Bundesministerium für Gesundheit zum aktuellen MCS-Notfall

SOS für eine MCS-Patientin

Am 10. Dezember wurde im CSN Blog ein öffentlicher Hilferuf für eine Frau publiziert, die an schwerer MCS – Multiple Chemical Sensitivity erkrankt ist und unter völligem Toleranzverlust gegenüber Nahrungsmitteln und Wasser leidet. Die 44-jährige müsste dringend in einer Umweltklinik mit aufbauenden Infusionen behandelt werden. Der Versuch, in einer normalen Klinik Behandlung zu erhalten, scheiterte an den Chemikalien, mit denen man in einer Klinik unweigerlich konfrontiert wird. Eine Umweltklinik in Süddeutschland offerierte eine außerplanmäßige Aufnahme der Schwerstkranken am 4. Januar, bis dahin ist ihr Leben weiter in Gefahr. Diese untragbare Situation zum Anlass nehmend, schrieb Frau L. am 13. Dezember den Bundesgesundheitsminister an und bat um Unterstützung:

Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister Dr. Rösler,

SOS – ich spreche Sie direkt an, weil ich eine unglaubliche Geschichte vorbringen muss. Seit Wochen sucht Geli Hubernagel und ihr Mann verzweifelt nach medizinischer Hilfe. Die 44 jährige Frau hat eine sehr ausgeprägte MCS (multiple chemical sensitivity) und schwerste Reaktionen auf alle Nahrungsmittel. Ihr Zustand verschlechtert sich sehr stark. Selbst das Trinken von kleinen Schlucken Wasser sorgt ebenfalls für schwere Reaktionen.

Trotz großer Bemühungen blieb jeglicher Versuch, medizinische Hilfe zu bekommen, bisher erfolglos. Leider fehlt mir der Kontakt zu Frau Hubernagel, aber Frau Silvia K. Müller leitet das CNS Deutschland (Chemical Sensitivity Network). Sie hält den Internetkontakt mit der Patientin.

In den letzten Monaten haben 2 Frauen, die in ähnlich hoffnungsloser Situation waren, Selbstmord begangen.

Das Bundesgesundheitsministerium antwortete wie folgt:

Sehr geehrte Frau L,

vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 13.12.2009, in der Sie die Situation von Frau Hubernagel schildern.

Bitte haben Sie Verständnis, dass der Minister nicht selbst antwortet. Angesichts der vielfältigen Aufgaben unseres Hauses und der damit verbundenen Verpflichtungen von Bundesminister Dr. Philipp Rösler wird er bei der Beantwortung der zahlreich eingehenden Bürgerbriefe durch ein engagiertes Team von Experten unterstützt. Dies kommt den Bürgern in den meisten Fällen in Form einer zügigen Antwort auf ihre Fragen zugute.

Den Erwartungen, die ich Ihrem Schreiben entnehme, kann das Bundesministerium für Gesundheit leider nicht entsprechen. Bedingt durch die Zuständigkeiten und Befugnisse gibt es hier keine Möglichkeit, den dargestellten Sachverhalt zu überprüfen bzw. eine wertende Stellungnahme abzugeben.

Für die Entscheidungen zur Behandlung einer Erkrankung kann man sich an einen Arzt des Vertrauens wenden. Das Bundesministerium für Gesundheit kann keine individuelle Patientenberatung durchführen, keine Auskunft über Verordnungsmöglichkeiten für den konkreten Einzelfall erteilen und auch keine Arztempfehlungen aussprechen.

Individuelle Fragen kann auch eine Krankenkasse beantworten. Allein sie ist rechtlich befugt und in der Lage, verbindlich zu informieren und konkrete Entscheidungen im Einzelfall zu treffen. Krankenkassen haben die Möglichkeit, das Verhalten eines Arztes von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung überprüfen zu lassen. Falls Sie eine solche aufsichtsrechtliche Überprüfung wünschen, erfahren Sie die Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde bei der Krankenkasse. Man kann sich gemeinsam mit der Krankenkasse oder auch direkt dorthin wenden.

Wenn jemand  mit der Entscheidung oder dem Verhalten einer Krankenkasse nicht einverstanden ist, steht es demjenigen offen, sich an die zuständige Aufsichtsbehörde zu wenden. Bei bundesunmittelbaren Krankenkassen ist dies das Bundesversicherungsamt, Friedrich-Ebert-Allee 38, 53113 Bonn; ansonsten das jeweilige Sozialministerium des Bundeslandes, das auch die Aufsicht über die Gesundheitsversorgung im jeweiligen Bundesland inne hat.

Dieses Schreiben ist im Auftrag und mit Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit durch das Kommunikationscenter erstellt worden und dient Ihrer Information.

Mit freundlichem Gruß

Gerlind Nestler

Kommunikationscenter

Bundesministerium für Gesundheit

Aktuelle Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit finden Sie unter: www.bmg.bund.de

13-jähriger Junge klärt über die Umweltkrankheit MCS auf

Poster: Was ist MCS? 

Was ist MCS – Multiple Chemical Sensitivity?

 

Canary Report berichtet heute in ihrem Blog über einen pfiffigen 13-jährigen Jungen, der in seiner Schule für das Fach Gesundheit und Umwelt ein Poster über MCS gestaltet hat. Seine Mutti hat MCS und er sagte der Lehrerin, dass er sein Poster gerne über diese Krankheit  gestalten wolle. Die Lehrerin fragte ihn, was denn MCS sei, und er antwortete: „Meine Mutti hat das. MCS steht für Multiple Chemical Sensitivity“. Die Lehrerin schaute ihn mit großen Augen an. Sie willigte ein, und dann begann der Junge mit seinem Projekt. 

Um mit seinem Poster seinen Mitschülern zu vermitteln, was nun MCS ist, forschte er eine ganze Menge. Seine Mutter berichtet stolz, dass sie ihm nicht geholfen habe, weil er das Poster ganz alleine fertig stellen wollte, es sollte sein Projekt sein. Er bat seine Mutter nur zum Schluss um etwas konstruktive Kritik, damit er sicher sein konnte, dass auch Außenstehende die Krankheit verstehen, über die er vermitteln wollte. 

Das Poster ist richtig informativ und toll geworden. Es hing viele Wochen im Eingangsbereich der Schule. Lehrer und Schüler schauten es sich an und lernten, was MCS ist, wodurch man die Krankheit bekommt und auch wie man sie verhindert. Sogar die Auswirkungen auf das Gehirn, die man mittels SPECT Scan sichtbar machen kann, erklärte der Junge. Bei Anschauen des Posters stellte mancher der Betrachter fest, dass er auch schon eine ganze Menge der angeführten Symptome auf Alltagschemikalien hat. 

Susan, die Mutter des Jungen, kann richtig stolz auf ihren Sohn sein und CSN hier in Deutschland ist es auch: Vielen Dank nach USA an einen 13-jährigen Jungen, der einen besseren Job macht, um über MCS aufzuklären, als mancher Mediziner, dessen Job es eigentlich wäre. Bravo! 

