Archiv der Kategorie ‘Allergien‘

Gedicht am Sonntag: Muss fliehn…

Muss fliehn


Tag Frau Wolf, wunderbar ihre Blumen blühn!

Oh pardon, ich muss fliehn,

viel zu stark ihr Parfüm.

Tag Herr Schulze, s‘ waren auch schon mal blasser!

Oh pardon, ich muss fliehn,

sie nahmen wohl Rasierwasser?

Tag Frau Meier, wie geht’s denn so?

Oh pardon, ich muss fliehn,

sie kamen wohl grad aus’em bedufteten Klo?

Tag Herr Hase, ihr Auto ist ja ein Kracher!

Oh pardon, ich muss fliehn,

ihre Wäsche riecht nach Weichmacher!

Tag Frau Rot, viel schlanker ihr Bauch!

Oh pardon, ich muss fliehn,

sie riechen nach Zigarettenrauch!

Tag Frau Schneider, Tag Herr Lehmann,

Tag Frau Kunze, Tag Frau Mai –

pardon, pardon, pardon –

ich muss fliehn, ich muss fliehn,

muss fliehn,

fliehn,

fliehn…

Autor: Gerhard Becker, CSN  – Chemical Sensitivity Network, 7. Februar 2010

Weitere Gedichte und Geschichten von Gerhard:

Zeitkritisches Gedicht: Verfluchtes Pack * Gedicht: Was bleibt von mir? * Gedicht: Selbstdiagnose * Gedicht: Nur weil ich hinabsteige * Gedicht: …und dann endlich * Ein Lächeln * Gedicht: Deine Atemzüge * Gedicht zum Blog Action Day: Habe Durst * Gedicht zum Blog Action Day: Immer noch nicht verstehen wollend * Lass uns über Realitäten reden * Maske auf – Eine Sekundengeschichte * Sekundengeschichte: Nur eingecremt…

Professor appelliert zur Rücksichtnahme auf „Kanarienvögel“

 

Professor appelliert zur Rücksichtnahme auf Chemikalien-Sensible

Ein amerikanischer Professor appellierte gestern in der unabhängigen Studentenzeitung der University of New Hampshire zur Rücksichtnahme auf „Canaries“ (Kanarienvögel) in Bezug auf die Benutzung von Chemikalien und insbesondere Duftstoffe. Der Professor meint damit jene Menschen, die unter Chemikalien-Sensitivität leiden und wie einst die Kanarienvögel in den Bergwerken als Indikatoren für giftige Chemikalien anzusehen sind.

Einige amerikanische und kanadische Universitäten verfügen über eine “Scent Free Policy”, d.h. an diesen Universitäten ist die Verwendung von Parfums und duftstoffhaltigen Produkten verboten. Auch Besucher müssen sich danach richten. Durch diese Regelung wird allergischen und chemikaliensensiblen Studenten und Universitätsangestellten ermöglicht, studieren zu können.

Prof. Ihab Farag’s Appell in der Studentenzeitung:

Viele von uns sind vertraut mit Kanarienvögeln, diesen schönen, farbenfrohen Vögeln, die fast die ganze Zeit über singen. Kanarienvögel retteten auch viele Menschenleben in Kohlenminen. Das kommt daher, weil Kanarienvögel wesentlich sensibler auf toxische Gase reagieren als Menschen. Die Bergleute nahmen deshalb die Kanarienvögel mit in die Kohlengruben. Wenn der Kanarienvogel aufhörte zu singen und von der Stange fiel (oder starb), wussten die Bergleute, dass es notwendig sei, die Kohlenmine aus Sicherheitsgründen schnellstens zu verlassen.

Es gibt Personen, die eine sehr starke Empfindlichkeit für viele gängige Chemikalien entwickelt haben. Diese Menschen können durch Rauch, chemische Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel, Rauch von Zigaretten/Zigarren, Abgase von Motoren, Lösungsmittel, etc. sehr negativ beeinträchtigt werden. Diese Personen werden oft als „Kanarienvögel“ unserer modernen Welt bezeichnet, weil ihre Chemikalien-Sensitivität ähnlich der von Kanarienvögeln ist. Die „Kanarienvögel des 21. Jahrhunderts in Menschengestalt“ werden in der Regel durch Parfums, Haarpflegeprodukte, Shampoos, Duschgels, After Shave Lotion’s, Antiperspirants, Deodorants, Hand-Desinfektionsmittel, Lippenpflegestifte, Nagellack, etc. stark in Mitleidenschaft. „Canaries in Menschengestalt“ sehen genauso aus wie andere Menschen und wenn Sie einen sehen, werden Sie es wahrscheinlich nicht merken, dass Er oder Sie ein „Kanarienvogel in Menschengestalt“ ist, bis eine offensiv giftige Chemikalie die Sensitivität der Person auslöst.

Bitte nehmen Sie Rücksicht auf die „Kanarienvögel in Menschengestalt“ und helfen Sie ihnen, dass sie ihr Leben in vollen Zügen genießen können. Eine Möglichkeit, wie Sie den „Canaries in Menschengestalt“ helfen können und gleichzeitig Ihre eigene Exposition gegenüber unerwünschten Chemikalien senken können, ist, duftfrei zu sein: Vermeidung von Parfüms und parfümierten Körperpflegeprodukten.

Autor: Silvia K. Müller, CSN-Chemical Sensitivity Network, 3. Februar 2010

Literatur:

Chemical consideration to the Human Canaries, Ihab Farag, Professor, Chemical Engineering Department, Letter to the editor 02-02-10, The New Hampshire, Independent Student Newspaper at the University of New Hampshire since 1911, 2. Februar 2010

Leben mit Chemikalien-Sensitivität – ein Alltag mit vielen Einschränkungen

Alltag, Normalität - nicht für Menschen mit Chemikalien-Sensitivität

Der Alltag besteht aus vielem, das wir als selbstverständlich hinnehmen. Wir – als gesunde Normalbürger. In unserer Gesellschaft gibt es einen etwa 15%-igen Anteil von Menschen die unter MCS, Chemikalien-Sensitivität leiden. Was von Gesunden als selbstverständlich im Leben erachtet wird, ist für diese Mitmenschen alles andere als selbstverständlich. MCS-Kranke müssen ihren ganzen Tagesablauf vorausplanen, um nicht mit Chemikalien in Kontakt zu geraten. Doch selbst eine gute Vorausplanung ist keine Versicherung, dass ein Tag zu Ende geht ohne doch Reaktionen auf Alltagschemikalien erlitten zu haben. Nachfolgend ein Auszug, was im Leben von Chemikaliensensiblen anders ist, worauf diese Mitmenschen verzichten müssen.

