. März 2010
Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales
U r s u l a v o n d e r L e y e n
Bedeutung für MCS-Kranke
Durch die Einstufung von MCS als körperlich bedingte Krankheit und das am 1. März 2010 rechtsverbindliche Inkrafttreten der neuen Formulierung in der Versorgungsmedizin-Verordnung, als auch der Einklassifizierung von MCS als körperlich bedingte Krankheit im ICD-10, haben MCS-Kranke endlich alles in der Hand, ihre Krankheit auf Antrag als körperlich bedingte Behinderung anerkannt zu bekommen. Dies dürfte die unseligen Vorgehensweisen, MCS-Kranke fälschlich-erweise zu psychiatrisieren, nun endgültig stoppen, bzw. MCS-Kranken helfen, gegen weiterhin fehlerhaft vorgehende Gutachter, Ärzte und Selbsthilfegruppen adäquate Massnahmen zu ergreifen
Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 24. März 2010
Literatur:
- Schreiben MCS Patienten-Initiative gegen Diskriminierung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 29.09.2008
- Versorgungsmedizinische Grundsätze Anhaltspunkte, „Für 2010 geplante Änderungen“, U. Wendler, 2010
- Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010, Teil 10, Änderungen, ausgegeben 9. März 2010
- Antwort Bundesministerium für Arbeit und Soziales an MCS Patienten-Initiative gegen Diskriminierung, Bonn, 21.November 2008
- Bundesrat, Drucksache 891/09, Erste Verordnung zur Äbnderung der Versorgungsmedizin-Verordnung, 18.12.2009
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