Monatsarchiv für Februar 2010

Gedicht am Sonntag: Die Waldesmacht

Die Waldmacht

Stahlblaue Augen – eigentlich schön

würde man nicht auch die Härte sehn

zeitweise ein gutes Herz

doch das war wohl nur ein Scherz.

Stahlblaue Augen – ein Waldesmann

schützt die Natur – wo er nur kann

leider auch vor Menschen – die dort Zuflucht suchen

nicht in der Lage – ein Hotelzimmer zu buchen.

Stahlblaue Augen – stählernes Herz

was einer Betroffenen bereitet nur Schmerz

sie muss verschwinden vom Zufluchtsort

wie all – jagt auch er sie fort.

Dieses Gedicht wurde von Mona, der “Glasprinzessin”  geschrieben. Mona hat schwere Chemikalien-Sensitivität / MCS und muss fast die ganze Zeit draußen in der Natur verbringen.

Autor: Mona die Glasprinzessin für CSN – Chemical Sensitivity Network, 28. Februar 2010

Mona’s GeschichteMona die “Glasprinzessin” ein einsames Leben mit Wind und Wetter

Weitere Gedichte und Geschichten der Glasprinzessin:

NaturchaosHeilungRotkehlia, das Rotkehlchen erzählt aus seinem Leben *DazwischenSonntagsgeschichte: Papo Mio’s Oase für UmweltkrankeIsolation –  Sonntagsgedicht der GlasprinzessinVertigoWohlig Am BugIch nehm Dich mit*KinderlachenEinsicht – Aussicht *  Im WaldeTausendschönchenKarrusellDer Piano-PlayerVon Mara zu JoyFinden * GeborgenheitHereinspaziertFunktion *AuswegErdverbunden Himmelsverwoben * Grauer Mond * Unmenschlich

RTL-Drehtag für einen TV Bericht über MCS, angeregt durch die Kurzgeschichte „Maske auf!“

Innerhalb relativ kurzer Zeit drehte RTL zwei Filmbeiträge über das Thema Chemikalien-Sensitivität (MCS). Der erstere mit Stern-TV, mit der Tierärztin Coretta Danzer, der zweite mit Manuela Schmalz und ihren Mann Gerhard Becker.

Professionelle Vorbereitung und viel Verständnis

Auch hier zeigte sich wieder die professionelle Vorbereitung von RTL auf dieses Thema, diesmal mit der Redakteurin der Sendung „Explosiv“, Sandra Lange und ihrem Kamerateam. Das Team gab sich alle Mühe, duftfrei bei uns zu erscheinen, was auch im Wesentlichen gelang. Einzig ein schwacher Vanilleduft war zu vernehmen – von einem Makup – wie sich herausstellte. Auch war etwas Rasierwasser zu riechen. Das stellt aber keine Kritik unsererseits dar, zeigt es doch, wie schwer es für gesunde Menschen ist, abrupt Duftfreiheit zu erlangen. Jeder MCS-Kranke weiß, wie hartnäckig künstliche Duftmoleküle in Gewebe verbleiben und dass Kleidung oft erst nach mehreren Waschgängen duftfrei wird, wenn überhaupt. Dem Bemühen des RTL-Team gebührt jedenfalls Anerkennung und Dank! Die sehr gute Vorbereitung zeigte sich auch während der Vorgespräche mit Sandra Lange über das Thema MSC. Den Betroffenen in Deutschland ginge es sicher um 50% besser, wenn sich die Ärzte und verantwortliche Behörden in Deutschland nur halb so gut und gründlich über MCS informieren würden wie das RTL-Team, obwohl es ja „nur“ um einen Fünf-Minuten-Beitrag kurz nach den Nachrichten ging.

Filmteam zeigt mehr Verständnis für MCS als viele Ärzte

Wie wichtig es für das RTL-Team war, dass es Manuela möglichst gut während der Drehzeit ging, zeigte sich auch noch an einem anderen Aspekt: Da das Team wusste, dass die starken Scheinwerfer riechen werden, wollten sie den Glaskasten aus der Sendung Stern-TV verwenden, in dem Coretta Danzer während des Interview saß. Dieser stand aber nicht mehr zur Verfügung, weil er defekt war. Sandra Lange brachte vom fernen Köln aus das Kunststück fertig und machte die Großhandelsfirma „Bäderlandschaften“ von Herrn Oertel aus Naumburg ausfindig, die über eine große Ausstellungsfläche verfügte. Herr Oertel stellt schon über einen langen Zeitraum Duschkabinen aus, so dass sie bereits ausgegast waren. Zwischenbemerkung: Auch diesen wichtigen Aspekt kannte Sandra Lange. Ganz im Gegensatz zu den Ärzten, die es MCS-Kranken zumuten, sich in Wartezimmer und Arztpraxen zu begeben, in denen es von unzähligen Duftstoffen wimmelt. Es heißt dann immer, dass diese Krankheit noch zu unbekannt und nur schwer zu begreifen sei, was die Anforderungen betrifft. Warum können es dann junge Journalisten, die keine Mediziner sind, innerhalb von wenigen Tagen?

Nette Hilfe

Manuela suchte sich eine Duschkabine aus, die einen vollwertigen Ersatz für den Plexiglaskasten hergab. Deshalb wurde sie vom Nachrichtensprecher der RTL-Nachrichten als die Frau angekündigt, die nur aus einer Duschkabine heraus sprechen wollte. An dieser Stelle sei Herrn Oertel und seiner Frau herzlichst gedankt, die überaus entgegenkommend, freundlich und verständnisvoll waren.

Keine Mühe war zu groß

Aber nicht nur die Vorbereitung war enorm, ebenso das Arbeitspensum am Drehtag. Immerhin dauerte der Drehtag von ca. 10.30 bis 17.30 Uhr, mit nur relativ kurzen Unterbrechungen. Noch dazu sei bemerkt, es wurde immerhin an fünf Drehorten gedreht.