Chemikaliensensible müssen verzichten:

  • Sich mit 99% aller Körperpflegemittel und Kosmetika, die es im Handel gibt, zu waschen, cremen, schminken oder parfümieren, Haare zu färben, tönen, spülen usw. Das gilt auch für die Familienmitglieder, die mit in der Wohnung sind und alle Besucher der betreffenden Familie, wenn sie die Betreffenden besuchen wollen.
  • Die Verwendung von 99% aller Hauhaltsprodukte für das Waschen und Pflegen der Wäsche, Möbel, Einrichtungsgegenstände, Fußbodenbeläge, Fenster, des Bades usw.
  • Die Einrichtung der Wohnung mit neuen Möbeln, sofern sie nicht aus Glas, Metall oder unbehandelten Bambus bestehen.
  • Das Auslegen der Fußböden der Wohnung mit textilen Fußbodenbelägen aus Kunstfasern oder behandelten Naturfasern, Kork oder Linoleum. Des Weiteren, wenn sie einen Kunststoffrücken oder gummiert bzw, mit Latex versehen sind. Tabu sind auch Laminat und PVC-Beläge.
  • Der Aufenthalt in Räumen, die direkt mit Gas, Öl, Holz oder Kohle beheizt werden oder in denen Rauchgase, Verkehrsabgase, Zigarettenrauch, Industrieabgase sowie Lösungsmitteldämpfe u.a. flüchtige Substanzen aus Möbeln, Fußbodenbeläge, Farben, Duftstoffe eindringen oder innerhalb des Raumes ausgasen. Dazu gehören auch natürliche Terpene oder Formaldehyde aus Nadelhölzern und einigen Laubholzarten. Daraus folgt, dass der Aufenthalt in fast allen öffentlichen Gebäuden (Ämtern, Behörden, Kaufhäuser, Museen und anderen Kulturstätten, Krankenhäuser oder Arztpraxen) nicht möglich ist.
  • Der Verzehr von konventionell angebauten Lebensmitteln, von Fertignahrungsmitteln und mit Zusatzstoffen versehenen Lebensmittel. Sehr oft wird nur Bionahrung aus Bioläden vertragen, weil diese auch nicht sekundär mit Insektizide oder Pestizide in Berührung kommen.
  • Einfach essen, wozu man Lust hat, weil man viele Lebensmittel nicht verträgt und/oder sich nach einem strengen Rotationsplan richten muss.
  • Einen Arzt aufsuchen, einen Notarzt alarmieren oder eine Klinik aufsuchen, wenn es einen nicht gut geht, weil das Personal sich kaum mit dieser Krankheit auskennt oder die Einrichtung auf die besonderen Bedürfnisse dieser chronisch kranken Menschen nicht eingestellt ist.
  • Wird ein Angehöriger in ein Krankenhaus eingeliefert, kann der/die MCS-Kranke ihn nicht besuchen. Wird er zu Hause krank, wird es ebenfalls sehr kritisch.
  • Selbst wenn der Betreffende durch jahrelanges konsequentes Einhalten der besonderen Maßnahmen, die seinen Gesamtzustand deutlich verbessern, wieder so weit hergestellt ist, dass er einer Erwerbstätigkeit teilweise oder in Vollzeit nachgehen könnte, ist dies kaum möglich, weil kaum ein Arbeitgeber diesen Anforderungen gerecht werden kann oder will und es zu wenig Heimarbeitsmöglichkeiten gibt.
  • Der Aufenthalt in der Nähe von konventionell bewirtschafteten Feldern oder Plantagen, weil diese mit Pestizide, Insektizide und Fungizide belastet sind.
  • Einfach einen Handwerker zu rufen, wenn etwas im Haus defekt ist. Man muss damit rechnen, dass der Handwerker Duftstoffe benutzt hat oder mit Chemikalien in Kontakt war.

Das ist nur ein kleiner Auszug der Restriktionen, die das Leben eines Chemikaliensensiblen tagtäglich erschweren.

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, 14. Januar 2010

Weitere Beiträge zum Thema:

Offener Brief: Duft-Briefmarken schränken Behinderte ein

Briefmarken mit Duft könnenm empfindlichen Personen gesundheitlich zusetzen

CSN nimmt Duft-Briefmarken unter die Lupe


Am 7. Januar übergab Finanzminister Schäuble die neuen Wohlfahrtsbriefmarken an Bundespräsidenten Horst Köhler und an Frau Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg, Präsidentin der  Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. Das Besondere an den Briefmarken für dieses Jahr: Sie duften nach Obst: Heidelbeere, Erdbeere, Zitrone und Apfel. Die Duftstoffe wurden mikroverkapselt und sollen laut Beschreibung erst durch Reibung freigesetzt werden.

Die duftenden Briefmarken riechen auch ohne Reiben

CSN wollte wissen, ob die Briefmarken tatsächlich erst beim Darüberreiben duften und ließ die Duft-Marken besorgen. Auf die Bitte, die neuen Wohlfahrtsmarken kaufen zu wollen, zog die Dame am Postschalter einen Extra-Ordner hervor und bemerkte fast ehrfürchtig: „Oh ja, das sind die neuen duftenden Briefmarken“. Sie nahm einen Bogen mit Briefmarken hervor, die Heidelbeeren abbildeten, und vermeldete erfreut: „Das kann man ja wirklich riechen, auch ohne reiben.“

Es wurden zwei Wohlfahrtsmarken von CSN erworben und unter die Lupe genommen. Beide Briefmarken riechen auch ohne dass man mit dem Finger darüber reibt. Die Erdbeer-Briefmarke verströmt genau genommen einen Geruch wie eine billige Zahncreme mit Erdbeergeschmack und der Geruch der Zitronen-Briefmarken erinnert an Toilettenreiniger mit künstlichem Zitronenduft. Von natürlichem Obstgeruch keine Spur. Insbesondere der Zitronenduft intensivierte sich schon beim kurzfristigen Liegenlassen der Briefmarke bei Raumtemperatur. CSN verzichtete darauf den Geruch durch Rubbeln richtig zu aktivieren. Es ist damit zu rechnen, dass sich der Duft der Marken durch unvermeidbares Aneinanderreiben von Briefen auf dem Postweg und beim Durchlaufen der Sortieranlagen in den Postzentren intensiviert. Daher ist es durchaus möglich, dass die Duft-Briefmarken auch andere Post kontaminieren.

Falls die verwendeten Duftstoffe auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft wurden, würde es der so oft beschworenen Transparenz dienen, wenn bekannt wäre, nach welchen Kriterien von gesundheitlicher Unbedenklichkeit und mit welchen Methoden getestet wurde. Wurde ein gesunder Durchschnittsbürger oder ein Embryo als Modell zugrunde gelegt? Hat man die Duftstoffe an sich, oder die mit ihnen ausgerüstete Druckfarbe getestet? Hat das Material der Briefmarke einen Einfluss auf die Verträglichkeit? Die Infos der Bundesdruckerei legen nahe, dass bereits beim Drucken erste Spuren der Duftstoffe freigesetzt werden.

