Archiv der Kategorie ‘Medizin‘

Schwedische Behörden verbieten Duftstoffe in Krankenhäusern

antiduftstoffzeichen-ii.jpgNachdem es in den USA und Kanada bereits viele Krankenhäuser, Schulen und Universitäten gibt, die Duftstoffe wie Parfüm, Deo, After Shave, Weichspüler, etc. verbieten, soll nun auch in Schweden Vernunft zum Wohle der Gesundheit eintreten. Insbesondere sollen Personen mit Allergien und Multiple Chemical Sensitivity (MCS) durch ein Duftstoffverbot geschützt werden. Diese Personengruppen erleiden bei minimalem Kontakt bereits leichte bis sehr schwere Symptome, die von Kopfschmerzen, Hautreaktionen, asthmatischen Beschwerden bis zu Schockreaktionen reichen können.

Der Grund des Duftstoffverbotes besteht darin, dass ca. 6% der Bevölkerung Schwedens bereits unter einer Hypersensibilität gegenüber Duftstoffen leidet. Das kommt bisherigen amerikanischen und kanadischen Erhebungen nahe, auch dort leiden immer mehr Menschen unter körperlichen Beschwerden, wenn sie mit Duftstoffen bereits in geringer Konzentration in Kontakt kommen. Dies hat sogar ganze Städte, bspw. Flagstaff oder Calgary, dazu bewogen, den Duftstoffen den Kampf anzusagen. Kein leichtes Unterfangen, denn die Duftstoffindustrie steht sofort Gewehr bei Fuß und versucht mit Gegenkampagnen solche Bestrebungen zu unterbinden.

In der Region Göteborg werden von dem geplanten Duftstoffverbot in Krankenhäusern etwa 50.000 Angestellte betroffen sein, hinzukommen Patienten, die in den medizinischen Einrichtungen Behandlung bekommen. Eine sinnvolle Maßnahme, wenn man bedenkt, dass viele Parfüms aus mehreren Hundert chemischen Einzelsubstanzen bestehen, die kranke Menschen leichter beeinträchtigen und deren Genesung verzögern oder in Frage stellen können.

In Deutschland steht man Duftstoffverboten bisher konträr gegenüber. Außer drei Warnmeldungen des Umweltbundesamtes erfuhren Allergiker und MCS Erkrankte bisher keine Unterstützung. Im Gegenteil, die Zahl der öffentlichen Gebäude und Krankenhäuser, die Duftvernebler installieren, nimmt zu, sehr zum Leidwesen von Menschen, die auf diese Duftstoffchemikalien reagieren.

Die Krankenhausbehörde von Göteborg/Schweden bereitet derzeit einen Maßnahmenkatalog vor, der Duftstoffverboten in den USA nachkommt. Parfüms und andere stark duftende Produkte des persönlichen Bedarfs sollen in Krankenhäusern verboten werden. Insgesamt 49 Gemeinden in der Region Göteborg streben die Einführung eins vollständigen Duftstoffverbotes an, war von der schwedischen Online Zeitung „The Local“ zu erfahren.


Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, März 2008

Umweltkranke: Jetzt glauben sie mir endlich!

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Es ist erschütternd wie sehr Chemikaliensensible und Umweltkranke darunter leiden müssen, wie mit ihnen umgegangen wird. Höhnische Bemerkungen, Belächeln oder direktes Anzweifeln der Existenz ihrer Krankheit, ist für viele Erkrankten der traurige Alltag. Wenn ich mit Umweltkranken am Telefon spreche, berichtet man mir von ungerechter Behandlung, Schikanen und direkter Diskriminierung.

Chemikaliensensible leiden oft sogar mehr darunter, als unter ihren zweifelsfrei vorhandenen Schmerzen und körperlichen Einschränkungen im Alltag. Muss das sein? Tritt jemand einem Gelähmten gegen den Rollstuhl? Oder nimmt jemand einem Blinden den Stock weg? Niemals, wer es wagen würde, den würde die Gesellschaft ächten.

Ich erinnere mich, als sei es gestern gewesen, an einen Abend in meinem damaligen Arbeitskreis Giftgeschädigter in Trier. Ein Ehepaar, das fast jedes Mal extra aus dem Saarland angereist kam, wollte mich beim Rausgehen sprechen. Der Mann war Schreiner gewesen und konnte kaum noch außer Haus körperlich funktionieren. Er reagierte aufgrund seiner Formaldehydsensibilität auf fast alles. „Ich muss Dir etwas sagen Silvia“, sagte er mit fester Stimme, „bei mir haben sie jetzt Krebs festgestellt.“ Ich war wie erschlagen und wusste vor Betroffenheit nicht recht was ich sagen sollte. „Das tut mir furchtbar Leid“, mehr kam nicht aus mir heraus, weil ich die beiden so sehr mochte. „Nein, Silvia, es ist in Ordnung, ich bin froh darüber, denn jetzt müssen sie mir endlich glauben.“

Diese Begebenheit habe ich einige Male an medizinischen Kongressen berichtet, um die Situation von Chemikaliensensiblen zu verdeutlichen. Die Ärzte reagierten erschüttert und brachten kein Wort hervor. Eigentlich kann man dazu kaum noch etwas sagen, so ungeheuerlich ist es, dass ein schwer kranker Mensch in unserer Gesellschaft froh ist, dass er schlussendlich zu allem noch Krebs bekommen hat – damit ihm endlich geglaubt wird.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, März 2008

Umweltmedizin: Immunsystemschäden und deren Therapie bei Chemikaliensensiblen

INTERVIEW – Barbara Fritts sprach mit Prof. Dr. Bertie Griffith / EHC-Dallas

Das Environmental Health Center in Dallas gehört zu den renommiertesten Umweltkliniken weltweit. Die Klinik verfügt als Einzige über Cleanroombedingungen und ermöglicht dadurch, dass dort selbst hypersensible Patienten mit Chemikaliensensitivität diagnostiziert und erfolgreich behandelt werden können. Die Umweltklinik hat bis dato rund 60.000 Patienten geholfen. Das nachfolgende Interview wurde von Barbara Fritts mit dem Immunologen Prof. Dr. Bertie Griffith vom EHC-Dallas geführt, um Chemikaliensensiblen und Umweltpatienten einen Einblick über Schädigungen des Immunsystems und Therapiemöglichkeiten zu geben.