Fünf Drehorte

  1. In unserer neuen Wohnung (Szene, wo Manuela das RTL-Team riechend prüfte und wo sie beim Kochen des Essens gezeigt wurde, des Weiteren ein mit Alufolie beklebter Vorratsraum, weil dieser sich nicht anders von Duftstoffen befreien ließ, und von einem Zimmer, dass mit Alu-Kraftpapier ausgelegt war).
  2. In unserer alten Wohnung, die wir noch nicht völlig leer geräumt haben.
  3. Im Stadtzentrum, dort wurde die Szene gedreht, wo Gerhard Manuela signalisierte, wann sie die Maske auf und wann abzusetzen hatte. Die Dreharbeiten für diese Szene zogen sich länger hin, wie gedacht. Gerade an diesem Tag herrschte sehr windiges Wetter, so dass wir Mühe hatten, in Situationen zu geraten, wo Gerhard solche Warnungen aussprechen musste. Erst in einer windgeschützten Straße ergab sich öfters diese Notwendigkeit, hauptsächlich durch Rauchgase, Zigarettenqualm und Parfüm. Für die Glaubwürdigkeit dieser Szene war das sehr wichtig. Sandra Lange ließ nicht eher locker, bis sich so eine Situation tatsächlich ergab.
  4. Im Bioladen „Die Käseecke“, wo wir immer unsere Bionahrung für Manuela kaufen.
  5. Schließlich und endlich das Interview aus der Duschkabine heraus. Es dauerte sicher eine Stunde.

Es kam durch die fleißige Arbeit des RTL-Teams und dem engagierten Mitwirken von Manuela ein sehr umfangreiches und aussagekräftiges Filmmaterial zusammen. Sandra Lange musste an einem Tag das gesamte Material sichten, zu dem Filmbeitrag zusammenschneiden und betexten. Sie dürfte die Qual der Wahl gehabt haben. Manuela wurde vom Filmteam sehr gelobt für ihr natürliches, lockeres, aus sich herausgehende Auftreten und gutem Sprechen, was man selten finde würde. Schade, dass es nicht die Möglichkeit gibt, das gesamte Interview in irgendeiner Form zu veröffentlichen.

Sendetermin

Schade, dass wir den Sendetermin selbst erst so spät erfuhren. Explosiv ist eine tagesaktuelle Sendung, deren konkrete Zusammenstellung sich erst kurz vor dem Sendetermin ergibt. Da Manuela schon in Magdeburg war, Gerhard auf Arbeit, zu allem Überdruss sein Webpocket defekt, mit dem er Silvia Müller hätte informieren können und sie zu dem Zeitpunkt der Bekanntmachung schon „Dienstschluss“ hatte (soll heißen, telefonisch nicht mehr erreichbar war), gestaltete sich eine Information überaus schwierig. Wer den Sendetermin verpasste, wird hoffentlich die Sendung noch online sehen können.

Riesenaufwand für „nur“ fünf Minuten

Es war für uns erstaunlich, wie viel Arbeit, Geduld, Vorbereitung und Fachwissen nötig ist, um am Ende einen nur wenigen Minuten andauernden Filmbeitrag sehen zu können. Wenn man bedenkt, wie viel „Material“ während eines Tages über einen Sender abgespult wird, dann kann man erahnen, welches enorme Arbeitspensum dahinter steckt. Der Zuschauer dürfte es nicht ansatzweise vom Fernsehsessel aus vermuten können. Es bleibt zu hoffen, dass der Zuschauer trotz der Informations-Tagesflut der Medien etwas von diesem Beitrag behalten hat, der bezüglich der Länge eines Tages nur ein paar Mal Augenblinzeln entsprach, für Manuela aber ein ganzer anstrengender Tag war.

„Die Frau aus der Duschkabine“ – vielleicht wird Manuela dadurch in Erinnerung bleiben. Doch statt „bekannt“ oder „berühmt“ zu werden, ist ihr ihre Gesundheit tausendmal wichtiger.

Hürden im Alltag oder wie versetzt man Berge?

Bleibt zu fragen, wie es Manuela nach dem Drehtag erging. Erfreulicherweise gut. Der Drehtag hatte keine „Spätfolgen“. Dafür aber das an den nächsten Tagen einsetzende Tauwetter, was die Luftfeuchtigkeit unserer Erdgeschosswohnung, die teilweise wie eine Kellerwohnung angelegt ist, auf bis zu 80% ansteigen ließ. Trotz Heizen und häufigen Stoßlüften. Die Luftfeuchtigkeit stieg immer wieder stark an. Erst mit dem erneuten Frosteinbruch ging sie wieder zurück. Diese Luftfeuchtigkeit belastet Manuela sehr. Sie lässt Chemikalien und anderes um ein vielfaches stärker wahrnehmbar und damit belastend werden. Für uns schon jetzt die erschreckende und überaus traurige Erkenntnis, dass wir auf das falsche Pferd gesetzt haben: Die neue Wohnung, die uns sehr viel Kraft , Arbeit und Geld gekostet hat, in der Manuela endlich Ruhe und Erholung finden sollte, entpuppte sich als ein Albtraum. Sie floh förmlich zu der Wohnung ihrer Mutter, die auch nicht optimal, aber das kleinere Übel ist. Während dessen weiß Gerhard nicht, wie er allein die alte Wohnung endgültig räumen und mit neuen Anstrich bis März dem alten Vermieter übergeben soll und gleichzeitig auch schon den erneuten Umzug planen. Immerhin ist er im Monat jeweils 14 Tage durch seine Arbeit (24 Std. Dienst) überhaupt nicht zu Hause.

Wie wird es weitergehen?

Nachdem hauptsächlich durch die Rauchgasbelastung einer Holzpelletsheizung und durch die Weigerung der DAK, die in Dallas begonnene, sehr erfolgreiche, Sauerstofftherapie in Deutschland fortzuführen, Manuelas Behandlungserfolg der kostenaufwändigen Therapie im EHC-Dallas zunichte gemacht wurde, wurde auch noch diese zweite, ebenfalls teure, Hoffnung zerstört. Wie es weitergehen kann, wissen wir nicht. Einmal mehr zeigt sich, wie in Deutschland MCS-Kranke im Stich gelassen werden.

„Weil du arm bist, musst du eher sterben“ – ist in Deutschland wieder aktueller denn je. Wird der RTL-Dreh eine Kleinigkeit wenigstens für Manuela bewirken können? Hoffen wir es.