Duftstoffallergiker, Chemikaliensensible und Personen, die empfindlich auf Duftstoffe reagieren, kann dieser Werbegag gesundheitlich beeinträchtigen.

Als Resonanz schrieb CSN am 11. Januar den nachfolgenden Offenen Brief:


Offener Brief (vorab per E-Mail)

Duft-Briefmarken schränken Behinderte ein


Sehr geehrter Herr Bundespräsident Dr.Horst Köhler,

sehr geehrte Frau Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg,

sehr geehrter Herr Dr. Wolfgang Schäuble,

Sie haben am 7. Januar im Berliner Schloß Bellevue gemeinsam die neuen vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Wohlfahrtsmarken vorgestellt, welche beim Reiben Duftstoffe mit Apfel-, Erdbeer-, Heidelbeer- oder Zitronenaroma freisetzen. Wir möchten Sie dazu auffordern, diese auf den ersten Blick sympathische Idee noch einmal zu überdenken und bitten Sie, Herr Dr. Schäuble, als Bundesfinanzminister höflichst, diese Postwertzeichen wieder aus dem Verkehr zu ziehen, da sie für Personengruppen mit bestimmten Behinderungen und Gesundheitsbeschwerden eine unterschätzte und nicht akzeptable Gefahr darstellen.

Wäre es nicht makaber, wenn einem Teil jener Menschen, denen mit diesen Wohlfahrtsmarken geholfen werden soll, durch deren in Umlauf bringen gesundheitliches Leid zugefügt würde? Ist Ihnen die kritische Haltung des Umweltbundesamtes zu Duftstoffen nicht bekannt? Das UBA weist seit Jahren darauf hin, dass Duftstoffe im öffentlichen Bereich vermieden werden sollten. Der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) geht davon aus, dass (nach Meggs et al. 1996) rund 11 Prozent der Bevölkerung, das wären heute gut 9 Millionen Menschen, von einer olfaktorischen Hypersensitivität gegenüber Duftstoffen betroffen sind und fordert Warnschilder für beduftete Räume.

Kann man bei Menschen, die auf Duftstoffe mit gesundheitlichen Beschwerden reagieren, von einer Behinderung sprechen?

Nach dem Americans with Disabilities Act (ADA) gilt eine Person als behindert, die durch eine körperliche oder seelische Behinderung in einer oder mehreren Lebensaktivitäten substantiell eingeschränkt ist, die eine Krankengeschichte oder einen Befund zu einer solchen Behinderung besitzt oder die von anderen als derartig behindert wahrgenommen wird.

Das von der Bundesregierung am 30. März 2007 unterzeichnete Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-Behindertenkonvention) definiert behinderte Menschen als Personen, die unter langfristigen, körperlichen, seelischen, geistigen oder sensorischen Einschränkungen leiden, welche sie aufgrund diverser Barrieren an einer gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hindern können.

Parfümierte Postwertzeichen schränken Allergiker, Asthmatiker, Chemikalienkranke und andere empfindliche Menschen in ihrer Lebensführung auf unzumutbare Weise ein, was gegen die UN-Behindertenkonvention verstößt und auch dem im ADA formulierten Schutz behinderter Menschen nicht gerecht wird. Sehr empfindliche Kranke und solche, die unter Kontaktallergien auf Duftstoffe leiden, brauchen die Spuren dieser Stoffe nicht einmal zu riechen und werden nichts ahnend den ihnen verbliebenen, meist in prekärer finanzieller Situation schadstofffrei hergerichteten Lebensraum verseuchen.

Bisher konnten Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen durch Duftstoffe wenigstens ihre Postsendungen ohne fremde Hilfe in Empfang nehmen und öffnen. Diese Autonomie und Lebensnormalität wird ihnen genommen. Wer mit körperlichen Reaktionen rechnen muss, wenn er mit Duftstoffen in Kontakt kommt, wird selber keine Postsendungen mehr in Empfang nehmen können und auf andere Menschen angewiesen sein, die ihm diese ‚Briefbomben‘ aussortieren. Möglicherweise geht eine komplette Zustellung verloren, weil ein einziger Brief mit einem parfümierten Postwertzeichen alle andere Post kontaminiert hat.

Zu Weihnachten 2004 gab es eine ähnliche Aktion mit Duftaufklebern zum Rubbeln. Anders als damals von einem Mitarbeiter der Deutschen Post AG behauptet, sind die Duftstoffe nicht unter sicherem Verschluss. Niemand kann sich sicher sein, dass nicht schon auf dem Versandweg jemand an den Briefmarken rubbelt oder dass diese Substanzen aufgrund mechanischer Einwirkungen freigesetzt werden. Postsendungen kamen damals von selber duftend an und werden dies heute wieder tun.

Durch solche Sendungen können u.U. Menschen, die bisher an keiner Allergie gelitten haben, sensibilisiert werden. Wurden die verwendeten Duftstoffe ausreichend daraufhin getestet? Würden Sie für deren Unbedenklichkeit ihre Hand ins Feuer legen? Ist Ihnen bekannt, dass die wenigsten in Deutschland verwendeten Duftstoffe auf ihre Verträglichkeit geprüft sind. Nach dem „Spezialbericht Allergien, 2000“ des Bundes sind etwa 15 bis 25 Prozent der Bevölkerung von atopischen Krankheiten betroffen und ein Drittel ist allergisch sensibilisiert. Sollte nicht alles getan werden, diese Zahlen nicht weiter ansteigen zu lassen?

Duftstoffe lösen bei Menschen mit entsprechender Sensitivität eine Vielzahl von körperlichen Reaktionen aus. Je nach Erkrankung und Gesundheitszustand reichen diese von harmlosen Irritationen bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen. Folgende Beschwerden können einzeln oder in Kombination auftreten:

Müdigkeit, Niesen, Augenbrennen, gerötete Haut, Juckreiz, Bläschen, Entzündungen, Anschwellen und Brennen der Lippen, Brennen der Nasenschleimhäute, Brennen auf der Zunge, Zahnschmerzen, Husten, Stimmversagen, Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Migräne, Sprachstörungen, Gedächtnisstörungen, anhaltendes schmerzhaftes Übergeben, Herzschmerzen, Herzrasen, Schockzustand, Bewusstlosigkeit, Koma.

Häufig erhöht ein Vorfall mit Duftstoffen die Sensibilität für andere Substanzen oder macht eine über einen längeren Zeitraum durch Vermeidungsstrategien und gesunde Lebensweise mühselig erreichte Verbesserung des Gesundheitszustandes zunichte.

Nicht zuletzt können künstliche Düfte auch gesunde Menschen in ihrem ästhetischen Empfinden belästigen und erreichen nie die Sinnlichkeit ihrer Vorbilder. Legen Sie ein paar Äpfel vom Biobauer in Ihr Schlafzimmer und vergleichen sie das mit dem Duft dieser Briefmarken.

