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Helmholtz Seminar: Existenz von Multiple Chemical Sensitivity Beweis, dass Grenzwerte nicht funktionieren

Chemikalien-konnen-krank-machenIm vergangenen Jahr fand ein Presseseminar des Helmholtz Institut zum Thema Human-Biomonitoring in Frankfurt statt, zudem jetzt die Pressenachlese veröffentlicht wurde. Es wurde darüber erörtert, welche Auswirkungen eintreten, wenn Chemikalien nur in geringen Konzentrationen vorliegen und Menschen ihnen jedoch über längere Zeit ausgesetzt sind. Oder wie es sich auswirkt, wenn mehrere Stoffe gleichzeitig vom Menschen aufgenommen werden und ob mögliche Kombinationswirkungen in der Risikobewertung berücksichtigt werden. Im Rahmen dieser Veranstaltung sprach u.a. der Umweltmediziner Dr. Wolfgang Stück aus Koblenz über die Umweltkrankheit Multiple Chemical Sensitivity, meist kurz MCS genannt. Internationale Studien gehen seit Jahren davon aus, dass etwa 15-30% der Bevölkerung auf Alltagschemikalien in geringster Konzentration mit vielfältigen körperlichen Beschwerden reagieren.

Chemikalien zeigen auch im Niedrigdosisbereich Wirkung
Renommierte Experten setzten sich im Rahmen eines Presseseminars der Informationsstelle Human-Biomonitoring im Helmholtz Zentrum München damit auseinander, welchen Einfluss Chemikalien im Niedrigdosisbereich auf den Menschen haben. Zu den Referenten gehörte auch die Wissenschaftlerin Prof. Regine Kahl vom Institut für Toxikologie an der Universität Düsseldorf. Sie definierte den Begriff „Niedrigdosisbereich“ sehr anschaulich:

„Niedrigdosisbereich“ sei ein  Dosisbereich, in dem eine chemische Substanz mit bekannter Giftwirkung in einer überschaubaren Personengruppe keine während der Beobachtungszeit erkennbaren Gesundheitsschäden hervorruft. In ihrem Vortrag erörterte die Wissenschaftlerin auch die Frage von Kombinationswirkungen von niedrigen Dosen chemischer Substanzen. Ob „null plus null gleich null“ sei, entscheide sich nach heutiger Vorstellung laut Prof. Kahl dadurch, ob die beiden beteiligten Substanzen den gleichen Wirkungsmechanismus und Angriffspunkt haben. In einem solchen Fall addieren sich nämlich ihre Wirkdosen und man spricht dann von Dosisadditivität.

Bei voneinander unabhängigen Wirkungsmechanismen erwarte man, dass die Toxizität durch den Kombinationspartner mit der höchsten Wirkdosis bestimmt ist. Wenn Kombinationspartner miteinander interagieren, dies sei zum Beispiel der Fall,  indem der eine Stoff die Entgiftung des anderen beschleunigt oder verlangsamt, dann kann es zu Wirkungsverstärkungen oder Wirkungsabschwächungen kommen, legte Prof. Kahl dar. Man spricht dann von Synergismus oder Antagonismus.

MCS, ein Beweis dafür, dass Grenzwerte nicht funktionieren
Auf der Tagung des Helmholtz Institut, dem deutschen Forschungsinstitut für Umwelt und Gesundheit, sprach auch der Umweltmediziner Dr. Wolfgang Stück (Ökologischer Ärztebund). Der Arzt aus Koblenz fasste sich in klare Worte und brachte seine Einschätzung vor.

Dr. Stück warnte vor dem unkritischen Einsatz von Chemikalien in der Umwelt. Seiner Ansicht nach werden Grenzwerte oft auf einer unsicheren Basis festgelegt: „Die Umweltmedizin gäbe es nicht, wenn die Grenzwerte immer funktionierten“, betonte Dr. Stück und wies darauf hin, dass durch die Belastung mit verschiedensten Chemikalien Komplexkrankheiten wie MCS (Multiple Chemical Sensitivity) hervorgerufen werden können.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 20. Mai 2009

Literatur: Helmholtz, Nachlese: Presseseminar in Frankfurt, 19.2.2008

Schlafstörungen? Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Erschöpfung? Natürliche Hilfe!

Gute Nacht

Schlafstörungen waren für nahezu jeden schon mal ein leidiges Thema. Egal, ob heiße Sommernächte oder aufgeriebene Nerven den Schlaf vermiesen, die Folgen von Einschlafstörungen, Schlaflosigkeit und von ständigem Aufwachen, unterbrochenen Nächten sind bekannt: Müdigkeit, Erschöpfung, Nervosität, Verspannungen…

Natürliche Alternativen zum Einschlafen statt Pillen
Wie also findet man in einen erholsamen Schlaf? Natürlich gibt es Medikamente, die das Einschlafen oder Durchschlafen erleichtern. Einige davon wirken wie Betäubungsmittel, während andere wie Psychopharmaka oder Antihistamininka, also die Antiallergiemittel, die müde machen, wirken. Schlafmittel sind teilweise verschreibungspflichtig und fallen unter Betäubungsmittelgesetz. Das hat auch seinen Grund. Regelmäßig eingenommene Schlafmittel können die Gesundheit massiv schädigen und abhängig machen wie Drogen. Auch pflanzliche Mittel können Nebenwirkungen haben.

Schlafmittel sind also keine Lösung, zumindest keine dauerhafte. Doch wie soll man sonst wieder in Ruhe schlafen können? Es gibt natürliche Hilfe. Sowohl, um Ihren Schlaf dauerhaft erholsamer und gesünder zu machen, als auch, um heute Nacht, wenn die Einschlafstörungen oder Durchschlafstörungen Ihnen wieder die Ruhe rauben, entspannt einzuschlafen.

Rahmenbedingungen für erholsamen Schlaf
Erst mal sollten die Rahmenbedingungen stimmen. Idealerweise sind es im Schlafzimmer zwischen 18 und 20 Grad, also angenehm kühl, auch wenn wir im heißen Sommer oft nur davon träumen können. Krach und Helligkeit sind allerdings noch deutlich wirksamere Störenfriede. Ab einer bestimmten Lautstärke oder Helligkeit schläft man einfach kaum noch ein. Was also tun? Tür zu und Laden runter! Aber bitte nicht vergessen, vorm Schlafengehen noch mal zu Lüften, denn in guter Luft schläft es sich besser als im stundenlang abgestandenen Mief. Wenn es absolut nicht geht mit der lauten Musik der Nachbarn oder dem trotz der Läden einfallenden Licht helfen Schlafmaske und Ohrstöpsel. Ohrstöpsel, aber bitte gute aus der Apotheke kaufen – die einfache Watte im Ohr kann sich in den Gehörgang schieben und dort unangenehme Verstopfungen verursachen, die der HNO-Arzt hinterher wieder herausholen muss! Eine Schlafmaske sollte weich sein, möglichst aus Baumwolle, und keine dekorative, aber kratzige Spitze haben.

Schlaf ohne Stress
Und: machen Sie sich keinen Stress mit dem Schlafen. „Der gesündeste Schlaf findet vor Mitternacht statt!“ Das hat jeder schon mal gehört. Unser Schlaf richtet sich nach unseren Lebensgewohnheiten. Es hängt von unserem Beruf und dem Umfeld, in dem wir leben, ab, ob wir von zwei Uhr nachts bis neun Uhr morgens schlafen oder mit den Hühnern ins Bett gehen und mit dem ersten Hahnenschrei aufstehen. Schichtarbeit oder kleine Kinder bringen den Schlaf-Wach-Rhythmus sowieso durcheinander. Also kommt es darauf an, dass jeder seinen eigenen Rhythmus findet.