Autoren: Manuela Schmalz und Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, 26. Februar 2010

Weitere CSN-Artikel über TV-Berichte zu MCS

Gericht spricht Schmerzengeld wegen Explosion von Toilettenspray zu

Auf der Betriebstoilette eines Essener Supermarktes wurden zwei Dosen Raumduftspray von einem Angestellten durch Lüftungsschlitze in eine Toilette versprüht. Es kam zu einer Detonation, weil sich das Spray entzündete. Ein Mitarbeiter wurde dadurch sehr schwer verletzt, weil es geschah, während er die Toilette benutze. Die Detonation des Luft-Gas-Gemischs verwüstete mehrere Räume und ließ Fensterscheiben zu Bruch gehen. Auch der Kollege der das Toilettenspray versprüht hatte wurde verletzt. Der Arbeitnehmer, der lebensgefährliche Brandverletzungen davongetragen hatte, klagte vor dem Arbeitsgericht Oberhausen gegen den Kollegen.

Das Gericht hat am 19. Februar der Klage stattgegeben und dem Mann 20 000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Zwei Zeugen hatten bestätigt, dass der Beklagte die Raumduftsprays damals im Jahr 2006 versprüht hatten. Das Gericht gelangte durch die Zeugenvernehmung zu der Auffassung, dass der Beklagte für die Explosion verantwortlich gewesen war. Weshalb sich das Raumspray letztendlich entzündete, konnte nicht ermittelt werden. Die Staatsanwaltschaft Essen war am Versuch gescheitert herauszubekommen, ob sich das Gemisch entzündet hatte, weil der Kläger auf der Toilette geraucht hatte oder ob ein Zündfunke einer SMS, die der Mann auf der Toilette empfing, ausgereicht hatte.

Bisphenol A – Eine Chemikalie verseucht unsere Nahrungsmittel und Getränke

Verzweifelung auf Seiten der Nahrungsmittelindustrie und der Konsumenten

Das Thema ist brisant – Bisphenol A (BPA) ist eine Chemikalie, die für eine ganze Reihe von Gesundheitsproblemen einschließlich Krebs ursächlich ist. Der Washington Post war BPA gestern die Titelseite und die erste Innenseite wert. Die Zeitung berichtete über die verzweifelte Suche von verantwortungsbewussten Lebensmittelherstellern nach Verpackungen für ihre Produkte, die frei von Bisphenol A sind. Ein Unterfangen, das sich schwieriger gestaltet, als man vermutet.

Einige US Nahrungsmittelhersteller gaben große Summen aus, um ihre Produkte ohne die allgegenwärtige BPA – Kontaminierung anbieten zu können. Die Washington Post beschreibt in ihrem Leitartikel, wie schwer sich für Nahrungsmittelhersteller die Suche nach BPA-freier Verpackung gestaltet.

Die Frustration unter Herstellern, die auf BPA-frei umgestellt haben, sei oft groß, berichtet die Zeitung und führt zur Illustration den Fall eines Fischkonservenherstellers an. Die Firma hatte im vergangenen Jahr mit großem Aufwand zu Bisphenol A freien Dosen gewechselt und musste erschüttert zur Kenntnis nehmen, dass eine Verbraucherorganisation dennoch BPA in ihrem Thunfisch fand. 10 000$ wurden für Laboranalysen ausgegeben um herauszufinden, an welcher Stelle der Schadstoff sich einschlich. Die Suche nach der Kontaminierungsquelle gestaltete sich als Katastrophe. Ob es die Handschuhe waren, mit denen der Fisch angefasst wurde, oder ein Schneidbrett, oder schon der Thunfisch selbst, man wisse es nicht, so der verzweifelte Fischkonservenhersteller, denn die Chemikalie sei omnipräsent – sie einfach überall. Es bliebe nur eins übrig, weiterzusuchen und Lösungen finden.

Der BUND gab heute eine Pressemitteilung zur Bisphenol A Situation im Nahrungsmittel- und Getränkesektor in Deutschland heraus, denn Bier-, Softdrink- und Energydrink-Dosen in deutschen Regalen enthalten auch Bisphenol A.

Hormone aus der Dose

Berlin: In Getränkedosen von Sprite, Red Bull, Schöfferhofer, Faxe-Bier, Nescafé und weiteren Abfüllern hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die riskante Chemikalie Bisphenol A nachgewiesen. In den Epoxidlacken der Innenbeschichtungen der Dosen habe ein vom BUND beauftragtes Labor je Dose zwischen 0,3 und 8,3 Mikrogramm Bisphenol A gefunden. Akute Gesundheitsschäden seien beim Trinken aus Dosen zwar nicht zu befürchten, jedoch trage der Schadstoffgehalt zur Gesamtbelastung des Menschen mit Bisphenol A bei. Bisphenol A wirke ähnlich wie das weibliche Hormon Östrogen und habe bei Versuchen an Muttertieren schon in geringer Konzentration bei Föten zu Organmissbildungen, Beeinträchtigungen der Gehirnentwicklung und späteren Fruchtbarkeitsschäden geführt, so der BUND. Beim Menschen seien Zusammenhänge zwischen einer Bisphenol-A-Belastung mit Herz- und Kreislauferkrankungen, Sexualstörungen sowie Diabetes festgestellt worden. Der Umweltverband forderte die Hersteller von Dosen und anderen Lebensmittelverpackungen auf, auf Bisphenol-A-haltige Materialien zu verzichten.

Patricia Cameron, BUND-Chemieexpertin: „Bisphenol A findet man nicht nur in Schnullern, Babyflaschen und jetzt auch in Getränkedosen. Es kommt auch in Konservendosen, Zahnfüllungen und Thermopapier vor. Und es gibt noch viele weitere Quellen, die zur Belastung des Menschen mit hormonellen Schadstoffen beitragen.“ Die BUND-Expertin nannte als Beispiel Weichmacher in PVC-Produkten.

