Schutzengel Helene erzählt über Begutachtungen von Chemikaliensensiblen:

engel.jpg

Es ist schön, dass die Möglichkeit, mit einem MCS-Schutzengel zu sprechen, sich Rat einzuholen oder sich den Kummer von der Seele zu reden, gerne von Euch in Anspruch genommen wird. Gründe dafür gibt es viele. Ein häufig von Euch angesprochenes Thema bei Schutzengel-Einsätzen sind Gutachten in EU-Renten- und Schwerbehindertenverfahren. Leider kann ich darüber nichts Positives berichten, denn Gutachter gehen dabei oft nicht gerade fair mit Chemikaliensensiblen um.

Oft beklagen meine Schützlinge, dass man sie äußerst unfreundlich und herablassend behandelt hat und dass sie sehr grob untersucht wurden. Das ist eine schlimme Entwicklung, denn auch Umweltpatienten haben eine Würde, wie jeder andere Mensch auch. Sollte man jedenfalls annehmen, denn Menschenwürde wird uns allen sogar durch das Grundgesetz zugesichert. Im täglichen Leben widerfährt es Chemikaliensensiblen leider ganz anders.

Die Gutachten werden bei Umweltkranken fast die Reihe durch, von Neurologen und Psychiatern durchgeführt. Diese Ärztegruppe verfügt aber meist nicht über die notwendigen Fachkenntnisse für eine objektive Begutachtung von Umweltkranken. So kommt es wie es kommen muss: In den Gutachten werden Chemikaliensensible psychiatrisiert – Umweltkrankheiten existieren für diese Ärztegruppe nicht. Neurologen und Psychiater begutachten eben nur aus ihrem subjektiven Blickwinkel heraus. Das ein ist ein trauriges Bild deutscher Umweltmedizin, ja sogar im gesamten deutschen Gesundheitswesen. Vielfältige internationale Studien belegen die Ursachen für Chemikaliensensitivität, während man sich in Deutschland sträubt, die Existenz umweltbedingter Erkrankungen öffentlich anzuerkennen. Immer wieder kann man lesen, MCS lasse sich nicht nachweisen. Das stimmt so nicht. Es ist ein Skandal, dass durch diese systematische Vorgehensweise, EU-Rentenantragsteller um ihre Rechte betrogen werden.

Aber was der Gipfel von dem Ganzen ist, dass mache Gutachter bewusst falsche Angaben in ihre Gutachten schreiben. Da werden aus den zum Gutachertermin mitzubringenden Fragebögen, vielfach wichtige Fakten nicht ins spätere Gutachten übernommen. Viele Angaben werden ganz und gar verdreht, so dass der zu begutachtende Patient in einem ganz falschen Licht dasteht. Das Krankheitsbild wird völlig anders, und zwar zum Nachteil des Patienten beschrieben. Da kann auch ein Schutzengel nicht mehr viel helfen, höchstens trösten. Ganz wichtig erachte ich, dass man einen guten Rechtsanwalt zur Seite hat, sonst sehe ich in Deutschland keine Möglichkeit, seine gerechtfertigten Ansprüche geltend zu machen. Man wird vom deutschen Gutachtersystem förmlich überrollt. Denn es geht um viel Geld und MCS-Kranke sind leider in einer schlechten Ausgangsposition. Sie gehören zu den gesellschaftlich Schwachen, auf Grund ihrer schweren Erkrankung und der fehlenden oder ignorierten, öffentlichen und behördlichen Anerkennung von MCS. Obwohl MCS (Multiple Chemikalien Sensitivität), CFS (Chronic Fatigue Syndrom) und FMS (Fibromyalgie) laut Schwerbehindertenrecht als Krankheit anerkannt sind, bescheinigen die Neurologen und Psychiater den Patienten in den Gutachten lediglich „somatoforme Gesundheitsstörungen“ in ihren Schwerbehinderten- und EU-Rentenverfahren.

Es ärgert mich und oft bin ich auch schockiert über das, was ich von Euch erfahre, bzw. auch von dem was ich auf diesem Gebiet bisher selbst erlebt habe. Z. B. wurden neulich jemandem Allergien als nicht existent ins Gutachten geschrieben, obwohl der Allergiepass mit vielen „echten“ Allergien vorgelegt, ja der Patient extra um Vorlage gebeten wurde. Es wird uns also nicht nur die Anerkennung unserer Überempfindlichkeiten verwehrt, man verleugnet sogar echte Allergien in den Gutachten. Ebenso wurden bspw. Krankheiten der Eltern, an denen der zu begutachtende Patient ebenfalls litt und andere schwerwiegende Symptome, nach denen der Gutachter den Patienten extra fragte, später im Gutachten nicht erwähnt. Andere Angaben wurden völlig anders dargestellt. Es ist ein Skandal, wie können Ärzte so grausam sein, immerhin haben sie alle den Eid des Hippokrates geleistet?!

