Tageszeitung lesen, für Chemikaliensensible kein einfaches, beschwerdefreies Morgenritual

Gemütlich Zeitung lesen

Morgens ein gemütliches Frühstück und die Tageszeitung zum Inform-ieren über das Weltgeschehen, ein Ritual das Millionen von Menschen lieben und jeden Morgen pflegen. Tageszeitungen riechen jedoch stark nach Druckfarbe, Lösungsmitteln und dem Papier auf dem sie gedruckt sind. Wie ergeht es Menschen mit Chemikaliensensitivität (MCS)? Ist die Tageszeitung für Chemikaliensensible überhaupt lesbar?

MCS-Blogfrage der Woche:

  • Könnt Ihr eine Tageszeitung lesen? Oder bekommt Ihr Symptome durch die Druckfarbe und das Papier?
  • Müsst Ihr zum Lesen der Tageszeitung eine Aktivkohlemaske aufsetzen?
  • Müsst Ihr die Zeitung vor dem Lesen auslüften?
  • Oder könnt Ihr eine Tageszeitung nur in einer speziellen MCS-Lesebox lesen?
  • Oder ist das Lesen einer Tageszeitung wegen Eurer MCS überhaupt nicht möglich für Euch?

Umweltkranke haben definitiv keine „Lifestyle-Erkrankung“, Herr Dr. Harth

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Offener Brief zu:

AP Meldung / Artikel „Lifestyle-Erkrankungen auf dem Vormarsch“
Aussagen bzgl. MCS im Fachbuch „Psychosomatische Dermatologie“

Sehr geehrter Herr Dr. Harth,

Chemical Sensitiv Network ist aufgefallen, dass Sie sich als Autor und Interviewpartner zu umweltmedizinischen Themen aus psychodermatologischer Sicht äußern.

Es mag  ja sein, dass es Mediziner heutzutage – wie viele andere Menschen auch – schwer haben.

Es mag ja sein, dass sich Ihre Kollegen gerne motivieren lassen „im Zeitalter der knapperen Ressourcen (Zeitdruck, Budgetierung anrechenbarer Leistungen) den Vorteil der psychodermatologischen Sichtweise bei der Therapie von anspruchsvolleren Patienten und Problempatienten oder Kommunikationsproblemen aufzugreifen“, wie Sie das in Ihrem Rundbrief (1) Ihres Arbeitskreises Psychosomatische Dermatologie 2007 formuliert haben.

Allerdings sollten Sie bei Anwendung Ihrer psychodermatologischen Sichtweise nicht aus dem Auge verlieren, dass es auch Fakten gibt, die gerade Sie als habilitierter Mediziner kennen sollten:

Sie stellen auf der Internetseite der APD den Kollegen als Praxis-Tipp ICD Schlüssel bereit. (2)

Wir stellen Ihnen als Praxis-Tipp für Sie als habilitierten Dermatologen hier einen ICD Schlüssel bereit, der Ihnen als Co-Autor des Werks „Psychosomatische Dermatologie“ offenbar nicht geläufig ist, denn in Ihrem Buch gaben Sie fälschlicherweise für MCS den ICD F45,0 an (Anm.: F-Codes gehören zu den somatoformen Störungen):

FAKT:
„MCS (Multiple Chemical Sensitivity) wird im für Ärzte verbindlichen ICD klassifiziert unter:

T78.4 – Allergie, nicht näher bezeichnet;
Kapitel 19 (Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen), Abschnitt T66-T78 (Sonstige und nicht näher bezeichnete Schäden durch äußere Ursachen)

Eine Zuordnung der o. g. Erkrankungen zum Kapitel 5 (Psychische und Verhaltensstörungen) ist seitens der ICD-10-GM nicht vorgesehen.

Dr. Ursula Küppers
Arbeitsgruppe Medizinische Klassifikation
Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit
DIMDI, Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information“ (3)

FAKT:
Wir stellen Ihnen einen Auszug aus einem Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales als Praxis-Tipp zur Verfügung:

„Die Sachverständigen haben empfohlen, den Satz „Die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungssyndrome (z.B. CFS/MCS) sind jeweils im Einzelfall entsprechen der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.“

durch

„Die Fibromyalgie, Chronisches Fatigue Syndrom (CFS), Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils entsprechen der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.“

zu ersetzen.
Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Dr. Christa Rieck
Bundesministerium für Arbeit und Soziales“ (4)

Umweltkrankheiten sind keine psychische Störung
Gegenüber der Nachrichten Agentur AP äußerten Sie sich aktuell zu Erkrankungen, die Sie „Lifestyle-Erkrankungen“ nennen und begründen diese Etikettierung mit der besseren gesellschaftlichen Akzeptanz: „Heißt eine Depression nicht mehr Depression, sondern Deisler-Syndrom, klingt das schon fast wie ein schmückendes Attribut.“ (5)

Nun, ob die geschätzte Leserschaft der AP Meldung Ihre Interpretation der Welt annimmt, sei dahingestellt. Ihre Interpretation von Umwelterkrankungen als „Lifestyle-Erkrankung“, mithin „psychischen Störungen“, ist nicht nur falsch, sondern diskriminierend.

In der AP Meldung, die am Wochenende unter anderem in der Frankfurter Rundschau und dem Handelsblatt online stand, heißt es:

„Ein dritter Bereich von Krankheitsbildern sind Hypochonder, die unter vermeintlichen Umweltgiften leiden. Betroffene klagen über Kopfschmerzen, Augenbrennen, Nasenlaufen, Müdigkeit und Herzrasen oder Atemnot – obwohl es dafür keinen medizinischen Grund gibt.

Beim „Sick-Building-Syndrom“ etwa werden Ausdünstungen aus Gebäuden und Innenräumen für die Beschwerden verantwortlich gemacht. Manche schreiben Ekzeme dem neuen Waschmittel zu.“ (6)

Wer heute noch durch Chemikalien verursachte Erkrankungen wie MCS, CFS und SBS als Hypochondrie abtut, ist nicht auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. (7)

Ihr Kollege, Prof. Dr. Grönemeyer, fordert die Einrichtung von Umweltambulanzen:
„Mittlerweile gibt es Menschen, bei denen schon geringe Spuren von Chemikalien, z. B. in Reinigungsmitteln oder Parfums, zu schweren allergischen Reaktionen führen. Das Phänomen ist unter dem Begriff »Multiple Chemical Sensitivity« (MCS) in den USA als Krankheit anerkannt. Die Behandlung von Allergien und ihrer Symptome verursacht Kosten in Milliardenhöhe. Auch aus diesem Grund ist der Aufbau eines Netzwerks von umweltmedizinischen Ambulanzen äußerst wichtig…

Es fehlen jedoch immer noch geeignete Institutionen, die nicht nur das Schädigungspotenzial von chemischen oder physikalischen Giften analysieren, sondern auch ein umfassendes Angebot an therapeutischen und vorbeugenden Maßnahmen anbieten.“ (8)

Es wäre an der Zeit, Herr Dr. Harth, notwendige Änderungen in dem von Ihnen veröffentlichten Buch vorzunehmen und sich öffentlich differenzierter über Umwelterkrankung zu äußern.

Mit freundlichen Grüßen,

Silvia K. Müller
CSN – Chemical Sensitivity Network

Literatur:

1. APD Rundbrief 2007

2. APD Tipps für die Praxis

3. MCS – Multiple Chemical Sensitivity – WHO ICD-10 T78.4

4. Psychiatrisierung von MCS Kranken stellt in Deutschland den Tatbestand der Diskriminierung Behinderter dar

5, 6.FR – Life-Style Krankheiten auf dem Vormarsch

6. Handelsblatt – Wenn der Luxus krank macht

7. Ausländische Wissenschaftler fragen; What’s up on Germany?

8. Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer, Vorwort, Wenn Gifte auf die Nerven gehen

Medikamentenunverträglichkeit bei Patienten mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity häufig

Pillen, Tabletten oft Glückspiel

Unerträgliche Schmerzen, ein Infekt, der behandelnde Arzt weiß genau, welches Medikament helfen würde. Trotzdem sind dem Arzt möglicherweise die Hände gebunden, denn wenn der Patient gleichzeitig unter MCS – Multiple Chemical Sensitivity leidet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er viele Medikamente nicht verstoffwechseln kann oder allergisch darauf reagiert.