Dem Steinzeitgehirn entgegen gehen
Viel wichtiger als solche Volksweisheiten, die soviel aussagen wie die Bauernregeln übers tatsächliche Wetter, ist, dass Sie Ihre eigene Regelmäßigkeit in ihren Schlafalltag bringen. Es stimmt: Der Körper stellt sich auf Gewohnheiten ein. Erste Regel ist: Das Bett ist zum Schlafen da, nicht als Sofa oder Ablage. Wenn sich das nicht realisieren lässt, dann versuchen Sie, das Bett tagsüber zum Sofa und nachts zum Bett zu gestalten, zum Beispiel in dem es mit einer Tagesdecke zum Sofa wird, und nur mit Kissen und Decken ausschließlich als Bett dient. Wer viel in Hotels übernachtet, kann sein eigenes Kissen mitnehmen. Sie sehen: Es geht darum, dass unser gewohnheitsbestimmtes Steinzeitgehirn etwas fest mit Schlafen verbindet, also z.B. „Sie liegt auf diesem Kissen“ – “ Aha, es ist Schlafenszeit!“

Schlafförderndes Betthupferl
Wer dazu neigt, nicht einzuschlafen, sollte sich noch ein kleines Abendritual, ein schlafförderndes Betthupferl, angewöhnen. Sicher denken Sie gleich an das Glas heiße Milch mit Honig. Allerdings sollten Sie bedenken, dass ein Fünftel der Bevölkerung keine Milch verdauen kann – und sich in Folge erst recht aufgekratzt fühlt. Eine kleine, leichtverdauliche Mahlzeit ist dagegen eine gute Idee. Sie sollten abends auf Mahlzeiten verzichten, die Ihnen zu schwer im Magen liegen, denn eine schwer arbeitende Verdauung, die sich um viel Fleisch oder Rohkost kümmern muss, stört die Nachtruhe. Neben schweren Mahlzeiten stören auch Kaffee, Tee und Cola den Schlaf. Verzichten Sie also ab dem späten Nachmittag darauf! Optimal: ein leichtes Abendessen einnehmen, etwa das klassische belegte Brot, und kurz vorm Bettgehen eine Kleinigkeit, die Sie mögen und genießen, zum Beispiel eine Banane, die enthält sogar Stoffe, die entspannend und beruhigend wirken.

Ihr Betthupferl kann sein, was Ihnen gefällt – Hauptsache, Sie machen es immer vorm Schlafengehen, damit das besagte Steinzeitgehirn Schlafen damit verknüpft. Gehen Sie nach Ihren Bedürfnissen. Es sollten wenigstens zehn Minuten sein, in denen Sie zur Ruhe kommen – also keine Musik, Fernsehen oder ein nervenaufreibender Krimi. Schon eher eine gute Tasse Kräutertee, die zehn Minuten Dehnübungen gegen die Verspannung oder die paar Seiten Lesen in einem Buch, das Ihnen schöne Gedanken in den Kopf bringt. Hauptsache, sie gehen entspannter und zur Ruhe gekommen ins Bett.

Ein Geheimtipp: Für warme Füße sorgen
Neben diesen Tipps gibt es noch viele kleine Hilfen beim Einschlafen. Haben Sie schon mal überlegt, ob Sie wegen der kalten Füße nicht einschlafen? Wie wäre es als Betthupferl mit einem kurzen, warmen Fußbad oder einfach einer Wärmflasche an den Füße, warmen Socken oder ein wenig Fußgymnastik um die Durchblutung anzuregen? Sind die Füße warm, schlafen Sie sicher viel besser!

Deeeeehnen
Können Sie nicht einschlafen, weil Sie einfach nicht zur Ruhe kommen und Ihnen der Tag noch sprichwörtlich in den Gliedern steckt, schwere Beine, ein verkrampfter Rücken und ein dicker Kopf nerven? Eine kleine Übung kann Ihnen das Entspannen erleichtern. Legen Sie sich auf den Rücken und legen Sie die Beine gestreckt an der Wand hoch, das Gesäß ist möglichst nah an der Wand. Die Arme liegen seitlich neben dem Körper. Nun einfach entspannen, ruhig durchatmen und an etwas Schönes denken! Schon drei Minuten in dieser Haltung entspannen. Hinterher ziehen Sie einfach die Knie zur Brust, machen sich zum „kleinen Paket“, das dehnt den Rücken. Dann einfach in eine bequeme Liegeposition drehen. Entspannende Dehnübungen finden Sie auch in diesem Blog:

Blogtipp: Natürliche Hilfe gegen Nackenverspannung, Rückenschmerzen, Hohlkreuz und Co

Akupressur hilft oft bei Schlafstörungen
Auch Akupressur bietet Hilfe bei Schlafstörungen. Sehr wirksam ist der Punkt genau in der Mitte zwischen den Augenbrauen. Massieren Sie ihn einfach kreisend ein paar Minuten, am besten mit dem rechten Mittelfinger.
Akupressurpunkt an der Hand zum EinschlafenEinen weiteren Punkt finden Sie am Handgelenk. Er liegt innen, auf der Handgelenkslinie, auf der Kleinfingerseite. Dort fühlen Sie eine Vertiefung, legen Sie einen Finger dorthin und drücken Sie für einige Minuten. Dann auf der anderen Seite.

Diese zwei Punkte haben sich als die wirksamsten bei Schlafstörungen erwiesen. Sie können beide oder nur einen drücken, so wie es Ihnen gut tut. Oft bringen schon eine oder zwei Minuten Akupressur erstaunlich gute Ergebnisse!

Bewegen statt Couchpotato
Bedenken Sie auch: Bewegungsmangel kann eine Ursache für Schlafstörungen sein. Sie müssen deshalb keinen anstrengenden Sport treiben, wenn Ihnen nicht danach ist. Es bringt schon viel, z.B. kleine Wege mit dem Fahrrad zu erledigen. Kleine Einkäufe, Briefkasten, Post… Da kann Ihnen das Fahrrad sogar Zeit und Nerven sparen, weil Staus, Parkplatzsuchen und Miniparkplätze wegfallen. Wer unter Schlafstörungen leidet, kann von Spaziergängen oder Ausdauersport profitieren – zweimal die Woche eine halbe Stunde reichen schon. Sie haben kleine Kinder? Prima, denn es tut auch Ihren Kindern gut, mal wieder etwas frische Luft zu bekommen. Manchmal dürfen Eltern sogar mitspielen, wenn Kinder draußen toben. Berufstätige profitieren davon, die Mittagspause mit dem Brötchen an der frischen Luft zu verbringen oder den Weg zur Arbeit mit dem Rad zurückzulegen.

Eine angenehme und erholsame Nachtruhe wünscht

Eure Amalie

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Umweltmedizin: Charakterisierung von Personen, die auf Chemikalien im Alltag reagieren

Viele Menschen in der Bevoelkerung reagieren auf Chemikalien

Menschen, die auf geringste Konzentrationen von Chemikalien in ihrem Alltag reagieren, gibt es weltweit. Für sie ist je nach Schweregrad der Erkrankung kein normales Leben mehr möglich. Sie sind gezwungen, ständig aufzupassen und Chemikalien so weit als möglich ausweichen, um gesundheitlich einigermaßen zurande zu kommen.

Was für normale Menschen Alltag, ist für chemikaliensensible Menschen nicht möglich. Eine Fahrt in einer Straßenbahn am frühen Morgen beispielsweise ist für diese Menschen undenkbar. Sie reagieren auf die Parfums, Aftershave, Deos, Haarsprays und was ihre Mitreisenden sonst noch benutzt haben mit teils stundenlang anhaltenden Gesundheitsbeschwerden. Setzt sich jemand neben sie und schlägt seine Morgenzeitung auf, kann dies für chemikaliensensible Menschen bedeuten, dass sie für den Rest des Tages unter starken Kopfschmerzen, Schwindel und Sehstörungen leiden.

Dänemark – Forschung zu Chemical Sensitivity
Seit einigen Jahren existiert in Kopenhagen eigens ein Wissenschaftszentrum zur Erforschung von Chemical Sensitivity. Es ist der Universität Kopenhagen angeschlossen. In einer ihrer jüngsten Studie charakterisierten die dänischen Wissenschaftler Chemikalienexpositionen und Symptome bei Personen, die ihr soziales Leben und ihren Berufsalltag wegen ihrer Reaktionen auf Chemikalien entsprechend anpassen mussten. Wie bei Studien aus den USA und Kanada waren auch bei den dänischen Studienteilnehmern, die schwerer erkrankt waren, Symptome des zentralen Nervensystems am Häufigsten festzustellen.

Reaktionen auf Chemikalien im Alltag
Ein Kernziel der dänischen Studie bestand darin, die schwer betroffenen Personen anhand des Schweregrads ihrer Symptome und der Chemikalien, auf die sie reagierten, zu charakterisieren. Die Wissenschaftler ordneten die chemikaliensensiblen Studienteilnehmer in verschiedene Patientengruppen ein, die den unterschiedlichen Schweregrad der Erkrankung widerspiegelten. In die Studie wurden insgesamt 1134 Personen einbezogen, die über Reaktionen auf Chemikalien aus ihrer Umgebungsluft im Alltag berichteten. Der ursprüngliche  bevölkerungsbasierte Fragebogen war an 6000 Menschen geschickt worden.

