Eine zauberhafte Weihnacht für alle Menschen mit Chemikaliensensitivität

Ein Weihnachtsengel berichtet

In einer Stadt in Deutschland lebte eine junge Frau. Sie war 22 Jahre alt, außerordentlich begabt und studierte Musik. Sie konnte ausgezeichnet Geige spielen und alle, die sie und ihr virtuoses Geigenspiel kannten, sagten ihr eine glänzende künstlerische Karriere voraus. Die junge Geigerin war eine schöne, bezaubernde, fröhliche Frau, die bei allen Freunden und Bekannten sehr beliebt war. Eines Tages begegnete sie einem gut aussehenden jungen Mann, der Wirtschaft studierte. Die beiden verliebten sich leidenschaftlich ineinander. Sie waren unzertrennlich und wollten später heiraten.

Doch dann erkrankte die junge Musikerin an Multiple Chemical Sensitivity – MCS. Sie war inzwischen schon berühmt und erfolgreich, gab Konzerte im In- und Ausland und wurde auf den Konzertbühnen der Welt als Klassikstar gefeiert. Als sie während einer Tournee im Flugzeug saß, wurden dort giftige Desinfektions- und Insekten-Vernichtungsmittel, Insektizide, gesprüht. Das Nervensystem, das Immunsystem und andere Organe der jungen Frau wurden durch diese Chemikalien angegriffen und geschädigt. So entwickelte sich bei ihr eine schwere Form der MCS. Nichts mehr war so wie früher. Sie vertrug auf einmal viele Stoffe nicht: Kosmetika, Parfüms, bestimmte Lebensmittel, Pollen, Autoabgase, Zigarettenrauch, Kleidung, Möbel, Teppiche.

Die Ärzte in Deutschland konnten der jungen Frau nicht helfen. Viele kannten diese Krankheit nicht, andere meinten, sie habe eine psychische Störung und bilde sich ihre Beschwerden nur ein. Man verschrieb ihr lauter teure Medikamente, die ihren Zustand nur noch mehr verschlechterten, denn sie vertrug diese pharmazeutischen Mittel aufgrund ihrer Chemikalien-Unverträglichkeit nicht und reagierte darauf mit heftigen, manchmal lebensbedrohlichen Symptomen. Als ein Arzt die junge Frau für  psychisch krank erklären und ihr gefährliche Psychopharmaka verordnen wollte, lief sie entsetzt weg, kam nach Hause und weinte lange und bitter in völliger Verzweiflung. Sie wollte endlich wieder gesund werden und ihr früheres glamouröses, glückliches Leben führen können, doch es gab nirgendwo Hilfe.

Die Ignoranz und Gleichgültigkeit der Mitmenschen machte die junge Frau ohnmächtig. Keiner wollte ihr glauben. Alle zogen sich zurück, weil es ihnen schwer fiel, sich auf ihre Unverträglichkeiten einzustellen und Rücksicht zu nehmen. Keiner wollte sich die Mühe machen, in Anwesenheit der kranken Musikerin auf Zigarettenrauchen, Parfüms und andere schädliche Stoffe zu verzichten, die bei ihr starke Beschwerden auslösten, wie unerträgliche Schmerzen im ganzen Körper, erdrückende Atemnot, Herzrasen,  Konzentrationsstörungen, Hör- und Sehschwäche, Brennen der Haut und aller Schleimhäute, Blutungen, Lähmungen, Schwindel, sogar manchmal Bewusstlosigkeit. Sie musste so sehr leiden, weil ihr Nervensystem und ihr Immunsystem von den Schadstoffen dermaßen beschädigt waren, dass sie ihre Körperfunktionen nicht mehr richtig ausführen konnten. Das war kein Leben mehr, sondern die Hölle auf Erden.

Allmählich verarmte die junge Frau, weil sie nicht mehr arbeiten konnte und für ihre ganzen medizinischen Untersuchungen und Behandlungen alleine aufkommen musste. Die Versicherungen weigerten sich zu zahlen und behaupteten, MCS sei als körperliche Erkrankung nicht anerkannt. Das war natürlich eine Lüge, damit sie nicht zahlen mussten. Die teuren Prozesse, die sie führte, um zu ihrem Recht zu kommen, verlor sie. Und damit ihr Erspartes. Eines Tages verließ sie auch ihr Geliebter, kurz vor dem Hochzeitstermin. Er hatte sich in eine andere, eine gesunde Frau, verliebt. Das brach ihr endgültig das Herz.

Doch dann fand sie endlich einen guten Facharzt, der sich mit MCS auskannte, einen Umweltmediziner. Er stellte die richtige Diagnose und konnte ihr auch helfen, ihre Beschwerden zu lindern, doch heilen konnte er diese schwere Erkrankung nicht. Sie musste damit leben. Um ihre Gesundheit wenigstens ein bisschen zu stabilisieren, musste sie sich biologisch ernähren und Chemikalien und andere Schadstoffe weitestgehend meiden. Deshalb konnte sie nicht mehr Kontakte zu anderen Menschen pflegen, weil viele von ihnen Schadstoffe in jeglicher Form benutzten und nicht bereit waren, darauf zu verzichten. Sie vereinsamte. So trostlos lebte sie zehn Jahre lang.

Eines Tages, es war im Winter, an Heiligabend, ging sie hinaus auf die Straße, um einen Spaziergang zu machen. Es war schon dunkel und es gab keine Menschen draußen. Alle waren zu Hause mit Familie und Freunden, um Weihnachten zu feiern. Sie lief langsam die Straße entlang und fing an, leise zu weinen. Die Tränen kullerten über ihr Gesicht wie kleine traurige Perlen, und die ganze winterliche Welt schien mit ihr zu weinen.

Auf einmal fing es an zu schneien. Die Schneeflocken waren groß, hell und gütig. Eine Schneeflocke küsste ihr Gesicht. Sie sah, wie aus der verzauberten Nacht eine dunkle gebückte Gestalt auftauchte, wie ein Weihnachtsgeist. Es war ein alter Mann mit weißem Bart und abgenutztem Mantel, der an einigen Stellen im Stoff schon Löcher hatte. Ein armer Obdachloser, dachte sie. Sie griff in ihre Jackentasche und wollte ihm eine kleine Spende geben, doch da fiel ihr ein, dass sie kein Geld bei sich hatte. „Warten Sie hier, ich wohne ganz in der Nähe. Ich hole ein bisschen Geld, damit Sie sich etwas zum Essen kaufen können. Bin gleich wieder zurück.“ Der alte Mann sah sie lächelnd an. Er hatte seltsame ungewöhnlich große Augen, die wie tiefe Tunnel anmuteten. „Danke für die milde Gabe und frohe Weihnachten, mein Kind“, sagte er, obwohl seine Stimme nicht zu hören war. Dann war er ins Nichts verschwunden, so wie er aus dem Nichts gekommen war.

Die junge ging sofort nach Hause. Es war ihr warm und sie fühlte, wie ihr Herz sich mit Liebe und Freude erfüllte, und sang, und tanzte. Sie setzte sich hin und  brachte diese Melodie, die in ihr erklang, zu Papier.

Nach den Feiertagen rief sie ihren früheren Produzenten an. Er fand die Musik schön und schlug vor, daraus ein Musical zu machen. Eines Tages rief der Produzent an. Er wollte die junge Musikerin mit einem Schriftsteller bekannt machen, der den Text zu ihrer Musik schreiben sollte. „Keine Sorge“, sagte der Produzent. „Du kannst Dich mit ihm treffen, ohne Angst vor Beschwerden zu haben, weil er keine chemischen Produkte benutzt. Er hat auch MCS wie Du.“ Am nächsten Tag wurde sie dem Autor vorgestellt. Er war sehr sympathisch und es war für beide Liebe auf den ersten Blick. Sie unterhielten sich lange über das Musical. Dann fragte er: „Was halten Sie davon, wenn wir es LOVE STORY nennen?“ Seine Augen tauchten dabei in ihre Augen ein. Es wurde ihr auf einmal sehr warm im leicht kühlen Zimmer, sie sagte: „Mir fällt kein besserer Titel ein“. Und lächelte.

Das Musical wurde ein voller Erfolg. Bald folgten weitere Highlights. Drei Jahre später gründete sie eine Stiftung, mit der sie anderen in Not geratenen MCS-Kranken helfen konnte.

Diese Geschichte wurde mir von einem kleinen Weihnachtsengel erzählt. Und ich erzählte sie euch.

Allen MCS-Kranken Frohe Weihnachten und viel Glück im Neuen Jahr!