Chemikaliensensitivität – Reaktionen auf Medikamente
Die Tokyo University of Science führte eine Studie „Die Probleme von Patienten mit Multiple Chemical Sensitivity bei der Einnahme von Medikamenten“ durch. Ziel der Studie war die Erfassung, inwieweit MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. 205 Personen, die durch einen Arzt MCS diagnostiziert bekommen hatten, nahmen teil. Die Ergebnisse zeigten, dass 60% der MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamente hatten. Die größten Probleme offenbarten sich bei Frauen und Personen in der Altersgruppe zwischen 40-59 Jahren, sowie bei Patienten, die ihre MCS als Folge von Pestizidintoxikation oder durch Medikamente entwickelt hatten.

Allergien erschweren, verhindern Medikamenteneinnahme
Die japanischen Wissenschaftler stellten fest, dass Lidocain, ein Anästhetikum, nahezu nicht anwendbar ist bei MCS Patienten. Weiterhin waren Koffein, Aspirin, Chlorphenylamin Maletat, Minocyclin Hydrochlorid, Levofloxacin, etc. bei MCS Patienten ungeeignet. Viele der befragten Patienten, die die aufgeführten Medikamente als nicht tolerierbar angaben, berichteten über Allergien in ihrem Werdegang. Dies lässt darauf schließen, dass Allergien ebenfalls beteiligt sind bei den Beschwerden, die die Patienten bei der Einnahme von Medikamenten bekommen (1).

Genvarianten verhindern reibungslose Verstoffwechselung
Die Verstoffwechselung von Medikamenten kann durch Genvarianten erschwert bis verhindert werden. (2-5) Das Gen CYP2D6 (codiert das Entgiftungsenzym Cytochrom P450 2D6), das in einer Studie von McKeowen-Eyssen in seiner aktiven Form bei den Chemikaliensensiblen mehr als dreimal so oft vertreten war wie bei der Kontrollgruppe, gehört hierzu. Diese aktive Form ist mit entsprechend schnellerer Verstoffwechselung verbunden. Das Gen dient zum Abbau von neurotoxischen Chemikalien und von Medikamenten, die das Nervensystem beeinflussen. Hierzu gehören u.a. Antidepressiva, Stimmungsaufheller, Codein.

Frauen mit der schnell arbeitenden NAT2-Variante (N-Acetyltransferase 2), die sogenannten schnellen Acetylierer, wurden von McKeowen-Eyssen bei Chemikaliensensiblen viermal so häufig ermittelt als bei der Kontrollgruppe. Auch NAT2 spielt wie CYP2D6 eine wichtige Rolle bei der Entgiftung von zahlreichen Medikamenten und toxischen Chemikalien. Chemikaliensensible, die einen oder mehrere Genvarianten, die den Fremdstoffwechsel steuern, tragen, müssen zwangläufig Nebenwirkungen und erhöhte Risiken bei der Einnahme von bestimmten Medikamenten einkalkulieren.

Umweltmedizin bietet Alternativen
Durch die schwierige Problematik, vor die ein Arzt durch Medikamentenintoleranzen und -unverträglichkeiten bei chemikaliensensiblen Patienten gestellt wird, wird deutlich, wie dringlich es ist, die Umweltmedizin zu fördern, Behandlungsangebote in die Schulmedizin zu integrieren und spezielles umweltmedizinisches Fachwissen für niedergelassene Ärzte zugänglich zu machen. Das Finden von sicheren und praktikablen Alternativen für Chemikaliensensible könnte, neben der Verringerung von Leiden, auch Menschenleben retten.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 30.01.2009

Literatur:
1. Suzuki J; Nikko H; Kaiho F; Yamaguchi K; Wada H; Suzuki M., Faculty of Pharmaceutical Sciences, Tokyo University of Science, Yamazaki, Noda, Japan, The problems of multiple-chemical sensitivity patients in using medicinal drugs
Yakugaku Zasshi 2004 Aug;124(8):561-70
2. Eckart Schnakenberg, Karl-Rainer Fabig , Martin Stanulla, Nils Strobl , Michael Lustig , Nathalie Fabig and Werner Schloot,  A cross-sectional study of self-reported chemical-related sensitivity is associated with gene variants of drug-metabolizing enzymes, Environmental Health 2007, 6:6
3. McKeown-Eyssen G, Baines C, Cole DE, Riley N, Tyndale RF, Marshall L, Jazmaji V: Case-control study of genotypes in multiple chemical sensitivity: CYP2D6, NAT1, NAT2, PON1, PON2 and MTHFR. Int J Epidemiol 2004, 33:971-978
4. Haley, RW, Billecke, S, La Du, BN (1999). Association of low PON1 type Q (type A) Acetyl esterase activity with neurologic symptom complexes in Gulf War Veterans. Toxicology and Applied Pharmacology 157(3):227-33
5. Spivey, Angela: Genes and Sensitivity, Environmental Health Perspectives, 113(3), 2005

ADHS und Allergien – begünstigt durch Farbstoffe in Lebensmitteln?

Zuckerwatte mit Farbstoffen

Bunte Lebensmittel lecker und gesund?

 Unseren Lebensmitteln werden zunehmend Zusatzstoffe u. a. auch Farbstoffe beigemischt, um deren Eigenschaften wie Optik, Geschmack und die Haltbarkeit aufzuwerten. Die wenigsten Farbstoffe sind natürlichen Ursprungs. Man unterscheidet natürliche, naturidentische und synthetische Lebensmittelfarben, deren Kennzeichnung durch E-Nummern erfolgt. Synthetische Lebensmittelfarben sind preiswert, lichtecht und chemisch stabil, was als entscheidender Vorteil gegenüber natürlichen Lebensmittelfarbstoffen angesehen wird. Vermutlich kommen sie deshalb in solch hohem Maße zum Einsatz. 

Natürliche Farbstoffe
Zu den natürlichen Lebensmittelfarbstoffen gehören Eigelb, färbende Gewürze (Paprika und Safran), Frucht- und Gemüsesäfte, Carotin und Riboflavin. Der gelbe pflanzliche Farbstoff Riboflavin färbt bspw. Käse und Margarine. Auch gibt es Farbstoffe tierischen Ursprungs, wie die Tinte von Sepia oder den Farbstoff „Cochenille“, der aus gemahlenen Läusen gewonnen wird und mit seinem roten Farbton Getränke z. B. Campari, zu einem leuchtenden Rot verhilft und als unbedenklich gilt. Frischen und unverarbeiteten Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Geflügel sowie Fruchtsäften, dürfen Farbstoffe nicht zugefügt werden.
 
Naturidentische Farbstoffe kommen aus dem Chemielabor
Naturidentische Farbstoffe suggerieren ein unbekümmertes Gefühl, man gelangt zu dem Trugschluss, sie seien auf natürlicher Basis. Naturidentische Farbstoffe stammen jedoch ausschließlich aus dem Chemielabor und sind chemische Nachbauten natürlicher Stoffe.
 