Symptome standen in Zusammenhang mit Expositionen
Das Ergebnis der Erhebung der Universität Kopenhagen zeigte, dass schwer betroffene Personen über weit mehr Symptome berichteten und über Expositionen, die im direkten Zusammenhang mit ihren Symptomen standen, als weniger stark betroffene Personen.

Die Anzahl der Symptome war für den Schweregrad der Erkrankung bei den Studienteilnehmern letztendlich weitaus kennzeichnender, als die Anzahl der Expositionen. Am stärksten kennzeichnend für den Schweregrad der berichteten Symptome waren, abgesehen von Kopfschmerzen, solche Symptome, die vom Zentralnervensystem ausgingen. Zu den Expositionen im Alltag, die am Stärksten auf einen hohen Schwergrad der Erkrankung hinwiesen, zählten Expositionen gegenüber frisch gedruckten Zeitungen und Zeitschriften.

Symptome des Nervensystems kennzeichnend für Chemikalienexposition
Die Wissenschaftler des Chemical Sensitivity Forschungszentrums schlossen aus ihren Auswertungen, dass ZNS Symptome, neben Kopfschmerzen, das Hauptcharakteristikum für Personen in der Allgemeinbevölkerung sind, die mit schweren Reaktionen auf Expositionen gegenüber alltäglichen Chemikalien reagieren.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 22. Mai 2009

Literatur: Berg ND, Linneberg A, Dirksen A, Elberling J., Phenotypes of individuals affected by airborne chemicals in the general population, The Danish Research Centre for Chemical Sensitivities, Gentofte Hospital, University of Copenhagen, Int Arch Occup Environ Health. 2009 Mar;82(4):509-17. Epub 2008 Aug 28.

Weitere interessante Studien zum Thema:

Glutathionspray reduziert Auswirkungen von Luftverschmutzung

Therapiemöglichkeit bei Multiple Chemical Sensitivity?

Luftverschmutzung steht für Wissenschaftler eng in Zusammenhang mit schwerwiegenden signifikanten Auswirkungen auf die Gesundheit. Herzkrankheiten und vernebler-Asthma gehören ebenso dazu wie DNA Schäden, die schon nach dreistündiger Exposition eintreten können, wie eine kürzlich erschienene Studie belegt. Die meisten Forschungsarbeiten halten jedoch ihren Focus auf die Quantifizierung von Krankheiten oder der Toten, die im Zusammenhang mit Luftverschmutzung stehen. Forschung, die potentielle Methoden untersucht, die solche Auswirkungen auf die Gesundheit verhindern, findet sich kaum. Der Großteil konventioneller Therapien liegt im Bereich der Behandlung expositionsbedingter Krankheiten, nicht in Präventionsstrategien. Das Peptid Glutathion in Sprayform oder vernebelt inhaliert scheint sowohl präventive als auch lindernde Wirkung zu besitzen.

Prävention vernachlässigt
Einige wenige medizinische Vorgehensweisen gehen in die Richtung, die Lunge direkt zu schützen. Laut J. Allan, einem Wissenschaftler der University of Washington, sind Praktiker im Bereich Komplementär- und Alternativmedizin zwar weithin dafür bekannt und kritisiert, therapeutische Substanzen zu verabreichen, deren Wirkung auf Plausibilität beruht oder auf prä-klinische Studien.

Inhalation von Glutathion als Schutz vor Schadstoffen
Eine weithin angewendete komplementär- und alternativmedizinische Methode ist die Inhalation des Antioxidant Glutathion. Inhaliertes Glutathion wird von dieser Sparte im Allgemeinen dafür eingesetzt, eine Reihe von Gesundheitszuständen wie Asthma, chronische obstruktive Atemwegserkrankungen, Bronchitis, Sinusitis und Chemikalien-Sensitivität zu behandeln. Nach Auffassung des Wissenschaftlers aus Washington deuten erbrachte Beweise darauf hin, dass inhaliertes Glutathion den Glutathionwert in der Lunge schnell ansteigen lässt. Der Wissenschaftler erläutert, dass inhaliertes Glutathion eine potentiell präventive Intervention darstellt bei Vorhandensein von umweltbedingten Oxidantien, wie bspw. Luftverschmutzung.

Glutathion kann Auswirkungen reduzieren
Den Glutathionspiegel in der Lunge anzuheben, kann systemische Auswirkungen, die durch Luftverschmutzung eingetreten sind, reduzieren oder eliminieren. Bislang gibt es jedoch noch keine kontrollierten Studien, die dieses Potential bewertet haben. Der Wissenschaftler der University of Washington schlug daher eine Pilotstudie vor, um das Potenzial von Glutathion in Hinsicht auf Erbringung von Schutz vor nachhaltigen Gesundheitsbeschwerden zu überprüfen.

Erfahrungen mit Glutathionspray
CSN hörte sich unter amerikanischen Leitern von Organisationen für Chemikaliensensible um und fragte nach deren Erfahrung mit Glutathionspray. (2) Diese Behandlungsweise ist bei Patientengruppen hinreichend bekannt und gehört mit zum Therapieprogramm, das von Prof. Mall und Dr. Ziem entwickelt wurde. Glutathionspray oder Vernebler muss von einem Arzt verschrieben werden.

Eine selbst unter schwerer MCS leidende Organisationsleiterin berichtete:

Ich verwende inhaliertes Glutathion seit ungefähr fünf Jahren. Ich sprühe es in die Nase oder verwende einen speziellen Vernebler. Es ist sehr hilfreich, wenn ich auch ergänzen muss, dass es eine lange Zeit dauerte, bis ich eine richtige Verbesserung bemerkte. Erst nach etwa 9 Monaten oder einem Jahr, realisierte ich einen Unterschied,  wenn ich es direkt nach einer Exposition nahm. Jetzt nehme ich es normalerweise nur nach einer Exposition, und es hilft mir, die Zeit, bis es mir besser geht, erheblich zu verkürzen.

Man muss langsam damit anfangen. Anfangs habe ich zuviel Glutathion im Vernebler genommen, zwar nicht mehr als verschrieben, aber ich bekam eine raue Kehle davon. Ich wechselte dann zu Gluathionnasenspray, davon bekam ich jedoch jedes Mal eine verschorfte Nase. Ich sprach dann mit einigen anderen, die diese Therapie durchziehen, und erfuhr, dass sie abwechseln zwischen inhalieren und vernebeln, das löste die Probleme dann auch für mich.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Netwok, 20. Mai 2009

Literatur:
Allen J., Inhaled glutathione for the prevention of air pollution-related health effects: a brief review, University of Washington School of Public Health and Community Medicine, Department of Environmental and Occupational Health Sciences, Seattle, USA., Altern Ther Health Med. 2008 May-Jun;14(3):42-4.
Persönliche Konversation, 06.03.2008

Anmerkung:
Dieser Artikel ist keine Aufforderung zur Selbstbehandlung, er dient ausschließlich der Information über Behandlungsmethoden. Jede Behandlung sollte nur unter Aufsicht und nach Anweisung eines Arztes erfolgen.

Chemikalien-Sensitivität: Solitäre chemosensitive Zellen entdeckt

Gehirn Neuronen

Dr. Lin und Kollegen von der Universität von Colorado entdeckten 2007, dass eine spezielle Zellsorte, die bei vielen Säugetieren in großer Zahl am Eingang der Nasenhöhle vorkommt, eine wichtige und bislang unbekannte Rolle bei der Wahrnehmung irritierender und potentiell gefährlicher Gerüche spielt und speziell der Chemorezeption dient.

Ähnliche solitäre chemosensorische Zellen wurden vorher schon in den Nasenhöhlen, den Atemwegen und dem gastrointestinalen Trakt vieler Säugetiere und auch bei Fischen, Fröschen und Alligatoren gefunden. Die Wissenschaftler halten es für wahrscheinlich, dass sie auch bei Menschen vorkommen. Vor dieser Entdeckung dachte man, die irritierenden Substanzen könnten die trigeminalen Nervenenden nur direkt stimulieren.

„Diese erstklassige Forschungsarbeit korrigiert eine fälschliche Ansicht darüber, wie irritierende Gerüche wahrgenommen werden und erweitert unser Verständnis des Geruchssinns.“ Sagte James F. Battey von dem National Institute on Deafness and Other Communication Disorders (NIDCD), das die Studie finanziert hatte. „Weitere Untersuchungen könnten zu einem besseren Verständnis darüber führen, warum manche Personen außergewöhnlich sensibel auf irritierende Gerüche reagieren.“

Die solitären chemosensitiven Zellen an der Oberfläche der Nasenhöhle befinden sich in engem Kontakt mit trigeminalen Nervenfasern, die direkt unter der Oberfläche enden. Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass diese Zellen Rezeptoren für bitteren Geschmack enthielten und dass bittere Substanzen, wenn auf die Oberfläche der Nasenhöhle aufgebracht, eine trigeminale Reizantwort auslösen können.

