Archiv der Kategorie ‘Experten geben Antwort‘

Umweltmediziner zur gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Dioxine

Die Belastung der deutschen Bevölkerung mit Dioxinen und verwandten Stoffen ist hoch

Am 8. Januar 2011 erschien in der Stuttgarter Zeitung ein Artikel mit dem Titel: „Dioxin – Gesundheit nicht beeinträchtigt“. Der Beitrag, beginnt mit folgender Aussage von Jürgen Thier-Kundke vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin:

„Selbst wenn jemand mehrere mit Dioxin belastete Eier gegessen haben sollte, muss er nun nicht mit gesundheitlichen Folgen rechnen…“

Der Artikel veranlasste den erfahrenen HNO-und Umweltmediziner Dr. Michael Jaumann zu nachfolgendem Statement an den Herausgeber. Dr. Jaumann beschäftigt sich seit über zwei Jahrzehnten intensiv mit Umweltmedizin und ist u.a. Mitglied des Ausschusses „Umwelt und Prävention“ in der Ärztekammer Baden-Württemberg.

Sehr geehrte Frau Volz,

vielen Dank für Ihren Artikel zum Thema der möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Dioxine und verwandte Stoffe. Als Arzt und Umweltmediziner – der sich seit über zwanzig Jahren mit dem Thema Dioxin aus umweltmedizinischer Sicht befasst – kann ich dieser, die Situation „verharmlosenden“ Stellungnahme seitens des Herrn Jürgen Thier-Kundke vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nicht zustimmen. Richtig und wichtig ist nur, dass wir unnötige und vermeidbare zusätzliche Belastungen vermeiden sollten (dies besonders deshalb, da wir in Deutschland weltweit die mit am höchsten belastete Bevölkerung haben). Diese äußerst wichtige Zusatzinformation seitens des BfR fehlt, warum auch immer.

Heutzutage werden von unseren Bauern die meisten Pflanzen mit Düngern und auch Pflanzenschutzmitteln (chlororganische Verbindungen) während dem Wachstum behandelt. Diese sind eine mögliche Quelle die in der weiteren Verarbeitung zu Dioxin etc. führen könnte. Ein weiterer Aspekt ist, dass unser gesamtes Ackerland in Deutschland mit Dioxinen belastet ist und diese Stoffe aus dem Boden aufsteigen und sich auf den dort wachsenden Pflanzen niederschlagen. Dies in einer Höhe von zehn bis fünfzehn Zentimetern über dem Boden. Dies wäre die zweite mögliche Quelle für entsprechende Vorläufermoleküle die dann zu Dioxinen führen. Diese Pflanzen werden von den Tieren gefressen und diese Stoffe reichern sich im Fettgewebe der Tiere (und später der Menschen) an und werden quasi nie mehr abgebaut. Eine sich lebenslang anhäufende Belastung im körpereigenen Fett ist die Folge. Aus diesen Gründen sind Vegetarier, die sich aus konventionell angebauten Pflanzen ernähren oftmals sogar höher belastet.

In Göppingen hatten wir vor Jahren heftige Diskussionen über die Auswirk- ungen der Müllverbrennungsanlage (MVA). Deren Abgase haben in der Umgebung zu einer erhöhten Belastung der Böden mit Dioxinen und verwandten Stoffen geführt. Es drohte eine Einschränkung für die Bauern seitens des Umweltministeriums. Untersuchungen bei dort aufgewachsenen Lämmern ergaben eine Belastung des Muskelfleisches mit 24,7 pg/gramm Gesamt-TEQ an Dioxinen und Verwandten. Eine einmalige Fleischportion von 200 Gramm würde fast der Gesamtjahresdosis für diese Stoffe entsprechen die man seitens der Behörden für „ungefährlich“ hält.

Für mich als Arzt, der für die Menschen in seinem Umfeld Verantwortung trägt, ist dies nicht akzeptabel. Niemand kennt die langfristigen Auswirkungen (z.B. rasant steigende Allergiker-Raten in Deutschland u.ä.?).

Deshalb halte ich die nachfolgende Einschätzung für enorm wichtig:

Zum Thema gesundheitlicher Auswirkungen und Risiken durch Dioxine wurde im Jahr 1994 eine Neu-Bewertung der Dioxine seitens der US-amerikan- ischen Umweltbehörde (US-EPA) veröffentlicht die auch heute noch im vollen Umfang gültig ist: der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die vorhandene Evidenz ausreicht, Dioxine und verwandte Verbindungen als höchstwahrscheinlich krebserregend für den Menschen einzustufen, und dass auch andere negative Auswirkungen schon bei sehr niedrigen Konzentrationen eine womöglich nach wichtigere Rolle spielen.

Von größerer Bedeutung könnten Entwicklungsstörungen, Effekte auf das Immunsystem und auf die Reproduktion sein. Speziell aufgeführt sind eine reduzierte Fähigkeit des Immunsystems auf Infektionen zu reagieren, eine Verminderung der Fortpflanzungsfähigkeit und ein Anstieg an Endometriose, einer zunehmenden Ursache für Unfruchtbarkeit junger Frauen.

Wichtig ist, dass die US-EPA in der Zusammenfassung darauf hinweist, dass solche Effekte im Tierversuch bei außerordentlich niedriger Belastung festgestellt wurden und zwar bei Konzentrationen die der durchschnittlichen Belastung der Bevölkerung entsprächen (hier ist auch zu bedenken, dass die Belastung der deutschen Bevölkerung mit Dioxinen und verwandten Stoffen deutlich höher liegt wie die der USA-Bevölkerung).

Sehr geehrte Frau Volz,

es würde mich freuen, wenn Sie Ihren Lesern diese ergänzenden Informationen zukommen lassen könnten.

Gerne stehe ich Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung

mit freundlichen Grüssen und bestem Dank

Dr.med. Michael P. Jaumann

Marktstr.16

73033 GOEPPINGEN

Arzt für HNO, Stimm- und Sprachstörungen und Umweltmedizin

Mitglied im Ausschuss Umwelt und Prävention der Ärztekammer Baden-Württemberg

Landesvorsitzender Württemberg Berufsverband deutscher HNO-Ärzte

p.s.

TEQ sind Toxizitäts-Äquivalente. Mit diesen wird die Giftigkeit der einzelnen Stoffe (Dioxine, Furane und polychlorierte Biphenyle (PCBs) bewertet und es kann dann die Belastung von z.B Muskelfleisch in einem zusammenfas- senden Wert gemessen werden.

Weitere CSN Artikel zum Thema:

Toxikologe zu Dioxin-Belastungen in Eiern

Der „Dioxin-Skandal“ ist kein neues Thema

Dioxine sind giftiger, als die Behörden bei ihren Abwiegelungsmanövern weismachen

Dioxine und PCB in Futtermitteln sind Teil der Nahrungskette von chlorierten Dioxinen und polychlorierten Biphenylen, die den Menschen als Endstation belasten. Ursache sind letztlich Vermischungen von Herstellungs- und Warenströmen der Chemie- und Lebensmittelindustrie, die zu unglaublichen und unkontrollierten Schweinereien auf einzelnen Stationen dieser Ströme führen. Der jetzige erneute „Dioxin-Skandal“ ist also nichts Neues, er ist systembedingt und besteht schon länger!

Die industrielle Tierhaltung versucht, die Kosten für die Futtermittel zu drücken, indem sie das Futter mit technischen Fetten streckt. Dabei dient das Futter als Entsorgungs- weg für die Giftindustrie.

Im Folgenden eine meist stichwortartige Dokumentation dieser Verhältnisse:

Dokumentation von Dioxin-Skandalen im Nahrungsmittelbereich

Los geht’s hier 1999, wenn es auch schon viel früher anfing. Grenzwerte für Dioxin im Tierfutter gibt es in Deutschland nicht. Also wird auch nicht kontrolliert.

In Belgien hat die Fernseh-Reporterin Siel van der Donckt ein Dioxin-Dossier veröffentlicht, das die Behörden lange unter Verschluss hielten. Seit Mitte März war bei der Regierung bekannt, dass in flämischen Hühnerställen im belgischen Norden Dioxin-Vergiftungen auftraten. Das Dioxin soll aus verunreinigtem Fett stammen, das dem Tierfutter zugesetzt wurde. Ein Fettschmelzbetrieb hatte entsorgtes altes Frittieröl dem Fett zugesetzt.