Azo-Farben im Essen – Nein danke!
Künstliche Farbstoffe basieren auf Grundstoffen der Erdölchemie. Besonders problematisch sind die synthetisch hergestellten Azo-Farbstoffe, die hauptsächlich in Getränken, Süßigkeiten, Nährmitteln, Desserts, Kunstspeiseeis, Fruchtjoghurts und Fruchtgummis, Verwendung finden und in Verdacht stehen Allergien und Überempfindlichkeiten auszulösen sowie Hyperaktivität zu begünstigen. Doch auch andere Erkrankungen werden ursächlich Lebensmittelfarben zugeordnet, z. B. das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, auch ADHS genannt, an dem viele Kinder und Jugendliche erkrankt sind. Lt. BUND können Farbstoffe, wie z. B. der wasserlösliche synthetische Azo-Farbstoff Cochenillerot A (E 124) allergische Reaktionen auslösen und Asthma verstärken. Selbst MCS – Multiple Chemical Sensitivity kann durch Azo-Farbstoffe ausgelöst werden, wie japanische Wissenschaftler feststellten. Ergänzend gibt der BUND zu bedenken, dass man über Wechselwirkungen von E-Stoffen untereinander und mit anderen Stoffen bisher zu wenig weiß. 

Entscheidung des EU-Parlament nicht verbraucherfreundlich
Leider wurde bei der Abstimmung bzgl. Lebensmittelzusatzstoffe im EU-Parlament des vergangenen Jahres, einem Verbot der gesundheitsgefährdeten Azo-Farbstoffen widersprochen. Die Chemie hat Vorrang vor unserer Gesundheit. Insbesondere die Gesundheit unserer Kinder wird völlig unnötig aufs Spiel gesetzt, denn Azo-Farbstoffe kommen in den von Kindern so heißbegehrten Süßigkeiten und Limonaden verstärkt zum Einsatz, sind aber nicht notwendig, da es unbedenkliche Alternativen gibt. Azo-Farbstoffe die in Lebensmitteln verarbeitet werden, unterliegen auf Grund des EU-Beschlusses nur einer Kennzeichnungspflicht. Die besorgniserregenden britischen Studienergebnisse der Southampton Universität aus dem Jahr 2007, warnen vor nachgewiesenen aggressiven Verhaltensauffälligkeiten und Konzentrationsschwächen bei Kindern, ausgelöst durch Azo-Farbstoffe und Chinolingelb in Lebensmitteln.
 
Nur wegen der Optik Risiken hinnehmen?
Das Färben von Lebensmitteln ist nicht erforderlich, es dient oftmals nur der Optik, wie bereits am Anfang des Berichts erwähnt. Umso unverständlicher ist die passive Hinnahme möglicher Gesundheitsstörungen, durch den Einsatz krankmachender Farbstoffe, anstatt nur noch unbedenkliche Lebensmittelfarben zu zulassen. 

Da lobe ich mir biologisch erzeugte Nahrungsmittel, bei denen Azo-Farben strikt verboten sind, außerdem koche ich vieles selber. Demnächst versuche ich mich mal am Zubereiten von Speiseeis, kann nicht so schwer sein. Ich bin mir sicher, dass es mir sogar Freude bereitet. 

Vergleicht einmal frisch gekochten Vanillepudding mit einem Tütenpudding, ratet mal, welcher besser schmeckt… 

In diesem Sinne, viel Spaß beim kreieren gesunder selbstgemachter Speisen ohne Azo-Farbstoffe & Co,

Eure Maria

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MCS-Studie des RKI hatte erhebliche Mängel im Studiendesign, stellten Studienleiter fest

Perplex über Mängel

Obwohl die RKI MCS-Studie längst überholt und ein alter verstaubter Hut ist, wurde sie mehrfach neu publiziert und wird hier in Deutschland noch immer als State of the Art zu MCS – Multiple Chemical Sensitivity angeführt. Und das, obwohl ein Fachgespräch zur Studie schon 2003 Mängel im Studiendesign festgestellt hatte.

Am 04.09.2003 fand in Berlin ein Fachgespräch MCS im Umweltbundesamt statt. Es trug den Titel: „Was hat das abgeschlossene MCS-Vorhaben gebracht?“ Bei diesem Fachgespräch wurde verdeutlicht, dass die MCS-Studie eine Studie mit erheblichen Mängeln war. Aus der Sicht der beteiligten Ambulanzen äußerten sich Prof. Dr. med. Thomas Eikmann und Dr. med. Doris Stinner vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Justus-Liebig-Universität Giessen wie folgt:

Zitat: „Die vorliegende Multi-Center-Studie ist als deskriptive Studie angelegt, und führt daher nicht zu wesentlichen neuen Erkenntnissen der Ätiopathogenese, was aufgrund des Studiendesigns auch nicht zu erwarten war. Sie weist eine Reihe methodischer Schwächen auf, die bei einer Fortführung oder bei weiteren Untersuchungen vermieden werden sollten. Nur auf diese Weise kann das Ziel einer einheitlichen Dokumentation von Patienten mit (selbstberichteter) MCS nach klinisch-diagnostischen und wissenschaftlich fundierten Kriterien erreicht werden. Unter Berücksichtigung der beschriebenen methodischen Schwierigkeiten bestätigen die vorliegenden Untersuchungsdaten die bisherigen Erkenntnisse zur Beschreibung und Charakterisierung von MCS.“

Duftstoffe lösen Reaktionen bei Personen mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity aus. Treten Reaktionen auch auf natürliche Duftstoffe auf?

Reaktionen auf Duftstoffe

Internationalen Studien zufolge gelten Duftstoffe und Parfums zu den Hauptauslösern für Reaktionen bei Chemikaliensensiblen. Kopfschmerzen, Atemwegsbeschwerden, Schwindel, Koordinationsstörungen, Übelkeit und viele weitere Beschwerden werden von MCS Kranken als Reaktion aufgeführt. 

 

MCS Blogfrage der Woche

  • Sind Reaktionen auf Duftstoffe und Parfums bei MCS Kranken nur auf synthetisch zusammengesetzte Kompositionen beschränkt, oder reagieren Chemikaliensensible auch auf Aromaöle rein natürlichen Ursprungs?  
  • Bereitet Euch Orangenöl, Neroli, Lavendelöl, Nelkenöl, Rosenöl, etc., die in Duftlämpchen in so mancher Arzt- oder Therapeutenpraxis angewendet werden, Probleme oder empfindet Ihr diese natürlichen Düfte eher als wohltuend?  
  • Hindern Euch natürliche Aromaöle, natürliche Raumbeduftung daran, manche Räumlichkeiten zu betreten? 
  • Welche Symptome stellen sich bei Euch durch Aromaöle, Naturparfums, Düfte in Naturkosmetik oder durch Raumbeduftung ein?

Die Psychiatrisierung von MCS-Kranken stellt in Deutschland den Tatbestand der Diskriminierung körperlich Behinderter dar

Menschen, die an Multiple Chemical Sensitivity (MCS) erkrankt sind, werden mit Faktoren konfrontiert, die bei kaum einer anderen Krankheit in vergleichbarem Maße in Erscheinung treten:

MCS Erkrankte leiden unter:

  • den Schmerzen durch ihre Krankheit
  • der Isolation, erzwungen durch ihre Reaktionen auf minimale Konzentrationen von Alltagschemikalien
  • mangelnder adäquater medizinischer Versorgung
  • dem Verlust von Beruf, Freunden, Vermögen,…
  • der Einbuße ihrer Freiheit und ihrer Lebensqualität
  • der Diskriminierung, der sie von vielen Seiten ausgesetzt sind

Der Faktor, den Chemikaliensensible als den Punkt anführen, unter dem sie am Allermeisten leiden, ist die Diskriminierung, der sie oft in unserer Gesellschaft und durch Behörden ausgesetzt sind.

