Archiv der Kategorie ‘Krank durch Pestizide‘

MCS / CFS Tagung in Bern – Bericht eines Umweltkranken

MCS -Der Schlüssel zum besseren Verstehen

Erlebnisbericht von Jörg Müller zur umweltmedizinischen Tagung über MCS und CFS am 3.12.2008 in Bern:

Als ich hörte, dass Prof. Pall in die Schweiz kommt, dachte ich: Super! Das ist der Mann, der bei MCS den Durchblick hat –  ich hatte bereits von ihm gelesen.

So fuhr ich an diesem Mittwoch nach Bern, betrat den grossen Hörsaal des Inselspitals, traf einzelne Bekannte und lernte Heidi Streminger von MCS-SOS kennen. Diese motivierte mich, einige Zeilen zu diesem Anlass zu schreiben.

Interessante Vorträge
Den stärksten Eindruck an diesem Nachmittag hinterliess bei mir Dr. Binz aus Trier.
Sein Engagement für seine Patienten und die Wahrheit beeindruckten mich sehr. Es war erschreckend, wie viele Menschen bei der Arbeit durch Umweltschadstoffe ganz schlimm erkrankten. Wir bekamen zu sehen, wie ihre Hirne zerstört sind.

Silvia Müller bereitete mir Freude. Schön, dass sie sich so gut von ihrer Krankheit erholt hat, sie, die nahe am Tod war. Eine Ermutigung für alle.

Prof. Pall bewundere ich wegen seiner wissenschaftlichen Leistung. Er schaffte einen Durchbruch im Verständnis von MCS. Zum Glück hatte ich vorher schon in seinem Buch gelesen, sonst hätte ich kaum etwas verstanden. Sein Modell von MCS ist sorgfältig begründet und klar. Allerdings abstrakt, weil reine Biochemie, aber hilfreich, weil es zu einer Therapie führt, die an den Ursachen ansetzt.

Nach fast fünf Stunden ging ich nach Hause, zufrieden und gestärkt (aber wegen Belastung zitternd und frierend, was sich aber bald legte, zum Glück).

Was bleibt?
Vereinfacht: Die Krankheit MCS ist weitgehend geklärt. Es handelt sich um eine Entzündungsreaktion, die aus dem Ruder gelaufen ist. Und zwar, weil im Vergleich zur Belastung nicht genügend entzündungshemmende Stoffe und Antioxidantien im Körper waren und sind.
Es ist falsch zu sagen, diese Krankheit sei rein psychisch. MCS betrifft aber häufig Nervenzellen, dadurch können psychische Funktionen beeinträchtigt sein. Die Therapie besteht demnach vor allem in der Gabe von entzündungshemmenden und antioxidativ wirkenden Stoffen.
Sehr wichtig dabei: Nur eine Kombination von vielen Nährstoffen, zum Teil in hohen Dosen, ist wirksam.

Prof. Pall empfahl mehrere Maßnahmen

  1. Hohe Dosen Vitamin C als Infusion (12g und mehr, anfangs etwa zweimal wöchentlich)
  2. Hohe Dosen Vitamin B12 (5-10mg anfangs sehr häufig), nicht zum Ausgleich eines Mangels, sondern als Entzündungshemmer
  3. Dazu eine Vielzahl von Nährstoffen in Kapseln zur täglichen Einnahme

Ähnlich therapieren schon verschiedene Ärzte mit Erfolg. Die Wirksamkeit von Prof. Palls Nährstoffkombination wird derzeit noch geprüft. Von ersten klaren Erfolgen konnte er bereits berichten.

Diese Nährstoffe ersetzen aber nicht die bisher bekannten Massnahmen, diese bleiben unerlässlich:

  1. Belastungen minimieren, vor allem chemische
  2. Bewegen an frischer Luft
  3. Metalle aus dem Körper entfernen, vor allem Quecksilber
  4. Gesunde Ernährung inklusive Darmsanierung unter Beachtung von Allergien, z.B. eine Mittelmeerdiät, reich an Antioxidantien und gesunden Ölen
  5. Eventuell zusätzlich Schadstoffausleitung durch Niedertemperatursauna und Massagen
  6. Sauerstoffgaben und andere Massnahmen sind unter Umständen sehr hilfreich. Vermutlich wirken sie aber eher unterstützend und lindernd als heilend

Mir war und ist es auch nicht möglich, all dies durchzuführen. Aber ich bleibe dran durch alle Entmutigungen hindurch. Es geht mir auch viel besser und dafür bin ich sehr dankbar.

Dieser Nachmittag mit Prof. Pall hat mir gezeigt, dass MCS therapierbar, vielleicht sogar heilbar ist.

Autor: Jörg Müller für MCS-SOS, Dezember 2008

Weitere Artikel über die Arbeiten von Prof.Martin Pall:

MCS-SOS: Umweltmedizinische Tagung zu den Themen MCS und CFS in Bern

Ein kurzer Überblick zum Vortrag von Prof.Dr. Martin Pall

Ende einer Kontroverse Martin Pall’s MCS Theorie

MCS-SOS: Umweltmedizinische Tagung zu den Themen MCS und CFS in Bern

Prof.Dr. Martin Pall

Multiple Chemical Sensitivity – MCS, unter diesem Titel fand am 3. Dez. 2008 ein Nachmittag zu den Themen MCS und CFS am Inselspital in Bern statt.

Eröffnet wurde der Anlass mit einer Begrüßungsrede durch Nationalrätin Frau Dr. med. Yvonne Gilli.

Silvia K. Müller / BernAnschließend erzählte Silvia K. Müller, Leiterin des Chemical Sensitivity Network Deutschland, vom Beginn ihrer Krankheit (Vortrag) und deren Auswirkungen auf ihr Leben. (Powerpoint Präsentation zum Vortrag)

Dr. med. Peter Binz, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aus Trier, schilderte Beispiele aus seiner langjährigen Praxiserfahrung mit Chemikaliengeschädigten, zeigte Diagnosemöglichkeiten und klärte über die wichtigsten gefährlichen Stoffe auf.Dr. Peter Binz / Bern

Während der Pause nutzten viele die Auslage des Informationstisches, naschten von den Backwaren, welche von Vereinsmitgliedern gespendet worden waren, und degustierten verschiedene PureNature-Produkte, welche uns von der Firmenleitung zur Verfügung gestellt worden waren. Bei der Gastronomie des Inselspitals gab es die Möglichkeit, diverse Getränke zu kaufen. Nach dieser Auflockerung hielt der Regionalleiter des CFS-Vereins, Patrick Caduff, seinen Vortrag, in dem er die alltäglichen Einschränkungen von CFS-Patienten sehr eindrucksvoll schilderte.

Und dies war dann eine ausgezeichnete Überleitung zu dem doch sehr wissenschaftlichen Vortrag von Dr. Martin L. Pall. Der bekannte Professor der Biochemie wurde von der Europäischen Akademie für Umweltmedizin e.V. nach Europa eingeladen, und davon konnten nun auch wir in Bern profitieren. Dr. Pall hielt sein Referat zum Thema „Der NO/ONOO Zyklus“ in englischer Sprache. Seine Präsentation und weiteres Informationsmaterial kann man bei Interesse über unsere Vereinsadresse anfordern.

Dr. Roman LiethaHervorragend moderiert wurde der gesamte Nachmittag mit anschließender Diskussionsrunde von Dr. med. Roman Lietha. Er ist Vorstandsmitglied der Fachgesellschaft Ernährung und Orthomolekularmedizin FEOS.

Unterstützt wurden wir zusätzlich durch Dr. med. Klaus Tereh, welcher im Hintergrund für uns wichtige organisatorische Punkte übernahm. Erwähnen möchten wir auch den hervorragenden Service des Inselspitals. Besonders die Technik des Hörsaals leistete sehr gute Arbeit und wir konnten uns vollumfänglich auf sie verlassen.

Nun gilt es, die letzten Rechnungen zu begleichen, und wir sind sehr dankbar, dass uns die MCS-Liga Schweiz, der CFS-Verein Schweiz und diverse Spender bei der Mitfinanzierung unterstützen.