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T und B Zellen: Was sie für den Umweltpatienten bedeuten

Die Funktion von T und B Zellen zu verstehen ist ein Schritt in die Richtung, umweltbedingte Sensitivitäten zu verstehen. „Über 90% der Patienten, die am EHC Dallas gesehen werden, haben gestörte T und B Zellen“ laut Prof. Dr. Bertie Griffiths, EHC-D Immunologe. „Wir schauen nach gestörten Gleichgewichten in den T-Zell Verhältnissen als Marker für Funktionsstörungen des Immunsystems. B-Zellen sind die Zellen, die nach störenden Krankheitsauslösern wie Viren, Bakterien, Schimmelpilzen, Chemikalien, etc. schauen und Antikörper gegenüber diesen Eindringlingen produzieren.
 
T-Zellen, speziell CD4 (Helferzellen genannt) sind aufgerufen, keine Antikörper zu produzieren, sondern „den T-Zellen zu helfen den Eindringling zu erkennen, so dass die B-Zellen mit dem Bilden von Antikörpern fortfahren können  – eine Systemerinnerung eines jeden Eindringlings, und wie mit ihm zu verfahren ist,“ erklärt Prof. Dr. Griffith.
 
Der Körper hat einen eingebauten Stoppmechanismus, um die Erkennung und die Antikörperantwort zu stoppen, wenn die Arbeit getan ist, und das wird von den CD8 (Suppressor) T-Zellen erreicht. Diese Suppressor T-Zellen sagen dem System, dass es an der Zeit ist, ihre Wachsamkeit zu stoppen, weil der Körper jetzt genug Systemerinnerung bezüglich des Eindringlings hat und wie mit ihm zu verfahren ist. Das Verhältnis von CD4 (Helferzellen) und CD8 (Supressorzellen) ist für gewöhnlich nicht in Balance bei Umweltpatienten, sie wieder in Balance zu bringen stellt einen großen Teil der Genesung dar.
 
„Wir wissen wirklich nicht, warum Umweltpatienten eine solche gestörte Anordnung der T- Zellen und ihren Verhältnissen haben,“ bemerkt Prof. Dr. Griffith. Am Wahrscheinlichsten hat es mit dem Entgiftungssystem der jeweiligen Person zu tun, dass entweder überlastet ist mit störenden Eindringlingen aus der Umwelt und/oder nährstoffbedingt zu unterversorgt ist, um vernünftig zu funktionieren, wenn es überlastet ist durch große Mengen von Chemikalien, Schimmelpilze, Medikamente oder auch durch Bio-Chemikalien, die durch extremen Stress oder Trauma produziert werden. Dies führt zu einer Situation, in der der Körper zu überwältigt ist und zu unterversorgt, um vernünftig zu funktionieren. Als Resultat ist dann die korrekte Ausbildung und Produktion der T-Zellen und ihre Fähigkeit zu kommunizieren und korrekt zu funktionieren beeinträchtigt.
 
Wie können Umweltpatienten in dieser Situation beginnen, sich zu erholen? Zuallererst und in erster Linie muss jemand die über Jahre hinweg akkumulierten Gifte entsorgen, die den Körper belasten. Das wird erreicht durch Chemiefreiheit von Nahrung, Wasser und Umfeld. Zweitens, ist es von größer Wichtigkeit, nährstoffbedingte Ungleichgewichte zu erkennen und zu korrigieren, die das Entgiftungssystem davon abgehalten haben, richtig zu funktionieren; der behandelnde Arzt kann Vitamin- und Mineralstoffanalysen erstellen lassen, um die spezifischen Nährstoffbedürfnisse zu ermitteln. Drittens ist es wichtig, die Last der akkumulierten Giftstoffe durch Schwitzen in der Sauna und/oder durch körperliche Betätigung loszuwerden.
 
Als Hilfe, um ein richtig funktionierendes Immunsystem wiederherzustellen, empfiehlt Prof. Dr Griffith einige grundsätzliche Gesundheitsprinzipien, wie oben genannt, einzuhalten und mit der Nahrung hochwertige Proteine zu sich zu nehmen, um die Produktion gesunder, gut geformter T- und B- Zellen anzuregen. Des weiteren werden Antigene genutzt, um die überreaktive und die in Ungleichgewicht befindliche antikörperbasierte Immunantwort zu beruhigen und außerdem ALF (autogener lymphatischer Faktor), ein Immunsystemmodulator, der exklusiv für EHC Patienten hergestellt und bei ihnen angewendet wird, um wieder gesunde und gehorsame T-und B-Zellen herzustellen.  „Der ALF wird aus Ihren eigenen Zellen gewonnen, um die Zellfunktion zu normalisieren“, erklärt Prof. Dr. Grifith
Prof. Dr. Bertie Griffith ist Facharzt für Mikrobiologie/Immunologie am Environmental Health Center – Dallas und Berater für die AEHF.

Übersetzung des Interviews: Silvia K. Müller mit freundlicher Genehmigung des EHC-Dallas

Ausländische Wissenschaftler in der Medizin fragen: „What’s up in Germany“?

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Eine Frage, die immer wieder gestellt wird, wenn man sich mit Ärzten, Wissenschaftlern oder Organisationsleitern aus dem Bereich der Umweltmedizin aus den USA ganz pauschal über Studien zu Chemikaliensensitivität unterhält, lautet: „What’s up in Germany?“ (Was ist los in Deutschland?).

Der Grund: Bei den wissenschaftlichen Studien, die in den vergangenen 10 Jahren über die Erkrankung Chemikaliensensitivität (MCS – Multiple Chemical Sensitivity, WHO ICD-10 T78.4) veröffentlicht wurden, fallen die Deutschen aus dem Rahmen. Leider nicht im positiven Sinne.

Unter dem Teppich türmen sich die Fakten
Während auf internationaler Ebene Wissenschaftler davon ausgehen, dass mindestens 15% der Bevölkerung auf Alltagschemikalien wie z.B. Parfüm, frische Farbe, Autoabgase, Putzmittel im Niedrigdosisbereich reagieren, wird in Deutschland die Meinung künstlich am Leben gehalten, Chemikaliensensitivität sei selten, kaum erforscht, nicht existent, nicht diagnostizierbar und vor allem, dass die Krankheit psychisch bedingt sei. Demzufolge bleiben Erkrankte ohne medizinische Hilfe, erhalten keine Unterstützung, obwohl Ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit in erster Linie von chemikalienfreien Räumlichkeiten und der Akzeptanz und Rücksichtnahme ihres Umfeldes abhängt.

