Weltweiter Aufklärungsmonat über Chemikalien-Sensitivität und toxisch bedingte Schädigungen

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Chemikalien-Sensitivität kann jeden treffen, ganz gleich welche Nationalität, welches Alter, welche Hautfarbe, Schulbildung oder sozialen Status er hat

Aufklärung über Chemikalien- Sensitivität nahm eine positive Wende, als der Gouverneur des US  Bundesstaat Connecticut, John G. Rowland, 1998 erstmals offiziell festlegte, dass  in Zukunft in seinem Bundesstaat im Monat Mai ganz besondere Aufklärung über die Wirkung minimaler Konzentrationen von Alltagschemikalien auf chemikaliensensible Menschen betrieben werden solle.

Gouverneur Rowland war sich sehr bewusst, dass es von hoher Wichtigkeit ist, über das Schicksal toxisch geschädigter und chemikaliensensibler Menschen aufzuklären, da deren Leben in erster Linie von der Hilfe und dem Verständnis anderer Mitmenschen abhängt. Innerhalb der letzten zehn Jahre ist eine regelrechte Aufklärungsbewegung daraus entstanden, und weltweit wird in diesem Monat über Chemikalien-Sensitivität (MCS) und toxische Schädigungen berichtet, außerdem finden vielfältige Aktionen statt. In Deutschland sind Patientenorganisationen im Mai besonders aktiv, auch einzelne Chemikaliensensible treten aus dem Schattendasein heraus.

US Gouverneure setzen sich ein

Seit 1998 findet in den USA jährlich im Mai gezielte Aufklärung über toxische Schädigungen, deren Vermeidungsmöglichkeiten und Chemikalien-Sensitivität (MCS) statt. Insgesamt 37 Gouverneure (entsprechen dt. Ministerpräsidenten) verschiedener Bundesstaaten riefen hierzu mit ihren mit eindrucksvollen Staatssiegeln versehenen Proklamationen im vergangenen Jahr auf. Die Gouverneure wollen vor allem auf die Wichtigkeit wissenschaftlicher Forschung und darauf, wie toxische Schädigungen und Chemikaliensensibilität in der Zukunft zu vermeiden sind, aufmerksam machen. In diesem Jahr haben bereits 26 Gouverneure ihr Staatssiegel unter eine Proklamation für MCS/Toxische Schädigungen gesetzt und unterstützen die Erkrankten in diesem Monat mit besonderer Aufklärung. Einige weitere Proklamationen sind zugesagt.

Amerikanische Gouverneure unterstützen auch 2008 Menschen mit Chemikalien-Sensitivität und toxische Schädigungen

Im vergangenen Jahr wurden von CSN alle deutschen Ministerpräsidenten angeschrieben und gebeten, den Aufklärungsmonat für Chemikalien – Sensitivität und toxische Schädigungen zu unterstützen, damit auch in unserem Land Chemikaliensensible und toxisch Geschädigte mehr Verständnis und Hilfe erfahren können. Leider war, trotz der den Anschreiben beigefügten Informationen über die Schwere und den Umfang der Erkrankungen, die Resonanz gering, und die Antworten aus Rheinland-Pfalz, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern deuten an, dass Wissen und Verständnis für Chemikalien induzierte Erkrankungen hierzulande bisher kaum vorhanden sind.

Deutsche Ministerpräsidenten gegenüber Chemikaliensensiblen passiv

Europa ist aktiv im Mai

In internationaler Kooperation wurde ein Projekt ins Leben gerufen, bei dem Fallbeispiele von chemikaliensensiblen Menschen aus den verschiedensten Ländern bei einem internationalen Kongress in Spanien präsentiert werden. Es wird ein Buch aus den Berichten entstehen, das verdeutlicht, dass überall Menschen betroffen sind, dass Chemikalien-Sensitivität keine Erkrankung einer Minderheit ist, und wie groß die Einbußen der Erkrankten auf allen Ebenen sind. Auch in Deutschland und der Schweiz beteiligen sich verschiedene Organisationen mit gezielten vielfältigen Veröffentlichungen über Chemikalien-Sensitivität und Aktivitäten an der Aufklärungskampagne.

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Einige der Organisationen erstellten Flyer zum Verteilen, andere gestalteten Buttons (SHG Ludwigsburg & Stuttgart), arrangierten Vorträge, Fernsehbeiträge und Zeitungsberichte oder berichten auf ihren Webseiten in diesem Monat auf hochinformative Weise fast täglich Neues über Chemikalien-Sensitivität und über Menschen, die durch Chemikalien in ihrem Alltag krank wurden. Angestrebtes Ziel ist es, in Europa ebenfalls etwas mehr Verständnis für die Chemikaliensensiblen zu erhalten, da dies für Erkrankte unmittelbar mit weniger Schmerzen, mehr Lebensqualität und Möglichkeiten, am normalen Leben teilzunehmen, einhergeht.

Aktiv werden mit der Broschüre über Chemikalien-Sensitivität

CSN hat für den Monat Mai viele Blogs mit außergewöhnlichen Informationen vorbereitet und stellt als Auftakt die neue CSN Broschüre über Chemikalien-Sensitivität vor, die jeder in seinem Umfeld verbreiten kann, um über die Erkrankung zu informieren und Bewusstsein für die Erkrankten zu schaffen.

Wir wünschen allen viel Erfolg!

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 1. Mai 2008

Weitere Informationen über Aktionen, informative Berichte über Chemikaliensensitivität, etc. finden Sie auf der Webseite von CSN – Chemical Sensitivity Network und im CSN Forum.

Biochemische Anomalien bei Patienten mit MCS

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Verminderte Entgiftungsfähigkeit und Nährstoffdefizite sind in der Lage, bei Patienten mit Chemikalien-Sensitivität als Promotor bei der Entstehung der Erkrankung wie auch in deren Verlauf zu fungieren und sorgen mit dafür, dass sich MCS Erkrankte in der Regel ständig krank fühlen. Gezielte Nährstofftherapie führt bei einem Teil der Patienten zu deutlicher klinischer Verbesserung, auch in der Entgiftungsleistung.

Chemikalien-Sensitivität nicht mit Allergien vergleichbar
Patienten mit Chemikalien – Sensitivität (MCS) zeigen zahlreiche physiologische und biochemische Anomalien und sind generell kränker, als eine Kontrollgruppe von Allergiepatienten, berichtet L. Galland in Occupational Medicine, der amerikanischen Fachzeitschrift für Arbeitsmedizin.

