Metamorphose im Leben mit Multiple Chemical Sensitivity

In der englischsprachigen Version des nachfolgenden Artikels, der den Titel „Metamorphosis inside Multiple Chemical Sensitivity“ trägt, steht das Wort „inside“ für das Leben mit MCS. Die innere Selbstbetrachtung, durch welche die spanische Buchautorin und Bloggerin Eva die Metamorphose ihrer eigenen Metamorphose erlebte. Die erste Metamorphose bestand für sie darin, an MCS zu erkranken. Die zweite war ihre Verwandlung in eine trotz aller äußeren Einschränkungen aktiv handelnde Person. Das kann man kaum mit einem Wort übersetzen.

Eva Caballé: Metamorphose im Leben mit Multiple Chemical Sensitivity

(Das Original erschien auf Delirio)

Im Laufe unseres Lebens erleiden wir zahlreiche Metamorphosen. Einige sind schmerzhaft, andere sind positiv, egal ob wir sie uns ausgesucht haben. Die Erfahrungen und das Leben an sich verändern und entwickeln uns.

Meine persönliche Geschichte ist nicht anders, obwohl meine radikalste Metamorphose stattfand, als ich an Multiple Chemical Sensitivity erkrankte. Doch obwohl ich plötzlich erkrankte, ging der Prozess selber langsam von statten. Über viele Jahre bereitete ich mich auf MCS vor, bevor mir ich mir dessen bewusst war. Mein Körper hat mich wiederholt gewarnt, ohne dass ich verstand, was er mir sagen wollte. Wie konnte ich denn wissen, dass alles, was mir widerfuhr, das Vorspiel zu MCS war? Es ist fast nicht möglich, dies zu wissen, da Informationen über MCS vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden und wenn irgendjemand es wagt, seine Stimme zu erheben, wird sie automatisch von jenen zum Verstummen gebracht, die behaupten, MCS sei gänzlich eine Angelegenheit der Psyche der Patienten.

Es ist nicht einfach zu verstehen, was mit einem geschieht, wenn man nach einer Diagnose sucht, die ganze Zeit bemüht ist, auf diesem langen Weg nicht zu versagen, während man ständig Versuchen ausgesetzt ist, das eigene Selbstwertgefühl zu beschädigen und täglich mit seinem sich weiter verschlechterndem Gesundheitszustand kämpft. Die letzte Stufe dieser besonderen Metamorphose ist erreicht, wenn man endlich weiß, was los ist: Du hast MCS. Und dann fängst Du an, das Leben, das Du bisher kanntest, in Frage zu stellen, um Dich neu zu orientieren und für die Zukunft zu überleben.

Alle von uns haben die Phase durchgemacht zu beklagen, was uns abhanden kam, zu hassen, was wir wurden. Wo ist die unermüdliche und impulsive Person geblieben, welche die Welt im Sturm eroberte? Es ist eine natürliche, gesunde und notwendige Phase. Seltsamerweise kommt danach das aller schwierigste: unseren Platz in dieser neuen Welt zu finden, in der zu leben wir verdammt sind.

Und überraschenderweise begann eine andere Metamorphose, als ich dachte, mein Leben könnte nicht vorhersehbarer und monotoner sein, diesmal gründlicher und bis ins Innerste. Diesmal war die Metamorphose gewollt.

Das Bedürfnis zu kommunizieren, die Welt wissen zu lassen, dass ich immer noch lebe, laut meine eigenen Rechte zu fordern und die Rechte von Millionen von Menschen, die weltweit an MCS leiden, veranlassten mich zu schreiben. Meine schüchterne Stimme war zuerst auf meinen Blog No Fun zu vernehmen und gewann dann an Stärke, Dank der Artikel in Delirio (span. Kunst-Magazin), die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Der erste davon, „Die nackte Wahrheit über MCS“, wurde in Carne Crude (Rohes Fleisch) im dritten Programm des Spanischen Rundfunks vorgelesen. Es war jene Zeit, in der ich mich schließlich etwas zu tun getraute, was ich mir niemals zu tun vorgestellt hatte: ein Buch zu schreiben.

Die sehr zurückhaltende Person die ich einmal gewesen bin, gibt es nicht mehr, damit ich der Welt meine Geschichte erzählen kann, während ich in den tiefsten Gründen meines Wesens wühle. „Verschwunden: Ein von Multiple Chemical Sensitivity zerstörtes Leben“ (Titel des Buches) ist ein in Erfüllung gegangener Wunsch, da ich die Situation beschreibe, in der wir leben. Es ist meine Metamorphose innerhalb der Metamorphose, mit MCS zu leben. Es ist mein Zeugnis, mein Leben, es sind meine Gedanken. Auch ist es mein Beitrag zum Kampf, den wir auf internationaler Ebene führen, damit MCS vollständig anerkannt wird. Mein Buch ist der eindeutigste Beweis, dass MCS nicht mein Wesen oder meine innere Einstellung zerstört hat. MCS hat mir nicht meine Träume gestohlen, eher hat dies meine Träume verändert, so dass ich in der Lage bin, anderen zu helfen.

Es ist mein Wunsch, dass viele Bücher von Leuten geschrieben werden, die wegen MCS „verschwunden“ sind, damit die Öffentlichkeit weiß, dass es uns gibt. Wir sind krank, aber niemand wird uns zum Schweigen bringen.

Autor: Eva Caballè, No Fun Blog. Der Originalartikel erschien im span. Kunst- und Kulturmagazin Delirio im Januar 2010.

Übersetzung: BrunO

Englische Version

Spanische Version

Japanische Version

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3 Kommentare zu “Metamorphose im Leben mit Multiple Chemical Sensitivity”

  1. Eva Caballé 16. Februar 2010 um 20:42

    Thank you so much for all your support! And thanks to BrunO for the German translation.
    It’s an honour to have my new article published again at CSN Blog.
    Hugs,
    Eva

  2. Maria Magdalena 16. Februar 2010 um 23:51

    Dear Eva,

    thank you for your new article about Multiple Chemical Sensitivity. While reading it I had tears in my eyes from the very honest and confident thoughts inside.

    I am so glad, that you and other mcs-patients don’t give up and work so hard to win a better life and more rights for all chemical injured people.

    Your article let me know, that we will win a victory- all together. :-)

    With best wishes,
    Maria Magdalena

  3. Eva Caballé 3. März 2010 um 14:56

    Dear Maria Magdalena,

    Thank you for explaining your feelings about my article. It means a lot to me.
    I’m sure that we will eventually win!

    All the best,
    Eva

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