Deutschland hält international Führung für MCS – Psychostudien
Betrachtet man alle seit 1945 veröffentlichten wissenschaftlichen Studien über Chemikaliensensitivität, wird auf einen einzigen Blick klar deutlich, dass die Behauptung, MCS sei eine rein psychisch basierende Erkrankung, nicht gehalten werden kann. Von bisher insgesamt 833 publizierten Studien gingen noch nicht einmal ein Viertel (199 / 24%) von einer psychischen Ursache aus. Von diesen 199 Studien und Veröffentlichungen erschienen alleine 62 in den vergangen acht Jahren, gegenüber 137 in den ganzen 54 Jahren zuvor. Merkwürdig, wo doch die Diagnostik sich in allen Bereichen der Medizin drastisch verbessert hat und Wissenschaftler über Möglichkeiten wie nie zuvor verfügen.

 

Deutschland spitzenmäßig? Eher wohl nicht
Von diesen 62 psycholastigen Studien und Veröffentlichungen in peer review Fachjournalen aus verschiedenen Ländern stammen etwas über 40% (25) aus Deutschland. Nicht schlecht, Herr Specht!

Wundert sich jetzt noch jemand, dass MCS Forschung aus Deutschland im englischsprachigen Raum auf Argwohn stößt und man von ernsthaft forschenden Wissenschaftlern und Medizinern aus den USA gefragt wird: „What’s up in Germany?“

 

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Februar 2008

Literatur: MCS Bibiliographie MCS psychische Ursache Zeitraum 10/99 – 4/2007

Wissenschaftlicher Sachstand zu Multiple Chemical Sensitivity (MCS)

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Während auf internationaler Ebene Wissenschaftler davon ausgehen, dass ca. 15% der Bevölkerung auf Alltagschemikalien wie z.B. Parfüm, frische Farbe, Autoabgase, Putzmittel im Niedrigdosisbereich reagieren, hält in Deutschland seit geraumer Zeit der Tenor an, die Krankheit Chemikaliensensitivität (MCS T 78.4 / WHO) sei selten, kaum erforscht oder nicht existent. Gleichzeitig streitet man sich, ob die Ursache der Erkrankung physisch oder psychisch bedingt sei. Diese Argumente und die sich daraus ergebende Kontroverse werden benutzt, um Erkrankten medizinische Hilfe oder finanzielle Unterstützung zu versagen. Bevor wissenschaftliche Abklärung erfolgt sei und die Ursache gefunden, seien die Hände gebunden. Tatsache ist jedoch, dass 833 wissenschaftliche Studien (peer reviewed) existieren, die Häufigkeit, Auslöser und Auswirkungen de facto darlegen. (1) Auffallend: Bei den aus Deutschland stammenden Studien überwiegt der Anteil, der davon ausgeht, MCS sei eine psychische Erkrankung, gegenüber Studien aus den anderen Ländern. Ein Freudsches Vermächtnis?

MCS Bibliographie 1945 – 2007

Albert Donnay ist maßgeblicher Autor der derzeit in der Wissenschaft am häufigsten gebräuchlichen und mittlerweile validierten Falldefinition, des 1999 veröffentlichten American Consensus. (2) Diese Falldefinition dient zur Diagnostik und Definition der von der WHO mit dem mit international gültigen Krankheitscode T78.4 einklassifizierten Erkrankung MCS – Multiple Chemical Sensitivity. Donnay und seine Organisation MCS Referral & Resources haben die wohl umfangreichste und vollständigste Bibliographie über wissenschaftliche Studien zur Erkrankung MCS zusammengestellt (im Anhang einzeln einzusehen). (3) Als Basis dienten PubMedline und andere Quellen. Über 90% aller gefundenen Artikel sind in Englisch verfasst. Der Rest hauptsächlich in Deutsch und Japanisch, eine kleine Anzahl Publikationen stammt aus Frankreich, Italien, Spanien, Dänemark, Schweden, Russland und Polen.

Physisch, psychisch oder beides?

Donnay aktualisierte und analysierte 2007 seine MCS Bibliographie, die in Unterregistern genau zeigt, wie viele wissenschaftliche Studien bis dato von physischen, psychischen oder gemischten Ursachen für MCS ausgehen. Es flossen in die Analyse alle veröffentlichten Studien von 1945 bis 2007 ein, die ein Peer Review Verfahren durchlaufen haben. Durch dieses bei seriösen Fachzeitschriften übliche Qualitätssicherungs-verfahren wird der wissenschaftliche Gehalt einer Studie durch ein mit Experten besetztes Fachgremium vor Veröffentlichung in der betreffenden Fachzeitschrift geprüft. 

Kein Überwiegen von psychischer Genese bei MCS

Betrachtet man die Analyse von Albert Donnay, wird deutlich, dass die künstlich am Leben gehaltene Behauptung, Chemikaliensensitivität sei eine rein psychisch basierte Erkrankung, nicht durch die seit 1945 veröffentlichten wissenschaftlichen Studien gehalten werden kann. Von bisher insgesamt 833 publizierten Studien gingen noch nicht einmal Viertel (199 / 24%) von einer psychischen Ursache aus. Davon erschienen alleine 62 Studien in den vergangen acht Jahren, gegenüber 137 Studien in den ganzen 54 Jahren zuvor. Zum Nachdenken stimmt, dass ein Großteil davon aus Deutschland stammt.

Wissenschaft belegt physische Genese bei MCS

Seit 1945 wurden 404 Studien über Chemikaliensensitivität veröffentlicht, die von einer körperlichen Ursache ausgehen. Insbesondere in den letzten acht Jahren veröffentlichten Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern 93 Studien, die z. T. sehr interessante Fakten zutage brachten. Insgesamt gesehen gingen 48% aller seit 1945 in Fachzeitschriften veröffentlichten Studien davon aus, dass MCS eine rein körperliche Ursache hat. Das MCS nicht psychisch bedingt ist, ist damit längst belegt.

Analyse MCS Bibliographie 1945 – 2007 *

* Die Analyse schloss alle peer reviewten Artikel ein, die entweder direkt von MCS handeln oder die mehr als eine beiläufige Referenz zu MCS aufweisen. Suchbegriffe schlossen MCS (Singular und Plural) und andere Namen ein, jedoch nur, wenn diese explizit als Synonym stehen (wie „Umweltsensitivitäten“ und der widersprüchliche Begriff „IEI – Idiopathische Umweltintoleranz“). Die Analyse schließt alle Artikel des Journal of Clinical Ecology aus, wegen seiner anerkannten Gunst der Neigung für eine physische Ursache von MCS zu sprechen.