Anomalien feststellbar
Galland bringt vor, dass MCS mit spezifischen Anomalien des Aminosäuren- und Fettsäurenstoffwechsels, sowie verminderter Aktivität von ESOD (Superoxide Dismutase in den Erythrozyten) und eGPX (extrazelluläre Glutationperoxidase), Mitralklappenprolaps Syndrom, Schilddrüsenunterfunktion und autoimmuner Schilddrüsenentzündung assoziiert wird. Galland stellte in seiner Studie weiterhin fest, dass bei MCS Patienten und Kontrollpersonen mit Allergien Magnesium- und Vitamin B6-Defizite gleich häufig auftreten.

Eins kommt zum anderen
Da sich Chemikaliensensible fast immer krank fühlen, ist es wahrscheinlich, dass einige dieser Anomalien zu ihrem generell schlechten Gesundheitszustand beitragen, wenn nicht auch zu ihren Sensitivitäten. Galland stellte die Hypothese auf, dass es ebenfalls möglich sei, dass diese verschiedenen Anomalitäten durch eine unidentifizierte fundamentale metabolische- oder neuroendokrine Störung verursacht werden, die mit Hypersensitivitätszuständen gemeinsam einhergeht.

Ergebnisse zum Nachdenken
Ein provokantes Ergebnis ist die große Häufigkeit, mit der verminderte Konzentrationen von Antioxidantien gefunden wurden. Ebenfalls signifikant war, dass die Erythrozytenaktivität von SOD bei 89% und eGPX bei 48% der MCS-Patienten erniedrigt war. Des Weiteren zeigten 41% der MCS- Patienten eine verminderte Ausscheidung essentieller Aminosäuren, trotz einer proteinreichen Diät. Vitamin C in Leukozyten war hingegen nur bei 5 Patienten erniedrigt, die kein zusätzliches Vitamin C einnahmen.

Therapien statt Ignoranz gegenüber Patienten erfolgreich

Galland vertritt, basierend auf seinen Studienergebnissen, wie viele Umweltmediziner weltweit die Auffassung, dass Mangel an Antioxidantien zu Hypersensitivität gegenüber Umweltschadstoffen und toxischen Chemikalien beitragen kann. Tatsächlich wurde eine Behandlung, die die Gabe von Antioxidantien, Selen, Vitamin C, Kupfer, Zink, sowie schwefelhaltigen Aminosäuren umfasste, von deutlichen klinischen Verbesserungen bei 25% der Patienten in der MCS- Gruppe und von begrenzter symptomatischer Besserung bei weiteren 18% begleitet. Bei allen Patienten, bei denen ESOD oder eGPX erneut bestimmt wurden, wurde im Anschluss an die Behandlung eine Verbesserung der Konzentration beobachtet. Die Möglichkeit, chemikaliensensiblen Patienten adäquate Diagnostik und darauf aufbauende individuelle Therapie zugänglich zu machen, ist daher als sinnvoll zu erachten und sollte gezielt forciert werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, April 2008

Literatur: Galland L., Biochemische Anomalien bei Patienten mit MCS, Occup. Med. 1987 Oct-Dec;2(4):713-20.

Chemikaliensensitivität durch Lösemittel

Lösungsmittel - oft Krankmacher am ArbeitsplatzAn vielen Arbeitsplätzen erkranken die Angestellten durch Lösemittel, sie können deren Leistungsfähigkeit erheblich mindern oder sogar zu Arbeitsunfähigkeit führen. Die Forschungsgruppe Allergie und Asthma, geleitet von der schwedischen Wissenschaftlerin Prof. Dr. Eva Millqvist, untersuchte für die Universität Göteborg Personen, die an ihrem Arbeitsplatz Lösemitteln ausgesetzt waren, und konnte gegenüber einer Kontrollgruppe Chemikaliensensitivität und einen Anstieg des Nervenwachstumsfaktor objektivieren. Provokationsgestützte PET Studien sicherten das Ergebnis zusätzlich ab.

Atemwegsbeschwerden durch Chemikalien

Lösemittel sind in vielen Fertigungs-prozessen und an zahllosen Arbeitsplätzen vertreten. Oft ist der Schutz unzureichend, und nach einer Weile treten gesundheitliche Beschwerden auf. Es müssen keine hohen Konzentrationen erreicht werden, damit bestimmte Lösemittel sensibilisieren oder Schäden am Nervensystem verursachen. Auf Dauer wirkt sich stetiger Kontakt im Niedrigdosisbereich ähnlich aus.

Atemwegssymptome verursacht durch Chemikalien oder Gerüche, gehören zu den gängigen Beschwerden, die auch nach Kontakt mit Substanzen berichtet werden, die normalerweise als ungiftig gelten. Die schwedische Wissenschaftlerin Eva Millqvist veröffentlichte ganz aktuell eine Studie, in die sie Erkenntnisse aus einer Recherche über Mechanismen einer erhöhten Atemwegssensitivität gegenüber Gerüchen und Chemikalien am Arbeitsplatz einfließen ließ.

Krankmacher Arbeitsplatz

Millqvist stellte fest, dass Personen, die an ihrem Arbeitsplatz organischen Lösemitteln ausgesetzt waren, öfter nasale Irritationen und geringere Schwelle gegenüber dem Geruch von Pyridin, verglichen mit einer nicht exponierten Kontrollgruppe, aufwiesen. Diese über die Atemwege ablaufende, durch Chemikalien ausgelöste Symptomatik kommt relativ häufig vor. Alleine in Schweden weisen rund sechs Prozent der Allgemeinbevölkerung eine deutliche, speziell über die Atemwege ablaufende Chemikaliensensitivität auf und leiden unter einer verstärkten Capsicain Hustensensitivität, die dafür bekannt ist, die Reaktivität sensorischen Nerven der Atemwege zu reflektieren.

Abgesicherte Studienergebnisse

Die Hustensensitivität der am Arbeitsplatz Lösemittel ausgesetzten Angestellten war laut der schwedischen Wissenschaftler assoziiert mit veränderten Werten von Nervenwachstumsfaktoren im Nasensekret. Die Patienten hatten lang anhaltende Symptome, die ihre Arbeitsleistung negativ beeinträchtigten. PET Studien (Positronen Emissionstomographie) begleitet von Provokation mit mehreren verschiedenartigen Duftstoffen zeigte bei den Patienten mit geruchsassoziierten Symptomen einen Anstieg in der Aktivierung des vorderen gürtelförmigen Cortex und des Cuneus-Precuneus. Diese abnormalen Muster wurden nur bei Aktivierung durch Gerüche beobachtet, ansonsten blieb sie aus.