MCS ist als körperliche Krankheit einklassifiziert
MCS ist im für Deutschland gültigen WHO Register der Krankheiten, dem ICD-10 GM, als körperliche Krankheit einklassifiziert. MCS trägt dort den Diagnoseschlüssel T.78.4 und ist dem Kapitel 19 unter „Verletzungen, Vergiftungen“ zugeordnet. In Deutschland sind Ärzte und Dokumentare in Krankenhäusern nach dem Sozialgesetzbuch V dieser rechtsverbindlichen Klassifizierung verpflichtet. (1,2,3)

MCS ist eine körperliche Behinderung, aber…
Multiple Chemical Sensitivity (MCS) ist in Deutschland seit 2005 als körperliche Behinderung anerkannt (Ziffer 26.18, Register Einschränkung des Bewegungsapparates). Der Behindertenstatus wird auf Antrag im Einzelfall zugebilligt. Behinderte dürfen laut geltendem Recht nicht diskriminiert werden und stehen unter besonderem Schutz. Chemikaliensensible spüren jedoch wenig von der Sicherheit, die ihnen von Rechts wegen gewährt wird, im Gegenteil. Sie werden aufgrund von (teils bewusster) Desinformation als psychisch Kranke abgestempelt, obwohl der internationale wissenschaftliche Sachstand klar darlegt, dass es sich um eine körperliche Krankheit handelt. Ein Kriterium dafür sind die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP), wie man nachfolgend erkennen kann:

In Deutschland wurde MCS im Jahr 2004 erstmals als Behinderung eingegliedert, jedoch hatte man Chemikalien-Sensitivität (MCS) und Chronische Erschöpfung (CFS) sehr zum Leidwesen der Erkrankten und deren Ärzte in den Leitlinien unter Ziffer 26.3 „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, psychische Traumen“ gelistet. Die Erkrankten und ihre Ärzte empfanden diese Einstufung zu Recht als Diskriminierung, was zu einer Neueingliederung im Jahr 2005 führte. (4) Seitdem werden MCS und CFS unter Ziffer 26.18 „Haltungs- und Bewegungsapparat, rheumatische Erkrankungen“ geführt. Zwar kann seither beim Vorliegen einer besonders schweren MCS ein GdB von mehr als 50 zuerkannt werden, aber in den Leitlinien befindet sich noch immer ein Punkt der Diskriminierung. MCS ist zwar körperlichen Einschränkungen zugeordnet, jedoch steht in der AHP Fassung 2008 zu lesen:

„Die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungssyndrome (z.B. CFS/MCS) sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.“

Diese Bewertung „ähnliche Somatisierungssyndrome“ verwundert, denn bereits 1998 hatte der ärztliche Sachverständigen Rat, Sektion Versorgungsmedizin, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, folgende Aussage getätigt:

„Gemäß Beschluss sind so genannte Umweltkrankheiten, wie das „MCS-Syndrom“,  die mit vegetativen Symptomen, gestörter Schmerzverarbeitung, Leistungseinbussen und Körperfunktionsstörungen, etc. einhergehen, grundsätzlich als Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht SGB IX anerkannt. Es wird darauf hingewiesen, dass psychische oder psychiatrische Krankheiten nicht mit dieser Einstufung verbunden sind.“ (5)

MCS Patienten-Initiative reklamiert Diskriminierung Behinderter
Die MCS Patienten-Initiative gegen Diskriminierung trat in Aktion und schrieb das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales an und erwirkte, dass der derzeitige Passus, in dem die Erkrankung MCS unangebrachter Weise als Somatisierungsstörung bezeichnet wurde, nun endgültig von diskriminierenden Bezeichnungen befreit und  geändert wird: (6)

Abschrift des Briefes vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Bezug auf MCSBundesministerium
für Arbeit und Soziales

MCS Patienten-Initiative
gegen Diskriminierung

Bonn, 21.November 2008

Feststellung nach dem Schwerbehindertenrecht

Sehr geehrte Frau xxx

Wie im Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Herr Thönnes angekündigt, erfolgt nun die Antwort auf Ihr Schreiben vom 29.09.2008, nachdem der Sachverständigenbeirat Versorg-ungsmedizin getagt hat.

Die Sachverständigen haben empfohlen, den Satz

„Die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungssyndrome (z.B. CFS/MCS) sind jeweils im Einzelfall entsprechen der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.“
durch
„Die Fibromyalgie, Chronisches Fatigue Syndrom (CFS), Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils entsprechen der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.“
zu ersetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Dr. Christa Rieck
Bundesministerium
für Arbeit und Soziales


Diskriminierung in Gutachterleitlinien beendet
In den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) für das kommende Jahr 2009 wird, wie im Schreiben des Bundesministeriums angekündigt, der betreffende Passus, der die Krankheit MCS als „Somatisierungsstörung“ bezeichnete, abgeändert.

Bedeutung für Chemikaliensensible
Den AHP kommt zwar keine Rechtsnormqualität zu, sie sind aber auch nicht nur als unverbindliche Richtlinien für medizinische Sachverständige zur Bewertung von Sachverhalten aufzufassen. Vielmehr handelt es sich bei den AHP nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde, um ein antizipiertes Sachverständigengutachten, das den aktuellen Wissens- und Erkenntnisstand der herrschenden medizinischen Lehrmeinung, d.h. der so genannten Schulmedizin, wiedergibt. Als einleuchtendes, abgewogenes und in sich geschlossenes Beurteilungsgefüge ermöglichen die AHP der Verwaltung und den Gerichten unter Wahrung des allgemeinen Gleichheitssatzes den zutreffenden MdE-Grad bzw. nunmehr GdS für eine Schädigungsfolge oder den GdB für eine Teilhabebeeinträchtigung zu bestimmen. (7)

Fazit für Chemikaliensensible
Durch die Eingliederung von MCS als körperliche Krankheit, der neuen Formulierung in den AHP und der Einklassifizierung von MCS als körperliche Krankheit im ICD-10 haben Chemikaliensensible endlich alles in der Hand, um ihre Krankheit auf Antrag als körperliche Behinderung anerkannt zu bekommen.

Wie aus den oben aufgeführten Tatsachen eindeutig ersichtlich, ist also die Klassifizierung von MCS als eine körperliche und nicht psychische Erkrankung in Deutschland allgemein rechtsverbindlich.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 24.12.2008

Literatur:

  1. DIMDI Schreiben an CSN, MCS ICD-10, 04.09.2008
  2. DIMDI Schreiben, 04.09.2008
  3. Bundesministerium für Gesundheit, Anwendung der ICD-10 in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 295 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, 18.12.1995
  4. BMGS Berlin, MCS Ziffer 26.18, Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit, Anhaltspunkte 2005
  5. Ärztlicher Sachverständigen Rat, Sektion Versorgungsmedizin, Bundesministerium für Arbeit, TOP 1.9, Nov. 1998.
  6. Dr. Christa Rieck, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Schreiben „Feststellung nach dem Schwerbehindertenrecht“ vom 21.11.2008
  7. Anhaltspunkte 2008, Rechtsnatur der Anhaltspunkte, Schillings/Wendler 08/2008

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Eine zauberhafte Weihnacht für alle Menschen mit Chemikaliensensitivität

Ein Weihnachtsengel berichtet

In einer Stadt in Deutschland lebte eine junge Frau. Sie war 22 Jahre alt, außerordentlich begabt und studierte Musik. Sie konnte ausgezeichnet Geige spielen und alle, die sie und ihr virtuoses Geigenspiel kannten, sagten ihr eine glänzende künstlerische Karriere voraus. Die junge Geigerin war eine schöne, bezaubernde, fröhliche Frau, die bei allen Freunden und Bekannten sehr beliebt war. Eines Tages begegnete sie einem gut aussehenden jungen Mann, der Wirtschaft studierte. Die beiden verliebten sich leidenschaftlich ineinander. Sie waren unzertrennlich und wollten später heiraten.