Peer Reviewed Ersten 54 Jahre Letzten 8 Jahre Alle Jahre
Artikel über MCS 1945 – 9/99 10/99 – 4/07 1945 – 4/07
Alle Artikel 595 238 833 = 100%
Untergruppe physische Ursache unterstützend 311 93 404 = 48%
Untergruppe psychiatrische Ursache unterstützend 137 62 199 = 24%
Untergruppe gemischte, oder keine Ursache unterstützend 96 45 141 = 17%
Untergruppe Forschung zu Methoden und/oder Definitionen 37 32 69 = 8%
Nicht klassifiziert 14 6 20 = 3%

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008

Literatur:

  1. Analyse MCS Bibiliography, Persönliche Korrespondenz Albert Donnay an Silvia K. Müller, 24.05.2007
  2. Nethercott JR, Davidoff LL, Curbow B, Abbey H., Multiple chemical sensitivities syndrome: toward a working case definition, Arch Environ Health. 1993 Jan-Feb;48(1):19-26.
  3. MCS Referral & Resources, Bibliographie über wissenschaftliche Studien zu Multiple Chemical Sensitivity, www.mcsrr.org, 2007

Anhang:

MCS Bibliographie 1945 – 2007

Zum Einsehen die Bibliographien anklicken

Diagnosekriterien Chemikaliensensitivität (MCS) American Consensus 1999

  1. Die Symptome sind durch (wiederholte chemische) Exposition reproduzierbar
  2. Der Zustand ist chronisch
  3. Minimale Expositionen (niedriger als vorher oder allgemein toleriert) resultieren in Manifestationen des Syndroms
  4. Die Symptome verbessern sich, oder verschwinden, wenn der Auslöser entfernt ist
  5. Reaktionen entstehen auch gegenüber vielen chemisch nicht verwandten Substanzen
  6. Die Symptome betreffen mehrere Organsysteme
  7. Asthma, Allergien, Migräne, Chronic Fatigue Syndrome (CFS) und Fibromyalgie stellen keine Ausschlussdiagnose für MCS dar

Vorsicht: Duftstoffallergie durch Patchtest ausgelöst

Patchtest für Allergien Die Tendenz zu Allergien in der Bevölkerung ist steigend. Einer allergischen Reaktion muss eine Sensibilisierung vorangehen, die durch Kontakt eintritt. Zur Ursachenfindung setzen Allergologen standardmäßig Epikutantests, so genannte Patchtests, ein. Die dermatologische und allergologische Abt. des St John’s Institute of Dermatology und des St. Thomas‘ Hospital in London fand nun heraus, dass der in der Basistestserie für Kontaktallergene enthaltene Duftstoffmix I manche Patienten sensibili-siert. Patchtests auf Duftstoffe sind somit nicht mehr länger als unbedenklich zu bezeichnen, denn wurde eine Sensibilisierung erst einmal erworben, bleibt sie in der Regel ein Leben lang bestehen.

Kontaktallergien sind häufig
In Deutschland leiden ca. 15-20% der Bevölkerung unter mindestens einer Kontaktallergie. Eine solche Allergie entwickelt sich in der Regel erst im Verlauf von Jahren und ist daher, im Gegensatz zu Erwachsenen, bei Kindern unter zehn Jahren nur selten anzutreffen. In Ausnahmefällen ist eine Sensibilisierung jedoch auch innerhalb von sieben bis zehn Tagen möglich.
Duftstoffe sind nach Nickel die häufigsten Auslöser für Allergien. Es gibt etwa eine halbe Million Duftstoffallergiker in Deutschland. Im Kosmetik- und Waschmittelbereich sind kaum noch Produkte ohne Duftstoffe zu finden.

Kann der Duftstoffmix I eine aktive Sensibilisierung bewirken?
Aktive Sensibilisierung durch Epikutantests ist ein seltenes Phänomen, denn wenn eine Sensibilisierung tatsächlich eintritt, kann dies für diejenigen, die sich diesem Goldstandard zur Untersuchung von Kontaktallergien unterziehen, unerwünschte Konsequenzen nach sich ziehen. Ob dies auf die üblich getesteten Kontaktallergene eintreten kann, wurde in London im St John’s Institute of Dermatology und im St. Thomas Hospital untersucht.

Das Ziel der Studie bestand darin, durch eine retrospektive Analyse herauszufinden, ob eine solche Sensibilisierung als Folge einer normalen Patchtest – Standartaustestung, wie sie bei Allergologen täglich durchgeführt wird, stattfinden kann. Hierzu wurden die Resultate von 241 Personen vorgenommen, die zweimal einem Epikutantest unterzogen wurden. Die Patientengruppe stammte aus einer englischen Einrichtung, in der jährlich etwa 1500 Personen untersucht werden. Es wurden folgende elf verbreitete Allergene aus der empfohlenen (europäischen) Basis-Serie für Kontaktallergene auf eine positive Reaktion bei den Patienten geprüft: Nickelsulfat, Perubalsam, Duftstoffmix I, Paraphenylendiamin, Kolophonium, Epoxidharz, Neomycin, Hexamethylentetramin, Thiurammix, Sequiterpen/Lakton-Mix, para-tert.-Butylphenolharz.

Allergietest „Duftstoffmix I“ sensibilisiert Patienten
Die Londoner Wissenschaftler stellten fest, dass nur der Duftstoffmix I eine statistisch signifikante erhöhte Rate von positiven Ergebnissen bei der zweiten Ablesung im Vergleich zur Ersten (P=0.011) ergab. Dieser Trend blieb bestehen, als separat eine Untergruppe von 42 Personen ausgewertet wurde, die innerhalb eines Jahres wiederholt getestet worden war. Diese erweiterte Analyse wurde durchgeführt, um den potentiellen störenden Einfluss durch eine erhöhte Anwendung von Duftstoffen bei dem großen Zwischenraum zwischen den Tests zu minimieren. Um den störenden Einfluss des Alters auf die Daten zu reduzieren, berechneten die Mediziner der beiden englischen Kliniken die zu erwartenden Häufigkeiten von positiven Ergebnissen mit dem Duftstoffmix I aufgrund früher publizierter Daten ihrer Einrichtung. Dabei zeigte sich ein deutlicher Überschuss von beobachteten Fällen im Vergleich zu den berechneten Zahlen, insbesondere bei Frauen im Alter von 40-60 Jahren.