Chemikaliensensitivität nicht psychisch

Prof. Millqvist stellte bei einer Teilgruppe, die unter Chemikalien und durch Gerüche verursachte Atemwegssymptomatik litt, fest, dass den Reaktionen ein sich dauerhaft auswirkender physiologischer Mechanismus zugrunde zu liegen scheint. Nur in wenigen Ausnahmefällen könne sich Stress noch als zusätzlicher Störfaktor auswirken.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, April 2008

Literatur: Millqvist E., Mechanisms of increased airway sensitivity to occupational chemicals and odors, Asthma and Allergy Research Group, Department of Respiratory Medicine and Allergy, Sahlgrenska Academy at Göteborg University, Göteborg, Sweden. Curr Opin Allergy Clin Immunol. 2008 Apr;8(2):135-9.

Jugendliche häufig an Chemikaliensensitivität erkrankt

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Chemikaliensensitivität bei Kindern und Jugendlichen ist ein Thema, das kaum Erwähnung findet in der Öffentlichkeit. Doch sie existieren, die Kinder und Jugendlichen, die auf Alltagschemikalien wie Parfum, Lacke, Zeitungen, Abgase, etc. mit zum Teil schweren körperlichen Symptomen reagieren. Schwedische Wissenschaftler fanden in einer aktuellen Studie heraus, dass Chemikaliensensitivität bei Jugendlichen mit 15,6% fast genauso häufig wie bei Erwachsenen auftritt. Die Folgen sind weitreichend, denn in Schulen und beim Start ins Berufsleben wird kaum Rücksicht auf sie genommen. Zusätzlich sind Kinder und Jugendliche durch ihre Krankheit zwangsläufig sozial ausgegrenzt.

Jugendliche kooperativ gegenüber Wissenschaftlern
Die schwedische Wissenschaftlerin Prof. Eva Millqvist beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit dem Thema Chemikaliensensitivität. Sie konnte in mehreren Studien belegen, dass die Erkrankten körperlich auf minimale Konzentrationen von Alltagschemikalien, wie beispielsweise Parfum, reagieren. Aktuell untersuchte Millqvist und ihr Team eine nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Gruppe von 401 Teenagern. Sie schickten den Jugendlichen Fragebögen zu und luden anschließend eine Teilgruppe von 85 Teenagern zu einem speziellen Capsaicin Inhalationstest ein. Die Teilnahmebereitschaft der jungen Leute war hoch, 81,3% beantworteten die Fragen bezüglich Sensibilität gegenüber Chemikalien und Lärm, sowie Ängsten und Depressionen.

Chemikaliensensitivität erschreckend häufig bei Jugendlichen
Die von den Wissenschaftlern ermittelte Häufigkeit für eine Chemikaliensensitivität bei Jugendlichen lag bei 15,6%. Eine hohe Zahl, die Konsequenzen nach sich ziehen müsste, denn bisher wird in europäischen Ländern an Schulen kaum ein Augenmerk auf chemikaliensensible Schüler gerichtet oder gar Rücksicht auf sie genommen. In den USA und Kanada hingegen ist man sich der Existenz dieser Problematik durchaus bewusst, und es gibt zahlreiche Schulen und Universitäten, an denen ein striktes Duftstoffverbot besteht und die auf Chemikalien verzichten, wo immer es möglich ist. Sind bei Renovierungsarbeiten doch ausnahmsweise chemikalienhaltige Materialien erforderlich, geben solche Bildungseinrichtungen frühzeitig Warnungen heraus oder sperren die betreffenden Areale. Solches Entgegenkommen und ein chemikalienfreies Umfeld ermöglicht es den kranken jungen Menschen, ihre Intelligenz zu entfalten, in die Gemeinschaft integriert zu sein und einer eigenständigen Zukunft entgegen gehen zu können.

Psyche nebensächlich beteiligt
Millqvist und ihr Team gingen auch der Frage nach, ob die Psyche eine Rolle bei den Chemikaliensensiblen spielt, fanden jedoch nur bei 3,7% der Jugendlichen affektive und Verhaltensänderungen. Wobei nicht beurteilt werden kann, ob die psychische Komponente nicht als Resultat der weitreichenden Restriktionen, denen diese jungen Menschen durch ihre limitierende Erkrankung zwangsläufig unterworfen sind, gelitten hat. Denn statt eine unbeschwerte Jugendzeit unter Gleichaltrigen, Selbstfindung und Ausloten von persönlicher Freiheit erleben zu dürfen, sind chemikaliensensible Jugendliche von vornherein zwangsisoliert, und ihnen sind krankheitsbedingt die Flügel gestutzt. Somit müssen auch psychische Folgeerscheinungen einkalkuliert werden. Sensorische Hypersensibilitäten spielten eine eher untergeordnete Rolle, sie lagen nur bei etwa einem Prozent der Jugendlichen vor, deuten jedoch an, dass Überlappungen bei Umweltkrankheiten existieren.

Jugendlichen eine Zukunft sichern
Die Ergebnisse der aktuellen Millqvist Studie fordern ein zügiges Umdenken, weil Jugendliche mit schwerer Chemikaliensensitivität meist weder Schule, noch Ausbildung oder Studium beenden können und infolgedessen ein Leben lang stark benachteiligt bis ausgegrenzt sein werden. Gesundheitliche Stabilisierung ist selten zu erwarten, da adäquate Behandlung von Chemikaliensensiblen in der Regel nicht angeboten wird und Rücksichtnahme, obwohl die Krankheit beispielsweise in Deutschland als Behinderung anerkannt ist, nicht stattfindet. Somit ist es chemikaliensensiblen Jugendlichen meist nicht möglich, einen Beruf zu ergreifen, womit ihnen auch jeglicher Anspruch auf Leistungen aus Sozialversicherungen fehlt. Wer keine vermögenden Eltern hat, ist verloren und muss nicht selten aufgrund seiner Krankheit ein Leben unterhalb der Armutsgrenze führen. Die Ergebnisse der schwedischen Studie zwingen zu einem raschen Kurswechsel, um jungen Chemikaliensensiblen zu helfen und auch, um schwerwiegende sozioökonomische Folgen zu verhindern.

Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, April 2008


Literatur:
Andersson L, Johansson A, Millqvist E, Nordin S, Bende M., Prevalence and risk factors for chemical sensitivity and sensory hyper reactivity in teenagers, Int J Hyg Environ Health. 2008 Apr 8

Ausländische Wissenschaftler in der Medizin fragen: „What’s up in Germany“?

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Eine Frage, die immer wieder gestellt wird, wenn man sich mit Ärzten, Wissenschaftlern oder Organisationsleitern aus dem Bereich der Umweltmedizin aus den USA ganz pauschal über Studien zu Chemikaliensensitivität unterhält, lautet: „What’s up in Germany?“ (Was ist los in Deutschland?).

Der Grund: Bei den wissenschaftlichen Studien, die in den vergangenen 10 Jahren über die Erkrankung Chemikaliensensitivität (MCS – Multiple Chemical Sensitivity, WHO ICD-10 T78.4) veröffentlicht wurden, fallen die Deutschen aus dem Rahmen. Leider nicht im positiven Sinne.

