Helmholtz Seminar: Existenz von Multiple Chemical Sensitivity Beweis, dass Grenzwerte nicht funktionieren

Chemikalien-konnen-krank-machenIm vergangenen Jahr fand ein Presseseminar des Helmholtz Institut zum Thema Human-Biomonitoring in Frankfurt statt, zudem jetzt die Pressenachlese veröffentlicht wurde. Es wurde darüber erörtert, welche Auswirkungen eintreten, wenn Chemikalien nur in geringen Konzentrationen vorliegen und Menschen ihnen jedoch über längere Zeit ausgesetzt sind. Oder wie es sich auswirkt, wenn mehrere Stoffe gleichzeitig vom Menschen aufgenommen werden und ob mögliche Kombinationswirkungen in der Risikobewertung berücksichtigt werden. Im Rahmen dieser Veranstaltung sprach u.a. der Umweltmediziner Dr. Wolfgang Stück aus Koblenz über die Umweltkrankheit Multiple Chemical Sensitivity, meist kurz MCS genannt. Internationale Studien gehen seit Jahren davon aus, dass etwa 15-30% der Bevölkerung auf Alltagschemikalien in geringster Konzentration mit vielfältigen körperlichen Beschwerden reagieren.

Chemikalien zeigen auch im Niedrigdosisbereich Wirkung
Renommierte Experten setzten sich im Rahmen eines Presseseminars der Informationsstelle Human-Biomonitoring im Helmholtz Zentrum München damit auseinander, welchen Einfluss Chemikalien im Niedrigdosisbereich auf den Menschen haben. Zu den Referenten gehörte auch die Wissenschaftlerin Prof. Regine Kahl vom Institut für Toxikologie an der Universität Düsseldorf. Sie definierte den Begriff „Niedrigdosisbereich“ sehr anschaulich:

„Niedrigdosisbereich“ sei ein  Dosisbereich, in dem eine chemische Substanz mit bekannter Giftwirkung in einer überschaubaren Personengruppe keine während der Beobachtungszeit erkennbaren Gesundheitsschäden hervorruft. In ihrem Vortrag erörterte die Wissenschaftlerin auch die Frage von Kombinationswirkungen von niedrigen Dosen chemischer Substanzen. Ob „null plus null gleich null“ sei, entscheide sich nach heutiger Vorstellung laut Prof. Kahl dadurch, ob die beiden beteiligten Substanzen den gleichen Wirkungsmechanismus und Angriffspunkt haben. In einem solchen Fall addieren sich nämlich ihre Wirkdosen und man spricht dann von Dosisadditivität.

Bei voneinander unabhängigen Wirkungsmechanismen erwarte man, dass die Toxizität durch den Kombinationspartner mit der höchsten Wirkdosis bestimmt ist. Wenn Kombinationspartner miteinander interagieren, dies sei zum Beispiel der Fall,  indem der eine Stoff die Entgiftung des anderen beschleunigt oder verlangsamt, dann kann es zu Wirkungsverstärkungen oder Wirkungsabschwächungen kommen, legte Prof. Kahl dar. Man spricht dann von Synergismus oder Antagonismus.

MCS, ein Beweis dafür, dass Grenzwerte nicht funktionieren
Auf der Tagung des Helmholtz Institut, dem deutschen Forschungsinstitut für Umwelt und Gesundheit, sprach auch der Umweltmediziner Dr. Wolfgang Stück (Ökologischer Ärztebund). Der Arzt aus Koblenz fasste sich in klare Worte und brachte seine Einschätzung vor.

Dr. Stück warnte vor dem unkritischen Einsatz von Chemikalien in der Umwelt. Seiner Ansicht nach werden Grenzwerte oft auf einer unsicheren Basis festgelegt: „Die Umweltmedizin gäbe es nicht, wenn die Grenzwerte immer funktionierten“, betonte Dr. Stück und wies darauf hin, dass durch die Belastung mit verschiedensten Chemikalien Komplexkrankheiten wie MCS (Multiple Chemical Sensitivity) hervorgerufen werden können.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 20. Mai 2009

Literatur: Helmholtz, Nachlese: Presseseminar in Frankfurt, 19.2.2008

4 Kommentare zu “Helmholtz Seminar: Existenz von Multiple Chemical Sensitivity Beweis, dass Grenzwerte nicht funktionieren”

  1. Juliane 25. Mai 2009 um 12:28

    Unter den vom Veranstalter angegebenen weiteren Hinweisen findet man leider keine pdf über Herrn Dr. Stücks Ausführungen bei derVeranstaltung.