Dies bewog Drs. Restrepo und Finger zu untersuchen, ob diese Zellen auch auf irritierende Gerüche reagieren. Die Wissenschaftler verwendeten nasales Gewebe von Mäusen und maßen eine Anzahl von Veränderungen in den solitären chemosensorischen Zellen, während sie sie hohen und niedrigen Konzentrationen verschiedener irritierender flüchtiger chemischer Substanzen aussetzten. Ihre Messungen zeigten, dass die Zellen auf die Substanzen reagierten und sensorische Informationen an trigeminale Nervenfasern weitergaben.

Die Wissenschaftler erklärten, dass diese Architektur des Nasengewebes mit solitären chemosensorischen Zellen auf der Oberfläche und trigeminalen Nervenfasern unmittelbar darunter es der Nase ermöglicht, eine größere Anzahl irritierender Gerüche wahrzunehmen.

Die Wissenschaftler hoben hervor, dass ihre Ergebnisse ein Beispiel für das „Gesetz der spezifischen Sinnesenergien“ ist, dass 1826 von Johannes Peter Müller aufgestellt wurde. Müller sagte, dass die Art und Weise, wie wir einen Reiz empfinden, von dem Nerv oder sensorischen System abhängt, dass ihn vermittelt, und nicht von der Natur des Reizes an sich.

Im Falle irritierender Gerüche nehmen wir dieselben als irritierend wahr, weil die Nachricht über ihr Vorhandensein über den stimulierten Trigeminusnerv weitergeleitet wird, was das Gehirn dazu veranlasst, diese Nachricht als Schmerz anstatt als Geruch wahrzunehmen.

Autor: Karlheinz für CSN – Chemical Sensitivity Network, 11. Mai 2009

Literatur:

Irritating Smells Alert Special Cells, NIH-Funded Study Finds, NIH News, March 04 2008

TRPM5-Expressing Solitary Chemosensory Cells Respond to Odorous Irritants, Weihong Lin, Tatsuya Ogura, Robert F. Margolskee, Thomas E. Finger and Diego Restrepo, J Neurophysiol 99:1451-1460, 2008. First published Dec 26, 2007; doi:10.1152/jn.01195.2007

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Innenraumluft von Neuwagen ist oft der reinste Giftcocktail – Gesundheit bleibt auf der Strecke

Gift-im-neuen-auto

Der Geruch von Neuwagen ist stechend und signifikant. Kaum jemand macht sich Gedanken über mögliche Gesundheitsstörungen, die die chemiebelastete Raumluft, die in den meisten neuen Fahrzeugen herrscht, nach sich ziehen kann. Umweltfreundliche Fahrzeuge sind das Ziel vieler Hersteller, da der Umweltfaktor immer mehr ins öffentliche Interesse rückt, doch derartig angepriesene Eigenschaften sind letztendlich fast ausnahmslos auf den Treibstoffverbrauch bzw. den CO²-Ausstoß ausgerichtet.

Chemikalienbelastung über Grenzwert
Laut einer bereits im Jahr 2005 stattgefundenen Untersuchung des BUND für Umwelt und Naturschutz und seiner österreichischen Schwesterorganisation „Global 2000“, ist die Innenraumluft unserer Fahrzeuge hochgradig mit toxischen Chemikalien belastet. Neben Formaldehyd und Benzol wurden mehr als 50 verschiedene flüchtige organische Verbindungen, auch als VOC bezeichnet, in oftmals gesundschädlichen Konzentrationen nachgewiesen. Besitzer eines neuen Autos haben mit allergrößter Wahrscheinlichkeit an ihrer Windschutzscheibe einen hauchdünnen Schmierfilm feststellen können, dass es sich hierbei überwiegend um Ausgasungen aus Lacken und Textilfarben ihres Fahrzeugs handelt, wird kaum jemand vermuten. Diese hohen und oftmals die Grenzwerte überschreitenden Konzentrationen an giftigen Chemikalien in der Innenraumluft in PKW gefährden die Gesundheit der Fahrer und Mitfahrer und geben allen Grund zur Besorgnis, so die Chemie-Expertin des BUND, Patricia Cameron.

Neuwagenkäufer krank durch Schadstoffe
Ein leitender Angestellter eines Automobilkonzerns berichtete gegenüber CSN, dass es mehrfach vorgekommen sei, dass Käufer, die ihren Wagen im Werk abholten, spontan erbrachen, nachdem sie sich in ihren neuen Wagen setzen. Danach hätte man die Baureihe intern „Kotzklasse“ genannt.

Bei CSN melden sich auch immer wieder Privatpersonen, die über Gesundheitsbeschwerden klagen, die durch einen Neuwagen eintraten, und bitten um Hilfe.

Fall I
„Wir hatten diese Woche bereits telefoniert, als ich Ihnen erzählt habe, dass ich auf meinen neuen xxx  mit Verkrampfung der Speiseröhre und oberen Rückenmuskulatur reagiere. Diese Schmerzen sind zum Dauerzustand geworden“

Fall II

„Habe mir einen xxx neu gekauft, 2 Wochen belüften und Ozondusche durchführen lassen. Bin nun seit Übernahme des Fahrzeuges permanent krank. Was kann ich unternehmen, damit ich das Auto toleriere?“

Ein halbes Jahr später:

Sie hatten mir vor einiger Zeit mit einigen Tipps weitergeholfen, Sie meinten damals so könne ich den neu erhaltenen xxx verträglich machen.

Nun würde ich Ihnen gerne ein Feedback geben, das vielleicht auch für andere interessant sein könnte, die sich in so einer Situation befinden:

Ich hatte damals alle in Ihrem Artikel beschriebenen Maßnahmen mit dem Auto durchgeführt, doch nach der nächsten Nutzung über 3 Tage war ich wieder für eine Woche völlig krank.

Daraufhin habe ich – ohne Erfolg – versucht, das Auto über meinen Händler zurück zu geben. Danach hatte ich mich an die offizielle Service-Hotline gewandt, die dazu nichts sagen konnte und mich an ein Back-Office weitergeleitet hat. Der Ansprechpartner teilte mir dann mit, dass er sich so etwas nicht vorstellen kann, da er noch nie gehört hat, dass jemand einen neuen xxx nicht vertragen würde.

Ich bestand aber auf einer Bearbeitung und der Rückgabe des Fahrzeuges mit dem Hinweis, dass ich das Auto nie erworben hätte, wenn ich gewusst hätte, dass es solche „Mängel“ hat und gesundheitsschädigend ist.

Tatsächlich wurde ich kurze Zeit danach von meinem Autohaus zurückgerufen und man bat mir eine Einigung an (bereits an die xxx Leasing bezahlte Leasingraten trat ich an das Autohaus als Entschädigung ab, dass ich das Auto 1600 km gefahren hatte). Diese habe ich angenommen und das Auto zurückgegeben. Die Abwicklung nach der Einigung erfolgte unbürokratisch.

Sonne kocht Chemikalien erst so richtig hoch
Lt. Patricia Cameron wurden z. B. Formaldehydkonzentrationen festgestellt, die weit über dem zulässigen Grenzwert lagen. Noch viele Monate nach dem Herstellungsprozess gasen im PKW-Innenraum gesundheitsschädigende Schadstoffe aus, die bei Sonneneinstrahlung an Intensität zunehmen. Doch nicht nur die festgestellten Formaldehydwerte der untersuchten PKW überschritten die zulässigen Grenzwerte um das dreifache, auch bei den Messungen der VOC-Belastung wurden 15 Milligramm pro Kubikmeter Raumluft nachgewiesen, wobei bereits Belastungen ab einem Milligramm Gesundheitsstörungen wie Hautreizungen, Augenbrennen, Atemwegsreizungen hervorrufen, und die Gesundheit dauerhaft schädigen können.

