Chemikalien-Sensitivität: Solitäre chemosensitive Zellen entdeckt

Gehirn Neuronen

Dr. Lin und Kollegen von der Universität von Colorado entdeckten 2007, dass eine spezielle Zellsorte, die bei vielen Säugetieren in großer Zahl am Eingang der Nasenhöhle vorkommt, eine wichtige und bislang unbekannte Rolle bei der Wahrnehmung irritierender und potentiell gefährlicher Gerüche spielt und speziell der Chemorezeption dient.

Ähnliche solitäre chemosensorische Zellen wurden vorher schon in den Nasenhöhlen, den Atemwegen und dem gastrointestinalen Trakt vieler Säugetiere und auch bei Fischen, Fröschen und Alligatoren gefunden. Die Wissenschaftler halten es für wahrscheinlich, dass sie auch bei Menschen vorkommen. Vor dieser Entdeckung dachte man, die irritierenden Substanzen könnten die trigeminalen Nervenenden nur direkt stimulieren.

„Diese erstklassige Forschungsarbeit korrigiert eine fälschliche Ansicht darüber, wie irritierende Gerüche wahrgenommen werden und erweitert unser Verständnis des Geruchssinns.“ Sagte James F. Battey von dem National Institute on Deafness and Other Communication Disorders (NIDCD), das die Studie finanziert hatte. „Weitere Untersuchungen könnten zu einem besseren Verständnis darüber führen, warum manche Personen außergewöhnlich sensibel auf irritierende Gerüche reagieren.“

Die solitären chemosensitiven Zellen an der Oberfläche der Nasenhöhle befinden sich in engem Kontakt mit trigeminalen Nervenfasern, die direkt unter der Oberfläche enden. Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass diese Zellen Rezeptoren für bitteren Geschmack enthielten und dass bittere Substanzen, wenn auf die Oberfläche der Nasenhöhle aufgebracht, eine trigeminale Reizantwort auslösen können.

Dies bewog Drs. Restrepo und Finger zu untersuchen, ob diese Zellen auch auf irritierende Gerüche reagieren. Die Wissenschaftler verwendeten nasales Gewebe von Mäusen und maßen eine Anzahl von Veränderungen in den solitären chemosensorischen Zellen, während sie sie hohen und niedrigen Konzentrationen verschiedener irritierender flüchtiger chemischer Substanzen aussetzten. Ihre Messungen zeigten, dass die Zellen auf die Substanzen reagierten und sensorische Informationen an trigeminale Nervenfasern weitergaben.

Die Wissenschaftler erklärten, dass diese Architektur des Nasengewebes mit solitären chemosensorischen Zellen auf der Oberfläche und trigeminalen Nervenfasern unmittelbar darunter es der Nase ermöglicht, eine größere Anzahl irritierender Gerüche wahrzunehmen.

Die Wissenschaftler hoben hervor, dass ihre Ergebnisse ein Beispiel für das „Gesetz der spezifischen Sinnesenergien“ ist, dass 1826 von Johannes Peter Müller aufgestellt wurde. Müller sagte, dass die Art und Weise, wie wir einen Reiz empfinden, von dem Nerv oder sensorischen System abhängt, dass ihn vermittelt, und nicht von der Natur des Reizes an sich.

Im Falle irritierender Gerüche nehmen wir dieselben als irritierend wahr, weil die Nachricht über ihr Vorhandensein über den stimulierten Trigeminusnerv weitergeleitet wird, was das Gehirn dazu veranlasst, diese Nachricht als Schmerz anstatt als Geruch wahrzunehmen.

Autor: Karlheinz für CSN – Chemical Sensitivity Network, 11. Mai 2009

Literatur:

Irritating Smells Alert Special Cells, NIH-Funded Study Finds, NIH News, March 04 2008

TRPM5-Expressing Solitary Chemosensory Cells Respond to Odorous Irritants, Weihong Lin, Tatsuya Ogura, Robert F. Margolskee, Thomas E. Finger and Diego Restrepo, J Neurophysiol 99:1451-1460, 2008. First published Dec 26, 2007; doi:10.1152/jn.01195.2007

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7 Kommentare zu “Chemikalien-Sensitivität: Solitäre chemosensitive Zellen entdeckt”

  1. Maria 19. Mai 2009 um 12:50

    Danke Karlheinz für Deinen erneuten sehr informativen Bericht.

    Man sollte diese Erkenntnisse an sämtliche deutsche HNO-Ärzte, Rentengutachter und Umweltmediziner weiterleiten, damit den Patienten eine Diagnostik nach neustem Kenntnisstand widerfährt und vielerlei Fehlbeurteilungen, die den Kranken keinesfalls dienlich sind, endlich ein Ende finden.

  2. Domiseda 19. Mai 2009 um 18:01

    Vielen herzlichen Dank an Karlheinz und auch an Maria für den Kommentar!

  3. Henriette 19. Mai 2009 um 21:52

    Danke auch von mir Karlheinz. Deine Blogs bringen immer wichtige neue Erkenntnisse, die genau auf meine Beschwerden passen. Diese Informationen sollten wirklich an entsprechende Stellen weitergereicht werden, damit endlich fortschrittliche Diagnosen gestellt werden, anstatt sich weiterhin auf längst überholte Ansichten zu stützen.

    Herzliche Grüsse
    Henriette

  4. Juliane 20. Mai 2009 um 12:02

    Wie schade, dass sich hier zu Lande Niemand so recht für das Thema interessiert. Dabei haben wir doch auch Experten. Zum Beispiel an der Ruhr-Universität Bochum. Den Inhaber des Lehrstuhls für Zellphysiologie Prof. Dr. Dr. Dr. habil. Hanns Hatt .
    http://www.cphys.rub.de/
    http://www.uv.ruhr-uni-bochum.de/pvz-planung/i3v/00032900/01475422.htm

    Vielleicht sollten wir mal in Bochum anfragen, was da zukünftigt so alles geforscht werden soll?

  5. Lucca 20. Mai 2009 um 17:37

    Danke Karlheinz, Dein Artikel trägt erheblich zum besseren Verständnis von Chemical Sensitivty / MCS bei. Sind Dir deutsche Ärzte, Wissenschaftler bekannt, die sich mit dem Thema auseinandersetzen?

  6. Supergirl 21. Mai 2009 um 11:21

    Auch von mir ein großes Dankeschön, Karlheinz. Das Thema ist überaus interessant und wichtig. Ich hoffe sehr, dass Deine Ausführungen auch von den „richtigen“ Leuten gelesen werden, damit sich bei der MCS-Diagnosestellung auch in Deutschland Fortschritte einfinden und MCS endlich als das eingestuft wird, was es auch tatsächlich ist und die Zeit der Unwissenheit bzw. der Fehlinterpretationen endgültig der Vergangenheit angehören.

    Grüsse

  7. Waschbär 24. Mai 2009 um 22:21

    Bei MCS – Chemikalien-Sensitivität gibt es noch viel Forschungsbedarf. Nur in Deutschland scheint man nicht am Thema interessiert, hier tut sich rein gar nichts, sozusagen tote Hose.

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