Cameron: „Hochwirksame hormonelle Stoffe haben in Erzeugnissen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, nichts zu suchen. Unsere Analyse der Dosengetränke hat auch gezeigt, dass Bisphenol A aus dem Epoxidlack in die Flüssigkeiten übertritt. Der höchste gemessene Wert betrug beim Faxe-Bier 3,9 Mikrogramm pro Liter. Während in allen Dosenbeschichtungen Bisphenol A nachgewiesen werden konnte, waren die Getränke selber nicht in jedem Fall belastet. Vermutlich hängt das auch von den Lagerbedingungen und dem Doseninhalt selbst ab. Dazu benötigen wir weitere Analysen.“

Der BUND forderte die Bundesregierung auf, den Einsatz Bisphenol-A-haltiger Kunststoffe wie Polycarbonat, Epoxidlacke und -harze bei Gegenständen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen oder direkten Hautkontakt haben, zu verbieten. Zudem müsse die Bundesregierung bei der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA für eine verschärfte Risikobeurteilung von Bisphenol A eintreten.

Der Bisphenol-A-haltige Kunststoff Polycarbonat sei in Ländern wie Kanada und einigen Staaten der USA für die Herstellung von Babyflaschen bereits verboten. Erst kürzlich habe die amerikanische Gesundheitsbehörde ihre Warnungen vor Bisphenol A verschärft.

Die Analyseergebnisse zu Bisphenol A in Getränkedosen finden Sie im Internet unter: BUND Bisphenol A

Autor Antext: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network 24. 02. 2010

Literatur: BUND, Pressemeldung, 24. Februar 2010

Weitere CSN Artikel über Bisphenol A

Dänisches Parlament bespricht Gesetzesentwurf zur Entwicklung von Richtlinien für Duftstoffe

Der mehrjährige massive Kampf durch die beiden dänischen Selbsthilfegruppen für Chemikaliensensible, MCS-SHG e.V. und MCS-Danmark für die Einführung einer Regelung für Duftstoffe in Dänemark, u.a. im Gesundheitswesen, trägt nun Früchte:

Im dänischen Parlament wird heute, am 23. Februar um 13 Uhr ein Gesetzesentwurf der SF (Abk. von „Sozialistische Volkspartei“) behandelt: „Gesetzesentwurf zur Entwicklung von Richtlinien für Duftstoffe in Krankenhäusern und Kindertagesstätten“.

Die von MCS-Danmark formulierte „Duftpolitik“ schuf die Grundlage für den Gesetzesentwurf. Diese Initiative erfolgte im Anschluss an eine Eingabe von MCS-Danmark vom November 2009 im dänischen Parlament. Die Eingabe war dem Ausschuss für Umwelt und Planung und dem Ausschuss für Gesundheit vorgelegt worden. Die beiden dänischen Organisationen ließen heute Morgen verlauten: „Wir sind superfroh, dass dieser Kampf nun endlich Früchte tragen wird!“

SF hat Unterstützung von den Sozialdemokraten, der kleinen sozial-liberalen Partei und Radikale Ventre, die alle drei in der Opposition zur bürgerlichen Regierung stehen.

Einige der Vorstandsmitglieder von MCS-Danmark werden heute bei dieser ersten Behandlung des Gesetzesentwurfs anwesend sein.

Autor: Dorte Pugliese für CSN – Chemical Sensitivity Network, 23. Februar 2010

Neue Studie ermittelte Beeinträchtigungen im Alltag durch MCS, CFS und FMS

Die Einschränkungen im Alltag können bei Umweltkranken mit MCS, CFS und FMS sehr einschneidend sein und oft ziehen sie die Aufgabe des Berufes nach sich. Dies fanden Wissenschaftler an der Umweltklinik in Toronto heraus. Sie führten die aktuell in der medizinischen Fachzeitschrift „The Canadian Family Physican“ veröffentlichte Studie durch, um Patienten mit Multiple Chemical Sensitivity (MCS), Chronic Fatigue Syndrom (CFS) oder Fibromyalgie (FM) diagnostisch zu charakterisieren und den Grad der Einschränkungen der Funktionalität mit den Werten der kanadischen Durchschnittsbevölkerung zu vergleichen. Weiterhin bewerteten die Mediziner die Faktoren, die mit der körperlichen Funktionsfähigkeit verbunden sind.

Patienten einer Umweltklinik in Toronto

Das Studienkollektiv bestand aus 128 Patienten des EHC Toronto, die dort zwischen Januar 2005 und März 2006 diagnostiziert wurden. Bei diesen Patienten waren eine oder mehrere der Umweltkrankheiten MCS, CFS und FMS festgestellt worden. Für die Studie wurden die Krankenakten und weitere klinische Informationen ausgewertet. Die kanadischen Wissenschaftler ermittelten die demographischen und sozioökonomischen Merkmale, vorhergehende Diagnosen, Dauer der Erkrankung, sowie die Nutzung von Gesundheitsdiensten durch die Erkrankten.

Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung

Therapeutische Strategien, die sich im Leben der Patienten als betont hilfreich erwiesen hatten und funktionelle Beeinträchtigung wurden durch ein spezifisches Erfassungswerkzeug, die Short Form-36 gemessen und mit den Ergebnissen der kanadischen Durchschnittsbevölkerung verglichen.

Umweltkrankheiten kosten oft den Arbeitsplatz

Das Patientenkollektiv war überwiegend weiblich (86,7%), mit einem Durchschnittsalter von 44,6 Jahren. Von 70 Patienten hatten Acht eine der Diagnosen MCS, CFS oder FM erhalten, während die restlichen Patienten zwei oder drei überlappende Diagnosen hatten. Die meisten (68,8%) der Studienteilnehmer hatten ihre Arbeit durchschnittlich 3 Jahren nach Einsetzen der Symptome wegen der Krankheit aufgeben müssen.

Mehrere Diagnosen gleichzeitig

Auf jedem der Bewertungsbögen der Short Form-36 Subskalen wiesen die Patienten mit MCS, CFS und FMS deutlich niedrigere Ergebnisse hinsichtlich ihrer funktionalen Fähigkeiten auf als die Durchschnittsbevölkerung. Die Werte fielen umso schlechter aus, wenn ein Patient zwei oder drei dieser Diagnosen gleichzeitig aufwies. Fibromyalgie, junges Erkrankungsalter und niedriger sozioökonomischer Status wurden am häufigsten schlechter Funktion zugeordnet.

FAZIT:

Patienten, die an der Umweltklinik Toronto diagnostiziert und behandelt wurden, wiesen auffällige funktionelle Einbußen auf, die im Einklang mit den Schwierigkeiten standen, die sie aus ihrem Alltag berichteten. Die Einbußen der Funktionsfähigkeit hatten Auswirkungen auf ihre Arbeit und die Fürsorge für ihre Häuser und Familien während ihrer normalerweise produktivsten Jahre.

Frühzeitiges Erkennen von MCS, CFS und FMS, sowie eine umfassende Bewertung, medizinische Betreuung, soziale und finanzielle Unterstützung könnten, gemäß der Aussage der Ärzte, eine Verschlechterung der Funktionsfähigkeit vorbeugen, die gleichlaufend mit längerer Krankheit assoziiert ist. Die kanadischen Wissenschaftler halten des Weiteren eine adäquate Ausbildung und spezielle Informationsressourcen für Angestellte in den Gesundheitsberufen und der Öffentlichkeit, zusammen mit weiterer ätiologischer und prognostischer Forschung für erforderlich.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. Februar 2010

Literatur: Lavergne MR, Cole DC, Kerr K, Marshall LM., Functional impairment in chronic fatigue syndrome, fibromyalgia, and multiple chemical sensitivity, Can Fam Physician. 2010 Feb;56 (2):e57-65.

Sonntagsgedicht: Forum für Umweltkranke

Forum

Zwei sind besser als einer

Sieben sind mehr als Drei

wir halten fest zusammen

so haben wir doch allerlei.

Fühlst du dich verlassen

so komm zu uns herein

wir lassen dich nicht hängen

nicht länger einsam sein.

Du kannst hier alles schreiben

auch was dein Herz bedrückt

gemeinsam finden wir dann

was deinen Weg beglückt.

Bestimmt finden wir irgendwann

das neue Land zum leben

wo keiner mehr den andern tritt

und danach woll´n wir streben.

CSN FORUM

Die Autorin Mona hat selbst schwere Chemikalien-Sensitivität / MCS und betreut im CSN Forum die Rubrik „Mona’s Kummerkasten“. Dort kann jeder der Sorgen und Nöte hat sein Herz ausschütten. Das CSN Forum besteht seit rund 10 Jahren. Es hat über 65 000 Einträge, 73 Rubriken zu MCS und verschiedenen umweltmedizinischen Themen und mehr als 600 Mitglieder.

Hier geht’s zum CSN Forum

Autor: Mona die Glasprinzessin für CSN – Chemical Sensitivity Network, 21. Februar 2010

Diabetes – Bitter, süß oder giftig?

Indigene Völker, Diabetes und die Bürde der Umweltverschmutzung

Diabetes wird heute vielerorts als die Epidemie des 21. Jahrhunderts angesehen. Mit ungefähr 284 Millionen Menschen, bei denen diese Krankheit gegenwärtig diagnostiziert wurde, ist dies bestimmt keine Übertreibung, nicht zuletzt für Indigene Völker.

Nach dem „State of the World’s Indigenous Peoples Report“, dem Bericht über die Lage der Indigenen Weltbevölkerung der Vereinten Nationen, haben mehr als 50% der Indigenen Erwachsenen über 35 Jahre Diabetes Typ 2, und es heißt darin, „diese Zahlen werden voraussichtlich noch steigen“.

Diabetes wird „Lifestyle Krankheit“ genannt, für deren grassierende Ausbreitung man Fettleibigkeit verantwortlich macht, die unserem zunehmenden Verlass auf die westliche Ernährungsweise (auch als Fleisch-Zucker-Diät bekannt) und unserem Verzicht auf regelmäßige körperliche Betätigung geschuldet ist.

Während dies sicher mitverursachende Faktoren sein können, gibt es immer mehr wissenschaftliche Belege, dass zwischen Diabetes und unserer Umwelt ein enger Zusammenhang besteht. Es wurden über ein Dutzend Studien veröffentlicht die langlebige organische Schadstoffe, Persistent Organic Pollutants (POPs), darunter Polychlorierte Biphenyle (PCBs), als Dioxine bekannte krebserzeugende Kohlenwasserstoffe und das tödlichste synthetische Pestizid DDT, in einen Zusammenhang mit höheren Raten der Erkrankung bringen.

„Wenn es die POPs sind, wenn nicht Übergewicht Diabetes verursacht, ist dies wirklich heftig, wenn es stimmt“, meint Dr. David O. Carpenter, Direktor des Institutes für Gesundheit und Umwelt an der Universität von Albany (im Bundesstaat New York).

Einer von vier Indigenen Erwachsenen, die in Kanadischen Reservaten leben, wurde mit Diabetes vom Typ 2 diagnostiziert, der am weitesten verbreiteten Form von Diabetes. Die Prävalenz dieser Erkrankung scheint dermaßen stark zu sein, dass die Zahl der in Kanada neu diagnostizierten Fälle über dem Wachstum der Indigenen Bevölkerung liegen könnte. Es ist nicht mehr ungewöhnlich, Kinder die nicht älter als drei Jahre sind, mit dieser Erkrankung zu finden. Nach der Statistik der Regierung werden 27 Prozent aller Indigenen Menschen in Kanada in den nächsten 10 Jahren an Diabetes vom Typ 2 leiden.

Die Situation der Sandy Lake First Nation in der Sioux Lookout Zone von Nord Ontario entspricht genau diesen Daten. Eine Studie vom März 2009, die von Dr. Stewart Harris mitverfasst wurde stellte fest, dass 26 Prozent der Gemeinschaft an dieser Krankheit leiden, die höchste in Kanada festgestellte Diabetes-Rate. Mit einer Bevölkerung von 2.500 wurde die nördliche Cree Gemeinschaft kürzlich als ein „Epizentrum“ der Epidemie beschrieben.

Es wurde wenig über die Konzentrationen langlebiger organischer Schadstoffe in Sandy Lake geforscht, doch nach Angaben des First Nations Environmental Health Innovation Network (FNEHIN), (Plattform zur Vernetzung von First Nations und Umweltmedizin-Forschung) sind von mehreren Nachbar-Gemeinschaften die ebenfalls hohe Diabetes Raten aufweisen, wie der Kitchenuhmaykoosib Inninuwug First Nation, erhöhte PCB-Werte ihrem Blut bekannt.

