Medikamentenunverträglichkeit bei Patienten mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity häufig
Unerträgliche Schmerzen, ein Infekt, der behandelnde Arzt weiß genau, welches Medikament helfen würde. Trotzdem sind dem Arzt möglicherweise die Hände gebunden, denn wenn der Patient gleichzeitig unter MCS – Multiple Chemical Sensitivity leidet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er viele Medikamente nicht verstoffwechseln kann oder allergisch darauf reagiert.
Chemikaliensensitivität – Reaktionen auf Medikamente
Die Tokyo University of Science führte eine Studie „Die Probleme von Patienten mit Multiple Chemical Sensitivity bei der Einnahme von Medikamenten“ durch. Ziel der Studie war die Erfassung, inwieweit MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. 205 Personen, die durch einen Arzt MCS diagnostiziert bekommen hatten, nahmen teil. Die Ergebnisse zeigten, dass 60% der MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamente hatten. Die größten Probleme offenbarten sich bei Frauen und Personen in der Altersgruppe zwischen 40-59 Jahren, sowie bei Patienten, die ihre MCS als Folge von Pestizidintoxikation oder durch Medikamente entwickelt hatten.
Allergien erschweren, verhindern Medikamenteneinnahme
Die japanischen Wissenschaftler stellten fest, dass Lidocain, ein Anästhetikum, nahezu nicht anwendbar ist bei MCS Patienten. Weiterhin waren Koffein, Aspirin, Chlorphenylamin Maletat, Minocyclin Hydrochlorid, Levofloxacin, etc. bei MCS Patienten ungeeignet. Viele der befragten Patienten, die die aufgeführten Medikamente als nicht tolerierbar angaben, berichteten über Allergien in ihrem Werdegang. Dies lässt darauf schließen, dass Allergien ebenfalls beteiligt sind bei den Beschwerden, die die Patienten bei der Einnahme von Medikamenten bekommen (1).
Genvarianten verhindern reibungslose Verstoffwechselung
Die Verstoffwechselung von Medikamenten kann durch Genvarianten erschwert bis verhindert werden. (2-5) Das Gen CYP2D6 (codiert das Entgiftungsenzym Cytochrom P450 2D6), das in einer Studie von McKeowen-Eyssen in seiner aktiven Form bei den Chemikaliensensiblen mehr als dreimal so oft vertreten war wie bei der Kontrollgruppe, gehört hierzu. Diese aktive Form ist mit entsprechend schnellerer Verstoffwechselung verbunden. Das Gen dient zum Abbau von neurotoxischen Chemikalien und von Medikamenten, die das Nervensystem beeinflussen. Hierzu gehören u.a. Antidepressiva, Stimmungsaufheller, Codein.
Frauen mit der schnell arbeitenden NAT2-Variante (N-Acetyltransferase 2), die sogenannten schnellen Acetylierer, wurden von McKeowen-Eyssen bei Chemikaliensensiblen viermal so häufig ermittelt als bei der Kontrollgruppe. Auch NAT2 spielt wie CYP2D6 eine wichtige Rolle bei der Entgiftung von zahlreichen Medikamenten und toxischen Chemikalien. Chemikaliensensible, die einen oder mehrere Genvarianten, die den Fremdstoffwechsel steuern, tragen, müssen zwangläufig Nebenwirkungen und erhöhte Risiken bei der Einnahme von bestimmten Medikamenten einkalkulieren.
Umweltmedizin bietet Alternativen
Durch die schwierige Problematik, vor die ein Arzt durch Medikamentenintoleranzen und -unverträglichkeiten bei chemikaliensensiblen Patienten gestellt wird, wird deutlich, wie dringlich es ist, die Umweltmedizin zu fördern, Behandlungsangebote in die Schulmedizin zu integrieren und spezielles umweltmedizinisches Fachwissen für niedergelassene Ärzte zugänglich zu machen. Das Finden von sicheren und praktikablen Alternativen für Chemikaliensensible könnte, neben der Verringerung von Leiden, auch Menschenleben retten.
Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 30.01.2009
Literatur:
1. Suzuki J; Nikko H; Kaiho F; Yamaguchi K; Wada H; Suzuki M., Faculty of Pharmaceutical Sciences, Tokyo University of Science, Yamazaki, Noda, Japan, The problems of multiple-chemical sensitivity patients in using medicinal drugs
Yakugaku Zasshi 2004 Aug;124(8):561-70
2. Eckart Schnakenberg, Karl-Rainer Fabig , Martin Stanulla, Nils Strobl , Michael Lustig , Nathalie Fabig and Werner Schloot, A cross-sectional study of self-reported chemical-related sensitivity is associated with gene variants of drug-metabolizing enzymes, Environmental Health 2007, 6:6
3. McKeown-Eyssen G, Baines C, Cole DE, Riley N, Tyndale RF, Marshall L, Jazmaji V: Case-control study of genotypes in multiple chemical sensitivity: CYP2D6, NAT1, NAT2, PON1, PON2 and MTHFR. Int J Epidemiol 2004, 33:971-978
4. Haley, RW, Billecke, S, La Du, BN (1999). Association of low PON1 type Q (type A) Acetyl esterase activity with neurologic symptom complexes in Gulf War Veterans. Toxicology and Applied Pharmacology 157(3):227-33
5. Spivey, Angela: Genes and Sensitivity, Environmental Health Perspectives, 113(3), 2005