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 19. Dezember 2009

Planung und Ausführung eines MCS-verträglichen Wohnhauses

  Der Bau eines MCS-Hauses brauch weitreichende Fachkenntnis

 

Wohnraum für MCS-Kranke zu schaffen, ist ein sehr schwieriges Unterfangen, das viel Wissen voraussetzt. Ein Baubiologe ist gerade dabei, für seine chemikaliensensible Frau ein Haus zu bauen, indem sie sich wohlfühlen und gesünder werden soll. Der Baubiologe Volkmar Hintze wird uns in einer Fortsetzungsserie über die einzelnen Bauabschnitte bis hin zum Umzug berichten.  

Teil I: Was ist MCS und welche Vorplanung braucht es für ein MCS-Haus? 

Unter einer MCS-Erkrankung leiden Personen, die auf Stoffe in der Umwelt mit teilweise erheblichen Symptomen reagieren. Oft reichen kleinste Stoffmengen aus, um eine Reaktion hervorzurufen. 

 Dr. Bartram hat 2004 „MCS“ wie folgt beschrieben: 

Der Begriff „Multiple Chemikalien Sensitivität (MCS)“ wurde vor etwa 20 Jahren zu einer Zeit geprägt, als man die tatsächlichen Ursachen dieser Erkrankung bestenfalls vermuten, weniger dagegen objektivieren konnte. Mittlerweile ist es evident, dass nicht nur Chemikalien, sondern auch Stoffe aus der Biosphäre, wie Schimmelpilze, dieses Krankheitsbild ebenfalls auslösen und/oder unterhalten können. 

Das CSN – Chemical Sensitivity Network beschreibt MCS wie folgt: 

Von 89 führenden amerikanischen Wissenschaftlern wurde die vormals häufig angewendete Definition für MCS von Cullen modifiziert und stellt sich als American Consensus wie folgt dar: 

  1. Die Symptome sind mit (wiederholter chemischer) Exposition reproduzierbar. 
  2. Der Zustand ist chronisch. 
  3. Minimale Expositionen (niedriger als vormals oder allgemein toleriert) resultieren in Manifestation des Syndroms. 
  4. Die Symptome verbessern sich, oder verschwinden, wenn der Auslöser entfernt ist. 
  5. Reaktionen entstehen auch gegenüber multiplen nicht chemischen Substanzen. 
  6. Die Symptome involvieren mehrere Organsysteme. (1999 ergänzt) 

Asthma, Allergien, Migräne, Chronisches Müdigkeits-Syndrom und Fibromyalgie stellen keine Ausschlussdiagnose für MCS dar. 

Die Symptomatik der verschiedenen Patienten ist genauso unterschiedlich, wie unser genetisches Make-up, unsere Gesamtkörperbelastung und unser Nährstoffstatus, etc. zum Zeitpunkt der Exposition. Die Symptome betreffen mehrere Organsysteme (z.B. cerebrales, respiratotrisches, cardiovaskuläres, gastrointestinales, neurologisches, das muskuloskelettale System, sowie Augen, Nase, Ohren, Haut) und variieren in ihrer Intensität. Bei einigen Menschen erreichen sie eine solche Intensität, dass diese ihren Lebensstil dem Grad ihrer Behinderung anpassen müssen. Häufig beobachtete Symptome sind u.a. Kopfschmerzen, Ohrgeräusche, Schwindel, Erschöpfung, Sehstörungen, Bewusstlosigkeit, Rhinitis, Ekzeme, häufiges Wasserlassen, metallischer Geschmack, Schluckbeschwerden, Übelkeit, Asthma, Depression, Aggression, Verwirrung, Apathie oder Konzentrationsstörungen. 

Nach Schätzungen sind heute bis zu 10 % der Bevölkerung von Industrie-gesellschaften betroffen. Obwohl die Erkrankung heute eindeutig diagnostizierbar ist, wird MCS nur in wenigen Fällen erkannt. Häufig werden psychische Störungen zu Grunde gelegt und MCS-Patienten in diese „Ecke gestellt“. 

Therapien sind bisher nur sehr begrenzt erfolgreich. So bleibt dem Betroffenen meist nur eine Meidung der Exposition. Schadstoffarme (emissionsarme) Umgebung, Wohnräume, Textilien, Gebrauchsgegenstände und Ernährung sind daher immer noch die erste Wahl, um eine MCS-Erkrankung möglichst erträglich zu machen oder zu lindern. 

Überlegungen:

Als ein wesentlicher Bereich ist die direkte und indirekte Wohnumgebung zu betrachten. Die indirekte Wohnumgebung sollte möglichst frei von beeinträchtigenden Emissionen (z.B. Mobilfunk, Industrie, Verkehr, Landwirtschaft) sein. Eine ausreichende Infrastruktur sollte vorhanden sein, um soziale Kontakte und schadstoffarme Versorgungsmöglichkeiten zu ermöglichen.   

Die direkte Wohnumgebung (Wohnräume) stellt die wesentlichen planerischen Herausforderungen dar. Wir halten uns zu etwa 90% in geschlossenen Räumen auf, einen großen Teil davon in eigenen Wohnräumen. 

Folge: Wohnräume sollten daher möglichst schadstoffarm und frei von externen Einflüssen sein. Bei einer Sanierung (Bauen im Bestand) ist allerdings der Einfluss auf die räumliche Umgebung nicht mehr beeinflussbar. Hier kann nur durch die Verwendung von bestimmten Materialien eine gewisse Schadstoffarmut erreicht werden. 

Bei einem Neubauvorhaben ist es dagegen möglich, von Beginn an viele Parameter zu berücksichtigen, die eine möglichst schadstoffarme Umgebung gewährleisten. 

Eine „MCS-Planung“ stellt daher große Herausforderungen an den/die Planer und Ausführer, da MCS-Patienten sehr individuell und unterschiedlich auf (Bau-)Stoffe reagieren. Die Planung sollte daher nur in enger Zusammenarbeit mit dem/den Betroffen stattfinden. 

Am Beispiel der eigenen Planung und Ausführung eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung soll beispielhaft aufgezeigt werden, wie ein schadstoffarmes individuell angepasstes Haus errichtet werden kann. 

Vorplanung:

Da der Bauherr selbst seit fast 20 Jahren als Schadstoffgutachter und Baubiologe tätig ist, war entsprechende Kenntnis vorhanden und konnte direkt mit der betroffenen Person (Ehefrau) abgeklärt werden.  

Glücklicherweise waren keine räumlichen Vorgaben zu beachten, so dass die Suche nach einem geeigneten Bauplatz recht offen war. Vorgabe war, dass der Bauplatz möglichst vielen der oben angeführten Kriterien entspricht.  