Fazit
In ihrem Studienergebnis teilten die Wissenschaftler des St John’s Institute of Dermatology und des St. Thomas‘ Hospital in London mit, dass sie befürchten, dass tatsächlich eine aktive Sensibilisierung gegenüber dem Duftstoffmix I eintreten kann. Eine ähnliche Analyse von einer anderen großen Gruppe mit der besagten Standardmethodologie hätte die von ihren ermittelten Daten noch zusätzlich unterstützt. So genannte Patchtests sind demnach zwar sinnvolle Testverfahren zur Ermittlung von  herkömmlichen Kontaktallergien, aber bei der Ermittlung einer Duftstoffallergie sollte zukünftig auf das durch den Test entstehende Risiko einer Sensibilisierung hingewiesen werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Jan. 2008

Literatur:
White JM, McFadden JP, White IR., A review of 241 subjects who were patch tested twice: could fragrance mix I cause active sensitization? Department of Cutaneous Allergy, St John’s Institute of Dermatology, St Thomas‘ Hospital, Br J Dermatol. 2008 Jan 17

Umweltmedizin: Chemical Sensitivity (MCS) durch Farbstoffe in Bonbons

kind-mit-maske.jpg Nahrungsmittel ohne Farbstoffe sind in unserer heutigen Gesellschaft nahezu undenkbar. Bonbons sieht man ihren Farbstoffgehalt an, doch sie werden ganz selbstverständlich auch Wurst, genauso wie Medikamenten, oder Butter zugesetzt. Künstliche Farbstoffe gehören zu den zehn häufigsten Nahrungsmittelallergenen (1). Künstliche wie auch natürliche Farbstoffe können Asthma, Allergien, Hyperaktivität, sogar Anaphylaxis, und schwere Langzeitfolgen verursachen. Der Zusammenhang zwischen Farbstoffen und Allergien gilt als lange bekannt, ist jedoch allgemein unterdiagnostiziert (2,3). Provokationstests sind Pricktests diagnostisch überlegen (3,4,7). Bei Allergien auf Farbstoffe ist Meidung die einzig wirksame Therapie.

Japanische Wissenschaftler der Universität von Yokohama dokumentierten den Fall eines fünfjährigen Mädchens, bei dem eine schwere Chemikalien- sensitivität (MCS) und eine Medikamenten- unverträglichkeit attestiert wurde, welche durch Süßigkeiten, die mit Azofarbstoffen gefärbt waren, ausgelöst wurde (2). Das Kind musste aufgrund der MCS im weiteren Verlauf die Schule wechseln.

Farbstoffe in Nahrungsmitteln
„Das Auge isst mit“, nehmen Hersteller von Nahrungsmittel zum Anlass, um Nahrungsmittel durch Farbgebung ansehnlicher und oft auch frischer aussehen zu lassen. Die meisten Farbstoffe dienen ausschließlich der Optik. Bonbons ohne Farbe beispielsweise werden kaum verzehrt, sie gelten als langweilig und nicht ansprechend. Andere Farbstoffe werden zugesetzt, um Farbschwankungen von Nahrungsmitteln auszugleichen, die durch unterschiedliche Erntezeit bedingt sind. Ungefähr 40 Lebensmittelfarbstoffe, gewonnen aus tausenden von chemischen und natürlichen Verbindungen, sind zugelassen, sie schließen die Farbpalette fast lückenlos. Zu ihnen gehören sogar Metalle wie Aluminium, Silber und Gold, die zum Einsatz kommen, wenn nur die Oberfläche eingefärbt werden soll. Am stärksten verbreitet sind rote, gelbe, orange und schwarze Farbtöne. Blau findet sich wegen seines „Chemiecharakters“, außer bei Süßigkeiten, eher selten.

Sind Farbstoffe in Nahrungsmitteln unbedenklich?
In Nahrungs- und Genussmitteln werden natürliche, künstliche und naturidentische Farbstoffe eingesetzt. Die wenigsten Farbstoffe sind jedoch pflanzlichen Ursprungs, meistens stammen sie aus dem Chemielabor und sind synthetische Nachbildungen von in der Natur vorkommenden Substanzen oder gänzlich chemische Kreationen. Chemische Farbstoffe haben keinen guten Ruf, da sie als Allergieauslöser bekannt sind und sogar Krebs auslösen können. Den schlechtesten Ruf besitzen Azofarbstoffe, die in Nahrungsmitteln, Kosmetika und Medikamenten eingesetzt werden. Sie wurden ursprünglich aus Teer hergestellt, später dann auf Erdöl- oder Erdgasbasis und gelten als die gesundheitsschädlichste Farbstoffgruppe. Ihr Vorteil ist, dass sie hitze- und lichtunempfindlich sind, meist säurestabil und zudem sehr viel preisgünstiger als natürliche bzw. naturidentische Farbstoffe. Der gelbe Azofarbstoff Tatrazin gilt als besonders bedenklich (6, 8, 9, 17,18) wie das nachfolgende Fallbeispiel veranschaulicht. Gefährdet sind vor allem Menschen, bei denen eine Aspirinunverträglichkeit vorliegt (3,17,18).

Farbstoffe können, wie bestimmte Nahrungsmittel, versteckte Ursache für viele Beschwerden sein. Sie sind als Auslöser für Asthma, Hautreaktionen, Schwellungen, Kopfschmerzen, Hyperaktivität, ADHD, Bettnässen, Ohrenentzündung und in schweren Fällen sogar Anaphylaxis bekannt (4,7,9,10,12,17,18). Nur ein Provokationstest bringt letztendlich objektive Bestätigung (3,5,6,7,9,10). Pricktests zeigen oft keine verlässlichen Resultate.

Fallbeispiel: Azofarben – Auslöser von Chemikaliensensitivität (MCS) und schwerer Medikamentenunverträglichkeit
Welche tragischen nachhaltigen Konsequenzen bereits geringe Mengen von Farbstoffen haben, wurde  durch einen Fallbericht über ein kleines japanisches Mädchen deutlich, das durch Genuss von bunten Bonbons eine Multiple Chemical Sensitivity und Medikamentenunverträglichkeiten entwickelte. In der allergologischen Abteilung der Yokohama Universität wurde der Fall genauestens untersucht und dokumentiert (3).

