MCS Schutzengel Helene: Strategien zur Alltagsbewältigung
Meine Schützlinge berichten immer wieder, dass sie sich einsam fühlen und sie unter dem eintönigen Tagesablauf leiden. Diese Schwierigkeiten holen uns MCS-Kranke allesamt früher oder später ein, traurig aber wahr. Ich will ein wenig erzählen, wie ich mit dem Problem umgehe.
Da auch ich von unfreiwilligem sozialem Rückzug betroffen bin, versuche ich täglich gegen den monotonen Alltag anzukämpfen und arbeite dabei mit kleinen Tricks. Erschwerend kommt hinzu, dass auch ich, wie alle MCS-Patienten, mit den übrig gebliebenen „Kräften“ geschickt haushalten muss. Es gibt viele Tage, da kann ich körperlich nichts oder fast nichts tun. Um aber nicht in Trübseeligkeit und depressive Stimmung zu verfallen, versuche ich an solchen Tagen z. B. im Forum aktiver zu sein. Meist überlege ich mir, was wir noch tun können, damit MCS endlich so richtig anerkannt wird, wie wir es verdient haben. Zwischendurch telefoniere ich mit meinen lieb gewonnenen Telefonfreundinnen, die ich durch das Schutzengelprojekt kennen gelernt habe. Wir MCS-Betroffenen brauchen uns untereinander nicht großartig zu erklären, jeder weiß Bescheid, wenn man sagt, heute geht es mir besonders schlecht. Ja, durch das Betreuen von Schützlingen, sind einige liebe Kontakte zustande gekommen. Nur einmal so am Rande, das wäre für Euch bestimmt auch eine Möglichkeit…
Das Schutzengelsein ist gar nicht so aufwändig oder schwierig wie Ihr vielleicht meint. Wenn eine Anfrage kommt, man aber selbst nicht dazu in der Lage ist, auf Grund eigener schweren Symptomen oder aus anderen Gründen, ist kein Problem, ein anderer Schutzengel übernimmt dann gerne. Es ist also keine lästige Verpflichtung oder dergleichen. Manch einer von Euch denkt vielleicht, ich wäre auch gerne ein Schutzengel, aber mir geht´s selbst so schlecht. Außerdem mit meinen augenblicklichen Problemen bei meinen Sozialverfahren und durch meinen schlechten Gesundheitszustand, ich glaub, das ist jetzt nichts für mich, vielleicht später einmal! Aber glaubt mir, wenn alle so denken würden, gäbe es das Schutzengelprojekt nicht, denn bei uns Schutzengeln sieht es nicht besser aus. Aber das jetzt nur einmal so am Rande. Ich wollte Euch ja erzählen, was ich alles versuche, um den Tag so facettenreich zu gestalten wie nur möglich.
Viele Möglichkeiten habe auch ich nicht, aber ich versuche das Beste aus meiner Situation zu machen. Die leider nie endende Hausarbeit versuche ich in kleinen Etappen zu packen, unterstützt von flotter Musik, ich liebe Musik, und dann klappt es viel besser. Dann versuche ich, mich selbst zu überlisten. Z. B. erst ein wenig Hausarbeit und danach gönne ich mir dann eine Verschnaufpause am PC. Denn durch den PC erlebe ich etwas Abwechslung, die ich gerne in Anspruch nehme. Also, ich versuche es so anzugehen, dass ich mir das, was ich gerne mache, mir erst verdienen muss. So nach dem Motto: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Ihr könnt das genauso machen. Z. B. erst etwas erledigen und dann mit netten Leuten telefonieren, erst die Spülmaschine aus- und einräumen und danach eine Tasse Tee trinken und Musikhören. Mit dem saubermachen oder aufräumen beginnen und danach oder zwischendrin spazieren gehen, ganz nach körperlicher Verfassung. Dann vielleicht erst einmal kurz Ausruhen, im Anschluss daran mit der Hausarbeit und dann die E-Mails ansehen usw. Wir müssen aufpassen und dürfen unsere Ansprüche an uns nicht zu hoch stellen, sonst endet dies im Frust.
Ich versuche mich selber anzutreiben und freue mich oder staune hinterher, trotz des schlechten Gesundheitszustandes dann doch noch so Einiges gepackt zu haben, wenn auch mit kleinen Tricks. Dies trägt zum seelischen Gleichgewicht und innerer Zufriedenheit bei. Ja, auch mit MCS kann man dies versuchen zu erreichen. Wir müssen versuchen an uns selbst zu arbeiten. Denkt mal an mich und versucht es selbst einmal. Bei mir hilft´s meistens. Natürlich auch nicht immer, oft kann ich tagelang überhaupt nichts erledigen. Aber dann denke ich, okay, es kommen auch wieder bessere Tage.
Ich würde mich sehr freuen, wenn meine heutigen Ausführungen für Euch eine Möglichkeit wäre, Dinge zu schaffen, die Ihr eigentlich für unmöglich haltet. So ist es sehr oft bei mir, da ich neben MCS leider noch einige andere Krankheiten habe, praktisch alles Quälerei ist, ich mich selbst antreiben und austricksen muss, sonst läuft überhaupt nichts!
Um ein bisschen Freude in den Tag zu bringen, haben wir den ganzen Winter schon die Vögel gefüttert. Es macht sehr viel Freude ihnen zuzusehen, wie sie z. B. ihren Futterneid ausleben und sich gegenseitig wegjagen oder wenn das Rotkehlchen draußen herumhüpft. Ebenfalls bereitet mir Gartenarbeit Freude. Das bevorstehende Frühjahr ermöglicht endlich bessere Möglichkeiten im Freien. So versuche ich, je nach körperlicher Verfassung, zwischendurch ein wenig im Garten Hand anzulegen. Gerne gönne ich mir eine Pause auf der Terrasse und genieße die Sonne.
Wie gesagt, der Austausch im Forum bzw. am Telefon und manchmal ein Treffen zum Spazierengehen mit lieben Bekannten aus besseren Tagen, bringen einem sehr viel Freude und tragen zur seelischen Ausgeglichenheit bei. Von einem schönen Nachmittag zehre ich sehr lange und arbeite daran, alte Bekanntschaften neu aufleben zu lassen. Jetzt im Frühjahr haben MCS-Kranke wieder bessere Gestaltungsmöglichkeiten als in der kalten Jahreszeit. Der ein oder andere Bekannte von früher lässt vielleicht nach lieben Bitten, so gut es geht, parfümierte Kosmetika weg, wenn Ihr Euch verabredet. Man muss es eben probieren. Jedenfalls müssen wir versuchen aktiv zu werden bzw. zu bleiben und uns das bisschen, was uns geblieben ist, zu erhalten.
Ich hoffe sehr, dass ich Euch mit meinen kleinen Tricks ein wenig Mut machen kann, nicht aufzugeben, sondern dass auch ihr auch versucht, Euch den Tag mit Euren verbliebenen Möglichkeiten, so gut es geht zu gestalten und zu verschönern.
Herzliche Grüsse von
Eurer Helene