In Anbetracht all dessen fordern wir von Ihnen, dass die zu erwartenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des auf Duftstoffe sensibilisierten Anteils der Bevölkerung zur Kenntnis genommen wird und das in Umlauf bringen der Duft-Briefmarken gemäß des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderung umgehend gestoppt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Silvia K. Müller        Bruno Zacke

CSN – Chemical Sensitivity Network

Eine Sekundengeschichte: „…nur eingecremt“

Eingecremt reicht aus um Gesundheitsbeschwerden bei anderen auszulösen„Mutti – ich habe dir doch schon hundertmal gesagt – wenn du zu uns kommst, dann bitte ohne jegliche Duftstoffe, Parfüms und Weichmachergeruch“, ärgerte Susi sich über das leichtfertige Verhalten ihrer Mutter.

“ Ach Susi, ich komme doch ohne Geruch, bin rein wie ein Eiskristall aus den Alpen.“

„Eben nicht! Du riecht nach irgendwelchen Duftstoffen.“

„Ich habe mich heute früh doch nur etwas eingecremt“, versuchte die Mutter zu beschwichtigen.

„Aha – mit duftfreier Vaseline?“

“ Das nun nicht gerade…“

„Das nun nicht gerade – wie schön. Mein Leben ist dir egal. Ich habe Herzrasen, mir ist schwindlig und ich breche fast zusammen. Vielen Dank!“, erregte sich Susi mit schwacher Stimme, wütend über die Ignoranz der Mutter.

„Dann komme ich eben überhaupt nicht mehr“, erwiderte gereizt Susi’s Mutter.

„Tut mir leid – aber wenn du kein Einsehen hast, muss ich sogar darum bitten!“ stöhnte Susi, der es zusehend schlechter ging. Sie hörte nur noch das Zukrachen der Tür.

Wenige Tage später meldete die Schlagzeile einer Zeitung: „Frau mit psychosomatischer Störung verstößt ihre Mutter!“

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, 11. Januar 2010

Informationen über Gesundheitgefahren durch Duftstoffe:

Paradigmenwechsel in der Medizin zu Gunsten der Umweltmedizin notwendig

Zeitung berichtet über Man mit Chemikalien-Sensitivität

Acht Jahre, bis ein Arzt in der Lage war, die richtige Diagnose zu stellen

In der Rheinischen Post (RP), eine der größten Zeitungen am Niederrhein, erschien Mitte Dezember ein Artikel über einen Mann, der acht Jahre von Arzt zu Arzt ging, bis er endlich die richtige Diagnose erhielt. Er reagiert auf nahezu alle Chemikalien, schon in geringster Konzentration, wie sie nahezu überall im Alltag auftreten. Das wurde jahrelang als psychisches Problem abgetan. Dann erhielt der Rheinländer durch einen Arzt aus Süddeutschland endlich die korrekte Diagnose: MCS – Multiple Chemical Sensitivity. Würde in Deutschland der Umweltmedizin mehr Stellenwert eingeräumt, wären Fälle wie der aktuell in der Rheinischen Post beschriebene vermeidbar.

Körperliche Beschwerden, Psyche sollte schuld sein

Ralf Tollkien war sportlich sehr aktiv, bis er immer mehr Allergien entwickelte. Zu den Allergien kamen immer weitere Gesundheitsbeschwerden, doch kein Arzt war in der Lage, eine korrekte Diagnose zu stellen und festzustellen, was die Ursache ist. Die RP zählt die Symptome auf: „Atembeklemmungen, chronische Müdigkeit, Erschöpfung, Übelkeit, Kopfschmerz und vieles mehr.“

Die Ursache der Erkrankung: Giftiger Kleber

Der studierte Sportwissenschaftler war Trainer in einem Fitnessstudio. Ein Kleber, mit dem der Fußbodenbelag in seiner Wohnung verklebt war, ruinierte seine Gesundheit. Er gaste über Jahre giftige Chemikalien aus, die, wie die Rheinische Post berichtet, zu einem Immunknacks führten.

Keine Hilfe durch die Krankenkasse

Jetzt muss Ralf Tollkien zurückgezogen leben und sich mit dem Geringsten behelfen, auch finanziell. Sein Wohnumfeld möchte er sich schadstoffkontrolliert herrichten, um seine Gesundheit zu verbessern. Doch dem steht das Verhalten der Krankenkasse entgegen. Die Rheinische Post teilt mit, dass dem 52-Jährigen nicht einmal notwendige Dinge wie ein spezielles Bett gewährt werden. Die Krankenkasse würde sich einfach hinter Vorschriften verschanzen, was lebensnotwendig für den umweltkranken Mann ist, stünde nicht zur Debatte. Um sich zu wehren, fehlt ihm jede Kraft.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 3. Januar 2010

Literatur: Rheinische Post: Artikel „Allergie raubt jede Energie“ vom 16. 12. 2009

Feuerwerk: Gesundheitsgefahr durch Feinstaubproblematik

Feuerwerk belastet Gesundheit und Umwelt - Feinstaubproblematik

Feuerwerk ist – neben allen anderen zur Genüge bekannten Problemen wie z.B. Explosionsschäden, Verbrennungen, Augen- und Ohrenschäden, Kinderarbeit etc. – in erster Linie ein Feinstaubproblem! Die Feinstaubwerte über den Nationalfeiertag der Schweiz sowie an Silvester belegen dies auf eindrucksvolle Weise.

Bei der Verbrennung von Feuerwerkskörpern (Kracher, Raketen, etc.) wird eine Mischung an chemischen Stoffen explosionsartig freigesetzt. Beim Abbrennen laufen zwischen den vermengten Stoffen chemische Reaktionen ab; dabei bilden sich eine Vielzahl neuer Substanzen unbekannter Zusammensetzung und Giftigkeit. Dadurch, dass die stark zerklüftete Oberfläche der feinen Staubteilchen eine Anlagerung von weiteren toxischen Substanzen ermöglicht, die so in den Körper getragen werden, verstärkt sich die gesundheitsschädigende Wirkung des Staubes. An Feiertagen, an denen viel Feuerwerk abgebrannt wird, sind es primär Schwermetallverbindungen, die sich an den Staubpartikeln festsetzen.

Fakt ist:

Es gibt grössere Feinstaubquellen als Feuerwerk; doch es gibt keine Feinstaubquelle, die wie Feuerwerk binnen kürzester Zeit eine Feinstaub-belastung erwirkt, welche den Feinstaubgrenzwert um das 30-fache  (z. B. Feinstaubwerte Nationalfeiertag Schweiz) und mehr überschreitet.

Feinstaub kann nicht nur bestehende Krankheiten verschlimmern, sondern auch neue hervorrufen, dadurch betrifft die Feinstaubproblematik uns alle und kann nicht als das Problem einiger weniger abgetan werden.