Einige Gutachter tun auch ganz freundlich, verständnisvoll, hauen aber die Patienten dann hinterher im Gutachten so richtig in die Pfanne! Wahrscheinlich soll der Patient denken, dass der Gutachter nicht am ablehnenden Rentenbescheid schuld ist. Anders kann ich mir ein solch niederträchtiges Verhalten nicht erklären.

In was für einer Welt leben wir, in der man MCS verleugnet und somit schwerkranke Umweltpatienten demütigt und menschenunwürdig behandelt? Es wird gelogen was das Zeug hält und sogar betrogen, wo es nur geht. Es ist eine Schande! All das stimmt mich traurig und mir fehlen oft die Worte.
Ich bin neugierig auf Eure Erfahrungen zu diesem leidigen Thema. Scheut Euch nicht, mir zu schreiben, ich freue mich auf Eure Meldungen.

Herzliche Grüße von

Eurer Helene

15 Kommentare zu “Schutzengel Helene erzählt über Begutachtungen von Chemikaliensensiblen:”

  1. Eike 7. Februar 2008 um 21:17

    Die Informationen von Helene kann ich voll bestätigen. Da es mir als MCS Patient zur Zeit gesundheitlich nicht so besonders gut geht, kann ich mich nicht näher äußern. Aber was ich mit einigen Gutachtern erlebt habe ist das Hinterletzte. Ich könnte ein dickes Buch schreiben.

    Den Eid des Hippokrates haben diese Gutachter, die Helene und ich meinen, wohl alle vergessen.

  2. Janik 11. Februar 2008 um 10:17

    Hallo Helene,
    sehr wichtig, daß Du dieses Thema aufgreifst. Mir sind ebenfalls
    viele Fälle bekannt, wo Chemikaliensensible äußerst hinterhältig
    behandelt wurden bei Gutachtern und hinterher alles auf die
    gute alte Psyche geschoben wurde. Eine Kernfrage ist auch, wie kann
    zum Beispiel ein Psychiater überhaupt eine neurotoxische Schädigung
    und deren Auswirkungen oder Schäden am Immunsystem beurteilen, wenn er überhaupt keine Ausbildung dazu hat. Ist das juristisch überhaupt statthaft?

  3. Helene 11. Februar 2008 um 22:31

    Hallo Eika,
    hallo Janik,

    für die Rententräger und andere Behörden existiert MCS nicht als organische Erkrankung, obwohl MCS im Schwerbehindertenrecht als organische Krankheit gelistet ist. Es ist rechtlich skandalös, MCS-Patienten systematisch als psychisch krank abzutun, obwohl MCS lt. WHO und Schwerbehindertenrecht als organische Krankheit anerkannt ist.

    Gegen diese Mißstände kämpfen wir alle mit den uns zur Verfügung stehenden Mittel und Kräften. MCS-Kranke haben auch Möglichkeiten, wie man an dem wunderbaren Erfolg der Schweizer erkennen kann. Vielleicht bringt die Dokumentation im ZDF, über das Schicksal von drei MCS-Kranken, in der Sendung 37°, „Ich kann Dich nicht riechen.“, am 12.02.2008 um 22.15 Uhr, weitere Fortschritte in Deutschland im Kampf mit den Behörden.

    Ich wünsche es mir für uns alle. Psychiater, die man als Gutachter bei MCS-Patienten in Deutschland einsetzt, haben nicht das Fachwissen, um eine Umwelterkrankung objektiv zu begutachten.

    http://37grad.zdf.de/ZDFde/inhalt/14/0,1872,1020910_idDispatch:7391448,00.html?dr=1

  4. Terminator 16. Februar 2008 um 18:03

    Hallo,

    ich finde es ebenfalls ein sehr gelungenes Thema.
    Chemikaliensensible werden bei Gutachten menschenunwürdig und diskriminierend behandelt und systematisch um ihre Ansprüche betrogen.

    Woran mag das liegen?

    Ein Erklärungsmodell möchte ich Euch zugänglich machen. Auf Grund meiner eigenen persönlichen Gutachtererfahrungen kann ich berichten, dass sich neben mir als zu begutachtende Person, außerdem immer nch einige andere Patienten in er Praxis aufhielten, die ebenfalls Termine zum Gutachten hatten. Mir kam es so vor, als sei die Mehrzahl der eingesetzten Gutachter quasi bei der BfA, heute Deutsche Rentenversicherung Bund, im Angestelltenverhältnis. Und solch eine gesicherte Einnahmequelle möchte man sich schließlich nicht verscherzen. Also kann man davon ausgehen, dass die Gutachter zum Wohle ihrer Auftraggeber tätig sind. Ich denke, würden sie anders verfahren, also objektiv und zum Wohle der Patienten agieren, würde ihre Arbeit zukünftig von anderen eifrigen Herren oder Damen in weißen Kitteln übernommen werden.