Unter dem Teppich türmen sich die Fakten
Während auf internationaler Ebene Wissenschaftler davon ausgehen, dass mindestens 15% der Bevölkerung auf Alltagschemikalien wie z.B. Parfüm, frische Farbe, Autoabgase, Putzmittel im Niedrigdosisbereich reagieren, wird in Deutschland die Meinung künstlich am Leben gehalten, Chemikaliensensitivität sei selten, kaum erforscht, nicht existent, nicht diagnostizierbar und vor allem, dass die Krankheit psychisch bedingt sei. Demzufolge bleiben Erkrankte ohne medizinische Hilfe, erhalten keine Unterstützung, obwohl Ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit in erster Linie von chemikalienfreien Räumlichkeiten und der Akzeptanz und Rücksichtnahme ihres Umfeldes abhängt.

Deutschland hält international Führung für MCS – Psychostudien
Betrachtet man alle seit 1945 veröffentlichten wissenschaftlichen Studien über Chemikaliensensitivität, wird auf einen einzigen Blick klar deutlich, dass die Behauptung, MCS sei eine rein psychisch basierende Erkrankung, nicht gehalten werden kann. Von bisher insgesamt 833 publizierten Studien gingen noch nicht einmal ein Viertel (199 / 24%) von einer psychischen Ursache aus. Von diesen 199 Studien und Veröffentlichungen erschienen alleine 62 in den vergangen acht Jahren, gegenüber 137 in den ganzen 54 Jahren zuvor. Merkwürdig, wo doch die Diagnostik sich in allen Bereichen der Medizin drastisch verbessert hat und Wissenschaftler über Möglichkeiten wie nie zuvor verfügen.

 

Deutschland spitzenmäßig? Eher wohl nicht
Von diesen 62 psycholastigen Studien und Veröffentlichungen in peer review Fachjournalen aus verschiedenen Ländern stammen etwas über 40% (25) aus Deutschland. Nicht schlecht, Herr Specht!

Wundert sich jetzt noch jemand, dass MCS Forschung aus Deutschland im englischsprachigen Raum auf Argwohn stößt und man von ernsthaft forschenden Wissenschaftlern und Medizinern aus den USA gefragt wird: „What’s up in Germany?“

 

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Februar 2008

Literatur: MCS Bibiliographie MCS psychische Ursache Zeitraum 10/99 – 4/2007

Wissenschaftlicher Sachstand zu Multiple Chemical Sensitivity (MCS)

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Während auf internationaler Ebene Wissenschaftler davon ausgehen, dass ca. 15% der Bevölkerung auf Alltagschemikalien wie z.B. Parfüm, frische Farbe, Autoabgase, Putzmittel im Niedrigdosisbereich reagieren, hält in Deutschland seit geraumer Zeit der Tenor an, die Krankheit Chemikaliensensitivität (MCS T 78.4 / WHO) sei selten, kaum erforscht oder nicht existent. Gleichzeitig streitet man sich, ob die Ursache der Erkrankung physisch oder psychisch bedingt sei. Diese Argumente und die sich daraus ergebende Kontroverse werden benutzt, um Erkrankten medizinische Hilfe oder finanzielle Unterstützung zu versagen. Bevor wissenschaftliche Abklärung erfolgt sei und die Ursache gefunden, seien die Hände gebunden. Tatsache ist jedoch, dass 833 wissenschaftliche Studien (peer reviewed) existieren, die Häufigkeit, Auslöser und Auswirkungen de facto darlegen. (1) Auffallend: Bei den aus Deutschland stammenden Studien überwiegt der Anteil, der davon ausgeht, MCS sei eine psychische Erkrankung, gegenüber Studien aus den anderen Ländern. Ein Freudsches Vermächtnis?

MCS Bibliographie 1945 – 2007

Albert Donnay ist maßgeblicher Autor der derzeit in der Wissenschaft am häufigsten gebräuchlichen und mittlerweile validierten Falldefinition, des 1999 veröffentlichten American Consensus. (2) Diese Falldefinition dient zur Diagnostik und Definition der von der WHO mit dem mit international gültigen Krankheitscode T78.4 einklassifizierten Erkrankung MCS – Multiple Chemical Sensitivity. Donnay und seine Organisation MCS Referral & Resources haben die wohl umfangreichste und vollständigste Bibliographie über wissenschaftliche Studien zur Erkrankung MCS zusammengestellt (im Anhang einzeln einzusehen). (3) Als Basis dienten PubMedline und andere Quellen. Über 90% aller gefundenen Artikel sind in Englisch verfasst. Der Rest hauptsächlich in Deutsch und Japanisch, eine kleine Anzahl Publikationen stammt aus Frankreich, Italien, Spanien, Dänemark, Schweden, Russland und Polen.

Physisch, psychisch oder beides?

Donnay aktualisierte und analysierte 2007 seine MCS Bibliographie, die in Unterregistern genau zeigt, wie viele wissenschaftliche Studien bis dato von physischen, psychischen oder gemischten Ursachen für MCS ausgehen. Es flossen in die Analyse alle veröffentlichten Studien von 1945 bis 2007 ein, die ein Peer Review Verfahren durchlaufen haben. Durch dieses bei seriösen Fachzeitschriften übliche Qualitätssicherungs-verfahren wird der wissenschaftliche Gehalt einer Studie durch ein mit Experten besetztes Fachgremium vor Veröffentlichung in der betreffenden Fachzeitschrift geprüft. 

Kein Überwiegen von psychischer Genese bei MCS

Betrachtet man die Analyse von Albert Donnay, wird deutlich, dass die künstlich am Leben gehaltene Behauptung, Chemikaliensensitivität sei eine rein psychisch basierte Erkrankung, nicht durch die seit 1945 veröffentlichten wissenschaftlichen Studien gehalten werden kann. Von bisher insgesamt 833 publizierten Studien gingen noch nicht einmal Viertel (199 / 24%) von einer psychischen Ursache aus. Davon erschienen alleine 62 Studien in den vergangen acht Jahren, gegenüber 137 Studien in den ganzen 54 Jahren zuvor. Zum Nachdenken stimmt, dass ein Großteil davon aus Deutschland stammt.

Wissenschaft belegt physische Genese bei MCS

Seit 1945 wurden 404 Studien über Chemikaliensensitivität veröffentlicht, die von einer körperlichen Ursache ausgehen. Insbesondere in den letzten acht Jahren veröffentlichten Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern 93 Studien, die z. T. sehr interessante Fakten zutage brachten. Insgesamt gesehen gingen 48% aller seit 1945 in Fachzeitschriften veröffentlichten Studien davon aus, dass MCS eine rein körperliche Ursache hat. Das MCS nicht psychisch bedingt ist, ist damit längst belegt.

Analyse MCS Bibliographie 1945 – 2007 *

* Die Analyse schloss alle peer reviewten Artikel ein, die entweder direkt von MCS handeln oder die mehr als eine beiläufige Referenz zu MCS aufweisen. Suchbegriffe schlossen MCS (Singular und Plural) und andere Namen ein, jedoch nur, wenn diese explizit als Synonym stehen (wie „Umweltsensitivitäten“ und der widersprüchliche Begriff „IEI – Idiopathische Umweltintoleranz“). Die Analyse schließt alle Artikel des Journal of Clinical Ecology aus, wegen seiner anerkannten Gunst der Neigung für eine physische Ursache von MCS zu sprechen.

Peer Reviewed Ersten 54 Jahre Letzten 8 Jahre Alle Jahre
Artikel über MCS 1945 – 9/99 10/99 – 4/07 1945 – 4/07
Alle Artikel 595 238 833 = 100%
Untergruppe physische Ursache unterstützend 311 93 404 = 48%
Untergruppe psychiatrische Ursache unterstützend 137 62 199 = 24%
Untergruppe gemischte, oder keine Ursache unterstützend 96 45 141 = 17%
Untergruppe Forschung zu Methoden und/oder Definitionen 37 32 69 = 8%
Nicht klassifiziert 14 6 20 = 3%

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008

Literatur:

  1. Analyse MCS Bibiliography, Persönliche Korrespondenz Albert Donnay an Silvia K. Müller, 24.05.2007
  2. Nethercott JR, Davidoff LL, Curbow B, Abbey H., Multiple chemical sensitivities syndrome: toward a working case definition, Arch Environ Health. 1993 Jan-Feb;48(1):19-26.
  3. MCS Referral & Resources, Bibliographie über wissenschaftliche Studien zu Multiple Chemical Sensitivity, www.mcsrr.org, 2007

Anhang:

MCS Bibliographie 1945 – 2007

Zum Einsehen die Bibliographien anklicken

Diagnosekriterien Chemikaliensensitivität (MCS) American Consensus 1999

  1. Die Symptome sind durch (wiederholte chemische) Exposition reproduzierbar
  2. Der Zustand ist chronisch
  3. Minimale Expositionen (niedriger als vorher oder allgemein toleriert) resultieren in Manifestationen des Syndroms
  4. Die Symptome verbessern sich, oder verschwinden, wenn der Auslöser entfernt ist
  5. Reaktionen entstehen auch gegenüber vielen chemisch nicht verwandten Substanzen
  6. Die Symptome betreffen mehrere Organsysteme
  7. Asthma, Allergien, Migräne, Chronic Fatigue Syndrome (CFS) und Fibromyalgie stellen keine Ausschlussdiagnose für MCS dar

Umweltmedizin: PET Scan zeigt, dass die Geruchsverarbeitung bei Chemical Sensitivity (MCS) gestört ist

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Seit 1945 sind Wissenschaftler auf der Suche nach Ursachen und Mechanismen von Chemikaliensensitivität (MCS – Multiple Chemical Sensitivity), einer Erkrankung, bei der Menschen auf geringste Spuren von Alltagschemikalien wie Parfum, Weichspüler, Benzin, frischer Farbe, etc. mit leichten bis schweren, meist neurologischen Symptomen reagieren. Besonders in den letzten zehn Jahren wurden weltweit wissenschaftliche Studien publiziert, die keinen Zweifel mehr daran lassen, dass Chemikaliensensitivität existiert, häufig auftritt und in erster Linie körperliche Ursachen hat. Nur über den zugrundeliegenden Mechanismus rätselt man noch. Ein Wissenschaftlerteam des renommierten Karolinska Institutes, Abt. Arbeitsmedizin, stellte Auffälligkeiten im Gehirn von MCS Patienten nach Einatmen von Gerüchen fest, die bei der Kontrollgruppe nicht vorhanden waren.

Fortschritte in der Diagnostik
Neue Entwicklungen in der Diagnostik haben bei vielen bisher schwer verständlichen Krankheiten Licht ins Dunkel gebracht. Dies dient dem Arzt und dem Patienten, denn es führt oft auch zu besserer Behandelbarkeit. Insbesondere im Bereich der Radiologie hat man mächtige Fortschritte erzielt, was bspw. bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, ALS oder MS erstmals mehr Verständnis brachte. Auch bei chemikalienbedingten Schädigungen versuchen Wissenschaftler, Nachweis der Schädigungen und Störungen im Gehirn durch bildgebende Verfahren wie SPECT und PET zu erbringen, um letztendlich Wissen über zugrundeliegende Mechanismen zu erlangen. Die schon seit längerer Zeit eingesetzten SPECT Scans zeigen dem Mediziner, in wieweit die Durchblutung des Gehirns gestört ist. Beim neueren PET Scans hingegen wird ermittelt, ob der Glukosestoffwechsel beeinträchtigt ist, was noch weiter reichende, nämlich bleibende Auswirkungen hat.

Körperliche Beschwerden nach Chemikalienexposition
Schwedische Mediziner stellten bei einer Doppelblindstudie Auffälligkeiten mittels PET Scan bei MCS Patienten fest, die verschiedene Gerüche einatmen mussten. Als Ausgangspunkt für ihre Studie definierten die Wissenschaftler des Karolinska Instituts Chemikaliensensitivität (MCS) als Charakterisierung somatischer Beschwerden nach Exposition gegenüber Gerüchen, durch einen noch unbekannten Mechanismus. Für die Studie wurden bei 12 weiblichen MCS Patienten und 12 Kontrollpersonen PET Scans (Positronen Emissions Tomographie) nach vorheriger Provokation gegenüber verschiedenen Gerüchen durchgeführt. Im Rahmen der Studie wurde ergänzend die Atemfrequenz gemessen und ein EKG durchgeführt.

Gehirn von MCS Kranken verarbeitet anders
Die Wissenschaftler stellten fest, dass Gerüche im Gehirn von MCS Patienten anders verarbeitet werden als bei normalen Personen. Das Gehirn der Chemikaliensensiblen war in den Regionen, in denen die Gerüche verarbeitet werden, nach Exposition weniger stark aktiviert als bei Kontrollpersonen, abgesehen von den berichteten und physiologisch indizierten Leiden. Gleichzeitig zeigte sich bei der Patientengruppe jedoch eine durch Geruch ausgelöste Aktivierung des vorderen gürtelförmigen Cortex und des Cuneus-Precuneus. Diese abnormalen Muster wurden nur bei Aktivierung durch Gerüche beobachtet. Die Wissenschaftler vermuten daher als Erklärung für ihre Beobachtung, dass hier als Reaktion auf Gerüche eine Umkehrreaktion der Geruchsverarbeitung über den gürtelförmigen Cortex stattfindet.