Das fünfjährige Mädchen litt unter schweren wiederkehrenden Reaktionen, begleitet von Urticaria (Nesselsucht), Quincke Ödem, Atemnot, Kopfschmerzen, Verlust des Bewusstseins und Bauchschmerzen, die nicht zu bekämpfen waren. Die Beschwerden verschlimmerten sich durch verschiedene Behandlungen mit Antihistaminika und intravenös verabreichten Corticosteroiden. Der Zustand des Mädchens verschlechterte sich so weit, dass es in die Notaufnahme des Krankenhauses eingewiesen werden musste. Dort besserten sich die Symptome, bis auf Schwellungen und leichtes Fieber. Die Ärzte der Klinik ordneten daraufhin Kontrolle und Beobachtung der Ernährung zuhause an.

Das Führen eines Ernährungstagebuches deckte letztendlich auf, dass die Symptome jeweils nach dem Essen von farbigen Süßigkeiten wie Bonbons und Jellybeans (knallig bunte Zuckerdragees) auftraten. Die Ärzte der University of Yokohama brachten die Reaktionen des Mädchens daraufhin mit Azofarben in den Süßigkeiten in Zusammenhang. Die Mutter erinnerte sich, dass der erste schwere Vorfall erstmalig unmittelbar nach dem Essen von roten Bonbons (sie enthielten Tatrazin und Brillantblau) aufgetreten war.
Es wurden deshalb offene Provokationstests (mit Einwilligung der Eltern) mit Nahrungsmittelzusatzstoffen und entzündungs-hemmenden Medikamenten (NSAIDs) nach Elimination der Süßigkeiten durchgeführt. Die Tests brachten den Nachweis, dass sie auf Azofarbstoffe, Aspirin, Benzoesäure, Acetaminophen und Anästhetika reagiert. Ein Pricktest mit diesen Substanzen brachte kein Ergebnis.

Nachdem Azofarben in der Ernährung des Kindes vermieden wurden, traten die Schwellungen und das leichte Fieber nur noch sehr selten auf. Das Mädchen litt jedoch häufig unter Ausschlag, Schwindel, Kopfschmerzen, Erschöpfung, Engegefühl auf der Brust und Übelkeit, obwohl vermutete Auslöser weggelassen wurden. Die Ärzte stellten fest, dass sie mit diesen Symptomen nun auf viele chemische Gerüche wie Zigarettenrauch, Desinfektionsmittel, Ethanol, Weichspüler und Waschmittel, Lösemittel, Reinigungsmittel, Parfüm und Haarpflegemittel reagierte. Sie bekam die Diagnose schwere Multiple Chemical Sensitivity (MCS), ausgelöst durch Azofarbstoffe. Zur Stabilisierung wurden ihr Vitamine und Glutathion verabreicht. Die Aktivitäten des Mädchens wurden durch die MCS im Alltag in öffentlichen Bereichen sehr stark eingeschränkt. Weil sie Symptome in einigen Räumlichkeiten der Klinik bekam, stellten die Ärzte dort vor ihren Besuchen einen Luftfilter im Raum auf. Auch in der Schule bekam das Mädchen Beschwerden durch Schulmaterialien und Reinigungsmittel. Als die Schule den Eltern verweigerte, einen Luftfilter in der Klasse aufstellen zu dürfen, musste das Mädchen die Schule wechseln. Am Ende zogen die Eltern mit ihrem Kind aufs Land, wo es eine alte Schule besuchen konnte, in der sie symptomfrei am Unterricht teilnehmen konnte.

Autor: Silvia K. Müller, CSN, Januar, 2008

Literatur:

  1. Speer F., Food allergy: the 10 common offenders. Am Fam Physician. 1976 Feb;13(2):106-12
  2. Wilson BG, Bahna SL., Adverse reactions to food additives, Allergy and Immunology Section, Louisiana State University Health Sciences Center, Ann Allergy Asthma Immunol. 2005 Dec;95(6):499-507
  3. Naoko Inomata, Hiroyuki Osuna, Hiroyuki Fujita, Toru Ogawa and Zenro Ikezawa, Multiple chemical sensitivities following intolerance to azo dye in sweets in a 5-year-old girl. Allergology International 2006;55(2):203-205
  4. Wilson BG, Bahna SL., Adverse reactions to food additives, Allergy and Immunology Section, Louisiana State University Health Sciences Center, Ann Allergy Asthma Immunol. 2005 Dec;95(6):499-507
  5. Huijbers GB, Colen AA, Jansen JJ, Kardinaal AF, Vlieg-Boerstra BJ, Martens BP, Masking foods for food challenge: practical aspects of masking foods for a double-blind, placebo-controlled food challenge.Department of Human Nutrition, TNO Nutrition and Food Research Institute, Zeist, The Netherlands. J Am Diet Assoc. 1994 Jun;94(6):645-9
  6. Orchard DC, Varigos GA. Fixed drug eruption to tartrazine, Dermatology Department, Royal Children’s Hospital, Melbourne, Victoria, Australia. Australias J Dermatol. 1997 Nov;38(4):212
  7. Boris M, Mandel FS., Foods and additives are common causes of the attention deficit hyperactive disorder in children. Ann Allergy. 1994 May;72(5):462-8
  8. Thuvander A., Hypersensitivity to Azo coloring agents. Tartrazine in food may cause rash and asthma, Lakartidningen. 1995 Jan 25;92(4):296-8.
  9. Mikkelsen H, Larsen JC, Tarding F., Hypersensitivity reactions to food colours with special reference to the natural colour annatto extract (butter colour), Arch Toxicol Suppl. 1978;(1):141-3.
  10. Zenaidi M, Pauliat S, Chaliier P, Fratta A, Girardet JP., Allergy to food colouring. A prospective study in ten children, Tunis Med. 2005 Jul;83(7):414-8
  11. Nish WA, Whisman BA, Goetz DW, Ramirez DA., Anaphylaxis to annatto dye: a case report.Department of Medicine, Wilford Hall USAF Medical Center, Lackland AFB, Texas, Ann Allergy. 1991 Feb;66(2):129-31
  12. DiCello MC, Myc A, Baker JR Jr, Baldwin JL, Anaphylaxis after ingestion of carmine colored foods: two case reports and a review of the literature, Department of Internal Medicine, University of Michigan Medical Center, Allergy Asthma Proc. 1999 Nov-Dec;20(6):377-8
  13. Lucas CD, Hallagan JB, Taylor SL. The role of natural color additives in food allergy. International Association of Color Manufacturers, USA. Adv Food Nutr Res. 2001;43:195-216.
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  18. John Emsley, Was it something you ate? Oxford University Press, 2005