Die grobe Auswahl möglicher Standorte erfolgte unter Zuhilfenahme von z.B. „GoogleEarth“, „Geodaten/Bayern“, Landkarten, Verzeichnis der Standorte von Mobilfunkanlagen und Beschreibungen (z.B. Touristik-Prospekte). 

Eine persönliche Inaugenscheinnahme vor Ort ist anschließend unerlässlich, um nicht verzeichnete/erwähnte Kriterien zu erkunden. Häufig zeigte sich dabei, dass beispielsweise eine neue, nahe Mobilfunkanlage errichtet war, ein emittierender Gewerbebetrieb (z.B. Autolackiererei) vorhanden ist oder eine Strasse erhebliche Emissionen erzeugt. 

Die Auswahl fiel letztlich auf einen Bauplatz im südlichen Bayrischen Wald (94121 Salzweg-Straskirchen, ca. 9 km nördlich von Passau-Zentrum), der nach persönlicher Begutachtung und Messungen viele der gesetzten Kriterien erfüllte. 

So lag beispielsweise die Belastung durch HF bei 0,1 – 1,0 µKW/m2, eine geopathische Untersuchung zeigte keine Auffälligkeiten, es waren wenig emittierende Belastungen durch Verkehr, Gewerbe und Landwirtschaft zu erwarten. Daneben war eine zufrieden stellende Infrastruktur vorhanden. Der B-Plan zeigte mehrere Bauabschnitte, von denen derzeit nur der 1. Bauabschnitt begonnen ist und es sehr fraglich ist, ob alle geplanten Bauabschnitte zum Tragen kommen. 

Für die Hausplanung wurde ein Architekturbüro (Büro für organisches Bauen Heimermann, Bad Neuenahr- Ahrweiler) beauftragt. Das Büro wurde ausgewählt, da für den Architekt unkonventionelle und baubiologische Lösungen keine Fremdwörter sind, und die Nähe zum derzeitigen Wohnort gegeben ist. Da die Baustelle rund 600 km vom derzeitigen Wohnort entfernt ist, war es zwingend erforderlich, einen kompetenten Bauleiter vor Ort mit der kompletten Baubetreuung (einschließlich Ausschreibung der einzelnen Gewerke, Baustellenkontrollen, Bauabnahmen, Rechnungskontrollen) zu beauftragen. Beauftragt wurde ein Bautechniker (Ökol. Planungsbüro Heinz Hofbauer, Salzweg) mit baubiologischer Ausbildung, der am Ort der Baustelle tätig ist.

Autor: Dipl.-Ing (UHT) Volkmar Hintze Öko-logo Schadstoffanalytik und Baubiologie www.oeko-logo.eu info@oeko-logo-sinzig.de

Anmerkung: Der Artikel ist rein zu Informationszwecken gedacht. Es bestehen keine Abhängigkeiten, finanziellen oder werbemäßigen Zwecke. 

Im nächsten Blog der Fortsetzungsserie geht es um die konkrete Planung des MCS Hauses.

Öffentlicher Hilferuf für eine MCS-Patientin

Wir bitten hiermit öffentlich um adäquate medizinische Hilfe für die unter MCS und schwersten Reaktionen auf Nahrungsmittel leidende Angelika Hubernagel aus Essen. Es geht um ihr Überleben. 

Wir sprechen mit unserem Hilferuf insbesondere die zuständigen Behörden, Umweltkliniken, Umweltärzte und die Verbände der deutschen Umweltmediziner an:  

Eine Frau mit MCS ist in höchster Not und brauch adäquate Hilfe 

Seit Wochen suchen Geli H. und ihr Mann verzweifelt nach medizinischer Hilfe. Die 44-jährige Frau hat stark ausgeprägte MCS- Multiple Chemical Sensitivity und schwerste Reaktionen auf nahezu alle Nahrungsmittel. Es hat sich ein völliger Toleranzverlust eingestelllt und geht immer weiter bergab. Im Moment kann sie nur noch gekochtes Rindergehacktes essen. Von allem Anderen bekommt sie trotz Cortison Atemnot, der Hals schwillt zu. Jeglicher Versuch, medizinische Hilfe zu erhalten, blieb bisher erfolglos. Sollte in den nächsten Tagen keine medizinische Hilfe erfolgen, ist mit dem Schlimmsten zu rechnen. 

Schwerste Reaktionen auf geringste Auslöser

Geli kann nicht mehr aus dem Haus gehen, sie ist wegen ihrer Reaktionen auf Chemikalien nur noch in ihrer Wohnung. Der Luftfilter läuft Tag und Nacht. Sie erleidet Erstickungsanfälle, Schwindel, starke Kopfschmerzen, Magenkrämpfe, der ganze Mund-Rachenraum ist nur noch wie rohes Fleisch. Oft läuft ihr Körper nach Aufnahme winzigster Nahrungsmengen 6-7 Stunden später rot an und sie bekommt Atemnot. Das Trinken von kleinen Schlucken Wasser sorgt ebenfalls für Zusammenbrüche.  

Hilfe verzweifelt gesucht

Jörg H. kann nicht mehr zur Arbeit gehen, weil seine Frau ständig schwerste Reaktionen erleidet und rund um die Uhr betreut werden muss. Der Arbeitgeber zeigte bislang Verständnis. Geli wiegt noch 40.8 kg bei 1.63m. Im CSN Forum schrieb ihr Mann einen Hilferuf. 

Die beiden haben durch ganz Deutschland telefoniert, um einen Arzt oder eine Klinik zu finden, die Geli helfen kann. Keiner hält sich für zuständig. Sie erhielten ausschließlich Absagen. Auch die Umweltklinik in Riddorf/ Bredstedt erteilte eine Absage. Der Klinikleiter sagte, frühestens im Januar könne sie vielleicht kommen. Sechs Betten hat die Klinik, den Rest der 21 Betten, die ursprünglich für Umweltpatienten gedacht waren, sind an Spielsüchtige vergeben. 

Die in erreichbarer Nähe des Wohnortes befindliche anthroposophische Klinik Witten-Herdecke erteilte ebenfalls eine Absage. Man ist ausgelastet und hat auch keine Zeit für MCS-Patienten. 

Ein Umweltarzt, der um Hilfe gebeten wurde, ließ wissen, dass er auch nicht helfen könne und es keine Umweltklinik in ihrer Nähe gäbe. Ein anderer führender Umweltmediziner verwies durch eine Mitarbeiterin an eine Hotline, die nur am Wochenanfang erreichbar ist. 

Ein niedergelassener Arzt, den das Ehepaar um Hilfe bat, sagte, es sei eine psychosomatische Behandlung in einer Uniklinik erforderlich. Dass die schwer chemikaliensensible Frau pathologische Laborwerte aufweist, jedoch keine psych-ischen Auffälligkeiten und dass sie überhaupt nicht in der Lage ist, in eine herkömmliche Klinik zu gehen, interessierte nicht. Heute Morgen fuhren Geli und Jörg H. in ihrer Verzweifelung trotzdem in die Uniklinik. Schon vor der Tür erlitt sie schwere Reaktionen auf die Desinfektionsmittel, Parfüms und Duftstoffe, die durch die offene Tür nach außen drangen und den Zigarettenrauch der rauchenden Patienten am Klinikeingang. Sie fuhren wieder nach Hause. Dort ist sie jetzt und keiner weiß mehr weiter.  

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 10. Dezember 2009

Dysfunktion des Gehirns bei Patienten mit Multiple Chemical Sensitivity festgestellt

Gehirn zeigt Auffälligkeiten bei MCS-Patienten

 

Eine aktuell in der medizinischen Fachzeitschrift Journal of Neurological Science erschienene Studie berichtet über Patienten, die unter MCS – Multiple Chemical Sensitivity leiden und bei denen nachgewiesen wurde, dass hirnorganische Störungen durch Chemikalienexposition eintreten. (1) Das Wissenschaftlerteam des Universitätshospitals Vall d‘ Hebron in Barcelona setzte Provokationstests ein und ermittelte danach durch eine radiologische Untersuchungsmethode und psychometrische Testverfahren die Veränderungen in der Hirnfunktion bei den MCS-Patienten. Es konnten neurokognitive Beeinträchtigungen bei den Chemikalien-sensiblen festgestellt werden. Die pathologischen Ergebnisse bei den MCS-Patienten bestätigen die Ergebnisse von vier vormals von amerikanischen Wissenschaftlern durchgeführten SPECT Studien. (2-5)  

Provokationtest zeigt Unterschiede bei MCS-Patienten

Für ihre Studie hatten die spanischen Wissenschaftler eine Probandengruppe ausgewählt, die aus Patienten mit diagnostizierter MCS und einer Kontrollgruppe aus gesunden Personen bestand. Alle Probanden wurden unter kontrollierten Bedingungen Chemikalien in nicht toxischer Dosis ausgesetzt. Nach der Provokation wurde ein SPECT Scan (photon emission computed tomography) durchgeführt, als auch validierte psychometrische Tests. Mittels dieser verschiedenen Untersuchungen konnten die Wissenschaftler eine Veränderung der Durchblutung des Gehirns und der kognitiven Auswirkungen bei den Patienten feststellen. 

Im Vergleich zu den Kontrollpersonen wiesen die MCS-Patienten nach der Provokation mit Chemikalien eine Minderperfusion in verschiedenen Teilen des Gehirns auf. Die verminderte Durchblutung wurde vor allem in den Bereichen, in denen Geruch verarbeitet wird, dem rechten und linken Hippocampus, dem rechten Parahippocampus, der rechten Amygdala und den rechten temporalen Regionen des Cortex festgestellt. 

MCS, eine Krankheit organischen Ursprungs

Im Vergleich zu den Kontrollpersonen wiesen MCS-Patienten eine geringere Lebensqualität und verminderte neurokognitive Funktion auf. Bei den MCS-Patienten verschlechterte sich neurokognitive Funktion nach Chemikalienexposition. 

Das spanische Wissenschaftlerteam geht aufgrund der Untersuchungsergebnisse davon aus, dass MCS eine neurogene Ursache hat, weil die provozierten Chemikalienexpositionen eben diese neurokognitiven Beeinträchtigungen verursachten und weil das SPECT Scan Fehlfunktionen des Gehirns insbesondere in den geruchsverarbeitenden Arealen aufwies, was somit für MCS einen organischen Ursprung nahelegt.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 7. Dezember 2009

Literatur:

  1. Orriols R, Costa R, Cuberas G, Jacas C, Castell J, Sunyer J., Brain dysfunction in multiple chemical sensitivity, J Neurol Sci. 2009 Oct 2. 
  2. Heuser G, Mena I, Alamos F (1994) NeuroSPECT findings in patients exposed to neurotoxic chemicals. Toxicol Ind Health 10, 561-571. 
  3. Simon TR, Hickey DC, Fincher CE, Johnson AR, Ross GH, Rea WJ (1994) Single photon emission computed tomography of the brain in patients with chemical sensitivities. Toxicol Ind Health 10,573-577. 
  4. Fincher CE, Chang TS, Harrell EH, Kettelhut MC, Rea WJ, Johnson A, Hickey DC, Simon TR (1997) Comparison of single photon emission computed tomography findings in cases of healthy adults and solvent-exposed adults. Am J Ind Med 31,4-14. 
  5. Fincher CE, Chang TS, Harrell EH, Kettelhut MC, Rea WJ, Johnson A, Hickey DC, Simon TR (1997) Comparison of single photon emission computed tomography findings in cases of healthy adults and solvent-exposed adults: Correction of previous results. Am J Ind Med 32,693-694.

Prof. Martin Pall – Informationen über Ursachen und Behandlung von MCS jetzt auf deutschsprachiger Webseite verfügbar

Prof. Martin Pall jetzt mit eigerner deutschsprachiger Webseite über MCSAls Ende Oktober ein von Prof. Dr. Martin Pall geschriebenes Kapitel über MCS in einem renommierten Toxikologiebuch erschien, wünschten sich sehr viele MCS-Kranke, dass diese Informationen in deutscher Sprache verfügbar wären. Jetzt ist es soweit, das Buchkapitel wurde übersetzt und ist sowohl online als auch in Form einer Broschüre verfügbar. Es wird darin der Mechanismus, warum es durch bestimmte Chemikalien zu einer Sensitivität (MCS) kommt, und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, ausführlich dargelegt. 

Vor ein paar Tagen erfolgte ebenfalls der Launch einer deutsprachigen Webseite von Prof. Martin Pall: www.martinpall.info Hier findet der Interessierte Informationen über MCS, verschiedene andere Umwelterkrankungen und neurodegenerative Erkrankungen. Die Seite wird nach und nach noch ergänzt werden. 

Das übersetzte Buchkapitel, in dem die Mechanismen und Ursachen von MCS erläutert werden, kann online gelesen werden: 

MCS Protokoll von Prof. Martin Pall 

Wer gerne diesen Artikel gerne als gedruckte MCS-Broschüre hätte, kann sie von CSN per Post gegen eine 1.55€ Briefmarke erhalten. Anfrage und Briefmarke bitte an CSN, Mühlwiesenstr. 2, 55743 Kirschweiler senden. Es können auch mehrere Broschüren geschickt werden, hierzu bitte bei CSN das entsprechende Rückporto erfragen. 

Behandlungsmöglichkeiten von MCS

Die MCS-Broschüre enthält auch das von Prof. Dr. Pall in Kooperation mit der Allergy Research Group entwickelte Behandlungsprotokoll, um den NO/ONOO-Zyklus herunterzuregulieren. Dieser ist laut Prof. Pall bei den Umweltkrankheiten MCS, CSF und FMS hochreguliert und sorgt u.a. auch für die Chronifizierung der Krankheit. Bisher konnten bei einer ganzen Anzahl MCS-Kranker erhebliche Verbesserungen des Gesundheitszustandes und Reduzierung der Sensitivität beobachtet werden.

