Wie wird mein Auto safe?  
 
Silvia K. Müller / CSN

Für die meisten Chemikaliensensiblen ist die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder nur unter Inkaufnahme schwerer Reaktionen möglich. Die Verwendung von Desinfektionsmitteln und Pestiziden in Flugzeugen und Zügen stellen nur einen Teil der unüberwindlichen Problematik dar. Mitreisende, die parfumiert sind, Diesel-, Kerosinabgase, Reinigungsmittel und unvorhersehbare Expositionsquellen stellen das andere Pendant.

Daher kann sich jeder Chemikaliensensible glücklich schätzen, der ein eigenes Fahrzeug besitzt welches "safe" ist. Da es nicht selbstverständlich ist, dass ein Auto schadstofffrei ist, sondern die meisten Fahrzeuge ein Konglomerat an toxischen Substanzen ausgasen, ist der Bedarf an Lösungen für dieses Problem gross. Anhand der nachfolgenden Checklisten und praktischen Lösungsvorschläge dürfte es jedoch in den meisten Fällen möglich sein, eine Verbesserung der Wageninnenraumluft und somit ein sichereres Fahren zu erzielen.

Checkliste für den Autokauf:
- Keinen Neuwagen kaufen, es können Chemikalien, die den MAK-Wert um ein mehrfaches übersteigen über Monate hinweg ausgasen
- Kein Fahrzeug unter 10 000km kaufen
- Darauf achten, dass der Hersteller keine oder nur geringe Recyclinganteile im Innenraummaterial verwendet
- Kein Fahrzeug kaufen, welches frisch shampooniert wurde, in dem Neuwagen-, Cockpitspray, etc. zur Anwendung kamen
- Kein Raucherauto kaufen
- Kein Fahrzeug mit Duftbäumchen (gibt es in den verschiedensten Duftrichtungen, hängen am Spiegel) kaufen. Der Geruch ist signifikant und verfliegt nicht vollständig, sondern giftet bei Sonneneinstrahlung neu auf
- Kein Fahrzeug mit Parfumgeruch kaufen. Diese giften häufig je nach Chemikalienkombination bei Sonneneinstrahlung, erhöhter Luftfeuchtigkeit oder Kälte erneut auf
- Schauen Sie ob der Motorraum ölig ist. Ist dies der Fall, muss man mit Ausdünstungen rechnen, wenn das Auto warmgefahren ist
- Riecht die Heizung, bzw. Klimaanlage?
- Ist der Fussraum und Kofferraum trocken? Matten anheben. Ansonsten ist mit Schimmelpilz zu rechnen
- Riecht der Teppichboden, bzw. die Polster stark chemisch?
- Sind Tierhaare im Auto zu finden? Bei Feuchtigkeit wird z.B. Hundegeruch wieder zu Tage treten

Innenraum / Luftfilterung:
- Bei einem Auto mit Klimaanlage ist es möglich die Innenraumluft über Umluftzirkulation zu kontrollieren. Beim Kauf ist darauf zu achten, dass die Klimaanlagenluft nicht nach Chemie oder Schimmelpilz riecht.
- Ein Autoluftfilter ist für Chemikaliensensible ab einer bestimmten Sensibilität extrem
wichtig, um gefahrenfrei am Strassenverkehr teilnehmen zu können. Innenstädte mit
hohem Abgas- und Schadstoffgehalt in der Luft, bzw. Industriegebiete, Staus,
Tunnels, etc. sind für diese Personengruppe ansonsten nicht symptomfrei zu durchfahren. Autoluftfilter gibt es mittlerweile in mehreren Preislagen und auf die verschiedenen Sensibilitätsgrade ausgerichtet. Hypersensible, speziell mit Reaktionen auf Chemikalien sollten darauf achten, dass der Filter über eine Aktivkohleeinheit verfügt.
- Für weniger schwer Betroffene reicht bereits der Airsupply Luftfilter zum Umhängen,
der auch mittels Adapter über den Zigarettenanzünder betrieben werden kann.
- Ein weiteres Hilfsmittel stellt eine Aktivkohlefiltermaske dar, die im Bedarfsfall
getragen werden kann. Sie filtert Abgase, wie auch Schadstoffe von aussen. Zusätzlich ist sie essentiell beim Tanken, wie später beschrieben.
- Zur allgemeinen Luftverbesserung helfen auch Zeolithbeutel. Zeolith ist ein aus natürlichem Vulkangestein gewonnener Geruchsabsorber.
- Hunde sollten möglichst nicht im Auto transportiert werden oder nur in einer Box.
- Keinen Reservekanister, Chemikalien oder Spraydosen im Wagen mitführen, sie gasen immer aus. Vorsicht beim Transport von Rasenmähern oder ähnlichem Gerät, welche Benzin enthalten. Nur in einer Wanne transportieren.
- Der Fahrzeuginnenraum sollte regelmässig gesaugt und feucht gereinigt werden, um Staubbelastung und daran gebundene Chemikalien zu minimieren.
- Beim Transport von Flüssigkeiten oder Gegenständen mit Flüssigkeiten darauf achten, dass diese nicht auslaufen können. Evtl. in eine Plastikwanne stellen.
- Sogenannte Pollenfilter, die im Motorraum installiert sind, sollten häufig gewechselt werden und für die feuchte Herbst-, Winterzeit entfernt werden, um einen Schimmelpilzeintrag zu vermeiden.
- Eine muffig riechende Lüftung kann durch Einstreuen von Baking Soda (Kaiser's Natron) in die Ansaugöffnung verbessert werden. Die Lüftung auf alle möglichen Variationen einstellen und durchpusten lassen. Leider ist danach eine gründliche Reinigung des Wageninneren aufgrund des aus den Lüftungsschlitzen ausgetretenen Pulvers erforderlich.