Die Mohawk Gemeinschaft von Akwesasne muss sich auf ihre Art mit Diabetes und der Belastung durch POPs auseinandersetzen. Ihr Lebensraum erstreckt sich über die Staatsgrenze zwischen New York und Ontario-Quebec entlang des St. Lawrence Flusses. Über Jahrzehnte leiteten drei Aluminium-Gießereien stromaufwärts des Reservats PCBs in den Fluss und verseuchten Wasser, Boden und Vegetation.

Dr. Carpenter hat sich jahrelang mit erwachsenen Mohawks in Akwesasne wissenschaftlich beschäftigt. Erst kürzlich, im Jahre 2007, war er an einer Studie beteiligt, die den Zusammenhang zwischen Diabetes und Umweltverschmutzung in der Gemeinschaft untersuchte. „Unsere Studie an erwachsenen Mohawks zeigte eine auffällige Erhöhung der Diabetes-Raten in Abhängigkeit von den Blutwerten dreier langlebiger organischer Schadstoffe, DDE, dem Stoffwechselprodukt von DDT, Hexachlorbenzol und PCBs“, so Dr. Carpenter. „Unsere Ergebnisse stimmen sehr gut mit denen von Lee et al überein.“

2006 zeigten Dr. Dae-Hee Lee und ihre Kollegen, dass für Menschen mit der höchsten Belastung durch POPs die Wahrscheinlichkeit an Diabetes zu erkranken ungefähr 38 mal höher ist, als für solche mit der niedrigsten Belastung. Außerdem, „zeigten sie, dass für Personen die zwar übergewichtig waren, aber keine hohen Werte von POPs im Blut aufwiesen, das Risiko an Diabetes zu erkranken nicht erhöht war“, fährt Dr. Carpenter fort. „Wahrscheinlich werden die meisten Leute übergewichtig, weil sie zu viele tierische Fette aufnehmen und genau in denen sind die POPs enthalten.“

Die Aufnahme von POPs über die Nahrung wurde von der Amerikanischen EPA (Environmental Protection Agency) in ihrem Entwurf von 1994 zur Dioxin Neubewertung bestätigt, der offiziell nie veröffentlicht worden ist. Nach diesem Entwurf zur Neubewertung stammt 93 Prozent unserer Dioxinbelastung aus dem Verzehr von Rindfleisch, Milchprodukten, Milch, Geflügel, Schweinefleisch, Fisch und Eiern. Mit anderen Worten, die westliche Ernährungsweise.

Eine im Mai 2001 im Journal für Toxikologie und Umweltmedizin veröffentlichte Studie zog ähnliche Schlüsse aus der Neubewertung der EPA. Zusätzlich zeigte die Studie, dass „Säuglinge sehr viel mehr Dioxine in Relation zum Körpergewicht aufnehmen, als alle älteren Altersgruppen“ und dass Muttermilch doppelt so giftig ist wie Milch aus dem Handel. Außerdem wurde festgestellt, dass Veganer den aller niedrigsten Anteil von POPs in ihrem Körper aufwiesen.

Nach einer Veröffentlichung vom Oktober 2009, des Forschungszentrums für Umweltchemie und Ökotoxikologie der Masaryk University, sind die Weltmeere eine weitere Hauptquelle von POPs, insbesondere DDT. Darüber hinaus wurde in der Abhandlung festgestellt, dass trotz aller Einschränkungen, die der Verwendung von DDT vor über 30 Jahren auferlegt wurden, die Konzentrationen des Giftes weiter zunehmen.

Indigene Völker tragen einen ungleich hohen Anteil dieser globalen Giftlast. Nach dem National Pollutant Release Inventory (NPRI), der staatlichen Erfassung von Schadstoffemissionen von Environment Canada, einer Einrichtung des Kanadischen Umweltministeriums, gibt es in Kanada beispielsweise 212 Indigene Gemeinschaften, die flussabwärts oder in der Nähe von Zellstoff-Fabriken oder anderen Anlagen leben, die Dioxine oder Furane abgeben. Ein erschreckendes Beispiel ist die alte Dryden Pulp Mill in der Nähe von Grassy Narrows. Nach Auskunft des Mercury Disability Boards, dem von den betroffenen Gemeinschaften gebildeten Rat für Quecksilber-Behinderung, der auf gesetzlicher Grundlage über Entschädigungsrenten für Angehörige der Grassy Narrows und Islington Bands entscheidet, leitete dieser Betrieb von 1962 bis 1970 tonnenweise Quecksilber-Abwasser, das zusätzlich Dioxin enthielt, in den English-Wabigoon River.

Vierzig Jahre später stellt der giftige Abfall immer noch eine „ernsthafte Gefahr“ für die Grassy Narrows und die Wabaseemoong First Nations dar, wie das Disability Board erklärt. Zur Dekontamination wurden von der Staats- oder Landesregierung keinerlei offizielle Schritte unternommen.

Die Lage der Tohono O’odham Nation erinnert sehr an die Grassy Narrows: diese Nation im Südwesten Arizonas weist die welthöchste Diabetesrate auf. Stammeseigenen Gesundheitsbeamten zufolge wurde bei fast 70 Prozent der 28.000 Menschen zählenden Bevölkerung diese Erkrankung diagnostiziert. Die O’odham Angehörigen sind die zweitgrößte Indigene Nation in den Vereinigten Staaten.

Lori Riddle gehört zur Aquimel O’odham Gemeinschaft und ist Gründerin der Gila River Alliance for a Clean Environment (GRACE), der Gila River Allianz für eine unbelastete Umwelt.

GRACE dient dem zehnjährigen Kampf gegen eine gefährliche Müllaufbereitungsanlage, die ohne ausreichende Genehmigung für Jahrzehnte auf O’odham-Gebiet in Betrieb war. Die Anlage gehörte der Romic Environmental Technologies Corporation und spuckte ununterbrochen Abwasser in die Luft, bis sie schließlich 2007 geschlossen wurde.