Umweltmedizin, Umwelterkrankte – Schweizer Bundesrat antwortet auf eine Interpellation

Bundeshaus-Schweiz

 

Umwelterkrankte und insbesondere Menschen mit MCS – Mutiple Chemical Sensitivity haben auch in der Schweiz einen schweren Stand. Umweltmedizinische Versorgung ist nur spärlich vorhanden. Geeigneter Wohnraum ist nicht verfügbar und ein erstes MCS-Wohnprojekt erst in Planung. Yvonne Gilli, Mitglied des Nationalrates, Grüne Franktion Schweiz, reichte am 23.09.2009 eine Interpellation im Schweizer Bundesrat ein, um die Situation hinsichtlich Umweltmedizin und die der Umwelterkrankten im Land abzuklären. Sie wurde am 18.11.2009 vom Schweizer Bundesrat beantwortet. Die Interpellation mit der Nummer 09.3816, Handlungsfeld Umweltmedizin, hatte 18 Mitunterzeichner: 

Bänziger Marlies, Donzé Walter, Fehr Jacqueline, Frösch Therese, Hodgers Antonio, John-Calame Francine, Lachenmeier-Thüring Anita, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Prelicz-Huber Katharina, Rechsteiner Rudolf, Schelbert Louis, Schenker Silvia, Teuscher Franziska, Thorens Goumaz Adèle, von Graffenried Alec, Weber-Gobet Marie-Thérèse, Weibel Thomas. 

Eingereichter Text: Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

1. Wie beurteilt er im Vergleich zur Ip 03.3092 Forschungsstand und klinische Abklärungsmöglichkeiten für Betroffene, die sich über Symptome beklagen als Folge von gesundheitsschädigenden Umwelteinflüssen?

 2. Welche Handlungsmöglichkeiten sieht er, um den Bedarf an fachkompetenter umweltmedizinischer Beratung besser abzudecken? 

3. Wurden oder werden Wohnprojekte für Umweltkranke durch den Bund unterstützt, wie als Möglichkeit in der Antwort auf die Ip 03.3092 skizziert? In welchem Umfang? Wenn nein, was sind die Gründe? 

4. Wie wertet er die Notwendigkeit von Hausuntersuchungen durch Umweltfachstellen als Teil der umweltmedizinischen Abklärung und wie könnte deren Finanzierung gesichert werden? 

5. Wie beurteilt er die Rolle des Bundes im Zusammenhang mit der Sicherung industrieunabhängiger Forschungsgelder? 

Begründung
Während sich im letzten Jahrhundert gesundheitsschädliche Umwelteinwirkungen vor allem als spezifische Krankheiten (Asbest, Tabak) oder örtlich begrenzt (Chemieunfälle, Trinkwasserverschmutzung, Smog) manifestierten, gestaltet sich die umweltmedizinische Beurteilung heute ungleich komplexer. Produktionsstandards und gesetzliche Rahmenbedingungen mit der Festlegung von Grenzwerten haben die spezifischen Risiken minimiert. Äusserst rasche technologische Entwicklungen (Funk-, Nanotechnologie) mit ebenso rasch erfolgender industrieller Anwendung in einer globalisierten Wirtschaft konfrontieren uns mit einer neuen Ausgangssituation. Die individuellen Risiken sind „klein“, die Krankheitsbilder unspezifisch, multifaktoriell bedingt und geografisch weit verteilt. Bei der Exposition gegenüber Feinstaub bewirkt eine unmerkliche Verschlechterung der Atemkapazität von weniger als 5 Prozent in der Schweizer Bevölkerung, dass die Anzahl der Erkrankten um rund 50 Prozent ansteigt. Was als individuell kleines Risiko beurteilt wird, lässt die Gesundheitskosten explodieren. Ähnlich präsentiert sich die Situation vielleicht in den Gebieten Multiple Chemical Sensitivity oder electrosensitivity. Gemäss einem wissenschaftlichen Pilotprojekt der Universität Basel ergab sich 5 Prozent der Untersuchten ein plausibler Zusammenhang zwischen geschilderten Symptomen und Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern. Ein laufendes Folgeprojekt der Ärzte und Ärztinnen für Umweltschutz Schweiz scheint dies zu bestätigen.

 

Am 18.11.2009 antwortete der Schweizer Bundesrat:

 
1. In den letzten Jahren wurden einige nationale und internationale Studien durchgeführt mit dem Ziel, das Phänomen der besonderen Empfindlichkeit auf Umwelteinflüsse wissenschaftlich zu untersuchen. In Kurzzeituntersuchungen konnte kein kausaler Zusammenhang zwischen Gesundheitsbeschwerden und den vermuteten Umwelteinflüssen festgestellt werden. Auch konnten keine objektiven Kriterien identifiziert werden, mit denen besonders empfindliche von durchschnittlich empfindlichen Personen sicher unterschieden werden können. 

In der Schweiz wurden Patienten aus der Region Basel, welche über umweltbezogene Gesundheitsstörungen klagten, im Rahmen eines vom Bund unterstützten Forschungsprojekts interdisziplinär untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Patientengruppe sehr heterogen ist in Bezug auf Umweltbelastungen, psychisch/seelische Belastungen sowie bestehende somatische Erkrankungen. Es zeigte sich auch deutlich, dass eine interdisziplinäre medizinische und psychologische Abklärung solcher Patienten und eine Erfassung von Umwelteinflüssen in ihrem Wohn- und Arbeitsbereich unumgänglich ist. 

Auf Basis der Empfehlungen aus dem Basler Projekt haben die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz Schweiz (AefU) im Januar 2008 ein Pilotprojekt „Umweltmedizinisches Beratungsnetz“ lanciert, welches Patienten eine vertiefte Abklärung ihrer Leiden anbietet. Dieses Pilotprojekt wird mit Unterstützung der Bundesämter für Gesundheit (BAG) und Umwelt (Bafu) wissenschaftlich begleitet und läuft bis Ende 2010. 

2. Der Bundesrat begrüsst die erwähnte Initiative und Aktivitäten der AefU. Das Bafu und das BAG werden im Rahmen der vorhandenen Mittel dieses Pilotprojekt weiterhin unterstützen. Bezüglich umweltmedizinischer Aus- und Weiterbildung verlangt das Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe in der Grundausbildung unter anderem auch das Verständnis der ökologischen Faktoren und Auswirkungen auf die Gesundheit (Art. 8 Bst. f MedBG, SR 811.11). Auch im Rahmen der Weiterbildung und Postdiplomstudien zu Prävention und öffentlicher Gesundheit werden umweltmedizinische Kurse angeboten. 

