Erwerbungsunfähigkeit durch Duftstoffe

Die neuen Gefahren am Arbeitsplatz

Wenn Parfüm zur Ohnmacht führt, haben die Betroffenen schnell ein großes Problem. Das musste auch, wie man in der Märzausgabe von Ökotest nachlesen kann, der Münchener Altenpfleger Peter Häusler schmerzvoll erfahren. Seine Leidensgeschichte beginnt Anfang der neunziger Jahre mit einer Operationswunde, die mit einer duftstoffhaltigen Salbe gepflegt wurde.

Peter Häusler reagierte auf den natürlichen Duftstoff Perubalsam, der in vielen Kosmetikprodukten verarbeitet wird. Nun gut, denkt man, eine Kontaktallergie, den Duftstoff kann man meiden.

Bei Häusler aber verstärkten sich seine gesundheitlichen Beschwerden. Er reagierte bei seiner Tätigkeit im Heim mit Niesanfällen, Augenbrennen juckenden Ausschlägen. Der Dermatologe stellt ein Jahrzehnt später eine lange Liste weiterer Stoffe fest, auf die Peter Häusler mittlerweile auch allergisch ist. Unter anderem auch Konservierungsstoffe und PTBP-Formaldehydharz, einem Stoff, der in Klebern und Farben vorkommt. 2002 erleidet Peter Häusler einen Zusammenbruch, als er an einem frisch gereinigten Stationsbad vorbeigeht. Eine Kollegin schleppt Peter Häusler an die frische Luft. Und jetzt geht’s erst richtig los. Der Arbeitgeber legt Häusler nahe, Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen. Die Berufsgenossenschaft sieht das anderes. Peter Häusler wird erst mal auf Allergieseminare geschickt.

Die Empfehlungen an den Arbeitgeber, duftstofffreie Reinigungs- und Desinfektionsmittel einzusetzen, werden an seiner Arbeitsstelle jedoch ignoriert. Peter Häusler muss sich jetzt drauf verlassen, dass die Hauswirtschaftsleitung den Großputz auf Tage verlegt, an denen er frei hat. 2004 dann erleidet der Altenpfleger einen schweren Allergieanfall, direkt nach einem Reinigungseinsatz der Hauswirtschaft an seinem Arbeitsplatz. Häusler wird in die Abteilung für Arbeits- und Umweltmedizin an der Uniklinik München eingewiesen.

Erst nach einem Schreiben der LUM lenken die verantwortlichen Mitarbeiter am Arbeitsplatz ein, um die drohende Berufskrankheit abzuwenden.

Peter Häusler ist seit 2008 in Altersrente. Aber mit Duftstoffen hat er noch immer Probleme. Die Kaufhäuser zum Beispiel machen dem aktiven Bergsteiger Probleme. Dort kommen Duftstoffe zum Einsatz, um Kunden zu locken. Deshalb hat er in der Vorweihnachtszeit einen Leserbrief an eine Münchener Boulevardzeitung geschrieben.

Peter Häusler hatte noch Glück im Unglück. Immerhin konnte er dank der Unterstützung der Uniklinik noch bis zur Rente arbeiten. Nicht wenige Menschen entwickeln durch dauerhafte Belastung mit Duftstoffen, Chemikalien und/oder Schimmel eine Chemikaliensensitivität, die zur Berufsunfähigkeit führen kann, mithin auch das gesamte Leben einschränken kann. Chemikaliensensitive Patienten leiden ebenso wie Peter Häusler an der Beduftung in öffentlichen Räumen. Ein körperbehinderter Mensch kann über barrierefreie Eingänge öffentliche Räume betreten.

Was aber, wenn der Duft zur Krankheit führt. Für Menschen, die auf Duftstoffe reagieren, gibt es bis heute noch keine barrierefreien, sprich duftfreien Zonen. Überall sind Menschen mit Duftstoffen konfrontiert. Bei einer Studie der Fachhochschule Wiesbaden über die Belastung von Schulräumen mit Allergenen fand man sage und schreibe 113 Substanzen. Quelle dieser Allergene waren vor allem Kosmetika und Putzmittel.

Duftstoffe können über die Atmung in den Organismus gelangen und sich über die Blutbahn im gesamten Körper verteilen. Bei bestimmten Duftstoffen ist – wegen ihrer chemischen Struktur – auch von einer Resorption über die Haut auszugehen. Werden Duftstoffe über die Riechsinneszellen resorbiert, so ist es wahrscheinlich, dass sie wegen der physiologischen Besonderheiten der Geruchsbahn (Reizweiterleitungssystem des Geruchsinns) über die Nervenfaserbündel direkt als Substanz in den Bulbus olfactorius (einen Teil des Gehirns) gelangen” heißt es in einem Schreiben des UBA. Deshalb kann man auch in der Empfehlung des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2006 lesen:

“Aus Gründen der Vorsorge empfiehlt das UBA, Duftstoffe in öffentlichen Gebäuden …nicht einzusetzen.”

Nur leider setzt die Gesetzgebung die Erkenntnisse des Umweltbundesamtes nicht in die Tat um, obwohl es höchste Zeit wäre. Immerhin haben schwedische Wissenschaftler 2008 festgestellt, dass über 15 Prozent der Jugendlichen in Schweden schon chemikaliensensitiv sind und unter anderem auch auf Duftstoffe reagieren.

Peter Häusler, berichtet das Magazin Ökotest aktuell, möchte in München eine Selbsthilfegruppe aufbauen.

Wir hier von CSN wünschen gutes Gelingen.

Autor: Juliane für CSN – Chemical Sensitivity Network, 16. März 2012

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6 Kommentare zu “Erwerbungsunfähigkeit durch Duftstoffe”

  1. Clarissa 16. März 2012 um 12:55

    Danke Juliane, für die gute Aufbereitung dieses Themas.

    Perubalsam ist auch eine Achillesferse bei mir. Perubalsam ist in unendlich vielen Produkten, Medikamenten und in fast allen „normalen“ Zahnwerkstoffen enthalten. Bei mir ist in fast jedem Zahn Perubalsamhaltige Produkte drin, da ich nachweislich auf Perubalsam sogar allergisch und MCS-mäßig reagiere blieb jetzt nur noch eine Lösung um ein bisschen mehr an Gesundheit zu wieder erlangen, alles muss raus und je mehr von dem Müll bei mir heraus kommt umso besser geht es mir. Erst der ganzheitliche Zahnarzt in Potsdam hat erkannt was da los ist und das ich permanent weiter vergiftet werde.

  2. Mirijam 16. März 2012 um 23:06

    Vielen Dank für den sehr gelungenen Artikel, Juliane.

    Man sieht, wie wichtig und einfach es ist, die Bedingungen für ein gesundes Klima am Arbeitsplatz zu schaffen, damit die Mitarbeiter trotz Erkrankung weiterhin gute Arbeit leisten können und nicht gezwungen sind, zu früh zu gehen, weil sie die Schadstoffe am Arbeitsplatz krank machen.

    Man muss nur ein bisschen guten Willen aufbringen und sich informieren, dann können auch Dutstoffallergiker und Chemikaliensensible weiter arbeiten und müssen nicht vorzeitig ihren Arbeitsplatz aufgeben.

    Hoffentlich bekommen in Zukunft viel mehr Betroffene eine solche Chance. Das zahlt sich auf jeden Fall aus.

