Jahresarchiv für 2008

Der Stoff aus dem die Schulen sind – Teil IV

„Gebaut für alle Ewigkeit: Deutschlands Asbest Schulen“

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Abenteuerspielplatz oder Sondermülldeponie?

Man trifft sich gerne am Efeuweg in Rudow. Wo bietet sich heute noch Abenteuer in einer Großstadt wie Berlin? Da ist eine Bauruine, wie die ehemalige Clay-Oberschule schon eine willkommene Abwechslung. Hier kann man alles mit Graffiti verschönern, Alkohol und Drogen konsumieren, aufs Dach klettern, mit Feuer spielen, übernachten. Wen kümmern da schon Schilder, die vor Asbestfeinstaub warnen.

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Schulfrei auf Dauer

Die Clay-Oberschule ist nämlich eine von vielen Asbestruinen, die seit Ende der achtziger Jahre mit Brettern vernagelt und mit Dichtmaterial versiegelt, auf ihren Abriss warten. 15 Schulen musste man 1989 wegen Asbestbelastung schließen. Ein Abriss der Ruinen und auch eine Sanierung ist für die Haushalte der Kommunen ruinös. Und ein Verkauf der Grundstücke gelang bis jetzt auch nur in einem Fall. Die Kosten schrecken Investoren ab, war im Tagesspiegel zu lesen.

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Unvergänglichkeit

Asbestos, das ist altgriechisch und heißt soviel wie unvergänglich. Das scheint sich in Berlin und auch in vielen anderen Städten und Landkreisen zu bewahrheiten.

Asbest war bis in die achtziger Jahre ein beliebter Stoff. Man hat Asbest in Zement gemischt, Dach- oder Fassadenplatten damit hergestellt. In Gebäuden wurden tragende Stahlteile mit Spritzasbest zum Brandschutz versehen. Regenrinnen, Wasserleitungen, Blumenkästen wurden mit Asbest haltbar gemacht. Schächte und Klimaanlagen damit ausgespritzt, Böden mit asbesthaltigen Vinyl-Flex-Platten und PVC-Bahnenware verklebt. Auch die in Schulpavillions oft verwendeten Nachtspeicheröfen enthalten Asbest. 

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Der Preis ist hoch…

Asbest kann zu Asbestose führen, zu Bronchialkarzinomen, zu bösartigen Tumoren des Brust- oder Bauchfells. Asbestfasern können die Plazenta passieren. Die gesundheitsschädigende Wirkung von Asbest wurde um 1900 erstmals in Deutschland erkannt.

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Asbest? Na und!!!

„Dass es über hundert Jahre dauerte, um von der Erkenntnis der Gesundheitsgefährdung durch Asbest, bis zum Verbot des Materials zu gelangen, ist vor allem offensiver Lobbyarbeit zuzuschreiben„.

Der Zahn der Zeit

In Berlin hat man gemessen, andernorts auch. Wer aber misst regelmäßig, was in den maroden Schulen des letzten Jahrhunderts angenagt vom Zahn der Zeit und Umwelteinflüssen frei wird?

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Endlich Ferien

„…doch inzwischen gibt es ein Asbestproblem an der Schwielowsee-Grundschule … Weil die Werte noch innerhalb der Toleranzgrenze liegen, läuft dort noch bis zu den Sommerferien der Unterricht. Zum neuen Schuljahr wird der Standort aufgegeben“, konnte man letztes Jahr in „Der Tagesspiegel“ lesen.

Und auch darüber kann man nachdenken: Wo liegt die Toleranzgrenze des menschlichen Körpers für eine inkorporierte Asbestfaser?

Herzlicher Dank für diesen Gastbeitrag geht an Juliane.

Ganz besonderer Dank geht auch an Clarissa für die eindrucksvollen Photos.

Der Stoff aus dem die Schulen sind Teil III

Das auch noch: Schimmel in der Schule

Schimmelschule
Undichtes Flachdach, Schimmel, Holzschutzmittel,…

Experten wissen es schon lange
„Im Umweltbundesamt häufen sich in letzter Zeit Anfragen mit der Bitte um Informationen über das Auftreten von Schimmelpilzen in Gebäuden“, schrieb Prof. Dr. Troge 2002 im Vorwort des Leitfadens zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräume.

Auf der Internetseite des Gesundheitsamts der Stadt Bremen kann man nachlesen, dass eine Studie in NRW zeigt, dass 40% der Privatwohnungen Schimmelbefall aufweisen. Als Grund werden wärmedämmende Fenster „und bauliche Veränderungen“ genannt.Die Experten wissen schon lange, dass wir auch in diesem Bereich friedlich in die Katastrophe schlittern.

Auch in Schulen schimmelt es. Warum?
Im Klassenraum meines Großvaters musste der Lehrer gezwungenermaßen mal die Fenster öffnen, sonst wäre ihm nämlich der Ofen ausgegangen. Im Zeitalter der Zentralheizung gilt: Lieber erstinken, als erfrieren.

Pro Person und Stunde kann man mit 0,1 Liter Wasserdampf in Innenräumen rechnen. Hinzu kommen in Klassenzimmern noch 0,5 bis 1 Liter Wasserdampf von Zierpflanzen, Tafelwischen, Blumengießen, Plantschwasser durch Wassertische, Wasserfarben etc.

Messungen zeigten, dass auch die CO2 Konzentration in Klassenräumen schnell ansteigt. Die maximal zulässige Höchstbelastung für CO2 am Arbeitsplatz beträgt 5000 ppm. Die empfohlene Maximalkonzentration liegt bei 1000-1500 ppm. Die 1000 ppm-Marke wird beinahe während des ganzen Schultags überschritten und sogar 4000 ppm liegen noch während eines Fünftels der Unterrichtszeit vor. In Schulräumen mit erhöhten CO2-Werten ist auch mit erhöhter Materialdurchfeuchtung zu rechnen, die das Wachstum von Mikroorganismen insbesondere das Wachstum von Schimmelpilzen begünstigen.

Schimmel wächst einfach überall

  • Schimmelpilzsporen die überall anzutreffen sind, finden einen idealen Nährboden auf Topfpflanzenerde, organischen Abfällen Tapeten, Fensterrahmen, Bodenbelägen, Tafelschwämmen usw.
  • Bei älteren Schulgebäuden dringt oft Bodenfeuchte aus dem Erdreich ein, weil das Mauerwerk nicht isoliert ist.
  • Schäden im Mauerwerk lassen Schlagregen eindringen.
  • Ungewartete Regenrinnen und Fallrohre bringen Wassereinträge in das Mauerwerk.
  • Flachdächer sind oft undicht.
  • Bei neuen Gebäuden gibt es vermehrt Probleme mit nicht heruntergetrockneter Baufeuchte insbesondere im Estrich.
  • Häufig werden Schäden an Heizung und Wasserinstallation nicht schnell genug behoben oder unsachgemäß ausgeführt und bereits eingetretene Wasserschäden nicht ordentlich saniert.

Der Schimmelsupergau rollt aber erst seit einigen Jahren auf die Republik zu:

Unsachgemäße Wärmedämmung
Werden nur neue Fenster eingebaut, bildet sich Kondenswasser zu den angrenzenden ungedämmten Wänden. Werden nur Dämmplatten aufgeklebt, bildet sich Kondenswasser zu den ungedämmten Fenstern.

Bei Vollwärmedämmung eines Altbaus oder eines Neubaus ist der Schimmel schon vorprogrammiert. Das Haus als geschlossene Plastiktüte kann nur funktionieren, wenn mit der Dämmung gleichzeitig Zwangsbelüftungssysteme eingebaut werden. Das ist aber eher die Ausnahme als die Regel. Weder im privaten noch im öffentlichen Bereich ist Zwangsbelüftung bei Vollwärmedämmung vorgeschrieben. Hinzu kommt, dass jeder Handwerker dämmt, obwohl viele keinen Dunst davon haben, was sie da zusammenkleben.

Stinkende Schimmelbomben

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Die Schimmelpilzbomben im Bereich Schule sind die Container, die oft schon seit 30 Jahren im Einsatz sind. Meist sind sie von allen Seiten schon durchgefault und jeder Zoodirektor würde sich weigern, darin seine Affen unterzubringen. Es soll sogar Container geben, in denen die Lehrer versuchen, den Schimmelmuff mit Duftlampen zu überdecken. Schimmelpilze bilden beim Wachstum flüchtige organische Verbindungen sogenannte MVOC (Microbial Volatile Organic Compound).

Menschen, die in schimmelbelasteten Gebäuden leben müssen, sind vielfältigen Gesundheitsgefahren ausgesetzt:

Schimmelsensibilität bleibt ein Leben lang
Allergischer Schnupfen und Asthma, Hautprobleme, grippeähnliche Symptome , Erschöpfungszustände, Mykosen. Oft sind Schimmelpilze auch Auslöser oder Verstärker einer Multiplen Chemikalien Sensibilität.

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Grenzwerte, das alte Spiel mit immer neuen Regelungen

Die Verantwortlichen in der Administration sind schon wach. Allerdings beschränken sich die Maßnahmen auf Festlegung von Grenzwerten. Dass Institut für Energie- und Umwelttechnik (Iuta) in Duisburg und die Universität Oldenburg konnte man letztes Jahr in der FR nachlesen sind schon eifrig damit beschäftigt, einen unproblematischen Grenzwert für Mykotoxine zu bestimmen.

Man weiß Bescheid:

Die Universität Bremen hat gerade aktuell die Kohlendioxid-Konzentration in Klassenräumen untersucht. Und man empfiehlt Lüften (FR 24.4.08). Sicher wird das Lüften auch deshalb empfohlen, weil man weiß, was außer CO2 noch so alles in der Luft ist.

Herzlicher Dank für diesen Gastbeitrag geht an Juliane.

Weitere CSN Blogs zum Thema Schule:

Der Stoff aus dem die Schulen sind – Teil II

Moderene Schulen sind oft mit Schadstoffen und Schimmelpilz belastet

Lösemittel, luftdicht verpackt. Der neue Kram

MCS durch giftige Schule

Im Februar 2008 berichtete das ZDF in der Sendung 37° über Menschen, die an Multipler Chemikalien Sensitivität leiden.  

Ein junges Mädchen, das das Filmteam im seinem Alltag begleitete, ist durch die Raumluft ihrer ehemaligen Grundschule an MCS erkrankt. Die Erkrankung der Schülerin in einem Neubau des Schulzentrums Nideggen ist kein Einzelfall.  

In Neubauten und bei Sanierungen alter Schulgebäude kommen eine Vielzahl von Materialien zum Einsatz, die die Raumluft der Schulen mit Schadstoffen belasten. 

 

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Plastiktüteneffekt

In heutigen Schulneubauten herrscht dicke Luft. Die Architekten planen Schulgebäude als Energiesparmodelle. Gut gedämmte Außenwände, dichte Fenster, die keinen Wärmeverlust aber auch keinen Luftaustausch zulassen. Der Bauunternehmer, der das günstigste Angebot erstellt hat, erhält den Zuschlag. Es muss zügig gebaut werden, jeder Bautag kostet bares Geld. Da bleibt keine Zeit, um den Estrich auf dem Fußboden austrocknen zu lassen. Kaum steht der Rohbau, wird verputzt, werden schon die Fenster und Türen mit PU-Schäumen eingesetzt, die Fußböden verklebt, die Wände tapeziert oder mit Rauputz verschönert.  

Billig, abwaschbar & giftig

Auf den Boden werden Gummibeläge aus Industriekautschuk gelegt, damit das ökologisch ausschaut auch schon mal mit Einsprenklern aus Altgummi. Wenn es eher „Bio“ daher kommen soll, kommt mancherorts auch Linoleum mit PU-Beschichtungen zum Einsatz oder man verklebt Industrieparkett oder Teppichboden. Geklebt wird dann, je nach Material und Untergrund, mit Dispersionsklebstoffen, Reaktionsharzklebstoffen, Lösemittelklebstoffen. Auch die blauen Bengel unter den Klebern sind nicht unproblematisch. Denn, von blauen „Engeln“ kann man bei den beliebten glykolhaltigen Klebern nicht sprechen.** (siehe Anhang) 

Die Wände hat man gerne abwaschbar. Besonders beliebt sind hier neuerdings Glasfasertapeten mit abwaschbaren Wandfarben überpinselt. Aber auch Kunstharzputze kommt an die Wände. Mit Ausrüstung versteht sich, damit es nicht schimmelt oder Algen ansetzt. Die neuen Möbel sind aus Kunststoff oder schichtverleimtem Holz. Wen wunderst, was man dann bei Raumluftanalysen so alles messen kann:  

Üble reaktionsfreudige Gemische

Das ist nicht nur die Summe der einzelnen Schadstoffe, sondern, weil viele Schadstoffe sehr reaktionsfreudig sind, ein toxischer Cocktail. In vielen Gebäuden findet man Styrol, Methylacetat, Formaldehyd, Alkohole aus Glykol, Weichmacher aus den Bodenbelägen und Wandfarben. Und wehe, wenn der nicht ausgetrocknete Estrich sich mit den glykolhaltigen Klebern des Bodenbelags verbindet.  

Wer glaubt, dieser Cocktail könne keinen Schaden anrichten, weil er ja nur eingeatmet und nicht gegessen wird, hat sich getäuscht. 

Landesweit Kinder im Laborversuch?  schuler-ii.jpg

Im Nidegger Schulzentrum fand man im Blut der Kinder Aceton, Dichlormethan, Methylethylketon, Methanol, Xylol, Toluol. Der höchste gemessene Toluol Wert bei einem Kind betrug 1195 Mikrogramm/l. Der Referenzwert beträgt 5 Mikrogramm/l. 

Schüler und Lehrer in Neubauten und sanierten Altbauten leiden bei belasteter Raumluft unter Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Übelkeit, trockenen und brennenden Augen, Atemwegsproblemen, Bauchweh und manchmal auch unter grippeähnlichen Reaktionen .  

Der neue Kram ist also nicht besser als der alte. In Nideggen wurden Schüler und Lehrer krank. Und Nideggen ist kein Einzelfall.  

***Anhang: „Dabei erlaubt das Umweltbundesamt, dass in Lacken, die den blauen Engel verliehen bekommen, bis zu 10 % Glykolverbindungen erhalten sein dürfen. In vielen lösemittelfreien Teppichklebern werden hochsiedende Glykolverbindungen mit Siedepunkten oberhalb 200 °C verwendet. Diese Hochsieder müssen nicht als Lösungsmittel deklariert werden und die Produkte dürfen somit als „lösemittelfrei“ bezeichnet werden. Glykolverbindungen verdunsten aufgrund ihrer meist gegenüber konventionellen Lösemitteln höheren Siedepunkte nur extrem langsam. Durch Glykolverbindungen vorherrschende Belastungen können dabei über lange Zeiträume von Monaten und Jahren hinweg aus Oberflächen ausgasen und stellen somit eine potentielle Langzeitquelle dar.“

 

Herzlicher Dank für diesen Gastbeitrag geht an Julianne.  

Weiterführende Informationen:

Weitere CSN Blogs zum Thema Schule:

 

Ein interessanter Thread mit vielen Tipps und Hinweisen aus dem CSN Forum zum Thema Schulen:

Heinrich Heine Schule in Hagen

Der Stoff aus dem die Schulen sind

 Teil I:  DER ALTE KRAM  

Schule schadstoffbelastet, Plattenbau

 

„Ich sage immer, lasst den alten Kram ruhen. Wir haben nur eine begrenzte Menge an Geld“.  

 

Frau Dr. Elke Rosskamp, Institut für Wasser, Boden, Luft des Umweltbundesamtes weiß wovon sie spricht, wenn sie auf den „alten Kram“ und  die „begrenzte Menge an Geld“  hinweist. Schließlich war sie federführende Toxikologin in der ehemaligen Arbeitsgruppe PCB auf Bundesebene für das ehemalige Bundesgesundheitsamt. (Zitat Ökotest 8/2000).  

 Der alte Kram PCB

 Man hat gerne damit gebaut. In den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat man allerorts Betonklötze in die Landschaft gesetzt. Kostengünstige Flachdachbauten  als Schulen für die wachsende Schülerzahl. Mit und ohne Waschbeton verkleidet. PCB haltige Dichtungsmasse - hochgiftigGeschalt wurde der Beton mit PCB-behandelten Brettern, denn PCB ist ein ausgezeichnetes Trennmittel. Und weil man Betonplatte nicht an Betonplatte fügen kann, wurden die Dehnungsfugen mit PCB-haltigen Fugendichtungsmassen ausgefüllt. Der so allseitig PCB behandelte Neubau wurde dann zwecks Beleuchtung mit Leuchtstoffröhren ausgestattet, die auch wieder PCB in den Kondensatoren hatten. Und vielerorts wurden die Raumdecken mit flammschutzmittelhaltigen Decken-platten ausgestattet.    

Der „alte Kram“ verflüchtigt sich leider nicht. Er hängt in den Wänden, den Decken, den Dichtungsfugen, den Deckenplatten. Der „alte Kram“ PCB gehört zu den schlimmsten Umweltchemikalien, die mittlerweile ubiquitär verteilt sind.     

PCB wurde verboten. Aber es ist eine Chemikalie mit großer Stabilität und sie reichert sich im Fettgewebe von Tier und Mensch an. Wer kürzlich den Film über Monsanto auf Arte gesehen hat, konnte sehen, welch verheerende Folgen der Kontakt mit dieser Chemikalie auf Menschen hat.    

Abwiegeln statt handeln
Die Behörden wiegeln gerne ab, wenn es um PCB in Gebäuden geht. Man stellt sich auf den Standpunkt, dass PCB in erster Linie über die Nahrung in den Körper gelangt. Mittlerweile gibt es aber genügend Belege dafür, dass PCB auch über die Atmung in den Körper gelangt. Bei der Aufnahme von PCB über die Atmung muss auch mit Folgen für das Gehirn gerechnet werden.
Eine ZDF Umfrage aus dem Jahr 2001 ergab, dass alleine in den alten Bundesländern 15 000 Schulen mit PCB belastet sind.  

 Geruchlos, hochgiftig, folgenreich

PCB ist heimtückisch. Unsere Nase kann uns nicht davor warnen, denn es ist geruchlos. Aber es ist hochgiftig: Auffällig ist die hohe Rate an Krebserkrankungen der Lehrerinnen und Lehrer in den Betonbauten der sechziger und siebziger Jahren.  

Das ZDF berichtete im September 2007  in dem  Filmbeitrag „Gift im Klassenzimmer“  über einen an Krebs erkrankten Schulleiter der bereits abgerissenen Friedrich Ebert Schule Baunatal. Von den ehemals zwanzig Lehrern sind bereits vier an Krebs verstorben und neun weitere an Krebs erkrankt.     

PCB schädigt das Immunsystem, greift in den Hormonhaushalt des menschlichen Körpers ein, wirkt neurotoxisch und hat damit auch Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen, die es über die Atmung aufnehmen.   

Polychlorierte Biphenyle sind Altlasten. Aber sie belasten die Kinder und Jugendlichen ebenso wie die Lehrer tagtäglich in unseren Schulen.     

Was man auch noch in unseren Schulen findet sind alte Bodenbeläge mit PAK-haltigen Klebern, damit hat man bis Ende der sechziger Jahre geklebt.         

Herzlicher Dank für diesen Gastbeitrag geht an Julianne.    

Weiterführende Infos:

Weitere CSN Blogs zum Thema Schule:

In 26 Sekunden überall

Wussten Sie schon? neugeborenes-baby.jpg

„In nur 26 Sekunden nach einer Chemikalienexposition können diese Chemikalien in jedem Organ des Körpers gefunden werden.“

Statement der Amerikanischen Bundesbehörde für Umweltschutz – EPA

Literatur: United States Government, Environmental Protection Agency Office of Pesticides and Toxic Substances, Washington, DC 20660

Umweltmedizin: MCS „Psycho Studien“ halten kritischer Betrachtung nicht stand

Der wissenschaftliche Sachstand über Chemikalien-Sensitivität legt deutlich dar, dass die Erkrankung nicht psychisch bedingt sein kann. Trotzdem tauchen immer wieder Zitate aus Studien auf, die herausgefunden haben wollen, dass die Ursache der Erkrankung in der Psyche zu suchen sei. Diese Aussagen werden gerne benutzt, um Chemikaliensensible um ihr Recht bei Prozessen und ihre Ansprüche auf Therapie oder Entschädigung zu prellen. Ann Davidoff nahm häufig zitierte MCS „Psycho Studien“ unter die Lupe und musste feststellen, dass kaum eine davon das Papier wert ist, auf dem sie gedruckt ist.

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MCS „Psycho Studien“ dienen oft der Ursachenvertuschung und Abwehr von Schadensersatzansprüchen gegenüber Verursachern

Ann L. Davidoff untersuchte eine Auswahl der vorhandenen Literatur über Chemikalien-Sensitivität, die eine psychogene Ursache für diese Erkrankung (MCS) postuliert [1]. Ziel ihrer Recherche war, zu ermitteln, ob diese Studien den Maßstäben der Wissenschaft tatsächlich Genüge tragen.

Studienmängel an der Tagesordnung

Davidoff findet bei ihrer Untersuchung von 10 Studien über MCS, die einen psychiatrischen Hintergrund der Erkrankung favorisieren, ernste methodologische Fehler hinsichtlich der Auswahl des Patientenkollektivs, den eingesetzten Messverfahren, sowie dem Studiendesign. Angesichts dieser Mängel hätten nur sehr vorsichtige Schlüsse aus den Studien gezogen werden dürfen. Acht von zehn Studien legten jedoch „überwiegend sogar explizit“ nahe, dass die Hypothese einer psychogenen Erkrankung von den erhobenen Daten gestützt werde.

Gründe ersichtlich

Davidoff identifiziert vier Gründe dafür, dass eine vergleichsweise nur spärlich untersuchte Erkrankung von unbekannter Ätiologie der medizinischen Gemeinschaft als psychogene emotionale Erkrankung erscheint.Die Tatsache, dass Depressionen, Angstzustände und seelische Not weit verbreitete medizinische Tatbestände sind, wird nicht ausreichend beachtet. Chronische Erkrankungen werden allgemein meist von psychiatrischen Folgeerkrankungen wie Depression, Angst, Erschöpfung und seelischer Not begleitet. Der Zusammenhang ist so stark, dass psychologische und psychiatrische Test- und Interviewdaten allein nicht zwischen psychiatrisch und anderweitig erkrankten Patienten mit gut dokumentierten körperlichen Erkrankungen unterscheiden können. Diese Verbindung zwischen körperlich-medizinischen Erkrankungen und psychiatrischen Folgeerkrankungen sollte nach Ansicht von Davidoff besser beachtet werden.

Fehlinterpretation an der Tagesordnung

Allein das Vorhandensein von seelischer Not, neuropsychiatrischen Symptomen (Depression, Angst, Anspannung, etc.) oder von psychiatrischen Diagnosen wird häufig dahingehend fehlinterpretiert, dass diese von einer emotionalen Störung psychogenen Ursprungs herrühren. Gemäß dem Konsens der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft (American Psychiatric Association) sind psychiatrische Diagnosen jedoch rein deskriptive Entitäten, die Anzeichen und Symptome klassifizieren, ohne sie zu erklären. Mit anderen Worten, psychiatrische Diagnosen sind grundsätzlich „unspezifisch“ hinsichtlich ihrer Ätiologie.

Sinn und Zweck unklar

Die Begrenzungen psychometrischer Daten, die mit Hilfe von psychiatrischen/psychologischen Tests gewonnen wurden, sind nach Auffassung von Davidoff nicht allgemein bekannt. Es scheint in der medizinischen Gemeinde ein falsches Verständnis der Bedeutung psychometrischer Daten zu geben. Psychometrische Daten sind nicht mit Ergebnissen aus einem medizinischen Labor vergleichbar. Die Interpretation psychometrischer Testergebnisse basiert auf einem Vergleich des Testteilnehmers mit einem als normativ angesehenen Kollektivs, das typischerweise aus medizinisch gesunden Menschen besteht. Bestenfalls liefern psychometrische Daten Informationen über Symptome, Charakterzüge, Emotionen, Überzeugungen, Haltungen, Erinnerungen, Urteile und dergleichen. Sie haben nicht den Zweck, die Ursachen dieser Charakteristiken und Zustände zu enthüllen, und können dies auch gar nicht.

Gewöhnliches als Ungewöhnliches interpretiert

Davidoff fährt damit fort, dass einige Ärzte annehmen, dass Erkrankungen mit psychischem Ursprung sich von solchen mit organischem Ursprung durch Phänomene wie dem Auftreten von „sekundärem Gewinn“, Besserung durch Suggestion, das Vorhandensein von Symptomen in multiplen Organsystemen und selektive Fokussierung auf die Krankheit unterscheiden. Diese Phänomene scheinen jedoch auch bei Krankheiten mit bekannten organischen Ursachen verbreitet zu sein. Sekundärer Gewinn ist definiert als das bewusste oder unbewusste Benutzen von Symptomen für externe Vorteile (z.B. das Vermeiden von schädlichen Aktivitäten, das Gewinnen von Unterstützung, die sonst verweigert worden wäre). Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Versuch, von einer Erkrankung zu profitieren, nur bei psychisch kranken Individuen auftritt.

Mangelnde Sachkenntnis

Weiter sind Untersuchungen bez. sekundärem Gewinn anfällig für Verzerrungen und Unsicherheiten, da das Konstrukt nicht objektiv gemessen werden kann und da das Urteil von Spezialisten dazu tendiert, auf informalen Querschnittsbeobachtungen und Schlüssen zu beruhen – ohne Information über die körperliche und geistige Krankengeschichte des Patienten und dessen gewohnheitsmäßige Strategie, mit einem Problem zurecht zu kommen.Laut Davidoff werden Erkrankungen, die sich durch Suggestion oder Unterstützung bessern, manchmal für größtenteils psychogen gehalten. Aber Suggestion und Unterstützung können für Menschen mit körperlichen Erkrankungen sehr hilfreich sein. Ungefähr 35 von 100 Personen, die Placebos bekommen, berichten über eine Besserung, die manchmal sogar sehr deutlich ausfallen kann.

Was war vorher? Henne oder Ei?

Davidoff fährt mit der Feststellung fort, dass das Berichten von Symptomen in multiplen Organsystemen ohne sichtbare Anzeichen oder Befunde bei Standartlabortests kein Hinweis auf eine psychische Ursache ist. Davidoff schreibt weiter: Wenige Forscher würden leugnen, dass bei Individuen mit MCS gewöhnlich, aber nicht immer, psychiatrische Symptome (wie Depression, Angst, Gedächtnisprobleme, und überwältigende Erschöpfung) beobachtet werden. Was kontrovers ist, ist die Natur, das Timing und der Ursprung dieser Symptome, die durch mindestens sechs konkurrierende Hypothesen plausibel erklärt werden können:

1. Der psychopathologische Zustand bestand schon vor dem Beginn der MCS und trägt zu demselben bei (MCS als emotionale Störung aufgefasst).

2. Psychiatrische Befunde sind ein Korrelat von Risikofaktoren für MCS. Schlechte Stimmung und Müdigkeit können z.B. Korrelate einer biologischen Disposition sein, die darüber hinaus auch zu MCS führen kann.

3. Psychiatrische Befunde repräsentieren frühe präklinische Manifestationen von MCS. MCS wird hierbei als eine physiologische Erkrankung verstanden, die sich oft allmählich über längere Zeit nach wiederholten Expositionen gegenüber Umweltnoxen entwickelt.

4. Psychiatrische Symptome stellen die subjektive Komponente bestimmter neurophysiologischer Reaktionen auf auslösende Umweltnoxen dar und beginnen erst nach Einsetzen der MCS.

5. Psychiatrische Charakteristiken stellen vorübergehende oder bleibende psychosoziale Konsequenzen einer Krankheitsauslösenden Exposition und/oder einer chronischen, verwirrenden, lähmenden, isolierenden und stigmatisierenden Erkrankung dar.

6. MCS ist eine emotionale Störung, die sich oft bei Stress, wie er mit bestimmten Formen von Umweltexpositionen assoziiert ist, verschlimmert. Eine psychiatrische Vorgeschichte wird nicht verlangt.

Kombinationswirkung außer Acht gelassen

Die Hypothesen 1 und 6 gehen davon aus, dass das MCS eine emotionale Störung ist, verstärkt durch Stress oder Expositionen aus der Umwelt, bei einem Patienten mit oder ohne prädisponierender Psychopathologie. Die Hypothesen 2 bis 5 betrachten MCS als eine physiologische Erkrankung. Die psychiatrischen Charakteristiken werden als Korrelate oder Folgen dieser Erkrankung aufgefasst. Diese Hypothesen schließen sich nicht gegenseitig aus. MCS könnte eine Kombination miteinander nicht in Beziehung stehender Erkrankungen mit unterschiedlichen Ursachen sein.

Objektive Wissenschaft braucht wasserdichtes Studiendesign

Davidoff fordert abschließend: Wenn das Verständnis der Ursachen für die beim MCS beobachteten psychiatrischen Merkmale vorangebracht werden soll, oder bei irgend einer anderen Erkrankung unbekannter Ätiologie, muss das Studiendesign so angelegt sein, dass zwischen konkurrierenden Hypothesen über die Ursachen der psychiatrischen Merkmale differenziert werden kann.

Schlussfolgerung: Prävention und Behandlung setzen derartige, wirklich objektiv durchgeführte Studien voraus.

Autoren: Karlheinz, Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Mai 2008

Literatur: [1] Davidoff AL, Fogarty L. Psychogenic origins of Multiple Chemical Sensitivities Syndrome: a critical review of the research literature. Arch Environ Health, 1994; 49:316-25.

(*) Die Reliabilität gibt die Zuverlässigkeit einer Meßmethode an. Ein Test wird dann als reliabel bezeichnet, wenn er bei einer Wiederholung der Messung unter denselben Bedingungen und an denselben Gegenständen zu demselben Ergebnis kommt. Sie lässt sich u.a. durch eine Testwiederholung (Retest-Methode) oder einen anderen, gleichwertigen Test ermitteln (Paralleltest). Das Maß ist der Reliabilitätskoeffizient und definiert sich aus der Korrelation der beiden Testungen. Bildlich: Wenn man mit einer Kanone ein Ziel anvisiert und die Kanonenkugeln zwar nicht das Ziel treffen, aber immer an der gleichen Stelle einschlagen, dann besitzt das Instrumentarium eine hohe Reliabilität. (Textexperiment)

Umweltmedizin: Genvariationen bei Chemikalien-Sensitivität festgestellt

Hypersensibilität gegenüber herkömmlichen Alltags-chemikalien im Niedrigdosisbereich, auch Chemikalien- Sensitivität (MCS) genannt, wird seit über einem halben Jahrhundert erforscht. Studien aus Kanada, USA und Deutschland zeigen, dass eine genetische Variante die Wahrscheinlichkeit erhöht, Chemikalien-Sensitivität zu entwickeln.

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Es ist hinreichend bekannt, dass Gene durch eine Vielzahl von Chemikalien geschädigt oder verändert werden können. Eine Untersuchungsmethode, die toxische Genschäden von anlagebedingten Genschäden differenziert, existiert zwar mittlerweile, sie ist allerdings mit extrem hohen Kosten verbunden.

Internationale Forschung
Mehrere wissenschaftliche Studien belegen, dass eine genetische Variante es für manche Menschen wahrscheinlicher macht, Chemikalien-Sensitivität zu entwickeln. 2004 untersuchte die Kanadierin Gail McKeown-Eyssen in einer Studie 203 weibliche MCS- Betroffene und 162 weibliche Kontrollpersonen, die sie mittels der MCS Falldefinition American Consensus identifizierte. Sie fand heraus, dass bestimmte genetische Varianten, die sich auf Entgiftungsprozesse beziehen, bei Menschen mit MCS häufiger auftreten als bei Menschen ohne MCS.

Menschen sind verschieden
Hintergrund: Beim Abbau einiger Chemikalien können giftige Nebenprodukte entstehen. Menschen, bei denen der Abbau besonders schnell vonstatten geht (in diesem Fall schnelle Acetylierer), können daher ggf. mehr der dabei entstehenden giftigen Stoffe in ihrem Körper ansammeln, als Menschen, bei denen die Abbauprozesse langsamer ablaufen. „Es hängt von der Substanz ab und davon, welche Zwischenprodukte entstehen, und wie schnell diese aus dem Körper ausgeschieden werden, ob die Tatsache, dass man einen schnellen Stoffwechsel hat, zu einer erhöhten oder verringerten Exposition führt.“ sagt McKeown-Eyssen.

Gene regulieren Entgiftung
Das Gen CYP2D6 (codiert das Entgiftungsenzym Cytochrom P450 2D6), das in seiner aktiven Form bei der Patientengruppe mit Chemikalien-Sensitivität mehr als dreimal so oft vertreten war als bei der Kontrollgruppe, gehört hierzu. Diese aktive Form ist mit entsprechend schnellerer Verstoffwechselung verbunden. Das Gen dient zum Abbau neurotoxischer Chemikalien, von Medikamenten, die das Nervensystem beeinflussen, wie bspw. Antidepressiva, Stimmungsaufheller, Codein und selbst für die körpereigenen Neurotransmitter ist es zuständig. Entsprechend leiden viele Chemikaliensensible zwangsläufig unter Medikamentenintoleranzen.

Schlechte Entgifter tragen höheres MCS Risiko
Frauen mit der schnell arbeitenden NAT2-Variante (N-Acetyltransferase 2), die sogenannten schnellen Acetylierer, wurden bei Chemikaliensensiblen viermal so häufig ermittelt als bei der Kontrollgruppe. NAT2 spielt wie CYP2D6 eine wichtige Rolle bei der Entgiftung von zahlreichen Medikamenten und toxischen Chemikalien, einschließlich aromatischer Amine, einer Chemikaliengruppe, die zur Herstellung von Farbstoffen und Kunstharzen verwendet wird.

Die Personen, die beide Genvarianten aufwiesen, litten sogar 18-mal häufiger unter Chemikalien-Sensitivität. McKeown-Eyssen ist diesem letztgenannten Ergebnis gegenüber jedoch noch vorsichtig, da die Analyse einer solchen Interaktion nicht Teil des ursprünglichen Studiendesigns war. Sie sagt: „Wir müssen mit dieser Beobachtung sehr vorsichtig sein, aber wenn sie wahr ist und wiederholt werden kann, bedeutet dies, dass einige Menschen ein sehr hohes Risiko haben.“

Weitere Beweise für physiologische Ursache von MCS
Wenn die vorgenannten Ergebnisse von McKeown-Eyssen wiederholt werden können, könnten sie einen weiteren Beweis für die physiologische Ursache von MCS darstellen.
Bereits 1994 hat die American Medical Association (AMA, größte Vereinigung von Ärzten und Medizinstudenten in den Vereinigten Staaten) in einer gemeinsamen Stellungnahme zusammen mit anderen Organisationen anerkannt, dass Chemikalienintoleranzen nicht als psychogen abgetan werden sollten.

Leichtes Spiel für Chemikalien
Der renommierte amerikanische Golfkriegssyndrom-Forscher Haley arbeitete ebenfalls in dieser Richtung und hatte schon 1999 in einer Studie eine verringerte Aktivität des PON1-Gens (Paraoxonase 1) bei Veteranen mit dem Golfkriegssyndrom gefunden. Die untersuchten Soldaten waren einer Vielzahl von Chemikalien, darunter in erheblichem Maße Organophosphatpestiziden, weiterhin Impfstoffen gegen Nervengifte, Flugzeugbenzin, Kampfstoffen, etc. ausgesetzt gewesen. Paraoxonase 1 ist besonders für den Abbau von Organophosphaten von Bedeutung.

In Deutschland konnten Schnakenberg et. al. 2006 die von McKeown-Eyssen und Haley gefundenen Resultate über die Genvarianten zum Teil bestätigen. Insgesamt nahmen 521 Personen an dieser MCS Studie teil. Es wurden Genvarianten von vier Genen analysiert: NAT2, GSTM1 (Glutathion S-Transferase M1), GSTT1 (Glutathion S-Transferase theta 1) und GSTP1 (Glutathion S-Transferase Pi Klasse). Die Mediziner fanden heraus, dass Personen, die langsame NAT2 Acetylierer sind, und diejenigen mit homozygot ausgelöschten GSTM1- und GSTT1- Genen, mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit Chemikalien-Sensitivität entwickelten.

Chemikalien & schlechte Entgiftung: Ursache für viele Zivilisationskrankheiten
Die deutschen Wissenschaftler und Mediziner kamen wie andere Forscher zuvor, zu der Erkenntnis, dass die Glutathion-S-Transferase eine wichtige Rolle bei der Entgiftung von Chemikalien spielt. Die Auslöschung dieses Genes könne ein wichtiger Schritt zu den Anfangsstadien von Krankheiten sein. Die Wissenschaftler bemerkten ebenfalls, dass Krankheiten wie das Non-Hodgkin-Lymphom, Leber- und Prostatakrebs, sowie Alzheimer, gewöhnlich mit durch GSTP1 verstoffwechselten Chemikalien in Zusammenhang gebracht wurden. Die Löschung des GSTP1-Gens bewirkt eine höhere Empfindlichkeit dieser Personen für die Entwicklung dieser Krankheiten, da ein Mangel an diesen Genen einen geringeren Schutz vor oxidativem Stress bedeutet.

Wissen schützt vor weiterem Schaden
Die drei genannten Studien stellen eine wichtige Entdeckung dar, die eine weitere biologische Basis für die Ätiologie von MCS liefert. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich auch effizientere Herangehensweisen für eine Therapie ableiten, denn diese spezielle Patientengruppe ist wesentlich fragiler und ist auch in der Regel außerstande, chemikalienbasierte Medikamente einzunehmen oder zu schnell durchgeführte invasive Therapien schadlos zu überstehen.

Autor:

Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, April 2008

Literatur:

  • Eckart Schnakenberg, Karl-Rainer Fabig , Martin Stanulla, Nils Strobl , Michael Lustig , Nathalie Fabig and Werner Schloot,  A cross-sectional study of self-reported chemical-related sensitivity is associated with gene variants of drug-metabolizing enzymes, Environmental Health 2007, 6:6
  • McKeown-Eyssen G, Baines C, Cole DE, Riley N, Tyndale RF, Marshall L, Jazmaji V: Case-control study of genotypes in multiple chemical sensitivity: CYP2D6, NAT1, NAT2, PON1, PON2 and MTHFR. Int J Epidemiol 2004, 33:971-978
  • Haley, RW, Billecke, S, La Du, BN (1999). Association of low PON1 type Q (type A) Acetyl esterase activity with neurologic symptom complexes in Gulf War Veterans. Toxicology and Applied Pharmacology 157(3):227-33
  • Spivey, Angela: Genes and Sensitivity, Environmental Health Perspectives, 113(3), 2005.

Weltweiter Aufklärungsmonat über Chemikalien-Sensitivität und toxisch bedingte Schädigungen

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Chemikalien-Sensitivität kann jeden treffen, ganz gleich welche Nationalität, welches Alter, welche Hautfarbe, Schulbildung oder sozialen Status er hat

Aufklärung über Chemikalien- Sensitivität nahm eine positive Wende, als der Gouverneur des US  Bundesstaat Connecticut, John G. Rowland, 1998 erstmals offiziell festlegte, dass  in Zukunft in seinem Bundesstaat im Monat Mai ganz besondere Aufklärung über die Wirkung minimaler Konzentrationen von Alltagschemikalien auf chemikaliensensible Menschen betrieben werden solle.

Gouverneur Rowland war sich sehr bewusst, dass es von hoher Wichtigkeit ist, über das Schicksal toxisch geschädigter und chemikaliensensibler Menschen aufzuklären, da deren Leben in erster Linie von der Hilfe und dem Verständnis anderer Mitmenschen abhängt. Innerhalb der letzten zehn Jahre ist eine regelrechte Aufklärungsbewegung daraus entstanden, und weltweit wird in diesem Monat über Chemikalien-Sensitivität (MCS) und toxische Schädigungen berichtet, außerdem finden vielfältige Aktionen statt. In Deutschland sind Patientenorganisationen im Mai besonders aktiv, auch einzelne Chemikaliensensible treten aus dem Schattendasein heraus.

US Gouverneure setzen sich ein

Seit 1998 findet in den USA jährlich im Mai gezielte Aufklärung über toxische Schädigungen, deren Vermeidungsmöglichkeiten und Chemikalien-Sensitivität (MCS) statt. Insgesamt 37 Gouverneure (entsprechen dt. Ministerpräsidenten) verschiedener Bundesstaaten riefen hierzu mit ihren mit eindrucksvollen Staatssiegeln versehenen Proklamationen im vergangenen Jahr auf. Die Gouverneure wollen vor allem auf die Wichtigkeit wissenschaftlicher Forschung und darauf, wie toxische Schädigungen und Chemikaliensensibilität in der Zukunft zu vermeiden sind, aufmerksam machen. In diesem Jahr haben bereits 26 Gouverneure ihr Staatssiegel unter eine Proklamation für MCS/Toxische Schädigungen gesetzt und unterstützen die Erkrankten in diesem Monat mit besonderer Aufklärung. Einige weitere Proklamationen sind zugesagt.

Amerikanische Gouverneure unterstützen auch 2008 Menschen mit Chemikalien-Sensitivität und toxische Schädigungen

Im vergangenen Jahr wurden von CSN alle deutschen Ministerpräsidenten angeschrieben und gebeten, den Aufklärungsmonat für Chemikalien – Sensitivität und toxische Schädigungen zu unterstützen, damit auch in unserem Land Chemikaliensensible und toxisch Geschädigte mehr Verständnis und Hilfe erfahren können. Leider war, trotz der den Anschreiben beigefügten Informationen über die Schwere und den Umfang der Erkrankungen, die Resonanz gering, und die Antworten aus Rheinland-Pfalz, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern deuten an, dass Wissen und Verständnis für Chemikalien induzierte Erkrankungen hierzulande bisher kaum vorhanden sind.

Deutsche Ministerpräsidenten gegenüber Chemikaliensensiblen passiv

Europa ist aktiv im Mai

In internationaler Kooperation wurde ein Projekt ins Leben gerufen, bei dem Fallbeispiele von chemikaliensensiblen Menschen aus den verschiedensten Ländern bei einem internationalen Kongress in Spanien präsentiert werden. Es wird ein Buch aus den Berichten entstehen, das verdeutlicht, dass überall Menschen betroffen sind, dass Chemikalien-Sensitivität keine Erkrankung einer Minderheit ist, und wie groß die Einbußen der Erkrankten auf allen Ebenen sind. Auch in Deutschland und der Schweiz beteiligen sich verschiedene Organisationen mit gezielten vielfältigen Veröffentlichungen über Chemikalien-Sensitivität und Aktivitäten an der Aufklärungskampagne.

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Einige der Organisationen erstellten Flyer zum Verteilen, andere gestalteten Buttons (SHG Ludwigsburg & Stuttgart), arrangierten Vorträge, Fernsehbeiträge und Zeitungsberichte oder berichten auf ihren Webseiten in diesem Monat auf hochinformative Weise fast täglich Neues über Chemikalien-Sensitivität und über Menschen, die durch Chemikalien in ihrem Alltag krank wurden. Angestrebtes Ziel ist es, in Europa ebenfalls etwas mehr Verständnis für die Chemikaliensensiblen zu erhalten, da dies für Erkrankte unmittelbar mit weniger Schmerzen, mehr Lebensqualität und Möglichkeiten, am normalen Leben teilzunehmen, einhergeht.

Aktiv werden mit der Broschüre über Chemikalien-Sensitivität

CSN hat für den Monat Mai viele Blogs mit außergewöhnlichen Informationen vorbereitet und stellt als Auftakt die neue CSN Broschüre über Chemikalien-Sensitivität vor, die jeder in seinem Umfeld verbreiten kann, um über die Erkrankung zu informieren und Bewusstsein für die Erkrankten zu schaffen.

Wir wünschen allen viel Erfolg!

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 1. Mai 2008

Weitere Informationen über Aktionen, informative Berichte über Chemikaliensensitivität, etc. finden Sie auf der Webseite von CSN – Chemical Sensitivity Network und im CSN Forum.

Biochemische Anomalien bei Patienten mit MCS

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Verminderte Entgiftungsfähigkeit und Nährstoffdefizite sind in der Lage, bei Patienten mit Chemikalien-Sensitivität als Promotor bei der Entstehung der Erkrankung wie auch in deren Verlauf zu fungieren und sorgen mit dafür, dass sich MCS Erkrankte in der Regel ständig krank fühlen. Gezielte Nährstofftherapie führt bei einem Teil der Patienten zu deutlicher klinischer Verbesserung, auch in der Entgiftungsleistung.

Chemikalien-Sensitivität nicht mit Allergien vergleichbar
Patienten mit Chemikalien – Sensitivität (MCS) zeigen zahlreiche physiologische und biochemische Anomalien und sind generell kränker, als eine Kontrollgruppe von Allergiepatienten, berichtet L. Galland in Occupational Medicine, der amerikanischen Fachzeitschrift für Arbeitsmedizin.

Anomalien feststellbar
Galland bringt vor, dass MCS mit spezifischen Anomalien des Aminosäuren- und Fettsäurenstoffwechsels, sowie verminderter Aktivität von ESOD (Superoxide Dismutase in den Erythrozyten) und eGPX (extrazelluläre Glutationperoxidase), Mitralklappenprolaps Syndrom, Schilddrüsenunterfunktion und autoimmuner Schilddrüsenentzündung assoziiert wird. Galland stellte in seiner Studie weiterhin fest, dass bei MCS Patienten und Kontrollpersonen mit Allergien Magnesium- und Vitamin B6-Defizite gleich häufig auftreten.