3. Wohnprojekte für Umweltkranke könnten auf der Basis des Wohnraumförderungsgesetzes (WFG, SR 842) durch den Bund unterstützt werden. Artikel 2 Absatz 2 WFG statuiert den Grundsatz, dass der Bund innovative Bau- und Wohnformen unterstützt. Artikel 41 Absatz 2 Buchstabe c WFG konkretisiert, dass das Bundesamt für Wohnungswesen exemplarische Projekte mit innovativem und nachhaltigem Charakter fördern kann. Schliesslich werden exemplarische Projekte durch Artikel 46 der Verordnung zum Wohnraumförderungsgesetz (WVF, SR 842.1) insofern privilegiert, als von den Anforderungen an die Gebäude- und Standortqualität, von den Kostenlimiten und von den besonderen Voraussetzungen, die für die Erneuerung von bestehendem Wohnraum gelten, abgewichen werden kann. Eine Unterstützung im Rahmen der verfügbaren Mittel wird somit gewährt, sofern die Projekte die übrigen an die Bundeshilfe geknüpften allgemeinen Anforderungen erfüllen. Bisher wurde jedoch kein Gesuch für ein Wohnprojekt für Umweltkranke gestellt. 

Die Stadt Zürich plant in enger Zusammenarbeit mit umweltmedizinischen Patienten („Chemikalienunverträglichkeit“) und Beratern den Bau eines Wohngebäudes, welches soweit wie möglich frei von Schadstoffbelastungen und anderen negativen Umwelteinflüssen sein soll. Das Amt für Hochbauten der Stadt Zürich dokumentiert die verschiedenen Arbeitsschritte bei der Planung und Ausführung ausführlich, um die dabei gemachten Erfahrungen für ähnliche Vorhaben, aber auch für das nachhaltige Bauen generell nutzen zu können. 

4. Im Rahmen einer umweltmedizinischen Untersuchung sollte die Umweltbelastung am Wohnort und am Arbeitsplatz abgeklärt werden. Ob dazu eine Hausuntersuchung nötig ist, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Im AefU-Pilotprojekt wird eine Hausuntersuchung aufgrund der Ergebnisse eines Umweltfragebogens und auf ärztliche Indikation nach einem standardisierten Protokoll durchgeführt. Diese Hausuntersuchungen werden aus Eigenmitteln und Eigenleistungen der AefU und von den Unterstützungsgeldern der Lungenliga Schweiz, privaten Stiftungen und dem Bafu finanziert. Nach der Auswertung des Pilotprojekts wird die Notwendigkeit von Hausuntersuchungen und ein allfälliger Finanzbedarf besser beurteilt werden können. 

5. Der Bund nimmt seine Rolle zur Sicherung industrieunabhängiger Forschungsgelder wahr, indem er wissenschaftliche Forschung gemäss Forschungsgesetz (FG, SR 420.1) unterstützt, namentlich über den Schweizerischen Nationalfonds. Die Bundesverfassung (vgl. Art. 20) und Artikel 3 FG garantieren die Freiheit von Lehre und Forschung. 

Zudem unterstützt der Bund im Rahmen der Ressortforschung wissenschaftliche Studien, die zur Aufklärung relevanter Fragen nötig sind. Zum Thema „Nichtionisierende Strahlung: Umwelt und Gesundheit“ hat der Bundesrat ausserdem das Nationale Forschungsprogramm NFP 57 lanciert. Der Bundesrat begrüsst aber auch die finanzielle Beteiligung der Industrie an Forschungsvorhaben. Dabei soll durch eine geeignete Projektorganisation die Unabhängigkeit der Forschung und der Publikation der Ergebnisse sichergestellt werden. 

Quelle: Geschäftsdatenbank Yvonne Gilli, Handlungsfeld Umweltmedizin 29. November 2009

 

Weitere Interpellation zum Thema Umweltmedizin, Multiple Chemical Sensitivity,

eingereicht von Nationalratspräsidentin Pascale  Bruderer Wyss am 19.03.2003 nebst Antwort des Schweizer Bundesrates vom 14.05.2003.

Die nuklearmedizinischen Verfahren PET und SPECT weisen bei MCS-Patienten Veränderungen im Gehirn nach

SPECT und PET -Scan häufig auffällig bei MCS Patienten

 

Eine Reihe wissenschaftlicher Studien belegen, dass bei einem Teil der Patienten mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity Veränderungen im Gehirn vorliegen. Der Nachweis wurde mittels der bildgebenden radiologischen Untersuchungen PET oder SPECT erbracht. Bei einigen der Studien setzte man die Patienten Chemikalien aus, um die nach der Exposition folgende Veränderung zu dokumentieren. Die jüngste Studie, die belegte, dass MCS Patienten Auffälligkeiten im Gehirn aufweisen, ist gerade einen Monat alt und wurde von der Universität Barcelona durchgeführt. 

Thommy’s MCS – Blogfrage der Woche

  • Habt Ihr ein PET oder SPECT Scan durchführen lassen?
  • Hat man Veränderungen bei Eurem Gehirn festgestellt?
  • Wie schwerwiegend sind die Schädigungen, die bei Euch festgestellt wurden?
  • Korrelieren die Schädigungen mit den Funktionseinschränkungen in Eurem Alltag?
  •  Habt Ihr einen Provokationstest durchlaufen? Wie war das? Mit welcher Chemikalie wurdet Ihr exponiert?
  • Zeigten die radiologischen Aufnahmen einen Unterschied vor und nach der Exposition?

Dr. Merz regt Hilfsfond für MCS-Kranke an

Hilfe für Umwelterkrankte ist dringend notwendig

 

Es ist der Ruf nach Soforthilfe für Menschen mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity aufgekommen. Denn es hat wieder eine Tote gegeben. Diese schwer kranken Menschen hatten keinen anderen Ausweg als Suizid. So gesehen ist die Forderung notwendig. Aber sie genügt nicht. 

Für den Sozialstaat existiert Chemikalien-Sensitivität / MCS schlicht nicht. Es gibt nichts, was dem Problem gerecht würde – auf keiner Ebene. Dies zu ändern wird dauern, denn es existiert noch nicht einmal ein politischer Ansatz, geschweige eine politische Diskussion, die den Namen verdient. Der Rechtsstaat bietet Möglichkeiten, aber die werden nicht genutzt. Dies können die Umwelterkrankten selbst ändern. Um dies in Gang zu setzen, habe ich mich dazu entschlossen, bei CSN zu bloggen. 