Lukrative Entsorgung

Der Verdacht der Fahnder: In der Schmelzerei sollen Motorenöle billig entsorgt worden sein, darunter mit PCB verunreinigtes Hydrauliköl, das bekanntlich auch Dioxin enthält. Von da gelangte Dioxin über die Hühner und Rinder in Eier, Fleisch, Milch usw.

Als Täter kommt die Fettschmelze „Fogra“ im wallonischen Bertrix in Frage, deren Geschäftsführer am 21.6.99 verhaftet wurde (WK, 23.6.99, dpa). Die Firma bereitet in Containerparks gesammelte Altöle und Frittenfett sowie Schlachtabfälle auf und beliefert damit die Firma Verkest, die zuvor als Verursacher verdächtigt worden war. Fogra soll im Auftrag von Verkest vom 19. bis 26.1. 99 Fett an den Viehfutterhersteller De Brabander geliefert haben. Der für mehrere Transporte eingesetzte Tankwagen sei dabei nicht gereinigt worden. Verkest wiederum soll Rohwaren u.a. von 4 holländischen Firmen in Ermelo, Moerdijk, Alblasserdam und Rotterdam bezogen haben.

Altfette und Plastik – ab in die Schmelze

Bei der Firma in Ermelo wurden beispielsweise Altfette samt Plastikbehältern in die Schmelze geworfen, so Wilhelm Hartfiel, Professor vom Institut für Tierernährung der Uni Bonn als Augenzeuge. Die holländischen Firmen erhalten die Altfette meist aus deutschen Bäckereien und Frittenbuden. Diese Fette sind durch zu langes und häufiges Erhitzen mit schädlichen Spaltprodukten wie Aldehyde, Ketone und Epoxide angereichert.

Wo kommt das Gift überall her?

U. Pollmer nennt noch eine Reihe weiterer möglicher bzw. vermuteter Ursachen: Das Dioxin könne aus einem Brand in einem Hamburger Lagerhaus stammen, bei dem Paletten mit Butter betroffen waren. Eine belgische Firma habe Höchstpreise für die Überreste geboten, die vom Asphalt eingesammelt worden waren.

Es könne aber auch von verseuchtem Kalk aus der Rauchgasreinigung stammen, der nach Belgien als Beimengung zu Legemehl für Hühner verkauft worden sei. Ferner käme Fett von Fettabscheidern in der Kanalisation in Frage, das nach der TA Siedlungsabfall wiederverwertet werden soll. Pollmer hält die staatliche Vorgabe des Recyclings von Schlacht- und Lebensmittelabfällen für die eigentliche Ursache des Skandals, und ferner das Preisdiktat für Lebensmittelfirmen in Supermärkten, die zur Rationalisierung auf Kosten der Qualität zwingt.

Problem Dioxin in Futtermitteln besteht schon länger

Die Dioxin-Verseuchung breitet sich nun bis nach Spanien aus. Dioxin-verseuchtes Fett wurde Mitte April 1999 von Belgien nach Spanien exportiert (FR, 24.6.99, dpa).

Auch in Deutschland besteht eine Gefährdung, weil gebrauchte Fette aus Gaststätten, Großküchen, Imbissbuden mit Mastfutter fürs Vieh gemischt werden. Dioxin-haltige Getreiderückstände gelangen unbeanstandet ins Futter. Diese enthalten Pilzgifte, Schwermetalle und hohe Dioxinmengen.

Futter mit Getreiderückständen hatte laut Duisburger Institut für Energie- und Umwelttechnik eine 10-100-fache Dioxinbelastung als der Durchschnitt der Futtermittel. In Pflanzenöl eines hessischen Herstellers, das als Zusatz für Geflügelfutter verwendet wird, hat die Überwachungsbehörde im Juni 2004 mit 2,3 µg/kg überhöhte Dioxin-Werte festgestellt. Damit waren Grenzwerte mit einem Faktor 3 überschritten. (WK, 29.6.04, dpa).

Dioxin-Kontaminierung kein Einzelfall

Die Wahrscheinlichkeit, dass Hühner und Eier in Deutschland stark mit Dioxin belastet sind, wird als sehr groß eingeschätzt, da aktuell nicht 70 Betriebe, wie bisher angenommen, mit Dioxin verseuchtem Tierfutter beliefert wurden, sondern 1000! Und das Problem besteht schon länger:

2004 wurde Dioxin in Eiern gefunden

Im Januar 2004 wurde bekannt, dass Dioxin in Eiern von Freilandhühnern in mehreren Bundesländern, darunter Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg, den EU-Grenzwert von 3 Pikogramm (pg) pro Gramm Fett überschritten hatte. In Bayern waren Grenzwert-Überschreitungen in 3 von 47 untersuchten Proben festgestellt worden.

In Niedersachsen hatten 28 % der Proben von Freilandeiern den Grenzwert überschritten. Da die Freilandhühner das Dioxin durch ständiges Picken aus belasteten Böden aufnehmen, liegt der Schluss nahe, dass die Böden bundesweit mit Dioxin verseucht sind. Daher lagen die Dioxin-Werte bei Eiern von Käfig-Hühnern in allen Ländern deutlich niedriger (laut „Bild am Sonntag“ vom 16.2.05; WK, 17.1.05, dpa).

Dioxin in Eiern April 2010

Dioxin in Eiern wurde auch wieder im April 2010 gefunden, wie das BfR in einer Pressemitteilung veröffentlichte. Die Konzentrationen für Dioxine lagen zwischen 5,9 und 13,6 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett. Die Summe aus Dioxinen und dioxin-ähnlichen PCB (dl-PCB) lag zwischen 6,9 und 14,9 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett. Der geringe Anteil der dl-PCB an den Summenwerten der Belastung deutet nach BfR darauf hin, dass die erhöhte Dioxinbelastung der Eier nicht auf eine Kontamination aus der Hintergrundbelastung, sondern auf eine besondere Schadstoffquelle zurückzuführen ist.

Der TDI-Wert der WHO liegt im Bereich von 1 bis 4 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/kg Körpergewicht pro Tag, wobei die 4 pg als provisorischer Wert für den maximal tolerierbaren Wert der Dioxin-Aufnahme angesehen werden.

Dioxin in Eiern Mai 2010

Auch im Mai 2010, am 18.5.10, wurden in Eiern aus einem Legehennenbetrieb bei Bad Ems Dioxin gefunden. Der gesetzliche Grenzwert für Dioxine in Eiern war überschritten. Der Hof wurde gesperrt. Der Betrieb hatte Futter mit Dioxin-belastetem Mais aus der Ukraine bezogen. (dpa, 19.5.10, WT; Ordner Lebensmittel).

Dioxin-belastete Eier tauchten im Mai 2010 auch bei Bio-Bauern auf. Durch Versäumnisse bei der Prüfung durch den Verein für kontrollierte und alternative Tierhaltungsformen (KAT) waren sie längere Zeit auf dem Markt geblieben. Ursache war mit Dioxinen verunreinigtes Hühnerfutter, nämlich Mais aus der Ukraine. Ergebnisse über Dioxin-Kontaminationen lagen schon am 16.3.2010 bei einem Hof in Niedersachsen vor, KAT gab Informationen jedoch erst Ende April 2010 heraus. (Spiegel 19, 10.5.10, 64; Ordner Lebensmittel; Greenpeace-Magazin 6, 2010, 30).

Dioxin in Eiern 2011

Die Behörden sperrten am 3.1.11 in Niedersachsen 1000 Höfe, in Nordrhein-Westfalen wurden 8000 Legehennen eines Betriebes in Soest getötet. Von dort sollen ebenfalls Dioxin-belastete 120 000 Eier in den Handel gelangt sein (dpa, 4.1.11, WT; Ordner Lebensmittel).

Gesundheitsgefährdung durch Dioxin in Eiern ist relevant

Die Dioxinbelastung in Eiern wird bezüglich der Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung als relevant eingeschätzt, wie aus Stellungnahmen vom Umweltprogramm der UN, UNEP, hervorgeht. Demnach sind große Teile der Bevölkerung auch 2005 „immer noch so stark belastet, dass sie sich im Risikobereich befinden“. Schädliche Einflüsse auf das Immunsystem und die Fruchtbarkeit sowie eine schleichende lebenslange Vergiftung werden vermutet.