Ein Schwellenwert für Feinstaub, unter welchem keine schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit auftreten, wurde bis heute nicht gefunden.

Gesundheitliche Einbussen durch hohe Feinstaubbelastungen erleiden als Erste:

  • Ungeborene, Säuglinge und Kleinkinder
  • Personen mit Erkrankungen der Atemwege (Asthma, COPD/Chronic Obstructive Pulmonary Disease, Lungenemphysem, -krebs etc.) und des Herzkreislaufsystems
  • Personen mit Persistent Hyperreactivity (multiple chemical sensitivity, TILT/Toxicant-Induced Loss of Tolerance, CFS/Chronic Fatigue Syndrome, Fibromyalgie etc.) und Low-Dose RADS/Reactive Airways Disfunction Syndrome
  • über 65-Jährige

Eine akut erhöhte Partikelbelastung kann zu folgenden Gesundheitsauswirkungen führen:

  • entzündliche Prozesse
  • gravierende Intoleranz-Reaktionen der Lunge mit ebenfalls schwerwiegenden Folgereaktionen sämtlicher Körperorgane
  • negativen Auswirkungen auf das Herzkreislaufsystem (z.B. Herzinfarkt)
  • Zunahme des Medikamentengebrauchs
  • Zunahme der Krankenhauseinweisungen wegen Atemwegs- und Herzkreislaufproblemen
  • erhöhte Sterblichkeit

Eine grobe Fraktion von PM10, (die Masse aller im Gesamtstaub enthaltenen Partikel mit aerodynamischem Durchmesser kleiner als 10 µm) ist stärker mit Husten, Asthmaanfällen und respiratorischer Mortalität assoziiert (vor allem akute Wirkungen), dagegen sind die feinen Anteile stärker mit Herzrhythmusstörungen und kardiovaskulärer Mortalität korreliert.

Feuerwerk und die Tage danach

In Zeitreihenstudien treten Wirkungen auf die respiratorische Mortalität einen Tag nach der erhöhten Partikelbelastung auf. Wirkungen auf die kardiovaskuläre Mortalität sind nach etwa 4 Tagen am stärksten sichtbar.

Die Partikelgröße bestimmt ihre Verweildauer in der Atmosphäre. Während PM10 binnen Stunden durch Ablagerung und Niederschlag aus der Atmosphäre verschwinden, können PM2.5 Tage und Wochen in ihr schweben. Folglich können diese Partikel über weite Strecken transportiert werden.

Feinstaub kommt durch jede Ritze

So lange unsere Häuser nicht luftdicht sind, reicht für gesundheitlich Schwerstbetroffene der Aufenthalt hinter geschlossenen Türen und Fenstern als Schutz vor Feuerwerksemissionen meistens nicht aus.

Mediziner setzt Politik in Kenntnis

Dr. med. G. Schwinger aus Deutschland beschreibt diese Problematik in seinem Brief vom 22.12.2004 an die Bundesfraktion Bündnis 90/Die Grünen auf eindrucksvolle Weise:

„… Wir betreuen Patienten/innen, die (unabhängig von Allergien) bereits an einer erworbenen hochgradigen Intoleranz leiden, die dann zu einem spez. hyperreagiblen Bronchialsystem und Gefäßsystem führt mit der gravierenden Folge spez. undiff. systemischer Misch-Kollagenosen mit Overlap-Syndromen, verursacht insbesondere durch Pyrolyseprodukte und (hauptsächlich deren) Feinstäube. … Diese Patienten/innen müssen bereits am 30.12. d.J. sämtliche Türen und Fensterspalten (natürlich nur unzureichend) mit spez. Tapes zukleben, weil durch die o.g. extrem lebensgefährlichen Explosionen i.S. eines >>Over-Exposure<< (in den Aussenbereichen der Wohnungen) auch erhebliche Innenraumbelastungen auftreten, die dann zu neuerlichen schweren inhalativen Intoxikationen im Niedrig-dosis-bereich führen – mit generalisierten neuro-endokrinen und immun-vaskulären systemischen Folgereaktionen. Für diese Patienten/innen sind die Tage um Silvester insofern – nahezu regelmässig – eine einzige grosse gesundheitliche Katastrophe – für Tage und Wochen. …“

Anm: Der ganze Brief kann bei Stop Fireworks nachgelesen werden.

Gesundheitsschädliches Potential ist wissenschaftlich abgehandelt

Es gibt mittlerweile genügend neuere wissenschaftliche Arbeiten, die diese Feuerwerksproblematik belegen, wie z.B.:

„Ambient air quality of Lucknow City (India) during use of fireworks on Diwali festival“, 2008, by Barman SC et al.

„Emissions and accumulation of metals in the atmosphere due to crackers and sparkles during Diwali festival in India“, 2004, by Kulshrestha UC et al.

„Recreational atmospheric pollution episodes: Inhalable metalliferous particles from firework displays“, 2007, by Moreno T et al.

„Short-term variation in air quality associated with firework events: a case study“, 2003, by Ravindra K et al.

„The impact of fireworks on airborne particles“, 2008, by Vecchi R et al.

„Heavy metals from pyrotechnics in New Years Eve snow“ 2008, by Steinhauser G et al.

Mehr Informationen zu diesem Thema lassen sich unter „Wissenschaftliche Artikel“ auf Stop Fireworks finden.

Deutsche und Schweizer Behörden warnen vor Feuerwerk

U.a. empfehlen mittlerweile Schweizer Behörden, Menschen mit Erkrankungen der Atemwege und Kreislauferkrankungen sollten Feuerwerke meiden. Das Umweltbundesamt/Deutschland äusserte sich im November 2007 im Hintergrundpapier „Zum Jahreswechsel: Wenn die Luft „zum Schneiden“ ist“ zur Feuerwerks-Feinstaubproblematik und appellierte gleichzeitig an die Bürger/Innen, als Beitrag zur Verminderung der Feinstaubbelastung in der Silvesternacht das persönliche Feuerwerk einzuschränken oder sogar ganz darauf zu verzichten.

Auch die American Lung Association warnt vor Feuerwerk

Die American Lung Association of Hawaii rät Lungenkranken seit Jahren, während der schlimmsten Feuerwerkerei zuhause bei geschlossenen Türen und Fenstern und mit laufender Klimaanlage oder Luftreinigungsapparat zu bleiben und eine Gesichtsmaske zu tragen, um die Raucheinatmung zu verringern. Dieses Jahr verkündet das National Epidemiology Center/Philippinen dasselbe. etc.

Dem Schutz der Gesundheit und Umweltschutz Priorität einräumen

Das heisst, dass sich sowohl zumindest manche Behörden als auch zumindest Teile der Ärzteschaft absolut darüber im Klaren sind, wie schädlich Feuerwerksemissionen sind.