Die Anlage von Romic war nicht der erste Beitrag zur toxischen Belastung der O’odham’s, erklärt Riddle. Sich an ihre Kindheit erinnernd berichtet sie: „Fast ein Jahr lang, immer wenn ein Flugzeug über unseren Köpfen geflogen ist, konnte man den Nebel sehen. Wir dachten nie daran unser Wasser abzudecken. Die Chemikalien bemächtigten sich unser und wurden ein Teil von uns.“

Von den frühen 50’er Jahren bis in die späten Sechzigern sprühten Baumwoll-Farmer im Wassereinzugsgebiet des Gila Rivers routinemäßig DDT auf ihre Pflanzen um sie gegen Baumwollraupen zu schützen. Nach Angabe der Agentur für giftige Substanzen und Erfassung von Erkrankungen, der Agency of Toxic Substances and Disease Registry (ATSDR), versprühten die Farmer jährlich ungefähr 23 Pfund DDT pro Acre, das sind etwa 25.7 Kilogramm pro Hektar.

1969 wurde im Staat Arizona der Einsatz von DDT verboten. Zu dem Zeitpunkt war der Fluss hochgradig kontaminiert. Nach Auskunft der ATSDR wechselten die Farmer danach zu Toxaphen, einem Ersatz für DDT, bis dieses 1990 von der US-Regierung verboten wurde.

Wegen diesen Chemikalien, erklärt Riddle, waren die O’odham gezwungen, ihre traditionelle Ernährung aufzugeben und die westliche anzunehmen. Auch mussten Farmen aufgegeben werden und nötigten die Familien ihre Stammesgemeinschaft zu verlassen. Gesellschaften wie Romic begannen, sich auf ihrem Gebiet nieder zu lassen und trieben die Situation auf die Spitze. „Das hat unserer Lebensqualität einen Tribut abverlangt“, sagt sie. „Ich habe mich in den Schlaf geweint.“

Die O’odham schlagen sich mit dem herum, was Riddle als „Cluster Symptome“ bezeichnet. Das sind Fehlgeburten, Arthritis der Wirbelsäule, Atemprobleme, unerklärliche Hautausschläge und Probleme mit der Produktion roter Blutkörperchen. Dies zusätzlich zu Diabetes, der häufig zu Nierenversagen, Erblindung, Herzerkrankungen und Amputationen führt.

Es werden immer mehr Studien veröffentlicht, die in Nachfolge der wegweisenden „Ranch Hand“ Studie den Zusammenhang zwischen Diabetes und langlebigen organischen Schadstoffen wie DDT belegen. 1998 stellte diese Studie für US Air Force Personal, das während des Vietnamkrieges mit dem Herbizid und Entlaubungsmittel Agent Orange besprüht worden war, eine Zunahme von Diabetes (der eine Insulinkontrolle erfordert) um 166 Prozent fest. Die Studie zeigte auch, dass sich mit höheren Dioxinwerten die Häufigkeit und die Schwere von Typ 2 Diabetes ebenfalls erhöht; die Zeit bis zur Erkrankung verkürzte sich einem ähnlichen Trend folgend.

Dr. Carpenter weist jedoch darauf hin, dass wegen der überall auf Zustimmung stoßenden Meinung, Diabetes sei eine durch die Lebensweise verschuldete Erkrankung, die von der Ernährungsweise und dem Maß an Bewegung abhängt, dem Zusammenhang mit POPs von Regierungen, Nachrichtenagenturen oder irgend einer von den Hunderten an gemeinnützigen Diabetes-Stiftungen weltweit, wenig Beachtung geschenkt wird. „Nicht einmal bei uns, in Medizinerkreisen, ist dies angekommen“, fügt Dr. Carpenter hinzu. „Man braucht viel Zeit um beides zu ändern, die Ansichten der Medizin und die der Öffentlichkeit.“

„Das eine was jeder tun kann ist eindeutig, weniger tierisches Fett zu essen“, empfiehlt Dr. Carpenter. Einige Indigene Gemeinschaften im nördlichen Manitoba und in British Columbia haben damit begonnen dies zu tun, indem sie ihre eigenen Gärten bepflanzen und Gewächshäuser bauen; indem sie ganz traditionell auf ein paar Lebensmitteln zurückgreifen, die sie seit Millenien versorgt haben. Andere wenden sich körperlichen Aktivitäten zu, was nicht nur für die Prävention von Diabetes, sondern für ihre gesamte Gesundheit eine wichtige Rolle spielt.

„Wir müssen also Wege finden, die POPs aus den Tieren herauszubekommen, die wir essen. Das wird nicht einfach sein, angesichts des Ausmaßes, wie verseucht wir die Welt gemacht haben“, ergänzt Dr. Carpenter. Deshalb weist Lori Riddle, die selbst an Diabetes erkrankt ist, auf den Tribal Council (Stammesrat) und auf die US-Bundesregierung hin.

Autor und Copyright:

John „Ahniwanika“ Schertow, Indigenous people, diabetes and the burden of pollution, Winnipeg 02.02.2010

Zum Autor: Ahni  ist ein Verfechter Indigener Rechte und Autor des Blogs Intercontinental Cry

Wir danken Ahni für die Genehmigung den Artikel übernehmen und übersetzen zu dürfen.

Wer den Artikel übernehmen möchte, bitte bei Ahni Kontakt oder CSN anfragen.

Übersetzung: IP: 87.187.136.186 @19.02.2010 00:40:56

Konsequenter Gesundheitsschutz: Ein generelles Rauchverbot in der Öffentlichkeit

In New York wird gerade ein Rauchverbot auf öffentlichen Plätzen, in Parks und an Stränden ausgearbeitet. Einige andere Städte in den USAKanada und anderen Ländern haben bereits ein striktes Rauchverbot in der Öffentlichkeit. Für Raucher bleiben dort nur noch die eigenen vier Wände und das eigene Auto zum Frönen ihrer gesundheitsschädlichen Sucht. In manchen Ländern ist es sogar verboten im eigenen Auto zu rauchen, wenn sich darin Insassen unter 18 Jahren befinden.

Asthmatiker und vor allem Menschen, die an Chemikalien-Sensitivität (MCS) leiden, haben es in der Öffentlichkeit schwer. Seit in Deutschland das Rauchverbot in Innenräumen in Kraft getreten ist, stellen sich viele Raucher vor öffentliche Gebäude, Restaurants oder Geschäften, um zu rauchen. Auch in den Fußgängerzonen sieht man vermehrt Raucher. In manches Krankenhaus gelangt man nur noch durch ein „Spalier“ von Rauchern, die sich direkt vor dem Eingang um einen extra aufgestellten riesigen Ascher positioniert haben.