In der Diskussion nach dem letzten Blog „Ist MCS lebensgefährlich?“ tauchte der Vorschlag auf, einen Fond zu bilden. Nun, ein solcher Fond benötigt eine Satzung, die die Verwendungszwecke definiert – also etwa Notaufnahme, Prozesshilfe, gezielte Aufklärung gegen die gezielte Psychopropaganda – und ein Gremium, das für die konkreten Entscheidungen verantwortlich zeichnet. In allen Fälle bedarf es zunächst eines Konzeptes: es ist z. B. nicht sicher, dass Wohncontainer billiger sind als Wohnungen, denn alle Container für MCS-Kranke brauchen Luftfilter, Wasserfilter, Versorgungsanschlüsse, emissionsfreie Heizung, Wärmedämmung etc., das ist letztlich High-tech. Prozesse ganz besonders Musterprozesse benötigen eine juristisches Konzept, wie der Stand der Wissenschaft wirksam gemacht werden kann; gegen die hocheffiziente Propaganda bedarf es Aufklärungskonzepte, die einen großen Wissenschaftshorizont genauso effektiv auf den Punkt bringt. Keiner wird größere Beträge überweisen, wenn nicht die Garantie gegeben werden kann, dass das Geld den Zielen gemäß verwendet wird, und zwar mit professioneller Effektivität. 

Ein erster Schritt könnte sein, ein Sperrkonto einzurichten, um den Fond überhaupt einrichten zu können in Verbindung mit einer Informationsoffensive. 

Jeder Schritt in die richtige Richtung wird in der Gesellschaft mittlere bis große Veränderungen nach sich ziehen, denn MCS ist keine seltene Krankheit. Das weiß jeder oder ahnt es zumindest, deshalb ist der Widerstand so groß. Die Alternative ist, dass es so weitergeht wie in den letzten 15 Jahren, nämlich gar nicht. So gesehen, kann man es doch mal anders probieren. 

Autor: Dr. Tino Merz, Sachverständiger Umweltfragen für CSN – Chemical Sensitivity Network, 16. November 2009

Vorhergehende Blogs zur Serie und zum Thema:

 

Weiterführende Informationen:

Die Zeit, in der man MCS verstecken konnte, ist abgelaufen – Interview Teil III

Die Zeit in der man MCS verstecken konnte ist abgelaufen 

Eva Caballé ist seit vier Jahren krank, sie hat Chemikalien-Sensitivität. Dadurch kann sie das Haus und oft das Bett nicht verlassen. Außer ihrem Mann, ihrer Mutter und wenigen Freunden kann niemand zu ihr. Jeder, der in ihre Nähe kommt, muss komplett chemie- und duftfrei sein, damit sie keine schweren gesundheitlichen Reaktionen erleidet. Doch Eva ist eine Kämpferin, sie hat sich nie der Krankheit unterworfen. Die verbliebene Kraft, über die Eva verfügt, zentriert sie, um über MCS aufzuklären. Sie schreibt Artikel für ihren Blog No Fun, für die Kulturzeitung Delirio, und in Kürze erscheint ihr erstes Buch. Das, was Eva schreibt, geht tief, denn sie spricht die Wahrheit auf unmissverständliche Weise aus und hält jenen, die MCS in Frage stellen, einen Spiegel vor. 

Interview Salvador López Arnal mit Eva Caballé, November 2009, Teil III:   

Wer Teil I und Teil II verpasst hat: Interview TEIL I – Interview Teil II 

Salvador López Arnal: Einer Ihrer Artikel heißt „Wir werden nackt geboren“ und fand bei Menschen mit MCS und anderen am Thema Interessierten großes Echo. Weshalb? Um was geht es in dem Artikel?

 Die nackte Wahrheit über MCS

„Die nackte Wahrheit über MCS“ wurde in 9 Sprachen übersetzt

 

Eva Caballé: Ich schrieb diesen Artikel für das online Kulturmagazin Delirio. Er legt ohne falsche Rücksicht die völlige Missachtung und Vernachlässigung offen, an der wir Menschen mit MCS leiden, und er beleuchtet die Situation in Spanien ausführlich. Dieser Artikel enthielt zwei Nacktfotos von mir, auf denen ich nur eine Atemmaske trage. Dies zog die Aufmerksamkeit von MCS-Organisationen in anderen Ländern auf sich und hatte zur Folge, dass der Artikel in neun verschiedene Sprachen übersetzt wurde. 

Der Grund für den Erfolg war, dass sich an MCS erkrankte Menschen überall in der Welt in der Beschreibung der Situation wiedererkannten, die wir in Spanien erleben. Traurigerweise sogar in Längern, in denen MCS anerkannt ist. Menschen mit dieser Krankheit werden an den Rand geschoben und totgeschwiegen, da ökonomische Interessen wichtiger als die Gesundheit sind. 

In der nächsten Nummer von Delirio, die Stille zum Thema hat, wird es einen weiteren Artikel zu MCS geben. Sie haben mich gebeten, den Artikel zu schreiben, um den Erfolg von „Wir werden nackt geboren“ zu erklären. Auf diese Weise setzen wir die Information über MCS fort. 

Wir sind die „Kanarienvögel im Bergwerk“, wir warnen vor dem Unglück, das kommen wird. Wir sind der Beweis, dass das aktuelle Modell der Gesellschaft gescheitert ist, obwohl dies niemand zugeben oder gar bezahlen möchte, geschweige denn möchte jemand etwas unternehmen. Aus all diesen Gründen wollen sie, dass man uns nicht hört. 

LA: Kommendes Unglück? Welches Unglück? Warum ist das aktuelle Modell der Gesellschaft gescheitert? Wegen der Krankheiten, die es zur Folge hat? Beschreiben Sie mir ein humaneres Modell. 

EC: Die MCS-Fälle nehmen rasend zu, und es werden immer jüngere Menschen. Jeden Tag gibt es mehr Kinder mit Allergien, Asthma, Glutenintoleranz usw. Krebsfälle vervielfachen sich und tauchen in Familien ohne Krebsvorgeschichte auf. Es gibt fortlaufend neue Studien, die einen Zusammenhang zwischen chemischen Stoffen, elektromagnetischer Strahlung und bestimmten Krebsarten oder eine Zunahme von Allergien aufzeigen. Wenn nichts getan wird, erwartet uns eine Zukunft, die nichts mit einer gesunden Gesellschaft zu tun hat. 

Ich habe wie andere Leute mit MCS den Beweis, dass diese Gesellschaft versagt hat. Als ich noch klein war, dachte ich immer, dass die Regierung für uns sorgt und dass etwas nur verkauft wird, wenn es sicher ist. Mehr konnte ich mich nicht irren. Die Luftqualität in Städten wie Barcelona oder Madrid ist skandalös. Unser Essen ist voller Pestizide, mit allen möglichen Zusätzen, und sie erlauben den Verkauf transgen veränderter Lebensmittel. Sie lassen uns krank werden und überlassen uns ohne zu helfen unserem Schicksal, ohne Gesundheitsversorgung, so wie es mir widerfuhr. Du studierst, machst Deinen Abschluss, hast eine gute berufliche Karriere und dann, wenn Du anfangen könntest, Dein Leben zu genießen, ist es vorbei. Ist das ein Wohlfahrtsstaat? 