Sitze und Polster
Sollten die Ausdünstungen der Sitze und Polster ein Problem darstellen, kann ein Abdecken mit einem Baumwollbettlaken, oder einem grossen Baumwollhandtuch eine Hilfe darstellen. Auch Schutzbezüge, genäht aus Stoffbarrierenstoff helfen häufig die Ausgasungen zu reduzieren. Sollten diese Massnahmen nicht ausreichen, kann man die Sitze mit einer silberfarbenen Rettungsisolierdecke (Vorsicht: die goldenen dünsten Phenol aus) bedecken und anschliessend mit Stoffbarrierenbezügen ausstatten.

Teppichboden

Sollte der Teppichboden ein Problem darstellen, kann er mit AFM Teppichshampoo, welches speziell für Chemikaliensensible entwickelt wurde, gereinigt werden. Sollte dies nicht ausreichen, kann man ihn zusätzlich mit der AFM Teppich- und AFM Faserversiegelung behandeln. Diese Massnahme sorgt dafür, dass der Teppichboden, der meist mit Fungiziden und anderen Chemikalien ausgerüstet ist, nicht mehr ausgast. (An einer unsichtbaren Stelle ausprobieren, um sicherzustellen, dass sich keine farbliche Veränderung ergibt).

Eine weitere Möglichkeit stellt Zeolith in Pulverform dar, welches man über den Zeitraum von ein paar Tagen über Teppichboden und Polster gestreut belässt. Dieser hochpotente, chemiefreie Geruchs- und Chemikalienabsorber wirkt meist wahre Wunder.

Kunststoff- und Vinylteile im Innenraum
Häufig reicht bereits ein mehrmaliges Abwaschen mit AFM - Superclean Allzweckreiniger, einem Spezialreiniger, der speziell für Chemikaliensensible entwickelt wurde aus, um den typischen Plastikgeruch zu eliminieren. Sobald sich wieder ein Schmierfilm auf den Glasscheiben niedergeschlagen hat, sollte das Procedere wiederholt werden. Eine relativ dauerhafte Alternative stellt die AFM - Hartversiegelung dar. Hierbei handelt es sich um eine Schadstoffversiegelung, die sich wie ein farbloser Schutzfilm über die Oberflächen legt und diese am Ausgasen hindert. (An einer unsichtbaren Stelle ausprobieren, um sicherzustellen, dass sich keine farbliche Veränderung ergibt).

Motorraum
Der Motorraum sollte immer sauber gehalten werden, um Ausdünstungen zu vermeiden. Auf Wachskonservierung, Fettlöser, etc. sollte jedoch verzichtet werden. Normale Dampfstrahlung reicht völlig aus.

Autowäsche
Für die Autowäsche sollte ein geruchsfreies Shampoo oder AFM Superclean verwandt werden. Auf Lackreiniger, - konservierer, Felgenreiniger, etc. sollte verzichtet werden, da sie Lösemittel und Petrochemikalien enthalten, die schwere Reaktionen auslösen können.

Werkstattbesuch - was man beachten sollte
Vor einem Werkstattbesuch sollte telefonisch abgeklärt werden, dass das Auto nicht mit Chemikalien in Kontakt kommen darf. Die Sitze sollten mit Folie oder alten Leintüchern abgedeckt sein. Einweghandschuhe für Arbeiten im Fahrzeuginneren bereitlegen.

Ein in Klarsichtfolie an das Wagenfenster geklebter Merkzettel für die Werkstattmitarbeiter kann ebenfalls vieles ersparen. (Textvorschlag: Dieses Fahrzeug gehört einer Person mit schweren Allergien. Bereits geringster Chemikalienkontakt kann lebensgefährliche Reaktionen hervorrufen. Betreten Sie das Wageninnere nicht, wenn Sie Parfum, After Shave tragen oder geraucht haben. Bitte verwenden Sie keine Chemikalien, tragen Sie die bereitgestellten Einweghandschuhe im Wageninneren. Lassen Sie die Fensterscheiben und Türen im Werkstattbereich nicht unnötig geöffnet. Kein Werkstattlappen im Wageninneren verwenden. Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis für meine etwas ungewöhnliche Situation)

Tanken
Bei langen Strecken muss mehrfach getankt werden, was die Gesamtkörperbelastung drastisch erhöhen, bzw. schwerste Reaktionen hervorrufen kann, welche eine Weiterfahrt gefährlich werden lassen. Es ist daher ratsamer, dass eine nicht sensibilisierte Person das Tanken übernimmt. Zusätzlich reduziert ein Fahrerwechsel die Anstrengung.

Tipps für den Tankvorgang:
- Eine Aktivkohlemaske für den Tankvorgang und für das Bezahlen tragen
- Bei Einfahrt in die Tankstelle Autoluftfilter auf "high" stellen, Lüftung nach aussen schliessen
- Handschuhe (Vinyl oder Nitril, falls man auf Latex reagiert) zum Tanken anziehen, um zu vermeiden, dass das Wageninnere nach dem Tankvorgang kontaminiert wird. Nicht darauf verlassen, dass an der Tankstelle Einweghandschuhe bereitgestellt werden!
- Einweghandschuhe sofort entsorgen, nicht zweimal benutzen
- Beim Aussteigen beachten: nicht in Öl- oder Benzinlachen treten
- Die Zapfpistole auf "langsam" stellen und sich sofort wieder ins Auto setzen und warten, bis der Tankvorgang beendet ist
 
 
 
 
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