Gesundheitsgefahren im Preis inbegriffen
Schadstoffe wie Phthalate und andere Weichmacher sind in Kunststoffteilen, wie z. B. dem Lenkrad, in Türverkleidungen, den Armaturen, Sicherheitsgurten, dem Schalthebel usw. verarbeitet, die sich ebenfalls wie die Ausdünstungen aus Fußmatten und Klebern nachhaltig gesundheitsgefährdend auswirken können. Doch auch luxuriös ausgestattete PKW bergen Gesundheitsrisiken, denn auch die Rückstände der Chromgerbung von Ledersitzen und mit Leder überzogene Lenkräder können dauerhaft krankmachen und zu Leberschäden führen.

Rundum umweltfreundlich wäre wünschenswert
Die verschiedenen Hersteller suggerieren uns umweltfreundliche PKW, doch diese beworbene Umweltfreundlichkeit bezieht sich fast ausschließlich auf die bereits anfangs von mir erwähnten Eigenschaften, wie Kraftstoffverbrauch und CO²-Ausstoß. Diese Ziele umzusetzen ist ebenfalls sehr erstrebenswert und notwendig. Doch unsere Gesundheit benötigt nicht nur abgasfreundliche Fahrzeuge, sondern auch chemiefreie Atemluft im Innenraum der Fahrzeuge, damit Umweltkrankheiten wie MCS und SBS nicht weiter voranschreiten, sondern deren Ausbreitung durch nachhaltige umweltfreundliche Produktionsverfahren entgegengewirkt und dem Einsatz umweltfreundlicher Materialien bei neuen Fahrzeugen verantwortungsvoll Rechnung getragen wird. Schadstofffreiheit der Innenraumluft neuer PKW zu forcieren ist weitaus wichtiger, als man es seitens der PKW-Produzenten derzeit einschätzt, denn der Aspekt möglicher Gesundheitsgefahren durch Chemikalien in unseren Autos findet viel zu wenig Beachtung. Zumal die mögliche Wechselwirkung der nachgewiesenen Chemikalien untereinander völlig unzureichend erforscht ist. Auch unsere Politiker sollten sich ihrer Verantwortung stellen und sich für chemiefreie Innenraumluft in Neufahrzeugen einsetzen.

Gelungene und fragwürdige Innovationen
Die einst eingeschlagene Richtung des Automobilherstellers Ford, Fahrzeuge mit Allergie geprüftem Innenraum zu produzieren, ist eine überaus erwähnenswerte Weiterentwicklung in der Produktpalette des Fahrzeugherstellers, die viele Nachahmer finden sollte.

Das ist die eine Seite, doch Hersteller wie Peugeot, der Daimler-Konzern und Citroen, gehen andere Wege und statten ihre Modelle mit integrierten und regelbaren Parfumspendern aus. Bei Maybach kostet der Duftspender in Luxusausführung 5000 Euro. Von schadstofffreier Innenraumluft kann bei diesen Marketingstrategien keine Rede sein. Wie wird es wohl Asthmatikern, Allergikern und Kleinkindern in diesen Fahrzeugen ergehen?

Benzol fährt mit, nicht nur als Kraftstoff
Lt. UBA kann Benzol zu folgenden Gesundheitsstörungen führen:

„Mögliche Schädigungen: In hoher Konzentration führt Benzol zu Schädigungen der Leber, der Nieren und des Knochenmarkes. Aber auch geringe Konzentrationen sind nicht unbedenklich, da dieser Stoff auch Krebs erzeugen kann.“

Autor: Maria, CSN – Chemical Sensitivity Network, 15. Mai 2009

CSN Artikel zum Thema Schadstoffe im Auto, wie kann man sich helfen:

CSN berichtet über Umweltkrankheiten und MCS in Radiosendung

Radiostudio

Gestern war CSN bei der SWR Umweltredaktion eingeladen. Silvia und Maria fuhren am Morgen nach Mainz um sich mit Axel Weiß vom SWR Umweltblog zu treffen.

Nach einem kurzen Gespräch mit den Moderatoren und dem Leiter der Umwelt- und Gesundheitsredaktion gaben die beiden ein Interview. Axel Weiß stellte Silvia und Maria Fragen über ihren Einsatz für Umweltkranke bei CSN und vor allem über der CSN Blog, auf dem seit fast zwei Jahren fast täglich ein neuer Artikel über MCS, Umweltkrankheiten, Gesundheitsrisiken durch Schadstoffe und Umweltthemen berichtet wird.

Heute wurde das Interview gesendet, es kann als Podcast angehört werden:

Podcast Interview Silvia und Maria

Schaut auch beim SWR Umweltblog vorbei, dort hat Axel einen Bericht über das Treffen gestern eingestellt:

Unterstützung für Umweltkranke

Natürliche Hilfe gegen Nackenverspannung, Rückenschmerzen, Hohlkreuz und Co

Nackenschmerzen durch Arbeit am Computer
Nackenschmerzen durch Arbeit am Computer

Kopfschmerz, Nackenverspannung oder Schulterverspannungen, Rückenschmerzen und das Kreuz mit dem Kreuz. Eine rückenschädigende Arbeitshaltung kann viele Probleme verursachen. Das stundenlange Sitzen am Computer ist für den Rücken viel anstrengender, als es von außen aussieht. Und nach vorn gebeugtes Arbeiten im Haushalt, etwa beim Spülen, oder ruckartige Bewegungen beim Putzen tragen dann weiter zur Fehlbelastung bei. Faule Fernsehabende, die der Muskulatur keinen Ausgleich bieten, tun noch ihr Übriges. Die Folgen sind bekannt. Zu den Rückenbeschwerden gesellen sich auch noch Verstopfung oder Venenbeschwerden und so weiter. Wer den ganzen Tag nur sitzt, wird natürlich schneller übergewichtig und fühlt sich schlapp.

Ausgleich für Bewegungsmangel durch Computerarbeit
Was kann man also tun? Sehr viel, und das kostet noch nicht einmal viel Zeit. Niemand muss jeden Tag zwei Stunden im Fitnessstudio verbringen, um Bewegungsmangel und die Folgen von langen Tagen am Computer auszugleichen. Bewegung ist aber das richtige Stichwort. Damit ist kein Leistungssport gemeint, sondern ein wohltuender Ausgleich für die verkrampfte Muskulatur.

Sitzposition bei Arbeit am Schreibtisch variieren
Sie können Sport treiben, wenn Sie das gerne tun, aber es muss nicht sein. Bewegung kann einfach im Alltag stattfinden. Versuchen Sie, sich beim Sitzen am Schreibtisch nicht den ganzen Tag in der gleichen Haltung krumm zu machen. Das geht, am Anfang ist aufrechtes Sitzen aber etwas anstrengender. Es muss auch nicht die ganze Zeit sein. Am sinnvollsten ist es, zwischen verschiedenen Haltungen zu wechseln. Setzen Sie sich also mal leicht nach vorn gebeugt, auch das geht mit geradem Rücken, mal leicht nach hinten an die Lehne gelehnt hin, passend zur jeweiligen Tätigkeit. Beim Schreiben am Computer kann man auch ganz aufrecht sitzen. Jede Haltung wird ungesund, wenn man sie stundenlang am Stück einnimmt. Also variieren Sie stets ein wenig. Es ist auch in Ordnung, zwischendurch phasenweise nicht gerade zu sitzen, sondern einfach so, wie es gerade angenehm ist. Legen Sie das Gewicht mal mehr auf die eine, mal mehr auf die andere Seite. Abwechseln ist das Motto. Variieren Sie die gesamte Haltung und auch die Beinhaltung immer wieder nach Gefühl. Zwischendurch, wenn es geht, immer mal wieder aufstehen und strecken oder Schultern kreisen lassen.

Gewichtsverlagerung – der Rücken mag es
Und wie soll das funktionieren, wenn Sie im Stehen arbeiten? Auch hier können Sie variieren. Basis ist hier: Bitte kein Hohlkreuz! Bei längerem Stehen neigt man dazu, das Becken nach vorn zu kippen, der Rücken biegt sich durch und die Schultern hängen. Das ist nicht nur optisch unschön, sondern auch äußerst ungesund. Das Beste dagegen: Stellen Sie sich vor, dass ihr meistes Gewicht im Becken liegt, der Oberkörper ist leicht. So verlagern Sie den Körperschwerpunkt von selbst an die richtige Stelle – ganz einfach. Ansonsten verteilen Sie das Gewicht gleichmäßig auf beide Beine, und verlagern es um abzuwechseln zwischendurch immer mal wieder aufs linke oder das rechte Bein. Da bietet es sich an, das Bein, auf dem kein Gewicht liegt, gleich ein wenig zu bewegen. Unauffällig möglich ist es, den Fuß aus dem Knöchel heraus hin und wieder ein paar Mal kreisen zu lassen oder zu beugen. Auch das Knie kann man mal ganz strecken oder leicht beugen, das Bein weiter vor oder zurück stellen. Auch hier heißt es wieder: Abwecchseln.