Eins kommt zum anderen
Da sich Chemikaliensensible fast immer krank fühlen, ist es wahrscheinlich, dass einige dieser Anomalien zu ihrem generell schlechten Gesundheitszustand beitragen, wenn nicht auch zu ihren Sensitivitäten. Galland stellte die Hypothese auf, dass es ebenfalls möglich sei, dass diese verschiedenen Anomalitäten durch eine unidentifizierte fundamentale metabolische- oder neuroendokrine Störung verursacht werden, die mit Hypersensitivitätszuständen gemeinsam einhergeht.

Ergebnisse zum Nachdenken
Ein provokantes Ergebnis ist die große Häufigkeit, mit der verminderte Konzentrationen von Antioxidantien gefunden wurden. Ebenfalls signifikant war, dass die Erythrozytenaktivität von SOD bei 89% und eGPX bei 48% der MCS-Patienten erniedrigt war. Des Weiteren zeigten 41% der MCS- Patienten eine verminderte Ausscheidung essentieller Aminosäuren, trotz einer proteinreichen Diät. Vitamin C in Leukozyten war hingegen nur bei 5 Patienten erniedrigt, die kein zusätzliches Vitamin C einnahmen.

Therapien statt Ignoranz gegenüber Patienten erfolgreich

Galland vertritt, basierend auf seinen Studienergebnissen, wie viele Umweltmediziner weltweit die Auffassung, dass Mangel an Antioxidantien zu Hypersensitivität gegenüber Umweltschadstoffen und toxischen Chemikalien beitragen kann. Tatsächlich wurde eine Behandlung, die die Gabe von Antioxidantien, Selen, Vitamin C, Kupfer, Zink, sowie schwefelhaltigen Aminosäuren umfasste, von deutlichen klinischen Verbesserungen bei 25% der Patienten in der MCS- Gruppe und von begrenzter symptomatischer Besserung bei weiteren 18% begleitet. Bei allen Patienten, bei denen ESOD oder eGPX erneut bestimmt wurden, wurde im Anschluss an die Behandlung eine Verbesserung der Konzentration beobachtet. Die Möglichkeit, chemikaliensensiblen Patienten adäquate Diagnostik und darauf aufbauende individuelle Therapie zugänglich zu machen, ist daher als sinnvoll zu erachten und sollte gezielt forciert werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, April 2008

Literatur: Galland L., Biochemische Anomalien bei Patienten mit MCS, Occup. Med. 1987 Oct-Dec;2(4):713-20.

Chemikaliensensitivität durch Lösemittel

Lösungsmittel - oft Krankmacher am ArbeitsplatzAn vielen Arbeitsplätzen erkranken die Angestellten durch Lösemittel, sie können deren Leistungsfähigkeit erheblich mindern oder sogar zu Arbeitsunfähigkeit führen. Die Forschungsgruppe Allergie und Asthma, geleitet von der schwedischen Wissenschaftlerin Prof. Dr. Eva Millqvist, untersuchte für die Universität Göteborg Personen, die an ihrem Arbeitsplatz Lösemitteln ausgesetzt waren, und konnte gegenüber einer Kontrollgruppe Chemikaliensensitivität und einen Anstieg des Nervenwachstumsfaktor objektivieren. Provokationsgestützte PET Studien sicherten das Ergebnis zusätzlich ab.

Atemwegsbeschwerden durch Chemikalien

Lösemittel sind in vielen Fertigungs-prozessen und an zahllosen Arbeitsplätzen vertreten. Oft ist der Schutz unzureichend, und nach einer Weile treten gesundheitliche Beschwerden auf. Es müssen keine hohen Konzentrationen erreicht werden, damit bestimmte Lösemittel sensibilisieren oder Schäden am Nervensystem verursachen. Auf Dauer wirkt sich stetiger Kontakt im Niedrigdosisbereich ähnlich aus.

Atemwegssymptome verursacht durch Chemikalien oder Gerüche, gehören zu den gängigen Beschwerden, die auch nach Kontakt mit Substanzen berichtet werden, die normalerweise als ungiftig gelten. Die schwedische Wissenschaftlerin Eva Millqvist veröffentlichte ganz aktuell eine Studie, in die sie Erkenntnisse aus einer Recherche über Mechanismen einer erhöhten Atemwegssensitivität gegenüber Gerüchen und Chemikalien am Arbeitsplatz einfließen ließ.

Krankmacher Arbeitsplatz

Millqvist stellte fest, dass Personen, die an ihrem Arbeitsplatz organischen Lösemitteln ausgesetzt waren, öfter nasale Irritationen und geringere Schwelle gegenüber dem Geruch von Pyridin, verglichen mit einer nicht exponierten Kontrollgruppe, aufwiesen. Diese über die Atemwege ablaufende, durch Chemikalien ausgelöste Symptomatik kommt relativ häufig vor. Alleine in Schweden weisen rund sechs Prozent der Allgemeinbevölkerung eine deutliche, speziell über die Atemwege ablaufende Chemikaliensensitivität auf und leiden unter einer verstärkten Capsicain Hustensensitivität, die dafür bekannt ist, die Reaktivität sensorischen Nerven der Atemwege zu reflektieren.

Abgesicherte Studienergebnisse

Die Hustensensitivität der am Arbeitsplatz Lösemittel ausgesetzten Angestellten war laut der schwedischen Wissenschaftler assoziiert mit veränderten Werten von Nervenwachstumsfaktoren im Nasensekret. Die Patienten hatten lang anhaltende Symptome, die ihre Arbeitsleistung negativ beeinträchtigten. PET Studien (Positronen Emissionstomographie) begleitet von Provokation mit mehreren verschiedenartigen Duftstoffen zeigte bei den Patienten mit geruchsassoziierten Symptomen einen Anstieg in der Aktivierung des vorderen gürtelförmigen Cortex und des Cuneus-Precuneus. Diese abnormalen Muster wurden nur bei Aktivierung durch Gerüche beobachtet, ansonsten blieb sie aus.

Chemikaliensensitivität nicht psychisch

Prof. Millqvist stellte bei einer Teilgruppe, die unter Chemikalien und durch Gerüche verursachte Atemwegssymptomatik litt, fest, dass den Reaktionen ein sich dauerhaft auswirkender physiologischer Mechanismus zugrunde zu liegen scheint. Nur in wenigen Ausnahmefällen könne sich Stress noch als zusätzlicher Störfaktor auswirken.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, April 2008

Literatur: Millqvist E., Mechanisms of increased airway sensitivity to occupational chemicals and odors, Asthma and Allergy Research Group, Department of Respiratory Medicine and Allergy, Sahlgrenska Academy at Göteborg University, Göteborg, Sweden. Curr Opin Allergy Clin Immunol. 2008 Apr;8(2):135-9.