Ob Feuerwerk „richtig“ oder „falsch“ abgebrannt wird, von Laien im Hinterhof oder von speziell dazu Ausgebildeten als Grossfeuerwerk: die Emissionen bleiben letztendlich dieselben. Bereits ein kleines Feuerwerk (unter dem Jahr) kann in seiner näheren Umgebung zu einer erheblichen kurzzeitigen Erhöhung der Feinstaubwerte führen.

Die Begeisterung für Licht und Knall von Feuerwerk darf nicht dazu führen, das Umweltverschmutzungspotential von Feuerwerk zu ignorieren. Feinstaubempfindliche Menschen dürfen auf keinen Fall als „Kollateralschaden“ der Feuerwerkerei einiger weniger billigend in Kauf genommen werden.

Umweltschutz und Pläne zur Reduktion von Feinstaub ohne Einbezug von Feuerwerk werden zur Farce und unglaubwürdig.

Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Problematik, die die „Feinstaubschleuder“ Feuerwerk mit sich bringt, muss Feuerwerk ganz klar verboten werden!

Autor: Susanne von Dach, www.stop-fireworks.org für CSN – Chemical Sensitivity Network, 29.12.2009

Der Weihnachtsengel hat uns nicht vergessen

CSN wünscht Frohe Weihnachten

Nachdem die Morgennebel aufgestiegen sind, ist der Himmel in ein zartes rosa getaucht, es verspricht ein schöner Tag zu werden. Die letzten Nächte war es sternenklar und schon bitter kalt. Die Kamine der Häuser pusteten dicke Wolken gegen Himmel. Mit leiser Vorahnung schaue ich immer wieder aus dem Fenster. Irgendetwas Besonderes wird heute passieren, nur was?

Plötzlich drang ein gleißend heller Lichtstrahl durchs Fenster, traf auf die Wand und verwandelt sich in glitzernden Sternstaub. Das ganze Zimmer glitzerte wie tausende von Diamanten. Meine Vorahnung hatte gestimmt, der Weihnachtsengel stand am Fenster und wollte gerade klopfen, damit ich ihn bemerke. Unsere beiden Gesichter strahlten vor Freude, was den Sternenstaub, der das Zimmer erfüllte, noch unendlich mehr glitzern ließ.

Ich öffnete geschwind das Fenster und schwups war der Engel auch schon im Zimmer, umarmte mich mit beiden Flügeln und redete sogleich wie ein Wasserfall los: „Schön, dass Du da bist, Du glaubst nicht, wie viel wir dieses Jahr zu tun haben – endlich bin ich wieder hier.“ Dann ließ er sich auf das gemütliche Sofa in meinem Büro plumpsen. Ich klopfte den Sternenstaub von meinem dicken Pullover und entgegnete: „Was glaubst Du, was ich mich freue, dass Du wieder da bist, lieber Weihnachtsengel, wir hatten schon Angst, Du hättest uns dieses Jahr vergessen.“ Der Engel kicherte und verschluckte sich dabei fast: „Wie sollte ich Euch vergessen? Das ganze Jahr sind ich und meine Freunde für Euch mit Chemikalien-Sensitivität und Allergien tätig. Ihr seht uns zwar nicht, aber eigentlich müsstet Ihr gemerkt haben, dass wir da sind.“

Der Weihnachtsengel sah so wunderschön aus, das weißsilbrige Gefieder glänzte und hob sich edel vom pfirsichfarbenen Farbton der Wand ab. Es kam einem Gemälde gleich. „Doch, auch wenn das Jahr nicht einfach war, Ihr müsst dagewesen sein, wir haben immer wieder gespürt, dass jemand auf uns aufpasst, und einiges Gutes ist uns widerfahren.“ Der Engel kicherte und zwinkerte mit den Augen: „Sag ich doch, wir helfen. Selbst wenn nicht alles mit einem Fingerschnippen besser ist für Euch, dennoch ändert sich langsam etwas im Bewusstsein der Menschen für Eure Belange. Komm setz Dich zu mir, damit wir darüber reden können. Aber sag mal, könnte ich dazu eine heiße Tasse Schokolade haben, sowie im letzten Jahr? Daran habe ich auch das ganze Jahr gedacht, muss ich gestehen.“

Vor lauter Aufregung hatte ich doch tatsächlich vergessen, dem Weihnachtsengel etwas anzubieten. Die Freude ihn dazuhaben war zu groß gewesen. „Aber natürlich lieber Engel, wie konnte ich das vergessen. Ich eile und Du bekommst von den leckeren Plätzchen, die wir gebacken haben. Sie sind extra für Allergiker und mit glutenfreiem Mehl und ohne Nüsse gebacken. Trotzdem schmecken Sie köstlich.“ Ein Strahlen ging über das Gesicht des Weihnachtsengels und er hauchte: „Das klingt wunderbar, lass auch die Menschen mit Allergien das Rezept wissen, vergiss das bloß nicht!“ Ich lief geschwind in die Küche, und als ich mit der heißen Schokolade mit einem großen Sahnehäubchen und einem Teller mit den frischgebackenen Kokosmakronen zurückkam ins Büro, wurde das Strahlen im Gesicht des Engels noch größer.

„Welch ein Genuss, was habe ich mich darauf gefreut und nun berichte mir, wie war das Jahr für all die Menschen mit schweren Allergien und Chemikalien-Sensitivität“, sagte der Weihnachtsengel gespannt. „Du weißt ja, dass meine Organisation CSN, Menschen mit Chemikaliensensitivität hilft und über die Krankheit publiziert. Das Beste in diesem Jahr war, dass die Krankheit nun nicht nur in Deutschland anerkannt ist, sondern auch in Österreich, Luxemburg und zum ersten Oktober wurde sie auch in Japan in das Register für körperlich bedingte Krankheiten aufgenommen. Dadurch besteht in diesen Ländern die Möglichkeit, dass Erkrankte mehr Rechte eingeräumt bekommen und auch medizinische Hilfe erhalten. Bis zur umfassenden Akzeptanz ist es noch ein weiter Weg, aber er ist geebnet.“ Der Weihnachtsengel nickte wohlwollend und meinte: „Das wird noch besser werden, man kann Euch nämlich nicht mehr ignorieren, dazu haben schon zu viele Menschen Chemikalien-Sensitivität. Seid geduldig und verbreitet weitere alle wichtigen Informationen, die jeder, der auf Spuren von Alltagschemikalien reagiert, einfach wissen muss. Es wird werden und schließlich sind wir auch noch da,“ sagte der Engel mit überzeugender Stimme. Dann lehnte er sich zurück, trank seine heiße Schokolade und naschte von den Plätzchen und murmelte dabei: „Was gibt es noch?“

„Ein tolles Projekt, in der Schweiz entsteht ein ökologisches Wohnprojekt extra für Menschen, die auf Chemikalien reagieren. Die Stadt Zürich handelt zukunftsgerichtet und möchte durch das Projekt Erfahrungen für gesundes Bauen und Wohnen gewinnen. Jetzt wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben und auch deutsche Umweltärzte und Baubiologen sitzen in der Jury. Der Präsident der Baugenossenschaft, die sich speziell für dieses Wohnprojekt für Chemikaliensensible gegründet hat, sagte, man sei offene Türen eingerannt für das Projekt. Es sei vielen Menschen klar, dass Wohnraum gesund sein muss und nicht schadstoffbelastet, damit es den Bewohner gut geht. Solche Projekte bräuchten wir auch in Deutschland und wir hoffen, dass auch hier Menschen, die in keinem normalen Haus mehr leben können, weil sie zu krank dazu sind, irgendwann in solchen gesunden Häusern leben dürfen“, berichtete ich dem Weihnachtsengel.