Umweltmedizin: PET Scan zeigt, dass die Geruchsverarbeitung bei Chemical Sensitivity (MCS) gestört ist

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Seit 1945 sind Wissenschaftler auf der Suche nach Ursachen und Mechanismen von Chemikaliensensitivität (MCS – Multiple Chemical Sensitivity), einer Erkrankung, bei der Menschen auf geringste Spuren von Alltagschemikalien wie Parfum, Weichspüler, Benzin, frischer Farbe, etc. mit leichten bis schweren, meist neurologischen Symptomen reagieren. Besonders in den letzten zehn Jahren wurden weltweit wissenschaftliche Studien publiziert, die keinen Zweifel mehr daran lassen, dass Chemikaliensensitivität existiert, häufig auftritt und in erster Linie körperliche Ursachen hat. Nur über den zugrundeliegenden Mechanismus rätselt man noch. Ein Wissenschaftlerteam des renommierten Karolinska Institutes, Abt. Arbeitsmedizin, stellte Auffälligkeiten im Gehirn von MCS Patienten nach Einatmen von Gerüchen fest, die bei der Kontrollgruppe nicht vorhanden waren.

Fortschritte in der Diagnostik
Neue Entwicklungen in der Diagnostik haben bei vielen bisher schwer verständlichen Krankheiten Licht ins Dunkel gebracht. Dies dient dem Arzt und dem Patienten, denn es führt oft auch zu besserer Behandelbarkeit. Insbesondere im Bereich der Radiologie hat man mächtige Fortschritte erzielt, was bspw. bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, ALS oder MS erstmals mehr Verständnis brachte. Auch bei chemikalienbedingten Schädigungen versuchen Wissenschaftler, Nachweis der Schädigungen und Störungen im Gehirn durch bildgebende Verfahren wie SPECT und PET zu erbringen, um letztendlich Wissen über zugrundeliegende Mechanismen zu erlangen. Die schon seit längerer Zeit eingesetzten SPECT Scans zeigen dem Mediziner, in wieweit die Durchblutung des Gehirns gestört ist. Beim neueren PET Scans hingegen wird ermittelt, ob der Glukosestoffwechsel beeinträchtigt ist, was noch weiter reichende, nämlich bleibende Auswirkungen hat.

Körperliche Beschwerden nach Chemikalienexposition
Schwedische Mediziner stellten bei einer Doppelblindstudie Auffälligkeiten mittels PET Scan bei MCS Patienten fest, die verschiedene Gerüche einatmen mussten. Als Ausgangspunkt für ihre Studie definierten die Wissenschaftler des Karolinska Instituts Chemikaliensensitivität (MCS) als Charakterisierung somatischer Beschwerden nach Exposition gegenüber Gerüchen, durch einen noch unbekannten Mechanismus. Für die Studie wurden bei 12 weiblichen MCS Patienten und 12 Kontrollpersonen PET Scans (Positronen Emissions Tomographie) nach vorheriger Provokation gegenüber verschiedenen Gerüchen durchgeführt. Im Rahmen der Studie wurde ergänzend die Atemfrequenz gemessen und ein EKG durchgeführt.

Gehirn von MCS Kranken verarbeitet anders
Die Wissenschaftler stellten fest, dass Gerüche im Gehirn von MCS Patienten anders verarbeitet werden als bei normalen Personen. Das Gehirn der Chemikaliensensiblen war in den Regionen, in denen die Gerüche verarbeitet werden, nach Exposition weniger stark aktiviert als bei Kontrollpersonen, abgesehen von den berichteten und physiologisch indizierten Leiden. Gleichzeitig zeigte sich bei der Patientengruppe jedoch eine durch Geruch ausgelöste Aktivierung des vorderen gürtelförmigen Cortex und des Cuneus-Precuneus. Diese abnormalen Muster wurden nur bei Aktivierung durch Gerüche beobachtet. Die Wissenschaftler vermuten daher als Erklärung für ihre Beobachtung, dass hier als Reaktion auf Gerüche eine Umkehrreaktion der Geruchsverarbeitung über den gürtelförmigen Cortex stattfindet.

Ein weiterer Baustein zum besseren Verständnis von MCS
Diese Karolinska Studie ist ein weiterer Baustein in einer langen Reihe internationaler Studien, die zeigen, dass Chemikaliensensible im Gegensatz zu Normalpersonen auf bestimmte Gerüche körperliche Reaktionen entwickeln. In diesem Fall wurde belegt, dass das Gehirn von MCS Patienten Gerüche anders verarbeitet als Normalpersonen und bestimmte Areale durch Einatmen von Gerüchen aktiviert, bzw. deaktiviert werden. Dies lässt auch vordergründig auftretende neurologische Reaktionen bei erkrankten Personen verständlich werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008

Literatur: Hillert L, Musabasic V, Berglund H, Ciumas C, Savic I. Odor processing in multiple chemical sensitivity. Department of Public Health Sciences, Division of Occupational Medicine, Karolinska Institutet, Stockholm, Sweden, Human brain mapping, 2007, Mar;28(3):172-82

Umweltmedizin: Patienten mit Chemical Sensitivity (MCS) reagieren auf Chemikalien weit unterhalb von Richtwerten

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Während Chemikaliensensitivität (MCS) vor Jahrzehnten eine Krankheit war, die kaum jemand kannte, gibt es mittlerweile immer mehr Menschen, die darunter leiden. Man geht von ca. 15% der Bevölkerung aus, die auf Alltagschemikalien reagieren, die auf die Allgemeinbevölkerung keinen nennenswerten Einfluss haben. Japanische Wissenschaftler halten unsere nahezu luftdichte Bauweise für einen der Hauptgründe für den Anstieg von MCS. Die Vermeidung von Auslösern gilt bisher als die wirkungsvollste Therapie.

Erkenntnis Basis für eine Studie
Ein japanisches Wissenschaftlerteam der Universität Tokio erkannte Multiple Chemical Sensitivity (MCS) als ernstzunehmendes Problem an, dass als Resultat unserer modernen nahezu luftdichten Gebäudekonstruktionen zunehmend eingetreten ist. Hieraus ergab sich für das Forscherteam die Aufgabestellung für eine Studie. Man setzte sich zum Ziel, verantwortliche Chemikalien und ihre Wirkschwelle bei Patienten mit Hypersensibilitätsreaktionen zu identifizieren. Hierzu maßen die Japaner Expositionen gegenüber Carbonyl- und Lösemittelverbindungen bei 15 MCS Patienten und gleichzeitig bei einer Kontrollgruppe. Diese beiden Schadstoffgruppen sollten bei der Patientengruppe, im Gegensatz zur Kontrollgruppe, möglicherweise Reaktionen hervorrufen.