Während des gesamten Nachmittages wurden professionelle Filmaufnahmen gemacht. Daraus wird nun eine Doppel-DVD produziert, welche nach Fertigstellung beim Veranstalter Verein MCS-Selbsthilfeorganisation Schweiz – ev. nach Absprache auch bei den beteiligten Institutionen – gegen einen angemessenen Betrag bezogen werden kann. Bestellungen können schon jetzt entgegen genommen werden. Auch ich freue mich auf diese Dokumentation mit deutscher Synchronisation des Referates von Dr. Pall, denn ich vertrug den Hörsaal überhaupt nicht und verbrachte den größten Teil der Zeit im Foyer. Aus diesem Grund habe ich Jörg Müller gebeten, einige Zeilen aus der Sicht eines Besuchers und Zuhörers zu schildern Vielen Dank an Jörg Müller für seinen nachfolgended im Blog erscheinenden Beitrag!

Zum Schluss möchte ich mich im Namen unseres Vereins noch einmal bei allen herzlich bedanken, die diesen Nachmittag überhaupt möglich gemacht und sich in irgendeiner Weise dafür eingesetzt haben.

Heidi Streminger Präsidentin der MCS-Selbsthilfeorganisation Schweiz: MCS-SOS

Weitere Artikel zu Prof. Dr. Martin Pall:

Pesticide deal could result in bans on important health hazards

Better Health in Sight?

PAN Europe, HEAL and EEB PRESS RELEASE

Brussels, 18 December 2008 – Health and environment non-governmental organisations (NGOs) have cautiously welcomed the proposed EU package on pesticides reached yesterday as a step towards better health through environmental protection.

Following years of political negotiations, the debate on the pesticide package entered yesterday a new stage, with a proposed deal between the Commission, French Presidency and a European Parliament delegation reaching agreement on a Regulation and a Framework Directive on the use and authorisation of pesticides.

Overall, PAN (Pesticides Action Network) Europe, the Health and Environment Alliance (HEAL) and the European Environment Bureau (EEB) consider that the proposed compromise agreement offers positive aspects, first of all because it means the creation of an EU-wide pesticides blacklist, which removes some of Europe’s most hazardous pesticides from the market – and therefore from food products grown in the EU (1).

We are happy to see that the proposed agreement includes criteria for banning pesticides that can cause cancer, DNA-mutation, reproductive problems and hormonal disruption‘, says Monica Guarinoni, Deputy Director at HEAL. ‚Only 22 substances will be withdrawn from the market, resulting in a much higher level of health protection, especially for children and vulnerable groups, although we would have liked the list to be larger and include developmental neurotoxic and immunotoxic pesticides‘ (2).

The major downside of the deal is that it did not include the Environment committee’s demand to eliminate the division of the EU into three authorisation zones. This omission reduces the control of member states over whether or not to reject a hazardous pesticide within their territory (3).

Regarding the framework directive on sustainable use of pesticides, Member States have to develop National Action Plans with clear targets on how and when to achieve quantitative use reductions.

„Although, we regret the absence of ambitious EU quantified reduction targets and incentives, we welcome the fact that member states will have to prepare national action plans with quantitative use reductions and the idea of applying integrated pest management from 2014“, Hans Muilerman, board member of PAN. „Making Integrated Pest Management (IPM) mandatory for every farmer in Europe presents a unique opportunity to achieve more sustainable agricultural practices,“ he continues.

On the Directive, Monica Guarinoni added „Banning the use of pesticides in public areas, such as parks and school grounds, is another measure that would help protect health. Although the current compromise does not include a total ban on pesticide use in public places, we hope member states and local authorities will pick up these measures in their local and national action plans. Some municipalities in Europe are already banning the use of pesticides for cosmetic purposes and our new campaign will encourage others to do so“ (4).

Although far from perfect, with a number of loopholes and derogations and based too much on risk rather than hazard and quantitative reductions, the proposed deal will allow the EU to move on to a better system without further delays. Health and environment groups therefore reluctantly advise the EU institutions to officially confirm the deal in January.

Notes to editors:

1 Other positive measures in the regulation are the introduction of mandatory record-keeping throughout the production chain; an obligation on industry to release all scientific articles showing the negative side-effects of pesticide application; consideration of the cumulative effects on health (though not on environment) within the testing and authorisation process; and better protection of bees.
2 The deal does not include developmental neuro- and immunotoxicity in the cut-off criteria, instead these are only taken into account in the setting of health standards.
3 Other negative aspects are that the assessment of endocrine disrupting is also delayed and the Commission has to come up with scientific criteria for their determination in 5 years, after which testing will take even more time to identify this dangerous group of pesticides; some specific categories though are included already in the cut-off.  Nor does the deal get rid of the so-called non-relevant metabolites, which gives the Member States the possibility to ignore toxic effects of metabolites.
4 The „Sick of Pesticides“ campaign on pesticides and cancer was launched in November 2008. The campaign website is available in French and English at www.pesticidescancer.eu

Contact:
Henriette Christensen, Pesticide Action Network Europe, Boulevard de Waterloo 34, B – 1000 Brussels, Tel:+32 2 289 13 09, email henriette@pan-europe.info; website: www.pan-europe.info

Monica Guarinoni, Deputy Director, Health and Environment Alliance (HEAL), 28 Boulevard Charlemagne, B-1000 Brussels. Tel: +32 2 234 3643 (direct). E-mail: monica@env-health.org Website: www.env-health.org

Christian Schaible, EU Policy Officer for Industrial Policies and Chemicals,  European Environmental Bureau, Boulevard de Waterloo 34 1000 Brussels ,  Tel. +32 (0)2 289 10 90, website : www.eeb.org

Pestizide als Ursache von Multiple Chemical Sensitivity / MCS seit Jahrzehnten bekannt

Ursachen für Chemical Sensitivity seit über 4o Jahren bekannt

Veröffentlichungen aus verschiedenen Ländern legen schlüssig dar, dass verschiedene Auslöser für Chemikaliensensitivität (WHO/ICD-10 T.78.4) seit Jahrzehnten bekannt sind.

Epidemiologische Studien führen immer wieder Pestizide als Hauptauslöser an, dass Menschen plötzlich beginnen, auf Alltagschemikalien in geringster Konzentration zu reagieren. Sie reagieren auf Ausdünstungen von Zeitungen, Parfums, Weichspüler, Benzin, Abgasen und vielem mehr mit vielfältigen Symptomen. Als häufigstes Symptom werden Kopfschmerzen genannt, aber die Bandbreite reicht von Atemwegsbeschwerden, Schwindel, Übelkeit, Konzentrationsstörungen bis hin zu Bewusstlosigkeit. Die Krankheit ist bis dato nicht heilbar, und die Vermeidung von Chemikalien gilt als wichtigste Therapiemethode, um den Verlauf mildern oder zu stoppen.

Die erste Veröffentlichung, dass Pestizide MCS auslösen können, ist schon über Vierzig Jahre alt. Im Jahr 1966 wurde in den USA in einer medizinischen Fachzeitung für Arbeitsmedizin bereits über Pestizide als Auslöser von MCS geschrieben. Tabershaw und Cooper hatten bei 19% von 111 Patienten aus Kaliforniern neben einer Berufserkrankung durch Organophosphatpestizide eine Chemikaliensensitivität diagnostiziert. Es folgten etliche weitere Veröffentlichungen und Studien von verschiedenen Wissenschaftlern und Medizinern, die Pestizide als Auslöser von Chemikaliensensitivität benennen. Wir werden nach und nach entsprechende Studien vorstellen.

Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 16.12.2008

Literatur:
Tabershaw IR, Cooper WC. Sequelae of acute organic phosphate poisoning. Journal of Occupational Medicine, 1966 Jan;8(1):5-20

Chemical Sensitivity – MCS: Substanzen, die die Vanilloidrezeptorgruppe aktivieren können

Literaturrechere

Während eines Kongresses für Umweltmedizin vor ein paar Jahren erklärte ein Professor den anwesenden Umweltkranken, warum es so wichtig ist, sich mit den Hintergründen von chemikalieninduzierten Krankheiten auseinander zu setzen. Von den Zuhörern hatten sich einige beschwert, dass sein Vortrag von zu hohem Niveau für sie sei. Der Professor entgegnete, dass es unglaublich schwer sei, Recht zu bekommen, wenn man durch Chemikalien erkrankt sei, und dass es kaum Ärzte gäbe, die sich mit den schadstoffinduzierten Krankheiten wie MCS auskennen würde. Wenn ein Erkrankter gesünder werden und Recht bekommen wolle, müsse er sich mit der Materie auseinandersetzen, Fachbegriffe lernen und so zu einem kleinen Experten werden. Nur dann hätte man eine Chance. Wie recht er hatte.

Sternentänzer hat begriffen, dass der Professor absolut recht hatte. Sie ist eine von den Erkrankten, die zum stetig größer werdenden Kreis derer gehören, die nicht aufgeben, und immer am nachforschen sind, um Antworten zu finden. Heute hat Sternentänzer eine wertvolle Ausführung zu einer Pall/Anderson Studie für uns, damit wir MCS, deren Ursachen und die damit verbundenen Symptome besser verstehen. Der Artikel ist fachlich nicht einfach, aber er enthält wichtige Fakten für Euch. Also denkt an den Professor und beißt Euch durch, um ebenfalls zu einem kleinen Experten zu werden.

Lest, was Sternentänzer Euch zu sagen hat:

Die Substanzen, die im nachfolgenden Blogartikel aufgeführt werden, beruhen auf dem Artikel von Pall und Andersen von 2004. Sie sind in der Lage, die Vanilloidrezeptorgruppe zu aktivieren.

Ich habe diese Tabelle für mich selber gemacht. Da ich kein Chemiker bin, habe ich mir z.B. bei Alkylbenzole aufgeschrieben, dass es sich um ein Molekül mit einem Benzolring und einer Kette C2H5 handelt. Ich kann mir dann das Molekül so etwas besser vorstellen. Wenn es Euch nicht interessiert, dann überspringt es ruhig.
Da im Artikel von Pall und Anderson hauptsächlich allgemeine Gruppen angegeben wurden, habe ich zu ihnen einige Beispiele rausgesucht und sie mit einem Sternchen gekennzeichnet.

Einige Faustregeln im Hinblick auf die TRP Rezeptoren:

TRPV1: Alles was scharf ist wie Pfeffer, Ingwer, Vanillin (auch altes Papier)
TRPA1: Alles was scharf ist wir Zwiebeln, Knoblauch, Meerrettich, Kohl,…
TRPV3: ätherische Öle in vielen Kräutern wie Thymian, Majoran, Kümmel, Sellerie, Rosmarin

Agonisten von TRP Rezeptoren und wo sie vorkommen bzw. in welchen Bereichen sie verwendet werden

Alkylbenzole (Ring+C2H5)
Gruppenbezeichnung für am Benzol-Ring durch Alkyl-Gruppen substituierte aromatische Kohlenwasserstoffe. Zu diesen Alkylaromaten (vgl. Alkylaryl…) gehören die in Einzelstichwörtern behandelten Toluol u. die Xylole (diese Alkylbenzole  werden oft mit Benzol zusammengefasst unter der Abk. BTX), Ethylbenzol, Mesitylen, Durol, Cumol, Cymol u.a., die als Produkte der Alkylierung von Benzol, heute bevorzugt aus Kohle oder Erdöl, durch thermische oder katalytische Prozesse mit anschließender Isolierung gewonnen werden (s. Petrochemie). Alkylbenzole lassen sich am Kern oder in der Seitenkette substituieren (s. Substitution). Die wichtigsten Oxidationsprodukte der Alkylbenzole sind Carbonsäuren bzw. Phenol.

Benzol
Verw.: Als Beimischung zu Motorkraftstoffen, als Ausgangsmaterial für die Herstellung vieler B.-Derivate (z.B. Anilin, Nitrobenzol, Styrol, Nylon, Synthesekautschuk, Kunststoffe, waschaktive Stoffe, Phenol, Insektizide, Farbstoffe u.v.a.), als Lösungsmittel für Kautschuklacke, Wachse, Harze, Öle, u. als Extraktionsmittel.

Toluol – Methylbenzol
Toluol wird unter anderem durch Kfz-Verkehr freigesetzt, weil es im Benzin enthalten ist, und entsteht in kleinen Mengen bei der unvollständigen Verbrennung von organischen Stoffen, wie zum Beispiel beim Rauchen

Xylol – Dimethylbenzol
Xylol wird hauptsächlich als Lösungsmittel verwendet. Es dient zur Herstellung von Kunststoffen, Farben und Klebstoffen. Es wird Kraftstoffen zur Erhöhung der Oktanzahl beigemengt.

– Ethylbenzol*
Verw.: E. wird fast ausschließlich zur Herstellung von Styrol verwendet, nur ein kleiner Teil des Ethylbenzols wird als Lösungsmittel eingesetzt oder dient als Zwischenprodukt, z.B. zur Herst. von Diethylbenzol oder Acetophenon.

– Mesitylen-Trimethylbenzol *
Mesitylen wird als Lösungsmittel für Harze und Gummi sowie zur organischen Synthese (zum Beispiel von Antioxidantien) verwendet. Es kommt in Petroleum und Steinkohlenteer vor.

– Durol – Tetramethylbenzole *
dient zur Herstellung wärmebeständiger Alkydharze, Polyester, Polyamide und Polyimide, Weichmachern, Kunstharzen usw.

– Cumol -2-Phenylpropan, Isopropylbenzol *
Verw.: C. dient überwiegend zur Herstellung von Phenol, C.-haltige Alkylierungsprodukte des Benzols werden zur Octanzahl-Verbesserung für Vergaserkraftstoffe eingesetzt. Sulfonierung führt zum Cumolsulfonat, das als Hydrotropikum (Tenside) Verwendung findet.

– Cymol – 1-Methyl-4-isopropylbenzol *
Die physiologische Wirkung ähnelt der des Toluols (LD50 Ratte p.o. 4,7 g/kg). p-C. kommt in etherischen Ölen (Kümmelöl, Eukalyptusöl u.s.w.) vor und ist mit vielen natürlich vorkommenden Terpenen strukturverwandt (p-Menthan).
Verw.: als Lösungsmittel, Duftstoff in Kosmetika, zur Synthese von Carvacrol, Thymol usw.

Ether
R1-O-R2  H3C-O-CH3 Dimethylether
Vork.: Methylether sind in der Natur weit verbreitet, als Phenolether in den Glykosiden, vor allem bei Alkaloiden, Blütenfarbstoffen, Geruchsstoffen (Vanillin); Ether-Bindungen liegen in den Zuckern und Polysacchariden (Cellulose, Stärke) vor.
Verw.: Wegen ihrer außerordentlichen Lsg.-Eig. finden Ether als Lösemittel und Extraktionsmittel, die Glykolether auch als Weichmacher in der Industrie.
Verw.: Einige Ether werden als Narkosemittel, andere als Aerosol-Treibgase eingesetzt. Technisch wichtige Ether sind u.a. Diethylether, Diisopropylether, Tetrahydrofuran, Dioxan, Anisol, Diphenylether.

Chloracetophenone und o-Chlorobenzylidene malononitrile
Tränengas

Cyclohexanone
Verw.: Lösungsmittel für viele Lackrohstoffe, Polyvinylchlorid und bas. Farbstoffe, in Form von Ketonharzen (Cyclohexanonharze), zur Verbesserung von Verlauf und Glanz von Lacken und als Zusatz für Lederdeckfarben, Spezialdruckfarben und Abbeizmittel.

Alkohole
Ethanol („normaler“ Alkohol)
Propanol Desinfektionsmittel, Lösungsmittel

Methylanthranilate
Anthranilate – Bezeichnung für Salze u. Ester der o-Aminobenzoesäure.
Verw.: Als Ausgangsstoff für die Synthese von Azofarbstoffen, Folsäure, Sonnenschutzmitteln, Lokalanästhetika und Riechstoffen.