Maria Magdalena

9 Kommentare zu “Eine zauberhafte Weihnacht für alle Menschen mit Chemikaliensensitivität”

  1. Energiefox 21. Dezember 2008 um 13:39

    Ich habe fast die gleichen Dachpfannen, warum kommt bei mir nicht mal so ein Engel?
    Musik ist höhere Offenbarung als jede Weisheit und Philosophie.
    Ludwig von Beethoven
    Letztens kam im Radio NDR 3 Klassik, es gibt ja Musiker die glauben nicht an
    Gott, aber an Bach glauben sie alle.
    Wunderbare Geschichte wirklich toll.
    Gruß Energiefox

  2. Juergen 21. Dezember 2008 um 13:50

    Das ist eine wunderschöne Weihnachtsgeschichte, die mich sehr berührt hat.
    Vielen Dank dafür, Maria Magdalena.

  3. Mary-Lou 21. Dezember 2008 um 15:41

    Das ist eine wunderschöne und gleichzeitig sehr traurige Weihnachtsgeschichte, die mich innerlich sehr berührt hat. Lieben Dank Maria Magdalena, hoffentlich lesen viele Deine zauberhafte Weihnachtsgeschichte, auch Gesunde, damit sie sehen, wie schnell ein Traum zerplatzen kann. Jedoch mit Rücksichtnahme und ein bißchen Glück, kann sich vieles wieder zum Guten wenden.

    Liebe Maria Magdalena, Dein Beitrag zum 4. Advent macht mir Mut, dass man seinen Traum niemals aufgeben sollte, auch nicht mit MCS.

    Liebe Grüsse und vielen Dank,
    Mary-Lou

  4. sunday 21. Dezember 2008 um 16:16

    hallo maria magdalena,

    eine sehr schöne geschichte. danke.
    dabei ist mir eingefallen, daß ich vor einiger zeit auch eine märchenhafte geschichte geschrieben habe. ich werde sie nachher mal raussuchen und auch ins forum stellen.

    liebe grüße
    sunday

  5. Henriette 22. Dezember 2008 um 00:24

    Liebe Maria Magdalena,

    Du hast mir mit Deiner Weihnachtsgeschichte eine große Freude am heutigen 4. Advent bereitet. Deine zauberhafte Erzählung ist mir sehr nahe gegangen und beim Lesen kamen mir die Tränen. Toll ist, dass es ein Happy End gibt, auf das wir MCS Kranke allesamt warten, stimmts?

    Ich wünsche Dir frohe Weihnachten und ein glückliches und gesünderes Neues Jahr,

    Henriette

  6. MCS-SOS 22. Dezember 2008 um 11:00

    Herzlichen Dank, liebe Maria Magdalena

    Eine wunderbare, mit viel Feingefühl geschriebene Geschichte.

    Und ich bin dir dankbar, dass du sie mit einem glücklichen Schluss hast ausklingen lassen. Genau das benötigen wir für die kommenden Festtage, an denen doch so viele unter uns allein sein werden. Wir brauchen Hoffnung fürs kommende Jahr, auch wenn alles noch so trist und zukunftslos aussehen mag, und die hast du mit deiner Weihnachtsgeschichte rüber gebracht.

    Auch dir alles Liebe und Gute zu Weihnachten, Glück und gute Gesundheit im neuen Jahr und natürlich weiterhin eine Menge poetischer Eingebungen, damit wir noch viele tolle Geschichten von dir lesen dürfen.

    Heidi

  7. Eike 23. Dezember 2008 um 00:50

    Danke für diese schöne Weihnachtsgeschichte. Sie ist sehr einfühlsam geschrieben und hat mich sehr gerührt.

  8. Bongo Wongo 23. Dezember 2008 um 08:58

    Danke Maria Magdalena,

    Deine rührende Weihnachtsstimmung ist genau das Richtige für die Tage. Ich wünsche allen, dass ihre Geschichte ein ebenso tolles Ende nimmt.

  9. Eric 23. Dezember 2008 um 11:10

    Rührend Deine Weihnachts-Happy-End-Gesichte Maria Magdalena, genau das was wir Chemikaliensensible um diese Jahreszeit brauchen.

    Hoffentlich können wir in Zukunft noch mehr von Dir hören bzw. lesen.

    Gruss Eric

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