Jeder Deutsche nimmt nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) täglich fast 2 Pikogramm (pg) Dioxin und Dioxin-äquivalente (PCB) pro kg Körpergewicht auf. Das liegt doppelt so hoch wie der WHO-Vorsorgewert (1 pg/kg x d) und mehr als 100-fach über dem Richtwert der US-Umweltbehörde EPA (0,006 pg/kg x d).

Lebensmittelüberwachung schon mit Routineaufgaben überlastet

Zur Belastungssituation (WK, 12.6.99): Man nimmt an, dass man mit verseuchtem Hühnerfleisch aus Belgien das 40 bis 90-fache, nämlich 80-90 Pikogramm Dioxin pro kg Körpergewicht und bei Eiern 17-60 Pikogramm, aufnimmt, als der Grenzwert von 10 Pikogramm für die tägliche Aufnahme zulässt. Der Verzehr von 2 belasteten Eiern würde zu einer Verdopplung der Dioxin-Werte führen, die dem Grenzwert für die tägliche Dioxinaufnahme durch Lebensmittel entsprechen (WK, 14.6.99, s.u.).

Das Amt für staatliche Lebensmittelüberwachung in Hofheim weist darauf hin, dass es schon mit den Routineaufgaben überlastet ist, weil die Stellen der Lebensmittelkontrolleure weiter abgebaut würden.

Expositionsabschätzung Dioxin in Eiern

Nach Berechnungen des BfR würde eine Person, die am Tag 142 g Eier verzehrt, 3,95 pg Dioxinäquivalente pro Tag und kg Körpergewicht aufnehmen. Dieser Wert liegt über dem Grenzwert von 2 pg des SCF(Scientific Committee on Food der EU) und im oberen Bereich der TDI-Werte der WHO. Wenn man allerdings die tägliche Aufnahme von Dioxin-Äquivalenten aus der Hintergrundbelastung berücksichtigt, wird auch der WHO-Wert überschritten.

Wenn man aber einen durchschnittlichen Verzehranteil der Eier an der Nahrung von 8% zu Grunde legt, werden täglich nur 0,86 pg Dioxin-Äquivalente aufgenommen, was dennoch eine erhöhte Exposition darstellt.

(WHO-PCDD/F-TEQ gibt den Summenwert der gemessenen Dioxine und Furane (F) an, bezogen auf die toxischen Equivalenzfaktoren der einzelnen Dioxin-/Furan-Kongenere (TEQ), die wiederum als % bezogen auf das toxischste Dioxin TCDD berechnet sind). (Stellungnahme Nr. 020/2010 des BfR vom 5.5.10; siehe Giftstoffe/Lebensmittel…)

Kurze Zusammenfassung und Kommentar:

Lebensmittelbelastungen mit chlorierten Dioxinen, Furanen und polychlorierten Biphenylen sind systembedingt:

Die Chemieindustrie produziert ständig chlorierte Kohlenwasserstoff-Produkte, wie Flammschutzmittel, Pestizide, PVC-Bodenbeläge und Baustoffe, und „entsorgt“ damit das giftige Chlor, das bei der Herstellung von Seifen und Waschmitteln anfällt. Als Nebenprodukte entstehen zwangsläufig die hochgiftigen Dioxine. Diese gehören zum so genannten „Dreckigen Dutzend“ der giftigsten Stoffe, die seit den 1990-er Jahren in der EU verboten sind.

Gesetzeslücke erlaubt Entsorgung von Giftstoffen in Futtermitteln

Lücken im Futtermittelgesetz erlauben sogar die Entsorgung von Giftstoffen in Futtermitteln für die Nutztierhaltung, die damit in die Nahrungskette gelangen und in der Bevölkerung „verdünnt“ werden.

Dioxine entstehen außerdem im Abgas der Müllverbrennungsanlagen. Da diese Stoffe chemisch sehr stabil und gleichzeitig fettlöslich sind, reichern sie sich im Fettgewebe und besonders im Gehirn an. Dort stehen sie in Verdacht, chronisch degenerative Hirnkrankheiten, also die Demenz, zu verursachen. Die rasante Zunahme der Demenzkrankheiten in den letzten Jahren beruht nicht nur auf der Zunahme des Altenanteils der Bevölkerung, sondern auf der schleichenden chronischen Vergiftung durch langlebige neurotoxische Chemikalien.

Chlorierte Dioxine sind also viel giftiger, als die Behörden bei ihren Abwiegelungs- manövern weismachen wollen. Die Verdummungstaktik von Industrie und Behörden soll das Gefahrenpotential von Dioxin und die Verursacher der Schweinerei, darunter die profitorientierte Chemie-Industrie, verschleiern.

Autor: Dr. Hans-Ulrich Hill, Wiesbaden, Januar 2011

Literatur:

Die Angaben beziehen sich auf Presse-, Radio-, Fernseh-Meldungen vom 2.-6.Juni 1999 zum 11. Dioxin-Skandal in Belgien, Juni 99: Spiegel 23, 7.6.99, S. 68; dpa-Meldungen in WK, 7.6.99, und 9.6.99, 12.6.99, Spiegel 24, 14.6.99, Natur + Kosmos 8, 1999, 15, nach U. Pollmer, sowie vielfältige Pressemeldungen bis Anfang 2011.

Buch: Hill, H.U.: Umweltschadstoffe und Neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns (Demenzkrankheiten). 2. Aufl. 2010, Shaker-Verlag Aachen, ISBN 978-3-8322-9503-5).

Informationen vom Bfr und Informationszentrum für die Landwirtschaft:

Norwegischer Allergie und Asthma Verband bittet darum, keine Parfüms zu benutzen

Präventionsmaßnahmen für die Gesundheit sind gut für uns alle!

Immer mehr Menschen wenden sich an den norwegischen Asthma und Allergie Verband (NAAF) und beklagen, dass sie krank werden durch Parfüm ihrer Mitmen- schen. Es riecht überall danach und die Parfüms übertönen oft alles.

Gleichzeitig mit dem Umsatzanstieg von „gutem Duft“ leiden immer mehr Kinder unter Allergien. Rund 1,5 Millionen Menschen kämpfen in Norwegen mit irgendeiner Form von Allergie oder Überempfindlichkeit. Verstärkt wird das Problem der Duftstoffe, weil sie Chemikalien enthalten.

Steigende Tendenz bei Verkaufszahlen für Parfüms und Duftstoffe

Während der norwegische Allergie und Asthma Verband immer mehr Beschwerden registriert, steigen gleichzeitig die Verkaufszahlen von „gutem Duft“. Zahlen aus KLF zeigen, dass Männer und Frauen in den letzten Jahren zunehmend mehr Geld aus- gegeben haben für den Kauf von Parfüm und anderer duftender Kosmetik.

Parallel dazu benutzen wir immer mehr verschiedene Anti-Allergiemedikamente. Der Verbrauch an Medikamenten stieg in den vergangenen fünf Jahren um 25 %.

Duftstoffe sind lästig, oder machen krank

NAAF sagt, dass diejenigen, die sich zunehmend wegen ihrer Beschwerden bei ihnen melden, sich in zwei Gruppen unterteilen lassen:

  • Einige sagen, dass es einfach lästig geworden sei mit der Beduftung, es rieche überall und alles.
  • Andere werden krank von Duftstoffen oder bekommen schwere allergische Reaktionen und Asthmaanfälle.

Beschwerden auf Duftstoffe auch ohne vorherbestehende Krankheit oder Allergien

Fakt ist, starke Gerüche können tränende Augen und Nase, Juckreiz, Ekzeme, Kopfschmerzen und Asthma-Anfälle verursachen. Man muss allerdings keine allergischen oder asthmatischen Beschwerden haben, um Kopfschmerzen, Übelkeit oder andere Beschwerden zu bekommen, wenn ein Kollege oder eine Verkäuferin sich mit Parfüm überschüttet hat. Kinder seien durch Duftstoffe besonders gefährdet, sagt NAAF.

Freiheitseinschränkung wegen Duftstoffen

Das, was „Guter Duft“ für viele ist, zerstört einen Großteil des täglichen Lebens für immer mehr Mitmenschen. NAAF will daher jetzt „Guten Duft“ aus Öffentlichen Gebäu- den weghaben.

Die meisten Menschen verstehen nicht, dass auch viele Alltagsprodukte Parfüm enthalten. Duftstoffe stecken überall drin, von Haarpflegeprodukten, Cremes, Kos- metika, Deodorants, in Waschmitteln, Weichspülern, usw.

Neue Volkskrankheit?

Der Verbrauch an duftenden Produkten ist recht drastisch gestiegen in den letzten Jahren, gleichzeitig aber auch die Anzahl der Menschen, die unter Parfümallergie leiden. „Dies ist in vielerlei Hinsicht eine neue Volkskrankheit“, sagte NAAF Generalsekretär Geir Endregard.

Fair sein und duftfreie Alternativen benutzen

Es gibt neutrale Alternativen zu den bedufteten Produkten. In Apotheken bekommt man auch unparfümierte Deodorants und Kosmetika und die Nachfrage für diese Art Produkte hat stark zugenommen. NAAF möchte die Bevölkerung dazu bringen, dass sie aufhören, Parfüm und parfümierte Produkten zu benutzen. Die Menschen sollen verstehen, dass deren Parfüm ein direktes Problem sein kann für viele Leute.

Barrierefreiheit im Gesundheitssystem angestrebt

„Darüber hinaus müssen Gesundheitsbehörden sicherstellen, dass Angehörige in den Gesundheitsberufen die Kompetenz haben, diejenigen, die durch Parfüm und Duftstoffen tatsächlich krank werden, richtig zu behandeln, und wir müssen auch daran arbeiten, dass Parfüm aus der Öffentlichkeit verschwindet, so dass diejenigen, die darunter leiden, auch am öffentlichen Leben teilhaben können“, sagt NAAF Generalsekretär Geir Endregard.

NAAF – Neuer Strategieplan 2010-2013

Um den Anstieg von Krankheiten zu reduzieren, hat NAAF folgende Zielsetzung:

  • Rauchen und die Verwendung von Duftstoffen in öffentlichen Räumen ganz verbieten
  • Probleme bezüglich der Innenraumluft in den Innenräumen norwegischer Gebäude lösen, als Erstes in den Schulen und Kindergärten
  • Reduzierung der allgemeinen Luftverschmutzung
  • Gefährliche Stoffe und Allergene in Kosmetikprodukten entfernen

NAAF’s Generalsekretär Geir Endregard meint, dass es sehr wichtig sei, Rauchverbot auch in Privathaushalten durchzusetzen. Es seien immer noch zu viele Kinder Passiv- rauch ausgesetzt. Dort, wo Eltern keine Verantwortung übernehmen, muss das Gesetz angreifen.

Kindergesundheit sei viel wichtiger als persönliche Freiheit!

Autor: Alena für CSN – Chemical Sensitivity Network, Norwegen, 9. Dezember 2010

Photo: NAAF Generalsekretär Geir Endregard / NAAF

Weitere CSN Artikel über MCS und Duftstoffallergien in Norwegen:

Warnung eines bedeutenden Forschers – Über die Risiken, mit denen BPA unser Leben bedroht

Interview Elizabeth Kolbert, Yale Environment 360 mit Prof. Frederick vom Saal

Die synthetische Chemikalie BPA – die man in allem findet, von Plastikflaschen bis zu Kassenzetteln – ist eine hochwirksame, die Wirkung von Östrogenen nachahmende chemische Verbindung. In einem Interview mit Yale Environment 360 kritisiert der Biologe Frederick vom Saal US-Firmen und die US-Regierung auf das Heftigste, weil sie viele mit BPA verbundene Gesundheitsrisiken vertuschen oder ignorieren.

Die Chemikalie Bisphenol A, oder BPA, war die letzte Zeit sehr oft in den Nachrichten. BPA ist Grundbaustein für Polycarbonat-Kunststoff – ein harter, klarer Kunststoff, aus dem häufig Wasserflaschen hergestellt werden – und man findet es in allem, von der Innenbeschichtung von Konservendosen, über Thermopapier für Registrierkassen, bis zum Zahnfüllmaterial, mit dem man die Zähne von Kindern behandelt. Diese Chemikalie ahmt die Wirkung von Östrogen nach und Studien mit Labortieren haben eine Belastung mit BPA, selbst in sehr geringen Dosen, mit einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen in Zusammenhang gebracht, vom erhöhten Risiko für Prostata-Krebs, über Herzerkrankungen, bis zur Schädigung des Fortpflanzungs- systems.

Frederick vom Saal, ein Biologe aus der Forschungsgruppe Endokrine Disruptoren an der Universität von Missouri, ist einer der weltweit führenden Forscher, die sich mit den die Gesundheit beeinträchtigenden Auswirkungen von BPA auf Menschen und Tiere befassen. Darüber hinaus ist er einer der erklärtesten Kritiker von US-Wirtschaft und Behörden, welche die sich verschlimmernden Hauptfolgen der BPA-Belastung für die menschliche Gesundheit herunterspielen und verschleiern. Vom Saal ist wütend, denn obwohl BPA einem anderen synthetischen Hormon sehr ähnelt, nämlich DES oder Diethylstilbestrol, das in den 40’er und 50’er Jahren bei tausenden von Frauen eine Unzahl von Gesundheitsproblemen verursachte, fangen die für die Regulierung zuständigen Bundesbehörden erst jetzt an, die von BPA ausgehende Gefahr ernst zu nehmen.

In einem Interview mit Elizabeth Kolbert, einer Mitarbeiterin von Yale Environment 360, ließ vom Saal an der US-amerikanischen Chemieindustrie kein gutes Haar, da sie versucht, die Forschung, die Gefahren von BPA aufzeigt, zu unterdrücken und ihn und andere Forscher bedroht. Den Regulierern der US-Umweltschutzbehörde steht vom Saal genau so kritisch gegenüber, von denen sagt er, dass sie sich auf veraltete Studien stützten, die oft von der Industrie finanziert wurden, um die Behauptungen aufrecht zu erhalten, dass BPA sicher sei.

Vom Saal ist felsenfest davon überzeugt, dass BPA so bald wie möglich aus allen Produkten entfernt werden sollte, so wie es in Japan vor einem Jahrzehnt getan wurde. Obgleich die amerikanische Aufsichtsbehörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) bereits zu einem früheren Zeitpunkt diesen Jahres bekannt gab, dass die gesundheitlichen Folgen von BPA „Anlass zu vielen Sorgen“ geben, bleibt diese Chemikalien weiterhin unreguliert. Vom Saal beharrt darauf, dass das Regulierungssystem versagt hat, die amerikanischen Verbraucher zu schützen und fügt hinzu, „Es ist eine Lüge. Es ist Betrug. Es ist absolut nicht hinnehmbar, dass diese Angelegenheit immer so weiter geht.“

Yale Environment 360: Jeder hat von BPA gehört, doch ich glaube kaum, dass die Leute wissen, was das ist. Was ist es?

Frederick vom Saal: Bisphenol A ist von Erdöl abgeleitet. Man verwendet dafür Benzol, diese Art von chemischem Grundbaustein, den Firmen wie Exxon herstellen und den sie an Firmen wie Dow Chemical verkaufen. Und das sind jene, die mit Hilfe einer vom Menschen erdachten chemischen Reaktion aus diesem Benzol die Chemikalie Bisphenol A machen. Und das ist eine äußerst reaktive Chemikalie, die so gestaltet ist, dass jeder Biochemiker sie ansehen und sagen würde, „Diese Chemikalie wird als Östrogen-nachahmende hormonale Chemikalie agieren.“

e360: Zu dieser Chemikalie geforscht hat ursprünglich…

vom Saal: Charles Edward Dodds. Er war ein britischer Chemiker, einer der führenden Chemiker der 30’er und 40’er Jahre, und er bekam den Nobelpreis für die Synthetisierung einer Chemikalie – manche würden ihn gerne exhumieren und ihm den Preis wieder wegnehmen – die DES heißt, Diethylstilbestrol (PDF Deutsch, S. 100), die an Millionen Frauen verabreicht wurde und die das Leben vieler von ihnen zerstört hat. Sie suchten nach einem synthetischen, oral aktiven Östrogen. Bisphenol A wird größtenteils resorbiert, in Gegensatz zu den natürlichen Hormonen, die im Magen sofort abgebaut werden. Und DES wird hochgradig resorbiert. DES ähnelt BPA sowohl strukturell als auch funktionell sehr stark. Es gibt zahlreiche andere noch anspruchsvollere Molekulararbeiten des 21. Jahrhunderts die zeigen, dass BPA tatsächlich genau so wirksam und in einigen Fällen sogar wirksamer als DES ist.

e360: Und warum können wir BPA nicht z.B. zur Geburtenkontrolle benutzen?

vom Saal: Aus dem gleichen Grund, weshalb wir DES nicht einsetzen können. Es ist eine krebsauslösende Chemikalie. Wenn Föten ihr ausgesetzt werden, wissen wir mittlerweile, dass eine Zunahme des Körpergewichtes damit verbunden ist. Des weiteren Fettleibigkeit, Diabetes, Herzerkrankung, Immunstörungen einschließlich Asthma und Allergie, Schädigung des gesamten Fortpflanzungssystems, einschließlich Gebärmutterfibromen, Eierstockzysten bei Frauen, Brustkrebs.

Bei Männern, geringe Spermiendichte, Prostatakrebs, Missbildungen der Harnwege, deshalb können Männer, wenn sie älter werden, nicht normal urinieren – der häufigste Grund, weshalb Männer einen Arzt aufsuchen. Wir sprechen über Milliarden von Dollar an Behandlungskosten. Und aus neurobiologischer Sicht, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung [AHDS/wird leider oft diagnostiziert, um gesunde Kinder chemisch ruhig zu stellen], manche Lernbehinderung und Störung des sozialen Verhaltens. Es bewirkt, dass das Gehirn junger Tiere wie das einer altersschwachen, erwachsenen, alten Person aussieht und spielt bei Gedächtnisverlust eine Rolle. Viele der weltweiten Epidemien hängen mit diesen Chemikalien zusammen – Diabetes, Fettleibigkeit, neurologische Verhaltensstörungen, Störung der Fortpflanzung, Abnahme der Fruchtbarkeit und vorgezogene Pubertät bei Mädchen.

e360: Nun gibt es also diese Östrogen nachahmende Chemikalie. Warum wird diese in so vielen Produkten eingesetzt?

vom Saal: Die Vorstellung, ein Chemiker würde Biologie studieren, ist neu. Chemiker, die sich mit der Synthetisierung von Stoffen befassen, würden auf das Molekül schauen und das Östrogen nicht erkennen, klar. Sie würden nicht wissen, dass jemand darüber publiziert hat, dass man bei BPA davon ausgeht, dass es sich um einen hormonellen Wirkstoff handelt.

e360: Aber warum ist es überall drin?

vom Saal: Nun, es ist ein Molekül, aus dem man, indem man es aneinander hängt, die harten und klaren Gläser meiner Brille macht. Es ist ein fantastisch aussehendes Produkt. Problematisch wird es, wenn man es in heißes Material taucht, legen Sie es in eine Wanne mit einer etwas alkalischen Umgebung, dann brechen die Molekülbindungen auf. Wenn es die Gestalt einer Molekülkette hat, seine polymere Form, dann sind diese Moleküle hormonal nicht aktiv. Wenn man sie aber aus der Kette brechen und sie frei sind, hat man ein Hormon.

e360: Aber sagen wir doch einfach, wir nehmen das BPA aus dieser Chemikalie. Warum nicht einfach herausnehmen?

vom Saal: Stellen Sie sich Polycarbonat als Stahlkette vor. Und was Sie fragen ist – was passiert, wenn ich den Stahl weglasse? Sie haben keine Stahlkette. Sie können die Kette aus etwas anderem herstellen, aber sie wird nicht diese Eigenschaften besitzen. Nun, man stellt tatsächlich andere Polymermischungen her, die hart und klar sind. Dafür hat man lange Zeit gebraucht. In den 50’er Jahren, als man dies tat, war man euphorisch. Man hatte etwas hergestellt, von dem man dachte, dass es auf den ersten Blick wie Glas aussieht. Nun, wie jeder weiß, der etwas aus Polycarbonat besitzt, kann man nach dem hundertsten Waschen oder so, nicht mehr durch gucken. Das Wasser beginnt einzudringen, baut es ab; es löst sich auf. Und unter extremen Bedingungen, sie können Polycarbonat nehmen und es in eine Salzlösung stecken und erhitzen, und innerhalb von 20 oder 30 Tagen, löst es sich fast vollständig auf.

e360: Nun, wie haben sie es als problematischen Stoff identifiziert?

vom Saal: Wir untersuchten Östrogene und deren Wirkungen auf Föten, da wir wissen, dass das Internationale Krebsregister [jetzt IACR/International Association of Cancer Registries das natürliche menschliche Hormon Östradiol als Karzinogen der Klasse I aufführt. Das Brustkrebsrisiko während des gesamten Lebens beschreibt man am besten mit der Zeit des Lebens, während der man dem eigenen natürlichen Hormon Östradiol ausgesetzt war. Man braucht es zur Fortpflanzung. Aber Menschen lebten ursprünglich keine 50 oder 60 Jahre. Das hatte die Evolution so nicht vorgesehen, und – hoppla, sie sind [Östradiol] genau so lange ausgesetzt und deshalb spielt es bei der Entstehung von Krebserkrankungen in unserem Körper eine Rolle. Und all die anderen Östrogene tragen zu der Östrogenbelastung bei, da ihr Körper nicht weiß, ob DES Östradiol oder eine dieser zahlreichen anderen Chemikalien ist, die den Körper täuschen können, zu denken, er habe Östrogene vor sich. Bisphenol A ist auf einer Liste jener Chemikalien, von denen ziemlich eindeutig nachgewiesen wurde, dass sie die Wirkungsweise des natürlichen Hormons Östrogen imitieren.

Zu Bisphenol A wird gebetsmühlenartig wiederholt, „Auch wenn es sich um ein Östrogen handelt, ist es so schwach, dass wir uns deswegen keine Sorgen machen müssen.“ Aber das ist so wie zu behaupten, Arnold Schwarzenegger ist im Vergleich zu Supermann schwach. Weil Östradiol unter einem ppt [1/1000000000000] wirkt? Das ist ein derart erstaunlich kleiner Tropfen in einem Schwimmbecken von Olympiagröße, und der verursacht Brustkrebs. Damit liegen wir zwischen zehn und hundert bis tausend Millionen mal niedriger als das, worüber auch immer sich Toxikologen Gedanken machen. Was wir machten, war anhand menschlicher Brustkrebszellen östrogene Chemikalien auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen. Und Bisphenol A ging wie eine Rakete ab. Wir sagten, „Heiliger Bimbam! Was zum Kuckuck hat jemals jemand dazu veranlasst zu denken, es wäre schwach?“

Und wir machten einen Versuch und wir begannen mit einer 25.000 fach geringeren Dosis als jemals jemand untersucht hat. Dazu gab es im Wesentlichen eine Studie des NIH [National Institut of Health/US-Gesundheitsbehörde]. Niemand hat jemals eine gründliche Untersuchung über die Belastung während den fötalen und den neonatalen Stadien und der Kindheit durchgeführt, wenn Entwicklungen stattfinden, wenn Östrogene die Programmierung beschädigen, die festlegt, wie ihr Körper für den Rest des Lebens funktionieren wird. Genau das geschah mit den DES-Babys. Mit 20 bekamen sie Krebserkrankungen, die niemand zuvor beobachtet hatte. Das Problem ist, man sieht sie nicht sofort. Nun, wenn man ihren Uterus untersucht, so hat er die Form einer Sanduhr; die Eileiter sind völlig zerstört. Und dann im Alter von 50, haben sie über dreimal häufiger Brustkrebs. Es dauerte 50 Jahre, bis man es sehen konnte. Das ist die Handschrift endokriner Disruption.

Wir publizierten dies, und die chemische Industrie war hinter uns her, drohte uns. Alle Hersteller riefen uns an, drohten uns.

e360: Von welchem Jahr sprechen Sie?

vom Saal: 1996. Dann schickte Dow Chemical jemanden vorbei und meinte, „Können wir uns auf ein für beide Seiten nützliches Ergebnis einigen, bei dem Sie diese Arbeit nicht veröffentlichen?“ – die längst angenommen war. Wenige Wochen später hatte ich einen Anruf von jemandem der sagte, „Ob ich mir dessen bewusst wäre, dass die Chemiehersteller eine millionenschwere Kampagne vorbereiten, wie gut BPA für Babys wäre“, wozu sie sich eine Seite von Dutch Boy Paints* [Farbenhersteller] borgten, auf dieser wurde damit geworben, man würde Babys glücklich machen, obwohl bekannt ist, dass Blei Kleinkinder tötet. Was man also tut, ist, dass man jene Bevölkerungsgruppe zur Zielgruppe des Produktes macht, die durch dieses tatsächlich ernsthaft geschädigt wird. Diese Leute sind wirklich krank. Ich meine, jemand der so etwas tun würde, ist aus meiner Sicht ein Soziopath.

*[Übersetzer: Heute enthalten diese Farben hoffentlich kein Blei mehr. Warum linkt man dann aber unter Sicherheitshinweise (Safety Education) zur den Bleiwarnungen der EPA?]

e360: Doch nun sind wir 14 Jahre und wie viele Studien weiter?

vom Saal: OK, über 1.000. Und was wir haben, ist eine Regulierungsbehörde nach der anderen Regulierungsbehörde, die an Jahrzehnte veraltete Verfahren gebunden ist. Und unfähig, wie sie behaupten, aufgrund ihrer Regeln, die Existenz buchstäblich jeglicher moderner Wissenschaft anzuerkennen. Es ist so, als ob man Polio bekommt, und nun müssen wir Sie in eine eiserne Lunge stecken, denn unsere gesetzlichen Regelungen erlaubt keinerlei moderne Herangehensweise, um es zu behandeln. Aber, genau so ist unser Regelwerk für Chemie.

Keine der Regulierungsbehörden, die alle stark unter dem Einfluss der chemischen Industrie standen, wusste überhaupt, wie sie vorgehen sollten. Und womit anfangen? Im Handel gibt es 100.000 Chemikalien. Davon fällt tatsächlich nur eine kleine Anzahl unter ihre gesetzliche Regulierungsbefugnis, dank des Toxic Substance Control Act [Kontrollgesetz für toxische Substanzen] von 1970, fallen 62.000 Chemikalien, darunter BPA, unter den Bestandsschutz, d.h. sie werden von gesetzlichen Regelungen überhaupt nicht erfasst. Darum gibt es keine Vorschriften für BPA.

Doch im Januar 2010 tat die FDA (US-Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde) etwas bemerkenswertes – sie drehten ihre Position, wonach BPA sicher wäre, um 180 Grad, und teilten mit, wir stimmen unserer wissenschaftlichen Beratungsbehörde zu [Advisory Committees], dass es Gründe gibt, sich wegen Prostatakrebs, vorzeitiger Pubertät und einer Reihe anderer Dinge Sorgen zu machen. Dies war ein großer Durchbruch. Nun haben wir neuerdings eine Regierungsbehörde, welche akzeptiert hat, dass man diese Chemikalie vermeiden sollte. Doch sie sagen, „Es tut uns leid, aber wir haben nicht die Befugnis, dies zu bewerkstelligen. Wir haben nicht einmal die Befugnis, zur Chemischen Industrie hin zu gehen und zu sagen, ‚Was ist da drin?‘. Wir können dies nicht mal feststellen.“ Es ist eine Chemikalie, die unter den Bestandsschutz fällt.

e360: Was könnte (die FDA) tun?

vom Saal: Was die FDA sagte ist folgendes, „Wir arbeiten mit dem Kongress daran, zu versuchen, das Gesetzt geändert zu bekommen.“ Doch die Regelungen, die wir ausführen zu ändern, würde fünf bis zehn Jahre dauern, wenn die Industrie mitspielen würde. Und dies ist eine extrem unkooperative Industrie. Es geht um ein Produkt, das annähernd 10 Milliarden Dollar pro Jahr einbringt. Solches Geld lässt sich natürlich niemand entgehen.

Und 100 Prozent der von der chemischen Industrie finanzierten Studien sagen, diese Chemikalie ist absolut sicher. Haben sie das schon mal gehört? Bei jeder Chemikalie, bei jedem Arzneimittel, das Sie sich ansehen, brauchen sie nur auf das Geld achten und es wird ihnen sagen, was bei der Studie herauskommen wird. Unabhängige Wissenschaftler stellen Gefahren fest. Leute, die entweder offen oder verdeckt für die Interessen der chemischen Industrie arbeiten, stellen nur Unbedenklichkeit fest. Keines der Industrie- oder Firmenlabore genießt irgendeinen besonderen Ruf in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Und ihre Arbeiten sind pathetisch, da sie völlig veraltet sind und Techniken benutzen, die niemand in einer Laboruntersuchung benutzen würde und die 40, 50 Jahre alt sind.

e360: Können sie mal eine der Laboruntersuchungen beschreiben, die Ihr Labor durchgeführt hat?

vom Saal: Das erste Ergebnis, das wir hatten, war, dass BPA eine krankhafte Prostata bei einem Mausfötus hervorrief. Und dann publizierten wir in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ [renommierte Zeitschrift der Amerikanischen Wissenschaftsakademie] wie man eine sehr hochentwickelte Technik wirklich verwenden kann, indem man das Organ heraus nimmt, es zerschneidet und in einen Computer einscannt. Man kann sagen, wie viele dorsale Kanäle es da gibt und wie die Beschaffenheit dieser Kanäle ist. Dann nehmen wir diese Kanäle, die aus dem Harnleiter kommen und färben sie mit speziellen Farben ein, damit wir genau feststellen können, welche Arten von Zellen es darin gibt und ob sie sich teilen oder nicht. Und was wir fanden waren Stammzellen – das schlimmste, was passieren kann, denn dies sind jene Zellen, die sich zu erwachsenen Zellen wandeln und zu Krebszellen werden – und sie sind das Ziel von Bisphenol A. Und sie wachsen anormal; die Kanäle sind alle stark missbildet.

Wir verfütterten auch BPA in einer [kleineren] Dosis an eine trächtige Maus, die sich um das Tausendfache von der unterschied, die irgend eine Wirkung hervorrufen kann, und dann nahmen wir ihre männlichen Nachkommen und stellten fest, dass es bei der Entwicklung der Prostata Anomalitäten gab. Eine andere Forschergruppe griff dies auf und behandelte Ratten mit Bisphenol A. Und im Erwachsenenalter entwickelten diese Prostatakrebs im Frühstadium. Und diese Gruppe war in der Lage, dies auf eine Veränderung in der Programmierung jener Gene zurück zu führen, welche bei Menschen, die Prostatakrebs bekommen, eine Rolle spielen.

e360: Nun also ganz praxisnah – als Mutter, die alle ihre drei Söhne als Säuglinge mit Plastikfläschchen gefüttert hat – wie besorgt müssen wir Eltern alle sein, und was können die Leute praktisch tun, um diese allgegenwärtige Chemikalie zu vermeiden?