    Diese Vorgehensweise mit System wird sich so schnell nicht ändern, das ist meine persönliche Meinung zum Thema.

    Wie denkt Ihr darüber, habt Ihr vielleicht Ähnliches erlebt?

  5. Clarissa 17. Februar 2008 um 13:24

    Na das diese sog. Gutachter immer dessen Lied singen der ihre Honorare bezahlt ist doch vollkommen klar. Wenn ich privat einen Gutachter bezahle, singt der auch mein Lied. Es gibt keine objektiven Gutachten solange eine Seite diese Gutachten bezahlt.
    Ich habe bisher erst 2 Gutachter erlebt, die wirklich ein unabhängiges Gutachten erstellt haben und das ging auch nur, weil das Gericht sie beauftragt hatte mich zu begutachten und diese Gutachten waren wirklich sehr neutral, wenn auch im Endeffekt für mich Positiv aber das waren wirklich unabhängige Gutachter, die nicht wussten das ich sie bezahlen musste, da sie ja wie schon erwähnt von einem Gericht beauftragt wurden.

  6. Spider 17. Februar 2008 um 23:35

    Ich kann dem Terminator zustimmen, bei mir war es genauso, es waren außer mir noch einige Andere zum Gutachten einbestellt. Mich würde interessieren, wieviel Geld ein Gutachter für derartige Falschdarstellungen der Patienten einkassiert. Sicherlich ist es ein mehr als lohnendes Geschäft.

    Um so höher rechne ich einem Gutachter an, der wirklich ein Gutachten erstellt hat. Es war objektiv und ganz normal verfasst. Ich wurde auch nicht diskriminiert oder menschenunwürdig behandelt. Dieser feine Mensch war ein Umweltmediziner.

    Die anderen vielen Gutachten, die ich über mich ergehen lassen musste, sind dermaßen menschenverachtend geschrieben. Mit der gleichen Menschenverachtung eben, mit der man mir schon beim besagten Gutachtertermin begegnete. Warum behandelt man MCS-Patienten eigentlich als das Letzte? Mit welchem Recht, frage ich mich. Wir sind auch Menschen. Die Gutachter, die mich dermaßen falsch beurteilten, mit Gutachten die mehr als menschenunwürdig ausgefallen sind, waren ausnahmslos Psychiater. Wie können Menschen und dann noch Ärzte nur so grausam, menschenverachtend und diskriminierend handeln?

  7. Eric 15. März 2008 um 13:22

    Auch ich musste schon viele Gutachten über mich ergehen lassen und kann sagen, wie es Helene berichtet hat, trifft es voll ins Schwarze. Die Gutachter erstellen fast alle Falsch- bzw. Gefälligkeitsgutachten. Gekaufte Mediziner, die ihren geleisteten Eid vergessen haben, müssten angezeigt werden. Wie in Deutschland mit Leuten umgesprungen wird, die an Chemikaliensensitivität erkrankt sind, ist eine Schande und kaum zu übertreffen.l
    Umso wichtiger ist es, weiter für die Anerkennung vom MCS zu kämpfen. Jeder müsste einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen, damit sich die Verantwortlichen auf den Versorgungsämtern tagtäglich mit MCS-Betroffenen zu tun haben und sie an der Masse der Anträge erkennen, dass MCS bittere Realität ist. Je häufiger sie mit Anwälten zu tun haben und Sozialklagen am Hals haben, um so unbequemer wir für solche Leute sind, um so besser wird es sein, unserer gerechtfertigten Ansprüche durch zubekommen. Denn auch die Richter müssen ins Sozialrecht schauen, wo MCS ganz klar als organische Erkrankung definiert ist. Lügen haben kurze Beine.
    Also Leute, ran an die Anträge.

  8. Joana 26. März 2008 um 10:17

    Zu Begutachtungen als Chemikaliensensible möchte ich mich den Kommentaren und dem Bericht von MCS-Schutzengel Helene anschließen. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass bei mir überwiegend bewußt Falschgutachten erstellt wurden.

    Die Antworten auf die mir gestellten Fragen während der Begutachtung, angegebene chron. Krankheiten meiner Eltern, an denen auch ich leide, meine ganzen vorgelegten Befunde usw. blieben im späteren Gutachten völlig unberücksichtigt, nur um die Beurteilung im Gutachten in die bestimmte, in Deutschland immer gerne angewandte Psycho-Richtung, zu lenken.