Es sollten Maßnahmen unternommen werden, um damit aufzuhören, ökonomische Interessen über die Gesundheit zu stellen. Chemische Stoffe und elektromagnetische Strahlung sollten verboten und reguliert werden. Transgen veränderte Lebensmittel sollten verboten werden. Ökologischer Landbau sowie alternative Energien sollten gefördert werden… Es gibt eine unendliche Zahl von Maßnahmen, die nötig wären, aber das wichtigste ist, die Richtung zu ändern und damit anzufangen, bevor es zu spät ist. 

LA: Sie haben ein Buch, ein ganz wunderbares Buch geschrieben das „Vermisst“ heißt, warum vermisst. Wohin sind sie verschwunden?  

EC: Ich danke Ihnen, mein Buch zu loben. Für eine neue Autorin ist das eine Ehre. 

LA: Die Ehrerbietung, liebe Eva, das wird die der Leser sein, das kann ich Ihnen versichern. 

EC: Ich dachte an diesen Titel, als ich das tolle Vorwort las, da Clara Valverde dafür schrieb (sie ist Autorin, Präsidentin der SFC-CFS Liga und lebt mit dem chronischen Müdigkeitssyndrom). In dem Augenblick wurde mir klar, viele Leute könnten denken, dass ich von der Erdoberfläche verschwunden wäre. Ich wurde von einer Frau, die einen Job mit viel Verantwortung bei einer Bank hatte, die jeden Tag im Fitness-Studio auftauchte, Rock-Konzert besuchte, mit Freunden ausging und mit ihrer Familie den Urlaub verbrachte zu einer, die um zu überleben in der eigenen Wohnung eingesperrt ist. Von Außen betrachtet fehle ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Ich wurde von MCS gekidnapped. 

Die Außenwelt ist für alle giftig, aber für jene, die MCS haben, bedeutet dies, dass wir nicht ohne Kohlefilter-Atemmaske, die uns vor gefährlichen chemischen Stoffen schützt, rausgehen können. In einigen Fällen ist die Erkrankung derart heftig, dass wir nicht einmal mit einer Maske raus können. Ich bin dazu verurteilt, innerhalb meiner vier Wände zu leben, da keine Maßnahmen ergriffen wurden, diese chemischen Substanzen zu verbieten, die in meinem Körper eine Krise auslösen und andere Menschen umweltbedingte Erkrankungen entwickeln lassen. Merkt es niemand, dass es nicht normal ist, jeden Tag von einem Krebstoten zu erfahren. Stört es niemanden, dass die Gesellschaft täglich kränker wird und dass dies nicht hinnehmbar ist? 

LA: Abschließende Frage: Was sollten die Gesellschaft und das Gesundheitssystem in Anbetracht dieser neuen Erkrankungen tun? Sind sie wirklich neu? Können Sie für den Anfang eine paar Ideen vorschlagen? 

EC: Wie ich bereits sagte, ist MCS nicht wirklich neu, da über die ersten Fälle schon in den 50’er Jahren berichtet wurde. Im Jahre 2009 können wir die Tatsache, dass nichts unternommen worden ist, nicht mit der Vorstellung rechtfertigen, es würde sich um neue Krankheiten handeln. 

Auf internationaler Ebenen sollte als erster Schritt die WHO MCS ein für allemal als eine organische Erkrankung anerkennen. Doch bis dies geschieht, sollte unser Land dem Beispiel anderer Europäischer Länder folgend MCS anerkennen. Auch sollten sie Ärzte ausbilden und das Gesundheitssystem für MCS fit machen. Dies alles würde auch bedeuten, dass wir Anspruch auf eine Invaliditätsrente bekommen und dass andere Hilfsangebote an unsere Krankheit angepasst werden sollten. 

Wenn heute Menschen mit MCS noch kränker werden, vielleicht wegen unserer Erkrankung oder wegen einer anderen Erkrankung, die wird auch haben, können wir nirgends hin gehen, da es keine für uns geeigneten Krankenhäuser gibt und weil die Leute, die dort arbeiten, nichts über unsere Krankheit wissen. Das zeigt, wie schlimm unsere Situation ist. 

Es ist ebenfalls notwendig, Regeln zur Prävention einzuführen wie etwa „Duftstofffrei“ für Krankenhäuser und öffentliche Gebäude und bestimmte Stoffe zu kontrollieren und zu verbieten. All dies wäre für die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Bürger von Vorteil, nicht nur für uns MCS-Kranke. 

Und offenbar bedarf es einer öffentlichen Informationskampagne, damit die Leute unsere Behinderung verstehen können. Wenn Sie mit einer Atemmaske auf die Straße gehen, liefern Sie sich allen möglichen Arten von Spott und Schmähungen aus, und dies ist nicht hinnehmbar. Es gibt Leute, die krank sind und nicht einmal von ihren Freunden und ihrer Familie irgendwelche Unterstützung bekommen, nur weil MCS keine anerkannte Krankheit ist. 

Wir bitten nicht um eine Vorzugsbehandlung, aber um eine angemessene Behandlung der Probleme, die von dieser Krankheit verursacht werden. 

LA: Was Sie sagen und fordern ist sehr vernünftig. Ich danke Ihnen für ihre Ausführungen. Möchten Sie noch etwas hinzufügen? 

EC: Ja, Es wäre schön, wenn das öffentliche Bekanntmachen meiner Situation durch meinen Blog und nun noch mehr durch mein Buch jene warnt, die noch gesund sind. Vielleicht denken manche, sie wären sicher, weil sie keine genetische Disposition für MCS haben. Doch das ist ein Irrtum. Wie ich berichtet habe, rufen Substanzen, die MCS verursachen, auch viele andere Krankheiten hervor. Also, wir können und wir sollten anders und ohne derart viele chemische Produkte leben. Das wäre gleichermaßen für unsere Gesundheit, wie für die Umwelt gut. Wir müssen etwas ändern, bevor es zu spät ist. Die Veränderung beginnt mit jedem einzelnen von uns, da wir als Verbraucher mehr Macht haben als wir denken. Wenn keine Nachfrage da ist, gibt es auch kein Angebot. 

Und als Schlusswort möchte ich einen Absatz aus meinem Artikel „Wir werden nackt geboren“ zitieren: 

Jene von uns, die mit MCS leben, hätten gerne, dass diese Krankheit anerkannt wird, wir hätten gerne die gleichen Rechte wie andere chronische Patienten, wir hätten gerne, dass die Gesellschaft das Risiko, dem sie sich aussetzt, kennt, wir hätten gerne eine Regierung, die ihre Bürger schützt und die hilft, unnötige Erkrankungen zu verhindern. Wir möchten nicht, dass sich irgendjemand wegen MCS nackt fühlt.

 

Interview: Salvador López Arnal mit Eva Caballé, November 2009

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network, November 2009

Wer Teil I und Teil II des Interviews verpasst hat:

Wer Mitglied auf Facebook ist, kann Eva zu seinen Freunden hinzunehmen: No Fun auf Facebook