vom Saal: Was wir wissen ist, dass Östradiol und Östrogene Risikofaktoren für Krankheiten sind. Und das bedeutet, wenn sie 100 Menschen untersuchen, wissen sie, dass sieben oder acht erkranken können, oder zehn, oder mehr. Und das andere ist, dass wir wissen, dass es unter Frauen hundert verschiedene Abstufungen gibt, wie Frauen beispielsweise auf orale Empfängnisverhütungsmittel ansprechen. Was man nicht sagen kann ist, die Tatsache, dass Sie mit ihren Kindern so umgegangen sind, würde zwangsläufig bedeuten, dass sie all diese Erkrankungen bekommen werden. Aber es erhöht ihr Risiko für zahlreiche Anomalitäten, was Sie im Auge behalten sollten. Doch alle diese Krankheiten, von denen wir sprechen, haben multifaktorielle Ursachen, und wenn BPA dazu kommt, spielt der ganze Rest des individuellen Lebensstiles eine Rolle. Ich meine damit, bei unseren Versuchstieren führte es zu Fettleibigkeit ohne erhöhte Nahrungsaufnahme. Das heißt, wenn man BPA ausgesetzt war und Symptome von Fettleibigkeit aufweist, würden Sie gerne Gegenmaßnahmen ergreifen und müssten erkennen, dass es nichts bringt, diese Person nur das essen zu lassen, was auch Sie essen – wegen dieser Chemikalie, von der wir feststellen, dass es umprogrammierte Gene in den Fettzellen sind, die anders funktionieren. Und die platzieren mehr Fett in ihre Fettzellen. Ihre Fettzellen sind im Vergleich zu normalen Fettzellen groß. Sie lagern dort einfach mehr Lipide ein. Und die Person kann nichts daran ändern. Aber Sie können dennoch die Ernährung dieser Person kontrollieren und nicht zulassen, dass es so weit kommt. Eines von den Dingen, die ich getan habe ist, meine Frau und ich haben in unserem Haushalt vor allem jede Art von Polycarbonat-Kunststoff verbannt.

e360: Das bedeutet, jegliche Art von diesen Hartkunststoff-Flaschen?

vom Saal: Hart und durchsichtig, wo nicht BPA frei drauf steht. Sie enthalten andere Chemikalien, denen sich auszusetzen ich nicht empfehlen würde. Und das Wasser in ihnen ist nicht rein, noch ist es überwacht. Das Beste, was Sie für Ihre Versorgung mit Wasser tun können ist, ein gutes Haushalts-Filtersystem zu kaufen und Leitungswasser zu benutzen, das durch einen Umkehr-Osmose, Kohlefilter gelaufen ist. In innerhalb weniger Monate kommen sie im Vergleich zum Kauf von Trinkwasser in Flaschen finanziell besser weg. OK, die andere Sache ist, dass ich jegliches Wasser, welches ich abfülle, in einen Edelstahlbehälter fülle.

e360: Und einmal las ich, Sie hätten gesagt, sie trinken nur Bier aus Flaschen; wir sollten nicht aus Getränkedosen trinken.

vom Saal: Mit ein paar sehr wenigen Ausnahmen gibt es in den Vereinigten Staat keine Dosenprodukte, die kein BPA enthalten. Darum benutzen wir zu Hause keine Produkte in Dosen. Als die Japaner die Beschichtung ihrer Dosen wechselten – von der die NAMPA (National Association of Metal Packagers Association), der Nationalverband der Herstellervereinigungen von Metallverpackungen behauptet, das Leben auf der Erde wäre zu Ende, wenn wir ihnen BPA wegnehmen. Nun, raten Sie mal was geschah? Die Japaner taten es. In Japan findet man kein Polycarbonat.

Es gibt zigtausende von Alternativen zu Babyfläschchen [mit BPA]**, und es gibt längst Alternativen für Konservendosen. Deshalb ist das, was [US-Senatorin Diane]** Feinstein mit dem BPA-Gesetz vorhat, der Konservenindustrie einen begrenzten Zeitraum für die Umstellung einzuräumen.

Das andere Ding ist, wenn man die Beschichtung der Konserven umstellt, wechselt man am besten zu etwas, das nicht diesen traditionellen Regulierungsbehörden-Blödsinn mit veralteten Untersuchungsmethoden passiert hat. Man sollte lieber die Fachleute auf diesem Gebiet zusammenrufen und sagen, „Wie kann ich feststellen, ob dies eine endokrin disruptive Aktivität besitzt?“ Andere Leute aus dieser Gemeinschaft können Ihnen das sagen. Aber sie werden es nie der US-EPA entlocken.

e360: All das wirft ziemlich beunruhigende Fragen auf, inwieweit wir wirklich allem oder den Chemikalien, die wir gebrauchen, trauen können. Doch Ihre Geschichte deutet darauf hin, dass wir, selbst wenn wir sehr eindeutige Belege haben, dass etwas schädlich ist, die Sachen nicht los werden können. Inwieweit sollten wird diesem System überhaupt noch trauen? Gar nicht?

vom Saal: Niemandem. Das System ist so sehr versteinert, dass es die Vorstellung absolut pervertiert, es wäre mit irgendeinem rationalen Prozess beschäftigt, um die gesundheitlichen Auswirkungen von Chemikalien zu untersuchen. Ein paar Leute von uns aus der Endocrine Society, Repräsentanten einer große medizinischen Gesellschaft, sagten zum Leiter des [EPA]**-Büros für Chemikaliensicherheit, „Ihre Mitarbeiter haben über 100 Millionen Dollar ausgegeben; Sie haben keinen glaubwürdigen Bestand an Untersuchungen, Sie haben nichts zustande gebracht außer mit nicht ausgeschriebenen Verträgen viel Geld zu verschwenden, die Ihnen keine Daten einbrachten. Und die Vertragslabore, die Sie für sich arbeiten lassen, liefern Ihnen Müll und sind derart außerhalb akzeptabler Leistungsgrenzen. Und Sie erklären die Daten für brauchbar.“

Und er wies dies zurück. Er drehte durch. Wir sagten ihm, „Sie wissen nicht, was Sie tun. Und solange Sie keine Endokrinologen beteiligen, die wissen, wie man hormonaktive Chemikalien untersucht, werden sie nicht weiter kommen.“ Und er wollte das nicht hören. Und er erzählt weiterhin überall allen Leuten, dass sie dieses wunderbare Programm hätten. Es ist eine Lüge; es ist Betrug; es ist absolut nicht hinnehmbar, dass diese Angelegenheit immer so weiter geht.

e360: Nun, wahrscheinlich bekommen Sie dies öfter zu hören, aber die Leuten werden sagen, „Oh, Sie sind einfach nur ein Panikmacher.“ Was sagen Sie zu diesen Leuten?

vom Saal: Prüfen Sie die Daten! Als Wissenschaftler denke ich, wenn sie von dem abweichen, was die Daten hergeben, verlieren Sie Ihre Glaubwürdigkeit und sind erledigt. Einer der Gründe, warum man mich auf diesem Fachgebiet für glaubwürdig hält ist, dass ich nie mehr gemacht habe, als zu erklären. Wenn ich jene Liste vortrage, welche Folgen BPA hat, ist jeder Punkt stapelweise mit Publikationen verschiedener Labore belegt. Und das ist der Vorgang, wissenschaftliche Ergebnisse zu validieren. Wenn diese Studien nur einmal an einem Ort durchgeführt worden wären und sie niemand wiederholen konnte, würde ich sie nicht in die Liste der Schäden aufnehmen, welche diese Chemikalie hervorrufen kann. Es ist die in den größten Mengen verbreitete endokrin-disruptive kommerzielle Chemikalie. Wir wissen nicht, in welchen Produkten sie überall drin ist. Wir wissen, dass sie bei Tieren umfangreiche Schäden anrichtet. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Studien am Menschen, welche den gleichen Zusammenhang zwischen der Gegenwart von Bisphenol A und jenen Schäden feststellen, die sich im Tierversuch ergaben.

Das beunruhigt mich. Ich denke nicht, dass dies Panikmache ist. Es ist mit Ausnahme von Dioxin eine Chemikalie, über die wir mehr wissen als über jeden anderen chemischen Stoff. Im Augenblick ist es die am meisten untersuchte Chemikalie der Welt. NIH [National Institutes of Health]** [die US-Gesundheitsbehörde] hat ein Budget von 30 Millionen Dollar für Studien die gerade über diese Chemikalie durchgeführt werden. Glauben Sie, dass die Bundesbehörden in Europa, der Vereinigten Staaten, Kanada und Japan, alle der Untersuchung dieser Chemikalie höchste Priorität einräumen würden, wenn es nur ein paar wenige Panikmacher gäbe, die behaupten, BPA wäre ein Problem?

** Einfügungen von der Redaktion des Originals

Autorin: Elizabeth Kolbert für Yale Environment 360, 24.11.2010

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Wir danken der Yale University für die Erlaubnis, dieses Interview übersetzen zu dürfen!