Der Engel schaute mich an und sagte: „Das wird kommen, sie können Euch nicht ewig hängen lassen. Ihr seid als Behinderte anerkannt und das bedeutet, man muss Euch helfen, kein Behinderter darf benachteiligt werden. Seid zuversichtlich, es wird sich einiges Positive für Euch tun.“

In Gedanke sah ich plötzlich Hoffnung in den Gesichtern der Erkrankten, die fast nur draußen lebten, weil sie keinen Innenraum tolerieren können wegen der Schadstoffe in herkömmlichen Baumaterialien. Eigentlich sollte gesundes Bauen zur Norm werden, genauso wie zur Norm werden sollte, dass wir die Innenräume nicht mehr mit giftigen Reinigungsmitteln oder Raumduftsprays kontaminieren. Wie vielen Menschen mit Allergien, Asthma, Chemikalien-Sensitivität, etc. dies zugute käme und wie viel an gewonnener Leistungskraft der wirtschaftlichen Produktivität zugute käme.

Der Weihnachtsengel schien meine Gedanken zu erahnen. Er fuhr fort: „Es gab doch dieses Jahr auch eine Konferenz des Umwelt Bundesamtes und dort wurde beschlossen, dass eigens ein Institut gegründet werden soll, dass sich mit Schaffung von gesunder Luft in Innenräumen beschäftigen soll. Du wirst sehn, daraus könnten wichtige Änderungen in Gang kommen. Auch mit diesem Duftstoffwahnsinn will man sich auseinandersetzen. Wir Weihnachtsengel schütteln nur mit dem Kopf, wo ihr Menschen glaubt, diese künstlichen Duftstoffe einsetzen zu müssen. Wir halten oft die Luft an, so schlimm ist es. Und weißt Du was? Diese künstlichen Weihnachtsdüfte die überall benutzt werden, die können wir schon überhaupt nicht leiden. Weihnachten muss nach echter Tanne, Lebkuchen, frisch gebackenen Plätzchen riechen, nicht nach Chemie und überhaupt, was soll dass überall Chemie zu versprühen,“ sagte der Engel mit erzürntem, verständnislosen Gesicht.

Dass selbst Weihnachtsengel sich durch die künstliche Beduftung unserer Umwelt gestört fühlen, hätte ich nicht gedacht. „Im kommenden Jahr werden wir sehen, wie ernst sie es meinen und ob dass geplante Institut uns Allergiker schützt. Es würde für viele Menschen mehr Lebensqualität, bessere Gesundheit und weniger Leiden bedeuten,“ ließ ich den Engel wissen. Dieser nickte und entgegnete, „Darauf werden wir gemeinsam hinarbeiten, wir Weihnachtsengel stehen geschlossen hinter Euch. Ihr wisst ja, wir sind auch den Rest des Jahres nicht untätig, auch wenn man uns dann nicht zu Gesicht bekommt“.

Dann stand er plötzlich auf, strich seine Flügel glatt, flatterte einmal und der ganze Raum war mit noch mehr glitzerndem Sternenstaub erfüllt als zu seiner Ankunft. Alles funkelte und eine unglaubliche Zuversicht erfüllte den Raum. Kein Fünkchen Zweifel war mehr vorhanden, nur noch Gewissheit, dass sich vieles für die Menschen mit Allergien ändern wird – zum Guten. Wie hatte er das nur gemacht?

„Sag lieber Weihnachtsengel, warum bin ich plötzlich von Zuversicht erfüllt dass alles besser wird?“ fragte ich. Der Weihnachtsengel schüttelte schmunzelnd den Kopf und erwiderte verschmitzt: „Glaubst Du etwa nicht mehr an uns? Na warte ab – dann kicherte er schelmisch, öffnete das Fenster und sog die klare Luft von draußen ein. „So muss Luft sein, klar, sauber und wohltuend, alles andere ist ungesund, und das werden immer mehr Menschen verstehen, lass uns mal machen und, nicht dass Ihr Euch solange auf die faule Haut legt, ich erwarte, dass Ihr auch weiter daran arbeitet, dass Verständnis für eine gesündere Umwelt eintritt“, sagte der Weihnachtsengel und umarmte mich zum Abschied. Dabei hauchte er in mein Ohr: „Ich weiß, ich kann mich auf Euch alle verlassen und Ihr könnt Euch auf uns verlassen. Habt frohe Weihnachten und vergesst nicht, wir sind da.“

Ich steckte dem Weihnachtsengel noch schnell ein Tütchen mit frischgebackenen Plätzchen zu und bedankte mich bei ihm, dass er da gewesen war. Fast wäre mir dabei eine Träne die Wange heruntergekullert, doch auch das schien der Weihnachtsengel vorausgeahnt zu haben, denn sein Flügel strich mir zart übers Gesicht und hüllte mich in silbrigen Sternenstaub ein. Die Morgenröte war fast verblasst, als der Weihnachtsengel davonflog, dafür war plötzlich alles in ein unendlich schönes silbriges Licht getaucht.

Frohe Weihnachten!

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Winter 2009

Weihnachtsbaumkauf mit Hürden

Ein ökologischer Weihnachtsbaum soll es sein...

Für das diesjährige Weihnachtsfest hegte ich einen für mich besonderen Wunsch. Und zwar wollte ich es dieses Jahr seit langem endlich wieder einmal wagen, unsere Wohnung mit einem Weihnachtsbaum zu schmücken. Plätzchen sind für mich tabu, da Zucker MCS-bedingt vom Speiseplan gestrichen ist. Meine aktuelle gesundheitliche Verfassung hat mir auch andererseits einen Strich durch die Rechnung gemacht, so dass es bei uns kaum weihnachtlich dekoriert ist. Als Entschädigung für all das, soll nun wenigstens an anderer Stelle ein bisschen Weihnachtstimmung Einkehr halten – so mein Ziel.