Doch dann erkrankte die junge Musikerin an Multiple Chemical Sensitivity – MCS. Sie war inzwischen schon berühmt und erfolgreich, gab Konzerte im In- und Ausland und wurde auf den Konzertbühnen der Welt als Klassikstar gefeiert. Als sie während einer Tournee im Flugzeug saß, wurden dort giftige Desinfektions- und Insekten-Vernichtungsmittel, Insektizide, gesprüht. Das Nervensystem, das Immunsystem und andere Organe der jungen Frau wurden durch diese Chemikalien angegriffen und geschädigt. So entwickelte sich bei ihr eine schwere Form der MCS. Nichts mehr war so wie früher. Sie vertrug auf einmal viele Stoffe nicht: Kosmetika, Parfüms, bestimmte Lebensmittel, Pollen, Autoabgase, Zigarettenrauch, Kleidung, Möbel, Teppiche.

Die Ärzte in Deutschland konnten der jungen Frau nicht helfen. Viele kannten diese Krankheit nicht, andere meinten, sie habe eine psychische Störung und bilde sich ihre Beschwerden nur ein. Man verschrieb ihr lauter teure Medikamente, die ihren Zustand nur noch mehr verschlechterten, denn sie vertrug diese pharmazeutischen Mittel aufgrund ihrer Chemikalien-Unverträglichkeit nicht und reagierte darauf mit heftigen, manchmal lebensbedrohlichen Symptomen. Als ein Arzt die junge Frau für  psychisch krank erklären und ihr gefährliche Psychopharmaka verordnen wollte, lief sie entsetzt weg, kam nach Hause und weinte lange und bitter in völliger Verzweiflung. Sie wollte endlich wieder gesund werden und ihr früheres glamouröses, glückliches Leben führen können, doch es gab nirgendwo Hilfe.

Die Ignoranz und Gleichgültigkeit der Mitmenschen machte die junge Frau ohnmächtig. Keiner wollte ihr glauben. Alle zogen sich zurück, weil es ihnen schwer fiel, sich auf ihre Unverträglichkeiten einzustellen und Rücksicht zu nehmen. Keiner wollte sich die Mühe machen, in Anwesenheit der kranken Musikerin auf Zigarettenrauchen, Parfüms und andere schädliche Stoffe zu verzichten, die bei ihr starke Beschwerden auslösten, wie unerträgliche Schmerzen im ganzen Körper, erdrückende Atemnot, Herzrasen,  Konzentrationsstörungen, Hör- und Sehschwäche, Brennen der Haut und aller Schleimhäute, Blutungen, Lähmungen, Schwindel, sogar manchmal Bewusstlosigkeit. Sie musste so sehr leiden, weil ihr Nervensystem und ihr Immunsystem von den Schadstoffen dermaßen beschädigt waren, dass sie ihre Körperfunktionen nicht mehr richtig ausführen konnten. Das war kein Leben mehr, sondern die Hölle auf Erden.

Allmählich verarmte die junge Frau, weil sie nicht mehr arbeiten konnte und für ihre ganzen medizinischen Untersuchungen und Behandlungen alleine aufkommen musste. Die Versicherungen weigerten sich zu zahlen und behaupteten, MCS sei als körperliche Erkrankung nicht anerkannt. Das war natürlich eine Lüge, damit sie nicht zahlen mussten. Die teuren Prozesse, die sie führte, um zu ihrem Recht zu kommen, verlor sie. Und damit ihr Erspartes. Eines Tages verließ sie auch ihr Geliebter, kurz vor dem Hochzeitstermin. Er hatte sich in eine andere, eine gesunde Frau, verliebt. Das brach ihr endgültig das Herz.

Doch dann fand sie endlich einen guten Facharzt, der sich mit MCS auskannte, einen Umweltmediziner. Er stellte die richtige Diagnose und konnte ihr auch helfen, ihre Beschwerden zu lindern, doch heilen konnte er diese schwere Erkrankung nicht. Sie musste damit leben. Um ihre Gesundheit wenigstens ein bisschen zu stabilisieren, musste sie sich biologisch ernähren und Chemikalien und andere Schadstoffe weitestgehend meiden. Deshalb konnte sie nicht mehr Kontakte zu anderen Menschen pflegen, weil viele von ihnen Schadstoffe in jeglicher Form benutzten und nicht bereit waren, darauf zu verzichten. Sie vereinsamte. So trostlos lebte sie zehn Jahre lang.

Eines Tages, es war im Winter, an Heiligabend, ging sie hinaus auf die Straße, um einen Spaziergang zu machen. Es war schon dunkel und es gab keine Menschen draußen. Alle waren zu Hause mit Familie und Freunden, um Weihnachten zu feiern. Sie lief langsam die Straße entlang und fing an, leise zu weinen. Die Tränen kullerten über ihr Gesicht wie kleine traurige Perlen, und die ganze winterliche Welt schien mit ihr zu weinen.

Auf einmal fing es an zu schneien. Die Schneeflocken waren groß, hell und gütig. Eine Schneeflocke küsste ihr Gesicht. Sie sah, wie aus der verzauberten Nacht eine dunkle gebückte Gestalt auftauchte, wie ein Weihnachtsgeist. Es war ein alter Mann mit weißem Bart und abgenutztem Mantel, der an einigen Stellen im Stoff schon Löcher hatte. Ein armer Obdachloser, dachte sie. Sie griff in ihre Jackentasche und wollte ihm eine kleine Spende geben, doch da fiel ihr ein, dass sie kein Geld bei sich hatte. „Warten Sie hier, ich wohne ganz in der Nähe. Ich hole ein bisschen Geld, damit Sie sich etwas zum Essen kaufen können. Bin gleich wieder zurück.“ Der alte Mann sah sie lächelnd an. Er hatte seltsame ungewöhnlich große Augen, die wie tiefe Tunnel anmuteten. „Danke für die milde Gabe und frohe Weihnachten, mein Kind“, sagte er, obwohl seine Stimme nicht zu hören war. Dann war er ins Nichts verschwunden, so wie er aus dem Nichts gekommen war.

Die junge ging sofort nach Hause. Es war ihr warm und sie fühlte, wie ihr Herz sich mit Liebe und Freude erfüllte, und sang, und tanzte. Sie setzte sich hin und  brachte diese Melodie, die in ihr erklang, zu Papier.

Nach den Feiertagen rief sie ihren früheren Produzenten an. Er fand die Musik schön und schlug vor, daraus ein Musical zu machen. Eines Tages rief der Produzent an. Er wollte die junge Musikerin mit einem Schriftsteller bekannt machen, der den Text zu ihrer Musik schreiben sollte. „Keine Sorge“, sagte der Produzent. „Du kannst Dich mit ihm treffen, ohne Angst vor Beschwerden zu haben, weil er keine chemischen Produkte benutzt. Er hat auch MCS wie Du.“ Am nächsten Tag wurde sie dem Autor vorgestellt. Er war sehr sympathisch und es war für beide Liebe auf den ersten Blick. Sie unterhielten sich lange über das Musical. Dann fragte er: „Was halten Sie davon, wenn wir es LOVE STORY nennen?“ Seine Augen tauchten dabei in ihre Augen ein. Es wurde ihr auf einmal sehr warm im leicht kühlen Zimmer, sie sagte: „Mir fällt kein besserer Titel ein“. Und lächelte.

Das Musical wurde ein voller Erfolg. Bald folgten weitere Highlights. Drei Jahre später gründete sie eine Stiftung, mit der sie anderen in Not geratenen MCS-Kranken helfen konnte.

Diese Geschichte wurde mir von einem kleinen Weihnachtsengel erzählt. Und ich erzählte sie euch.