Aldehyde
Aldehyde sind durch die Aldehyd-Gruppe-C (=O) H charakterisiert. Ihre Benennung erfolgt

1. durch Trivialnamen (z.B. Vanillin, Acrolein)

2. ersetzt man bei den lateinischen Namen der Säuren, die bei der Oxidation der betreffenden Aldehyde entstehen, die Endung durch -aldehyd, so z.B. Formaldehyd. Die Aldehyde sind sehr reaktionsfähige Verbindungen.

Anw.: Die niederen Aldehyde als Rohstoffe für die Synthese von Kunststoffe und Kunstharze (Aminoplaste, Phenoplaste), als Desinfektionsmittel, zum Gerben etc., die höheren Aldehyde zur Herstellung von Riechstoffen (Aldehyd-Noten in Parfüms). Aromatische Aldehyde werden zu Aromen, Pharmazeutika, Pflanzenschutzmitteln und Farbstoffen verarbeitet.

– Acetaldehyd*
Hauptsächlich dient Acetaldehyd als Zwischenprodukt in der chemischen Industrie. So wird er als Bestandteil von Farben, zur Herstellung von Parfümen und Färbemitteln, in der Gummi-, Papier- und Gerbindustrie, als Konservierungsstoff von Früchten und Fisch, als Geschmacksstoff, zur Gelatinehärtung und als Treibstoffbeimischung eingesetzt. Acetaldehyd dient auch zur Herstellung von Essigsäure sowie Pentaerythrit.

– Glutaraldehyd *
OHC-CH2-CH2-CH2-CHO
Glutaraldehyd wirkt bakterizid und dient daher zur Konservierung und Desinfektion von Geräten und Instrumenten in der kosmetischen Industrie als Härter für Gelatine, da es mit Proteinen durch Quervernetzung reagiert. Als Gerbmittel gibt Glutaraldehyd weiche, widerstandsfähige Leder. Es wird als Hydrophobierungsmittel (wasserabweisend) für Papier, Tapeten, Textilien und dgl. eingesetzt.

– Zimtaldehyd  (Cinnamaldehyd, 3-Phenyl-2-propenal) *
H5C-CH=CH-CHO
Verw.: Zur Parfümierung von Seifen, zu Gewürzen, Aromen, zur Herstellung des Zimtalkohols usw.

– Benzaldehyd *
(künstliches Bittermandelöl). H5C6-CHO
Verw.: Als chemische Reagenz, Lösemittel zur Herstellung von Triphenylmethan-Farbstoffen, Zimtsäure, Pharmazeutika u. Parfümen, Marzipan
Pflaumen und Pfirsiche.

– Glyoxal *(Dialdehyd)
C2H2O2
Glyoxal dient als Rohstoff für Synthesen und wird auch in der Textilveredlung sowie als Komponente in Desinfektionsmitteln eingesetzt.

Formaldehyd
bildet sich spurenweise auch bei der unvollständigen Verbrennung von Holz, Kohle, Zucker usw.
Desinfizieren und Sterilisieren, zur Konservierung, z.B. in kosmetischen Präparaten (hier jedoch nur mit Einschränkungen zugelassen), zum Beizen des Saatgutes, Vulkanisationsbeschleunigern, zum Aufbau künstlicher Gerbstoffe, als Faserschutzmittel für Wolle, in der Textilveredlung zur Permanent-Press-Ausrüstung von Rayon und Zellwolle, zum Stabilisieren von Grundierungsbädern in der Naphthol-Färberei, in einigen Kunstharzen.
Kommt natürlich in Äpfeln und Weintrauben vor.
Entsteht bei allen unvollständigen Verbrennungen, Flächendesinfektionsmittel, Duroplast, Bakelit.

Säuren (niedrieger ph Wert)
– Essigsäure (H3C-COOH)
– Propansäure (H3C-CH2-COOH)

Schwefeldioxid SO2
In der Lebensmittelindustrie findet SO2 unter der Bezeichnung E 220 als Konservierungsmittel und Antioxidationsmittel Verwendung, vor allem für Trockenfrüchte, Kartoffelgerichte, Fruchtsäfte, Marmelade und Wein. SO2 dient auch zur Herstellung von vielen Chemikalien, Medikamenten und Farbstoffen und zum Bleichen von Papier und Textilien.

Toluoldiisocyanat
In der chemischen Industrie ist TDI ein wichtiges Zwischenprodukt für die Herstellung von Klebstoffen, Schaumstoffen (Polyurethane), Elastomeren, Beschichtungen und hochwertigen Lacken zur Verwendung in der Automobilindustrie, für Flugzeug- oder Triebwagenlackierungen.

Chlor
Verw.: Chlor ist eines der wichtigsten Grundprodukt der chem. Industrie. Der größte Teil der Produktion wird zur Herst. von Vinylchlorid u. PVC verwendet (in der BRD etwa 25%), sowie von anderen organischen Chlor-Verbindungen (Chloroform, Methylenchlorid, Tetrachlormethan, Chloropren, Chloraromaten usw.) und Zwischenprodukten (Phenol, Ethylenglykol, Propylenoxid, Glycerin u.a.). Weiterhin werden Cl2 und aktives Cl enthaltende Verbindungen zum Bleichen von Papier u. Cellulose, sowie zur Desinfizierung von Trinkwasser u. Freibädern eingesetzt.

Alkane (Methan, Ethan, Propan)
Vork: Erdöl. Erdgas, Kohle
Verw.: (s. Abb.) Als Lösemittelgemische., Brennstoffe, Treibstoffe, zur Fettsynthese, zur Überführung in Olefine, die als Ausgangsstoffe für Alkylbenzole eine große Rolle für die synth. biologisch abbaubarer Waschmittel spielen, zur Gewinnung von Fettsäuren durch Luftoxidation.

Halogenierte Benzole
– Chloraromaten
Sammelbezeichnung für verschiedene kernchlorierte aromatische Verbindungen wie z.B. die (im allg. in Einzelstichwörtern behandelten) Chlorbenzole (Mono-, Di-, Tri- etc. Chlorbenzol), Chlornaphthaline, Chlortoluole, Chlorbiphenyle (s.a. PCB) u.a. aromatische Chlorkohlenwasserstoffe (CKW); auch Chlorphenole und Derivate wie 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo[1,4] dioxin können hierher gerechnet werden. Die Chloraromaten finden vielfache Verwendung, z.B. als Zwischenprodukt bei der Herstellung von Arzneimitteln, Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmitteln, Desinfektionsmitteln, Konservierungsstoffen, Farbstoffen usw.

– Chlorbenzol*
Verw.: Lösungsmittel für Öle, Fette, Harze, Kautschuk, Ethylcellulose, Wärmeübertragungsmittel, Zwischenprodukt bei der Herstellung von Insektiziden, Farbstoffen, Arzneimitteln, Duftstoffen, Phenol usw.

Ketone
Von Aceton abgeleiteter Gruppenname für Verb. der allg. Formel R1R2C=O, wobei die org. Reste Alkyl- u./od. Aryl-Gruppen darstellen bzw. zum Ring geschlossen sein können.
Vork.: In der Natur sind Ketone sehr verbreitet, z.B. in Form von Sexualhormonen u.a. Steroidketonen, als Terpenketone in ätherische Ölen und Duftstoffen.
Ketone finden auch Verwendung als Ausgangsstoffe für synthetische Produkte in der pharmazeutische Farbstoff-, Riechstoff-, Schädlingsbekämpfungs- und Kunststoff-Industrie (s. Ketonharze).