Ein weiterer Baustein zum besseren Verständnis von MCS
Diese Karolinska Studie ist ein weiterer Baustein in einer langen Reihe internationaler Studien, die zeigen, dass Chemikaliensensible im Gegensatz zu Normalpersonen auf bestimmte Gerüche körperliche Reaktionen entwickeln. In diesem Fall wurde belegt, dass das Gehirn von MCS Patienten Gerüche anders verarbeitet als Normalpersonen und bestimmte Areale durch Einatmen von Gerüchen aktiviert, bzw. deaktiviert werden. Dies lässt auch vordergründig auftretende neurologische Reaktionen bei erkrankten Personen verständlich werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008

Literatur: Hillert L, Musabasic V, Berglund H, Ciumas C, Savic I. Odor processing in multiple chemical sensitivity. Department of Public Health Sciences, Division of Occupational Medicine, Karolinska Institutet, Stockholm, Sweden, Human brain mapping, 2007, Mar;28(3):172-82

Umweltmedizin: Patienten mit Chemical Sensitivity (MCS) reagieren auf Chemikalien weit unterhalb von Richtwerten

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Während Chemikaliensensitivität (MCS) vor Jahrzehnten eine Krankheit war, die kaum jemand kannte, gibt es mittlerweile immer mehr Menschen, die darunter leiden. Man geht von ca. 15% der Bevölkerung aus, die auf Alltagschemikalien reagieren, die auf die Allgemeinbevölkerung keinen nennenswerten Einfluss haben. Japanische Wissenschaftler halten unsere nahezu luftdichte Bauweise für einen der Hauptgründe für den Anstieg von MCS. Die Vermeidung von Auslösern gilt bisher als die wirkungsvollste Therapie.

Erkenntnis Basis für eine Studie
Ein japanisches Wissenschaftlerteam der Universität Tokio erkannte Multiple Chemical Sensitivity (MCS) als ernstzunehmendes Problem an, dass als Resultat unserer modernen nahezu luftdichten Gebäudekonstruktionen zunehmend eingetreten ist. Hieraus ergab sich für das Forscherteam die Aufgabestellung für eine Studie. Man setzte sich zum Ziel, verantwortliche Chemikalien und ihre Wirkschwelle bei Patienten mit Hypersensibilitätsreaktionen zu identifizieren. Hierzu maßen die Japaner Expositionen gegenüber Carbonyl- und Lösemittelverbindungen bei 15 MCS Patienten und gleichzeitig bei einer Kontrollgruppe. Diese beiden Schadstoffgruppen sollten bei der Patientengruppe, im Gegensatz zur Kontrollgruppe, möglicherweise Reaktionen hervorrufen.

Identifizierung von Auslösern
Um herauszufinden, ob MCS Patienten tatsächlich auf besagte Auslöser reagieren, wurde ein neues Messverfahren eingesetzt, eine Aktiv-Passivsammlermethode. Durch diese Methoden hoffte das Wissenschaftlerteam zu belegen, ob Patienten auf die als verantwortlich bezeichneten Chemikalien reagieren oder nicht.

Studie zeigt klares Resultat
Das Team der Universität Tokiostellte fest, dass Chemikalien bei MCS Patienten Hypersensibilitätsreaktionen auslösen und diese von Patient zu Patient variieren. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass die Konzentrationsschwelle der Chemikalien, die Hypersensibilitätsreaktionen bei einigen MCS Patienten auslösten, weit unterhalb der Richtlinien für Innenraumluft der WHO und zuständigen Japanischen Behörde lag. Dies bedeutet, dass MCS Patienten tatsächlich, wie immer wieder von dieser Patientengruppe berichtet, auf minimale Konzentrationen bestimmter Chemikalien reagieren und Richtwerte kein Schutz für sie darstellen.

MCS Patienten vermeiden Chemikalien, um Reaktionen zu verhindern
Der durchschnittliche Expositionswert während der siebentägigen Untersuchungsphase, war bei MCS Patienten niedriger als bei der Kontrollgruppe ohne MCS. Einige wenige Patienten bildeten eine Ausnahme, da sie auf ihrem Arbeitsplatz noch Chemikalien ausgesetzt waren. Die Wissenschaftler der Universität Tokio deuteten dieses Ergebnis im Rahmen der Studie so, dass MCS Patienten versuchen, von Expositionen gegenüber Chemikalienverbindungen fernzubleiben, die bei ihnen Symptome auslösen. MCS Patienten betreiben also von sich aus genau das, was Umweltmediziner ihren Patienten als Therapie Nummer 1 vorschlagen: Expositionsvermeidung.

Autor: Silvia K. Müller, CSN, Jan. 2008

Literatur: Shinohara N, Mizukoshi A, Yanagisawa Y., Identification of responsible volatile chemicals that induce hypersensitive reactions to multiple chemical sensitivity patients, Institute of Environmental Studies, The University of Tokyo, 1: J Expo Anal Environ Epidemiol. 2004 Jan; 14(1):84-91.

Rücksicht auf Umweltkranke sollte an Schulen selbstverständlich sein

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Gestern bekam ich eine Nachricht über einen Dialog aus dem Forum einer Frauenzeitung. Das Thema drehte sich um die rigide Ausübung der Schulpflicht in Deutschland und deren Anwendung selbst bei kranken Kindern. Diskussionsgegenstand war in diesem Zusammenhang, wie Kinder mit Umweltkrankheiten, auch mit Chemikaliensensitivität (MCS – Multiple Chemical Sensitivity) daran teilnehmen könnten, wenn es entsprechende Rücksicht gäbe. Alternativ wurde diskutiert, ob man die Schulpflicht ganz abschaffen sollte, damit erkrankte Kinder per Fernunterricht unterrichtet werden können.

Ein bbu Mitglied versuchte Außenstehenden auf sachliche Weise klarzumachen, welche Probleme ein chemikaliensensibles Kind in der Schule hat. Sie berichtete über ein ihr bekanntes Ehepaar mit einer chemikaliensensiblen Tochter. Doch dann kam es knüppeldick. Nach allen Regeln der Kunst wurde sie regelrecht in die Ecke gemobbt und das Thema zerstückelt. Sie wurde sogar in die Richtung einer gefährlichen Sekte gerückt. Tja, gute alte Taktik wenn man Probleme mit einem Thema in einem Forum hat, was nicht zum eigenen Image passt oder einen Interessenkonflikt darstellt – man unterstellt, bringt spezielle Schlagworte ein und schon ist der Laden dicht. Genau das war hier auch das offensichtliche Ziel. Als das erfahrene bbu Mitglied sich nicht aus der Ruhe bringen ließ, wurde durch eine Vielschreiberin des Forums eine andere Strategie aufgefahren. Sie wurde verletzend:

Zitat:

„Wenn es denn wirklich so krass sein sollte .. wie J,,.. hier schildert … dann stellt sich mir die Frage: Brauchen solche extrem MCS Kranke denn überhaupt eine Schulbildung … wozu ???