Allen MCS-Kranken Frohe Weihnachten und viel Glück im Neuen Jahr!

Maria Magdalena

MCS-SOS: Umweltmedizinische Tagung zu den Themen MCS und CFS in Bern

Prof.Dr. Martin Pall

Multiple Chemical Sensitivity – MCS, unter diesem Titel fand am 3. Dez. 2008 ein Nachmittag zu den Themen MCS und CFS am Inselspital in Bern statt.

Eröffnet wurde der Anlass mit einer Begrüßungsrede durch Nationalrätin Frau Dr. med. Yvonne Gilli.

Silvia K. Müller / BernAnschließend erzählte Silvia K. Müller, Leiterin des Chemical Sensitivity Network Deutschland, vom Beginn ihrer Krankheit (Vortrag) und deren Auswirkungen auf ihr Leben. (Powerpoint Präsentation zum Vortrag)

Dr. med. Peter Binz, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aus Trier, schilderte Beispiele aus seiner langjährigen Praxiserfahrung mit Chemikaliengeschädigten, zeigte Diagnosemöglichkeiten und klärte über die wichtigsten gefährlichen Stoffe auf.Dr. Peter Binz / Bern

Während der Pause nutzten viele die Auslage des Informationstisches, naschten von den Backwaren, welche von Vereinsmitgliedern gespendet worden waren, und degustierten verschiedene PureNature-Produkte, welche uns von der Firmenleitung zur Verfügung gestellt worden waren. Bei der Gastronomie des Inselspitals gab es die Möglichkeit, diverse Getränke zu kaufen. Nach dieser Auflockerung hielt der Regionalleiter des CFS-Vereins, Patrick Caduff, seinen Vortrag, in dem er die alltäglichen Einschränkungen von CFS-Patienten sehr eindrucksvoll schilderte.

Und dies war dann eine ausgezeichnete Überleitung zu dem doch sehr wissenschaftlichen Vortrag von Dr. Martin L. Pall. Der bekannte Professor der Biochemie wurde von der Europäischen Akademie für Umweltmedizin e.V. nach Europa eingeladen, und davon konnten nun auch wir in Bern profitieren. Dr. Pall hielt sein Referat zum Thema „Der NO/ONOO Zyklus“ in englischer Sprache. Seine Präsentation und weiteres Informationsmaterial kann man bei Interesse über unsere Vereinsadresse anfordern.

Dr. Roman LiethaHervorragend moderiert wurde der gesamte Nachmittag mit anschließender Diskussionsrunde von Dr. med. Roman Lietha. Er ist Vorstandsmitglied der Fachgesellschaft Ernährung und Orthomolekularmedizin FEOS.

Unterstützt wurden wir zusätzlich durch Dr. med. Klaus Tereh, welcher im Hintergrund für uns wichtige organisatorische Punkte übernahm. Erwähnen möchten wir auch den hervorragenden Service des Inselspitals. Besonders die Technik des Hörsaals leistete sehr gute Arbeit und wir konnten uns vollumfänglich auf sie verlassen.

Nun gilt es, die letzten Rechnungen zu begleichen, und wir sind sehr dankbar, dass uns die MCS-Liga Schweiz, der CFS-Verein Schweiz und diverse Spender bei der Mitfinanzierung unterstützen.

Während des gesamten Nachmittages wurden professionelle Filmaufnahmen gemacht. Daraus wird nun eine Doppel-DVD produziert, welche nach Fertigstellung beim Veranstalter Verein MCS-Selbsthilfeorganisation Schweiz – ev. nach Absprache auch bei den beteiligten Institutionen – gegen einen angemessenen Betrag bezogen werden kann. Bestellungen können schon jetzt entgegen genommen werden. Auch ich freue mich auf diese Dokumentation mit deutscher Synchronisation des Referates von Dr. Pall, denn ich vertrug den Hörsaal überhaupt nicht und verbrachte den größten Teil der Zeit im Foyer. Aus diesem Grund habe ich Jörg Müller gebeten, einige Zeilen aus der Sicht eines Besuchers und Zuhörers zu schildern Vielen Dank an Jörg Müller für seinen nachfolgended im Blog erscheinenden Beitrag!

Zum Schluss möchte ich mich im Namen unseres Vereins noch einmal bei allen herzlich bedanken, die diesen Nachmittag überhaupt möglich gemacht und sich in irgendeiner Weise dafür eingesetzt haben.

Heidi Streminger Präsidentin der MCS-Selbsthilfeorganisation Schweiz: MCS-SOS

Weitere Artikel zu Prof. Dr. Martin Pall:

Ein kurzer Überblick über den Vortrag von Prof. Dr. Martin Pall: MCS – Toxikologische Entstehungsmechanismen und therapeutische Annäherungsversuche

MCS ist keine unerklärbare Krankheit

Prof. Martin Pall hielt den nachfolgend in Kurzfassung wiedergegebenen Vortrag am 3. Dezember an der Universität Bern in der Schweiz und einen Tag später in Zürich. Weitere Stationen der europäischen Vortragsreise von Prof. Pall waren u.a. in Paris, Rom und Würzburg, sowie abschließend im Europaparlament in Strassburg.

Die Präsentation zum Vortrag kann hier im Original angeschaut werden: Explaining „unexplained Illnesses“ (Das Laden der Datei dauert eine Weile)


Die nachfolgend angegebenen Seitenzahlen im Text beziehen sich auf die Originalpräsentation. Zum besseren Verständnis ist es ratsam, sich den Artikel auszudrucken und synchron dazu die Präsentation von Prof. Pall anzuschauen.

MCS – Toxikologische Entstehungsmechanismen, therapeutische Annäherungsversuche
Prof. Pall beginnt mit der Feststellung, dass Chronic Fatigue Syndrome (CFS), Fibromyalgie (FM), Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und, in einigen Fällen, Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) vielfältige Überschneidungen und möglicherweise eine gemeinsame Krankheitsätiologie (Ursache) haben, was bereits von vielen Forschergruppen vermutet und vorgeschlagen wurde. (S.2-5)

Heilung ist selten
Was die Prognose der Erkrankungen betrifft, wird bezüglich CFS und FM in der wissenschaftlichen Literatur zwar von vollständiger Heilung berichtet, sie tritt allerdings selten auf. Nur etwa 10% der CFS- und FM-Patienten werden wieder völlig gesund, und dies dauert in der Regel mehrere Jahre. Bei MCS tritt völlige Heilung, wenn überhaupt, sehr selten ein. MCS-Erkrankte erfahren aber eine Besserung der Krankheitssymptome, falls sie die Exposition gegenüber den Chemikaliengruppen vermeiden können, die die Krankheitssymptome auslösen. (S.6)

Die Skeptiker irren sich
Prof. Pall richtet im Folgenden seinen Blick speziell auf MCS und da auf die Frage: Wie können diese so vielfältigen chemischen Substanzen, die sowohl in die Entstehung der Erkrankung MCS verwickelt sind als auch später bei bereits an MCS Erkrankten als Auslöser fungieren, dieselbe Reaktion im Körper auslösen? Manche MCS-Skeptiker, einschließlich Ronald Gots, stellten die Existenz einer gleichen Wirkung so vielfältiger Chemikalien in Abrede. Die Skeptiker irrten sich, sagt Prof. Pall. Er wird den gemeinsamen Wirkungsweg hier aufzeigen. (S.7)

An Auslösern für MCS nennt Prof. Pall folgende Chemikalien (S.8):
– Organische Lösungsmittel und artverwandte Verbindungen
– Organophosphat- und Organocarbamat-Pestizide und -Insektizide
– Organochlorpestizide und Organochlorinsektizide
– Pyrethroidhaltige Pestizide und Insektizide

aber auch:

– Schwefelwasserstoff
– Kohlenmonoxid
– Quecksilber

Auf welchem biochemischen / physiologischen Weg diese Chemikalien bei MCS wirken, zeigt die Grafik auf S. 9:
Organische Lösungsmittel … Vanilloid-Rezeptor … NMDA-Rezeptor-Aktivität … usw.
(Genaueres in der Grafik selbst)

Aus Tierversuchen ist bekannt…
Für diese vier Chemikaliengruppen (die organischen Lösungsmittel und die drei Gruppen von Pestiziden/Insektiziden) weiß man aus Tierversuchen:
Ihre Toxizität im Körper kann deutlich herabgesetzt werden durch Behandlung mit einem NMDA-Antagonisten. Das zeigt zum einen, dass diese Chemikalien die NMDA-Aktivität verstärkten, und zum anderen, dass diese erhöhte Aktivität eine sehr wichtige Rolle spielt hinsichtlich der Erzeugung der toxischen Reaktionen im Körper. (S.10)

Für die drei anderen MCS-auslösenden Chemikalien (Schwefelwasserstoff, Kohlenmonoxid, Quecksilber) beschreibt Prof. Pall ähnliche toxikologische Eigenschaften (siehe S.11).

Auf Seite 12 werden sechs weitere Beobachtungen genannt, die auf die wichtige Rolle von NMDA bei MCS hinweisen. Prof. Pall bezeichnet sie als zwingenden Beweis für eine gemeinsame toxikologische Reaktion (siehe S.12).

Tabelle 1 auf S.13 : Übersicht über Genpolymorphismen (aus 3 Studien, 1999-2007)

MCS ist keine Reaktion auf Gerüche
Mit Nachdruck weist Prof. Pall darauf hin, dass die Rezeptoren für diese verschiedenen, oben genannten Chemikalien nicht die Geruchsrezeptoren sind. Es wurde oft behauptet, dass MCS eine Reaktion auf Gerüche sei, aber das ist nicht der Fall! Selbst wenn bei MCS-Erkrankten die Nasenwege blockiert werden, reagieren sie nach wie vor auf Chemikalien. Bei einigen MCS-Patienten fehlt der Geruchssinn vollständig (Anosmie), und dennoch reagieren diese Menschen. Prof. Pall will nicht sagen, dass das Geruchssystem niemals mit einbezogen ist in das MCS-Geschehen, aber er sagt, dass der tatsächlich entscheidende Wirkungsmechanismus nicht über Geruch, Geruchsrezeptoren oder Geruchssinn geht. (S.14)

Chemikalien aktivieren Rezeptor
Wichtig hinsichtlich der Reaktion auf Chemikalien ist also, wie Prof. Pall bis hierher dargelegt hat, dass die genannten Chemikalien den NMDA-Rezeptor aktivieren. Im Folgenden (S.15-23) beschreibt Prof. Pall nun den weiteren Reaktionsweg, das Einströmen von Calcium in die Zellen, die Bildung von Peroxynitrit und schließlich den Teufelskreis Stickstoffmonoxid (NO) – Peroxynitrit (NO3, Nitratanion) und seine Rolle im MCS-Geschehen. Dabei weist er auch auf Stoffwechselstörungen der Mitochondrien und die Bedeutung von Tetrahydrobiopterin hin, das selbst wieder in der Lage ist, einen weiteren Teufelskreis in Gang zu halten. (S.19)
Auslöser und auslösende Faktoren hinsichtlich NO-NO3-Teufelskreis nennt Prof. Pall auf S.17.
Fünf wichtige Punkte zu dem Geschehen führt Prof. Pall auf Seite 21 auf:
  1. Befristete Auslöser lösen diese Multisystem-Erkrankungen aus, indem sie Stickstoffmonoxid oder andere Elemente des Zyklus stimulieren
  2. Dieses Ansteigen an Stickstoffmonoxid und Peroxynitrit setzt den NO/ONOO- Zyklus in Gang, der dann diese chronischen Erkrankungen verursacht.
  3. Die Symptome und Anzeichen dieser Erkrankungen werden verursacht durch Erhöhungen an Bestandteilen des NO/ONOO- Zyklus, Stickstoffmonoxid, Hyperoxid, Peroxynitrit, NF-kappaB, oxidativem Stress, Vanilloid-Aktivität, NMDA-Aktivität etc.
  4. Die diesem Kreislauf zu Grunde liegende Biochemie findet auf regionaler Ebene statt, da Stickstoffmonoxid, Hyperoxid und Peroxynitrit begrenzte Halbwertszeiten in biologischen Geweben haben und da der positive Rückkopplungsmechanismus, der diesen Kreislauf am Laufen erhält, auf zellulärer Ebene stattfindet.
  5. Die Therapie sollte primär darauf abzielen, Teile des NO/ONOO- Zyklus nach unten zu regulieren, und weniger darauf, Erleichterung im Bereich der Symptome zu verschaffen.(S.21)

Symptome und deren Ursachen

In seinem Buch beschrieb Prof. Pall für 16 Symptome und Anzeichen, die häufig bei MCS, CFS, FM und PTSD vorkommen, den möglichen Wirkungsmechanismus. Auf den Seiten 25 und 26 seines Vortrags gibt er einen kurzgefassten Überblick darüber. So ist z.B. das Symptom „Lern- und Gedächtnisschwierigkeiten“ erklärbar als eine Folge von erhöhtem Stickstoffmonoxid im Gehirn und einem erniedrigten Energiestoffwechsel des Gehirns. (Weitere Symptome und deren Ursachen siehe S.25,26)

1000-mal empfindlicher als Gesunde
Im folgenden Teil des Vortrags wird Prof. Pall sich nicht mehr mit allen 4 Erkrankungen beschäftigen, sondern sich auf die Frage konzentrieren, über welche Wirkungswege es zu den spezifischen Veränderungen bei MCS kommt. Dabei sollen zum Beispiel diese Fragen geklärt werden:
  • Wie können Menschen mit MCS so hoch empfindlich sein gegenüber einer so enormen Vielzahl an Chemikalien, etwa 1000-mal empfindlicher als Gesunde?
  • Und wie kann frühere Chemikalienexposition diese derart hochgradige Sensitivität verursachen? (S.27)

Vergleich NO/ONOO-Modell – neurale Sensibilisierung
Einen sehr großen Durchbruch in Hinblick auf das Verstehen von MCS erhielt man, als Prof. Pall das NO/ONOO-Modell mit dem Modell der neuralen (neuronalen) Sensibilisierung, das Dr. Iris Bell entwickelt hatte, verglich. Dr. Bell erörterte, dass der Hauptmechanismus bei MCS eine neurale (neuronale) Sensibilisierung im Bereich des Hippocampus sei. Das ist die Gegend, die auch eine Schlüsselfunktion für das Lernen und das Gedächtnis innehat. Dr. Bell entwickelte die Vorstellung, dass die Synapsen im Gehirn, also die Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, über die die Reizleitung vermittelt wird, sowohl empfänglicher werden für Reize als auch stärker auf ankommende Reize reagieren, und das als Folge auf die Exposition gegenüber Chemikalien. Die Grundidee bei dieser neuralen Sensibilisierung ist, dass dieser Prozess der neuralen Sensibilisierung, die sich hier im Hippocampus ganz selektiv auswirkt auf Lernen und Gedächtnisleistungen, bei MCS vermutlich sehr stark aktiviert ist. (S.28)