Autor: Sternentänzer für CSN – Chemical Sensitivity Network, 10. 12.2007

Literatur:

1. Pall ML, Anderson JH (2004): The Vanilloid Receptor as a Putative Target of Diverse Chemicals in Multiple Chemical Sensitivity. Archives of Environmental Health July 2004 [Vol. 59 (No. 7)]

2. CD Römpp Chemie Lexikon, Version 1.0, Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag 1995

3. CD Wikipedia deutsch 2007

Ein kurzer Überblick über den Vortrag von Prof. Dr. Martin Pall: MCS – Toxikologische Entstehungsmechanismen und therapeutische Annäherungsversuche

MCS ist keine unerklärbare Krankheit

Prof. Martin Pall hielt den nachfolgend in Kurzfassung wiedergegebenen Vortrag am 3. Dezember an der Universität Bern in der Schweiz und einen Tag später in Zürich. Weitere Stationen der europäischen Vortragsreise von Prof. Pall waren u.a. in Paris, Rom und Würzburg, sowie abschließend im Europaparlament in Strassburg.

Die Präsentation zum Vortrag kann hier im Original angeschaut werden: Explaining „unexplained Illnesses“ (Das Laden der Datei dauert eine Weile)


Die nachfolgend angegebenen Seitenzahlen im Text beziehen sich auf die Originalpräsentation. Zum besseren Verständnis ist es ratsam, sich den Artikel auszudrucken und synchron dazu die Präsentation von Prof. Pall anzuschauen.

MCS – Toxikologische Entstehungsmechanismen, therapeutische Annäherungsversuche
Prof. Pall beginnt mit der Feststellung, dass Chronic Fatigue Syndrome (CFS), Fibromyalgie (FM), Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und, in einigen Fällen, Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) vielfältige Überschneidungen und möglicherweise eine gemeinsame Krankheitsätiologie (Ursache) haben, was bereits von vielen Forschergruppen vermutet und vorgeschlagen wurde. (S.2-5)

Heilung ist selten
Was die Prognose der Erkrankungen betrifft, wird bezüglich CFS und FM in der wissenschaftlichen Literatur zwar von vollständiger Heilung berichtet, sie tritt allerdings selten auf. Nur etwa 10% der CFS- und FM-Patienten werden wieder völlig gesund, und dies dauert in der Regel mehrere Jahre. Bei MCS tritt völlige Heilung, wenn überhaupt, sehr selten ein. MCS-Erkrankte erfahren aber eine Besserung der Krankheitssymptome, falls sie die Exposition gegenüber den Chemikaliengruppen vermeiden können, die die Krankheitssymptome auslösen. (S.6)

Die Skeptiker irren sich
Prof. Pall richtet im Folgenden seinen Blick speziell auf MCS und da auf die Frage: Wie können diese so vielfältigen chemischen Substanzen, die sowohl in die Entstehung der Erkrankung MCS verwickelt sind als auch später bei bereits an MCS Erkrankten als Auslöser fungieren, dieselbe Reaktion im Körper auslösen? Manche MCS-Skeptiker, einschließlich Ronald Gots, stellten die Existenz einer gleichen Wirkung so vielfältiger Chemikalien in Abrede. Die Skeptiker irrten sich, sagt Prof. Pall. Er wird den gemeinsamen Wirkungsweg hier aufzeigen. (S.7)

An Auslösern für MCS nennt Prof. Pall folgende Chemikalien (S.8):
– Organische Lösungsmittel und artverwandte Verbindungen
– Organophosphat- und Organocarbamat-Pestizide und -Insektizide
– Organochlorpestizide und Organochlorinsektizide
– Pyrethroidhaltige Pestizide und Insektizide

aber auch:

– Schwefelwasserstoff
– Kohlenmonoxid
– Quecksilber

Auf welchem biochemischen / physiologischen Weg diese Chemikalien bei MCS wirken, zeigt die Grafik auf S. 9:
Organische Lösungsmittel … Vanilloid-Rezeptor … NMDA-Rezeptor-Aktivität … usw.
(Genaueres in der Grafik selbst)

Aus Tierversuchen ist bekannt…
Für diese vier Chemikaliengruppen (die organischen Lösungsmittel und die drei Gruppen von Pestiziden/Insektiziden) weiß man aus Tierversuchen:
Ihre Toxizität im Körper kann deutlich herabgesetzt werden durch Behandlung mit einem NMDA-Antagonisten. Das zeigt zum einen, dass diese Chemikalien die NMDA-Aktivität verstärkten, und zum anderen, dass diese erhöhte Aktivität eine sehr wichtige Rolle spielt hinsichtlich der Erzeugung der toxischen Reaktionen im Körper. (S.10)

Für die drei anderen MCS-auslösenden Chemikalien (Schwefelwasserstoff, Kohlenmonoxid, Quecksilber) beschreibt Prof. Pall ähnliche toxikologische Eigenschaften (siehe S.11).

Auf Seite 12 werden sechs weitere Beobachtungen genannt, die auf die wichtige Rolle von NMDA bei MCS hinweisen. Prof. Pall bezeichnet sie als zwingenden Beweis für eine gemeinsame toxikologische Reaktion (siehe S.12).

Tabelle 1 auf S.13 : Übersicht über Genpolymorphismen (aus 3 Studien, 1999-2007)

MCS ist keine Reaktion auf Gerüche
Mit Nachdruck weist Prof. Pall darauf hin, dass die Rezeptoren für diese verschiedenen, oben genannten Chemikalien nicht die Geruchsrezeptoren sind. Es wurde oft behauptet, dass MCS eine Reaktion auf Gerüche sei, aber das ist nicht der Fall! Selbst wenn bei MCS-Erkrankten die Nasenwege blockiert werden, reagieren sie nach wie vor auf Chemikalien. Bei einigen MCS-Patienten fehlt der Geruchssinn vollständig (Anosmie), und dennoch reagieren diese Menschen. Prof. Pall will nicht sagen, dass das Geruchssystem niemals mit einbezogen ist in das MCS-Geschehen, aber er sagt, dass der tatsächlich entscheidende Wirkungsmechanismus nicht über Geruch, Geruchsrezeptoren oder Geruchssinn geht. (S.14)

Chemikalien aktivieren Rezeptor
Wichtig hinsichtlich der Reaktion auf Chemikalien ist also, wie Prof. Pall bis hierher dargelegt hat, dass die genannten Chemikalien den NMDA-Rezeptor aktivieren. Im Folgenden (S.15-23) beschreibt Prof. Pall nun den weiteren Reaktionsweg, das Einströmen von Calcium in die Zellen, die Bildung von Peroxynitrit und schließlich den Teufelskreis Stickstoffmonoxid (NO) – Peroxynitrit (NO3, Nitratanion) und seine Rolle im MCS-Geschehen. Dabei weist er auch auf Stoffwechselstörungen der Mitochondrien und die Bedeutung von Tetrahydrobiopterin hin, das selbst wieder in der Lage ist, einen weiteren Teufelskreis in Gang zu halten. (S.19)
Auslöser und auslösende Faktoren hinsichtlich NO-NO3-Teufelskreis nennt Prof. Pall auf S.17.
Fünf wichtige Punkte zu dem Geschehen führt Prof. Pall auf Seite 21 auf:
  1. Befristete Auslöser lösen diese Multisystem-Erkrankungen aus, indem sie Stickstoffmonoxid oder andere Elemente des Zyklus stimulieren
  2. Dieses Ansteigen an Stickstoffmonoxid und Peroxynitrit setzt den NO/ONOO- Zyklus in Gang, der dann diese chronischen Erkrankungen verursacht.
  3. Die Symptome und Anzeichen dieser Erkrankungen werden verursacht durch Erhöhungen an Bestandteilen des NO/ONOO- Zyklus, Stickstoffmonoxid, Hyperoxid, Peroxynitrit, NF-kappaB, oxidativem Stress, Vanilloid-Aktivität, NMDA-Aktivität etc.
  4. Die diesem Kreislauf zu Grunde liegende Biochemie findet auf regionaler Ebene statt, da Stickstoffmonoxid, Hyperoxid und Peroxynitrit begrenzte Halbwertszeiten in biologischen Geweben haben und da der positive Rückkopplungsmechanismus, der diesen Kreislauf am Laufen erhält, auf zellulärer Ebene stattfindet.
  5. Die Therapie sollte primär darauf abzielen, Teile des NO/ONOO- Zyklus nach unten zu regulieren, und weniger darauf, Erleichterung im Bereich der Symptome zu verschaffen.(S.21)