  3. Twei 17. März 2012 um 01:43

    Die vielfältigen Allergien von Herrn Peter Häusler kann ich gut nachempfinden. Da wird seine Arbeitsfähigkeit zu vielen Zeitpunkten willkürlich sowie vollkommen Eingeschränkt sein.
    Wurde er von Ärzten auch schon fachkundig auf eine MCS untersucht? Bei so vielen Allergien mag dieses ja wohl nicht mehr unwahrscheinlich zu sein – oder mögen die Behörden keine Feststellung einer MCS, obwohl ein Nichtwissen über jene Erkrankung für den Betroffenen rasante tödliche Folgen mit sich ziehen kann?

    Wollen die verantwortlichen Behörden irgendwann mal den Schritt wagen und eine Veränderung in DE oder der EU einläuten, um in Zukunft massenhaftes Erkranken durch Duftstoffe in der Bevölkerung zu verhindern?

    Können in Zukunft Duftstoff-Allergiker und MCS-Erkrankte irgendwann mal wieder öffentliche Gebäude betreten und am kulturellem und sozialem Leben teilnehmen?

    Ist es richtig, dass viele von uns Erkrankten zur „Berufsunfähigkeit“ bzw. „völligen Erwerbsminderung“ in eine ungerechte Armut bis zum Lebensende degradiert werden – ohne Ausweg und ohne Ausnahme?

    Konnten denn Alle von uns bis zum Renteneintritt durcharbeiten oder sind viele schon an ihren vorherigen Berufen gescheitert, weil in jenen einer Belastung mit Duftstoffen und Chemikalien nicht ausgewichen werden konnte bzw. von der Firmenleitung keine Rücksicht genommen wurde?

    Also – ab in HarzIV!

    Tja – ich durfte die negativen Erfahrung sammeln und ich wünsche keinem anderen Menschen diese Zwangssituationen, Diskriminierungen, Barrieren und Armut!

    Und die Umweltkrankheit ist ebenfalls niemandem zu wünschen, sondern nur eine bessere Rücksicht der Behörden, Ärzte und Mitmenschen auf Betroffene.

    Ebenfalls wird die Abschaffung der meisten Duftstoffe und Chemikalien aus dem Alltag der Menschen notwendig, da immer mehr in meinem Umfeld an Allergien, Hautkrankheiten und Unverträglichkeiten erkranken.

    Eine Massenaufklärung Seitens der Regierung wäre am effektivsten – fangt doch einfach an…und tut ein gutes Werk.

    PS: Herrn Peter Häusler wünsche ich viel Glück und Erfolg beim Aufbau und Wirken der zukünftigen Selbsthilfegruppe – zudem wohlbefindliche Tage.

  4. Galaxie 17. März 2012 um 02:33

    Es tut mir für Hrn. Peter Häusler leid und hier wird deutlich, was sehr vielen passiert und dann eine MCS bekommen und nicht ernst genommen werden, kaum von Stoffen flüchten können. Vor allem wenn das weiter ignoriert wird. Ist so ein Ausmaß von Betroffenen enorm an MCS zu erkranken und oft ist doch vorbeugen besser. – Leider ist es immer noch so, das die meisten es erst zu spät erfahren was MCS ist und zwar oft erst, wenn sie erkrankt sind, wenn es dann auch erkannt und richtig diagnostiziert wird. Die Dunkelziffer ist doch sehr hoch und kaum wird darüber genug und richtig die Öffentlichkeit informiert.

  5. Juliane 17. März 2012 um 11:37

    Der WDR berichtete im Dezember 2011 über die Berufsunfähig einer ehemaligen Mitarbeiterin Avon und Börlind.

    Bei dieser Patientin wurde MCS diagnostiziert:

    Minute 30 im Video

    Ungeschminkt – Die schmutzige Welt der Kosmetik
    http://www.wdr.de/tv/diestory/sendungsbeitraege/2011/1212/ungeschminkt.jsp

  6. PappaJo 20. März 2012 um 17:04

    Das wäre auch einen Blog-Beitrag wert!

    Vorsicht: Flecken durch Duschgel!
    Polyquaternium-7

    http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/markt/recht_verbraucher/duschgelflecken101_page-1.html

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