Nicht so wirklich ??? Oder ???

Ich meine, ein Beruf z. B. schließt sich unter solchen Umständen doch aus … Wozu das ganze … zum Selbstzweck???“

Dieser Ball wurde dann von einer anderen Vielschreiberin des Forums aufgefangen und gekontert:

Zitat:

Nun, sie gründen Selbsthilfegruppen, wenden sich an Sat1 und ähnliche Sender und müssen die Verträge lesen und verstehen können, klagen gegen Versicherungen und Rentenkasse, obwohl schon alle Anwälte aussteigen. Das geht kaum ohne Schulbildung.“

Zu guter Letzt wurde der ganze Thread und alle anderen Threads des bbu Mitglieds gelöscht und sie wurde aus dem Forum gebannt. Richtig gehört, die Bekannte der Eltern des kranken Mädchens wurde verbannt, nicht die diskriminierenden „Ladie“. Sie dürfen immer noch munter weiterschreiben im betreffenden Forum.

Insgesamt eine traurige, schockierende Angelegenheit, die von der Frauenzeitung sehr unprofessionell gelöst wurde. Jedenfalls waren Chemikaliensensible, die den Dialog in diesem Forum verfolgt hatten, erschüttert und fühlten sich geradezu als „wertlos“ dargestellt.

In mir bohrte daraufhin die Frage, ob es tatsächlich überzogen ist, um Integration oder um eine Lösung für einen kranken jungen Menschen zu bitten. Persönlich bin ich der Meinung, dass eine Gesellschaft immer nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied und man darauf achten sollte.

Doch wie denken andere?

Ich startete eine Google Suche und gab die Begriffe „schools, scent free, 2007“ ein. Es sind nämlich vor allem Duftstoffe (Parfüms, Deos, Weichspüler, etc.) mit denen chemikaliensensible Kinder Probleme haben. Der Grund besteht darin, dass diese aus vielen Hundert verschiedenen zum Teil hochgiftigen Chemikalien bestehen. Ich gab mir 15 Minuten Zeit um herauszufinden, ob es ganz aktuell überhaupt duftstofffreie Schulen gibt oder ob Chemikaliensensible anmaßend sind und sich in etwas völlig Utopisches verrennen, mit ihrem Wunsch nach Integration und duftfreien Schulen.

Interessant, was ich in Sekundenschnelle auf dem Tisch hatte. Da tauchten Schulen aus allen Teilen der USA und Kanada auf dem Monitor auf, die über eine Regelung in ihrer Schulordnung verfügen, dass die jeweilige Schule duftfrei ist. Manche sind zusätzlich „nussfrei“, weil es auch Kinder gibt, die so allergisch auf Nüsse reagieren, dass sie eine Schockreaktion bei geringstem Kontakt erleiden. Nicht einmal Spuren von Nüssen in anderen Nahrungsmitteln dürfen in diese Schulen mitgebracht werden. Das finde ich korrekt, denn es geht um Menschenleben. Genauso strikt ist man mit der Durchsetzung von Duftverboten, weil es immer mehr Kinder und Lehrer gibt, die unter Allergien und schwerer Chemikaliensensitivität (MCS) leiden. Man möchte sie nicht isolieren. Als weiteren ausschlaggebenden Grund für das herrschende Duftverbot an so mancher Schule, wird das Recht auf saubere, chemikalienfreie Luft angeführt, was allen zugute kommt.

Für diejenigen unter Euch, die etwas Englisch können, schicke ich die Fundstücke meiner Schnellsuche gleich mit. Wer mehr Zeit hat, findet weitaus mehr Schulen, die ein Duftverbot aus Rücksichtname auf Allergiker und Chemikaliensensible haben.

Diskriminierung von Umweltkranken wie sie gestern passiert ist, sollte es generell nicht geben und jeder von uns kann mit den entsprechenden Informationen zur Aufklärung beitragen. In Kanada wäre der Fall wahrscheinlich sogar vor der Menschenrechtskommission gelandet.

Und übrigens, weil es zum Thema passt, vor etwa einer Woche erhielt ich eine Mail von einer amerikanischen Mutter mit der ich in Kontakt stehe. Deren Tochter ist ebenfalls chemikaliensensibel. Molly stand kurz davor, die Schule verlassen zu müssen, weil es ihr täglich schlechter ging. Der Schulleiter, die Lehrer, Eltern und Mitschüler hatten Verständnis und Molly bekam Unterstützung. Sogar der Jahresabschlussball war duftfrei und sie konnte teilnehmen. Die Mutter von Molly berichtete, dass sie zu 95% klarkommt und im Gegensatz zu vorher, ihre Noten hervorragend seinen. Sie hat fünf Einser, zwei Zweier und eine Fünf mit heimgebracht. Der Ausrutscher ist ein Fach, was sie partout nicht mag. Was soll’s! Molly ist unter Gleichaltrigen, kommt jetzt gesundheitlich gut klar und die anderen Mitschüler sind stolz auf sie, genau wie ihre Mutter. Nur deren Mut, mit dem Leiter der Schule zu sprechen, und dessen Offenheit und Menschlichkeit ist es zu verdanken, dass ein junger Mensch trotz Handicap seinen Weg macht.

Eine Integration ist also überhaupt nicht schwer und in anderen Ländern wird sie praktiziert. Warum bei uns nicht? Warum werden hierzulande Chemikaliensensible öffentlich angegriffen und diskriminiert, wo eine Umstellung doch allen zugute käme.

Autor: Silvia K. Müller, CSN

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Einige Beispiele für duftstofffreie Schulen und Universitäten:


School – Community RelationsJefferson City Public Schools

Visitors to the Jefferson City Public Schools will often see signs regarding „Fragrance Free“ zones. We also make every attempt to remind patrons of the district about fragrance free through our news releases to the media.

Fragranced products can cause people with some chronic illnesses to suffer additional and extra symptoms and medical expenses. These include asthma, allergies, sinus problems, rhinitis and migraine headaches. Some authorities and victims also believe that neurological conditions such as ADHD, autism, and other behavioral and learning disorders are exacerbated by fragrances. The Jefferson City School District has students, parents and staff with health conditions that are, at times, severely affected by fragrances. In an effort to help these people enjoy their experience with the Jefferson City Public School District, we respectfully request that all patrons that attend any JCPS event, be as fragrance free as possible by not wearing perfume, aftershave, scented lotions, fragranced hair products, and/or similar products. If you have questions about Fragrance Free, please call us.

has always strived to provide both the best curriculum for their students, as well as the best environment for higher learning. As part of the campus initiatives, the college adopted an important policy several years ago to help ensure everyone is comfortable on a variety of levels, including air quality.