    Es war ein Presse-Seminar?

    Lediglich die WELT hatte über dieses Presse-Seminar berichtet.

    Andrea Exler schrieb

    Wie gefährlich sind kleine Mengen Gift?

    „Mancher Umweltmediziner wirkt alarmiert: „Egal, ob Baustoffe oder Ausdünstungen aus Teppichen – wir leben mit vielen Substanzen, deren langfristige Wirkung auf den menschlichen Körper nicht erforscht ist“, glaubt Wolfgang Stück vom Ökologischen Ärztebund. Immer mehr Patienten seien umweltkrank

    Das Problem: Der Umweltmediziner glaubt tatsächlich nur an eine schädliche Wirkung, wissen kann er es nicht. Denn ob kleinste Mengen solcher Substanzen die Gesundheit tatsächlich schädigen, lässt sich nicht zweifelsfrei belegen. Gerade was Migräne und depressive Verstimmung betrifft, gibt es eine Fülle von Studien, die andere Ursachen plausibel erscheinen lassen: für Migräne etwa Stress, Muskelverspannungen, histaminhaltige Lebensmittel, Schlafmangel, gefäßerweiternde Medikamente. Selbst Übergewicht ist ein Risikofaktor.

    „Bei der Grenzwertermittlung wird von einem statistischen Idealmenschen ausgegangen“, monierte Umweltmediziner Stück auf einem Seminar des Helmholtz-Zentrums München für Umwelt und Gesundheit zum Thema. „Die Situation von Kindern, Schwangeren oder Menschen mit besonderen Essgewohnheiten bleibt unberücksichtigt.“ Toxikologen würden dem allerdings widersprechen, denn gerade um besondere Risikogruppen zu schützen, werden die Grenzwerte um den Faktor 100 unter jenen Konzentrationen angesetzt, die in den Tests gerade noch eine Wirkung zeigten.“

    http://www.welt.de/wissenschaft/article2038804/Wie_gefaehrlich_sind_kleine_Mengen_Gift.html

    Na ja. Es ist jschon absolut progressiv, dass dieInformationsstelle Human-Biomonitoring mal jemand zu Wort kommen lässt, der nicht nur mit elaboriertem Code den üblicherweise Drittmittel-restringierten Code tarnt.

    Und dass dann auch noch eine Zeitung darüber schreibt. Also das ist angesichts der Verhältnisse schon superkalifragelistischexpialigetisch.

  2. Mary-Lou 25. Mai 2009 um 12:43

    Danke für diesen sehr aussagekräftigen Blog. Gut dass das Helmholtz-Institut inzwischen auch die Brisanz der Wirkung von Chemikalien auf unsere Gesundheit erkennt und Fakten zum Thema MCS – Multiple Chemical Sensitivity, beim Namen nennt.

  3. Juliane 25. Mai 2009 um 18:40

    Hallo Mary-Lou,

    Helmholtz ist auch manchmal für eine Überraschung gut:

    Klinische Kooperationsgruppe Umweltdermatologie und
    Allergologie
    ZAUM – Zentrum Allergie und Umwelt an der Klinik
    für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der
    Technischen Universität München“

    http://www.helmholtz-muenchen.de/neu/Aktuelles/jahresbericht/2004/061_066_palm_akt.pdf

    Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zu letzt.
    Also vielleicht sollten wir bei Helmholtz doch noch weiter hoffen?

  4. Astrid 27. Mai 2009 um 17:37

    Das finde ich sehr gut, dass Herr Dr. Stück über MCS gesprochen hat.
    Er ist auch im Vorstand des Ökologischen Ärztebundes.
    http://www.oekologischer-aerztebund.de/htm/vorstand.htm
    Das ist doch wirklich mal eine gute Nachricht. Komisch, dass man da nie mal was gehört hat. Da waren doch bestimmt ganz viele Journalisten.

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