Schuhe mit ein leichtem Absatz – schick und der Rücken liebt sie auch
Haben Sie bisher gedacht, ganz flache Absätze währen am gesündesten, darin würde man keine schweren Beine bekommen? Das hat sich leider als falsch erwiesen. Natürlich kommen Sie mit flachen Tretern im Alltag oft am bequemsten aus, während Sie über Highheels stolpern und hinterher die Füße schmerzen. Das Beste ist ein Mittelding. Schuhe mit moderatem, etwa 5-7 Zentimeter hohem, breiten Absatz. Die sehen nicht nur gut aus, sondern sind auch ideal für die Venen. Herrenschuhe gibt es mit etwa drei Zentimetern Absatz, das sieht nicht nach Stöckelschuhe aus, ist aber trotzdem gesund. Ziehen Sie solche Schuhe am Besten an, wenn Sie lange stehen oder sitzen müssen. Im Haushalt oder der Freizeit bleibt es dabei: flache Treter sind gesund. Denn hier kann sich der Fuß am ehesten natürlich und frei bewegen, was nicht nur Füßen und Venen zugute kommt, sondern auch dem Rücken, weil alle Muskeln miteinander in Verbindung stehen. Zu hohe Schuhe machen z.B. ein Hohlkreuz.

Hausarbeit für manchen ein „Kreuz“
Ob Hausarbeit gut oder schädlich für den Rücken ist, ist eine individuelle Frage. Ist der Rücken insgesamt gesund und trainiert, dann bringt die Bewegung zusätzlichen Nutzen. Ist der Rücken allerdings schwach und verspannt, macht die Hausarbeit Probleme. Achten Sie darauf, möglichst viel mit geradem Rücken, leicht gebeugten Knien und ohne ruckartige Bewegungen zu arbeiten. Zum Heben gehen sie immer in die Knie und heben dann, indem Sie den Gegenstand festhalten und die Beine strecken, also aus der Kraft der Beine. Mit rundem Rücken und durchgedrückten Beinen brauchen Sie viel mehr Kraft, um den Wäschekorb oder Wasserkasten nach oben zu bekommen!

Bewegen an frischer Luft
Und jetzt zum Ausgleich. Der heißt Bewegung, und zwar am Besten an der frischen Luft. Das muss nicht aufwändig werden. Ein kleiner Spaziergang, das bringt schon sehr viel. Hauptsache regelmäßig. Fit bleibt auch, wer teures Benzin spart und stattdessen für kleine Strecken in die Pedale tritt. Das muss noch nicht mal sportlich sein, im Gegenteil. Das rasante Fahren mit vorgebeugtem Oberkörper ist alles andere als rückenfreundlich. Ihre kleinen Fahrten zum Einkaufen oder zur Arbeit können Sie allerdings locker in aufrechter Haltung und ohne Schweißausbrüche bewältigen. Große Hunde freuen sich übrigens auch, wenn man sie, natürlich mit einer Leine, neben dem Fahrrad herlaufen lässt. Die Geschwindigkeit, in der solche Hunde gern laufen, erreicht man als langsamer Radfahrer eben deutlich leichter als zu Fuß. Sie sollten kein Tier hetzen, probieren Sie aus, was ihrem Liebling gut tut.

Dehnen – Fünf leichte Übungen
Neben dieser Bewegung im Alltag helfen leichte Dehnübungen, abends zu entspannen oder morgens in Schwung zu kommen. Solche Übungen sind wichtig, um beweglich zu bleiben, und wenn Sie beweglich sind, fällt vieles leichter. Leichte Übungsprogramme, die nur wenige Minuten dauern, finden Sie auch kostenlos im Internet oder in Broschüren von Krankenkassen. Hier fünf leichte Übungen für eine bessere Haltung und weniger Verspannungen, die einfach zwischendurch funktionieren, aus dem geraden Stand heraus. Die drei ersten gehen auch sehr gut im Sitzen.

1. Verschränken Sie die Hände hinterm Kopf und lassen sie diesen sanft zur Brust sinken, die Hände liegen am Hinterkopf. Aber den Kopf nicht nach unten zerren, das schadet der Halswirbelsäule. Das Eigengewicht der auf dem Hinterkopf liegenden Hände reicht völlig aus. Einige ruhige, tiefe Atemzüge halten. Sie spüren die Dehnung hinten im Nacken.

2. Die rechte Hand auf das linke Ohr oder die Schläfe legen. Nun den Kopf sanft nach rechts neigen, die Hand zieht nicht, sondern liegt nur darauf. Die linke Schulter schön nach unten ziehen. Sie spüren eine angenehme Dehnung in der linken Halsseite. Wieder gilt: sanft dehnen, nicht zerren. Ein paar tiefe, ruhige Atemzüge halten und entspannen, dann das Selbe noch mal zur anderen Seite.

3. Hinsetzen oder stellen. Die Hände hinterm Hinterkopf verschränken und Ellbogen nach hinten ziehen. Die Hände sollten nicht gegen den Hinterkopf drücken. Sie spüren die Dehnung in der Brustmuskulatur. Einige tiefe Atemzüge halten. Ist Ihnen diese Übung zu schwierig, heben Sie einfach die Arme leicht angewinkelt mit den Handflächen nach oben zeigend auf Schulterhöhe. Schultern tief halten, Arme nach hinten ziehen.

4. Sie stellen sich aufrecht hüftweit hin und setzen ein Bein mit der einen kleinen Schritt weit nach vorn und nur mit der Ferse auf. Zehen des Beins in Richtung Schienbein ziehen und mit geradem Rücken etwas nach vorn beugen, die Hände können auf den Oberschenkel gestützt werden. Das spüren Sie in der Beinhinterseite. Ein paar Atemzüge halten, dann beim anderen Bein.

5. Wieder einfach gerade hinstellen. Diesmal verlagern Sie das Gewicht auf ein Bein und nehmen das andere nach hinten hoch, Knöchel mit der Hand fassen und Ferse zum Po ziehen. Das merken Sie vorn im Oberschenkel, und wenn Sie das Becken etwas nach vorn kippen (Mini-Hohlkreuz) auch in der Hüfte. Wieder ein paar tiefe Atemzüge halten und dann das Selbe mit dem anderen Bein.

Diese fünf leichten Übungen dauern nur ein paar Minuten, Sie können sie auch einzeln machen. Zwischendurch können Sie hin und wieder das Becken nach hinten (Mini-Hohlkreuz) und nach vorn (Lendenwirbelsäule etwas „einrollen“, rund machen) kippen, ein paar Mal abwechselnd. Das ist gut für den gesamten Rücken. Schultern nach hinten kreisen lassen entspannt die Schultern und den Nacken.

Wie Sie sehen, ist es möglich, Ihrer Gesundheit schon ganz nebenbei viel Gutes zu tun. Dabei steht kein strikter Trainingsplan im Vordergrund, sondern Ihr Wohlbefinden. Also legen Sie einfach los!

Autor: Amalie für CSN – Chemical Sensitivity Network, 12. Mai 2009

Weitere interessante Artikel von Amalie:

Multiple Chemical Sensitivity (MCS) im Duden, Brockhaus und Schulbuch aufgeführt

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MCS ist in Standardwerke für Allgemeinwissen eingeflossen

Wer bis heute nicht weiß, was sich hinter dem Begriff MCS – Multiple Chemical Sensitivity (Chemikalien-Sensitivität) verbirgt, oder wie er geschrieben wird, kann sich in den Standardwerken des Wissens orientieren. MCS ist längst keine völlig unbekannte, seltene Krankheit mehr, und demzufolge haben auch Duden, Brockhaus und ein Klett Schulbuch eine Beschreibung in ihre Publikationen integriert.

Was MCS ist, kann man mit Klett bereits in der Schule lernen
Im Klett Schulbuch „Impulse Physik 2“ für die Physik Mittelstufe Gymnasium in Baden-Württemberg gab es laut Verlag 2008 erstmals im Kapitel Diffusion und Teilchenbewegung einen Kapitelanstieg, in dem auf die MCS Problematik (didaktisch vereinfacht) aufmerksam gemacht wird:

Teilchenbewegung und Temperatur
Parfümeure entwickeln Düfte nicht nur für Produkte der Körperpflege, sondern auch für die sogenannte Produktparfümierung in Reinigungs-, Toiletten- und Haushaltsartikeln sowie Nahrungsmitteln und sogar Fahrzeugen. Dazu stehen ihnen 200 natürliche und rund 2000 synthetische Duftstoffe zur Verfügung. Immer mehr Menschen reagieren auf solche Stoffe allergisch, sie entwickeln eine „Multiple Chemikaliensensitivität“ (MCS). Wieso ist es so schwer, sich als Allergiker solchen Duftstoffen zu entziehen?….

