Schweiz: Vier auf einen Streich und Eins obendrauf

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Diese Woche ist für Schweizer Chemikaliensensible eine Woche zum strahlen und jubeln. Vier Artikel in einer Woche in Schweizer Zeitungen über Chemikaliensensitivität, dass ist ein Rekord, den wir in Deutschland nicht halten können. Schweizer kämpfen für Gerechtigkeit und sind gründlich, dafür sind sie weltweit bekannt. Und weil die Schweizer gründlich sind, setzten sie sogar noch Eins oben drauf. In dieser Woche wurde ein lang gehegter Traum von Christian Schifferle, Leiter der MCS Liga, wahr. Es wurde eine MCS Wohnungsbaugenossenschaft gegründet.

Ein Traum wird Realität
Christian Schifferle lebt seit 8 Jahren in seinem mit Alu ausgeschlagenen Wohnwagen. Kein Zuckerschlecken, gerade in der klammen Herbst- und kalten Winterzeit.

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Jetzt ist Ende in Sicht, denn diese Woche wurde die Wohnbaugenossenschaft „Gesundes Wohnen MCS“ gegründet. Christian Schifferle ist Präsident der Genossenschaft, die das Ziel hat, Wohnraum und Notunterkünfte für Chemikaliensensible zu schaffen. Ein Anteilschein kostet 500.- Fr. Über 35 Genossenschafter sind schon dabei, darunter 5 Ärzte, die Toxikologin Prof. Dr.Margret Schlumpf, Uni Zürich und der Schweizer Schauspieler Beat Marti.

Wer mutig vortritt findet immer ein offenes Ohr
Anfang Dezember letzten Jahres hatte Schifferle die zündende Idee sich zum Schweizer Bundeshaus nach Bern aufzumachen, um dort mit Politiker über die Situation chemikaliensensibler Menschen zu sprechen. Der Präsident der MCS Liga hatte ein großes Plakat gefertigt und teilte Flugblätter an die Parlamentarier aus, als diese zur Mittagspause herauskamen. Es waren über hundert Parlamentsabgeordnete, die Christian Schifferle ansprechen konnte, und die zum Teil sehr interessiert waren. Auch mit Bundesrat und Gesundheitsminister Couchepin kam er ins Gespräch. Schifferle erklärte ihm, dass es sich bei MCS um eine Umweltkrankheit und Chemikalienschädigung handle, die in der Schweiz noch nicht anerkannt ist, und die Betroffenen deshalb die Unterstützung engagierter Politiker benötigen.


Schweizer Parlamentarier hören betroffen zu

christian-flugblattaktion-k.jpgIdealerweise kamen nicht alle Parlamentarier gleichzeitig aus dem Schweizer Bundeshaus, sondern verteilt auf zwei Stunden. Damit hatte Christian Schifferle genügend Zeit, auf viele einzeln zuzugehen, u.a. Nationalrätin Pascale Bruderer SP,  Rolf Schweiger FDP, Anita Fetz, Josef Lang, Daniel Fischer, Gutzwiler FDP, Verena Diener, Grüne, Ursula Wyss, Vreni Allemann, Anita Thanei, Philippo Leutenegger, Aeschbacher, Paul Rechsteiner, Dr. med Yvonne Gilli Grüne, Fulvio Pelli FDP und andere. Es sei nicht die letzte Aktion dieser Art, teilte der Schweizer Aktivist gegenüber CSN mit. Der Erfolg der Aktion hat andere Chemikaliensensible davon überzeugt, dass es sich lohnt, Initiative zu zeigen, und beim nächsten Mal wollen weitere Schweizer MCS Erkrankte dabei sein.


MCS Aktivisten in der Schweiz brechen Rekorde
In der nächsten Woche werden die Schweizer MCS Aktivisten, die gerade wie Phönix aus der Asche aufsteigen, sich nicht schon gleich wieder zur Ruhe begeben. Im Gegenteil, drei Fernsehtermine im deutschen Fernsehen und ein Beitrag im Schweizer Lokalfernsehen sind anberaumt. Für den Fall, dass das noch nicht ausreichen sollte, um wieder alle Rekorde zu brechen, wird in den kommenden Wochen noch ein Buch über MCS erscheinen.