Symptome und deren Ursachen

In seinem Buch beschrieb Prof. Pall für 16 Symptome und Anzeichen, die häufig bei MCS, CFS, FM und PTSD vorkommen, den möglichen Wirkungsmechanismus. Auf den Seiten 25 und 26 seines Vortrags gibt er einen kurzgefassten Überblick darüber. So ist z.B. das Symptom „Lern- und Gedächtnisschwierigkeiten“ erklärbar als eine Folge von erhöhtem Stickstoffmonoxid im Gehirn und einem erniedrigten Energiestoffwechsel des Gehirns. (Weitere Symptome und deren Ursachen siehe S.25,26)

1000-mal empfindlicher als Gesunde
Im folgenden Teil des Vortrags wird Prof. Pall sich nicht mehr mit allen 4 Erkrankungen beschäftigen, sondern sich auf die Frage konzentrieren, über welche Wirkungswege es zu den spezifischen Veränderungen bei MCS kommt. Dabei sollen zum Beispiel diese Fragen geklärt werden:
  • Wie können Menschen mit MCS so hoch empfindlich sein gegenüber einer so enormen Vielzahl an Chemikalien, etwa 1000-mal empfindlicher als Gesunde?
  • Und wie kann frühere Chemikalienexposition diese derart hochgradige Sensitivität verursachen? (S.27)

Vergleich NO/ONOO-Modell – neurale Sensibilisierung
Einen sehr großen Durchbruch in Hinblick auf das Verstehen von MCS erhielt man, als Prof. Pall das NO/ONOO-Modell mit dem Modell der neuralen (neuronalen) Sensibilisierung, das Dr. Iris Bell entwickelt hatte, verglich. Dr. Bell erörterte, dass der Hauptmechanismus bei MCS eine neurale (neuronale) Sensibilisierung im Bereich des Hippocampus sei. Das ist die Gegend, die auch eine Schlüsselfunktion für das Lernen und das Gedächtnis innehat. Dr. Bell entwickelte die Vorstellung, dass die Synapsen im Gehirn, also die Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, über die die Reizleitung vermittelt wird, sowohl empfänglicher werden für Reize als auch stärker auf ankommende Reize reagieren, und das als Folge auf die Exposition gegenüber Chemikalien. Die Grundidee bei dieser neuralen Sensibilisierung ist, dass dieser Prozess der neuralen Sensibilisierung, die sich hier im Hippocampus ganz selektiv auswirkt auf Lernen und Gedächtnisleistungen, bei MCS vermutlich sehr stark aktiviert ist. (S.28)

Der Hauptmechanismus neuraler Sensibilisierung ist bekannt als Langzeit-Potenzierung (LTP). LTP führt bekanntermaßen zu erhöhter NMDA-Rezeptor-Aktivität, erhöhtem intrazellulären Calcium, Stickstoffmonoxid und auch Hyperoxid. Man erkennt also sofort wichtige Verbindungen zwischen dem Mechanismus des NO/ONOO-Kreislaufs und dem Mechanismus der neuralen Sensibilisierung von Dr. Bell. Wenn man es also mit Chemikalien zu tun hat, die eine erhöhte NMDA-Aktivität auslösen, kann man ersehen, auf welche Weise sie den LTP-Mechanismus in hohem Maß stimulieren könnten. Etliche Faktoren des NO/ONOO-Zyklus spielen eine Rolle bei der Langzeit-Potenzierung. Zu diesen Faktoren gehören auch erhöhte NMDA-Rezeptor-Aktivität, erhöhtes intrazelluläres Calcium, Stickstoffmonoxid und -hyperoxid. (S.29)

Eine stark vereinfachte Darstellung einiger dieser Vorgänge ist auf S.30 zu sehen.
(Erweiternde Anmerkung: Zu neuraler / neuronaler Sensibilisierung schreibt Prof. Pall auch in diesem Artikel:
Neural Sensitization

Sieben  Wirkungsmechanismen können eine Rolle spielen

Es gibt 7 Wirkungsmechanismen, die für das Entstehen der Chemikaliensensitivität bei MCS eine wichtige Rolle spielen können:

  • Die Wirkung von Chemikalien verstärkt die NMDA-Aktivität in Gehirnregionen, in denen der NO/ONOO-Zyklus bereits verstärkt abläuft, was wiederum durch vorausgehende Exposition gegenüber Chemikalien hervorgerufen worden war.
  • Stickstoffmonoxid wirkt als „rückläufiger Botenstoff“ und verstärkt dadurch die NMDA-Stimulation.
  • NO3, das Nitratanion, bewirkt eine Verminderung des Energiestoffwechsels, was zu einer erhöhten NMDA-Sensitivität gegenüber Stimulierung führt.
  • NO3 bewirkt eine Verminderung des Energiestoffwechsels, der Glutamat-Transport sinkt, die NMDA-Stimulierung nimmt dadurch zu.
    Stickstoffmonoxid inhibiert den Cytochrom P450-abhängigen Um- und Abbau von Chemikalien und führt dadurch zu einer vermehrten Ansammlung von Chemikalien.
  • NO3 schädigt die Blut-Hirn-Schranke und führt dadurch zu einem vermehrten Einströmen von Chemikalien ins Gehirn.
  • Oxidationsmittel und Hyperoxide führen zu erhöhter Vanilloid-Aktivität und damit zu erhöhter Sensibilität gegenüber organischen Lösungsmitteln. (S.31)

Neurogene Entzündung und Mastzellaktivierung
Dr. William Meggs, ein medizinischer Forscher an der medizinischen Fakultät in North Carolina, beschrieb Studien, die er und andere durchgeführt hatten, in denen sich Chemikaliensensitivität in anderen Regionen des Körpers zeigte. Diese periphere (sich außerhalb des Gehirns zeigende) Sensitivität tritt in den unteren Lungenbereichen auf, im oberen Respirationstrakt, auf der Haut und im Gastrointestinaltrakt. Diese Sensitivitätsreaktionen werden ausgelöst durch vorausgehende Chemikalienexposition, und die auslösenden Chemikalien sind denen ähnlich, die bei der zentralen (im Gehirn auftretenden) Sensitivität ursächlich beteiligt sind. Daraus lässt sich schließen, dass ähnliche Reaktionsmechanismen ablaufen. Bei einigen MCS-Patienten sind alle diese peripheren Regionen vom Krankheitsgeschehen betroffen, bei anderen Patienten fehlen periphere Reaktionen völlig.

Meggs und auch Heuser berichteten über zwei zusätzliche Mechanismen, die ursächlich an diesen peripheren Sensitivitätsreaktionen beteiligt sind: neurogene Entzündung und Mastzellaktivierung. Beide Mechanismen sind kompatibel mit dem Mechanismus des NO/ONOO- Kreislaufs. (Man kann sie unter einen Hut bringen.) (S.32)

Messbare Veränderungen bei Chemikaliensensiblen
Gibt es irgendwelche speziellen Eigenheiten dieser Erkrankung, die man messen kann, die MCS-Erkrankte deutlich von anderen unterscheiden?
Bell (in Arizona) berichtete über Veränderungen in EEG-Mustern als Reaktion auf Chemikalienexposition im Niedrigdosisbereich. Kimata (in Japan) berichtete über Veränderungen sowohl der NGF-Levels (NGF, nerve growth factor, Nervenwachstumsfaktor) als auch der Histamin-Levels, die ebenfalls für MCS spezifisch sein dürften.

Millqvist (in Schweden) berichtete über erhöhte Hustenreaktion in Verbindung mit Capsaicin bei MCS-Patienten. Shinohara (in Japan) berichtete Hypersensitivitätsreaktionen auf Chemikalien und Joffres (in Canada) Veränderungen in der Hautleitfähigkeit nach niedriger Chemikalienexposition. Es gibt eine Anzahl Studien mit Messungen der Nasenspülflüssigkeit (NAL), die zeigen, dass chemisch sensitive Personen mit erhöhten Entzündungsmarkern auf Chemikalienexposition reagieren.

Jede einzelne dieser Veränderungen kann eine spezifische Veränderung bei MCS-Erkrankten sein und jede einzelne dieser Veränderungen lässt sich mit dem Modell des NO/ONOO- Zyklus´ erklären. Diese Veränderungen sollten als mögliche „spezifische Biomarker“ für MCS betrachtet werden. (S.33)

Therapiemaßnahmen, Fragen und Antworten
Im weiteren Vortrag beschäftigt sich Prof. Pall mit Maßnahmen zur Therapie (S.34-41) und hebt nochmals die Bedeutung des NO-Peroxynitrit-Zyklus´ hervor (S.42- 45). Er streift die Themen neuronale Entzündung und Mastzellaktivierung bei peripheren MCS-Symptomen, sowie mögliche Veränderungen im Porphyrinstoffwechsel bei MCS -Erkrankten (S.46).

Die Rolle der Mykotoxine beim Entstehen von MCS wurde bislang nicht geklärt. Da bekannt ist, dass einige Mykotoxine den TRPV1 – Rezeptor stimulieren, schlugen Anderson und Prof. Pall diesen Weg als möglichen Reaktionsweg der Pilze in diesem Krankheitsgeschehen vor.

Der Vanilloid-Rezeptor erklärt auch das Phänomen des Überdeckens / Maskierens bei MCS. (S.47)

Fragen und Antworten von S. 45:

  • Wie bringen die vier Gruppen von Chemikalien, die verwickelt sind in MCS, diese Erkrankungen in Gang, und wie verstärken sie die Sensitivitäts-Symptome?

Jede der vier Gruppen agiert über bekannte Wirkungswege und erzeugt dabei erhöhte NMDA-Aktivität, die daraufhin wiederum vermehrt Stickstoffmonoxid und Peroxynitrit bildet.

  • Warum reagieren MCS-Erkrankte so ungemein sensibel auf Chemikalien, etwa 1000-mal empfindlicher als Gesunde?

Weil sechs verschiedene Mechanismen wirken, fünf davon betreffen Stickstoffmonoxid oder Peroxynitrit, und der sechste betrifft Hyperoxid.
Es ist die Kombination dieser Mechanismen, die zusammenwirken und sich verstärken. Dies führt zu diesem extrem hohen Niveau der Sensitivität.


Einige andere oft gestellten Fragen werden auf S.48 beantwortet und weitere Erkrankungen in Zusammenhang mit dem NO-Peroxynitrit-Zyklus kurz betrachtet (S.50-53).

Ganz herzlicher Dank für die Übersetzung und Zusammenfassung geht an Annamaria!

CSN Blog Top 10 – die beliebtesten Artikel im Monat November

Nikolaus bei der Auswertung der CSN-Blog Top 10

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Golfkriegsveteranen leiden unter einer realen Krankheit, die durch toxische Chemikalien verursacht wurde

Gulf War Veterans get right

Washington, DC – (17. Nov. 2008) “Mindestens einer von vier der 697.000 U.S. Veteranen des Golfkrieges 1991 leidet unter der Golfkriegskrankheit, einem Gesundheitszustand, der durch Exposition gegenüber toxischen Chemikalien, einschließlich Pestiziden und einem Medikament, das die Truppen vor Nervengiften schützen sollte, ausgelöst wurde. Bisher ist keine effektive Behandlung gefunden worden, so fasste es ein staatlicher Ausschuss, bestehend aus wissenschaftlichen Experten und Veteranen, in einem Bericht zusammen, der am Montag veröffentlicht wurde. Der Bericht stellt einen Meilenstein für die Golfkriegsveteranen dar.

Das vom US Kongress einberufene Komitee – Research Advisory Committee on Gulf War Veterans‘ Illnesses – präsentierte den Bericht gestern dem US-Staatssekretär für Veteranen-angelegenheiten, James Peake, im VA Headquater in Washington. Der vollständige 452-seitige Bericht ist auf der Webseite der Boston University School of Public Health (BUSPH) veröffentlicht.

Der umfassende Teil der wissenschaftlichen Forschung, die jetzt verfügbar ist, bezeichnet die Golfkriegskrankheit durchweg als reale Krankheit und dass sie ein Resultat neurotoxischer Exposition während des Golfkriegseinsatzes ist und dass nur wenige Veteranen sich erholt oder sich auch nur wesentlich verbessert hätten mit der Zeit, legte der Bericht dar.

Der 452-seitige Bericht bringt zum ersten Mal die ganze wissenschaftliche Forschung und die Ergebnisse der Regierungs-untersuchungen über die Golfkriegskrankheit zusammen und beantwortet viele Fragen über den Zustand.

„Veteranen des Golfkrieges von 1990-1991 hatten den Ruf, dass ihr Einsatz in der militärischen Operation ein ungeheuerer Erfolg war, der in nur kurzer Zeit erlangt wurde. Aber viele hatten das Pech, dadurch anhaltende gesundheitliche Konsequenzen davonzutragen, die schwer verstanden und für zu lange geleugnet und trivialisiert wurden“, stellte der Bericht des Komitees fest.

Der Bericht stellte weiterhin fest, dass die Golfkriegskrankheit sich im Wesentlichen von stressbedingten Syndromen unterscheidet, die nach anderen Kriegen beschrieben wurden. „Studien geben konsistent an, dass es sich bei der Golfkriegskrankheit nicht um die Folgen des Kampfeinsatzes oder anderer Stressoren handelt. Die Golfkriegsveteranen zeigten im Vergleich zu Veteranen anderer Kriege deutlich niedrigere Raten von posttraumatischem Stress auf“, schrieb das Komitee.

Der Bericht fasste zusammen: „Ein neues staatliches Forschungsengagement ist erforderlich… um das kritische Angriffsziel – die Gesundheit der Golfkriegsveteranen – zu verbessern und ähnliche Probleme in Zukunft zu vermeiden.“  Das sei eine nationale Verpflichtung, die besonders durch die vielen Jahre, die Golfkriegsveteranen auf Antworten und Unterstützung warteten, dringlich sei.

James H. Binns, Abteilungsleiter und früherer Principal Deputy Assistant Secretary, sagte, dass der Bericht auch einen Entwurf für eine neue Administration vorsieht, die den Fokus haben solle, Möglichkeiten zu finden, die Gesundheit der Golfkriegsveteranen zu verbessern und ähnliche Konsequenzen bei zukünftigen militärischen Einsätzen zu verhindern.

Die wissenschaftliche Direktorin des Komitees, Roberta White, bestätigte, „Veteranen des ersten Golfkrieges werden seit ihrer Rückkehr vor 17 Jahren von Krankheit geplagt. Obwohl die Beweise für dieses gesundheitliche Phänomen überwältigend sind, müssen die Veteranen feststellen, dass ihre Beschwerden meist mit Zynismus und mit einer „beschuldige das Opfer“ Mentalität abgehandelt werden, die ihre Gesundheitsbeschwerden als Geisteskrankheit darstellt oder anderen als körperlichen Faktoren zuspricht.

White sagte, das, was das Komitee herausgefunden hat, „macht die Vorstellungen der Veteranen, dass ihre Gesundheits-beschwerden mit den Expositionen, die sie während der Golfkriegshandlungen ausgesetzt waren, in Zusammenhang stehen, absolut deutlich glaubhaft. Der Bericht sorgt für eine State-of-the-Art Übersicht über das Wissen hinsichtlich der Angelegenheiten um die Gesundheit der Golfkriegsveteranen, die Kliniker und Wissenschaftler belehren kann. Der Bericht bietet auch ein wissenschaftliches Grundprinzip für die neue Administration für das Verständnis hinsichtlich dieser Gesundheitsprobleme – und noch wichtiger, um durch Förderung von Behandlungsstudien eine effektive Behandlung für die Symptome der Golfkriegsveteranen zu entwickeln.“

Eine große Anzahl englischer Golfkriegsveteranen sind ebenfalls krank. „Die Anerkennung des vollen Umfanges der Krankheiten, unter denen die Veteranen des Konfliktes leiden, und der Verpflichtung, die man ihnen schuldet, ist lange überfällig“, sagte der Marshall der Royal Airforce Lord David Craig. „Sie sind Opfer des Krieges, genauso wie jeder, der von einer Kugel oder Granate getroffen wurde. Über dies hinaus sind medizinische Behandlungen für ihren Zustand notwendig, um jetziges und zukünftiges Militärpersonal mit ähnlichem Risiko zu schützen.“

Das Komitee bewertete ein breites Spektrum von Beweisen bezüglich Expositionen, die im Zusammenhang mit dem Golfkrieg standen. Seine Überprüfung beinhaltete das Inspizieren von Hunderten von Fallstudien von Golfkriegsveteranen, ausgedehnter Forschung in anderen Bevölkerungsgruppen, Studien toxischer Expositionen an Tiermodellen und Regierungsuntersuchungen, die in Zusammenhang mit den Geschehnissen und Expositionen des Golfkriegs standen.