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Dr. William Rea als Experte für Opfer des BP Ölunfalls anerkannt

Dr. William J. Rea, Gründer und Direktor des Environmental Health Center-Dallas (EHC-D) und weltweit anerkannter Spezialist für die Behandlung von chemikalieninduzierten Gesundheitsschäden, wurde in letzter Zeit in mehreren Artikeln über die gesundheitlichen Auswirkungen der BP Ölkatastrophe bei Aufräumarbeitern und Anwohnern besonders herausgestellt.

Die neueste Veröffentlichung, „BP schuld an Vergiftung“ durch Dahr Jamail von Al Jazeera, geht näher darauf ein, wie die 1.900.000 Gallonen giftiger chemischer Dispergiermittel, die zum Zersetzen des Öls, das durch die Explosion einer BP-Tiefsee-Bohrinsel im Golf von Mexiko letzten Sommer freigesetzt wurde, eine breite Palette beeinträchtigender Symptome bei Betroffenen auslöste, die diesen Chemikalien ausgesetzt waren.

Öl-Unfall am Golf von Mexiko/ Photo: NASA

Der Artikel führt an, „Aufnahmewege für die Dispergiermittel sind Einatmen, Verschlucken, Haut- und Augenkontakt. Zu gesundheitlichen Auswirkungen gehören Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Schmerzen in der Brust, Schädigung der Atmungsorgane, Hautreizungen, Bluthochdruck, Depression des zentralen Nervensystem (ZNS), neurotoxische Wirkungen, Herzrhythmusstörungen und Herz-Kreislauf-Schäden. Die Chemikalien sind auch teratogen, mutagen und krebserregend.“

Worüber auch in den anderen Artikeln berichtet wurde, ist das Auftreten von „Schadstoff- induziertem Toleranzverlust“ (TILT) – ein anderer Name für Chemical Sensitivity. Eine behindernde Erkrankung, die das Leben für die Betroffenen sehr schwierig macht, weil sie auf sehr geringe Konzentrationen von Chemikalien, Schimmelpilzen und anderen Substanzen reagieren. Weil die Verwendung von Chemikalien in unserer Kultur so allgegenwärtig ist und tief in unser Alltagsleben verwoben ist, kann der Umgang mit der Krankheit ein lebenslanger Kampf sein.

Dr. Rea ist ein Experte für Chemical Sensitivity, der viele Tausende Patienten mit dieser Erkrankung behandelt hat, einschließlich solcher Patienten, die giftigen Chemikalien aus Erdöl-und Dispergiermittel ausgesetzt waren, seit er sein Behandlungszentrum 1974 eröffnet hat. Hinsichtlich der Opfer der BP Ölkatastrophe erklärt Dr. Rea seinen Behandlungsansatz:

„Wir versuchen zunächst die Symptome der Menschen zu beseitigen, und das ist organspezifisch „, erklärt Rea in seiner Klinik, die als eines der ältesten und am weitesten fortgeschrittenen Zentren der Welt gilt für die Bewältigung von Gesundheitsproblemen, die durch die Umwelt entstanden sind. „Wir versuchen, ihre toxische Belastung zu reduzieren, indem wir ihnen Nährstoffe intravenös und oral verabreichen, Sauna durchführen und sie in Unterkünften unterbringen, die so gering wie möglich mit Schadstoffen belastet sind. Wir geben ihnen Bio-Lebensmittel zum Essen und leiten sie an, unbelastetes Wasser zu trinken.“

Rea hat viele Menschen aus der Golfregion behandelt, die krank gemacht wurden durch BP’s giftige Chemikalien.

„Ich habe im Moment mehrere Bedenken wegen der Menschen in der Golfregion, die von diesen Chemikalien betroffen sind“, sagte er. „Erstens, sie sind alle müde und nicht in der Lage zu arbeiten. Wenn alle Muskeln müde und erschöpft sind, ist es schwer zu funktionieren. Die Menschen dort bekommen „benebelte“ Gehirne von den Chemikalien, andere haben Herzprobleme deswegen. Andere haben Broncho- spasmen und Asthma davon. Andere sind aufgedunsen und werden schläfrig nach dem Essen, bekommen Durchfall, Verstopfung, Reizdarmsyndrom und andere Magen-Darmprobleme. “

Dr. Rea betont, dass es wichtig ist, die Patienten aus dem Belastungsbereich heraus- zuholen, damit die Behandlung effektiv sein kann.

In Ricki Ott‘s Artikel „BP, Regierungen, Bagatellisierung von öffentlichen Gesund- heitsrisiken durch Öl-und Dispergiermittel“, der von der Huffington Post im Juli vergangenen Jahres herausgegeben wurde, erinnerte sie uns daran, dass Dr. Rea auch bereits einige der kranken Exxon Valdez Aufräumarbeiter behandelt hat.

Planet Thrive ist stolz darauf, dass Dr. Rea Betroffenen der Tragödie, die durch den BP Ölunfall ausgelöst wurde, in einer kostenlosen Kolumne auf der Planet Thrive Plattform Rede und Antwort steht. Auch Fragen von Menschen, die durch andere Arten von Chemikalienexposition krank wurden, sind willkommen.

Literatur:

Planet Thrive, Dr. William Rea recognized as expert for BP Oil Spill victims, November 10, 2010

Vielen Dank an Julie Genser von Planet Thrive für die Erlaubnis, diesen Artikel übersetzen zu dürften!

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Weitere CSN Artikel zum Thema BP-Ölkatastrophe und damit verbundene Gesund- heitsschäden:

Experten geben Antwort: Die besten Tipps für duftfreie Wäsche

Für Allergiker, Asthmatiker und insbesondere für Chemikaliensensible ist duftfreie Wäsche einfach ein MUSS. Duftende Waschmittel, Weichspüler und Parfüm lösen bei diesen Personen oft schon in geringster Konzen- tration erhebliche Gesundheitsbeschwerden aus. Atembeschwerden, Asthmaanfälle, Kopf- schmerzen, Schwindel, Ekzeme, juckende Augen und auch Gemütsschwankungen, Depressionen, Aggressionsschübe, gehören u.a. zu den Symptomen, die berichtet werden. Besserung kann für die betroffenen Personen nur eintreten, wenn sie den Duftstoffen nicht mehr ausgesetzt sind. Das bedeutet Arbeit, denn in der Regel „duftet“ der komplette Wäschebestand und oft sogar der Kleider- und Wäscheschrank. 24 Stunden täglich sind wir von Kleidung und Wäsche umgeben.

Wer am Anfang seiner Erkrankung steht, muss zügig das Problem lösen, seine Wäsche und die Waschmaschine von den Duftstoffen und Parfüms zu befreien. Nicht unbedingt einfach, denn die in heutigen Waschmitteln und Weichspülern enthaltenen Duftstoffe sind so ausgelegt, dass sie möglichst intensiv und lange haften. Einfach mit duftneutralem Waschmittel waschen reicht nicht, und was auch nicht zu vergessen ist, häufig ist die Waschmaschine ebenfalls völlig kontaminiert. Guter Rat ist also teuer.

Wir möchten mit Euch die nützlichsten Tipps zusammentragen, wie man am besten vorgeht, denn wer könnte zuverlässiger Auskunft geben als jemand, der MCS hat? Die Chemikaliensensitivität hat viele der Erkrankten zwangsläufig zu Experten gemacht. Nicht dass es einfach gewesen ist, im Gegenteil, wer MCS hat, musste oft aus Schaden lernen. Genau deshalb möchten wir mit Euch „Expertentipps“ zusammentragen, die dann allen weiterhelfen, die verzweifelt auf der Suche nach Lösungen sind. Kontinuierlich möchten wir mit Euch zusammen eine Serie mit den besten Tipps zur Lösung von speziellen Alltagsproblemen erstellen. Sicherlich werden nicht nur Chemikaliensensible und Allergiker daraus profitieren, sondern auch die zunehmende Zahl der Menschen, die gesundheits- und umweltbewusst leben möchten.

Ihr seid die Experten, lasst uns Eure besten Tipps wissen:

  • Was hilft am besten, um Kleidungsstücke, die nach Waschmittel, Weichspüler oder Parfüm riechen, duftfrei zu bekommen?
  • Wie bekommt man eine mit Waschmittelgeruch kontaminierte Waschmaschine clean?
  • Wie bekommt man Kleider- und Wäscheschränke duftfrei?