Erstes Schweizer Buch über MCS
„Ich kann Dich nicht riechen“, ist der Titel des Buches von Astrid Falk aus Wittenbach. Sie berichtet, welche Auswirkungen Chemikaliensensitivität in ihrem Alltag hat und was sie erleben musste. In dieser Woche publizierte das St. Gallener Tageblatt einen großen Artikel über die 48-jährige Frau, die ins Auge gefasst hat, eine weitere Selbsthilfegruppe für Chemikaliensensible in der Schweiz ins Leben zu rufen.

Aus Deutschland bleibt darauf nur noch zu sagen:


Ein Chapeau in die Schweiz und setzt weiterhin noch Eins obendrauf!

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

12 Kommentare zu “Schweiz: Vier auf einen Streich und Eins obendrauf”

  1. schlumpf 10. Februar 2008 um 09:39

    In der kleinen Schweiz läuft mehr als in Deutschland. Vielleicht sollte man in Berlin auch mal Flugblätter an die Regierenden verteilen, damit sich viele die Reportage am Dienstag im ZDF anschauen!

  2. Janik 11. Februar 2008 um 10:13

    Super, was Ihr da auf die Beine gestellt habt in der Schweiz.
    Zeigt, daß jeder etwas ändern kann oder dazu beitragen kann,
    man muß nur mutig sein und wollen.

    Herzlichen Glückwunsch zur MCS Wohnungsbaugenossenschaft,
    Janik

  3. Henriette 11. Februar 2008 um 13:51

    Herzlichen Glückwunsch in die Schweiz!

    Toll was Ihr erreicht habt, Hartnäckigkeit und Einsatz gebündelter Kräfte wird mit Erfolg belohnt. Das ist eine prima Sache und wird MCS auch über die schweizer Grenzen hinaus zu mehr Anerkennung verhelfen.

    Dieser Mega-Erfolg in der MCS-Geschichte bestätigt, dass sich kämpfen lohnt.

    Ebenfalls gratuliere ich zur Gründung der MCS-Wohnungsbaugenossenschaft, eine bisher einmalige Einrichtung in Europa, so viel ich weiß.

    Danke für Euren mutigen Einsatz und hartnäckiges Engagement.

  4. Eric 13. Februar 2008 um 13:22

    Super was die „kleine“ Schweiz auf die Beine gestellt hat die letzten Tage. Ganz begeistert bin ich auch von den neusten Entwicklungen. Besten Dank an Christian Schifferle. Danke für das Engagement und den mutigen Einsatz, neben dem Filmbeitrag in der Fernsehdokumentation 37° über MCS, noch einen Fernsehauftritt bei Johannes B. Kerner hinzulegen. Dafür möchte ich meinen aufrichtigen Respekt aussprechen.

    Die Aktionen, die im Filmbeitrag in 37° gesendet wurden, mit Atemschutzmaske und Flugblättern an die Leute heranzutreten, hat mich außerordentlich bewegt.

    Wie wäre es, könnten wir hier in Deutschland nicht ähnlich agieren oder noch andere Ideen in die Tat umsetzen.
    Ich hoffe dass ich mit meinen Gedanken nicht alleine dastehe und freue mich auf Eure Vorschläge, wie wir die Gunst der Stunde nutzen könnten, um MCS an die Menschen zu bringen, damit Verbesserungen eintreten, die wir alle dringend benötigen. Auch wegen den vielen schlimmen Nachrichten der letzten Tage. Für alle, die keinen Ausweg mehr sahen, sollten wir uns auch weiter ins Zeug legen und in ihrem Sinne weiterkämpfen. Sie wünschen es sich bestimmt.

    Wie denkt Ihr darüber, macht Ihr mit?

  5. Analytiker 14. Februar 2008 um 10:49

    Auch ich möchte Euch mutigen und emsigen Schweizern meinen Respekt und Dank für diese Glanzleistung aussprechen. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei Christian, für seinen unermüdlichen Einsatz. Das war ein Mega-Filmbeitrag und ein gelungenes Gespräch bei Johannes B. Kerner.

    Was Eric in seinem Kommentar vorschlägt, die momentane Stimmung zu nutzen und den Weg weiter zu verfolgen, deute ich als den richtigen Weg.

    Vielleicht könnten wir eine Unterschriften-Aktion ins Leben rufen, wie dies z. B. gegen die Machenschaften gegen Prof. Rea in Texas zum Erfolg führte. Ich könnte mir vorstellen, dass wir noch nicht all unsere Möglichkeiten ausgeschöpft haben.

    Oder den Aufstand der MCS-Kranken in Deutschland proben. Wenn wir eine Demonstration auf die Beine stellen würden, bei der wir für die Anerkennung seitens der Rententräger und Versorgungsämter demonstrieren, auf die Strasse gehen, mit Atemmaske und entsprechenden auffallenden Plakaten, warum nicht!? Der Christian hat es vorgemacht. Ohne Einsatz kein Erfolg. Jedenfalls würden wir mit solchen Mitteln die Aufmerksamkeit auf uns lenken, was nicht der Fall ist, wenn wir uns nur per Computer in Foren wehren. Ich denke wir müssen noch mehr veranstalten.

  6. yol 15. Februar 2008 um 18:56

    Christian’s persönlichem Einsatz ist der Erfolg endlich mal beschieden, der eigentlich seit langem fällig gewesen wäre. Ich freu mich riesig für ihn, doch vergesse ich nicht, welchen Preis er dafür zahlen tut.

    In den Foren sagen wir wir, bei den Aktionen habe ich auf den Bildern Christian gesehen, auch vor dem Parlament mit Plakat, da habe ich Chrisitan gesehen, auch in der Innenstadt mit Flyern, da hab ich Christian gesehen.

    Wie Eric und Analytiker bin ich der Meinung, das wir zusammen handeln müssen.

    Christian seh ich hier als Wegbereiter, das kann man nicht hoch genug schätzen, danke sagen reicht hier nicht aus. Was auch Christian noch mehr freuen täte als unser Dankeschön, wäre grenzüberschreitendes Handeln und Unterstützung, dies in mehreren Beziehungen.

    Wenn wir Christian unterstützen, seine Ideen umzusetzten, helfen wir auch allen andern mit MCS, denn dann ist der Massstab in Europa derjenige, der die Schweiz aufzuweisen hat.

    Wo denn können wir unsere jeweiligen lokalen Politiker denn auf eine adequate MCS-Struktur aufmerksam machen, wenn keine in europäischer Nachbarschaft aufzutreiben ist, weil keine vorhanden ist? Es muss praktisch vor der eigenen Haustür sein, denn weiter schauen, wird keiner, will keiner.

    Packen wir’s an, gemeinsam, grenzüberschreitend, denn auch ich bin immer noch allein an der Front in meinem Land, dies obwohl jeder das haben will, was wir brauchen: MCS-gerechte Strukturen, dies auf allen Ebenen. Doch das wird man uns nicht gratis servieren, dafür müssen wir erheblich was tun.

  7. Spider 17. Februar 2008 um 23:11

    Zunächst möchte ich meinen respektvollen Dank für die schweizer Mega-Leistung aussprechen und mich den anderen Kommentatoren anschließen.

    Wir können gemeinsam, auch grenzüberschreitend, sicherlich noch einiges Positives bewirken. Manchmal muss man etwas Neues riskieren. Yol hat recht, ohne Einsatz bekommen wir keine Verbesserungen.

    Ohne Fleiß kein Preis, so sagte früher schon meine Oma. Und sie hat Recht. Dieses Sprichwort lässt sich überall im Leben anwenden, hat also nichts mit MCS zu tun. Also, nur Mut Leute, wir packen das, denn gemeinsam sind wir stark.