Thommy’s Blogfrage der Woche:

  • Sollte es ein generelles Rauchverbot in der Öffentlichkeit geben?
  • Wie schränkt Euch das Rauchen anderer in Innenstädten, vor Geschäften, Behörden etc. ein?
  • Wie schützt Ihr Euch vor dem Zigarettenrauch anderer?
  • Wurde ein Raucher bereits ausfallend zu Euch, nachdem Ihr ihn darauf hingewiesen habt, dass sein Zigarettenrauch Euch schadet und krank macht?
  • Habt Ihr Euch schon einmal bei Restaurantbesitzern, Geschäftsinhabern, Behörden oder Krankenhausbetreibern beschwert wegen der Ascher vor dem Gebäude?

Metamorphose im Leben mit Multiple Chemical Sensitivity

In der englischsprachigen Version des nachfolgenden Artikels, der den Titel „Metamorphosis inside Multiple Chemical Sensitivity“ trägt, steht das Wort „inside“ für das Leben mit MCS. Die innere Selbstbetrachtung, durch welche die spanische Buchautorin und Bloggerin Eva die Metamorphose ihrer eigenen Metamorphose erlebte. Die erste Metamorphose bestand für sie darin, an MCS zu erkranken. Die zweite war ihre Verwandlung in eine trotz aller äußeren Einschränkungen aktiv handelnde Person. Das kann man kaum mit einem Wort übersetzen.

Eva Caballé: Metamorphose im Leben mit Multiple Chemical Sensitivity

(Das Original erschien auf Delirio)

Im Laufe unseres Lebens erleiden wir zahlreiche Metamorphosen. Einige sind schmerzhaft, andere sind positiv, egal ob wir sie uns ausgesucht haben. Die Erfahrungen und das Leben an sich verändern und entwickeln uns.

Meine persönliche Geschichte ist nicht anders, obwohl meine radikalste Metamorphose stattfand, als ich an Multiple Chemical Sensitivity erkrankte. Doch obwohl ich plötzlich erkrankte, ging der Prozess selber langsam von statten. Über viele Jahre bereitete ich mich auf MCS vor, bevor mir ich mir dessen bewusst war. Mein Körper hat mich wiederholt gewarnt, ohne dass ich verstand, was er mir sagen wollte. Wie konnte ich denn wissen, dass alles, was mir widerfuhr, das Vorspiel zu MCS war? Es ist fast nicht möglich, dies zu wissen, da Informationen über MCS vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden und wenn irgendjemand es wagt, seine Stimme zu erheben, wird sie automatisch von jenen zum Verstummen gebracht, die behaupten, MCS sei gänzlich eine Angelegenheit der Psyche der Patienten.

Es ist nicht einfach zu verstehen, was mit einem geschieht, wenn man nach einer Diagnose sucht, die ganze Zeit bemüht ist, auf diesem langen Weg nicht zu versagen, während man ständig Versuchen ausgesetzt ist, das eigene Selbstwertgefühl zu beschädigen und täglich mit seinem sich weiter verschlechterndem Gesundheitszustand kämpft. Die letzte Stufe dieser besonderen Metamorphose ist erreicht, wenn man endlich weiß, was los ist: Du hast MCS. Und dann fängst Du an, das Leben, das Du bisher kanntest, in Frage zu stellen, um Dich neu zu orientieren und für die Zukunft zu überleben.

Alle von uns haben die Phase durchgemacht zu beklagen, was uns abhanden kam, zu hassen, was wir wurden. Wo ist die unermüdliche und impulsive Person geblieben, welche die Welt im Sturm eroberte? Es ist eine natürliche, gesunde und notwendige Phase. Seltsamerweise kommt danach das aller schwierigste: unseren Platz in dieser neuen Welt zu finden, in der zu leben wir verdammt sind.

Und überraschenderweise begann eine andere Metamorphose, als ich dachte, mein Leben könnte nicht vorhersehbarer und monotoner sein, diesmal gründlicher und bis ins Innerste. Diesmal war die Metamorphose gewollt.

Das Bedürfnis zu kommunizieren, die Welt wissen zu lassen, dass ich immer noch lebe, laut meine eigenen Rechte zu fordern und die Rechte von Millionen von Menschen, die weltweit an MCS leiden, veranlassten mich zu schreiben. Meine schüchterne Stimme war zuerst auf meinen Blog No Fun zu vernehmen und gewann dann an Stärke, Dank der Artikel in Delirio (span. Kunst-Magazin), die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Der erste davon, „Die nackte Wahrheit über MCS“, wurde in Carne Crude (Rohes Fleisch) im dritten Programm des Spanischen Rundfunks vorgelesen. Es war jene Zeit, in der ich mich schließlich etwas zu tun getraute, was ich mir niemals zu tun vorgestellt hatte: ein Buch zu schreiben.

Die sehr zurückhaltende Person die ich einmal gewesen bin, gibt es nicht mehr, damit ich der Welt meine Geschichte erzählen kann, während ich in den tiefsten Gründen meines Wesens wühle. „Verschwunden: Ein von Multiple Chemical Sensitivity zerstörtes Leben“ (Titel des Buches) ist ein in Erfüllung gegangener Wunsch, da ich die Situation beschreibe, in der wir leben. Es ist meine Metamorphose innerhalb der Metamorphose, mit MCS zu leben. Es ist mein Zeugnis, mein Leben, es sind meine Gedanken. Auch ist es mein Beitrag zum Kampf, den wir auf internationaler Ebene führen, damit MCS vollständig anerkannt wird. Mein Buch ist der eindeutigste Beweis, dass MCS nicht mein Wesen oder meine innere Einstellung zerstört hat. MCS hat mir nicht meine Träume gestohlen, eher hat dies meine Träume verändert, so dass ich in der Lage bin, anderen zu helfen.

Es ist mein Wunsch, dass viele Bücher von Leuten geschrieben werden, die wegen MCS „verschwunden“ sind, damit die Öffentlichkeit weiß, dass es uns gibt. Wir sind krank, aber niemand wird uns zum Schweigen bringen.

Autor: Eva Caballè, No Fun Blog. Der Originalartikel erschien im span. Kunst- und Kulturmagazin Delirio im Januar 2010.

Übersetzung: BrunO

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