A Fragrance Free Campus – North Seattle Community College


Did you know the school advocates for a pollutant/fragrance free environment? That’s right, the school asks that all individuals be sensitive to air quality, which helps support a more healthful learning/teaching environment. This includes perfumes, fragrances and any other air pollutants which could cause people with allergies to be less comfortable. So…were you made aware of this policy when you first arrived on campus? Did your instructor or other faculty make you aware of this when you were orientated to the college? And more importantly…do you do your part to help keep this clean air initiative in place? Keeping the air clean at North Seattle Community College benefits everyone don’t you think?

SCENT FREE SCHOOL Oliver School

Please remember Oliver School is a “ Scent Free“ School

This limitation includes the use of any product with a strong odor including all perfumes and scented preparations. Due to severe allergy concerns, we request the understanding and co-operation of all students and parents in our efforts to provide a safe and healthy environment for all students and staff members.

Meadowbrook Elementary School (a scent-free school)

„Making a Difference Together“

University of Windsor – Scent-free Guidelines

Please consider how fragrance use affects others who may be highly sensitive. The University Windsor’s „Scent-free Guidelines“ may be viewed at …

St. Peter’s Junior High – Weekly Newsletter

1. Allergies . There are some students with serious, life-threatening nut allergies in our building. Please ensure that your son or daughter does not bring any nuts or food containing nut product to school or on the bus. There are also staff members an d students who have scent allergies. We ask that you help keep our school scent free by not wearing perfumes and colognes while in the building. Thank-you for your cooperation in this important matter.

November School Newsletter 2007-2008 – St. Augustine School

January 2008 St. Augustine School Important Safety Reminders:

1. This school is a nut free and scent free school at all times. Thank you for your help in ensuring that all children are safe at school. Thank you for your assistance.

SHERWOOD ELEMENTARY SCHOOL HANDBOOK 2007 – 2008

Food Allergy – Sherwood School & playground areas are totally „peanut/nut free“ Many students at our school are anaphylactic. Please be diligent and check labels. Please do not send any products that contain peanuts/nuts trace amounts of these products. We appreciate and thank you for your cooperation.

Anaphylactic/Life Threatening ConditionsAll students identified with life threatening allergies/conditions must have an emergency treatment plan in place. This plan is coordinated through Public Health and your family physician. MedicationIf a student requires medication to be administered at school a form must be completed by the family physician before this can occur.

Scent Free – Sherwood is designated as scent free. All staff, students and visitors are asked to refrain from wearing scented products.

Diagnose bekannt – medikamentöse Behandlung nicht möglich

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Krankheitssymptome werden im medizinischen Alltag in der Regel mit entsprechenden Medikamenten behandelt. Nahezu alle marktüblichen Medikamente enthalten chemische Inhaltsstoffe. Patienten mit Chemikalien Sensitivität (MCS) und ihre Ärzte werden hierdurch vor ein Problem gestellt, denn diese Patienten leiden aufgrund von Reaktionen auf Spuren bestimmter Chemikalien häufig unter Medikamentenunverträglichkeit. Der behandelnde Arzt steht dem oft hilflos gegenüber, denn selten sind vor einer erstmaligen Einnahme die Unverträglichkeiten bereits bekannt oder das mit gewissen Substanzen verbundene Risiko wird weit unterschätzt.

Unvorhergesehene Nebenwirkungen
Im Praxisalltag fallen Patienten mit Chemikalien Sensitivität häufig durch schwere unerwartete Reaktionen bei Medikamenteneinnahme oder Verabreichung von Anästhetika auf. Um die Problemstellung Medikamentenunverträglichkeit bei Chemikaliensensiblen besser einordnen zu können, führte die Tokio University of Science in ihrer pharmakologischen Forschungsabteilung eine Studie mit dem Titel „Die Probleme von Patienten mit Multipler Chemikalien Sensibilität bei der Einnahme von Medikamenten“ durch.

Diagnose bekannt – medikamentöse Behandlung nicht möglich

205 Personen, die durch einen Arzt Multiple Chemical Sensitivity (MCS T 78.4) diagnostiziert bekommen hatten, nahmen teil. Die Wissenschaftler erfassten, inwieweit MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. Die Ergebnisse der Erhebung zeigten, dass 60% der MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. Die größten Schwierigkeiten hatten Frauen und Personen in der Altersgruppe zwischen 40-59 Jahren, sowie Patienten, die ihre MCS als Folge einer Pestizidexposition oder durch Medikamente entwickelt hatten.

Risiken und Nebenwirkungen zu erwarten

Die Ergebnisse der japanischen Studie zeigten deutlich, dass Lidocain, ein gängiges Betäubungsmittel, bei Patienten mit Chemikalien Sensitivität nahezu nicht anwendbar ist. Weiterhin waren Koffein (oft in Schmerzmitteln enthalten), Aspirin, Chlorphenylamin Maletat, Minocyclin Hydrochlorid, Levofloxacin, etc. für MCS Patienten ungeeignet. Auffallend für die japanischen Wissenschaftler war, dass viele der Patienten, die bestimmte Medikamente nicht tolerieren können, über Allergien in ihrem Werdegang berichteten. Die Pharmakologen schlossen daraus, dass auch Allergien bei den Beschwerden beteiligt sind, die Patienten bei der Einnahme von Medikamenten entwickeln.

Fazit

Aufgrund der Tatsache, dass medikamentöse medizinische Behandlung laut der vorliegenden Studie der University of Tokio für Chemikaliensensible mit erheblichen Risiken verbunden sein kann, ist für einen behandelnden Arzt ohne umfassende Erfahrung mit MCS Patienten, eine Behandlung u. U. riskant. Eine Anfrage bei einer Umweltklinik oder bei einem erfahrenen Umweltmediziner ist ein guter Weg, um die Gefahr von Komplikationen zu reduzieren oder die Prognose für den chemikaliensensiblen Patienten durch geeignete Medikamente oder Betäubungsmittel im Vorfeld einer Operation zu verbessern.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008

Literatur:

Suzuki J; Nikko H; Kaiho F; Yamaguchi K; Wada H; Suzuki M., The problems of multiple-chemical sensitivity patients in using medicinal drugs, Faculty of Pharmaceutical Sciences, Tokyo University of Science, Yamazaki, Noda, Japan, Yakugaku Zasshi 2004 Aug;124(8):561-70