Wie wird das geschrieben? Schau doch im Duden nach…
Nicht wissen, wie etwas geschrieben wird oder was eine Abkürzung bedeutet? „Dann schau doch im Duden nach“, dürfte wohl eine der gängigsten Antworten lauten. Seit 1880 gibt es den Duden. Das Wörterbuch erscheint derzeit in zwölf Bänden nach Fachgebieten sortiert. Trotz Internet ist der Duden das Wörterbuch schlechthin geblieben.

Was sich hinter der Abkürzung MCS verbirgt, ist im Duden Wörterbuch für Abkürzungen auf S. 274 folgendermaßen zu finden:

MCS – Multiple Chemical Sensitivity

Brockhaus steht für Wissen
Der Brockhaus ist eine seit dem 18. Jahrhundert existierenden Enzyklopädie und das wohl bekannteste deutsche Nachschlagwerk. Der „Große Brockhaus“ durfte bis zum Durchbruch des Computerzeitalters in keiner Familie fehlen. MCS ist im Brockhaus unter „Umwelt- und Zivilisationskrankheiten“ aufgeführt.

Umwelt- und Zivilisationskrankheiten

Untertitel:
Ein Preis für Wohlstand und Fortschritt?
Gesundheitsgefährdungen in den Industrienationen

Stichwörter:
Schadstoffe, Strahlung, Sick-Building-Syndrom, MCS, Holzschutzmittel, Wohlstandskrankheiten

Kurzfassung:
Da sich Lebensstil und Umwelteinflüsse in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt haben, treten zunehmend Krankheitsbilder auf, die bei Naturvölkern selten sind oder ganz fehlen. Zu den umweltbedingten Krankheitsursachen gehören nur schwer beeinflussbare äußere Bedingungen wie Lärm und der Schadstoffgehalt von Luft und Lebensmitteln. Aber auch der Lebensstil des Einzelnen, Nahrung und Genussmittel können zur Entstehung von Krankheiten beitragen.

Vorbei die Zeiten, in denen es hieß: „MCS, kenne ich nicht“
Langsam dringt der Krankheitsbegriff ins Allgemeinwissen der Bevölkerung ein. Noch vor Jahren wusste kaum jemand in Deutschland, was sich hinter der Abkürzung „MCS“ oder dem Begriff „Multiple Chemical Sensitivity“ verbirgt.

Spricht man heute mit Mitmenschen, weiß zwar nicht jeder, welche Krankheit und wie viel Elend sich hinter diesen drei Buchstaben verbergen, doch werden es stetig mehr Menschen, die nicht nur wissen, was „MCS“ bedeutet, sondern Personen persönlich kennen, die chemikaliensensibel sind. Manche Gesprächspartner berichten sogar spontan, dass sie selbst z. B. Parfum, Zigarettenrauch, frisch gestrichene Farbe oder die morgendliche Tageszeitung „nicht abhaben können“ und sich bei ihnen Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Konzentrationsstörungen oder andere Beschwerden einstellen.

Wo und von welcher relevanten Institution  MCS im Internet aufführt wird, ist demnächst im CSN Blog zu erfahren.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 11. Mai 2009

Literatur:

  1. Klett Verlag, Impulse Physik 2, Kapitel Teilchenbewegung und Temperatur, S. 146, Feb. 2008
  2. Duden, MCS – Multiple Chemical Sensitivity, Das Wörterbuch der Abkürzungen, 5. Auflage, s. 274, 2005
  3. Brockhaus, MCS – Multiple Chemical Sensitivity, Infothek, Aktuelle Version 2009
    Anm: Die 5-seitige Langfassung kann man für 2.50 € direkt bei Brockhaus bestellen.

Trigeminale Chemorezeption – Bedeutung als eine Ursache für Chemical Sensitivity

Neuronen

Eine spezielle Möglichkeit des Körpers, chemische Substanzen wahrzunehmen, ist die Chemorezeption.

Feron et. al. betonen in [1] die Bedeutung der Chemorezeption als dominantes Fenster des Gehirns zur Außenwelt sowie die der sich schnell entwickelnden nasalen Neurotoxikologie, die sich mit der Toxikologie der olfaktorischen und trigeminalen Nerven befasst. Bessere Einsichten in die Prozesse, die neurogener Inflammation zugrunde liegen, könnten ihrer Ansicht nach unser Wissen über die Ursachen der verschiedenen Chemical Sensitivity Syndrome verbessern.

Daher hier ein Beitrag zu dem in Darstellungen häufig vernachlässigten Thema der Chemorezeption. Es ist, neben dem Geschmacks- und dem Geruchssystem, das dritte chemosensorische System.

Ein Sinnesorgan, das auf chemische Stimuli reagiert, wurde erstmals 1912 von G.H. Parker beschrieben. Er nannte es „common chemical sense“, mittlerweile spricht man von „Chemesthesis“. Es handelt sich dabei nicht um ein unabhängiges sensorisches System, sondern besteht aus Nervenendungen, die eine Untergruppe der schmerz- und temperaturempfindlichen Nervenfasern bilden und sich durchgängig in der Haut und den Schleimhäuten befinden.

Wachposten für schädliche chemische Stimuli

Man kann das System als eine spezialisierte Komponente des schmerz- und temperaturempfindlichen somatosensorischen Nervensystems in Kopf und Nacken betrachten. Die gegenüber irritierenden Substanzen empfindlichen Schmerzrezeptoren des trigeminalen Systems helfen dabei, den Organismus auf potentiell schädliche chemische Stimuli aufmerksam zu machen, die eingeatmet wurden oder mit dem Gesicht in Kontakt gekommen sind.

Die peripheren Rezeptorneuronen und ihre zugehörigen Nervenendungen werden typischerweise erst durch relativ hohe Konzentrationen irritierender Chemikalien aktiviert, die in direkten Kontakt mit den Schleimhäuten des Kopfes, inklusive Mund, Nase und Augen kommen. Zu den Stimuli des trigeminalen Chemorezeptorsystems gehören Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid, Ammoniak, Alkohol, Aldehyde, Essigsäure, Kohlendioxid, Menthol und Capsaicin (Pfeffer, Chili). Mit der Ausnahme von Capsaicin und sauren Stimuli, die beide kationselektive TRP-Kanäle (spezielle Rezeptoren auf den Nervenfasern) aktivieren, ist bisher wenig über die Reizübertragungsmechanismen für irritierende Substanzen und die zugehörige zentralnervöse Weiterverarbeitung bekannt. Alle genannten Substanzen können auch über das Geschmacks- und Geruchssystem wahrgenommen werden. Die Wahrnehmungsschwelle ist aber für die Rezeptoren des trigeminalen Chemorezeptorsystems deutlich höher.

Nerven reagieren auf chemische Stimuli
Beim Menschen ist das beste Beispiel für dieses System der chemosensitive Zweig des Trigeminusnervs (der 5. kraniale Nerv). Obwohl auch freie Nervenendungen von anderen kranialen und spinalen Nerven auf chemische Stimuli reagieren, ist der trigeminale Zweig der am besten erforschte. Er besteht aus polymodalen (durch verschiedene Arten von Reizen (z.B. Temperatur, Druck, chemische Reize) aktivierbaren) schmerzempfindlichen Neuronen und deren Axone (unmyelinierte C-Fasern) im Trigeminusnerv und in geringerem Maß aus entsprechenden Neuronen, deren Axone den Zungen-Rachen-Nerv bzw. den Vagusnerv entlanglaufen.

Die trigeminalen Nervenfasern finden sich innerhalb oder unter Epithelzell-  (Deckgewebe-)schichten, wodurch sie für eventuelle Stimuli weniger gut zugänglich sind, als olfaktorische oder gustatorische (Geschmacks-) Rezeptoren. Zwischen den Epithelzellen reichen einige dieser Fasern fast bis zur Oberfläche und enden erst wenige Mikrometer unter den von engen Zellverbindungen gebildeten Grenzlinien zwischen den Zellwänden.