Identifizierung von Auslösern
Um herauszufinden, ob MCS Patienten tatsächlich auf besagte Auslöser reagieren, wurde ein neues Messverfahren eingesetzt, eine Aktiv-Passivsammlermethode. Durch diese Methoden hoffte das Wissenschaftlerteam zu belegen, ob Patienten auf die als verantwortlich bezeichneten Chemikalien reagieren oder nicht.

Studie zeigt klares Resultat
Das Team der Universität Tokiostellte fest, dass Chemikalien bei MCS Patienten Hypersensibilitätsreaktionen auslösen und diese von Patient zu Patient variieren. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass die Konzentrationsschwelle der Chemikalien, die Hypersensibilitätsreaktionen bei einigen MCS Patienten auslösten, weit unterhalb der Richtlinien für Innenraumluft der WHO und zuständigen Japanischen Behörde lag. Dies bedeutet, dass MCS Patienten tatsächlich, wie immer wieder von dieser Patientengruppe berichtet, auf minimale Konzentrationen bestimmter Chemikalien reagieren und Richtwerte kein Schutz für sie darstellen.

MCS Patienten vermeiden Chemikalien, um Reaktionen zu verhindern
Der durchschnittliche Expositionswert während der siebentägigen Untersuchungsphase, war bei MCS Patienten niedriger als bei der Kontrollgruppe ohne MCS. Einige wenige Patienten bildeten eine Ausnahme, da sie auf ihrem Arbeitsplatz noch Chemikalien ausgesetzt waren. Die Wissenschaftler der Universität Tokio deuteten dieses Ergebnis im Rahmen der Studie so, dass MCS Patienten versuchen, von Expositionen gegenüber Chemikalienverbindungen fernzubleiben, die bei ihnen Symptome auslösen. MCS Patienten betreiben also von sich aus genau das, was Umweltmediziner ihren Patienten als Therapie Nummer 1 vorschlagen: Expositionsvermeidung.

Autor: Silvia K. Müller, CSN, Jan. 2008

Literatur: Shinohara N, Mizukoshi A, Yanagisawa Y., Identification of responsible volatile chemicals that induce hypersensitive reactions to multiple chemical sensitivity patients, Institute of Environmental Studies, The University of Tokyo, 1: J Expo Anal Environ Epidemiol. 2004 Jan; 14(1):84-91.

Diagnose bekannt – medikamentöse Behandlung nicht möglich

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Krankheitssymptome werden im medizinischen Alltag in der Regel mit entsprechenden Medikamenten behandelt. Nahezu alle marktüblichen Medikamente enthalten chemische Inhaltsstoffe. Patienten mit Chemikalien Sensitivität (MCS) und ihre Ärzte werden hierdurch vor ein Problem gestellt, denn diese Patienten leiden aufgrund von Reaktionen auf Spuren bestimmter Chemikalien häufig unter Medikamentenunverträglichkeit. Der behandelnde Arzt steht dem oft hilflos gegenüber, denn selten sind vor einer erstmaligen Einnahme die Unverträglichkeiten bereits bekannt oder das mit gewissen Substanzen verbundene Risiko wird weit unterschätzt.

Unvorhergesehene Nebenwirkungen
Im Praxisalltag fallen Patienten mit Chemikalien Sensitivität häufig durch schwere unerwartete Reaktionen bei Medikamenteneinnahme oder Verabreichung von Anästhetika auf. Um die Problemstellung Medikamentenunverträglichkeit bei Chemikaliensensiblen besser einordnen zu können, führte die Tokio University of Science in ihrer pharmakologischen Forschungsabteilung eine Studie mit dem Titel „Die Probleme von Patienten mit Multipler Chemikalien Sensibilität bei der Einnahme von Medikamenten“ durch.

Diagnose bekannt – medikamentöse Behandlung nicht möglich

205 Personen, die durch einen Arzt Multiple Chemical Sensitivity (MCS T 78.4) diagnostiziert bekommen hatten, nahmen teil. Die Wissenschaftler erfassten, inwieweit MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. Die Ergebnisse der Erhebung zeigten, dass 60% der MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. Die größten Schwierigkeiten hatten Frauen und Personen in der Altersgruppe zwischen 40-59 Jahren, sowie Patienten, die ihre MCS als Folge einer Pestizidexposition oder durch Medikamente entwickelt hatten.

Risiken und Nebenwirkungen zu erwarten

Die Ergebnisse der japanischen Studie zeigten deutlich, dass Lidocain, ein gängiges Betäubungsmittel, bei Patienten mit Chemikalien Sensitivität nahezu nicht anwendbar ist. Weiterhin waren Koffein (oft in Schmerzmitteln enthalten), Aspirin, Chlorphenylamin Maletat, Minocyclin Hydrochlorid, Levofloxacin, etc. für MCS Patienten ungeeignet. Auffallend für die japanischen Wissenschaftler war, dass viele der Patienten, die bestimmte Medikamente nicht tolerieren können, über Allergien in ihrem Werdegang berichteten. Die Pharmakologen schlossen daraus, dass auch Allergien bei den Beschwerden beteiligt sind, die Patienten bei der Einnahme von Medikamenten entwickeln.

Fazit

Aufgrund der Tatsache, dass medikamentöse medizinische Behandlung laut der vorliegenden Studie der University of Tokio für Chemikaliensensible mit erheblichen Risiken verbunden sein kann, ist für einen behandelnden Arzt ohne umfassende Erfahrung mit MCS Patienten, eine Behandlung u. U. riskant. Eine Anfrage bei einer Umweltklinik oder bei einem erfahrenen Umweltmediziner ist ein guter Weg, um die Gefahr von Komplikationen zu reduzieren oder die Prognose für den chemikaliensensiblen Patienten durch geeignete Medikamente oder Betäubungsmittel im Vorfeld einer Operation zu verbessern.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008

Literatur:

Suzuki J; Nikko H; Kaiho F; Yamaguchi K; Wada H; Suzuki M., The problems of multiple-chemical sensitivity patients in using medicinal drugs, Faculty of Pharmaceutical Sciences, Tokyo University of Science, Yamazaki, Noda, Japan, Yakugaku Zasshi 2004 Aug;124(8):561-70