Die Golfkriegskrankheit ist typischer Weise durch eine Kombination von Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen, persistierenden Kopfschmerzen, unerklärbarer Erschöpfung und ausgedehnten Schmerzen charakterisiert. Die Krankheit kann auch chronische Verdauungsprobleme, Atemwegssymptome und Hautausschlag einschließen.

Seit ihrem Einsatz am Golf reagierte ein hoher Prozentsatz von Veteranen auf Alltagschemikalien wie Parfum, Rauch, Benzin, Reinigungsmitteln. Sie hatten Chemikalien-Sensitivität entwickelt. So hatte beispielsweise eine Studie von Kang HK, Mahan CM, Lee KY, et. al. von 1998 festgestellt, dass die Veteranen, die im Golfkrieg gewesen waren dreimal häufiger unter Chemikalien-Sensitivität (MCS) litten, als solche, die nicht dort gewesen waren. (2) Bei einer Patientengruppe des Veterans Administration Hospital in Tucson, wurde Chemikalien-Sensitivität von 86% der ehemaligen Golfkriegssoldaten berichtet. Veteranen aus einen Kontrollgruppe, die nicht im Golfkrieg waren, berichten zu 30% über MCS. (3) Weitere Studien kamen zu ähnlichen Feststellungen.

Der neue Bericht äußert, dass der wissenschaftliche Beweis „keine Frage offen lässt, dass die Golfkriegskrankheit eine reale Krankheit ist“ und er zitiert Dutzende von Forschungsstudien, die „objektive biologische Ausmaße“ identifiziert haben, die Veteranen, die unter der Krankheit leiden, von Kontrollpersonen unterscheiden. Diese Ergebnisse stünden in Zusammenhang mit Struktur und Funktion des Gehirns, Funktion des Autonomen Nervensystems, neuroendokrinen und immunologischen Veränderungen und Veränderungen der Enzyme, die den Körper vor neurotoxischen Chemikalien schützen.

Der Ausschuss bezeichnete zwei der Expositionen im Golfkrieg als durchweg kausal mit der Golfkriegskrankheit assoziiert:

1. das Medikament Pyridostigminbromid (PB), das den Truppen zum Schutz gegen Nervengiftkampfstoffe gegeben wurde;

2. Pestizide, die während des Golfkrieges weitläufig benutzt, oft überbenutzt wurden.

Das Komitee befand, dass ein Zusammenhang zwischen der Golfkriegskrankheit und verschiedenen anderen Expositionen nicht ausgeschlossen werden könne. Diese bezögen Expositionen gegenüber Nervengiftkampfstoffen, ausgeprägter Exposition gegenüber dem Rauch von brennenden Ölquellen, dem Erhalt zahlreicher Impfungen und Kombinationen neurotoxischer Expositionen mit ein.

Berichte des Verteidigungsministeriums indizieren, dass rund 100.000 Soldaten der U.S. Truppen potenziell Nervengift-kampfstoffen ausgesetzt waren, ein Ergebnis einer großen Reihe von Sprengungen irakischer Munition im Jahr 1991 in der Nähe von Khamisiyah, Irak. Im Jahr 2007 fand eine Studie, die Prof. White, Leiter der Environmental Health an der Boston University, leitete, den Beweis, dass Expositionen gegenüber den Nervengiftgasen im Niedrigdosisbereich die anhaltenden Defizite der Persischen Golftruppen verursacht haben könnten. Der Umfang der Veränderungen – weniger „weiße Hirnmasse“ und reduzierte kognitive Funktionen – korrespondieren mit dem Umfang der Expositionen, fand die Studie heraus.

Weiterhin, ergänzte das Komitee, würden Golfkriegsveteranen eine höhere Anzahl an Amyotropher Lateral Sklerose (ALS) aufweisen. Und andere Veteranen von Truppen, die sich in Fallwindrichtung der Sprengungen befanden, starben zweimal häufiger an Gehirntumoren als andere Golfkriegsveteranen.

Der Bericht befand, dass, historisch gesehen, das staatliche Golfkriegs-Forschungsprogramm nicht effektiv gewesen sei, die Golfkriegskrankheit zu adressieren. Während das Komitee neue hoffnungsvolle zukünftige Forschungsprogramme am VA und DOD lobte, merkte es auch an, dass Unterstützung von Golfkriegsforschung in den letzten Jahren dramatisch nachgelassen habe. Der Ausschuss drängte die Herausgeber der Richtlinien, künftig jährlich 60 Millionen U.S. Dollar für solche Forschungsprogramme zur Verfügung zu stellen.

Das Beratungskomitee über Golfkriegsveteranen-Krankheiten ist ein Ausschuss, der aus hochrangigen Wissenschaftlern, Experten und Veteranen besteht, die mit der Überprüfung staatlicher Forschung hinsichtlich der Gesundheit der Golfkriegsveteranen betraut sind. Das Komitee ist dem Kongress unterstellt und wurde vom Minister für „Veterans Affairs“ eingesetzt.

Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. November 2008

Literatur:

  1. Gulf War Research Panel Finds 1 in 4 Veterans Suffers from Illness Caused by Toxic Exposure, Boston University School of Public Health, MEDIA RELATIONS, Press Release 11 a.m. EST, November 17, 2008
  2. Kang HK, Mahan CM, Lee KY, et. al., Prevalence og Chronic Fatigue Syndrome among U.S. Gulf War Veterans. Boston MA: Fourth International AACFS Conference on CFIDS, 10. Oktober, 1998
  3. Bell IR, Warg-Damiani L, Baldwin CM, et al. Self-reported chemical sensitivity and wartime chemical exposures in Gulf War Verterans with and without decreased global health ratings. Milit. Med.1998.

Die Holzschutzmittel-Opfer – Legal vergiftet, dann vergessen

Abriss holzschutzmittel verseuchtes FertighausFamilie Brünnicke hatte 2003 ein Fertighaus gekauft. Große Freude, bis die Familie krank wurde. Experten stellten eine hohe Konzentration an giftigen Holzschutzmitteln fest. Familie Brünnicke zog aus, riss das Fertighaus ab.

Hatte nicht der Holzschutzmittel-prozess der Neunzigerjahre die Gefahr sozusagen gebannt? Zwei Chemiemanager waren verurteilt worden. Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil später auf.

Staatsanwalt Erich Schöndorf, damals Ankläger, sagt heute:

„Die Geschichte geht weiter und fängt wieder von vorne an“.

Es gibt Tausende von Holzschutzmittelgeschädigten, die damals krank wurden. Und es gibt neue Opfer. Der Film schlägt einen Bogen vom Frankfurter Holzschutzmittelprozess bis heute und beleuchtet anhand konkreter Beispiele die Auswirkungen und Folgen moderner Holzschutzmittel. „Was zählt ist nicht, ob unsere Mittel krank machen, sondern ob wir dafür haften“ wird einer der damals im Frankfurter Holzschutzmittelprozess verurteilten Manager zitiert.

Mirko Tomic prüft nach, ob Behörden, Industrie und die Politik die Lehren aus einem der größten Umweltskandale der Bundesrepublik gezogen haben.

Der Film von Mirko Tomic ist am 3.November 2008, um 22.30 Uhr im SWR Fernsehen zu sehen.

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Pressemitteilung des SWR