  8. Mary-Lou 18. Februar 2008 um 09:25

    Herzlichen Glückwunsch in die Schweiz, es ist wunderbar, was Ihr auf die Beine gestellt habt.

    Diese tollen Ergebnisse sollten uns dazu anregen, mutiger und noch aktiver zu werden. Die Schweizer haben es uns vorgemacht – man kann viel bewirken. Engagement und Mut wurden hier belohnt.

    Also lasst uns dies zum Anlass nehmen, noch mehr Ideen zusammenzutragen und gemeinsam in die Tat umzusetzen. Ihr werdet sehen, wir können auch noch viel bewirken. Mit Mut und Durchhaltevermögen, Mut für Neues und eisernem Willen, können wir gemeinsam mit Sicherheit noch viel in Bewegung setzen.

    Was meint Ihr?

  9. Janik 26. Februar 2008 um 08:14

    Es ist wunderbar, was vorallem Christian Schifferle geleistet hat.
    Mich hat es deshalb sehr schockiert zu hören, daß er jetzt im Wald übernachten muß, weil er nirgendwo Wohnraum angeboten bekommt. Gibt es in der Schweiz tatsächlich niemand, der dieser Misere schnellstens Abhilfe schaffen kann.

    ICH FORDERE SOFORTIGE HILFE FÜR CHRISTIAN SCHIFFERLE

  10. Silvia 24. April 2008 um 16:05

    Aktueller Kurzbericht über das MCS Wohnprojekt in der Schweiz
    Christian Schifferle/ MCS Liga: Das heutige intensive Gespräch mit der Stadt Zürich war sehr gut. (10:00 bis 12:00 Uhr im Amtshaus Urania III )

    Es wurde alles Mögliche besprochen: Herr Dr. Roman Lietha hat gleich am Anfang einen eindrucksvollen und sehr guten Vortrag gehalten über MCS und sein Engagement in unserer Wohnbaugenossenschaft. Bauland wird jetzt genauer abgeklärt. Ein Landstück in Leimbach ist im Moment Favorit. Die Abklärungsphase und Vorbereitungsphase soll jedoch gründlich sein und wird wohl noch Monate in Anspruch nehmen. Man spürt schon, dass sich die Behörden richtig gut einarbeiten. Herr Arno Roggo, Direktor der Liegenschaftsverwaltung führt von seiner Seite sehr gut und auch das Hochbauamt ist sehr engagiert. Es waren 11 Personen, davon 6 Behördenmitglieder am Gespräch beteiligt.

    Auch die andern beiden MCS-betroffenen Frauen konnten sich gut einbringen. Es wurde klar, wie individuell MCS ist und trotzdem versuchen wir im vollen Bewusstsein der Sensibilitäten einen guten Standart zu definieren. Baubiologe Guido Huwiler hat ja viel Erfahrung mit diesen unterschiedlichen Sensibilitäten der Betroffenen und machte auch einen kurzen Vortrag über MCS-gerechtes Bauen. Er lieferte im Auftrag der Stadt bereits eine mehrseitige Arbeit darüber ab. Und es wurde auch vereinbart, dass unsere MCS-Wohnbaugenossenschaft GESUNDES WOHNEN MCS am Wohnprojekt mit der Stadt beteiligt wird. Wie genau, wird noch zu klären sein.
    Dank an alle, die sich da einbringen und unser Thema unterstützen.

  11. Künzli 31. Mai 2014 um 21:09

    das Haus soll die absolute Katastrophe sein
    Kriechströme, Flammschutzmittel, Verwerfung unterm Haus, Schimmel, etc.

  12. Silvia 31. Mai 2014 um 21:33

    Das wäre sehr traurig. Viele MCS Kranke haben große Hoffnung in das Haus gesetzt, selbst wenn sie es selbst nie bewohnen könnten.

    Wo kommt der Schimmel her?
    Und wodurch treten die Kriechstörme auf?

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