Weihnachtsbäume mit FSC-Gütesiegel

Aber nicht irgendein Weihnachtsbaum soll es sein. Sondern auf Grund meiner Chemikalien-Sensitivität und der damit verbundenen Notwendigkeit der Schadstofffreiheit, wie auch meiner persönlichen Einstellung zur Umwelt und Natur, kommt nur ein Weihnachtsbaum in Frage, der es auf ganz natürliche Weise, ohne den Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden, zu seinem prachtvollen Aussehen geschafft hat. Unser heimisches Forstamt bietet nur Weihnachtsbäume mit dem FSC-Gütesiegel zum Verkauf an, d. h. dass sie gänzlich unbehandelt und frei von Pestiziden und Düngemittel sind. Also genau das Richtige für MCS-Kranke und Umweltbewusste. Mit einem derartigen Kaufentscheid leistet man zudem einen Beitrag für die Umwelt, weil die Verkaufserlöse der Bäume wieder dem heimischen Wald zufließen.

Ab in den Wald zum Forstrevier

So machten mein Mann und ich uns am letzten Samstag ganz früh auf den Weg in den Wald, um beim hiesigen Forstrevier einen für mich verträglichen grünen „Freund“ zu besorgen. Im CSN-Forum wurde ich die Tage durch eine Anfrage eines anderen Mitbetroffenen zu diesem Vorhaben animiert. Ich dachte, ein Weihnachtsbaum zu stellen, das muss doch auch bei mir möglich sein. Guter Dinge fuhren wir nach dem Frühstück, bei klirrender Kälte durch die eingeschneite, wie verzuckert wirkende Winterlandschaft in den Wald, was mich schon zu besonderer Stimmung rührte. Pünktlich zum Verkaufsbeginn um 9 Uhr trafen wir am Verkaufsort an. Zum Glück waren nur ganz wenige Leute da. Doch das änderte sich schlagartig.

Anstatt frischer Waldluft – penetranter Parfumgeruch

Innerhalb kürzester Zeit waren sehr viele Kaufinteressierte beim Weihnachtsbaumverkauf eingetroffen. Das bedeutete für mich, dass ich plötzlich intensiven Duftschwaden von Aftershave, Haarpflegeprodukten, Parfum und anderer Kosmetika ausgeliefert war, die ihren Weg, trotz meiner schnell angezogenen Maske, in meine Nase schafften. Meine Nasenschleimhaut schwoll blitzschnell an, Atemnot setzte ein, extreme Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Herzrasen um nur einige meiner Beschwerden zu nennen. Ehrlich gesagt hatte ich mir den Weihnachtsbaumkauf etwas anders und romantischer vorgestellt. Doch die Realität ist eben eine andere. Letztendlich haben wir uns schnell einen Baum geschnappt, um endlich aus der für mich unerträglichen Atmosphäre verschwinden zu können. An den Folgen des Weihnachtsbaumkaufs habe ich heute noch zu knappern. Nun hoffe ich, dass ich bis Weihnachten wieder auf meinem Gesundheitslevel vor dem Baumkauf angelange, damit ich die Feiertage wenigstens ein wenig genießen kann.

Ich wünsche allen ein besinnliches und geruhsames Weihnachtsfest, mit einem hoffentlich gesundheits- und umweltverträglichen Weihnachtsbaum,

Eure Maria

Autor: Maria Herzger, CSN – Chemical Sensitivity Network, 23. Dezember 2009

Ein etwas anderes Adventsgedicht: Ich komm draußen vom Walde her…

Weihnachten ist nah

Draußen vom Walde her – mein Puls rast und ich atme schwer

Ich komm von drauß vom Walde her

mein Puls rast und ich atme schwer

anstatt frischer Waldesluft

Bratäpfel- und Glühweinduft.

Und auf vielen Tannenspitzen

sah die Duftkerzen ich sitzen:

Moschus und Zitronengras,

Geranium und Sassafras,

Ylang-Ylang, wilde Rose

wirkten wie ne Vollnarkose,

auch roch Kokos und Vanille

viel zu laut in dieser Stille.

Alle Sinne sind betört

mein Geruchsinn wurd gestört.

Für die einen ist es magisch,

ich empfinde es als tragisch.

Und auf andern Tannenspitzen

sah Parfümflakons ich sitzen,

und die Engels fliegen quer

spritzen dieses Zeug umher:

Moonwind, Dior, Shalimar,

und auch noch die Sprays fürs Haar.

Schon begann mein Kopf zu schmerzen

und es sticht und pocht im Herzen

und ich hörte wie durch Watte

und ich sah auch nicht mehr klar

und die Ziele die ich hatte

war’n auf einmal nicht mehr da.

After Shave und Gel und Seife

hübsch verpackt mit roter Schleife.

Citronell in Baby-Creme

führt nicht selten zum Ekzem.

Warum denn die Kinder schonen

zum Fest gibt’s heuer Duftpatronen.

Für die Schule kannste büffeln

oder auch an Uhu schnüffeln.

Deo, Duschgel und Shampoo

machen unsre Jugend froh,

nur der Duft ist zu exotisch

macht die Jugend idiotisch.

Erst war mir kalt, dann war mir heiß

ich wusste nicht mehr was ich weiß

schwitzen tat ich wie ein Schwein

dann setzte noch der Tremor ein.

Nach Puder oder auch nach Heu

duftet Minkas Katzenstreu.

Weil’s den Schweiß vom Stinkfuß nimmt

gibt’s Pantöffelchen mit Zimt.

Und das Potpourrie aus Düften

es erspart das Wohnunglüften.

Arme, Beine wurden taub

ich zitterte wie Espenlaub

und mein Darm, er rebelliert

mein Magen war wie zugeschnürt.

Das Rentierchen stand schon bereit

uns bleibt ja nicht mehr sehr viel Zeit.

Der Schlitten war schon voll beladen

und ich sah wie durch Nebelschwaden.

Ich taumelte hin und her

fast wie auf einem Wattemeer,

die Duftwolke schwebt groß und schwer

man sah die Baumspitzen nicht mehr.

Pendelnd hing sie über’m Wald

plötzlich hat es laut geknallt:

Die Duftlampe war explodiert!

Bis dahin lief es wie geschmiert.

Schnell war die Chemie verpufft

in der schweren Glühweinluft

und die Bäume, zitternd, bebend

und die grünen Nadeln schwebend –

und die Geschenke sind begraben

unter Milliarden Tannennadeln.

Den Menschen bleibt dadurch erspart

dass an Giften sie erkranken,

und ganz ernsthaft frag ich mich:

Ist’s einem Zufall zu verdanken?

Ich komm von drauß vom Walde her

mein Sauerstoffgerät ist leer,

und eines kann ich Euch versichern:

Dort seht Ihr mich so schnell nicht mehr.

—–

Autor: Augenstern, CSN – Chemical Sensitivity Network, 20. Dezember 2009

Weitere Gedichte von Augenstern: Mutter Erde, Loslassen