Der Hauptmechanismus neuraler Sensibilisierung ist bekannt als Langzeit-Potenzierung (LTP). LTP führt bekanntermaßen zu erhöhter NMDA-Rezeptor-Aktivität, erhöhtem intrazellulären Calcium, Stickstoffmonoxid und auch Hyperoxid. Man erkennt also sofort wichtige Verbindungen zwischen dem Mechanismus des NO/ONOO-Kreislaufs und dem Mechanismus der neuralen Sensibilisierung von Dr. Bell. Wenn man es also mit Chemikalien zu tun hat, die eine erhöhte NMDA-Aktivität auslösen, kann man ersehen, auf welche Weise sie den LTP-Mechanismus in hohem Maß stimulieren könnten. Etliche Faktoren des NO/ONOO-Zyklus spielen eine Rolle bei der Langzeit-Potenzierung. Zu diesen Faktoren gehören auch erhöhte NMDA-Rezeptor-Aktivität, erhöhtes intrazelluläres Calcium, Stickstoffmonoxid und -hyperoxid. (S.29)

Eine stark vereinfachte Darstellung einiger dieser Vorgänge ist auf S.30 zu sehen.
(Erweiternde Anmerkung: Zu neuraler / neuronaler Sensibilisierung schreibt Prof. Pall auch in diesem Artikel:
Neural Sensitization

Sieben  Wirkungsmechanismen können eine Rolle spielen

Es gibt 7 Wirkungsmechanismen, die für das Entstehen der Chemikaliensensitivität bei MCS eine wichtige Rolle spielen können:

  • Die Wirkung von Chemikalien verstärkt die NMDA-Aktivität in Gehirnregionen, in denen der NO/ONOO-Zyklus bereits verstärkt abläuft, was wiederum durch vorausgehende Exposition gegenüber Chemikalien hervorgerufen worden war.
  • Stickstoffmonoxid wirkt als „rückläufiger Botenstoff“ und verstärkt dadurch die NMDA-Stimulation.
  • NO3, das Nitratanion, bewirkt eine Verminderung des Energiestoffwechsels, was zu einer erhöhten NMDA-Sensitivität gegenüber Stimulierung führt.
  • NO3 bewirkt eine Verminderung des Energiestoffwechsels, der Glutamat-Transport sinkt, die NMDA-Stimulierung nimmt dadurch zu.
    Stickstoffmonoxid inhibiert den Cytochrom P450-abhängigen Um- und Abbau von Chemikalien und führt dadurch zu einer vermehrten Ansammlung von Chemikalien.
  • NO3 schädigt die Blut-Hirn-Schranke und führt dadurch zu einem vermehrten Einströmen von Chemikalien ins Gehirn.
  • Oxidationsmittel und Hyperoxide führen zu erhöhter Vanilloid-Aktivität und damit zu erhöhter Sensibilität gegenüber organischen Lösungsmitteln. (S.31)

Neurogene Entzündung und Mastzellaktivierung
Dr. William Meggs, ein medizinischer Forscher an der medizinischen Fakultät in North Carolina, beschrieb Studien, die er und andere durchgeführt hatten, in denen sich Chemikaliensensitivität in anderen Regionen des Körpers zeigte. Diese periphere (sich außerhalb des Gehirns zeigende) Sensitivität tritt in den unteren Lungenbereichen auf, im oberen Respirationstrakt, auf der Haut und im Gastrointestinaltrakt. Diese Sensitivitätsreaktionen werden ausgelöst durch vorausgehende Chemikalienexposition, und die auslösenden Chemikalien sind denen ähnlich, die bei der zentralen (im Gehirn auftretenden) Sensitivität ursächlich beteiligt sind. Daraus lässt sich schließen, dass ähnliche Reaktionsmechanismen ablaufen. Bei einigen MCS-Patienten sind alle diese peripheren Regionen vom Krankheitsgeschehen betroffen, bei anderen Patienten fehlen periphere Reaktionen völlig.

Meggs und auch Heuser berichteten über zwei zusätzliche Mechanismen, die ursächlich an diesen peripheren Sensitivitätsreaktionen beteiligt sind: neurogene Entzündung und Mastzellaktivierung. Beide Mechanismen sind kompatibel mit dem Mechanismus des NO/ONOO- Kreislaufs. (Man kann sie unter einen Hut bringen.) (S.32)

Messbare Veränderungen bei Chemikaliensensiblen
Gibt es irgendwelche speziellen Eigenheiten dieser Erkrankung, die man messen kann, die MCS-Erkrankte deutlich von anderen unterscheiden?
Bell (in Arizona) berichtete über Veränderungen in EEG-Mustern als Reaktion auf Chemikalienexposition im Niedrigdosisbereich. Kimata (in Japan) berichtete über Veränderungen sowohl der NGF-Levels (NGF, nerve growth factor, Nervenwachstumsfaktor) als auch der Histamin-Levels, die ebenfalls für MCS spezifisch sein dürften.

Millqvist (in Schweden) berichtete über erhöhte Hustenreaktion in Verbindung mit Capsaicin bei MCS-Patienten. Shinohara (in Japan) berichtete Hypersensitivitätsreaktionen auf Chemikalien und Joffres (in Canada) Veränderungen in der Hautleitfähigkeit nach niedriger Chemikalienexposition. Es gibt eine Anzahl Studien mit Messungen der Nasenspülflüssigkeit (NAL), die zeigen, dass chemisch sensitive Personen mit erhöhten Entzündungsmarkern auf Chemikalienexposition reagieren.

Jede einzelne dieser Veränderungen kann eine spezifische Veränderung bei MCS-Erkrankten sein und jede einzelne dieser Veränderungen lässt sich mit dem Modell des NO/ONOO- Zyklus´ erklären. Diese Veränderungen sollten als mögliche „spezifische Biomarker“ für MCS betrachtet werden. (S.33)

Therapiemaßnahmen, Fragen und Antworten
Im weiteren Vortrag beschäftigt sich Prof. Pall mit Maßnahmen zur Therapie (S.34-41) und hebt nochmals die Bedeutung des NO-Peroxynitrit-Zyklus´ hervor (S.42- 45). Er streift die Themen neuronale Entzündung und Mastzellaktivierung bei peripheren MCS-Symptomen, sowie mögliche Veränderungen im Porphyrinstoffwechsel bei MCS -Erkrankten (S.46).

Die Rolle der Mykotoxine beim Entstehen von MCS wurde bislang nicht geklärt. Da bekannt ist, dass einige Mykotoxine den TRPV1 – Rezeptor stimulieren, schlugen Anderson und Prof. Pall diesen Weg als möglichen Reaktionsweg der Pilze in diesem Krankheitsgeschehen vor.

Der Vanilloid-Rezeptor erklärt auch das Phänomen des Überdeckens / Maskierens bei MCS. (S.47)

Fragen und Antworten von S. 45:

  • Wie bringen die vier Gruppen von Chemikalien, die verwickelt sind in MCS, diese Erkrankungen in Gang, und wie verstärken sie die Sensitivitäts-Symptome?

Jede der vier Gruppen agiert über bekannte Wirkungswege und erzeugt dabei erhöhte NMDA-Aktivität, die daraufhin wiederum vermehrt Stickstoffmonoxid und Peroxynitrit bildet.

  • Warum reagieren MCS-Erkrankte so ungemein sensibel auf Chemikalien, etwa 1000-mal empfindlicher als Gesunde?

Weil sechs verschiedene Mechanismen wirken, fünf davon betreffen Stickstoffmonoxid oder Peroxynitrit, und der sechste betrifft Hyperoxid.
Es ist die Kombination dieser Mechanismen, die zusammenwirken und sich verstärken. Dies führt zu diesem extrem hohen Niveau der Sensitivität.


Einige andere oft gestellten Fragen werden auf S.48 beantwortet und weitere Erkrankungen in Zusammenhang mit dem NO-Peroxynitrit-Zyklus kurz betrachtet (S.50-53).

Ganz herzlicher Dank für die Übersetzung und Zusammenfassung geht an Annamaria!