Um trigeminale Nervenendungen zu stimulieren, müssen die Stimuli daher erst entweder die Lipidphase (der fettfreundliche Teil) der Zellmembranen von Epithelzellen oder die wässrige Phase in den engen Zellzwischenräumen überwinden. Hydrophobe (Wasser abstoßende) Substanzen nutzen primär die Lipidphase, und Fettlöslichkeit ist daher ein wichtiger Faktor für die Effizienz hydrophober irritierender Substanzen. Allerdings beschränkt sich die Empfindlichkeit der Chemorezeption nicht auf hydrophobe Substanzen. Bisher ist nur ein kleiner Teil der rezeptiven Mechanismen bekannt.

Rezeptoren aktivieren Nerven
Das derzeit am besten verstandene Beispiel für die Aktivierung der trigeminalen Nerven ist der Capsaicinrezeptor. Capsaicin enthält einen vanilloidähnlichen Teil, weshalb der Rezeptor als Vanilloidrezeptor VR1 bekannt ist. Die Aktivierung von VR1 führt durch Depolarisierung des Axons zu einem kleinen Stromimpuls in der Nervenfaser, der dann ans Zentralnervensystem weitergeleitet wird. VR1 ist ein gutes Beispiel für einen polymodalen Rezeptor, der nicht nur durch Capsaicin, sondern auch durch Hitze und niedrige pH-Werte aktiviert werden kann. Ein weiterer polymodaler Rezeptor ist der Mentholrezeptor CMR1, der sowohl von Menthol als auch Kältereizen aktiviert wird. Ähnlich wie VR1 bei Stimulation durch Capsaicin zu einer „heißen“ Sensation führt, bewirkt Menthol bei CMR1 eine „kalte“ Empfindung. Der VR1 und der CMR1 Rezeptor sind strukturell mit der TRP (Transient Receptor Potential)-Rezeptorfamilie verwandt.

Spezielle Subtypen von Rezeptoren für körpereigene Substanzen wie ATP, Histamin, 5HT und Acetylcholin scheinen auch von den trigeminalen Neuronen gebildet zu werden. Im Falle von Acetylcholin scheint es mehr als einen Subtyp des nikotinischen Acetylcholinrezeptors (NnAChR) zu geben. Letzterer bewirkt auch die Empfindlichkeit gegenüber Nikotin.

Die Tatsache, dass viele irritierende Substanzen lipophil (fettlöslich) sind, legt die Vermutung nahe, dass es noch einen anderen Weg für die direkte Aktivierung trigeminaler Nervenendungen gibt, der nicht auf Rezeptoren angewiesen ist. Fettlösende Substanzen depolarisieren die Nervenendungen möglicherweise, indem sie die doppelte Lipid (Fett-) membran der Nervenendungen schädigen und so einen Ioneneintritt ermöglichen. Alternativ könnten auch diskrete Ionenkanäle entstehen.

Indirekte Stimulation reicht aus
Einige Stimuli benötigen keine direkte Interaktion mit einem Rezeptor, sondern stimulieren die Nervenendungen indirekt. Diese Stoffe müssen, nachdem sie in die Epithelzellschichten eingedrungen sind, erst verstoffwechselt werden und dabei eine aktive Substanz erzeugen. Das beste Beispiel hierfür ist Kohlendioxid.

Viele gut bekannte stechend wirkende Stoffe aktivieren die trigeminalen Nervenendungen vermutlich auf solch einem indirekten Weg, z.B. Aldehyde, Ketone, und Ester wie Benzaldehyd und Cyclohexanon sowie Äthylazetat.

Die trigeminalen Nervenendungen werden aber auch durch im Körper entstehende Substanzen aktiviert, die bei Gewebeschädigungen freigesetzt werden. Auch entzündliche Prozesse können dazu beitragen.

Die meisten chemosensorischen Informationen vom Gesicht, der Kopfhaut, der Hornhaut des Auges und der Schleimhäute des Mundes und der Nase werden über die drei wesentlichen sensorischen Zweige der Trigeminusnervs übertragen: den ophtalmischen, maxillaren und mandibularen Zweig ( vgl. nochmals #) Das zentrale Ziel dieser afferenten (zum Hirn hinführenden) Nerven ist der Trigeminus Nukleus im Rückenmark, der die Informationen über einen Nukleus des Thalamus an das Großhirn weiterleitet. Durch Exposition gegenüber irritierenden Substanzen wird eine ganze Anzahl von physiologischen Reaktionen ausgelöst, die vom trigeminalen Chemorezeptorsystem reguliert werden. Dazu gehören erhöhter Speichelfluss, Gefäßerweiterung, Tränenfluss, nasale Sekretion, Schwitzen, Verringerung der Atemfrequenz und Verengung der Bronchien. Einige der ausgelösten Schutzreflexe, die dazu dienen, den Körper aus der vermeintlichen Gefahrenzone zu bringen, gehören zu den stärksten, die wir haben.

Während einige der vorgenannten physiologischen Reaktionen von der trigeminalen Aktivierung autonomer Nervenfasern über das ZNS herrühren, gibt es daneben auch noch den Vorgang des Axonreflexes. Eine Untergruppe der capsaicinsensitiven trigeminalen Fasern geben bei Stimulation das vasoaktive (die Gefäßweite beeinflussende) Neuropeptid Substanz P (SP)  und CGRP (calcitonin gene related protein) ab. Außerdem wird ein Signal in Richtung des trigeminalen Ganglions und des ZNS gesendet. Beim Axonreflex kann dieses Signal auch zu einer in die andere Richtung wirkenden Erregung anderer Zweige des Axons führen, was dann zur Freisetzung von Neuropeptiden durch alle Zweige des betreffenden Neurons führt. Dies hat weiter Gefäßerweiterung und das Auslaufen von Plasma zur Folge, womit gewebsschützende Effekte verbunden sind.

Trigeminale Stimulation beeinträchtigt Geschmackssystem
Es gibt Hinweise darauf, dass orale trigeminale Stimulation die Funktion des Geschmackssystems modifiziert (vgl. die Geschmacksbeeinträchtigung durch Cyclohexanon (s.o.) die in dem kürzlich erschienenen Blogbeitrag beschrieben wird. Der Hauptautor hatte das selbst erlebt und sagte: „Ich bin ein Schokoladenjunkie und nach meiner Bypassoperation schmeckte alles fürchterlich und Schokolade schmeckte monatelang wie Holzkohle.“ Ähnlich wurde gezeigt, dass die lokale Freisetzung von Neuropeptiden nach nasaler Stimulation die Funktion des Geruchssystems verändert. Trigeminale Stimulation vermindert die Empfindlichkeit des Geruchssinns. Weiter wird auch die Funktion des Riechkolbens beeinflusst. Substanz P und CGRP enthaltende Nervenendungen innervieren auch den Riechkolben bis hin zur Glomerularschicht. Einige dieser Nervenfasern sind Seitenzweige von Fasern, die man auch in der Nasenschleimhaut findet. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Modulation des Riechkolbens durch trigeminale Stimulation über den Axonreflex erfolgt, ohne eine Weiterschaltung durch die trigeminalen sensorischen Nukei im Hirnstamm zu benötigen.

Vor kurzem wurden spezielle chemorezeptive Zellen bei Mäusen gefunden, wodurch sich das Spektrum der chemorezeptiven Mechanismen weitert vergrößert hat. Darüber werde ich kurz in einem späteren Beitrag berichten.

Autor: Karlheinz für CSN – Chemical Sensitivity Network, 11. Mai 2009

Literatur:
Neuroscience, Fourth Edition, Edited by Dale Purves, George J. Augustine, David Fitzpatrick, William C. Hall, Anthony-Samuel LaMantia, James O. McNamara, and Leonard E. White, Sinauer 2008 (Die komplette zweite Auflage eines Buchs über Neuroscience gibt es unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/bv.fcgi?call=bv.View..ShowTOC&rid=neurosci.TOC&depth=10 . Um einzelne Themen aufzurufen Stichwort bei der Suchfunktion eingeben. Unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/entrez?db=books findet man weitere gehaltvolle Bücher, die man durchsuchen kann.)
Alimohammadi Hessamedin, Wayne L. Silver, Chemesthesis: Hot and Cold Mechanisms, Chemosense, Vol. 4 No.2 March 2002.
[1] Feron VJ, Arts JH, Kuper CF, Slootweg PJ, Woutersen RA., Health risks associated with inhaled nasal toxicants. Crit Rev Toxicol. 2001 May;31(3):313-47. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11405443
Links: a) http://www.csn-deutschland.de/blog/?s=TRP , b) in CSN Suchfunktion „trigeminal“ eingeben http://www.csn-deutschland.de.