    Mir wird schlecht bei so viel systhematischer und gekaufter Lüge, ekelhaft.

  9. Realityshow 10. April 2008 um 18:23

    Dem Bericht von Helene und den verschiedenen Kommentaren bzgl. Begutachtungen von Chemikaliensensiblen kann ich mich nur anschließen. Falsch-Gutachten sind an der Tagesordnung, es gibt nur wenige Gutachter, die ihre Gutachten bei MCS-Patienten objektiv und sachlich angehen. Die sicheren und wahrscheinlich gut dotierten Honorare und die somit entstehende Abhängigkeit zu den Auftraggebern, machen es möglich.

  10. Lucie 15. Juli 2008 um 21:12

    Zu Begutachtungen wegen MCS kann ich auch ein Liedchen singen. Bei mir wurden vielfach Falschgutachten erstellt. Die Antworten auf die Fragen der Gutachter blieben in den Gutachten entweder völlig unbeachtet oder wurden gänzlich anders dargestellt, sprich gelogen.

    Es ist eine Schande, wie man mit uns Kranken verfährt. Chemikaliensensitivität ist eine Erkrankung wie jede andere auch, daher muss man uns nicht mißhandeln und demütigen. Wo bleibt unsere Menschenwürde?

  11. Adele 16. Juli 2008 um 20:18

    Hallo Helene und alle anderen Betroffenen,

    ich denke davon kann jeder MCS-Betroffene Ähnliches berichten. Es ist mehr als eine Schande. Die Gutachter stehen sozusagen im Dienste der Rentenversicherer, was das heißt, brauche ich sicher nicht weiter zu erläutern. Fallen die Gutachten nicht im Sinne des Auftraggebers aus, werden in Zukunft andere Herren/Frauen in Weiß, die sicherlich gut dotierten MCS-Gutachten, erstellen. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

    Danke Helene, dass Du dieses Thema aufgegriffen hast. Was Du schreibst, deckt sich mit meinen Erlebnissen. Wahrheitsgetreu wurde meine Krankengeschichte bzw. mein Beschwerdebild in keinem MCS-Gutachten wiedergegeben. Im Gegenteil, da wird gelogen bis sich die Balken biegen.

  12. Lucie 18. Juli 2008 um 06:47

    Es ist kaum mit Worten zu beschreiben, wie demütigend und menschenverachtend mache Gutachter mit uns MCS Kranken verfahren. Dass man so menschenunwürdig mit Patienten umgehen kann, ist mir unbegreiflich. Denen müsste es einmal so ergehen, ich wünsche niemandem was Schlechtes, aber die hätten solche Behandlungsweisen einmal am eigenen Leib verdient.

  13. Tiger 8. August 2008 um 12:09

    Als MCS Patient braucht man ein besonders dickes Fell. Man erhält zumeist keine medizinische Versorgung und gerät in die soziale Isolation, verliert sogar in vielen Fällen seinen Arbeitsplatz, weil keinerlei Rücksichtnahme in Angriff genommen wird.

    Aber was man bei Begutachtungen ertragen muss, ist Menschen verachtend und demütigend. Besonders wenn man im Nachhinein lesen muss, was der Gutachter aus den vorgelegten Befunden und den Befragungen während des Untersuchungstermins für eine Lügengeschichte verfasst hat.

    Einfach nur widerwärtig!
    Gut Helene, dass Du darüber berichtest, diese Zustände müssen an die Öffentlichkeit.

  14. Spider 9. August 2008 um 09:54

    Das Thema Begutachtungen bei MCS ist ein Thema für sich. All die Diskriminierungen, die wir durch das demütigende Verhalten der Gutachter ertragen müssen, sind keinesfalls tolerierbar.

    Hierzu habe ich im CSN-Forum soeben interessante Informationen gefunden, die wie ich meine, hier nicht fehlen sollten:

    http://www.csn-deutschland.de/forum/showthread.php?id=7302

  15. Lucie 9. August 2008 um 20:05

    Gut dass Du den Link hier veröffentlicht hast, Spider. Denn so bekommt man das wahre Ausmaß der fragwürdigen und menschenunwürdigen Praktiken von MCS-Gutachtern mit.

    Mit diesen Herrschaften müsste einmal genauso verfahren werden, aber was nicht ist, kann ja noch werden.

    Auch Gutachter können in ihrem Leben in die Situation geraten, nicht mehr arbeiten zu können und dass sie in Folge dessen einmal vor einem Gutachter stehen. Dieser müsste sie dann in gleicher Manier behandeln, wie man mit uns umgeht, damit sie am eigenen Leibe verspüren, wie demütigend es einem ergehen kann.

Kommentar abgeben: